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{"created":"2022-01-31T12:35:32.099668+00:00","id":"lit4267","links":{},"metadata":{"alternative":"Philosophische Studien","contributors":[{"name":"Lipps, Gottlieb Friedrich","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Philosophische Studien 13: 579-612","fulltext":[{"file":"p0579.txt","language":"de","ocr_de":"Ueber Fechner\u2019s Collectivmafslehre und die Vertheilungsgesetze der Collectivgegenst\u00e4nde.\nVon\nGottl. Friedr. Lipps.\nFechner hat in einem nachgelassenen, neuerdings ver\u00f6ffentlichten Werke1) die Ma\u00dflehre der Collectivgegenst\u00e4nde entwickelt. Diese neue Lehre erregt das Interesse sowohl durch die Art und Weise ihrer Begr\u00fcndung, die sich auf die Wahrscheinlichkeitsgesetze des Zufalls st\u00fctzt, als auch wegen der M\u00f6glichkeit ihrer Anwendung in einer Reihe von Wissensgebieten. Insbesondere steht sie mit der Theorie der Beobachtungsfehler in einem engen Zusammenhang. Sie benutzt diese Theorie als Ausgangspunkt der Entwickelungen. Sie streift jedoch die beschr\u00e4nkenden Bestimmungen, die hieraus entspringen, ab, so dass die Eehlertheorie nur als ein Glied der allgemeinen Theorie der Collectivgegenst\u00e4nde bestehen bleibt und durch diesen Zusammenhang selbst wieder einer freieren und tiefer gehenden Auffassung f\u00e4hig wird. Ist doch nunmehr jedes Fehlergesetz zugleich ein Vertheilungsgesetz f\u00fcr Collectivgegenst\u00e4nde und jedes Vertheilungsgesetz dieser Art ein m\u00f6gliches Fehlergesetz.\nDiese Wechselwirkung zwischen der Fehlertheorie und der Col-lectivma\u00dflehre l\u00e4sst, wie ich glaube, den wissenschaftlichen Fortschritt, der in dem Werke Fechner\u2019s vorliegt, am sch\u00e4rfsten zu Tag treten. Ihn hervorzuheben ist der Zweck der folgenden Zeilen.\n1) Collectivma\u00dflehre von Gustav Theodor Fechner; im Auftr\u00e4ge der Kgl. Sachs. Gesellschaft der Wissenschaften herausgegehen von Gottl. Friedr. Lipps. Leipzig, W. Engelmann, 1897 (X u. 483 S.). Auf dieses Werk beziehen sich die Angaben der Kapitel und Seiten in den folgenden Citaten.\n38*","page":579},{"file":"p0580.txt","language":"de","ocr_de":"580\nGotti. Friedr. Lipps.\nDementsprechend gebe ich zun\u00e4chst eine kurze Uehersicht \u00fcber die Hauptpunkte der Lehre Eechner\u2019s, um sodann das Grundproblem, das die Entwicklung von Vertheilungsgesetzen f\u00fcr Collectiv-gegenst\u00e4nde oder von Eehlergesetzen zum Gegenst\u00e4nde hat, zu behandeln.\nI.\n\u00a7 1. Die Collectivma\u00dflehre ist die Ma\u00dflehre der Collectiv-gegenst\u00e4nde (C.-G.). Ein O.-G. aber ist \u2014 nach Eechner\u2019s Definition1) \u2014 ein Gegenstand, \u00bbder aus unbestimmt vielen, nach Zufall variirenden Exemplaren besteht, die durch einen Art- oder Gattungsbegriff zusammengehalten werden\u00ab.\nAus dieser Definition ist unmittelbar der gro\u00dfe Anwendungsbereich der Collectivma\u00dflehre zu ersehen. \u00bbAnthropologie, Zoologie, Botanik\u00ab \u2014 sagt Eechner \u2014 \u00bbhaben es \u00fcberhaupt wesentlich mit C.-G. zu thun, da es sich darin nicht um eine Charakteristik einzelner Exemplare, sondern nur um das handeln kann, was einer Gesammt-heit derselben zukommt, die aus dem oder jenem Gesichtspunkte als Gattung oder Art in gr\u00f6\u00dferer oder geringerer Weite zusammengefasst wird. Die Meteorologie bietet ... in ihren nicht periodischen Witterungsph\u00e4nomenen zahlreiche Beispiele davon dar; und selbst in der Artistik l\u00e4sst sich von solchen sprechen, sofern B\u00fccher, Visitenkarten darunter geh\u00f6ren\u00ab.\nDiese Gebiete liefern denn auch das Untersuchungsmaterial, das zur Begr\u00fcndung und Bew\u00e4hrung der Theorie benutzt wird. Insbesondere dienen hierzu die L\u00e4ngenma\u00dfe s\u00e4chsischer Rekruten; Horizontal- und Verticalumfang europ\u00e4ischer M\u00e4nnersch\u00e4del; von Fechner selbst gemessene sechs- und f\u00fcnfgliedrige Roggenhahne; Abweichungen des Thermometers und Barometers vom Normalstande; t\u00e4gliche Variationen der Temperatur als Differenzen zwischen Maximum und Minimum der Tagestemperatur; t\u00e4gliche Regenh\u00f6hen; Dimensionen (L\u00e4nge und Breite) der Galleriegem\u00e4lde.\nGanz allgemein l\u00e4sst sich der Anwendungsbereich der Collectivma\u00dflehre charakterisiren, wenn man ihre Beziehung zur Statistik beachtet.\ni) S. 3.","page":580},{"file":"p0581.txt","language":"de","ocr_de":"Ueber Fechner\u2019s Collectivma\u00dflehre u. die Vertheilungsgesetze der Collectivgegenst\u00e4nde. 581\nDa ein C.-G. aus unbestimmt vielen Exemplaren besteht, so erfordert seine Beschaffung stets Abz\u00e4hlungen oder Messungen an einer gro\u00dfen Menge einzelner Gegenst\u00e4nde. Sie beruht auf Massenbeobachtung und ist demzufolge als eine Aufgabe der Statistik zu bezeichnen.\nSofern nun die statistischen Erhebungen vorzugsweise das gesellschaftliche und wirthschaftliche Leben betreffen, wird man zun\u00e4chst die hier zu Tag tretenden Massenerscheinungen, soweit sie nach Zufall variiren, mit gleichem Rechte wie die Witterungsph\u00e4nomene als O.-G. auffassen und der Collectivma\u00dflehre unterstellen. Beispielsweise liefern die Schwankungen der Getreidepreise um einen Normalwerth unter \u00e4hnlichen Bedingungen einen C.-G. wie die Schwankungen des Thermometerstandes um den Normalstand. Hier wie dort sind zuf\u00e4llig wechselnde Erscheinungen von periodisch wiederkehrenden zu sondern und auf das Zutreffen der allgemeinen, f\u00fcr C.-G. geltenden Gesetzlichkeiten zu pr\u00fcfen. Entsprechendes gilt f\u00fcr die Schwankungen in der Anzahl der Geburten, Eheschlie\u00dfungen, Todesf\u00e4lle f\u00fcr eine \u00f6rtliche und zeitliche Umgrenzung.\nDie Statistik reicht jedoch weiter als die Lehre vom gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Leben; und so wird man denn \u00fcberhaupt jedes Wissensgebiet, in welchem statistische Z\u00e4hlungen und Messungen, oder kurz Massenbeobachtungen, den Erkenntnissinhalt vermitteln, als ein Anwendungsgebiet der Collectivma\u00dflehre betrachten d\u00fcrfen. Allerdings ist die Verwendbarkeit ihrer Untersuchungsmethoden nicht ohne weiteres vorauszusetzen, sondern erst kritisch zu pr\u00fcfen. Dabei ist als Grundbedingung festzuhalten, dass die Ver- >, \u00e4nderlichkeit der beobachteten Werthe ein Spiel des Zufalls und nicht eine gesetzm\u00e4\u00dfige Wirkung bekannter Ursachen sei. Jedenfalls aber hat man in jedem, auf Statistik beruhenden Wissensgebiete die M\u00f6glichkeit einer Anwendung der Collectivma\u00dflehre in Betracht zu ziehen.\n\u00a7 2. Um nun einen Einblick in die Lehre Eechner\u2019s zu gewinnen, ist zun\u00e4chst die Beschaffenheit der O.-G. klarzulegen.\nDa es sich um eine Ma\u00dflehre handelt, kommen die Exemplare der C.-G. nur, soweit sie Ma\u00dfbestimmungen gestatten, in Betracht. Sie treten somit als r\u00e4umliche oder zeitliche, extensive oder intensive Quanta auf. Sie stellen dabei ein- oder mehrdimensionale Gr\u00f6\u00dfen","page":581},{"file":"p0582.txt","language":"de","ocr_de":"582\nGotti. Friedr. Lipps.\ndar, je nachdem jedes Exemplar durch einen einzigen Ma\u00dfwerth oder durch eine Mehrzahl solcher Werthe bestimmt wird. Dementsprechend sind eindimensionale und mehrdimensionale C.-G. zu unterscheiden.\nJeder r\u00e4umliche C.-Gr. kann als mehrdimensional gelten, sofern seine Exemplare die Unterscheidung verschiedener Theile und Dimensionen gestatten, und jeder Theil sowohl wie jede Dimension eine besondere Ma\u00dfzahl darbietet. Wird beispielsweise am Menschen neben der Gr\u00f6\u00dfe noch der Brustumfang und das Gewicht unterschieden, so ist er ein dreidimensionaler C.-G.; in gleicherweise gilt dies vom menschlichen Sch\u00e4del, wenn dessen L\u00e4nge, Breite und H\u00f6he neben einander in Betracht gezogen werden. Aber auch zeitliche C.-G. k\u00f6nnen mehrdimensional sein. Die Statistik der Eheschlie\u00dfungen z. B. f\u00fchrt zu einem zweidimensionalen C.-G., wenn die Combinationen der Lebensalter von Mann und Frau auf die H\u00e4ufigkeit ihres Vorkommens gepr\u00fcft werden.\nHiernach m\u00fcsste eine allseitig durchgef\u00fchrte Ma\u00dflehre neben den eindimensionalen auch mehrdimensionale C.-G. behandeln. Es ist aber selbstverst\u00e4ndlich, dass eine Begr\u00fcndung der Lehre von den eindimensionalen ausgeht. Ist n\u00e4mlich die Theorie f\u00fcr diesen einfachen Fall entwickelt, so bietet ihre Ausdehnung auf mehrdimensionale C.-G. keine wesentliche Schwierigkeit.\nDemgem\u00e4\u00df legt Fechner durchweg eindimensionale C.-G. seinen Untersuchungen zu Grunde. Er geht zwar auch auf mehrdimensionale insofern ein, als er die Verh\u00e4ltnisse zwischen Dimensionen1) einer collectiven Behandlung unterwirft. Das Verh\u00e4ltniss des Horizontal-und Verticalumfangs der Sch\u00e4delkapsel2) und die Verh\u00e4ltnisse der Glieder von Roggenhalmen3) dienen als Beispiele. Indessen stellen auch diese Verh\u00e4ltnisswerthe eindimensionale C.-G. dar, so dass man es nur mit solchen zu thun hat.\nDie Bedeutung der Exemplare eines C.-G. besteht sonach darin, dass jedes einen bestimmten Ma\u00dfwerth darhietet. Diese Werthe sind im allgemeinen einer stetigen Abstufung f\u00e4hig. Sie werden aber, da der Genauigkeit der Messung stets Grenzen gesteckt sind,\n1)\tCap. XXII. Collective Behandlung von Verh\u00e4ltnissen zwischen Dimensionen. Mittlere Verh\u00e4ltnisse.\n2)\tS. 363.\t3) S. 417.","page":582},{"file":"p0583.txt","language":"de","ocr_de":"lieber Fechner\u2019s Collectivma\u00dflehre u. die Vertheilungsgesetie der Colleetivgegenst\u00e4nde. 583\nin Wirklichkeit eine discrete Mannigfaltigkeit von Zahlwerthen bilden, die, ihrer Gr\u00f6\u00dfe nach geordnet, von einem kleinsten Werthe durch eine Reihe von Zwischenstufen zu einem gr\u00f6\u00dften Werthe f\u00fchren. Dabei m\u00fcssen nicht alle m\u00f6ghchen Zwischenstufen wirklich auftreten. Soweit sie aber m\u00f6ghch sind, bilden sie eine \u00e4quidistante Reibe, deren constantes Intervall durch den angestrebten Genauigkeitsgrad der Messung bedingt wird. Beschr\u00e4nkt sich z. B. die Messung auf die Angabe der Millimeter, so ist jede Gr\u00f6\u00dfenstufe von der unmittelbar vorangehenden oder nachfolgenden um 1 mm verschieden.\nAuf diese Reihe von Ma\u00dfwerthen, die allgemein mit a bezeichnet werden, vertheilen sich die beobachteten Exemplare eines C.-G. Z\u00e4hlt man nun ab, wie viel Exemplare auf eine bestimmte' Gr\u00f6\u00dfenstufe fallen, so ordnet sich jeder Stufe eine Anzahl z zu und man gewinnt eine Vertheilungstafel des C.-G. Diese Zuordnung kann f\u00fcr die ganze Reihe der m\u00f6ghchen Gr\u00f6\u00dfenstufen durchgef\u00fchrt werden, wenn den in Wirkhchkeit nicht auftretenden Ma\u00dfwerthen die Anzahl z = 0 zugelegt wird.\nHiernach erh\u00e4lt man folgendes Schema f\u00fcr die Vertheilungstafel eines C.-G., wenn man das kleinste Ma\u00df durch a0, das constante Intervall der Ma\u00dfscala durch i, die Reihe der m\u00f6ghchen Ma\u00dfwerthe durch \u00abo, \u00abo + i, \u00abo +\t\u2022 \u2022 \u2022 \u2022 \u00abo + \u00bb* und die zugeh\u00f6rigen Anzahlen\nder Exemplare des C.-G. durch z0, z,, z2, .... zn bezeichnet:\nMa\u00dfwerthe\tAnzahlen\n\u00ab0\tzo\n\u00abo + *\t*i\n<*o + 2 \u00ab\tZ2\nao + f\u00bb\u2019\tzn \u20141\na0 + n i\tzn\nEine solche Vertheilungstafel bildet die Grundlage f\u00fcr die Untersuchung. Sie hei\u00dft die prim\u00e4re Vertheilungstafel im Gegensatz, zu den reducirten, die man durch Vergr\u00f6\u00dfern des prim\u00e4ren i und dementsprechendes Zusammenlegen der prim\u00e4ren z gewinnt.","page":583},{"file":"p0584.txt","language":"de","ocr_de":"584\nGotti. Friedr. Lipps.\n\u00a7 3. Der Untersuchung liegt die Voraussetzung zu Grunde, dass \u2014 wie die Definition der C.-G. sagt \u2014 die Exemplare nach Zufall variiren. Demgem\u00e4\u00df wird die Vertheilung der Anzahlen auf die Gr\u00f6\u00dfenstufen von den Wahrscheinlichkeitsgesetzen des Zufalls beherrscht. Die hierdurch bedingten Gesetzm\u00e4\u00dfigkeiten werden zwar nie rein hervortreten, sondern stets durch \u00bb unausgeglichene Zuf\u00e4lligkeiten\u00ab gest\u00f6rt sein. Sollen sie aber \u00fcberhaupt hervortreten, so muss der O.-G. Bedingungen erf\u00fcllen1). Er muss insbesondere nicht nur vielzahlig, sondern auch vollz\u00e4hlig in dem Sinne sein, dass die gemessenen Exemplare die m\u00f6glichen Gr\u00f6\u00dfenwerthe der H\u00e4ufigkeit ihres Vorkommens entsprechend auch wirklich darbieten; er darf ferner nicht aus einer Mischung verschiedenartiger O.-G. bestehen.\nErf\u00fcllt nun ein O.-G. die nothwendigen \u00bbRequisiten\u00ab und ist er von \u00bbAbnormit\u00e4ten\u00ab frei, so bietet die Vertheilungstafel als Erfolg der Herrschaft des Zufalls im allgemeinen folgendes Bild: Die kleinsten Anzahlen z finden sich an den beiden Enden der Ma\u00dfscala; von da wachsen die z-Werthe st\u00e4ndig, so dass in einem mittleren Theile der Scala ein einziges Maximal-\u00ab auftritt.\t*]\nIst das Intervall der Ma\u00dfscala klein, so wird man allerdings erst hei einer sehr gro\u00dfen Zahl von Exemplaren das Auftreten dieser Regelm\u00e4\u00dfigkeit erwarten d\u00fcrfen. Es ist aber zu fordern, dass eine Reduction der Vertheilungstafel zu einem regelm\u00e4\u00dfigen Gange der z f\u00fchrt oder wenigstens die unausgeglichenen Zuf\u00e4lligkeiten mildert. Anderenfalls w\u00e4re der O.-G. mit Abnormit\u00e4ten behaftet oder aus verschiedenartigen O.-G. gemischt und zur Begr\u00fcndung oder Bew\u00e4hrung der thats\u00e4chlich f\u00fcr \u00bbnormale\u00ab und \u00bbreine\u00ab C.-G. geltenden Gesetzlichkeiten nicht tauglich. . Der Uebergang zu reducirten Vertheilungstafeln bietet somit ein Mittel, um die Erf\u00fcllung der Requisiten und das Fehlen von Abnormit\u00e4ten zu constatiren.\nSichert aber das regul\u00e4re Verhalten des O.-G. eine erfolgreiche Untersuchung, so sind einestheils die Bestimmungsst\u00fccke oder Elemente abzuleiten, die den O.-G. in seiner Besonderheit charak-terisiren und von anderen C.-G. unterscheiden; anderentheils ist das theoretisch g\u00fcltige Vertheilungsgesetz des O.-G. zu ermitteln,\n1) Dieselben werden im IV. Capitel: \u00bbRequisiten; Abnormit\u00e4ten\u00ab ausf\u00fchrlich er\u00f6rtert.","page":584},{"file":"p0585.txt","language":"de","ocr_de":"Ueber Fechner\u2019s Collectivma\u00dflehre u. die Vertheilungsgesetze der Coliectivgegenst\u00e4nde. 585\nauf Grund dessen erst jene Elemente eine wesentliche Bedeutung gewinnen.\n\u00a7 4. Zu den Elementen1) geh\u00f6ren vor allem die Gesammt-zahl m der Exemplare und die Hauptwerthe, die zur Charakteristik eines C.-G. dienen und seine Unterscheidung von anderen C.-G. erm\u00f6glichen. Von letzteren kommen haupts\u00e4chlich in Betracht: das arithmetische Mittel A als Durchschnittswerth, den man erh\u00e4lt, wenn die Summe aller Ma\u00dfwerthe durch ihre Anzahl dividirt wird; der Centralwerth C als Werthmitte, die ebenso viel gr\u00f6\u00dfere Ma\u00dfe \u00fcber sich als kleinere unter sich hat, und der dichteste Werth D als wahrscheinlichster Werth, auf den das Maximal-\u00ab f\u00e4llt. Im Gefolge der Hauptwerthe treten die Hauptabweichungs-werthe auf, die aus den Abweichungen der einzelnen Ma\u00dfwerthe von den Hauptwerthen gewonnen werden. Es werden die einfache und quadratische mittlere Abweichung e und q und die wahrscheinliche Abweichung w unterschieden. Zugleich mit ihnen sind die Anzahlen m! und m, der oberen und unteren Abweichungen von einem Hauptwerthe zu erw\u00e4hnen. Au\u00dferdem finden auch die extremen Werthe E' und E,2) nach Theorie und Erfahrung Beachtung.\nDas arithmetische Mittel A wurde von jeher in Anspruch genommen, um als Durchschnittswerth eine Beihe zusammengeh\u00f6riger Werthe zu repr\u00e4sentiren. Die Bedeutung des Centralwerthes C und des dichtesten Werthes D dagegen hat erst Eechner hervorgehoben. Insbesondere verleiht die Einf\u00fchrung von D, mit dem das Vertheilungsgesetz des C.-G. in solidarischem Zusammenh\u00e4nge steht, der Lehre Fechner\u2019s das charakteristische Gepr\u00e4ge. Man kann daher sagen, dass die Erkenntniss der principiellen Verschiedenheit der drei Hauptwerthe A, C, IJ, verbunden mit der Feststellung solcher Eigenschaften von D, die dessen theoretische Bestimmung erm\u00f6glichen, den Kern der Collectivma\u00dflehre bildet.\n\u00a7 5. Die fr\u00fchere Alleinherrschaft des arithmetischen Mittels hatte in der Fehlertheorie ihren Grund. Bei astronomischen und physikalischen Beobachtungen gilt das arithmetische Mittel A der Beobachtungswerthe, die bei wiederholter Messung eines einzelnen Gegenstandes erhalten werden,. als die wahrscheinlichste Bestimmung\nl) S. 17\u201424.\n2) Cap. XX. Die Extremgesetze.","page":585},{"file":"p0586.txt","language":"de","ocr_de":"586\nGotti. Friedr. Lipps.\ndes wahren Werthes und die Abweichungen der erhaltenen Ma\u00df-werthe von A werden als Beobachtungsfehler aufgefasst, deren mittlerer oder wahrscheinlicher Werth eine Beurtheilung der Genauigkeit der Bestimmung von A nach den Regeln der Wahrscheinlichkeitsrechnung gestattet. \u00bbWarum sich also\u00ab \u2014 sagt Fechner1) \u2014 \u00bbin dieser Lehre noch um andere Hauptwerthe k\u00fcmmern, die und deren Abweichungen zur Erf\u00fcllung der Aufgabe dieser Lehre nichts helfen. Also ist auch weder von einem dichtesten Werthe noch Centralwerthe in der astronomischen und physikalischen Ma\u00dflehre die Rede, ungeachtet die verschiedenen Beobachtungswerthe eines und desselben Gegenstandes in ihr an sich ebenso gut zur Ableitung eines D und G Anlass geben konnten als die verschiedenen Exemplare eines C.-G. Aber es w\u00e4re m\u00fc\u00dfig, eine Sonderhetrachtung derselben zuzuziehen, und geschieht jedenfalls nicht.\u00ab\nDiese Betrachtungsweise der Fehlertheorie wurde nun ohne weiteres auf die O.-G \u00fcbertragen. Das zeigt sich besonders deutlich in den diesbez\u00fcglichen Ausf\u00fchrungen Quetelet\u2019s. Es ist darum wohl nicht ohne Interesse, auf dieselben hier n\u00e4her einzugehen, umsomehr, da Fechner in seinem Vorwort2) zur Collectivma\u00dflehre sagt: \u00bbNun d\u00fcrfte das Allgemeinste, Interessanteste, Verdienstlichste, was von unserer Lehre bisher vorlag, in Quetelet\u2019s Lettres sur la th\u00e9orie des probabilit\u00e9s (1846) und seiner Physique sociale (1869) zu finden sein, und wenn man will, kann man in ihm ebenso den Vater der Collectivma\u00dflehre, wie in E. H. Weber den der Psychophysik sehen; doch wird man sich aus dem Verfolg des Werkes \u00fcberzeugen k\u00f6nnen, wie viel Anlass doch war, nicht nur wesentlich erweiternd, sondern auch berichtigend \u00fcber ihn hinauszugehen.\u00ab\n\u00a7 6. Nachdem Quetelet3) zun\u00e4chst die Bedeutung des Mittel-werthes \u00fcberhaupt hervorgehoben, unterscheidet er den wirklich existi-renden Mittelwerth als eigentliches Mittel oder Mittel schlechthin von\n1) S. 15.\t2) S.Y.\n3) Lettres sur la th\u00e9orie des probabilit\u00e9s; des moyennes et des limites. Er sagt dort zur Hervorhebung der allgemeinen Bedeutung des Mittelwerthes unter anderem (S. 60, 61): \u00bbLa consid\u00e9ration des moyennes nous est si famili\u00e8re, que nous l\u2019employons, en quelque sorte a notre insu, partout o\u00f9 nous rencontrons des objets qui fixent notre attention et qui sont sujets \u00e0 varier.\u00ab \u00bbLa th\u00e9orie des moyennes sert \u00e0 base \u00e0 toutes les sciences d\u2019observation; elle est si simple et si","page":586},{"file":"p0587.txt","language":"de","ocr_de":"Ueber Fechner's Collectivma\u00dflehre u. die Vertheilungsgesetze der Collectivgegenst\u00e4nde. 587\ndem blos in Form einer abstraction Zabi sieb darbietenden, das keine wirklich existirende Gr\u00f6\u00dfe bezeichnet. Den charakteristischen Unterschied der beiden Arten von Mittelwerthen findet er darin, dass die Zahlen, aus denen der Mittelwerth berechnet wird, im ersten Falle sich regelm\u00e4\u00dfig um das Mittel gruppiren, im zweiten Falle aber kein Gesetz befolgen. Dies hei\u00dft in der Sprache der Collectivma\u00dflehre nichts anderes als: das eigentliche Mittel setzt das Bestehen eines Vertheilungsgesetzes voraus; es tritt dann und nur dann auf, wenn die gemessenen Exemplare einen C.-G. bilden. Hieraus ersieht man, dass Quetelet mit obiger Unterscheidung dem Begriffe eines C.-G. nahe kam, ohne ihn jedoch zu erkennen und zu entwickeln.\nIn Anschluss daran zeigt Quetelet die gro\u00dfe Bedeutung der Mittel worth e f\u00fcr die Wissenschaft vom Staate und von der Natur. Er benutzt insbesondere das meteorologische Beispiel der Mitteltemperaturen von Br\u00fcssel, um seine Idee \u00fcber das Mittel klar zu legen. Als Mitteltemperatur eines Julitages, berechnet aus den 31 Tagestemperaturen f\u00fcr den 10 j\u00e4hrigen Zeitraum 1833\u20141842, findet er z. B. 17\u00b0,83 der lOOtheiligen Scala und bemerkt hierzu1): \u00bbEn regardant 17\u00b0,83 comme la moyenne arithm\u00e9tique des 310 temp\u00e9ratures diurnes observ\u00e9es pendant 10 ann\u00e9es et pendant les mois de juillet, je n\u2019ai suppos\u00e9 aucune relation n\u00e9cessaire entre ces 310 nombres. Cependant il pourrait se faire qu\u2019il en exist\u00e2t une \u00e0 mon insu, et que toutes ces valeurs ne se fussent pas pr\u00e9sent\u00e9es sans un certain ordre. C\u2019est ce qu\u2019il peut \u00eatre int\u00e9ressant de rechercher. Le moyen le plus simple pour constater une telle relation, si elle a lieu, consiste \u00e0 ranger, sans aucune pr\u00e9occupation, toutes les temp\u00e9ratures observ\u00e9es d\u2019apr\u00e8s leur ordre de grandeur, en les classant, par exemple, de degr\u00e9 en degr\u00e9.\u00ab\nnaturelle, qu\u2019on n\u2019appr\u00e9cie peut-\u00eatre pas assez le pas immense qu\u2019elle a fait faire \u00e0 l\u2019esprit humain.\u00ab \u00bbL\u2019\u00e9tablissement et le d\u00e9veloppement de la th\u00e9orie des moyennes formeraient un des chapitres les plus int\u00e9ressants de l\u2019histoire de l\u2019esprit humain; c\u2019est Archim\u00e8de, ce g\u00e9nie remarquable \u00e0 tant d\u2019\u00e9gards, qui semble avoir, dans l\u2019antiquit\u00e9, le mieux appr\u00e9ci\u00e9 l\u2019importance des moyennes; il en fait un usage admirable dans la recherche du centre de gravit\u00e9, dont il est l\u2019inventeur. Il a substitu\u00e9 la consid\u00e9ration d\u2019un point unique \u00e0 celle d\u2019un grand nombre de points mat\u00e9riels, et cette id\u00e9e ing\u00e9nieuse qui a \u00e9t\u00e9 si f\u00e9cond\u00e9e depuis, lui m\u00e9riterait, \u00e0 elle seule, la reconnaissance des hommes.\u00ab\n1) a. a. O. S. 77.","page":587},{"file":"p0588.txt","language":"de","ocr_de":"588\nGotti. Friedr. Lipps.\nIndem Quetelet dies ausf\u00fchrt, gibt er eine reducirte Vertheilungstafel im Sinne der Oollectivma\u00dflehre. Seine Tabelle zeigt die oben als ein Erfolg der Herrschaft des Zufalls bezeichnete Eegelm\u00e4\u00dfigkeit. Denn von den 310 beobachteten Temperaturwerthen f\u00e4llt auf das Intervall 17\u00b0\u201418\u00b0, das zugleich den Mittelwerth 17\u00b0,83 einschlie\u00dft, die gr\u00f6\u00dfte Anzahl 49 und zu beiden Seiten ordnen sich, nahezu symmetrisch, die Anzahlen der anderen Intervalle in absteigender Folge. Que tel et veranschaulicht \u00fcberdies den Gang der Werthe, indem er die Anzahlen als Ordinaten in ihrer Zugeh\u00f6rigkeit zu den Temperaturgraden als Abscissen auftr\u00e4gt und die Endpunkte der Ordinaten verbindet. Ueber die so entstehende Linie sagt er1): \u00bbSa forme est en g\u00e9n\u00e9ral tr\u00e8s-irr\u00e9guli\u00e8re, quand il s\u2019agit d\u2019une moyenne arithm\u00e9tique prise entre des nombres qui n\u2019ont aucun rapport n\u00e9cessaire entre eux ; mais quand la moyenne n\u2019est pas un r\u00e9sultat num\u00e9rique purement abstrait et qu\u2019il existe une temp\u00e9rature bien r\u00e9ellement en rapport avec la saison et la localit\u00e9, temp\u00e9rature que des circonstances fortuites peuvent masquer plus ou moins, la courbe l\u2019indique par sa r\u00e9gularit\u00e9, pourvu que le nombre des observations soit suffisamment grand. \u00ab\nEine Theorie dieses Zusammenhangs zwischen Mittelwerth und regelm\u00e4\u00dfiger Gruppirung der beobachteten Werthe gibt, wie Quetelet weiterhin ausf\u00fchrt, die Fehlertheorie. Dass aber f\u00fcr die Ma\u00dfe verschiedener Gegenst\u00e4nde, falls nur ein eigentliches Mittel vorhanden ist, die n\u00e4mlichen Gesichtspunkte gelten wie f\u00fcr die mit Fehlern behafteten Ma\u00dfwerthe eines und desselben Gegenstandes, sucht er durch ausf\u00fchrliche Er\u00f6rterungen klar zu stellen. Er sagt, dass 1000 Ma\u00dfe eines und desselben Brustumfangs jedenfalls die regelm\u00e4\u00dfige Gruppirung zeigen und zu einem eigentlichen Mittel, dem wahren Brustumfang, f\u00fchren w\u00fcrden. Nicht anders w\u00e4re es, wenn 1000 Bildhauer je eine Copie gefertigt h\u00e4tten und jede dieser Copien einen Ma\u00dfwerth darbieten w\u00fcrde; nur der wahrscheinliche Fehler der Messung w\u00fcrde wohl gr\u00f6\u00dfer. Setzt man aber an Stelle der 1000 Copien 1000 lebende Menschen von einem und demselben Typus, so bleiben immer noch die n\u00e4mlichen Verh\u00e4ltnisse bestehen. Dies findet Quetelet in den Ma\u00dfen des Brustumfangs englischer Soldaten best\u00e4tigt. Er\n1) a. a. O. S. 79.","page":588},{"file":"p0589.txt","language":"de","ocr_de":"Ueber Fechner\u2019s Cotlcctivma\u00dflehre u. die Vertheilungsgesetze der Collectivgegenst\u00e4nde. 589\nbemerkt hierzu1); \u00bbL\u2019exemple que je viens de citer m\u00e9rite, je crois, toute notre attention: il nous montre que les choses se passent absolument comme si les poitrines qui ont \u00e9t\u00e9 m\u00e9sur\u00e9es avaient \u00e9t\u00e9 model\u00e9es sur un m\u00eame type, sur un m\u00eame individu, id\u00e9al si l\u2019on veut, mais dont nous pouvons saisir les proportions par une exp\u00e9rience suffisamment prolong\u00e9e.\u00ab Dieses ideale Individuum ist nichts anderes als der mittlere Mensch, der den Typus des Menschen darstellt und dessen Entdeckung und Charakterisirung den haupts\u00e4chlichen Inhalt der \u00bbPhysique sociale\u00ab bildet.\nGleich dem mittleren Menschen besitzt aber in der Auffassungsweise Quetelet\u2019s jedes eigentliche Mittel eine Art metaphysischer Existenz. Ist es zuf\u00e4llig wechselnden Ursachen (causes accidentelles) unterworfen, so entstehen die vom Mittel abweichenden Exemplare ganz ebenso wie bei der Messung eines einzelnen Gegenstandes die vom wahren Werthe abweichenden Ma\u00dfe. Das Mittel gilt darum stets zugleich als der wahrscheinlichste Werth: es ist die wahrscheinlichste Bestimmung des wahren oder typischen Werthes. An dieser Auffassungsweise h\u00e4lt Quetelet auch dann noch fest, wenn an Stelle der, f\u00fcr die Fehler chrakteristischen symmetrischen Yertheilung auf die beiden Seiten des Mittels Asymmetrie in der Weise tritt, dass die Abweichungen vom Mittel auf der einen Seite im allgemeinen gr\u00f6\u00dfer sind als auf der anderen, was insbesondere an den extremen Abweichungen ersichtlich wird.\nEr sucht diese Erscheinung durch die Annahme von Kr\u00e4ften zu erkl\u00e4ren, die auf das Mittel nach der einen Seite st\u00e4rker als nach der anderen wirken, ohne zu erkennen, dass alsdann der wahrscheinlichste Werth nicht mehr mit dem arithmetischen Mittel zusammenfallen kann2). Es besteht sonach f\u00fcr Quetelet hier so wenig wie in der Fehlertheorie ein Anlass, neben dem arithmetischen Mittel A noch andere Hauptwerthe wie den Centralwerth C oder einen von A verschiedenen dichtesten Werth D zu ber\u00fccksichtigen.\n1)\ta. a. O. S. 137.\n2)\tDa diese Er\u00f6rterungen haupts\u00e4chlich an das meteorologische Beispiel der t\u00e4glichen Variationen (variations diurnes) der Temperaturen gekn\u00fcpft werden, so hot sich in der Collectivma\u00dflehre (Cap. XXVII. Collectivgegenst\u00e4nde aus dem Gebiete der Meteorologie. S. 454) Gelegenheit, auf die principiell unzul\u00e4ssigen Aufstellungen Quetelet\u2019s einzugehen.","page":589},{"file":"p0590.txt","language":"de","ocr_de":"590\nGotti. Friedr. Lipps.\n\u00a7 7. Fechner hingegen geht nicht wie Quetelet von der Annahme aus, dass f\u00fcr C.-G. ebenso wie f\u00fcr Fehlerreihen ein wahrer oder typischer Werth existiren m\u00fcsse, um sodann im Verhalten der C.-G. eine Best\u00e4tigung hierf\u00fcr zu suchen und vermeintlich zu finden. Er sagt vielmehr1): \u00bbAlle Exemplare eines C.-G., m\u00f6gen sie noch so weit vom arithmetischen Mittelwerthe oder einem anderen Hauptwerthe abweichen, sind gleich wirklich und wahr, und eine vorzugsweise Ber\u00fccksichtigung des einen vor den anderen aus einem f\u00fcr alle gleich nichtigen Gesichtspunkte hat nat\u00fcrlich keinen Sinn. \u00ab\nHierzu kommt die klare Erkenntniss des principiellen Zusammenhangs zwischen dem wahrscheinlichsten Werthe und dem Vertheilungsgesetze der Exemplare eines C.-G., die eine theoretisch unzul\u00e4ssige Bevorzugung des arithmetischen Mittels, wie sie bei Quetelet vorliegt, nicht aufkommen l\u00e4sst. Schon in der Abhandlung2): \u00bblieber den Ausgangswerth der kleinsten Abweichungssumme\u00ab hat Fechner die \u00bbG\u00fcltigkeitsfrage des Princips des arithmetischen Mittels\u00ab behandelt und diesem Mittelwerthe allgemeinere Mittelwerthe, die er \u00bbPotenzmittelwerthe\u00ab nennt, zur Seite gestellt, zu denen insbesondere der Centralwerth als Ausgangswerth der kleinsten Abweichungssumme geh\u00f6rt; auch hat er dort \u00bbWahrscheinlichkeitsgesetze der Abweichungen bez. der verschiedenen Potenzmittel unter Voraussetzung der G\u00fcltigkeit ihres Princips\u00ab aufgestellt. Dire Untersuchung f\u00fchrte zu der Einsicht, dass nur das Wahrscheinlichkeitsgesetz der Abweichungen hez. des arithmetischen Mittels oder das Fehlergesetz mit der Erfahrung in Einklang steht und somit von den Potenz-mittelwerthen nur das arithmetische Mittel als wahrscheinlichster Werth in Betracht kommen kann.\nDieses f\u00fcr die Fehlertheorie geltende, von Gau\u00df aufgestellte Gesetz setzt die Wahrscheinlichkeit W einer Abweichung \u00b1 J vom\n1)\tCollectivma\u00dflehre, S. 16.\n2)\tAbhandlungen der math.-phys. Classe der K\u00f6nigl. Sachs. Gesellsch. der Wissensch. Bd. XI. 1878. \u2014 Potenzmittelwerthe sind solche Werthe, in Bezug auf welche die Summe der auf eine und dieselbe Potenz erhobenen Abweichungen ein Minimum wird. F\u00fcr den Centralwerth ist die Summe der ersten Potenzen, f\u00fcr das arithmetische Mittel die Summe der Quadrate der Abweichungen ein Minimum. Der dichteste Werth T) der Collectivma\u00dflehre dagegen ist kein Potenzmittelwerth der bezeichneten Art.","page":590},{"file":"p0591.txt","language":"de","ocr_de":"Ueber Fechner\u2019s Collectivma\u00dflehre d. die Vertheilungsgeselie der Collectivgegenstlnde. 591\narithmetischen Mittel A innerhalb der unendlich nahen Grenzen A und A + dA gleich:\nW = \u2014= exp [\u2014 /i2z/2] dA , V7t\n(1)\nwenn exp [z] die Exponentialfunction ez und h das Pr\u00e4cisionsma\u00df bezeichnet, dessen Werth aus:\noder mit gr\u00f6\u00dferer Sicherheit aus h = 1 : qVl, mit geringerer Zu-\n1\nverl\u00e4ssigkeit aus h \u2014 1 : 2,09672 . w zu berechnen ist, wo e = \u2014. 2A\ndie einfache mittlere Abweichung, q = y \u2014 . 2A1 die quadratische\nmittlere Abweichung und to die wahrscheinliche Abweichung angibt. Es gilt ferner f\u00fcr die Wahrscheinlichkeit, dass eine Abweichung zwischen den Grenzen 0 einerseits und \u00b1 A andererseits sich halte, wenn hA \u2014 t gesetzt wird, die Bestimmung:\no\nDa nun dieses Gau\u00df\u2019sehe Gesetz als unmittelbare Folge davon, dass das arithmetische Mittel A als wahrscheinlichster Werth vorausgesetzt wird, Symmetrie zu beiden Seiten des Mittels fordert, so kann es in der Collectivma\u00dflehre nur soweit Geltung haben, als eine symmetrische Yertheilung der Exemplare stattfindet. Bei asymmetrischer Vertheilung kann es dagegen nicht mehr g\u00fcltig sein. Das arithmetische Mittel kann daher auch nicht mehr mit dem wahrscheinlichsten Werthe zusammenfallen, und ein anderer Werth muss dessen Rolle \u00fcbernehmen. Dies gilt nicht minder f\u00fcr die Fehlerreihen, sobald in ihnen Asymmetrie hervortritt und die principielle Forderung einer symmetrischen Gruppirung der Abweichungen um den Mittelwerth nicht f\u00fcr verbindlich gehalten wird.\nHieraus wird ersichtlich, dass Fechner\u2019s theoretische Aufstellungen in keiner Weise auf Quetelet\u2019s Theorie der Mittelwerthe","page":591},{"file":"p0592.txt","language":"de","ocr_de":"592\nGotti. Friedr. Lipps.\nsich st\u00fctzen, sondern gerade das Unzul\u00e4ssige dieser Theorie erkennen lassen. Ber\u00fccksichtigt man \u00fcberdies, dass erst Fechner den Begriff des C.-G. entwickelte und unabh\u00e4ngig von Quetelet1) die Asymmetrie der O.-G. constatirte und, im Gegens\u00e4tze zu letzterem, als allgemeinen Charakter der C.-G. erkannte, so wird man es wohl ablehnen m\u00fcssen, in Quetelet den Vater der Collectivma\u00dflehre zu sehen. Bez\u00fcglich der Collectivma\u00dflehre gilt vielmehr in verst\u00e4rktem Ma\u00dfe, was Wundt2) bez\u00fcglich der Psychophysik von Fechner sagt: \u00bbBescheiden hat er selbst seinen \u00e4lteren Freund Ernst Heinrich Weber den Vater der Psychophysik genannt. Aber so wahr es ist, dass die ersten Beobachtungsgrundlagen zu dem neuen Gebiete von Weber gelegt sind, so zweifellos ist es auch, dass die Tragweite dieser Untersuchungen erst von Fechner erkannt wurde, und dass er erst die exacten Methoden geschaffen hat, die f\u00fcr einen weiteren Fortschritt unerl\u00e4sslich waren.\u00ab\n\u00a7 8. Da wesentlich in Folge des Auftretens von Asymmetrie in den Vertheilungstafeln der C.-G. die in der Fehlertheorie herrschenden Principien nicht mehr gen\u00fcgen, so erw\u00e4chst der Collectivma\u00dflehre die Aufgabe, Kriterien zur Beurtheilung der Asymmetrie zu entwickeln und zu untersuchen, in wie weit die Asymmetrie zum Wesen der C.-G. geh\u00f6rt.\nAls Merkmal der Asymmetrie dient neben der Differenz der extremen Abweichungen die Differenz u der Anzahlen m' und m, der oberhalb und unterhalb des Hauptwerthes A oder D hegenden Abweichungen. Die letztere Bestimmungsweise bietet (insbesondere in dem Quotienten u : m, wo m die Gesammtzahl der Exemplare bedeutet) eine gr\u00f6\u00dfere Sicherheit als die erstere, die in Folge der verh\u00e4ltnissm\u00e4\u00dfig starken Schwankungen, denen die extremen Werthe unterliegen, weniger zuverl\u00e4ssig ist. Da aber die stets vorhandenen unausgeglichenen Zuf\u00e4lligkeiten f\u00fcr sich allein schon eine asymmetrische Vertheilung der Exemplare zur Folge haben k\u00f6nnen, wird zwischen wesentlicher .Asymmetrie, die in der Beschaffenheit des C.-G. begr\u00fcndet ist, und unwesentlicher oder zuf\u00e4lliger\n1)\tCollectivma\u00dflehre, S. 66.\n2)\tZur Erinnerung an Gustav Theodor Fechner; Worte gesprochen an seinem Sarge am 21. Novbr. 1887. (Kuntze, G. Th. Fechner, ein deutsches Gelehrtenleben. 1892. S. 357).","page":592},{"file":"p0593.txt","language":"de","ocr_de":"Ueber Feelmer\u2019s Collectivma\u00dflehre u. die Vertheilungsgesetze der Collectivgegenst\u00fcnde. 593\nAsymmetrie, die auf den unausgeglichenen Zuf\u00e4lligkeiten beruht, unterschieden.\nDa die wesentliche Asymmetrie mit der unwesentlichen verbunden auftritt, werden in theoretischer Hinsicht \u00bbmathematische Verh\u00e4ltnisse der Verbindung von wesentlicher und unwesentlicher Asymmetrie\u00ab angegeben1) und \u00bbFonnein f\u00fcr den mittleren und wahrscheinlichen Werth des von rein zuf\u00e4lliger Asymmetrie abh\u00e4ngigen Unterschieds u\u00ab aufgestellt2). Von besonderem Interesse ist hier die Bew\u00e4hrung der zur Ableitung dieser Formeln dienenden Wahrscheinlichkeitsbestimmungen mittelst der Gewinnlisten s\u00e4chsischer Lotterien3). Dieselben ben\u00fctzt Fechner in origineller Weise als einen praktisch brauchbaren Ersatz der bekannten Urne mit unendlich vielen Kugeln, die in der Wahrscheinlichkeitsrechnung so vielfach zur Veranschaulichung der untersuchten Wahrscheinlichkeitsverh\u00e4ltnisse dient.\nBei der empirischen Feststellung der Asymmetrie in den Vertheilungstafeln der C.-Gl. k\u00f6nnte man aber zun\u00e4chst vermuthen, dass in der Regel nur zuf\u00e4llige Asymmetrie vorhanden sei und die wesentliche nur ausnahmsweise auftrete. Denn die Mehrzahl der zur Untersuchung herangezogenen C.-G. ist nur schwach asymmetrisch. Darum schien auch die Pr\u00fcfung des Gau\u00df\u2019sehen Fehlergesetzes, die von Quetelet und anderen namentlich an den Rekrutenma\u00dfen vorgenommen wurde, eine Best\u00e4tigung des Gesetzes zu geben. Dieser Schein verschwindet jedoch, wenn hinreichend scharfe Untersuchungsmethoden befolgt werden. Darum betont Fechner die Nothwendig-keit einer scharfen Bestimmung der Elemente der C.-G. mittelst des Interpolationsverfahrens und auf Grund reducirter Vertheilungstafeln, in denen die Zuf\u00e4lligkeiten und Unregelm\u00e4\u00dfigkeiten der prim\u00e4ren Tafeln gemildert sind4).\nAuf Grund dieser scharfen Bestimmungsmethoden findet er das asymmetrische Verhalten der O.-G. so allgemein verbreitet und in solch befriedigender Uebereinstimmung mit den theoretisch g\u00fcltigen Gesetzen, dass er die wesentliche Asymmetrie f\u00fcr den allgemeinen Fall ansehen muss5), \u00bbwelcher unter den unz\u00e4hligen Graden, in\n1) Cap. XIII.\t2) Cap. XIV\u2014XVI.\t3) S. 229.\n4)\tDie rechnerische Behandlung der O.-G. wird in den Cap. VII\u2014XI gelehrt.\n5)\tCap. XII. Gr\u00fcnde f\u00fcr wesentliche Asymmetrie. S. 196.\nWundt, Piiilos. Studien. XIII.\n39","page":593},{"file":"p0594.txt","language":"de","ocr_de":"594\nGotti. Friedr. Lipps.\nwelchen die Asymmetrie Vorkommen kann, den, wo sie verschwindet, nur als besonderen, in aller Strenge vielleicht nie vorkommenden Fall enth\u00e4lt\u00ab.\n\u00bbDann ist\u00ab \u2014 f\u00e4hrt Fechner fort \u2014 \u00bbein principieller Unterschied zwischen wesentlicher und unwesentlicher Asymmetrie gar nicht zu machen; alle C.-G. d\u00fcrfen, ja m\u00fcssen unter der Voraussetzung der asymmetrischen 'Wahrscheinlichkeit behandelt werden, mit R\u00fccksicht nur, dass bei endlichem m wegen unausgeglichener Zuf\u00e4lligkeiten die Gr\u00f6\u00dfe und Richtung der Asymmetrie zuf\u00e4llig von derjenigen ahweichen kann, welche hei unendlichem m sich herausstellen w\u00fcrde; und der durchschlagende Grund, es so zu fassen, ist, dass selbst in den F\u00e4llen, wo nach den vorliegenden Wahrscheinlichkeitsformeln die Asymmetrie bez\u00fcglich A m\u00f6glicher Weise nur zuf\u00e4llig sein k\u00f6nnte, die . . . Gesetze der Asymmetrie sich in einer mir seihst unerwarteten Allgemeinheit best\u00e4tigen.\u00ab\nInsbesondere bietet die Betrachtung verwandter C.-G. (z. B. der Rekrutenma\u00dfe verschiedener L\u00e4nder oder der t\u00e4glichen Temperatur-werthe f\u00fcr die verschiedenen Monate des Jahres) die M\u00f6glichkeit, seihst in einer schwachen Asymmetrie eine wesentliche Bestimmung der C.-G. zu erkennen. Denn wenn auch der einzelne Fall, f\u00fcr sich allein, keine Entscheidung gestattet, kann doch die Gesammtheit der F\u00e4lle eine solche Uebereinstimmung in der Richtung der Asymmetrie (bestimmt durch das Vorzeichen von u = m \u2014 m,) oder einen so gesetzlichen Gang der Asymmetriewerthe zeigen, dass der Schluss auf wesentliche Asymmetrie als bindend zu gelten hat.\n\u00bbSo habe ich\u00ab \u2014 sagt Rechner1)\u2014 \u00bbbei Rekrutenma\u00dfen ganz verschiedener L\u00e4nder, soweit sie als vollz\u00e4hlig anzusehen sind, die Asymmetrie bez\u00fcglich A immer positiv gefunden, hei t\u00e4glichen und monatlichen Regenmengen (Genf, Freiberg) f\u00fcr alle Monate negativ, f\u00fcr die verschiedensten Bauch- und Brustorgane des Menschen (nach Boyd) immer negativ gefunden. Bei den thermischen Monatsabweichungen andererseits kehrt sich die Richtung der Asymmetrie im Fortschritt der Monate durch das ganze Jahr gesetzlich um, so dass sie in den Wintermonaten positiv, in den Sommermonaten schw\u00e4cher negativ, in den Zwischenmonaten dazwischen schwankend ist. Bei\n1) S. 202.","page":594},{"file":"p0595.txt","language":"de","ocr_de":"lieber Fechner's Collectivma\u00dflehre u. die Vertheilungsgrsetze der Collectivgegenst\u00e4nde. 595\nden Roggen\u00e4hren ist das u des obersten Gliedes positiv, schw\u00e4cht sich beim Herabsteigen zu den unteren Gliedern und schl\u00e4gt hei den untersten ins Negative um.\u00ab\n\u00a7 9. Wenn somit die wesentliche Asymmetrie zum Begriff des C.-G. geh\u00f6rt, so kann weder das Gau\u00df\u2019sehe Fehlergesetz als das allgemeine Vertheilungsgesetz der C.-G. noch der arithmetische Mittelwerth A als der wahrscheinlichste oder dichteste Werth D gelten. A und D m\u00fcssen vielmehr als principiell verschieden anerkannt werden, was zur Folge hat, dass auch der Centralwerth C von A und D theoretisch verschieden ist.\nEs gilt daher , das allgemein g\u00fcltige Vertheilungsgesetz zu entwickeln und hierdurch zugleich die theoretischen Eigenschaften des dichtesten Werthes D zu bestimmen. Da dieses Gesetz f\u00fcr den Fall verschwindender Asymmetrie, der ausnahmsweise eintreten kann und sich durch Zusammenfallen der drei Werthe A, C, D zu erkennen gibt, in das Gau\u00df\u2019sche Gesetz \u00fcbergehen muss, so wird es in einer Verallgemeinerung des letzteren bestehen.\nDiese Verallgemeinerung findet Fechner f\u00fcr die C.-G. mit geringer verh\u00e4ltnissm\u00e4\u00dfiger Schwankung der Exemplare und damit zusammenh\u00e4ngendem schwachen Auseinanderweichen der Hauptwerke A, C, D durch folgende Bestifnmungen, die sich in gleicher Weise durch ihre theoretische Einfachheit wie durch ihre praktische Brauchbarkeit auszeichnen '):\n1)\t\u00bbDie Abweichungen sind statt vom arithmetischen Mittel A von dem im Falle wesentlicher Asymmetrie auch wesentlich von A abweichenden dichtesten Werthe D zu rechnen.\u00ab\n2)\t\u00bbDie Verkeilung der Abweichungen bez. D befolgt, kurz gesagt, nach jeder beider Seiten insbesondere dieselbe Regel, als hei symmetrischer Wahrscheinlichkeit bez. A f\u00fcr beide Seiten gemeinschaftlich befolgt wird.\u00ab\nMan bezeichne nun in Uehereinstimmung mit den Festsetzungen der Collectivma\u00dflehre1 2), die oberhalb D liegenden Abweichungen durch 9', ihre Anzahl durch \u25a0m und die unterhalb D hegenden durch 9,, ihre Anzahl durch -m,. Man setze dann :\n1) S. 69 f. und Cap. XIX. Die Asymmetriegesetze.\t2) S. 17 f.\n39*","page":595},{"file":"p0596.txt","language":"de","ocr_de":"596\nGotti. Friedr. Lipps.\n,\t29'\t29,\t3 v 1 . *\t1\n^ = \u2014r ; e, = \u2014und h =\t_ , % = \u2014\u25a0= .\nm\tm,\tcVjv > e^Vt\nFerner m\u00f6ge die Wahrscheinlichkeit, dass eine Abweichung zwischen\nden unendlich nahen Grenzen 9' und 9\u2019 + dd' sich befinde, durch\nW, die entsprechende Wahrscheinlichkeit f\u00fcr eine untere Abweichung\ndurch W, angedeutet werden. Dann ist:\nW =\texp [\u2014 A'2<?'2] d&\nY 7t\nW, = exp [\u2014 h?9,'1) dd, y 7t\n(3)\nHieraus ergibt sich als Ausdruck f\u00fcr die Wahrscheinlichkeit, dass eine obere Abweichung zwischen den Grenzen 0 und 9', eine untere und 9, sich halte, wenn h'9' = t' und h,9, = t, ge-\nzwischen 0 setzt wird:\n\nI\nexp [\u2014 <2] d t\n\n:,] = 7=1\nyy j\nexp [\u2014 P] dt\n(4)\nund die zu erwartende Anzahl zwischen den angegebenen Grenzen ist gleich:\n\u25a0m O [t'\\ resp. -m,\u00ae [t,].\nWerthe, die nach oben und unten gleich weit von D abweichen, haben somit verschiedene Wahrscheinlichkeiten, und nur wenn h'9' = h,9, oder 9' : 9, \u2014 e! : &, sind die f\u00fcr beide Seiten gemeinsam bestimmten Wahrscheinlichkeiten gleich1).\nAus diesem, von Fechner so genannten, \u00bbzweiseitigen Gau\u00dfschen Gesetze\u00ab folgt unmittelbar, dass f\u00fcr den dichtesten Werth D die beiderseitigen Ahweichungszahlen -m' und -m, sich wie die einfachen mittleren Abweichungen e und e, verhalten. Der dichteste Werth wird sonach durch das \u00bbProportionalgesetz\u00ab\n29' 29,\nm\n\u25a0nt, = c : e, \u2014\ndefinirt.\n\u25a0m\n\u25a0nt,\n(5)\n1) Cap. XIX. S. 297.","page":596},{"file":"p0597.txt","language":"de","ocr_de":"Ueber Fechner\u2019s Collectivma\u00dflehre u. die Vertheilungsgesetze der Collectirgegeiist\u00e4nde. 597\nAuch f\u00fcr die Abst\u00e4nde der drei Hauptwerthe A, C, B ergeben sieb theoretische Bestimmungen; so n\u00e4hert sich z. B. der Werth des Abstandsverh\u00e4ltnisses\nG \u2014 B\nbei abnehmender Asymmetrie dem Werthe \\ n = 0,785, und die Bedingung, dass der /\u00bb-Werth approximativ gleich \\ n sein muss, \u00bbgeh\u00f6rt bei der Allgemeinheit, in der er sich empirisch wiederfindet, zu den schlagendsten Bew\u00e4hrungen unserer asymmetrischen Vertheilungsgesetze\u00ab1). Der f -Werth wird darum in den Tabellen der Elemente der C.-G. aufgef\u00fchrt.\nAu\u00dferdem ist noch hervorzuheben, dass der Centralwerth stets zwischen dem arithmetischen Mittel und dem dichtesten Werthe liegt (\u00bbLagengesetz\u00ab) und folglich die Asymmetrie der Abweichungen bez. A das entgegengesetzte Vorzeichen hat wie die Asymmetrie bez. B (\u00bbUmkehrgesetz\u00ab).\n\u00a7 10. Die Asymmetrie war indessen nicht der einzige Grund f\u00fcr Eechner, das Gau\u00df\u2019sehe Pehlergesetz als nicht allgemein zutreffend f\u00fcr die C.-G. anzusehen2). Er empfindet es auch als einen Mangel (der dem einfachen Gau\u00df\u2019sehen Gesetz und seiner Erweiterung, dem zweiseitigen G.-G. in gleicher Weise anhaftet), dass dem Wachsen der unteren Abweichungen keine theoretischen Grenzen gesteckt sind. \u00bbEs leuchtet aber ein, dass, wenn die Abweichungen von A ins Negative gr\u00f6\u00dfer als A werden sollten, die abweichenden Werthe n kleiner als Null werden, was unm\u00f6glich ist. Also kann das G.-G. von vornherein keine unbeschr\u00e4nkte G\u00fcltigkeit in Anspruch nehmen, wenn schon mit gr\u00f6\u00dfter Approximation f\u00fcr F\u00e4lle g\u00fcltig bleiben, wo die Abweichungen vom arithmetischen Mittel, mindestens die an Zahl weit \u00fcberwiegenden, in dessen N\u00e4he und durchschnittlich sehr klein bleiben.\u00ab Darum muss noch eine weitere Verallgemeinerung des Gau\u00df\u2019sehen Gesetzes gegeben werden, \u00bbsofern Col-lectivabweichungen, wenn auch hei der Mehrzahl der C.-G., doch nicht bei allen die den Beobachtungsfehlern zukommende geringe verh\u00e4ltnissm\u00e4\u00dfige Schwankung um die Hauptwerthe zeigen.\u00ab\n1)\tS. 72.\n2)\tS. 75 f. und Cap. XXI. Die logarithmische Behandlung der C.-G.","page":597},{"file":"p0598.txt","language":"de","ocr_de":"598\nGotti. Friedr. Lipps.\nZu diesem Zwecke bezieht Fech'ner das Yertheiluugsgesetz statt auf arithmetische Abweichungen vielmehr auf Verh\u00e4ltnissahwei-chungen, so dass an Stelle der Differenzen zwischen den einzelnen Ma\u00dfwerthen und dem Hauptwerthe die Verh\u00e4ltnisse der Ma\u00dfwerthe zu dem Hauptwerthe treten. Diese Auffassungsweise findet eine St\u00fctze in der Bemerkung, dass zwar die Beobachtungsfehler \u00bballgemein gesprochen, wenigstens bez\u00fcglich der Messung von Bauml\u00e4ngen, wesentlich unabh\u00e4ngig von der Gr\u00f6\u00dfe des zu messenden Gegenstandes ^sind), insofern nicht mit deren Gr\u00f6\u00dfe die Ma\u00dfmittel sich \u00e4ndern, sich zusammensetzen, compliciren\u00ab ; dass aber die Exemplare der C.-G. \u00bbim Allgemeinen in wesentlicher Abh\u00e4ngigkeit von ihrer Gr\u00f6\u00dfe\u00ab va-riiren; wie denn kleine Thiere und kleine Pflanzen sowohl kleine Mittelwerthe als auch geringe Schwankungen der einzelnen Ma\u00dfe um dieselben zeigen, w\u00e4hrend gro\u00dfe Thiere und gro\u00dfe Pflanzen gro\u00dfe Mittelwerthe mit gro\u00dfen Schwankungen haben.\nUm auch in diesem Fall eine Verallgemeinerung des Gau\u00df\u2019schen Fehlergesetzes zu erhalten, die bei geringer Schwankung der Ma\u00dfwerthe in das letztere \u00fcbergeht, ersetzt Fechner die Verh\u00e4ltniss-abweichungen xp = a : H (wo a den einzelnen Ma\u00dfwerth, H den Hauptwerth angibt) durch ihre Logarithmen l \u2014 log ip \u2014 log a \u2014 logi\u00ef und bemerkt hierzu, 1) dass die Abweichungen nun wiederum die Form von Differenzen haben, 2) dass die Verh\u00e4ltnisse der logarith-mischen Differenzen mit den zugeh\u00f6rigen arithmetischen merklich \u00fcbereinstimmen und durch letztere ersetzt werden k\u00f6nnen, sobald sie sehr klein sind. Die Behandlung der C.-G. bleibt \u00fcbrigens f\u00fcr diese \u00bblogarithmische Verallgemeinerung des Gau\u00df\u2019schen Gesetzes\u00ab ganz die n\u00e4mliche wie f\u00fcr das Gau\u00df\u2019sehe Gesetz; selbst und dessen Erweiterung zum zweiseitigen G.-G. Es m\u00fcssen nur die Logarithmen der Ma\u00dfwerthe f\u00fcr die Ma\u00dfwerthe gesetzt werden. In Folge davon treten auch an Stelle des arithmetischen Mittels und des dichtesten \"Werthes der Ma\u00dfwerthe die entsprechenden Werthe der Logarithmen der Ma\u00dfwerthe, die beim Uebergang zu den urspr\u00fcnglichen Werthen als geometrisches Mittel und dichtester Verh\u00e4ltnisswerth sich darstellen.\nDieses Vertheilungsgesetz findet an den Dimensionen der Gallerie-gem\u00e4lde und an den t\u00e4glichen Begenh\u00f6hen seine Bew\u00e4hrung1).\n1) S. 342\u2014346; 430; 443.","page":598},{"file":"p0599.txt","language":"de","ocr_de":"Ueber Fechner's Collectivma\u00dflehre u. die Vertheilungsgesetze der Collectivgegenst\u00e4nde. 599\n\u00a7 11. Es sind sonach in der Collectivma\u00dflehre folgende drei Gesetze1) zu unterscheiden, \u00bbvon denen jedes folgende als eine Verallgemeinerung und zugleich Versch\u00e4rfung des vorhergehenden betrachtet werden kann\u00ab:\n1)\t\u00bbDas reine, einfache, urspr\u00fcngliche Gau\u00df\u2019sche Gesetz, f\u00fcr die Voraussetzung symmetrischer Wahrscheinlichkeit der beiderseitigen arithmetischen Abweichungen vom arithmetischen Mittel.\u00ab\n2)\t\u00bbDie arithmetische Verallgemeinerung des G.-G. f\u00fcr die Voraussetzung asymmetrischer Wahrscheinlichkeit der Abweichungen vom arithmetischen Mittel, allgemein g\u00fcltig f\u00fcr die verschiedensten Grade der Asymmetrie, doch nur zureichend f\u00fcr verh\u00e4ltnissm\u00e4\u00dfig schwache Schwankung um die Hauptwerthe, wie sie den meisten C.-G. zukommt.\u00ab\n3)\t\u00bbDie logarithmiscke Verallgemeinerung des G.-G., g\u00fcltig f\u00fcr beliebig gro\u00dfe Asymmetrie und beliebig gro\u00dfe verh\u00e4ltnissm\u00e4\u00dfige Schwankung.\u00ab\nBeide Verallgemeinerungen des Gau\u00df\u2019sehen Fehlergesetzes hat Fechner als empirisch g\u00fcltige Vertheilungsgesetze der C.-G. aufgestellt. Er hat so mit den einfachsten theoretischen H\u00fclfsmitteln ein praktisch brauchbares, leicht anwendbares Instrument geschaffen, mit dem eine erfolgreiche Untersuchung der C.-G. m\u00f6glich ist. Dies best\u00e4tigt die Collectivma\u00dflehre, in der jeder theoretisch motivirte Fortschritt der Untersuchung zugleich empirisch bew\u00e4hrt wird. Demzufolge beruht wesentlich auf den zahlreichen Vergleichstabellen zwischen Theorie und Erfahrung die \u00fcberzeugende Kraft der Lehre Fechner\u2019s.\nn.\n\u00a7 12. Die beiden Verallgemeinerungen des Gau\u00df\u2019sehen Fehlergesetzes haben jedoch, auch abgesehen von ihrer praktischen Brauchbarkeit, ein rein theoretisches Interesse. Denn sie k\u00f6nnen als Beispiele f\u00fcr die beiden, \u00fcberhaupt m\u00f6glichen, principiell verschiedenen L\u00f6sungsmethoden des Grundproblems der Collectivma\u00dflehre gelten.\nDieses Problem fordert die Entwicklung eines Vertheilungsgesetzes, das f\u00fcr einen gegebenen C.-G. approximativ g\u00fcltig ist. Es\n1) S. 81.","page":599},{"file":"p0600.txt","language":"de","ocr_de":"600\tGotti. Friedr. Lipps.\nist zugleich das Grundproblem der Fehlertheorie, da jede Fehlerreihe einen C.-G. vorstellt.\nSeine L\u00f6sung scheint zun\u00e4chst nur in der Weise m\u00f6glich, dass\n\u2014\twie das Problem es verlangt \u2014 ein Vertheilungsgesetz gesucht wird, das den Gang der Tafelwerthe der O.-G. mit befriedigender Ann\u00e4herung wiedergibt. An der M\u00f6glichkeit, ein solches Gesetz f\u00fcr jeden O.-G. zu entwickeln, ist nicht zu zweifeln. Denn die Ver-theilung der Anzahlen 2 auf die Gr\u00f6\u00dfenstufen a der Vertheilungstafel ist dem Zufall unterworfen. Es treten daher Wahrscheinlichkeitsverh\u00e4ltnisse auf, welche die Voraussetzung einer gesetzm\u00e4\u00dfigen Vertheilung gestatten, so dass es als m\u00f6glich erscheint, der Abh\u00e4ngigkeit der 2 von den a einen mathematischen Ausdruck zu geben. Dies geschieht in der That f\u00fcr die C.-G. mit geringer Schwankung um die Hauptwerthe durch das zweiseitige Gau\u00df\u2019sehe Gesetz. Es ist aber nun f\u00fcr jeden C.-G., welches auch seine Beschaffenheit sein m\u00f6ge, nach dieser Methode ein hinreichend sich bew\u00e4hrendes Vertheilungsgesetz zu finden.\nIndessen gibt es noch eine zweite, indirecte Methode zur L\u00f6sung des gestellten Problems. Um sie klar zu legen, erinnere ich daran, dass die m\u00f6glichen Ma\u00dfwerthe a eines C.-G. eine \u00e4quidistante Reihe\n\u2014\teine Scala \u2014 bilden, deren Intervall i durch den angestrebten Genauigkeitsgrad der Messung bedingt wird (z. B. gleich 1 mm sein kann). Auf diese Ma\u00dfscala bezieht sich unmittelbar die Vertheilung der Anzahlen 2. Man kann sich aber die Aufgabe stellen, jene Scala durch eine mathematisch von ihr abh\u00e4ngige von solcher Art zu ersetzen, dass f\u00fcr die neue Scala ein vorausgesetztes Vertheilungsgesetz mit hinreichender Ann\u00e4herung g\u00fcltig ist. Man erh\u00e4lt dann mittelbar auch einen Einblick in die Gesetzm\u00e4\u00dfigkeit der Vertheilung innerhalb der urspr\u00fcnglichen Ma\u00dfscala.\nAls ein Beispiel dieser Methode aufgefasst, erscheint, wie ich glaube, die Aufstellung des logarithmischen Vertheilungsgesetzes im richtigen Lichte. In der That ersetzt Fechner die Ma\u00dfwerthe a durch die Logarithmen a \u2014 log a und, wie die a eine \u00e4quidistante Reihe \u2014 eine Scala \u2014 bilden, so wird nun auch der den a zugeh\u00f6rige Bereich der a in Intervalle von constanter Gr\u00f6\u00dfe i abgetheilt, so dass eine neue Scala von logarithmischen Werthen entsteht. Auf dieselbe werden die empirisch gegebenen Anzahlen 2 vertheilt, und","page":600},{"file":"p0601.txt","language":"de","ocr_de":"lieber Fechner\u2019s Collectivma\u00dflehre u. die Vertheilungsgesetze der Collectivgegenst\u00e4ude. 601\nf\u00fcr die Zuordnung der neuen 2-Werthe zu den Intervallen der loga-rithmischen Ma\u00dfscala wird die Gr\u00fcltigkeit des zweiseitigen Gau\u00dfschen Gesetzes nachgewiesen.\nHat man die M\u00f6glichkeit erkannt, auf diesem Wege eine indirecte L\u00f6sung des gestellten Problems zu finden, so kann man w\u00fcnschen, f\u00fcr jeden O.-G. eine Function a = if/(a) von solcher Art zu finden, dass f\u00fcr die Scala der a -Werthe irgend ein vorausgesetztes Vertheilungsgesetz mit befriedigender Approximation g\u00fcltig ist. Insbesondere kann man suchen, die Function a \u2014 ip(a) der Art zu bestimmen, dass die Anzahlen z sich nahezu gleichm\u00e4\u00dfig auf die neue Scala vertheilen. Die Methode w\u00fcrde dann ohne vorl\u00e4ufige Bestimmung eines geeigneten Vertheilungsgesetzes, somit von der ersten Methode unabh\u00e4ngig durchgef\u00fchrt; denn das vorausgesetzte Gesetz hat die denkbar einfachste Form, da es constante Werthe fordert. Man kann ferner verlangen, dass nicht Erw\u00e4gungen a priori die Wahl der Function a, = ip(a) bestimmen, wie es thats\u00e4chlich f\u00fcr das logarithmische Gesetz Fechner\u2019s zutrifft, sofern hier die Idee der Verh\u00e4ltnissabweichung den einzuschlagenden Weg wies. Alsdann ist eine vorbereitende Umsetzung der gegebenen Vertheilungstafel n\u00f6thig. Diese Vorbereitung besteht, wenn z. B. gleichm\u00e4\u00dfige Vertheilung auf die Intervalle der gesuchten Ma\u00dfscala vorausgesetzt wird, darin, dass man den Gesammtbereich der a-Werthe in Intervalle abtheilt, von welchen jedes die gleiche Anzahl der empirisch vorhandenen z enth\u00e4lt. Dies kann geschehen, indem man zun\u00e4chst f\u00fcr die ganze Vertheilungstafel die Werthmitte als Oentralwerth berechnet, weiterhin f\u00fcr die obere und untere H\u00e4lfte besonders die Werthmitte bestimmt und immer wieder f\u00fcr jeden, so resultirenden Theil der Tafel die Bestimmung der Werthmitte ausf\u00fchrt, bis eine gen\u00fcgend gro\u00df erscheinende Anzahl von Intervallen vorhegt. Nennt man die Grenzen der aufeinanderfolgenden Intervalle ai} a2, \u2022 \u2022 \u2022 so besteht nunmehr die Aufgabe darin, mit H\u00fclfe der Interpolationsrechnung eine Function a ~ xp[a) zu bestimmen, so dass die Reihe der Functions-werthe a{ = xp(ai), a2 =\t.. . an \u2014 ip(an) constante Differenzen\nhat. F\u00fcr die vorhegende Reihe der Werthe au a2, ... an ist dann die Vertheilung in Wirkhchkeit constant; es wird aber auch f\u00fcr jede andere \u00e4quidistante Reihe der a \u2014 f\u00fcr jede Ma\u00dfscala der a \u2014 die Constanz der Vertheilung nahezu und um so befriedigender","page":601},{"file":"p0602.txt","language":"de","ocr_de":"602\nGotti. Friedr. Lipps.\nzutreffen, je gr\u00f6\u00dfer die Anzahl der empirisch bestimmten Werthe \u00f62, . . . an ist, die dem Interpolationsverfahren zu Grunde gelegt wird.\nEs gibt sonach in der That zwei wesentlich verschiedene Methoden zur L\u00f6sung des gestellten Problems:\n1)\tdirecte Methode: Es ist ein Gesetz zu suchen, nach welchem sich die Anzahlen z auf die empirisch vorliegenden Ma\u00dfwerthe a vertheilen ;\n2)\tindirecte Methode: Es ist eine Function a \u2014 ip(a) zu suchen, so dass die Yertheilung der Anzahlen z auf die Ma\u00dfscala der a ein vorausgesetztes Gesetz befolgt.\n\u00a7 13. Eine vollst\u00e4ndige Erledigung des Problems nach der ersten Methode macht offenbar ein Befolgen der zweiten Methode \u00fcberfl\u00fcssig. Ueherhaupt wird wohl die letztere nur dann in Anspruch genommen werden, wenn man darnach trachtet, den G\u00fcltigkeitsbereich eines, f\u00fcr eine beschr\u00e4nkte Klasse von C.-G. zutreffenden Yerthei-lungsgesetzes zu erweitern. Demgem\u00e4\u00df wird im Folgenden der an erster Stelle hezeichnete Weg beschritten werden.\nEine allgemeine L\u00f6sung auf diesem Wege liegt bereits vor. Herr Prof. Bruns gibt in der Abhandlung1): \u00bbUeber die Darstellung von Fehlergesetzen\u00ab eine interpolatorische Darstellung der reellen willk\u00fcrlichen Function cp(x), die als \u00bbH\u00e4ufigkeitsfunction\u00ab f\u00fcr eine discrete Reihe von Argumenten x1, x<2, ... xn die Werthe y{, y2, ... yn annimmt, im \u00fcbrigen aber Null ist. Als H\u00fclfsmittel dient die approximative Darstellung der unstetigen Function sg{a), (gesprochen signum von a), die den Werth +1, 0 oder \u20141 annimmt, je nachdem a positiv, null oder negativ ist. Dort wird auch unter Hinweis auf die Collectivma\u00dflehre der Nutzen, den die gegebene Darstellung bei der Untersuchung der C.-G. gew\u00e4hrt, hervorgehoben.\nHiervon ist das Folgende dem Grundgedanken nach unabh\u00e4ngig. Mit diesem ist aber die ganze Entwicklung unmittelbar gegeben. Indessen stellt \u00a7 17, der v\u00f6llig auf der Bruns\u2019schen Abhandlung beruht, den Zusammenhang mit derselben her.\nDer einfache und nahehegende Grundgedanke besteht in der Einf\u00fchrung des Gau\u00df\u2019schen Fehlergesetzes als eines Princips zur Darstellung willk\u00fcrlich gegebener Functionen. Wesentlich ist hierbei,\n1) Astronomische Nachrichten, Bd. 143 (Mai 1897). S. 329\u2014340.","page":602},{"file":"p0603.txt","language":"de","ocr_de":"Ucber Feehner\u2019s Collectivma\u00dflehre u. die Vertheilungsgesetze der Collectivgegen st\u00e4nde. 603\ndass dieses Gesetz ein einziges Maximum und zu beiden Seiten desselben rasch abnehmende, der Null asymptotisch sich n\u00e4hernde Werthe aufweist. An seiner Stelle k\u00f6nnte daher jede andere Exponential-function, welche die bezeichneten Eigenschaften besitzt, als Darstel-lungsprincip ben\u00fctzt werden. Die Fehlerfunction hat aber die einfachste Form und ist, da f\u00fcr sie Tabellen in hinreichender Ausdehnung vorhegen1), praktisch brauchbar. Sie dient darum hier als Grundlage.\nDie darzustellende Function wird als Function nur eines Argumentes vorausgesetzt. Das Darstellungsprincip ist jedoch nicht auf solche Functionen beschr\u00e4nkt, sondern kann ttamittelbar auf Functionen mehrerer Argumente \u00fcbertragen werden. Die so resultirenden Verallgemeinerungen der folgenden Entwicklungen k\u00f6nnen dann der Behandlung mehrdimensionaler O.-G. zu Grunde gelegt werden.\nDie Function soll ferner f\u00fcr irgend welche, in beliebiger Anzahl und beliebiger Lage gegebene Argumentwerthe bestimmte reelle Werthe annehmen und im \u00fcbrigen gleich Null sein. Dabei ist aber der Functionswerth nicht dem punktuell bestimmten Argumentwerthe, sondern einem kleinen, unter Umst\u00e4nden unendlich kleinen Bereiche des Argumentes zuzuordnen. Dies muss beachtet werden, da wesentlich hierauf die M\u00f6glichkeit einer approximativen Darstellung beruht.\nF\u00fcr die Functionen, welche die Vertheilungstafeln der C.-G. darbieten, ist diese Zuordnungsweise von vornherein geboten; denn die Anzahlen z geh\u00f6ren als Functionswerthe nicht den Argumentwerthen a in ihrer punktuellen Bestimmtheit zu, sondern vertheilen sich auf die Intervalle von der endlichen Gr\u00f6\u00dfe i, deren Mittelpunkte mit dem in der Tabelle des O.-G. verzeichneten a zusammenfallen. Die folgenden Darstellungen sind daher auf die C.-G. ohne weiteres anwendbar. F\u00fcr andere Functionen, die im allgemeinen gleich Null sind und nur f\u00fcr bestimmte Argumentwerthe gegebene Werthe annehmen, besteht jedoch diese M\u00f6glichkeit nur dann, wenn es zul\u00e4ssig ist, die Functionswerthe wenigstens als einem unendlich kleinen Bereiche des Argumentes zugeh\u00f6rig aufzufassen.\n\u00a7 14. Zur Erl\u00e4uterung des Darstellungsprincips dient am einfachsten eine Function, die nur f\u00fcr den Argumentwerth a \u2014 a\u00fc den gegebenen Werth z0 annimmt und im \u00fcbrigen gleich Null ist. Der\n1) Im Anhang der Collectivma\u00dflehre als ^-Tabelle I und II. S. 467\u2014476.","page":603},{"file":"p0604.txt","language":"de","ocr_de":"604\nGotti. Friedr. Lipps.\nerw\u00e4hnten Bedingung zufolge ist hier z0 einem endlichen oder unendlich kleinen Bereich i des Argumentes a, der den Werth o0 umschlie\u00dft, zuzuweisen. Dann gibt, bei Zugrundelegen des G-au\u00df\u2019sehen Fehlergesetzes, die Function:\n\u00a3 *= 5= exp [- A*(\u00ab - \u00ab0)2]................................(6)\ny n\nunmittelbar die approximative Darstellung der vorgelegten unstetigen Function ').\nZur Bew\u00e4hrung * dieser Darstellung ist aber nicht von dieser Form, sondern von dem Integral:\nzwischen den Grenzen a \u2014 a\u00df und a \u2014 aa genommen, auszugehen. Denn es kann sich nur darum handeln, ob die Function '\u00c7 mit gr\u00f6\u00dferer oder geringerer Ann\u00e4herung jenem Bereiche i den Functionswerth Zq und jedem anderen, hiervon verschiedenen Bereiche des Argumentes den Werth Null zuweist. Nimmt man nun i von endlicher Gr\u00f6\u00dfe und der Einfachheit wegen \u00ab0 in der Mitte von i hegend an, sodass die Intervallgrenzen a0 \u2014 und a0 + sind, so muss demnach das Integral zwischen den Grenzen a0 \u2014 und a0 + angen\u00e4hert gleich za und au\u00dferhalb dieser Grenzen nahezu gleich Null sein.\nSetzt man:\nt\nKJ\no\nso wird f\u00fcr a \u2014 % \u2014\n1) F\u00fcr eine Function zweier Argumente a und b, die f\u00fcr a = a0 und b = b{) den Werth zn hat und im \u00fcbrigen gleich Null ist, w\u00e4re\nf\texp [\u2014 lfi(a \u2014 \u00ab0)2 \u2014 kHb \u2014 60)2]\ndie entsprechende Darstellung.","page":604},{"file":"p0605.txt","language":"de","ocr_de":"Ueber Fechner's Collectivma\u00dflehre u. die Vertheilungsgesetze der Collectivgegenst\u00e4nde. 605\n2[\u00abo + \u00a3*'; \u00abo \u2014 4*] = jj exp [\u2014 h*J\u00ee]aJ = za . <D jyj (7a)\n0\nund allgemein:\n2 . \u00ab[a^; aa] = z0{<D[/i(a\u00df \u2014 \u00ab\u201e)] \u2014 <D[h(aa \u2014 a0)]} ,\t.\t(7)\nworaus durch Differentiation (6) wiederum folgt.\nDie Ann\u00e4herung dieser Darstellung h\u00e4ngt von der Wahl des Parameters h bei gegebenem f und z0 ab. Dies zeigt die folgende Zusammenstellung der empirischen Functionswerthe und der Integral-werthe f\u00fcr die auf einander folgenden Intervalle von der Gr\u00f6\u00dfe i mit den Intervallmitten a_2, a_u a0, au a2. Dabei sind die Ann\u00e4herungs-\n2\t4\t6\nstufen der Reihe nach durch die Wahl: h =..........-, \u2014, \u2014 bestimmt.\n%\ti\ti\n1. 2.\n\t\tangen\u00e4hert\t\t\n\tempirisch\thi = 2\thi = 4\thi = 6\na_ 2\t0\t0\t0\t0\na-1\t0\t786,5\t23,5\t0\n\u00abo\t10000\t8427\t9953\t10000\n\u00abi\t0\t786,5\t23,5\t0\n\u00ab2\t0\t0\t0\t0\n\t\tamgen\u00e4hert\t\n\tempi- risch\thi =2\thi =4\n\u00d6\u20142\t0\t0\t0\n\u00ab-1\t0\t8\t0\n\u00ab0\t100\t84 '\t100\n<h\t0\t8\t0\n\u00ab2\t0\t0\t0\nEs kann somit f\u00fcr jedes gegebene z\u201e und i der Werth h so gew\u00e4hlt werden, dass die Darstellung jeden beliebigen Grad von Genauigkeit erreicht.\n\u00a7 15. Hieraus ergibt sich die Darstellung der allgemeinen Function, die f\u00fcr die Argumentwerthe au a2, a3, . . . an die Werthe Z,, z2, z3, . . . zn annimmt und im \u00fcbrigen gleich Null ist, ohne weiteres, wenn man die gegebene Function als die Summe von n Functionen auffasst, deren jede nur f\u00fcr je einen Argumentwerth den zugeh\u00f6rigen z-Werth zeigt und sonst gleich Null ist.\nMit R\u00fccksicht darauf, dass die Werthe zu z2, ... zn im allgemeinen von einander verschieden sind und auch die den au a2 ... an","page":605},{"file":"p0606.txt","language":"de","ocr_de":"606\nGotti. Friedr. Lipps.\nzugeh\u00f6renden Intervalle i unter Umst\u00e4nden verschiedene Gr\u00f6\u00dfe haben k\u00f6nnen, kann man den Werth des Parameters h f\u00fcr jede einzelne Function besonders bestimmen und\nC - *7- exp [-Vfo -\u00ab)2] + 7^ exp [- hf (a - a,)*]\t. . .\ny TC\ty 7t\nz h\t1\t^\n+ exp [\u2014 hn2(a \u2014 anf\\ = \u2014- V /\u00ab,\u2022 exp [\u2014 h? [a \u2014 a,-)2] y re\ty TC i\t\u2022\nsetzen. Es ist jedoch klar, dass die Werthe von h \u00fcbereinstimmend gew\u00e4hlt werden d\u00fcrfen, so dass die einfachere Form:\n\u00a3 = 7- exp [\u2014 A2(\u00ab \u2014 %)2] + exp [\u2014 \u00c42(a \u2014 a2)2 ...\ny rc\tytc\n(9)\n+ 7^ exP [\u2014 \u00c42(\u00ab \u2014 %)2] =\t^ z,- exp [\u2014 A2(a \u2014 atf]\ny TT <\nresultirt, woraus durch Integration folgt:\n2 \u2022*[\u00ab/\u00bb;\n^ 2< . {\u00a9[%\u00a3 \u2014 <*,)] \u2014 \u00ae[A(oa \u2014 \u00ab,)]}\nEs soll nun diese Darstellung auf den behebig gew\u00e4hlten Argumentwerth a \u2014 \u00abo bezogen werden. Ersetzt man demgem\u00e4\u00df:\na \u2014 ai durch (a \u2014 a0) \u2014 (at \u2014 a0),\nso erh\u00e4lt man durch Entwicklung nach Potenzen von a. \u2014 a0 die unbedingt convergente Reihe:\n\u00ae [*(\u00ab - *,)] - \u00ae W<\u2014 \u00ab,)] - ^-p\"1 \u2022 \u00ae' [*(\u00ab - \u00ab.)] +\n- 2r \u25a0 \u00ae<\u201d)\nwo \u00a9', \u00a9\", . . . \u00ae(m) ... die Ableitungen von \u00a9 nach h(a \u2014 a0) bezeichnen. Es wird sonach, wenn 2 stets eine \u00fcber die w-Wer the i = 1 . . . n erstreckte Summe bezeichnet:","page":606},{"file":"p0607.txt","language":"de","ocr_de":"Ueber Fechner\u2019s Collectivma\u00dflehre u. die Vertheilungsgesetze der Collectivgegenst\u00e4nde. 607\n2 . z[a\u00df- aa]\n= 2zi . {0[h(ct\u00df \u2014 \u00ab\u201e)] \u2014 0[h(aa \u2014 \u00abo)]}\n\u2014 Y ~zi(ai \u2014 \u00abo) \u2022 {\u00a9' [Ka\u00df \u2014 \u00aeo)] \u2014 \u00a9' [\u00c4(\u00aec< \u2014 \u00abo)]}\nf Y~2 ~\u00abj(\u00f6i \u00abo)* 2 \u2022 {\u00d6>\" [\u00c4(\u00abyJ Oo)] \u2014 \u00ae\"[\u00c4(\u00aba \u2014 \u00abo)]}\n-\tZzMi - \u00abo)3 \u2022 {\u00a9\"' [*(\u00ab/\u00bb - \u00ab\u201e)] - \u00a9\"'[*(\u00ab\u00ab - Oo)]}\nZziiai-aoT-{<DW[h{a\u00df-a,)]-oW[h[aa-a\u00ab)}}\n(11)\nDurch Differentiation erh\u00e4lt man ferner als Darstellung von (9):\n2 . L =\t. O\u2019 [h{a \u2014 a0)] \u2014 - -Zj(\u00abj \u2014 \u00abo) \u2022 0\"\\h[a \u2014 \u00f6o)] +\n7,2\tA3\nj\u20142\t\u2014 \u00dfo)2 \u2022 \u00a9'\"[*(\u00ab \u2014 \u00abo)l \u2014 17273 2zi(ai'~ a\u00b0)3 \u2022 '\nW^)[h{a-a0)] ... + i~2 irkmm 2zi(ai - a\u00b0)m- \u00a9(m)[^(\u00ab-\u00abo)] \u2022 \u25a0 \u2022 Hier ist:\n(12)\n<D' = \u25a0\u2014 exp [\u2014 A2(\u00ab \u2014 \u00ab0)2 ;\t<2> \" = \u2014 2k(a \u2014 a0) . O' ;\n]/}x\n(D\u2019\"={\\h\\a\u2014a0)2\u20142).\u00a9'; \u00ae(^)=(\u2014 8/z?(\u00ab-a0)3+12/7(0\u2014\u00ab0).\u00d6>'; ...\nDie gegebenen Entwicklungen sind f\u00fcr jeden Werth a0 g\u00fcltig. W\u00e4hlt man insbesondere f\u00fcr a0 das arithmetische Mittel, so wird \u2014 a0) = 0 , so dass in (11) und in (12) die entsprechenden Glieder wegfallen. Zugleich erh\u00e4lt 2\u2014 a0)2 den kleinstm\u00f6glichen Werth, da f\u00fcr das arithmetische Mittel die Summe der Quadrate der Abweichungen ein Minimum wird.\nHandelt es sich aber um die approximative Darstellung der Vertheilungstafel eines C.-G., so kann a0 ebenso wohl einen anderen Hauptwerth, namentlich den dichtesten Werth, vorstellen; man wird jedoch stets mit Vortheil das arithmetische Mittel als a0 w\u00e4hlen.\n\u00a7 16. Die G\u00fcltigkeit der Ausgangsformel (9) h\u00e4ngt von der Wahl der Werthes \u00e0 ab, die stets -so getroffen werden kann, dass","page":607},{"file":"p0608.txt","language":"de","ocr_de":"608\nGotti. Friedr. Lipps.\njeder beliebige Grad der Ann\u00e4herung an die vorgelegten Functions-werthe erreicht wird. Dies steht au\u00dfer Zweifel, da der Vergleich der gegebenen Werthe mit den f\u00fcr ein bestimmt gew\u00e4hltes h berechneten sich ganz ebenso gestaltet wie der obige Vergleich f\u00fcr die Function mit nur einem Werthe z0.G\nZur Charakterisirung der Ann\u00e4herung dienen folgende Bemerkungen. Da:\n+ CO\nrj\nexp [\u2014h2 [a \u2014 a^da = 1\n7\n--00\nso ist auch:\n+ GO\n+ GO\nJ 'Qda = JV7 z; y=J. exp [\u2014 h2(a \u2014 a,.)2] da \u2014\n2 z...\nDie Summe der Werthe wird daher durch die angen\u00e4herte Darstellung nicht ver\u00e4ndert, sie wird nur in anderer Weise vertheilt. Um nun die Ver\u00e4nderung in der Vertheilung zu beurtheilen, kann man die Abweichungen bez\u00fcglich eines zu Grunde gelegten a0 einmal f\u00fcr die gegebenen Functionswerthe als empirischen Werth, sodann f\u00fcr die in (9) dargestellte Ann\u00e4herung als theoretischen Werth berechnen. Die empirische Summe der swten Potenzen der Abweichungen bez. \u00ab0 erh\u00e4lt man als:\ndie theoretische Summe als:\n\u2014J-CO\nSetzt man a \u2014 a0 \u2014 (a \u2014\t+ (a4- \u2014 a0), so ergibt sich zun\u00e4chst\nf\u00fcr die einfachen Abweichungen durch Ausf\u00fchrung der Integration:\n+ CO\n\u00df\n[a \u2014 a0)^da =\t\u2014 a0).\n-00","page":608},{"file":"p0609.txt","language":"de","ocr_de":"Ueber Fechner\u2019s CoIIectivma\u00dflehre n. die Vertheilungsgesetze der Collectivgegenst\u00e4nde. 609\nDie Gesammtsumme der positiven und negativen Abweichungen bleibt sonach empirisch und theoretisch die n\u00e4mliche, oder \u2014 anschaulicher gesagt \u2014 der Schwerpunkt der Yertheilung bleibt erhalten, wie nicht anders zu erwarten ist, da jeder gegebene Werth z auf beiden Seiten des Argumentwerthes durch (9' symmetrisch vertheilt wird. F\u00fcr die zweiten und h\u00f6heren Potenzen der Abweichungen h\u00e4ngt dagegen die Uebereinstimmung zwischen empirischen und theoretischen Werthen von h ab. Dies erhellt aus folgenden Beziehungen:\n+00\nJ(a~ \u00abo Kda = 2^2 zi + Szilai \u2014 ao)2;\n--CO\n+00\n\u2014 a0%da =\n2A2\n2 zfa \u2014 a0) + SZffa \u2014 a0)3;\n+CO\n\u00df\n(a \u2014 a0)*\u00c7da =\t+ p 2 z, (a, \u2014 a0)2 + 2z,(\u00dff \u2014 a\u00ab)4;\n+oo\n/1 K\t5\n[a \u2014 a\u00fc)%da =\t^(a,\u2014a0) -f p Szfa \u2014 a0)s +\t\u2014 \u00abo)5; \u25a0 \u2022 \u2022\nu. s. w.\nEs m\u00fcsste sonach der Werth von h unendlich gro\u00df sein, sollten die empirischen und theoretischen Abweichungssummen in absoluter Strenge \u00fcbereinstimmen.\nDies hindert keineswegs, dass schon verh\u00e4ltnissm\u00e4\u00dfig kleine Werthe von h hinreichen, um eine befriedigende Ann\u00e4herung zu geben. Dabei ist im Auge zu behalten, dass \u2014 insbesondere f\u00fcr die Vertheilungstafeln der C.-G. \u2014 die Bedeutung einer N\u00e4herungsformel nicht darin besteht, eine blo\u00dfe Copie des Ganges der gegebenen z-Werthe in m\u00f6glichst gro\u00dfer Treue zu geben und etwa nur die Ecken abzurunden, die der graphisch dargestellte Verlauf der empirischen Function zeigt. Es handelt sich vielmehr um ein Ausgleichen der empirisch bestehenden Zuf\u00e4lligkeiten durch die angen\u00e4herte Darstellung.\nWundt, Philos. Studien. XHI.\n40","page":609},{"file":"p0610.txt","language":"de","ocr_de":"610\nGotti. Friedr. Lipps.\nDiesen Erfolg f\u00fchren die Entwicklungen (11) und (12) mit sich, wenn sie mit einem bestimmten Gliede abgebrochen werden. Wie weit man hierbei zu gehen hat, h\u00e4ngt wesentlich von der Beschaffenheit der gegebenen Function und den Bed\u00fcrfnissen der Untersuchung ab. Eine allgemeine Regel l\u00e4sst sich daher in dieser Beziehung nicht aufstellen. F\u00fcr C.-Gr. mit geringer Schwankung um die Hauptwerthe, f\u00fcr welche das Gau\u00df\u2019sehe Fehlergesetz bei Zugrundelegen des arithmetischen Mittels als Ausgangswerthes a0 eine rohe Ann\u00e4herung gibt, sind jedenfalls nur wenige Glieder n\u00f6thig ; denn das erste Glied ist ja das Gau\u00df\u2019sehe Gesetz. Will man aber, unter Verzicht auf die logarithmische Behandlung, einem C.-G. mit starker Schwankung die Formeln (11) und (12) zu Grunde legen, so kann erst die Durchf\u00fchrung der Untersuchung dar\u00fcber belehren, wie weit man in der Ber\u00fccksichtigung der Glieder jener Formeln gehen muss.\nEine Vorbedingung f\u00fcr den Gebrauch der gegebenen Darstellung ist das Vorhandensein von Tabellen f\u00fcr die Ableitungen der Integral-werthe \u00a9. Da solche Tabellen fehlen, so h\u00e4tten auch die Formeln (11) und (12) nur unter gro\u00dfen Umst\u00e4ndlichkeiten in der Collectivma\u00dflehre benutzt werden k\u00f6nnen. Die vorstehenden Entwicklungen mindern darum weder den praktischen Werth der Gesetze Fechner\u2019s, noch treten sie in Gegensatz zu den theoretischen Aufstellungen, die insbesondere in dem Zusatze zu der Ableitung der Asymmetriegesetze1) zur Begr\u00fcndung jener Gesetze dienen. Sie lassen vielmehr erkennen, dass Fechner durch Aufstellen des zweiseitigen Gau\u00df\u2019sehen Gesetzes und des logarith-mischen Gesetzes die in der Tabelle der \u00a9-Werthe und in den Logarithmentafeln vorliegenden H\u00fclfsmittel der Untersuchung in vollendeter Weise zur Ausn\u00fctzung brachte.\nDa die Formeln (11) und (12) keinen Uebergang zum zweiseitigen Gau\u00df\u2019sehen Gesetze erm\u00f6glichen, so ist es noch von Interesse, hervorzuheben, dass man, von der allgemeinen Form (8) statt von (9) ausgehend, einen Anschluss an dieses Gesetz gewinnen kann. Da n\u00e4mlich der Werth von h f\u00fcr jeden einzelnen Functionswerth besonders bestimmt werden darf, so ist es auch gestattet, die unterhalb und oberhalb des dichtesten Werthes D liegenden Werthe z in je\n1) Cap. XX.","page":610},{"file":"p0611.txt","language":"de","ocr_de":"Ueber Fechner's Colleetivma\u00dflehre u. die Vertheilungsgesetze der Collectivgegenst\u00e4nde. 611\neine Gruppe zu vereinigen, f\u00fcr jede Gruppe insbesondere einen Werth K resp. h, anzunehmen und unter Zugrundelegen des dichtesten Werthes als Ausgangswerthes a0 die Entwicklung durchzuf\u00fchren. Ber\u00fccksichtigt man blo\u00df das erste Glied, das die Eehlerfunction darstellt, so erh\u00e4lt man f\u00fcr jede Seite von D das Gau\u00df\u2019sche Gesetz f\u00fcr welches nun h' und h, wie in (3) zu berechnen ist.\n\u00a7 17. Es er\u00fcbrigt schlie\u00dflich noch, den Zusammenhang der obigen Formeln mit den von Herrn Prof. Bruns in der erw\u00e4hnten Abhandlung gegebenen Entwicklungen herzustellen. Zu diesem Zwecke zeige ich, dass aus (11) die Hauptformel der Bruns\u2019sehen Abhandlung abgeleitet werden kann. Dieselbe lautet, wenn man die Argumente wie oben allgemein durch a bezeichnet und z[a\u00df] \u00ab\u201e] f\u00fcr H[a, h) setzt:\n2.z[a\u00df\\ \u00ab\u201e] = 2D{R[h{a~a^)m)}}.{0(mXh[a\u00df-a,)]-0W[h{aa-a\u00fc]\\).\nm\nEs ist somit nackzuweisen, dass:\nlr - 2; m 2 *<(\u00ab* -\t= D{R[h[a - \u00ab0}]4 .\nNun definirt Herr Bruns die Functionen Rm durch die Gleichung: 2 R{z)m[2iv)m = exp (v2 \u2014 2ixv),\nso dass insbesondere R0 = 1, und gibt folgende Eigenschaften von Rm an:\n(i R- (x jtti\ndx\nR{x\\\nm\u20141\n0(m+i)(x) = 2m . 1 . 2 ... w . R(x)mO'(x).\nAuf Grund dieser Beziehungen leitet er den Satz ab, dass das Integral: +00\n^0(P+l){x) . <D(9*)(x)\nQ'(x)\n\u00df\ndx, (p, q = 0, 1, 2, . . .),\nwenn p und q verschieden sind, den Werth Null und, wenn p \u2014q den Werth 2 . 2P . 1 . 2 . . . p annimmt.\nEs ist aber D{Rm}, als Durchschnitt der Function Rm nach dem Vertheilungsgesetze \"\u00c7 bestimmt, gleich:\n40*","page":611},{"file":"p0612.txt","language":"de","ocr_de":"612\tGotti. Friedr. Lipps. Ueber Fechner\u2019s Collectuma\u00dflehre etc.\n+00 +00\nJR[A(a\u2014-a0)]m. tda \u2014 ^\t-J*R[A(a \u2014 a\u201e)]m. exp [\u2014 h2(a \u2014 af)2] da\ndR\nSetzt man daher, da a \u2014 a0 = [a \u2014 \u00ab,-) + (\u00ab,\u2022\u2014a0), und = \u2014 Rm-i\n0 X\nR\\h{(\u00a3\t\u00f6\u00df)]\u00bb\u00bb = R\\h((i a\u00ee)]m h[\u00fci R\\h{a \u2014 @i)]m\u2014i ~p\nh2\th3\nf72 \\ai \u2014 \u00aboYR[h[a \u2014 a,-)]\u00ab-2 \u2014 y~2 ~ 3 (ai ~ \u00abo)3-\u00df[A(a \u2014 \u00ab<)]m-3\n\n(\u2014l)m . \u00c0\u2122\n(a* \u2014 \u00f60)m-\u00c4[\u00c4(a \u2014 \u00df0)]o\n1 . 2 ... TO\nund ber\u00fccksichtigt man, dass auf Grund der Eigenschaften yon R +00 h\nV\nkf\nR[h[a \u2014 a{)]m exp [\u2014 h2{a\u2014 aj2]da = 0 , (to = 1, 2, 3, . . .\nund R[h(a \u2014 a0)]0 = 1 ist, so erh\u00e4lt man:\n+QO\n^R[A(a \u00abo)]m \u2022 \u00c7da \u2014 k _i-\u2014 , 2zi(ai \u2014 n0)m .\n---GO","page":612}],"identifier":"lit4267","issued":"1898","language":"de","pages":"579-612","startpages":"579","title":"Ueber Fechner\u2018s Collectivma\u00dflehre und die Vertheilungsgesetze der Collectivgegenst\u00e4nde","type":"Journal Article","volume":"13"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T12:35:32.099673+00:00"}