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{"created":"2022-01-31T12:36:01.006331+00:00","id":"lit4269","links":{},"metadata":{"alternative":"Philosophische Studien","contributors":[{"name":"Heymans, Georg","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Philosophische Studien 13: 613-615","fulltext":[{"file":"p0613.txt","language":"de","ocr_de":"Berichtigung.\nYon\nG. Heymans.\nIn seinen eben erschienenen \u00bbGeometrisch-optischen T\u00e4uschungen\u00ab (Leipzig 1898)*) hat Wundt der von mir zur Erkl\u00e4rung derM\u00fcller-Lyer\u2019schen und anderer T\u00e4uschungen verwendeten Contrasthypothese die Ehre einer ausf\u00fchrlichen Besprechung zu Theil werden lassen; zugleich aber dieselbe in einer Weise aufgefasst, welche, wenn sie richtig w\u00e4re, diese Ehre als eine durchaus unverdiente m\u00fcsste erscheinen lassen. Wundt nimmt n\u00e4mlich an, ich h\u00e4tte mit dem \u00bbContrastverh\u00e4ltniss\u00ab ein Verh\u00e4ltniss zwischen den psychologischen Wirkungen derjenigen Schenkelpaare gemeint, welche ich als t\u00e4uschungerregende und t\u00e4uschunghemmende Ursachen bezeichne (a. a. O. S. 98 ff.); was also hei\u00dfen w\u00fcrde, dass ich die T\u00e4uschung erst aus einem Verh\u00e4ltnisse zwischen Factoren, welche an und f\u00fcr sich dieselbe schon in sich enthalten, h\u00e4tte entstehen lassen! Einer solchen Ungereimtheit bin ich nun in der That nicht schuldig; vielmehr kann ich einfach constatiren, dass ich in meiner Abhandlung nirgends den Begriff des Contrastes auf das erw\u00e4hnte Verh\u00e4ltniss angewendet habe. Dagegen habe ich geglaubt, die Wirkungen jener t\u00e4uschungerregenden und t\u00e4uschunghemmenden Ursachen selbst, jede f\u00fcr sich genommen, als Contrastwirkungen auffassen zu m\u00fcssen; was ich auch in den 20 bis 30 Zeilen, in denen ich meinen Grundgedanken erl\u00e4utere, in einer mir unzweideutig d\u00fcnkenden Weise gesagt habe (Zeitschr. f. Psych. IX, S. 248\u2014249). Wie dort angedeutet\n1) Abhandl. der Kgl. s\u00e4chs. Ges. d. Wiss. Math.-phys. CI. XXIV. Nr. 2.","page":613},{"file":"p0614.txt","language":"de","ocr_de":"614\nwird, ist dasjenige, was ich als Contrastwirkung bezeichne, einfach die modificirende Wirkung, welche die Auffassung einer sich vollziehenden Blickhewegung durch die gleichzeitig gegebene (der Wahrnehmung eines Schenkelpaares oder auch eines einzelnen Schenkels zu verdankende) Vorstellung einer anderen Blickhewegung erleidet. Dass aber hierbei der Contrasthegriff nicht in einer neuen, sondern eben in der altbekannten Bedeutung verwendet wird, d\u00fcrfte vielleicht aus folgender Er\u00f6rterung noch etwas deutlicher werden.\nZur Orientirung w\u00e4hle ich einen allgemein bekannten Fall von Bewegungscontrast. Wenn ich durch l\u00e4ngere Wahrnehmung einer\nA\nB\nin der Richtung AB verlaufenden Bewegung eine lebhafte Vorstellung von derselben gewinne, und dann einen beliebigen Gegenstand fixire, so scheint mir derselbe, wenn ruhend, sich in der Richtung von B nach A zu bewegen, wenn aber in der Richtung AB bezw. BA sich bewegend, in langsamerer bezw. schnellerer Bewegung begriffen als thats\u00e4chlich der Fall ist. Oder mit anderen Worten: statt der Blickbewegung, welche ich thats\u00e4chlich ausf\u00fchre (und welche in einer oder der anderen Richtung verlaufen, auch == 0 sein kann), glaube ich eine Blickbewegung auszuf\u00fchren, welche sich als die algebraische Summe jener und einer Bewegung in der Richtung BA construiren l\u00e4sst. \u2014 Dies wolle man nun scharf im Auge behalten, und dann auf den vorliegenden Fall anwenden. Es sei Einem die Aufgabe gestellt, eine Linie BQ, der ein Schenkel PR angesetzt ist,\nQ\nin der Richtung von P nach Q mit dem Blicke abzumessen. Beim Anfang der Blickbewegung zieht R die Aufmerksamkeit auf sich, und es entsteht, \u00e4hnlich wie im vorigen Fall, die lebhafte Vorstellung einer Blickbewegung in der Richtung PR, also von links unten nach rechts oben; wenn aber diese Vorstellung in gleicher Weise wie jene wirkt, so muss sie die wirklich ausgef\u00fchrte Blickbewegung PQ in","page":614},{"file":"p0615.txt","language":"de","ocr_de":"615\ndem Sinne modifient erscheinen lassen, als ob derselben eine weitere Bewegung in der Richtung von rechts oben nach links unten hinzugef\u00fcgt w\u00e4re. Das hei\u00dft aber: in Q angelangt, glaubt die Versuchsperson von links nach rechts eine kleinere Strecke zur\u00fcckgelegt zu haben als thats\u00e4chlich der Fall ist, und zugleich w\u00e4hrend der Bewegung etwas von oben nach unten gekommen zu sein. In jenem, und dem entgegengesetzten Scheine bei Verwendung ausw\u00e4rts gerichteter Schenkel, sehe ich die einfachste Form der M\u00fcller-Lyer\u2019schen, in diesem die einfachste Form der Z\u00f6llner\u2019sehen und der damit verwandten T\u00e4uschungen.\nDas ist die Contrastwirkung, die ich gemeint habe, und in Bezug auf welche ich bisher glaubte, meine Meinung auch deutlich genug ausgesprochen zu haben. Wenn ich, wie ich jetzt annehmen muss, in letzterem Punkte geirrt habe, so hat wohl meine mangelhafte Uebung im Gebrauche der deutschen Sprache daf\u00fcr die Verantwortung zu tragen. Ich kann nur hoffen, dass die obigen Ausf\u00fchrungen etwas dazu beitragen werden, den Sinn meiner Hypothese gegen weitere allzugro\u00dfe Missverst\u00e4ndnisse zu sch\u00fctzen; die Entscheidung \u00fcber den Werth derselben mag der Zukunft \u00fcberlassen bleiben.","page":615}],"identifier":"lit4269","issued":"1898","language":"de","pages":"613-615","startpages":"613","title":"Berichtigung","type":"Journal Article","volume":"13"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T12:36:01.006337+00:00"}