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{"created":"2022-01-31T14:27:30.909256+00:00","id":"lit4276","links":{},"metadata":{"alternative":"Philosophische Studien","contributors":[{"name":"Buch, Ejnar","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Philosophische Studien 15: 183-278","fulltext":[{"file":"p0183.txt","language":"de","ocr_de":"Ueber die \u201eVerschmelzung\u201c von Empfindungen, besonders bei Klangeindr\u00fccken.\nVon\nDr. phil. Ejnar Buch\nPrivatdocent an der Universit\u00e4t Kopenhagen.\nUnter Mitwirkung des Verfassers aus dem D\u00e4nischen \u00fcbertragen\nvon\nM. phil. Carl K\u00fcchler.\nMit 5 Figuren im Text.\n(Schluss.)\nIII. Die Verschmelzung von Intervallen.\na. Stumpf\u2019s Untersuchungen.\nWie am Schl\u00fcsse des vorigen Theiles bemerkt, wollen wir nun zu einer n\u00e4heren Untersuchung einer einzelnen Verschmelzungserscheinung \u00fcbergehen: der Verschmelzung zwischen zwei gleichzeitigen Kl\u00e4ngen, die \u00fcbrigens nicht einfache T\u00f6ne zu sein brauchen, sondern au\u00dfer dem Grundtone recht wohl eine gr\u00f6\u00dfere oder geringere Anzahl Obert\u00f6ne enthalten k\u00f6nnen. Wor\u00fcber wir nat\u00fcrlich besonders ins Keine kommen m\u00f6chten, ist: ob sich diese Gruppe von Verschmelzungen mit H\u00fclfe der bekannten allgemeineren Bedingungen und Gesetze f\u00fcr Verschmelzung und Analyse in Verbindung mit den besonderen physischen Verh\u00e4ltnissen, welche die T\u00f6ne darbieten, erkl\u00e4ren lassen, oder ob wir hier einen h\u00f6heren Grad von Verschmelzung vor uns haben, den wir nicht mit den Mitteln erkl\u00e4ren k\u00f6nnen, die uns zur Verf\u00fcgung stehen. Auch hier sind wir gen\u00f6thigt, mit Stumpf als dem zu beginnen, der zuerst eine eingehendere Behandlung unserer\n13*","page":183},{"file":"p0184.txt","language":"de","ocr_de":"184\nEjnar Buch.\nFrage gegeben hat. Und als Einleitung m\u00fcssen wir kurz die eigent\u00fcmliche Gestaltung besprechen, die er seinem Verschmelzungsbe-grifEe auf dem Gebiete der T\u00f6ne gibt.\nZuerst m\u00fcssen wir die Aufmerksamkeit darauf lenken, dass Stumpf in seiner allgemeinen Auffassung der Verschmelzung eine etwas andere Stellung einnimmt, als wir dies gethan haben. Er nennt die Verschmelzung die Ursache daf\u00fcr, dass gleichzeitige Empfindungen schwerer zu vergleichen oder zu unterscheiden sind als auf einander folgende (s. S. 3), er betrachtet sie mit anderen Worten als eine Hypothese, welche dieses Verh\u00e4ltniss erkl\u00e4ren soll, w\u00e4hrend wir vorziehen w\u00fcrden, zu sagen, die Verschmelzung besteht darin, dass die Empfindungen nicht scharf aus einander gehalten werden, sie \u00e4u\u00dfert sich auf diese Weise. Aber indem Stumpf danach zu den T\u00f6nen \u00fcbergeht, hebt er ausdr\u00fccklich hervor, dass die Verschmelzung hier nicht l\u00e4nger als eine Hypothese aufgefasst werden d\u00fcrfe, welche die genannten Schwierigkeiten erkl\u00e4ren solle, sondern eine sinnliche Erscheinung sei, die selbst beobachtet und mit anderen derselben Art verglichen werden kann, und die man nur kennen lernen kann, indem man sie selbst h\u00f6rt1). Aber Stumpf stellt die Verschmelzung der T\u00f6ne in noch h\u00f6herem Grade in Gegensatz zu gew\u00f6hnlicher Verschmelzung \u2014 auf jeden Fall nach der Weise, auf welche wir dieselbe auffassen. W\u00e4hrend n\u00e4mlich gew\u00f6hnlich Verschmelzung und Analyse als bestimmte Gegens\u00e4tze dastehen, von denen der eine in demselben Verh\u00e4ltnisse zu sein oder zu wirken aufh\u00f6ren muss, wie der andere vorw\u00e4rts schreitet, stellt sich die Sache nach Stumpf\u2019s Meinung auf dem Gebiete der T\u00f6ne folgenderma\u00dfen: die Verschmelzung erschwert allerdings die Analyse, aber die Analyse verringert die Verschmelzung nicht im mindesten, die im Gegentheil erst recht deutlich wird, wenn die Analyse vollendet ist. Er sagt so hinsichtlich der Verschmelzung zweier T\u00f6ne:\n\u00bb---------dass es sich nicht blo\u00df um eine Schwierigkeit handelt,\ndie durch gesteigerte Aufmerksamkeit und Uebung beseitigt werden k\u00f6nnte, sondern um eine unver\u00e4nderliche Eigenth\u00fcmlichkeit des Empfindungsmateriales, welche immer noch \u00fcbrig bleibt, wenn alle anderen Hindernisse der Analyse beseitigt werden, und welche gerade,\n1) \u00bbTonpsychologie\u00ab U, S. 129.","page":184},{"file":"p0185.txt","language":"de","ocr_de":"Ueber die \u00bbVerschmelzung\u00ab von Empfindungen, besonders bei Klangeindr\u00fccken. 185\nnachdem die Analyse vollzogen und die T\u00f6ne deutlich als zwei erkannt sind, ebenfalls erst in sich selbst bemerkt werden kann 4). An einer anderen Stelle wird die Verschmelzung als ein Empfindungs-verh\u00e4ltniss bezeichnet, das bestehen bleibt, wenn die Analyse vollzogen ist2). Und von solchen Empfindungsverh\u00e4ltnissen wird gesagt: \u00bb\u2014 (dass sie) nicht auf weiter zur\u00fcckliegende psychische Ursachen, sondern nur auf physische zur\u00fcckzuf\u00fchren sind\u00ab3). Endlich wird anl\u00e4sslich eines Versuches von Helmholtz hervorgehoben: \u00bb----------was\nHelmholtz hier Verschmelzung nennt, bedeutet nicht Verschmelzung in unserem Sinn, sondern nur eben Nicht-Unterscheidung, w\u00e4hrend Verschmelzung in unserem Sinn, um wahrgenommen zu werden, gerade Unterscheidung der T\u00f6ne voraussetzt (obschon sie auch den ununterschiedenen Empfindungen zukommt)\u00ab4).\nStumpf\u2019s erster Behauptung: dass Verschmelzung auf dem Gfe-biete der T\u00f6ne nicht eine Hypothese, sondern eine sinnliche Erscheinung ist, k\u00f6nnen wir nun sofort beitreten. Denn so weit wir sehen k\u00f6nnen, meint er hiermit nichts anderes, als was wir \u00fcber die Verschmelzung im ganzen gesagt haben. F\u00fcr uns ist die Verschmelzung ja eben keine Hypothese, sondern eine Thatsache, die darin besteht, dass sich die einzelnen Empfindungen oder Eindr\u00fccke schwer oder gar nicht von einander scheiden lassen ; sie l\u00e4sst sich also direct wahrnehmen, die verschiedenen Verschmelzungsgrade k\u00f6nnen mit einander verglichen werden. Wir k\u00f6nnen darum nicht anders sagen, als dass Stumpf durch seine etwas ungl\u00fcckliche Auffassung des allgemeinen Verschmelzungsbegriffes hier ohne Nothwendigkeit sich selbst \u2014 oder uns \u2014 eine Schwierigkeit geschaffen hat.\nDagegen kann nicht geleugnet werden, dass es recht r\u00e4thselhaft erscheint, wenn die Verschmelzung die Analyse allerdings erschweren, auf der anderen Seite aber erst recht wahrgenommen werden soll, wenn die Analyse vollzogen sei. Auf jeden Fall l\u00e4sst sich dies nicht mit unserer allgemeinen Auffassung der Verschmelzung vereinigen. Ich kann mir die Stumpf\u2019sehe Tonverschmelzung nur auf zwei Weisen verstanden denken: entweder ist es eine Erscheinung ganz anderer Art als das, was wir sonst Verschmelzung nennen, wie dies z. B. von\n1) \u00bbTonpsychologie\u00ab H, S. 127 f. 4) n, S. 353.\n2) n, S. 193.\n3) II, S. 211.","page":185},{"file":"p0186.txt","language":"de","ocr_de":"186\nEjnax Buch.\nNatorp angenommen wird, welcher meint, Stumpf habe Verschmelzung genannt, was in Wirklichkeit Harmonie ist1). Oder auch das Verh\u00e4ltniss kann das folgende sein: seihst wenn alle anderen Hindernisse f\u00fcr die Analyse \u00fcberwunden .sind, die Analyse also bis zu einem gewissen Grade zur Ausf\u00fchrung gebracht ist, gl\u00fcckt es doch nicht ganz, die T\u00f6ne aus einander zu halten, die Analyse kann also nicht so vollst\u00e4ndig wie bei anderen Vorstellungen durchgef\u00fchrt werden. Die Verschmelzung ist, mit anderen Worten, selbst wenn alle Energie auf die Analyse verwandt wird, in h\u00f6herem oder geringerem Grade unaufl\u00f6slich; und es ist nur diese st\u00e4rkere Verschmelzung, was Stumpf bei den T\u00f6nen Verschmelzung nennt.\nOb Stumpf nun mit einer dieser Auslegungen seiner Meinung zufrieden sein wird, kann vielleicht zweifelhaft sein. Aber wir k\u00f6nnen keine anderen finden, wenn wir unseren gesammten Verschmelzungsbegriff nicht ganz umkehren sollen, wozu wir doch keinen Grund vorhanden sehen.\nIst so Stumpf\u2019s Verschmelzungsbegriff auf dem Gebiete der T\u00f6ne ziemlich unklar, so kann doch kein Zweifel dar\u00fcber bestehen, dass die Erscheinungen selbst, die er untersucht hat, f\u00fcr uns Interesse haben. Wir wollen darum dazu \u00fcbergehen, Stumpf\u2019s genauere Pr\u00fcfung dieser Erscheinungen darzustellen, die theils in eigenen Beobachtungen, theils in Versuchen an Anderen besteht. Wir beginnen mit den ersteren, wo der Gegenstand der Beobachtung Intervalle verschiedener Gr\u00f6\u00dfe, jedoch nicht \u00fcber eine Octave, waren, und die als Besultat ergaben, dass der Verschmelzungsgrad f\u00fcr die verschiedenen Intervalle verschieden war, indem er in folgender Ordnung abnahm : Octave (2/t), Quinte (3/2), Quarte (4/3), nat\u00fcrliche Terzen und Sexten (5/4, %, s/3, 8/5) und schlie\u00dflich alle \u00fcbrigen Intervalle. Dies war der Fall bei allen Tonh\u00f6hen, ausgenommen den allertiefsten, wo die Verschmelzung nicht recht beobachtet werden konnte, und \u00fcber 4000 Schwingungen hinaus, wo alle Intervalle den geringsten Verschmelzungsgrad hatten. Wurde die St\u00e4rke der T\u00f6ne ver\u00e4ndert, so hatte dies keinen Einfluss auf den Verschmelzungsgrad, selbst wenn die beiden T\u00f6ne im Intervalle verschiedene St\u00e4rke erhielten. Auch die Hinzuf\u00fcgung mehrerer T\u00f6ne ver\u00e4nderte die Verschmelzung zwischen den beiden\nly \u00bbG\u00f6ttingische eiehrte Anzeigen\u00ab. 1891. S. 789.","page":186},{"file":"p0187.txt","language":"de","ocr_de":"Ueber die \u00bbVerschmelzung\u00ab von Empfindungen, besonders bei Klangeindr\u00fceken. 187\n.ersten nicht, die sich folglich auch unabh\u00e4ngig von der Klangfarbe erwies. Sehr kleine Abweichungen von dem rechten Zahlenverh\u00e4ltnisse im Intervalle wurden nicht gemerkt; aber sobald sie gemerkt wurden, ging die Verschmelzung sofort in den geringsten Grad \u00fcber, ohne die dazwischenliegenden zu passiren. Die Verschmelzung wurde nicht verringert, wenn die beiden T\u00f6ne jeder mit einem Ohre geh\u00f6rt wurden, und hielt sich ebenso in der Phantasievorstellung unver\u00e4ndert. Endlich zeigten einige Versuche mit Intervallen, die gr\u00f6\u00dfer als eine Octave waren, dass die Verschmelzung bei dem Intervalle n . 2X : m dieselbe war wie bei dem Intervalle n : m . (ra j> m)!).\nUeber diese Kesultate von Stumpf\u2019s Beobachtungen ist nun nicht viel anderes zu sagen, als dass sie uns nur seine rein pers\u00f6nliche Auffassung der betreffenden Erscheinungen geben und nicht gut als Ausgangspunkt f\u00fcr weitere Betrachtungen benutzt werden k\u00f6nnen. Denn da wir nicht wissen, was Stumpf mit seiner \u00bbVerschmelzung\u00ab meint, so k\u00f6nnen wir die T\u00fcchtigkeit seiner Beobachtungen oder ihre Bedeutung nicht beurtheilen, sondern m\u00fcssen uns damit begn\u00fcgen, es als eine Thatsache hinzunehmen, dass er die Verh\u00e4ltnisse so auf fasst. Andere Untersuchungen derselben Erscheinungen m\u00fcssen uns dann zeigen, welche bekannten Eactoren dazu beigetragen haben k\u00f6nnen, Stumpf\u2019s Auffassung hervorzurufen, und wie weit doch noch Verh\u00e4ltnisse \u00fcbrig bleiben, die wir nicht erkl\u00e4ren k\u00f6nnen, und wo also ein neuer Factor gebraucht werden kann \u2014 ob wir diesen nun Verschmelzung nennen wollen oder nicht. H\u00e4tte uns Stumpf nur wenigstens eine genauere Beschreibung seines Vorgehens bei den Beobachtungen, der verschiedenen subjectiven und objectiven Bedingungen, unter welchen diese stattfanden, gegeben! Wir k\u00f6nnten dann vielleicht auf diesem Wege den einen oder anderen Fingerzeig zum Verst\u00e4ndnisse seiner Auffassung erhalten haben. Aber er kl\u00e4rt uns nicht einmal dar\u00fcber auf, welche Tongeber er benutzt hat, und dies trotzdem es sich ja doch gar nicht um ganz einfache Beobachtungen handelt, die nicht missgedeutet werden k\u00f6nnen. Im Gegentheil, Stumpf warnt selbst davor, verschiedene unzugeh\u00f6rige Factoren einen Einfluss auf die Beurtheilung der Verschmelzung gewinnen zu lassen, wie z. B. die harmonischen oder disharmonischen\n1) \u00bbTonpsychologie\u00ab n, S. 185\u2014140.","page":187},{"file":"p0188.txt","language":"de","ocr_de":"188\tEjnar Buch.\nVerh\u00e4ltnisse der Intervalle, die Kenntniss ihrer musikalischen Bedeutung u. s. w.\nBevor wir zu Stumpf\u2019s Versuchen mit Anderen \u00fcbergehen, wollen wir nur die Aufmerksamkeit darauf lenken, dass K\u00fclpe die oben genannten Besultate Stumpf\u2019s zum gr\u00f6\u00dften Theile best\u00e4tigt und hinzuf\u00fcgt, dass eine Abweichung von dem rechten Zahlenverh\u00e4ltnisse in einem Intervall desto leichter gemerkt werde, je h\u00f6her der Verschmelzungsgrad des Intervalles sei. In einigen Punkten widerspricht K\u00fclpe jedoch Stumpf, indem er behauptet, dass die Tonverschmelzung in ziemlich hohem Grade von der gegenseitigen St\u00e4rke der beiden T\u00f6ne abh\u00e4nge1); dass die Verschmelzung bei Kl\u00e4ngen gr\u00f6\u00dfer sei als bei T\u00f6nen2) ; und dass sie bei dem Intervalle n . 2X : m geringer sei als bei w:m3). Indess darf man bei dem Vergleiche zwischen Stumpf\u2019s und K\u00fclpe\u2019s Resultaten durchaus nicht vergessen, dass K\u00fclpe keinerlei Unterschied zwischen Tonverschmelzung und anderer Verschmelzung macht; f\u00fcr ihn besteht die Verschmelzung, gleichwie f\u00fcr uns, nur in der Erschwerung der Analyse, welche die Gleichzeitigkeit der Vorstellungen mit sich f\u00fchrt (s. S. 5). Eigentlich m\u00fcssen Stumpf\u2019s und K\u00fclpe\u2019s Resultate darum jedes f\u00fcr sich beurtheilt werden.\nStumpf\u2019s Versuche an Anderen sind in seinen Versuchen \u00fcber die Auffassung der verschiedenen Intervalle von seiten Unmusikalischer mitgetheilt. Au\u00dfer einigen einleitenden Versuchen mit dem Klaviere hat er namentlich zwei gro\u00dfe Reihen mit der Orgel angestellt, indem er seinen unmusikalischen Zuh\u00f6rern ein gut Theil Intervalle vorlegte: Octaven, Quinten u. s. w., und sie ihr Urtheil dar\u00fcber aussprechen lie\u00df, ob ein oder mehrere T\u00f6ne vorhanden seien. Indem wir die Resultate dieser Versuche betrachten, m\u00fcssen wir doch einen bestimmten Unterschied zwischen den Resultaten machen, die aus den Versuchen selbst unmittelbar hervorgehen und durch das Verh\u00e4ltniss zwischen den richtigen und den falschen Beurtheilungen f\u00fcr jedes Intervall ausgedr\u00fcckt werden, und zwischen Stumpf\u2019s Auslegung dieser Resultate.\nDie erstere der beiden genannten Versuchsreihen wurde mit drei\n1) \u00bbGrundriss der Psychologie\u00ab, S. 297.\n3) An ders. Stelle, S. 295.\n2) An ders. Stelle, S. 305.","page":188},{"file":"p0189.txt","language":"de","ocr_de":"Heber die \u00bbVerschmelzung\u00ab von Empfindungen, besonders bei Klangeindr\u00fccken. 189\nTheilnelimern ausgef\u00fchrt und bestand aus drei kleineren Reihen, von denen die erste mit einem sehr milden und obertonarmen Register, die beiden letzteren hingegen mit weit st\u00e4rkeren und obertonreicheren Registern ausgef\u00fchrt wurden. Von den Intervallen kam die gro\u00dfe Secunde und kleine Septime 108 mal, der Triton 72 mal, die \u00fcbrigen 210mal vor \u2014 alle Versuchspersonen und alle drei Reihen zusammengenommen. Das Resultat war in Procenten richtiger Urtheile:\n\tGro\u00dfe Secunde\tTriton\tKleine Septime\tGro\u00dfe Terz\tQuarte\tQuinte\tOctave\nI\u2014HI\t91\t85\t81\t70\t64\t38\t24\nI\t100\t83\t83\t93\t88\t32\t25\nDie Zahlen in der ersten Linie bedeuten die Resultate aller Versuche, die Zahlen in der zweiten Linie die Resultate der ersten Versuchsreihe allein.\nAus diesen Resultaten zieht Stumpf nun den Schluss: \u00bb--dass\nsich . . . der Analyse ein graduell abgestuftes Hinderniss entgegenstellt, welches um so st\u00e4rker ist, je kleiner die Verh\u00e4ltnisszahlen der Schwingungen. Dieses Hinderniss kann kein anderes sein als die Verschmelzung.\u00ab Stumpf kann n\u00e4mlich keinen anderen Erkl\u00e4rungsgrund finden. Der m\u00f6gliche Einfluss der Obert\u00f6ne wird durch Hinweis auf die Resultate zur\u00fcckgewiesen, welche die erste Reihe allein ergeben hat, im Vergleiche mit den Resultaten aller drei Reihen zusammen1).\nStumpf\u2019s zweite Versuchsreihe ist hei weitem umfassender als die erste, indem die Anzahl der Versuchspersonen 12 war und jedes der untersuchten Intervalle: Quinte, Quarte, gro\u00dfe Terz, kleine Terz und Triton, im ganzen 744 Urtheile erhielt, auf 4 kleinere Reihen, d. i. 4 Versuchstage, vertheilt. Die Versuche wurden mit der Orgel in der Domkirche zu Halle angestellt, und die Pfeifen, welche benutzt werden sollten, wurden vor jeder Versuchsreihe von einem Orgelbauer in nat\u00fcrlicher Stimmung abgestimmt. Jedes Intervall wurde 4 Secunden in der ersten Reihe und 3 in den drei anderen\n1) \u00bbTonpsychologie\u00ab II, S. 145\u2014155.","page":189},{"file":"p0190.txt","language":"de","ocr_de":"190\nEjnar Buch.\nklingend gehalten; die Pausen zwischen zwei Intervallen betrugen 8 Secunden. Da der Widerhall in der Kirche, nachdem die beiden Tasten losgelassen waren, die Beurtheilung st\u00f6rte, wurde in den drei letzten Reihen in dem Augenblicke, wo man die beiden Tasten loslie\u00df, ein tieferer Accord angeschlagen. Die 12 Versuchspersonen wurden vor den Versuchen gepr\u00fcft und etwa gleich unmusikalisch befunden. Die vier Versuchsreihen wurden mit Intervallen innerhalb der kleinen Octave, der zweigestrichenen und der eingestrichenen Octave, vorgenommen, die zweite Reihe mit einem obertonreichen Register, die \u00fcbrigen mit obertonarmen. Die Resultate waren f\u00fcr jede Reihe f\u00fcr sich:\n\tAnzahl Urtheile f\u00fcr j edes Intervall\tRichtige Urtheile f\u00fcr jedes Intervall\t\t\t\t\n\t\tTriton\tGro\u00dfe Terz\tKleine Terfc\tQuarte\tQuinte\nI\t144\t103\t99\t108\t641/2\t36\nn\t216\t1781/2\t153\t103\t1321/2\t100\nin\t240\t174\t185\t1691/2\tI851/2\t156\nIV\t144\t11172\t1081/2\t127\tIO6I/2\t891/2\ni-iv\t744\t567\t5451/2\t5071/2\t489\t3811/2\nAuch in diesen Resultaten findet Stumpf eine Best\u00e4tigung seiner Verschmelzungstheorie: \u00bbEs ist hiermit, wie ich glaube, bewiesen, dass jedes der untersuchten Intervalle als solches einem m\u00e4chtigen constanten Einfl\u00fcsse in Hinsicht der Leichtigkeit seiner Analyse unterworfen ist. Und wiederum ist es auch diesmal nicht m\u00f6glich, irgend einen andern Einfluss als den Verschmelzungsgrad hierf\u00fcr in Anspruch zu nehmen\u00ab1).\nDie Frage ist nun, ob wir mit Stumpf in der Auslegung seiner Versuchsresultate einig sein k\u00f6nnen. Dieser Frage gegen\u00fcber m\u00fcssen wir jedoch erst bemerken, dass die Versuche selbst unleugbar an sehr wesentlichen M\u00e4ngeln leiden. Denn dass man sich bei wissenschaftlichen\n1) \u00bbTonpsychologie\u00ab II, S. 155\u2014173.","page":190},{"file":"p0191.txt","language":"de","ocr_de":"Heber die \u00bbVerschmelzung\u00ab von Empfindungen, besonders bei Klangeindr\u00fccken. 191\nUntersuchungen immer die g\u00fcnstigst m\u00f6glichen Versuchsbedingungen schaffen muss, damit nicht unzugeh\u00f6rige Factoren eingreifen und ihren Einfluss geltend machen, ist selbstverst\u00e4ndlich; und dass dies hei psychologischen Untersuchungen, wo die Verh\u00e4ltnisse im ganzen besonders schwierig, die st\u00f6renden Einfl\u00fcsse besonders mannigfaltig und unberechenbar sind, besonders nothwendig ist, ist ebenso unbestreitbar. Aber in diesem Palle erscheint es \u2014 um den mildesten Ausdruck zu gebrauchen \u2014 etwas sonderbar, Versuche wie die vorliegenden in einer Domkirche und mit einer gro\u00dfen Kirchenorgel anzustellen! Stumpf erw\u00e4hnt zudem selbst noch den st\u00f6renden Einfluss des Widerhalles ; und dass diesem durch den abschlie\u00dfenden Accord, den er nach jedem Intervalle folgen lie\u00df, ahgeholfen werden sollte, muss doch mindestens als ziemlich zweifelhaft bezeichnet werden. Nun k\u00f6nnte man nat\u00fcrlich zur Vertheidigung Stumpf\u2019s sagen, dass st\u00f6rende Einfl\u00fcsse ihre Wirkungen dadurch zeigen m\u00fcssen, dass die Versuchsresultate sehr unregelm\u00e4\u00dfig werden. Aber es ist \u00fcbrigens auch eine Frage, ob die Resultate der zweiten Hauptreihe eigentlich von Unregelm\u00e4\u00dfigkeit freigesprochen werden k\u00f6nnen. Die kleine Terz weist auf jeden Fall so gro\u00dfe Schwankungen in der Beurtheilung auf, dass es kaum verantwortet werden kann, sie zu ber\u00fccksichtigen. F\u00fcr die anderen Intervalle sind die Schwankungen allerdings nicht so gro\u00df; aber die Quinte ist doch das einzige, das seinen Platz in der Reihe unbedingt behauptet. Au\u00dferdem ist zu bemerken, dass wir ja gar nicht wissen, wie viele Unregelm\u00e4\u00dfigkeiten innerhalb der Be-urtheilungen der einzelnen Versuchspersonen Vorkommen. Bei Versuchen wie diesen, wo die pers\u00f6nlichen Verschiedenheiten sehr bedeutend sein und nicht geringen Werth f\u00fcr die Beurtheilung der Verh\u00e4ltnisse gewinnen k\u00f6nnen, m\u00fcssten die Resultate jeder einzelnen Versuchsperson zur Einsicht vorgelegt werden.\nNeben den erw\u00e4hnten h\u00f6chst ung\u00fcnstigen Bedingungen f\u00fcr eine sorgf\u00e4ltige und genaue Beobachtung und Sch\u00e4tzung wird ein anderer Fehler, den Stumpf begangen hat, vielleicht eine verh\u00e4ltnism\u00e4\u00dfig kleine Rolle spielen. Derselbe besteht darin, dass er die Intervalle stets in derselben Ordnung auf einander folgen l\u00e4sst : Triton, Quinte, gro\u00dfe Terz, Quarte, kleine Terz. Falls die Ordnung \u00fcberhaupt von Bedeutung ist \u2014 und das ist durchaus nicht unwahrscheinlich \u2014, ist es ganz gewiss, dass, wie Stum f hervorhebt, z. B. der Unterschied","page":191},{"file":"p0192.txt","language":"de","ocr_de":"192\nEjuar Buch.\nzwischen Quinte und Triton hei Stumpf\u2019s Ordnung der Intervalle sch\u00e4rfer hervortreten wird; aher ebenso sicher ist es, dass z. B. das Verh\u00e4ltnis zwischen Quinte und Quarte oder zwischen gro\u00dfer Terz und Quarte verschoben werden muss.\nWie man sieht, gelten die vorgebrachten Einw\u00e4nde wesentlich der zweiten und gr\u00f6\u00dften von Stumpf\u2019s beiden Versuchsreihen. Die erste ist so klein, dass ihre Bedeutung schon aus diesem Grunde nicht besonders gro\u00df ist. Ueherdies wird unsere Beurtheilung derselben dadurch erschwert, dass \u00fcber die Verh\u00e4ltnisse, unter denen die Versuche ausgef\u00fchrt wurden, nur gesagt wird, dass die Versuche in Prag mit einer Orgel angestellt wurden!\nTrotz aller Einw\u00e4nde erscheint es mir doch unberechtigt, zu leugnen, dass Stumpf\u2019s erste Versuchsreihe darauf hindeutet, dass sich hei den Versuchen Einfl\u00fcsse geltend gemacht haben, welche die Analyse ungef\u00e4hr im Verh\u00e4ltnisse zur Oonsonanz der Intervalle erschwert haben, und dass die zweite Versuchsreihe diesen Eesultaten jedenfalls nicht widerspricht. Aher dann ist es freilich die Frage, wie wir die Resultate erkl\u00e4ren sollen. Und hier erhebt sich eine neue gro\u00dfe Schwierigkeit.\nWir haben schon fr\u00fcher (S. 57 f.) erw\u00e4hnt, dass man einen Klangeindruck sehr wohl als zusammengesetzt auffassen kann, ohne irgend eine eigentliche Analyse desselben vorgenommen zu haben. Nun kann indess kein Zweifel dar\u00fcber bestehen, dass die W\u00fcrdigung von Stumpf\u2019s Versuchsresultaten in hohem Grade davon abh\u00e4ngen muss, wie die Beurtheilungen der Versuchspersonen zu Stande gekommen sind : oh sie die vorgelegten Intervalle analysirt haben \u2014 oder nicht haben analysiren k\u00f6nnen \u2014, oder oh sie nur nach einem Gesammt-eindrucke gegangen sind, einer Art unbewusster und unwillk\u00fcrlicher Vergleichung mit fr\u00fcheren Eindr\u00fccken derselben Art. Man m\u00fcsste also erwarten, dass Stumpf bestimmte Aufkl\u00e4rungen hier\u00fcber gebe. Aher es zeigt sich im Gegentheil, dass er nicht einmal darauf aufmerksam gewesen zu sein scheint, dass das Urtheil \u00bbeins\u00ab oder \u00bbzwei\u00ab auf zwei wesentlich verschiedene Weisen zu Stande kommen konnte, trotzdem er sich, nach allem zu urtheilen, dieses Unterschiedes fr\u00fcher, wo er bespricht, was unter Analyse zu verstehen sei, v\u00f6llig bewusst gewesen ist. Jedenfalls ist so viel sicher, dass er uns nicht einmal wissen l\u00e4sst, wie er seine Frage an die Versuchspersonen gestellt hat.","page":192},{"file":"p0193.txt","language":"de","ocr_de":"(Jeber die \u00bbVerschmelzung\u00ab von Empfindungen, besonders bei Klangeindr\u00fccken. 193\nNur ganz im Vorbeigehen kommt er mit Aeu\u00dferungen wie dieser: \u00bbAuf diesem \"Wege k\u00f6nnen wir sogar Zahlen erhalten durch Z\u00e4hlung der richtigen und falschen Urtheile \u00fcber die Frage, oh Ein oder mehrere T\u00f6ne vorliegen, hei jedem Intervall\u00ab'); oder dieser:\n,_________ damit---------- ihnen \u2014 der Unterschied, um den es sich\nhandelte, der mehr oder weniger einheitliche Eindruck eines Klanges,\n__________recht deutlich w\u00fcrde\u00ab2). Hiernach zu urtheilen, ist keine\nAnalyse verlangt, und die Wahrscheinlichkeit spricht dann daf\u00fcr, dass eine solche als Regel auch nicht vorgenommen worden ist, da sie in ganz anderer Weise Anstrengungen erfordert als das unmittelbare Urtheil. Es deutet ja gleichfalls nicht auf Analyse hin, wenn eine von den Versuchspersonen sagt, sie habe sich in ihrem Urtheile durch die Annehmlichkeit oder Unannehmlichkeit der Eindr\u00fccke leiten lassen, indem ihr die einfacheren Eindr\u00fccke am angenehmsten vorkamen3), oder wenn von St\u00f6\u00dfen einige Male angenommen wird, dass sie das Urtheil \u00bbzwei\u00ab hervorgerufen haben4). Gleichwohl scheint Stumpf in seiner Erkl\u00e4rung der Versuchsresultate zumeist davon auszugehen, dass Analyse stattgefunden habe. Namentlich sieht man dies aus einem Ausspruche wie diesem: \u00bbAllein erstlich ist nicht ahzusehen, wie \u00fcberhaupt coincidirende Ohert\u00f6ne die Unterscheidung von Grundt\u00f6nen hindern k\u00f6nnten\u00ab6). Wie man leicht sieht, ist dieser Einwand gegen den Einfluss der Obert\u00f6ne auf die Beurtheilung der Intervalle ganz an seinem Platze, wenn man davon ausgeht, dass dem Urtheile eine Analyse vorausgeht, w\u00e4hrend man dagegen gerade das Gegen-theil geltend machen muss, wenn das Urtheil unmittelbar ist.\nEs kann somit seine Schwierigkeit haben, in gegenw\u00e4rtigem Zeitpunkte eine sichere W\u00fcrdigung von Stumpf\u2019s Versuchsresultaten zu gehen. Dagegen werden unsere eigenen sp\u00e4teren Untersuchungen in mehreren Hinsichten zur Beleuchtung der Stumpf sehen dienen k\u00f6nnen; und es wird darum das Richtigste sein, die Betrachtung dieser auf sp\u00e4ter aufzuschieben. Nur gegen Eine von Stumpf s Auslegungen m\u00fcssen wir sofort Einspruch erheben.\nStumpf leitet aus seinen Versuchen ah, dass es keinen Einfluss auf die Beurtheilung der Intervalle habe, oh die benutzten Kl\u00e4nge\n1) \u00bbTonpsychologie\u00ab EC, S. 142 f. 2) II, S. 156.\n4) n, S. 161 und 165.\t5) II, S. 150.\n3) II, S. 152.","page":193},{"file":"p0194.txt","language":"de","ocr_de":"194\nEjnar Buch.\nobertonreich oder obertonarm seien. Man vergleiche nun blo\u00df die Resultate der ganzen ersten Versuchsreihe mit den Resultaten ihrer ersten Unterabtheilung (s. 8. 189) und die Resultate der zweiten Unterabtheilung in der zweiten Versuchsreihe mit den Resultaten in der ersten, dritten und vierten Unterabtheilung derselben Reihe (s. S. 190). Der Unterschied ist in die Augen fallend: in den Reihen mit obertonreichen Kl\u00e4ngen ist der Unterschied zwischen dem Verschmelzungsgrade der Intervalle und der Stufenfolge der Intervalle in dieser Hinsicht ganz anders ausgepr\u00e4gt als in den anderen Reihen. Man muss sich eher dar\u00fcber wundern, dass dieser Unterschied zwischen obertonreichen und obertonarmen Kl\u00e4ngen trotz der schlechten Versuchsbedingungen so deutlich hervortreten kann. Stumpf braucht nichtsdestoweniger diese Versuche als Beweise daf\u00fcr, dass kein Unterschied bestehe!\nBevor wir Stumpf verlassen, m\u00fcssen wir noch einige Versuche derselben Art wie die im Vorhergehenden betrachteten, aber mit Kindern und mit einem Klavier als Tongeber angestellt, erw\u00e4hnen. Zuerst haben wir drei mit seinem eigenen Sohne angestellte Reihen, da dieser 5y2, beziehungsweise 73/4 und 83/4 Jahre alt war; die vierte und f\u00fcnfte Reihe waren mit einem 5 Jahre alten Knaben mit 2y2 Monaten Zwischenraum angestellt, die sechste endlich mit einem anderen, 5 j\u00e4hrigen Sohne Stumpf\u2019s. Die Resultate waren die folgenden:\n\tDie Ge-sammtzahl der angeschlagenen T\u00f6ne f\u00fcr jedes Intervall\tDie Gesammtzahl von T\u00f6nen f\u00fcr jedes Intervall zufolge der Beurtheilung\t\t\t\t\n\t\tGro\u00dfe Secunde\tTriton\tGro\u00dfe Terz\tQuinte\tOctave\nI\t40\t\u2014\t\u2014\t50\t32\t21\nII\t32\t49\t43\t41\t31\t25\n111\t32\t51\t43\t34\t33\t26\nIY\t16\t42\t30\t19\t19\t8\nY\t16\t19\t18\t21\t18\t8\nVI\t40\t117\t103\t99\t84\t76","page":194},{"file":"p0195.txt","language":"de","ocr_de":"Ueber die \u00bbVerschmelzung\u00bb von Empfindungen, besonders bei Klangeindr\u00fccken. 195\nEs muss bemerkt werden, dass der Knabe, mit dem die vierte und f\u00fcnfte Reihe angestellt wurden, f\u00fcr auffallend musikalisch erkl\u00e4rt wird, was bei keinem der beiden anderen der Fall ist. Im \u00fcbrigen geht aus den Resultaten hervor, dass mehrere Intervalle \u00f6fter als aus mehr als zwei T\u00f6nen bestehend aufgefasst wurden: die h\u00f6chste Zahl, auf welche ein einzelnes Intervall gesch\u00e4tzt wurde, behef sich sogar auf sechs.\nEine selbst\u00e4ndige Bedeutung k\u00f6nnen diese Versuche mit Kindern nat\u00fcrlich nicht gut haben. Dagegen k\u00f6nnen sie ein gewisses Interesse gewinnen, wenn man sie mit den verschiedenen anderen Versuchen derselben Art vergleicht. Auch sie wollen wir uns darum f\u00fcr sp\u00e4tere Betrachtung aufsparen.\nHiermit schhe\u00dfen wir unsere Darstellung von Stumpf\u2019s eigenen Beobachtungen und Versuchen mit Anderen und wollen nun in dem folgenden Abschnitte die Versuche beschreiben, die wir selbst angestellt haben.\nb. Eigene Versuche.\nNach dem, was wir im Vorhergehenden \u00fcber Stumpf\u2019s Versuche und die Auslegung, die er ihnen selbst gibt, kennen gelernt haben, d\u00fcrfte es kaum unberechtigt sein, geltend zu machen, dass sie sich eigentlich nicht dazu eignen, die experimentelle Grundlage f\u00fcr unsere Auffassung der Verschmelzung von T\u00f6nen zu bilden. Die erste Aufgabe der wissenschaftlichen Untersuchung auf diesem Gebiete muss deshalb sein, uns eine solche Erfahrungsgrundlage zu verschaffen. Nat\u00fcrlich ist es durchaus nicht n\u00f6thig, dazu dasselbe Verfahren wie Stumpf mit den Verbesserungen anzuwenden, welche erforderlich sind, damit uns die Versuche wirklich Nutzen bringen sollen. Sowohl Stumpf selbst wie K\u00fclpe haben ja schon Andeutungen \u00fcber andere Verfahren gegeben, die m\u00f6glicher Weise gebraucht werden k\u00f6nnten. Indess kommt es uns am nat\u00fcrlichsten vor, erst zu pr\u00fcfen, wie weit man auf dem einmal betretenen Wege gelangen kann, ehe man einen neuen einschl\u00e4gt. Ob er \u00fcberhaupt zu etwas f\u00fchren kann, das werden die Versuchsresultate ja am besten selbst zeigen.\nUnsere Versuche sollen also in derselben Richtung wie die Stumpf\u2019s stattfinden. Aber au\u00dferdem, dass wir die Versuchsbedingungen so weit wie m\u00f6glich zu verbessern gesucht haben, ist es","page":195},{"file":"p0196.txt","language":"de","ocr_de":"196\nEjnar Buch.\nnoch eine andere wichtige R\u00fccksicht, die f\u00fcr unser Verfahren bestimmend gewesen ist. Es ist nat\u00fcrlich von gro\u00dfer Bedeutung f\u00fcr die Sch\u00e4tzung einer Reihe von Versuchen und ihrer Resultate, dass wir die Bedingungen genau kennen, unter denen die Versuche angestellt worden sind, und die Einfluss auf die Resultate gehabt haben ; denn erst dadurch werden wir in Stand gesetzt, diese zu verstehen und zu erkl\u00e4ren. Sind aber die Versuchsbedingungen etwas zusammengesetzt und wir halten sie best\u00e4ndig unver\u00e4ndert, so lehren uns die Versuche nur ihren Gfesammteinfluss kennen, nicht aber, welche Rolle jeder einzelne Factor spielt. Und wir werden die verschiedenen Einfl\u00fcsse, selbst mit etwas Kenntniss dieser Factoren von anderer Seite, nur schwer von einander scheiden k\u00f6nnen. Dies ist nur dadurch zu erreichen, dass man die Versuchsbedingungen eine nach der anderen \u00e4ndert und untersucht, welche Ver\u00e4nderungen in den Resultaten jede einzelne Aenderung mit sich bringt.\nIn welchen Punkten wir solche Aenderungen am besten einf\u00fchren k\u00f6nnen, sehen wir, indem wir zu unserer Betrachtung von Stumpf s Versuchen zur\u00fcckgehen. Diese deuteten ja f\u00fcrs erste stark darauf hin, dass der gr\u00f6\u00dfere oder geringere Reichthum der einzelnen Kl\u00e4nge an Obert\u00f6nen einen entschiedenen Einfluss auf die Verschmelzung hatte. Es w\u00fcrde also sein Interesse haben, Versuchsreihen mit verschiedenen Tongehern anzustellen, die sich am liebsten in Klangfarbe ganz anders scharf von einander unterschieden als Stumpf\u2019s verschiedene Orgelregister. Den \u00e4nderen Punkt, wie wir uns durch Aenderungen im Verfahren Hoffnung machen k\u00f6nnten, zu einem etwas besseren Verst\u00e4ndnisse der Verschmelzung zu gelangen, haben wir oben schon erw\u00e4hnt, als wir Stumpf tadelten, dass er keine Aufschl\u00fcsse dar\u00fcber gebe, wie die Beurtheilung der Intervalle vor sich ging. Diese Beurtheilung konnte ja entweder in einer Art unmittelbaren Vergleichungsurtheiles bestehen oder geradezu auf Analyse des Eindruckes gegr\u00fcndet sein. Indem man in verschiedenen Reihen je eine Beurtheilungsweise forderte, k\u00f6nnte man also wahrscheinlich einigen Aufschluss \u00fcber den Einfluss derselben auf die Resultate erhalten. Denn es w\u00fcrde allerdings kaum m\u00f6glich sein, die beiden Beurtheilungsweisen ganz klar aus einander zu halten; aber ein bestimmtes Streben in der einen oder der anderen Richtung w\u00fcrde sich doch sicher geltend machen m\u00fcssen.","page":196},{"file":"p0197.txt","language":"de","ocr_de":"\u00fceber die \u00bbVerschmelzung\u00ab von Empfindungen, besonders bei Klangeindr\u00fccken. 197\nUnsere erste Aufgabe war es also, zwei \u2014 oder mehrere \u2014 Tongeber mit verschiedener Klangfarbe zu finden, die sich zu unseren Versuchen eigneten. Der eine war ziemlich leicht gefunden: Appunn\u2019s Tonmesser, welcher wesentliche Vortheile f\u00fcr solche Untersuchungen darbietet, darunter nicht als geringsten den: immer derselbe und in psychophysischen Laboratorien wohl bekannt zu sein1). Neben Appunn\u2019s Tonmesser galt es nun, einen Tongeber zu finden, der so arm wie m\u00f6glich an Obert\u00f6nen war. Es lag ja nahe, aus diesem Grunde Stimmgabeln zu w\u00e4hlen. Aber gegen diese kann man einwenden, dass ihr Ton in der Regel nicht sehr stark ist und namentlich seine St\u00e4rke nicht unver\u00e4ndert beh\u00e4lt; dass es schwierig oder so gut wie unm\u00f6glich sein wird, eine gr\u00f6\u00dfere Anzahl von ihnen mit derselben Tonst\u00e4rke herzustellen; und dass es mit besonderen Schwierigkeiten verbunden sein wird, sie gleichzeitig anzuschlagen und wieder anzuhalten. Ueberhaupt ist man auch all zu wenig Herr \u00fcber ihren Ton, wenn sie einmal hergestellt sind. Keiner von diesen Einw\u00e4nden kann gegen Orgelpfeifen geltend gemacht werden, von denen die geschlossenen Lippenpfeifen, wenn sie aus Holz mit ann\u00e4herungsweise cubischer Form hergestellt werden, T\u00f6ne geben, die fast ebenso einfach sind wie die der Stimmgabeln. Es wurde darum beschlossen, als andere Art Tongeher solche Orgelpfeifen zu w\u00e4hlen.\nIch lie\u00df daher 23 Orgelpfeifen verschiedener Gr\u00f6\u00dfe herstellen, so dass sie im ganzen ca. 2 Octaven: von 2\u2014300 Schwingungen bis\nFig. 1.\tFig. 2.\nhinauf gegen 1000, umfassten. Die Pfeifen waren aus Mahagoniholz mit Lippen aus Buchsbaum. Ihre Einrichtung wird man im \u00fcbrigen aus Fig. 3 ersehen k\u00f6nnen, welche die wirklichen Gr\u00f6\u00dfenverh\u00e4ltnisse sehr ann\u00e4hernd wiedergibt. Auf dem Luftkasten A kann der Resonanzkasten B \u2014 in der Richtung des Pfeiles \u2014 in ein Paar Messingschienen, die auf den Seiten des Luftkastens angebracht sind,\n1) Was die Beschreibung anlangt, so siehe Wundt\u2019s \u00bbGrundz\u00fcge der physiologischen Psychologie\u00ab. 4. Auflage. 1893. I, S. 461 f.\nWundt, Philos. Studien. XV.\n14","page":197},{"file":"p0198.txt","language":"de","ocr_de":"198\nEjnar Buch.\nvor-'und r\u00fcckw\u00e4rts gleiten. Die Vorderwand C des Resonanzkastens kann mit H\u00fclfe der Schraube D auf und nieder geschoben werden; sein Hohlraum wird oben durch den dicht schlie\u00dfenden Stempel E begrenzt, der mit H\u00fclfe der Schraube F gleichfalls auf und nieder bewegt werden kann. Der innere Hohlraum des Resonanzkastens hatte f\u00fcr die gr\u00f6\u00dfte der gebrauchten Pfeifen eine Breite von 6 cm und eine Tiefe von 8 cm, f\u00fcr die kleinste eine Breite von ca. 2 cm und eine Tiefe von ca. 3 cm; die auswendigen H\u00f6hen waren 26, beziehungsweise 14cm; aber der Stempel sa\u00df meist ein gutes St\u00fcck unten in der Pfeife, abgesehen davon, dass er mehrere Centimeter dick war.\nDie Orgelpfeifen sa\u00dfen, jede in ihrem Pu\u00dfst\u00fccke, auf einem gro\u00dfen h\u00f6lzernen Kasten fest. Die Einrichtung des Fu\u00dfst\u00fcckes geht aus Fig. 1 und Fig. 2 hervor, die zwei lothrechte Schnitte durch den Mittelpunkt des Fu\u00dfst\u00fcckes darstellen, der erste parallel mit der Lippe, der zweite im rechten Winkel hierzu. Auf dem h\u00f6lzernen Kasten a war eine Messingplatte b mit einer cylindrischen Durchbohrung in der Mitte festgeschraubt, deren Durchmesser f\u00fcr die verschiedenen Pfeifen verschieden \u2014 von 0,5 bis 1,6 cm \u2014 war; an b war eine Schraubenmutter c festgeschraubt, in der die Orgelpfeife","page":198},{"file":"p0199.txt","language":"de","ocr_de":"Ueber die \u00bbVerschmelzung\u00ab von Empfindungen, besonders bei Klangeindr\u00fccken. 199\nabw\u00e4rts geschraubt werden konnte; zwischen der Schraubenmutter und der Platte b konnte ein Schlitten d luftdicht vor- und r\u00fcckw\u00e4rts gleiten und dadurch' die Verbindung zwischen der Orgelpfeife und dem Hohlraume des h\u00f6lzernen Kastens \u00f6ffnen oder schlie\u00dfen; die Bewegungen des Schlittens konnten durch die Schraube f, die auf dem Schlitten selbst festsa\u00df, und durch den Stift e angehalten werden. Alle die genannten Theile waren aus Messing.\nDie 23 Orgelpfeifen waren also auf einem gro\u00dfen, luftdichten h\u00f6lzernen Kasten (s. Pig. 4) angebracht, wo sie in zwei Reihen \u00fcber einander sa\u00dfen: 11 in der oberen und 12 in der unteren Reihe, in den Zwischenr\u00e4umen zwischen den oberen; die gr\u00f6\u00dfte Pfeife sa\u00df \u2014 von vom gesehen \u2014 oben und am weitesten links, die kleinste unten und am weitesten rechts. In der Mitte der lothrechten Wand des Kastens, den Orgelpfeifen entgegengesetzt, war die Luftzuf\u00fchrungs\u00f6ffnung, die durch ein aufgeschraubtes Messingrohr und einen Gummischlauch von 4\u20145 cm Durchmesser mit einer Luftglocke in Verbindung gesetzt war, die selbst wieder von einem Blasebalge mit Luft versehen wurde.\nDie Einrichtung der Luftglocke ist aus Fig. 5 zu ersehen, welche die wirklichen Gr\u00f6\u00dfenverh\u00e4ltnisse sehr ann\u00e4hernd wiedergibt. G G und H H sind zwei lothrecht stehende, oben offene Zinkcylinder, die beide vollst\u00e4ndig dicht auf dem Boden g ruhen; zwischen ihnen befindet sich also ein ringf\u00f6rmiger offener Raum, der mit Wasser gef\u00fcllt wurde. 11 ist gleichfalls ein Zinkcylinder; aber er ist oben geschlossen und unten offen, wo er in einem schweren eisernen Ringe ii endet. Er wird von drei Schn\u00fcren getragen, die \u00fcber die Rollen K gef\u00fchrt sind und an ihrem anderen Ende schwere Messing- und Bleilothe L tragen, deren Zahl und Gr\u00f6\u00dfe ver\u00e4ndert werden kann. Die Rollen ruhen auf starken eisernen St\u00e4ndern; und durch Einschiebung von Keilen und anderen Holzst\u00fccken unter die F\u00fc\u00dfe n wird daf\u00fcr gesorgt, dass der Cylinder II: die Glocke, bei seinem Auf- und Niedergange nicht mit den Cylindern G G und HH in Ber\u00fchrung kommt. Zwischen der Glocke und dem Boden haben wir also nun einen abgesperrten Raum, in den ein umgebogenes Rohr h Luft einf\u00fchren \u2014 oder ausf\u00fchren \u2014 kann, indem an seinem \u00e4u\u00dfersten Ende ein T-f\u00f6rmiges Rohr festgeschraubt ist, dessen Zweige beide mit H\u00e4hnen versehen und durch Gummischl\u00e4uche mit dem Blasebalge beziehungsweise\nH*","page":199},{"file":"p0200.txt","language":"de","ocr_de":"200\nEjnar Buch.\ndem Kasten verbunden sind, auf dem die Orgelpfeifen sa\u00dfen. Der Luftdruck unter der Glocke konnte mit dem Wassermanometer p gemessen werden.\nKg. 5.\nEs zeigte sich nun, dass sich dieser Druck hei der Hinabsenkung der Glocke ins Wasser auf Grund des steigenden Gewichtsverlustes verh\u00e4ltnissm\u00e4\u00dfig sehr ver\u00e4nderte. Um dieser Unannehmlichkeit zu entgehen, wurde auf dem Deckel der Glocke ein lothrechtes Messingrohr R angebracht, das von drei Schn\u00fcren fest- und aufrecht gehalten","page":200},{"file":"p0201.txt","language":"de","ocr_de":"\u00fceber die \u00bbVerschmelzung\u00ab von Empfindungen, besonders bei Klangeindriicken. 201\nwurde. Seine Weite war so berechnet, dass der Gewichtsverlust hei der Hinabsenkung der Glocke gleich dem Gewichte einer ebenso hohen Wassers\u00e4ule in dem Rohre war. Das Wasser in dem Rohre wurde nun in derselben absoluten H\u00f6he dadurch gehalten, dass das Rohr mit einem feststehenden Beh\u00e4lter S mit Wasser verbunden wurde, der im Verh\u00e4ltniss zum Rohre so weit war, dass das Sinken und Steigen des Wassers in ihm keine Bedeutung erlangte. Schlie\u00dflich soll nur noch bemerkt werden, dass die Zinkcylinder alle angestrichen waren \u2014 die Glocke mit Mennig.\nAus der vorhergehenden Darstellung ersieht man, dass man auf mehrere verschiedene Weisen im Stande ist, die H\u00f6he und St\u00e4rke und zum Theil die Klangfarbe der Orgelpfeifent\u00f6ne zu \u00e4ndern. Was die Luftzuf\u00fchrung anlangt, so k\u00f6nnen wir den Ueberdruck der ausstr\u00f6menden Luft so \u00e4ndern, dass wir Ver\u00e4nderungen an den Contragewichten der Luftglocke vornehmen. Hierdurch werden wir in Stand gesetzt, dar\u00fcber zu verf\u00fcgen, welche Tonst\u00e4rke wir im gro\u00dfen und ganzen haben wollen. Aber wir k\u00f6nnen auch die Menge der ausstr\u00f6menden Luft f\u00fcr jede einzelne Orgelpfeife f\u00fcr sich ver\u00e4ndern, indem wir den Schlitten (Fig. 1 und 2 d) auf volle oder theilweise Oeffnung stellen. Dadurch kann die St\u00e4rke der verschiedenen T\u00f6ne nach einander abgepasst werden. Dasselbe ist zum Theil \u2014 und innerhalb engerer Grenzen ebenso gut \u2014 zu erreichen, indem man die Spalt\u00f6ffnung (Fig. 3 o) der Luftkammer weiter oder enger macht, was dadurch geschehen kann, dass man die Schrauben, welche die Vorderwand der Luftkammer an die anderen befestigten, lockert oder anzieht; zugleich kann man, ehe man sie zusammenschraubt, kleine Papierstreifen dazwischenlegen. Auch f\u00fcr die Reinheit des Tones: seine Freiheit von Zischen und andern Nebenlauten, hat die Weite der Spalt\u00f6ffnung viel zu bedeuten. In derselben Richtung ist auch die Stellung der Lippe zu der Spalt\u00f6ffnung von Bedeutung, indem wir so zu sagen f\u00fcr jede Aenderung im Ueberdrucke oder in der Weite der Spalt\u00f6ffnung eine neue Stellung der Lippe haben m\u00fcssen, wenn der Ton seinen einfachen und reinen Klang bewahren soll.\nNat\u00fcrlich wirken alle die bisher genannten Aenderungen auch auf die H\u00f6he des Tones ein ; namentlich ist dies in besonderem Grade der Fall mit Aenderungen im Ueberdrucke oder \u00fcberhaupt in der","page":201},{"file":"p0202.txt","language":"de","ocr_de":"202\nEjnar Buch.\nMenge ausstr\u00f6mender Luft, die man sofort merkt, selbst wenn sie au\u00dferordentlich klein sind. Indess findet selbstverst\u00e4ndlich die eigentliche Abstimmung einer Orgelpfeife statt, indem man den Stempel aufw\u00e4rts oder abw\u00e4rts schiebt.\nNoch eine Veranstaltung musste jedoch getroffen werden, damit die Pfeifen die richtigen einfachen T\u00f6ne erhielten. Es zeigte sich n\u00e4mlich, dass die Lippen, die ja aus Buchsbaum und stark zugespitzt waren, durch die ausstr\u00f6mende Luft in Schwingungen versetzt wurden, wodurch die T\u00f6ne einen sehr scharfen Klang \u2014 Holzklang \u2014- erhielten, der namentlich bei st\u00e4rkeren Luftstr\u00f6men ihren Charakter ganz ver\u00e4ndern konnte. Um diesem Uebelstande abzuhelfen, wurden die Lippen \u00fcberdeckt, und zwar bei den 11 gr\u00f6\u00dften Pfeifen mit ziemlich schwerem Tuche, bei den 12 kleinsten mit einer doppelten Lage Hemdenleinen. Dadurch und indem man sich mit einem Ueberdrucke von ca. 3 cm begn\u00fcgte, gl\u00fcckte es wirklich, den Holzklang zum allergr\u00f6\u00dften Theile zum Verschwinden zu bringen.\nDie T\u00f6ne, welche auf diese Weise erreicht wurden, n\u00e4herten sich im Klange stark denen der Stimmgabel und besonders der Helm-holtz\u2019schen Flaschen. Von Obert\u00f6nen konnte die Duodecime recht deutlich geh\u00f6rt werden, die Terz der Doppeloctave wesentlich nur bei den gr\u00f6\u00dferen Pfeifen; sonst konnten \u2014 jedenfalls ohne H\u00fclfe eines Resonators \u2014 gew\u00f6hnlich keine Obert\u00f6ne geh\u00f6rt werden. Dagegen waren ein klein wenig Holzklang, etwas Unreinheit, etwas Sausen oder Zischen nicht immer ganz zu vermeiden, sie waren aber doch nur ausnahmsweise so stark, dass man annehmen konnte, sie \u00fcbten einen st\u00f6renden Einfluss aus. Alles in allem m\u00fcssen die T\u00f6ne darum in so weit als zu unseren Versuchen gut geeignet bezeichnet werden, als sie mit gro\u00dfer Ann\u00e4herung als unzusammengesetzt betrachtet werden k\u00f6nnen, namentlich im Vergleiche mit den T\u00f6nen der Appunn-schen Zungenapparate.\nBei der Abstimmung der Orgelpfeifen galt es nun zuerst, alle T\u00f6ne gleich stark zu erhalten, gleichzeitig damit, dass ihre Reinheit und Einfachheit so gro\u00df wie m\u00f6glich wurde. Die Beurtheilung dieser St\u00e4rkeverh\u00e4ltnisse war nat\u00fcrlich eine reine Ansichtssache, die um so schwieriger war, weil die T\u00f6ne am liebsten zwei und zwei gleichzeitig erklingen mussten; die St\u00e4rke eines Tones konnte n\u00e4mlich nicht so wenig verschieden sein, je nachdem er allein oder mit einem anderen","page":202},{"file":"p0203.txt","language":"de","ocr_de":"Ueber die \u00bbVerschmelzung\u00ab von Empfindungen, besonders bei Klangeindr\u00fccken. 203\nzusammenklang. Dass in dieser Ansicht Fehler begangen sein k\u00f6nnen, ist selbstredend ; jedoch ist kein Grund vorhanden, anzunehmen, dass eine constante Fehlerwirkung von Bedeutung stattgefunden habe, da ein einzelner Ton ja mit mehreren anderen verglichen werden konnte, und da durch die h\u00e4ufige Umstimmung der Pfeifen auch oft eine Umregulirung des St\u00e4rkeverh\u00e4ltnisses der T\u00f6ne stattfand. Sollte in einem Punkte Grund vorhanden sein, von einem constanten Fehler zu sprechen, so m\u00fcsste dies hei den Quinten sein, wo der h\u00f6chste Ton eher zu schwach als zu stark gemacht wurde.\nWas die eigentliche Abstimmung anbetrifft, so hatte ich mir urspr\u00fcnglich gedacht, jede Pfeife f\u00fcr sich mit H\u00fclfe eines Appunn-schen Tonmessers abzustimmen, um darnach bei den Versuchen die Pfeifen auf alle m\u00f6glichen Weisen zwei und zwei zusammenzustellen. Dies erwies sich indess als ganz unausf\u00fchrbar, da eine Pfeife, die allein und nach einer Appunn\u2019schen Zunge abgestimmt war, ihren Ton ganz ver\u00e4nderte, wenn sie mit einer anderen Pfeife zusammenklang. Nat\u00fcrlich war dies besonders mit den kleinen Pfeifen der Fall, wenn f\u00fcr die gro\u00dfen ge\u00f6ffnet wurde. Es war deshalb n\u00f6thig, immer zwei Pfeifen gleichzeitig erk\u00fcngen zu lassen und sie nach einander abzustimmen. Und doch konnte es noch einen deutlichen Unterschied in der Tonh\u00f6he ausmachen, je nachdem eine Pfeife mit der einen oder der anderen der \u00fcbrigen zusammenklang. Waren so zwei Pfeifen nach einer und derselben dritten abgestimmt, so war keineswegs ausgemacht, dass sie die dem entsprechende Abstimmung unter einander hatten. Der Grund zu alledem war nat\u00fcrlich die verschiedene Luftausstr\u00f6mungsst\u00e4rke, je nachdem f\u00fcr eine oder zwei Pfeifen, f\u00fcr gr\u00f6\u00dfere oder kleinere ge\u00f6ffnet war. Ich gab deshalb den Gedanken auf, jede Pfeife nach mehreren anderen abzustimmen, und w\u00e4hlte statt dessen drei Pfeifen aus, nach denen ich beziehungsweise 5,5 und 4 andere abstimmte. Die unten stehende Tabelle gibt Aufschluss \u00fcber die Abstimmungsverh\u00e4ltnisse, indem die Pfeifen nach ihrer Gr\u00f6\u00dfe nummerirt waren \u2014 jedoch war die gr\u00f6\u00dfte ganz herausgezogen und durch ein Manometer ersetzt. Im \u00fcbrigen muss bemerkt werden, dass man die hinzugef\u00fcgten Schwingungszahlen nicht allzu buchst\u00e4blich nehmen darf: die drei \u00bbGrundt\u00f6ne\u00ab waren urspr\u00fcnglich nach Appunn\u2019schen Zungen mit den angef\u00fchrten Schwingungszahlen abgestimmt; aber im Laufe derZeit \u00e4nderten sie sich, wurden","page":203},{"file":"p0204.txt","language":"de","ocr_de":"204\nEjnar Buch.\netwas h\u00f6her. Dagegen hielt sich das Verh\u00e4ltniss zwischen den Schwingungszahlen der drei Grundt\u00f6ne so gut wie unver\u00e4ndert und damit auch das Verh\u00e4ltniss zwischen den Schwingungszahlen aller anderen.\nNummer der Pfeife Schwingungszahl Intervall mit dem Grundtone\n1\t256\t\u2014\n5\t320\tTerz = 5/4\n7\t3411/3\tQuarte = 4/3\n9\t384\tQuinte = 3/2\n10\t4262/s\tSexte = 5/3\n14\t512\tOctave = 2h\n8\t384\t\u2014\n12\t480\tTerz = s/4\n15\t512\tQuarte = 4/3\n16\t576\t. Quinte = 3/2\n18\t640\tSexte = 5/3\n21\t768\tOctave = 2/i\n13\t480\t\u2014\n17\t600\tTerz = 8/4\n19\t640\tQuarte = 4/3\n20\t720\tQuinte = 3/2\n22\t800\tSexte = 3/3\nVon den Pfeifen Nr. 2, 3, 4, 6 und 11 wollte es trotz vieler Anstrengungen nicht gl\u00fccken so reine und gute T\u00f6ne zu erhalten, wie es w\u00fcnschenswerth war; und da sie im \u00fcbrigen wohl entbehrt werden konnten, so wurden sie gar nicht ben\u00fctzt.\nAu\u00dfer den oben angef\u00fchrten Intervallen, die nur in den genannten Zusammenstellungen gebraucht wurden, kamen bei den Versuchen auch die Intervalle %, 15/8, 45/\u00e42 und 8/5 vor. Zu dem Intervalle % wurden die Pfeifen 7\u20149, 15\u201416, 16\u201418 und 19\u201420 benutzt; zu 15/g die Pfeifen 1\u201412, 5\u201417 und 10\u201422; zu 45/32 die Pfeifen 7\u201412 und 15\u201420; und zu 8/\u00e4 die Pfeifen 5\u201414 und 12\u201421. Da f\u00fcr diese Intervalle keine besondere Abstimmung vorgenommen wurde, so ist keine Sicherheit f\u00fcr ihre Reinheit aus erster Hand vorhanden ; jedoch k\u00f6nnen die Fehler nicht gro\u00df gewesen sein \u2014 wovon ich mich","page":204},{"file":"p0205.txt","language":"de","ocr_de":"Ueber die \u00bbVerschmelzung\u00ab von Empfindungen, besonders bei Klangeindr\u00fccken. 205\nauch, namentlich hei 45/a2 und 8/5, \u00f6fter \u00fcberzeugte \u2014 und sie werden auf Grund des Charakters der Intervalle und ihres Platzes in unserer Untersuchung keine Rolle spielen.\nDie endliche Abstimmung mit H\u00fclfe des Appunn\u2019schen Zungenapparates vorzunehmen, gab ich nun rasch auf, da dies im Verh\u00e4ltniss zu der keineswegs unbedingten Sicherheit, welche es gab, in mancherlei Weise zu beschwerlich gewesen sein w\u00fcrde. Es blieb also nichts anderes \u00fcbrig, als nach dem Geh\u00f6r abzustimmen. Jedoch leisteten hei dieser Ahstimmungsweise die Differenzt\u00f6ne in mehreren Punkten eine wesentliche St\u00fctze. Bei der Octave kamen so deutliche St\u00f6\u00dfe zum Vorschein, sobald sie nicht vollkommen rein war \u2014 aller Wahrscheinlichkeit nach zwischen dem Grundtone und dem Differenztone; bei der Quinte h\u00f6rte man deutlich die Unteroctave des Grundtones, also den Differenzton [3 \u2014 2 == 1], und sie gab leicht h\u00f6rbare St\u00f6\u00dfe, sobald die Abstimmung nicht rein war \u2014 wahrscheinlich zwischen dem Differenztone erster Ordnung und einem Differenztone zweiter Ordnung [2 \u2014 1 = 1]. Auch bei den \u00fcbrigen Intervallen konnte man Differenzt\u00f6ne h\u00f6ren, am deutlichsten und reinsten den Differenzton zweiter Ordnung der Terz [4 \u2014 (5 \u2014 4) == 3], Au\u00dferdem war es hei den beiden h\u00f6chsten Tonreihen eine gute H\u00fclfe, die Grundt\u00f6ne \u2014 die Pfeifen Nr. 8 und Nr. 13 \u2014 ununterbrochen klingen zu lassen, w\u00e4hrend man die anderen wie in einer Scala rasch nach einander folgen lie\u00df ; denn der Grundton ver\u00e4nderte sich dabei nicht h\u00f6rbar.\nDaf\u00fcr, wie gut die Abstimmung wurde, gab es ja nur ein \u00e4u\u00dferes Kriterium bei der Octave und Quinte. Vollst\u00e4ndig genau konnte sie indess auf Grund der au\u00dferordentlichen Empfindlichkeit der Pfeifen f\u00fcr Ver\u00e4nderungen jeder Art nicht werden. Und solche Ver\u00e4nderungen lie\u00dfen sich nicht ganz vermeiden. So war der Luftdruck unter der Glocke nicht genau derselbe in ihrer obersten und untersten Stellung ; Ver\u00e4nderungen des W\u00e4rmegrades in dem Zimmer, wo die Versuche angestellt wurden, wurden sehr rasch an der Abstimmung gemerkt, sodass es sich sogar ereignen konnte, dass sich eine Abstimmung, die ganz kurz vor dem Beginne der Versuche vorgenommen wurde, nicht vollst\u00e4ndig die Versuchsstunde durch hielt. Jedoch merkte mau diese Ver\u00e4nderungen wesentlich nur an den kleineren Pfeifen; aber sie hatten z. B. zur Folge, dass die Octave 8\u201421 sehr schwer rein zu erhalten war und bisweilen sogar auffallend unrein sein konnte \u2014","page":205},{"file":"p0206.txt","language":"de","ocr_de":"206\nEjnar Buch,\nd. h. f\u00fcr meine Ohren. Die Octave 1\u201414 war dagegen durchg\u00e4ngig fast ganz rein, oder, richtiger gesagt: sie war eigentlich immer von reinem Klang, w\u00e4hrend man bisweilen wohl ein wenig Sto\u00dfen h\u00f6ren konnte. Dasselbe galt f\u00fcr die Quinte 1\u20149, w\u00e4hrend sich die beiden anderen Quinten nur ausnahmsweise frei von St\u00f6\u00dfen halten lie\u00dfen: ein paar St\u00f6\u00dfe etwa in der Secunde, vielleicht auch 3\u20144 \u2014 aber hierbei ist doch nicht zu vergessen, dass die Anzahl der St\u00f6\u00dfe das Doppelte des Fehlers in der Schwingungszahl des h\u00f6chsten Tones sein muss.\nWas die Terzen anlangt, so glaube ich gleichfalls nicht, dass bei ihnen Abstimmungsfehler von irgend welcher Bedeutung begangen worden sind: sie waren leicht abzustimmen, und die sehr deutlichen Differenzt\u00f6ne, namentlich der fr\u00fcher genannte zweiter Ordnung, leisteten in dieser Hinsicht gute H\u00fclfe. Schwieriger war dagegen die Sexte, besonders bei den Pfeifen 8\u201418, wo etwas gr\u00f6\u00dfere Fehler hin und wieder vorgekommen sein k\u00f6nnen. Das Intervall, wo ich mir am ehesten denken kann, dass die vorkommenden Unreinheiten Einfluss auf die Versuchsresultate gewonnen haben k\u00f6nnen, ist jedoch die Quarte, deren Abstimmung mir unbedingt am schwersten fiel, und wo ich auch am h\u00e4ufigsten eine Unreinheit zu sp\u00fcren glaubte. Aber hierzu ist (Joch zu bemerken, dass mir selbst die reinste, d. h. am genauesten abgestimmte, Quarte im Klange unrein vorkommt, und dass die Beobachter, die an den Versuchen theilnahmen, auf jeden Fall nicht besonders musikalisch waren. Es ist darum keineswegs gesagt, dass die m\u00f6gliche Unreinheit der Quarte wirklich st\u00f6renden Einfluss gehabt hat. Am sichersten war die Abstimmung f\u00fcr alle Intervalle in der niedrigsten der drei Tonreihen mit dem Grundtone Nr. 1; selbst die Quarte war hier sicher so rein, wie es zu w\u00fcnschen war.\nNoch ein Grund zu etwas Unregelm\u00e4\u00dfigkeiten im Klange der Intervalle war es, dass der Gang der Glocke hin und wieder ein wenig ungleichm\u00e4\u00dfig sein konnte. Auch dies merkte man wesentlich nur bei den kleinsten Pfeifen und es kann unter allen Umst\u00e4nden keine constante Fehlerquelle werden, da es sich vollst\u00e4ndig eben so gut f\u00fcr das eine wie f\u00fcr das andere Intervall ereignen konnte.\nEndlich soll hinsichtlich der Abstimmung bemerkt werden, dass dieselbe bei den Versuchen im Fr\u00fchjahre und Herbste 1896 und im","page":206},{"file":"p0207.txt","language":"de","ocr_de":"Ueber die \u00bbVerschmelzung\u00ab von Empfindungen, besonders bei Klangeindr\u00fccken. 207\nJanuar\u2014April 1897 die allermeisten Male unmittelbar vor den Versuchen oder doch an demselben Tage gepr\u00fcft wurde, ebenso wie mit mehreren oder weniger Pfeifen, nat\u00fcrlich besonders mit den kleineren, sehr oft Umstimmung vorgenommen wurde. Im Herbste 1895 wurde die Abstimmung dagegen nicht so oft gepr\u00fcft; aber hier wohnte den Versuchen ein sehr musikalischer Herr, stud. med. P. L., bei, dessen Aufgabe es war, die Abstimmung zu controlliren und auf einigerma\u00dfen gr\u00f6bere Vers\u00fcndigungen aufmerksam zu machen.\nNoch ein Verh\u00e4ltniss bei den Versuchen ist es, welches besondere Erw\u00e4hnung fordert: die Schwierigkeit, die beiden T\u00f6ne in einem Intervall gleichzeitig beginnen und schlie\u00dfen zu lassen. Nach mehreren missgl\u00fcckten Versuchen, durch besondere Einrichtungen Gleichzeitigkeit zu erzielen, wurde schlie\u00dflich dabei stehen geblieben, nur eine Art Schlitten in das Zuleitungsrohr zu dem gro\u00dfen Luftkasten zu setzen; dieser Schlitten hielt dann das Rohr geschlossen, bis die Schlitten an den beiden Orgelpfeifen, welche zusammen erklingen sollten, ge\u00f6ffnet waren: darnach wurde auch er ge\u00f6ffnet. Hiermit lie\u00dfen wir uns bei den Versuchsreihen im Winterhalbjahre 1895\u201496 gen\u00fcgen, obwohl Gleichzeitigkeit beim Beginne des Intervalles auf diese Weise nicht immer vollst\u00e4ndig erreicht wurde, ebenso wie die T\u00f6ne ein kurzes \u00bbHinsterben\u00ab hatten, wenn die Luftzuf\u00fchrung eingestellt wurde. Damit nun die Ungleichzeitigkeit beim Beginne des Intervalles keinen st\u00f6renden Einfluss gewinnen sollte, wurde jedes Mal unmittelbar vor der Oeffnung des gro\u00dfen Schlittens mit einer elektrischen Glocke gel\u00e4utet, und das L\u00e4uten h\u00f6rte erst auf, wenn die T\u00f6ne zu klingen begonnen hatten. Das L\u00e4uten diente so zugleich als Signal f\u00fcr die Beobachter : wenn dasselbe aufh\u00f6rte, sollten sie anfangen, mit voller Aufmerksamkeit zuzuh\u00f6ren, am liebsten aber auch nicht eher.\nWir gehen hiernach zu den Versuchen selbst \u00fcber. Nach einem Anschl\u00e4ge auf der Universit\u00e4t Kopenhagen im September 1895 mit der Aufforderung an \u00bbunmusikalische Studirende\u00ab, an einigen Versuchen \u00fcber Tonauffassung theilzunehmen, meldeten sich sofort zehn Damen und Herren, von denen jedoch einer sogleich wieder zur\u00fccktrat. Eine weitere Untersuchung ihrer musikalischen . F\u00e4higkeiten nahm ich nicht vor, da ich meinte, dass die Versuche in dieser","page":207},{"file":"p0208.txt","language":"de","ocr_de":"208\nEjnar Buch.\nHinsicht besser f\u00fcr sich selbst sprechen m\u00fcssten. Die Frage, welche den Versuchspersonen vorgelegt wurde, war: ob sie den geh\u00f6rten Klang als aus zwei oder einem Tone bestehend sch\u00e4tzten, gleich-giltig, wie sie zu diesem Resultate kamen; doch wurden sie davor gewarnt, zuf\u00e4llige Umst\u00e4nde eine Rolle bei der Beurtheilung spielen zu lassen, indem z. B. St\u00f6\u00dfe auch gut bei dem einzelnen Tone Vorkommen konnten, wenn die Luftglocke in etwas schaukelnde Bewegung gerieth. Die Intervalle, welche zum Gegenst\u00e4nde der Beurtheilung gemacht wurden, waren: 4/i (d. h. ein einzelner Ton), 2/i> 3/2, V3, 5/:;, 5/4, 9/s, 15/8, 45/32, 8/5 und sp\u00e4ter zugleich 3/i, das mit H\u00fclfe der Pfeifen Nr. 3 oder Nr. 4 und Nr. 22 hervorgebracht wurde, aber sehr schwer rein zu erhalten war. An jedem Versuchstage wurden, soweit die Zeit zureichte, 50 Intervalle in 5 Reihen von je 10 \u2014 zu so vielen reichte die Luftglocke hei Einem Niedergange aus \u2014 vorgelegt, und jedes Intervall wurde 7\u20148 Secunden klingend gehalten, w\u00e4hrend die Pausen zwischen ihnen so lange Zeit dauerten, als zu neuer Einstellung der Schlitten u. s. w. erforderlich war. Die Ordnung zwischen den Intervallen war ganz willk\u00fcrlich, indem nur daf\u00fcr gesorgt wurde, dass die Intervalle der drei Tonreihen gut mit einander vermengt wurden, damit nicht derselbe Grundton mehrere Male nach einander wiederkehren sollte.\nAu\u00dfer mit den Orgelpfeifen sollten dieselben Versuchspersonen auch mit Appunn\u2019schen Zungen gepr\u00fcft werden. Eine Versuchsreihe mit diesen begann deshalb, nachdem die ersten gut einen Monat gedauert hatten. Jedoch z\u00e4hlte diese Versuchsreihe nur vier Theil-nehmer, da die anderen bereits so gro\u00dfe Fertigkeit erlangt hatten, dass sie mit den Zungen in der weit \u00fcberwiegenden Zahl von F\u00e4llen zu richtigen Resultaten gelangten. Bei den Versuchen wurde ein Appunn\u2019scher Tonmesser benutzt, welcher T\u00f6ne von 256 bis 512 Schwingungen und mit einem Unterschiede von 4 Schwingungen zwischen zweUauf einander folgenden T\u00f6nen umfasste. Statt jedoch Appunn\u2019s Druckregulirungsweise zu benutzen, setzte ich die Tonmesser mit der ^fr\u00fcher erw\u00e4hnten Luftglocke in Verbindung, die also die nothwendige Luft zur Ausstr\u00f6mung lieferte. Auch hei diesem Apparate begannen die T\u00f6ne nicht genau gleichzeitig. Da das elektrische L\u00e4uten zudem nicht stark genug war, die T\u00f6ne zu \u00fcber-t\u00e4uhen, so lie\u00df ich statt dessen jedes Intervall mit Einem weiteren","page":208},{"file":"p0209.txt","language":"de","ocr_de":"Ueber die \u00bbVerschmelzung\u00ab von Empfindungen, besonders bei Klangeindriicken. 209\nTone beginnen; wenn dieser dann au\u00dfer Wirksamkeit gesetzt wurde, ward den Beobachtern gleichzeitig das Signal gegeben. Als dritter (zweiter) Ton wurde immer ein Ton gew\u00e4hlt, der einigerma\u00dfen in demselben harmonischen Verh\u00e4ltnisse zu den beiden anderen stand wie diese unter einander. Z. B. wurde die Zusammensetzung 264\u2014 352\u2014440 sowohl zur Terz wie Sexte und Quarte gebraucht, indem beziehungsweise 264, 352 und 440 ausgelassen wurden. Es soll blo\u00df noch bemerkt werden, dass die Abstimmung der T\u00f6ne nicht immer absolut genau war, indem leicht zwischen gemeinsamen Obert\u00f6nen St\u00f6\u00dfe Vorkommen konnten, die sich eigentlich nicht finden durften.\nUm auch zu untersuchen, welchen Einfluss es auf die Versuchsresultate gewann, wenn eine Analyse der vorgelegten Intervalle von Seiten der Zuh\u00f6rer verlangt wurde, nahm ich im Fr\u00fchjahre 1896 eine neue Reihe Versuche vor, diesmal allerdings mit ganz neuen Versuchspersonen: Theilnehmem an den Vorlesungen und Uebungen im psychophysischen Laboratorium. Diese wurden ersucht, die Klangeindr\u00fccke geradezu zu analysiren: sie sollten nur \u00bb2\u00ab schreiben, wenn sie die T\u00f6ne in dem geh\u00f6rten Intervall aus einander halten konnten, selbst wenn sie in entgegengesetztem Falle gut wussten, dass wirklich zwei vorhanden waren; sie sollten die geh\u00f6rten T\u00f6ne jeden f\u00fcr sich festhalten k\u00f6nnen, die Aufmerksamkeit willk\u00fcrlich von dem einen auf den andern richten, um \u00bb2\u00ab schreiben zu d\u00fcrfen. Im \u00fcbrigen ist nichts Besonderes \u00fcber diese Versuche zu bemerken, die ganz auf dieselbe Weise wie in der ersten Reihe vorgenommen wurden, \u2014 nur dass die Dauer der Intervalle an den beiden letzten Versuchstagen auf 5 Secunden verk\u00fcrzt wurde.\nDie Resultate dieser drei Versuchsreihen sind aus Tabelle IV1) zu ersehen, wo die Procentzahl falscher Urtheile f\u00fcr jede Person und jedes Intervall aufgef\u00fchrt ist; bei der Ausrechnung sind die zweifelhaften Urtheile \u2014 durch 2? oder \u00e4hnlich bezeichnet \u2014 halb zu den richtigen, halb zu den falschen gez\u00e4hlt.\nWie man sieht, sind Frl. H.\u2019s und der Herren Th., N. W. und 8. T. Resultate vom 29. X. bis zum 4. XII. von den \u00fcbrigen derselben\n1) Bei der Bezifferung der am Schluss dieser Abhandlung mitgetheilten Tabellen sind die Bezeichnungen des d\u00e4nischen Originals beibehalten; die in dem etzteren enthaltenen unwesentlicheren Tabellen sind aber in dieser deutschen Bearbeitung weggeblieben.","page":209},{"file":"p0210.txt","language":"de","ocr_de":"210\nEjnar Buch.\nArt geschieden und f\u00fcr sich aufgef\u00fchrt. Der Grund dazu ist der, dass diese Resultate auf Grund der erlangten Fertigkeit mit den \u00fcbrigen nicht vergleichbar sind, wie sie ja auch von Versuchen herr\u00fchren, die sp\u00e4ter in der Zeit liegen als die anderen und nur von den vier betreffenden Versuchspersonen ausgef\u00fchrt worden sind. Die letzte Rubrik in jeder der Tabellen IV a, b, c und d enth\u00e4lt f\u00fcr jede Person die Gesammtzahl Urtheile f\u00fcr alle Intervalle. Als Beispiel f\u00fcr die Vertheilung dieser Urtheile auf die verschiedenen Intervalle haben wir in der untenstehenden Tabelle f\u00fcr jede der vier Versuchsreihen : a, b, c und d, die Gesammtzahl Urtheile f\u00fcr jedes Intervall hei der Versuchsperson auf gef\u00fchrt, welche die gr\u00f6\u00dfte Zahl von Versuchstagen hat. F\u00fcr die anderen Versuchspersonen ist die Vertheilung innerhalb jeder Reihe verh\u00e4ltnissm\u00e4\u00dfig wesentlich dieselbe ').\n1\tVi\t2/i\t3/i\t*/*\t4/s\t6/a\t5A\t%\t15/s\t45/32\t%\tInsge- sammt\na) Herr N. W. |\t37\t44\t\u2014\t45\t42\t43\t44\t28\t31\t24\t19\t357\nb) Herr N. W. (und Herr S.T.)\t30\t30\t34\t36\t36\t36\t36\t8\t8\t22\t24\t3.00\nc) Herr J. B.\t24\t24\t\u2014\t32\t32\t32\t32\t12\t12\t20\t20\t240\nd) Herr Bj.\t25\t42\t10\t42\t42\t42\t42\t28\t28\t22\t27\t350\nDie Frage ist nun, oh wir in den vorhegenden Resultaten m\u00f6glicher Weise allgemeinere Gesetze f\u00fcr die Auffassung der Intervalle nachweisen k\u00f6nnen, die f\u00fcr alle oder doch f\u00fcr eine gr\u00f6\u00dfere Anzahl Theilnehmer gemeinsam sind. Dass sich dies wirklich thun l\u00e4sst, zeigt sich sehr bald. Zuerst k\u00f6nnen wir n\u00e4mlich in dieser Hinsicht bemerken, dass neben einer abnehmenden Neigung, die Octave falsch zu beurtheilen, eine wachsende Neigung, die Prime falsch zu beurtheilen, herl\u00e4uft. Diese R\u00fccksicht ist es, die vor allen Dingen\n1) Im \u00fcbrigen verweisen wir auf die d\u00e4nische Ausgabe dieser Abhandlung: >Om fornemmelsers ,sammensmeltning\u2018, sserlig ved klang-indtryk\u00ab, K\u00f6benliavn 1898, Tabelle la\u2014c, II und Id, wo sich die hier besprochenen Versuchsresultate f\u00fcr jede einzelne Person und jedes Intervall von Tag zu Tag aufgef\u00fchrt finden \u2014 mit der wirklichen, nicht der procentualen, Anzahl abgegebener Urtheile.","page":210},{"file":"p0211.txt","language":"de","ocr_de":"\u00fceber die \u00bbVerschmelzung\u00ab von Empfindungen, besonders bei Klangeindr\u00fccken.\t211\nf\u00fcr die Reihenfolge bestimmend gewesen ist, die wir den Versuchspersonen in Tabelle IVa gegeben haben. Wie man siebt, ist die Neigung, die Octave falsch zu beurtheilen, \u00fcberhaupt sehr ausgepr\u00e4gt; nur die Herren O. 0. L. und J. B. bilden hiervon eine Ausnahme.\nSehen wir uns nun Tabelle IVa etwas n\u00e4her an, indem wir die Intervalle Vs, Vs, 45/32 und s/5 jedoch bis auf weiteres au\u00dfer Betracht lassen, so werden wir finden, dass wir den Versuchspersonen nicht nur der Prime und Octave gegen\u00fcber die nachgewiesene Reihenfolge geben k\u00f6nnen, sondern dass diese im gro\u00dfen und ganzen gebraucht werden kann, um ihr Verh\u00e4ltnis hinsichtlich der Auffassung der Intervalle zu kennzeichnen. Die \u00e4u\u00dfersten Punkte in der Reihe werden von Herrn Th. und Herrn J. B. gebildet, von denen sich der erstere dadurch auszeichnet, dass er 100^ Fehler in den Octaven und sonst nur einen einzigen Fehler hat, der folglich als ein reiner Zufall betrachtet werden muss; Herr J. B. hat dagegen seine Fehler gleichm\u00e4\u00dfig \u00fcber alle Intervalle vertheilt. Herrn Th.\u2019s Typus n\u00e4hern sich Fri. H. und die Herren M. L., N. W. und S. T., bei denen sich durch die Uebung ganz derselbe ausgepr\u00e4gte Unterschied zwischen der Auffassung der Octave und der Auffassung der \u00fcbrigen Intervalle entwickelt, wie er sich von vornherein bei Herrn Th. findet1). Und noch Eine wichtige gemeinschaftliche Eigenth\u00fcmlichkeit findet sich hei den vier genannten Versuchspersonen: eine Abnahme in der Zahl der Fehler von der Quinte \u00fcber die Terz zur Secunde; und diese Eigenth\u00fcmlichkeit ist um so mehr ausgepr\u00e4gt, je mehr sie sich in ihrer Beurtheilung der Prime und Octave Herrn Th. n\u00e4hern. \u2014 Endlich soll nur noch bemerkt werden, dass sich bei der Septime im Vergleiche mit der Secunde wieder eine gr\u00f6\u00dfere oder geringere Steigung in der Anzahl der Fehler findet.\nHerrn J. B.\u2019s Typus n\u00e4hern sich die Herren 0. 0. L. und A. T. Jedoch besteht die gemeinschaftliche Eigenth\u00fcmlichkeit dieser drei wesentlich in dem rein Negativen: dass sie sich in mehreren Hinsichten von den f\u00fcnf des ersten Typus unterscheiden, ohne dass ihre eigene gegenseitige Gleichheit sonst besonders hervortretend ist. Zuerst k\u00f6nnen wir bemerken, dass der Fall in der Anzahl der Fehler von der Quinte \u00fcber die Terz zur Secunde und die Steigung von der\n1) Siehe Tabelle Ia\u2014e der d\u00e4nischen Ausgabe.","page":211},{"file":"p0212.txt","language":"de","ocr_de":"212\nEjnar Buch.\nSecun.de zur Septime auch bei diesen drei des zweiten Typus gesp\u00fcrt werden kann; aber freilich finden sich hier mehrere Ausnahmen von diesem Gesetze: bei Herrn A. T. besonders was die Terz anlangt, bei den Herren O. C. L. und J. B. was die Secunde anlangt. Darnach n\u00e4hern sich die Herren 0. C. L. und J. B., wie gesagt, einander sehr in ihrer Beurtheilung der Prime und Octave. Und allen dreien ist gemeinschaftlich, dass die Uehung hei ihnen entweder nicht gesp\u00fcrt werden kann oder auf jeden Fall durchaus nicht in derselben Richtung verl\u00e4uft wie bei den f\u00fcnf des ersten Typus : einem sch\u00e4rferen und sch\u00e4rferen Unterschiede in der Beurtheilung der Octave und der anderen Intervalle zugleich mit einer immer gr\u00f6\u00dferen Sicherheit in der Beurtheilung der Prime1). Endlich k\u00f6nnen wir in Bezug auf Herrn A. T. bemerken, dass er sich in den Zungenversuchen scharf von Herrn M. L. unterscheidet (Tabelle IV c).\nEine von den Versuchspersonen haben wir noch nicht besprochen: Fri. L. Wie man sich leicht \u00fcberzeugen wird, muss sie am ehesten als auf dem Uehergange zwischen erstem und zweitem Typus stehend betrachtet werden.\nW\u00e4hrend also der bisher betrachtete Theil von Tabelle IV a nicht wenige Aeu\u00dferungen einer gewissen Gesetzm\u00e4\u00dfigkeit aufweist, ist es uns nicht im mindesten gegl\u00fcckt, eine solche hei den 4 noch \u00fcbrigen Intervallen: 4/3, 5/3, 45/32 un(l 8/s> zu finden. Was die beiden letzteren betrifft, so ist jedoch zu bemerken, dass sie nur in einer sehr geringen Anzahl in den Versuchen Vorkommen, und dass dies insoweit zum Theile erkl\u00e4ren kann, dass sich die Gesetzm\u00e4\u00dfigkeit nicht nachweisen l\u00e4sst.\nWir wenden uns danach Tabelle IV b zu, die uns also den Standpunkt zeigt, auf den vier von den Versuchspersonen nach einiger Zeit Uehung gelangt sind. Es sieht f\u00fcr den ersten Augenblick etwas sonderbar aus, dass wir hier einer Verminderung in der Anzahl der Fehler bei der Octave begegnen, was gegen die Resultate zu streiten scheinen k\u00f6nnte, die wir im Vorhergehenden hinsichtlich der Auffassung dieses Intervalles ableiteten. Die Merkw\u00fcrdigkeit findet in-dess ihre vollst\u00e4ndige Erkl\u00e4rung in einer schriftlichen Aussage des Herrn Th., die wir in ihrem gesammten Umfange wiedergehen, da sie\n1) Siehe Tabelle la\u2014b der d\u00e4nischen Ausgabe und vergl. Tabelle II.","page":212},{"file":"p0213.txt","language":"de","ocr_de":"Ueber die \u00bbVerschmelzung\u00ab von Empfindungen, besonders bei Klangeindr\u00fccken. 213\nauch in anderer Hinsicht von Interesse ist: \u00bbW\u00e4hrend der ersten Versuche betrachtete ich es als selbstverst\u00e4ndlich, dass ich ein richtiges Urtheil f\u00e4llen k\u00f6nnte, und folgte ausschlie\u00dflich dem Totaleindrucke, den ich aus dem oder den vorliegenden T\u00f6nen erhielt; und ich befand mich nie im Ungewissen dar\u00fcber, wenn ich \u00bb 1 \u00ab oder \u00bb2\u00ab schreiben sollte. Da ich erfuhr, dass meine Angaben nicht richtig waren, erwog ich hei jedem Klange n\u00e4her, oh ich ihn in 2 T\u00f6ne aufl\u00f6sen k\u00f6nnte; entgegengesetzten Falles nahm ich ihn als 1 Ton an. Ich kam bald dar\u00fcber ins Keine, dass ich nicht falsch urtheilte, wenn 1 Ton vorhanden war, und dass meine Irrungen am ehesten Octaven oder Accorde betr\u00e4fen, wo der Abstand zwischen den einzelnen T\u00f6nen sehr gro\u00df war; und in solchen F\u00e4llen urtheilte ich best\u00e4ndig, dass Ein Ton vorhanden sei. Ich horchte dann besonders genau darauf, wenn ich sofort glaubte, dass 1 Ton vorhanden sei, und versuchte, ob ich ihn in 2 aufl\u00f6sen k\u00f6nnte; gl\u00fcckte dies, so suchte ich jeden von ihnen besonders zu erfassen, worauf ich meine Aufmerksamkeit wieder auf den Totaleindruck concentrirte; und in der Hegel konnte ich dann h\u00f6ren, dass es ein Accord war, was ich also im ersten Augenblick, wo ich den Klang h\u00f6rte, nicht gekonnt hatte. Auf diese Weise lernte ich zum Theile zwischen Octaven und einzelnen T\u00f6nen zu unterscheiden; aber auch nur zum Theile, da mein Misstrauen gegen die \u00bbEiner\u00ab so gro\u00df war, dass es mir bisweilen vorkam, als ob ich zwei T\u00f6ne h\u00f6rte, wo doch nur Einer war .. . \u00ab. Man sieht hieraus, dass es eine sch\u00e4rfere \u2014 analysirende \u2014 Beobachtung der F\u00e4lle ist, von denen man von vornherein wei\u00df, dass hier am ehesten Gefahr f\u00fcr eine falsche Sch\u00e4tzung vorliegt, was hei Herrn Th. die Ver\u00e4nderungen in den Beurtheilungsresultaten hervorgerufen hat; und besonders interessant ist es, zu beobachten, dass das Schwanken in der Beurtheilung, das dadurch der Octave gegen\u00fcber entsteht, sofort in entsprechendem Grade sich bei der Prime zeigt. Dass dies mit den anderen dreien auf \u00e4hnliche Weise der Fall gewesen ist wie mit Herrn Th., dar\u00fcber kann wohl kaum ein Zweifel bestehen ; denn theils besa\u00dfen sie dasselbe Wissen wie er dar\u00fcber, wo ihre Fehler besonders lagen, theils verlaufen ihre Resultate in ganz derselben Richtung.\nHinsichtlich Tabelle IV b soll nur noch darauf aufmerksam\nWundt, Philos. Studien. XV.\n15","page":213},{"file":"p0214.txt","language":"de","ocr_de":"214\nEjnar Buch.\ngemacht werden, dass die Duodeciihe vollst\u00e4ndig auf einer Linie mit der Octave in der Auffassung zu stehen scheint.\nIn Tabelle IY c finden wir hei Herrn M. L. einen sch\u00e4rfer ausgepr\u00e4gten Unterschied in der Beurtheilung der Intervalle als in IYa, gleichwie Erl. L. liier entschieden zu dem ersten Typus geh\u00f6rt. Ueber die Herren A. T. und J. B. ist nicht viel Anderes zu bemerken, als dass sie unbedingt zu dem zweiten Typus geh\u00f6ren.\nEndlich haben wir die Analyseversuche in Tabelle IYd, wo Herr Bj. Herrn Th. in IYa sehr nahe steht und Herr Thr. gleichfalls entschieden zu dem ersten Typus geh\u00f6rt, w\u00e4hrend Herr H. am ehesten zwischen Erl. L. und Herrn O. 0. L. steht. Ein bezeichnender Unterschied zwischen den Resultaten in IYa und IYd findet sich nicht.\nWir haben im Vorhergehenden gesehen, dass die bisher betrachteten Versuchsresultate wirklich eine gewisse Gesetzm\u00e4\u00dfigkeit in der Auffassung der verschiedenen Intervalle darthun, ebenso wie sie auch das Vorhandensein eines sehr wesentlichen pers\u00f6nlichen Factors in dieser Auffassung gezeigt haben. Dagegen haben sie uns nicht oder doch nur in geringem Grade in Stand gesetzt, dar\u00fcber zu ur-theilen, welche Rolle die Art des Tongebers oder die verschiedenen Verfahrungsweisen bei der Beurtheilung f\u00fcr die Intervallauffassung spielen. Denn wir haben allerdings mit so verschiedenartigen Tongebern wie den Orgelpfeifen und den Appunn\u2019schen Zungen Versuche angestellt; aber theils sind diese letzteren Versuche zu wenige gewesen, als dass man berechtigt sein k\u00f6nnte, auf Grund derselben bestimmte Resultate festzulegen, indem ja doch nur Herrn M. L.\u2019s und Erl. L.\u2019s Resultate auf eine bestimmte Richtung hinweisen; theils hatten sich die Theilnehmer an den Zungenversuchen schon vorher mit H\u00fclfe der fr\u00fcheren Orgelpfeifenversuche eine gewisse Uebung erworben; und diese Uebung kann vielleicht auch das ihrige zu dem Unterschiede in den Resultaten beigetragen haben. Noch weniger oder \u00fcberhaupt nur sehr geringe Bedeutung k\u00f6nnen wir den Analyseversuchen beimessen. Denn theils ist auch ihre Zahl ziemlich gering; theils haben die drei Versuchspersonen sehr verschiedene Resultate ergeben; theils hat keine von ihnen an den fr\u00fcheren Versuchen theil-genommen, so dass wir au\u00dfer Stande sind, zu entscheiden, welchen","page":214},{"file":"p0215.txt","language":"de","ocr_de":"Ueber die \u00bbVerschmelzung\u00ab von Empfindungen, besonders bei Klangeindr\u00fccken. 215\nEinfluss die Beurtheilungsweise und welchen der pers\u00f6nliche Factor gehabt hat; und endlich ist es als ein wesentlicher Fehler bei den Versuchen zu betrachten, dass die Theilnehmer nicht jedesmal vorweg gewusst haben, ob ein oder zwei T\u00f6ne vorhanden waren, weil dadurch die Gesammtwirkung des Klangeindruckes wahrscheinlich auch einen nicht geringen Einfluss auf die Beurtheilung gewonnen hat. Diese Analyseversuche haben wir darum im Folgenden au\u00dfer Betracht gelassen.\nNoch k\u00f6nnen wir hinsichtlich des Verfahrens bei der Beurtheilung bemerken, dass die Art und Weise, auf welche die Frage in den beiden ersten Versuchsreihen an die Theilnehmer gestellt wurde (s. S. 208), die Anwendung von Analyse nicht ausschlie\u00dft. Und sicherlich ist es nicht wahrscheinlich, dass Analyse in der Regel vorgenommen worden ist, da sie besondere Einstellung und Anstrengung erfordert; aber hin und wieder kann sie doch vorgekommen sein \u2014 und ist ja factisch vorgekommen \u2014, wozu auch der Umstand beigetragen haben kann, dass die Dauer jedes Intervalles ziemlich gro\u00df war, n\u00e4mlich 7\u20148 Se-cunden.\nBei den neuen Versuchsreihen, die im Herbst und Winter 1896\u201497 vorgenommen wurden, musste es deshalb unsere Hauptaufgabe werden, Beitr\u00e4ge zur Beleuchtung des Einflusses des Tongehers und der Beurtheilungsweise auf die Intervallauffassung zu schaffen. Die Theilnehmer an den Versuchen mussten folglich so weit wie m\u00f6glich in Versuchsreihen sowohl mit wie ohne Analyse gepr\u00fcft werden und in beiden F\u00e4llen sowohl mit Orgelpfeifen wie mit Appunn\u2019schen Zungen. Damit die Uebung hei der einen Art T\u00f6ne nicht gr\u00f6\u00dferen Einfluss auf die Auffassung gewinnen sollte als hei der anderen Art, wurde mit den Tongebem von Versuchstag zu Versuchstag gewechselt \u2014 jedoch mit etwas Anpassung nach den Umst\u00e4nden. Dagegen mussten die Versuche ohne und mit Analyse nothwendiger Weise ganz aus einander gehalten werden, und selbstverst\u00e4ndlich wurde dann mit Versuchen ohne Analyse begonnen. Bei diesen wurden die Theilnehmer aufgefordert, nur auf den Klangeindruck als Gesammtheit zu horchen und sich nicht zu bestreben, die T\u00f6ne jeden f\u00fcr sich zu h\u00f6ren, ebenso wie sie davor gewarnt wurden, Nebenr\u00fccksichten auf Unreinheit und \u00e4hnliches zu nehmen. Ueberdies\n15*","page":215},{"file":"p0216.txt","language":"de","ocr_de":"216\nEjnar Buch.\nwurde die Dauer der Intervalle auf ca. 3 Secunden beschr\u00e4nkt, um dadurch einer Analyse weiter vorzubeugen. Bei den Analyseversuchen wurde den Theilnehmem vorweg gesagt, dass sich jedesmal zwei T\u00f6ne vorf\u00e4nden, sie aber nur \u00bb2\u00ab schreiben d\u00fcrften, wenn sie das Intervall analysiren, d. h. die beiden T\u00f6ne jeden f\u00fcr sich h\u00f6ren k\u00f6nnten, w\u00e4hrend sie klangen, sie also dieselben aus einander zu halten, die Aufmerksamkeit willk\u00fcrlich von dem einen auf den anderen zu richten verm\u00f6chten. Die Dauer des Intervalles war hier 3\u20144 bis 7\u20148 Secunden, indem sie sich zum Theil nach der gr\u00f6\u00dferen oder geringeren Fertigkeit der Versuchspersonen im Analysiren richtete.\nAu\u00dfer diesen wichtigsten theilweise ge\u00e4nderten Verh\u00e4ltnissen bei dem Verfahren w\u00e4hrend der Versuche m\u00fcssen wir noch einige geringere Ver\u00e4nderungen erw\u00e4hnen. So wurden die Intervalle 45/32 und 8/5 die ganze Zeit in derselben Anzahl wie die Quinte, die Quarte u. s. w. mitgenommen, indem jedoch 45/32 etwas sp\u00e4terhin hei den Versuchen mit den Appunn\u2019schen Zungen mit 17/l2 vertauscht wurde, um zu sehen, oh dieses etwas einfachere Intervall anders aufgefasst werden w\u00fcrde. Ebenso wurde die Duodecime gleich von Anfang an sowohl bei den Orgelpfeifen wie hei dem Zungenapparate mitgenommen und, damit der Sprung zwischen der Duodecime und den \u00fcbrigen Intervallen nicht zu gro\u00df w\u00fcrde, auch das Intervall 5/2 aufgenommen. Bei den Appunn\u2019schen Zungen machte es sich aus diesem Anlasse n\u00f6thig, einen Obertonapparat mit zu H\u00fclfe zu nehmen ; bei den Orgelpfeifen wurden zu dem Intervalle 5/2 die Pfeifen Nr. 1 und Nr. 19 ohne besondere Abstimmung verwendet; zur Duodecime wurde diesmal Nr. 1 zusammen mit Nr. 21 benutzt, indem erst diese nach Nr. 1 mit H\u00fclfe der St\u00f6\u00dfe mit ihrem Ohertone ahgestimmt wurde; danach wurde Nr. 8 nach Nr. 21 abgestimmt und schlie\u00dflich Nr. 12, 15 u. s. w. nach Nr. 8.\nNoch ist zu erw\u00e4hnen, dass die Versuche diesmal in einem Zimmer angestellt wurden, das einzig und allein zu diesem Gebrauche eingerichtet war und deshalb au\u00dfer einem Schranke, einigen St\u00fchlen und \u00e4hnlichem nur die nothwendigen Apparate enthielt, w\u00e4hrend die fr\u00fcheren Versuche in einem anderen Zimmer des psychophysischen Laboratoriums vorgenommen worden waren, das eine Menge anderer Apparate, M\u00f6bel, Schr\u00e4nke u. s. w. enthielt, welche die gleichm\u00e4\u00dfige Fortpflanzung des Lautes nat\u00fcrlich nicht beg\u00fcnstigten.","page":216},{"file":"p0217.txt","language":"de","ocr_de":"Ueber die \u2018Verschmelzung\u00ab von Empfindungen, besonders bei Klangeindr\u00fccken. 217\nSchlie\u00dflich soll nur einer kleinen Aenderung in der Art und Weise, auf welche die Intonation der Orgelpfeifen eingeleitet wurde, Erw\u00e4hnung gethan werden. In der Decke des gro\u00dfen Luftkastens, auf dem alle Pfeifen sa\u00dfen, befand sich ein Loch von 5\u20146 cm Durchmesser, das mit H\u00fclfe einer Schlitteneinrichtung ge\u00f6ffnet und geschlossen werden konnte; und sobald es offen war, entstr\u00f6mte alle Luft durch dasselbe, so dass die Pfeifen keinen Ton gehen konnten. Wenn nun die T\u00f6ne hervorgerufen werden sollten, wurde zuerst der Schlitten an der Decke des Luftkastens ge\u00f6ffnet und danach der Schlitten, welcher den Zugang von der Luftglocke versperrte; dann wurde der Schlitten an der Decke geschlossen, worauf die T\u00f6ne zu klingen begannen; wenn sie wieder auf h\u00f6ren sollten, wurde zun\u00e4chst der Schlitten an der Decke des Luftkastens ge\u00f6ffnet. Hierdurch wurde auf jeden Fall erreicht, dass die T\u00f6ne in demselben Augenblicke auf h\u00f6rten; dagegen gl\u00fcckte es gleichwohl nicht, absolute Gleichzeitigkeit beim Beginne der T\u00f6ne zu erreichen, so dass es best\u00e4ndig n\u00f6thig war, mit Glockenl\u00e4uten einzuleiten.\nTheilnehmer an den Versuchen waren: der Leiter des psychophysischen Laboratoriums Dr. A. L., ferner Fri. J. und die Herren Bj. und R. H. P., die alle drei Philosophie und Psychologie studirten, sowie vier junge Studenten: die Herren E. H., J., V. P. und S. Herr Bj. ist derselbe, der an den Versuchen im Fr\u00fchjahr 1896 theil-genommen hatte; Dr. L. und Fri. J. hatten in einem viel fr\u00fcheren Zeitpunkte an einigen wenigen vorl\u00e4ufigen Versuchen theilgenommen; die \u00fcbrigen hatten sich zuvor an Versuchen dieser Art nicht betheiligt.\nHinsichtlich der Berechnung dieser Versuchsresultate ist zu bemerken, dass f\u00fcr die Herren E. H, J., A. L. und R. H. P. die Resultate des ersten Versuchstages \u2014 Versuche mit Orgelpfeifen, Ge-sammteindr\u00fccke \u2014 ausgelassen sind; ebenso sind f\u00fcr die Herren E. H, A. L. und S. die Resultate des ersten Analysirungstages \u2014 Versuche mit Orgelpfeifen \u2014 ausgelassen; und endlich sind die Resultate eines einzelnen Analysirungstages auf Grund mangelhafter Abstimmung der Pfeifen fortgeblieben. Die zweifelhaften Urtheile erhielten bei den verschiedenen Versuchspersonen verschiedene Bezeichnungen, was daran lag, dass die Bezeichnungen von den Betreffenden selbst eingef\u00fchrt wurden und darum vielleicht etwas verschiedene Bedeutung hatten. Hierauf R\u00fccksicht zu nehmen, w\u00fcrde","page":217},{"file":"p0218.txt","language":"de","ocr_de":"218\nEjnar Buch.\nindess jedenfalls eine missverstandene Genauigkeit sein, da man kaum voraussetzen kann, dass die Beurtheilung im ganzen so fein nuancirt gewesen ist, wie sie es in diesem Palle h\u00e4tte sein sollen. Bei der procentweisen Ausrechnung sind diese Urtheile darum wie fr\u00fcher zwischen den richtigen und den falschen gleich vertheilt worden. Nur mit Herrn R. H. P., der sowohl die Bezeichnung 2 ? wie 1 + hat, ist eine Ausnahme gemacht worden, indem Urtheile mit der Bezeichnung 2? zu zwei Dritttheilen unter die falschen Urtheile gerechnet worden sind, w\u00e4hrend mit den \u00fcbrigen das Gegentheil geschehen ist.\nDie Resultate der Versuche sind aus Tabelle X a\u2014d zu ersehen. Eine einzelne Parenthese um die Zahlen bedeutet hier, dass die Anzahl der Versuche nur 12, eine doppelte Parenthese, dass sie sogar unter 12 war; und nat\u00fcrlich kann man auf solche Resultate meist nicht so viel Gewicht legen wie auf die anderen, wo die Anzahl der Versuche gr\u00f6\u00dfer gewesen ist. Die Intervalle 45/32 und 17/12 sind ohne weiteres zusammengenommen worden, da sie einander sehr nahe stehen und zugleich so gut wie gleiche Resultate ergehen haben. Das Intervall 5/2 ist ganz ausgelassen, da seine Aufgabe eigentlich nur darin bestand, eine Art Bindeglied zwischen der Duodecime und den \u00fcbrigen Intervallen zu bilden, und es darum hei der Vergleichung zwischen diesen ohne Interesse ist; \u00fcberdies war es oft so unrein, dass es schon aus diesem Grunde mit den anderen nicht ganz vergleichbar ist. Die letzte Rubrik in jeder der Tabellen a, b, c und d enth\u00e4lt hier, wie in Tabelle IV, f\u00fcr jede Person die Gesammtzahl Urtheile f\u00fcr alle Intervalle. Wir haben in untenstehender Tabelle ganz auf dieselbe Weise wie fr\u00fcher hei Tabelle IV (siehe S. 210) Beispiele f\u00fcr die Vertheilung der Urtheile auf die verschiedenen Intervalle gegeben. Auch hier stimmt die Vertheilung der Intervalle bei den anderen Versuchspersonen wesentlich mit der Vertheilung, die wir in den Beispielen sehen1).\n1) Siehe \u00fcbrigens Tabelle V\u2014IX der d\u00e4nischen Ausgabe.","page":218},{"file":"p0219.txt","language":"de","ocr_de":"Deber die \u00bbVerschmelzung\u00ab; von Empfindungen, besonders bei Klangeindr\u00fccken. 219\n\tV\u00ab\t2/l\t3/i\t\u00bb/*\t4/a\t5/s\t5/i\t%\t,5/s\t45/32\t8/s\tInsge- sammt\na) Herr R. H. P.\t34\t16\t16\t64\t64\t64\t64\t34\t40\t64\t64\t524\nb) Herr R. H. P.\t34\t18\t12\t64\t64\t64\t64\t40\t40\t64\t64\t528\no) Herr S.\t\u2014\t16\t16\t64\t64\t64\t64\t54\t54\t64\t64\t524\nd) Herr S.\t\u2014\t8\t8\t44\t44\t44\t44\t36\t36\t44\t44\t352\nZur Erkl\u00e4rung einiger von Dr. A. L.\u2019s Resultaten ist noch hin-zuzuf\u00fcgen, dass er auf Grund fr\u00fcheren naturwissenschaftlichen Studiums mit allen physischen Verh\u00e4ltnissen der T\u00f6ne genau bekannt ist, und dass er sich als Experimentalpsycholog auch h\u00e4ufig mit Tonversuchen besch\u00e4ftigt und namentlich an einer langen Reihe von Versuchen mit Appunn\u2019schen Zungen in Leipzig im Jahre 1885 theilge-nommen hat. Dass diese Umst\u00e4nde bewirken m\u00fcssen, dass er besonders leicht auf alle Unregelm\u00e4\u00dfigkeiten bei den Intervallen, wie St\u00f6\u00dfe und \u00e4hnliches, aufmerksam wird, die das Vorhandensein von zwei T\u00f6nen verrathen, kann uns nicht Wunder nehmen. Er hat denn auch selbst schriftlich ausgesprochen, dass er ein feines Ohr f\u00fcr alles derartige habe, und dass dies in den meisten F\u00e4llen das Kriterium davon gewesen sei, dass zwei T\u00f6ne vorhanden waren, trotzdem er sich bestrebte, es zu vermeiden, dies Kriterium zu benutzen. Hierdurch erkl\u00e4rt sich offenbar zu einem wesentlichen Theile seine \u00fcberraschend geringe Anzahl Fehler bei der Octave (Tabelle Xa) und die verh\u00e4ltnism\u00e4\u00dfig geringe Anzahl Fehler sowohl bei der Duodecime wie bei der Secunde und Septime (s. dieselbe Tabelle). Denn, wie fr\u00fcher hervorgehoben, ist es unm\u00f6glich, die Orgelpfeifen absolut genau abzustimmen; und bei der Octave und Duodecime werden kleine Unregelm\u00e4\u00dfigkeiten ja verh\u00e4ltnism\u00e4\u00dfig leicht von dem geh\u00f6rt, der in Beobachtungen auf diesem Gebiete ge\u00fcbt ist. Auf der anderen Seite sind Secunde und Septime auf Grund ihres \u00bbdisharmonischen\u00ab Klanges sehr leicht wiederzuerkennen.\nBetrachten wir nun, mit diesen Bemerkungen \u00fcber Dr. A. L. in der Erinnerung, Tabelle X a, so finden wir, dass sie die allgemeineren Resultate, die wir aus unseren fr\u00fcheren Versuchen ableiteten, in allen Punkten best\u00e4tigt : hier wie dort wachsen und nehmen die Neigungen,","page":219},{"file":"p0220.txt","language":"de","ocr_de":"220\nEjnar Buch.\ndie Prime richtig und die Octave falsch zu heurtheilen, mit einander ah; hier \u25a0wie dort finden wir den eigenth\u00fcmlichen Unterschied zwischen den beiden Typen: auf der einen Seite die Herren R. H. P. und E. H., hei denen die Neigung, die Octave falsch zu heurtheilen, und die Verminderung in der Anzahl der Fehler von der Quinte \u00fcber die Terz zur Secunde \u2014 mit einer sehr geringen Anzahl Fehler in dieser \u2014 zugleich mit einer Steigung von der Secunde zur Septime besonders stark hervortreten; auf der anderen Seite Dr. A. L. und Herr J., von denen Dr. A. L., wenn man von den vorher genannten Intervallen ahsieht, wo wir eine besondere Erkl\u00e4rung haben, seine Fehler sehr gleichm\u00e4\u00dfig auf die verschiedenen Intervalle vertheilt hat, w\u00e4hrend Herr J. ihm im gro\u00dfen und ganzen folgt, wenn er sich auch vielleicht in noch h\u00f6herem Grade von den beiden erstgenannten unterscheidet. \u2014 Auch was die Duodecime anlangt, stimmen die neuen Resultate ganz mit den fr\u00fcheren.\nGehen wir danach zu Tabelle Xb \u00fcber, so finden wir unsere fr\u00fcheren Resultate hier gleichfalls im wesentlichen best\u00e4tigt. Bei Herrn R. H. P. ist so der Unterschied in der Beurtheilung der Intervalle etwas mehr ausgepr\u00e4gt als in Tabelle Xa. Dasselbe ist auch von Herrn E. H. zu sagen, hei dem die Secunde jedoch eine Ausnahme bildet. Aber besondere Beachtung verdient es, dass Herr J. hier entschieden dem ersten Typus zugeh\u00f6rt und so dasselbe Verh\u00e4lt-niss wie Fri. L. in der fr\u00fcheren Versuchsreihe zeigt. Endlich kann auch erw\u00e4hnt werden, dass Dr. A. L. die allermeisten seiner Octaven und verh\u00e4ltnissm\u00e4\u00dfig viele seiner Duodecimen hier falsch hat, was seine nat\u00fcrliche Ursache darin findet, dass die Abstimmung hei den Appunn\u2019schen Zungen sicherer ist als hei den Orgelpfeifen.\nAber au\u00dfer der Best\u00e4tigung fr\u00fcherer Resultate bringt Tabelle Xa und b uns auch einzelne neue. So steht die Quarte und Sexte bei den beiden Herren R. H. P. und E. H. zwischen der Quinte und Terz \u2014 gleichwie fr\u00fcher bei zwei der ausgepr\u00e4gtesten Repr\u00e4sentanten des ersten Typus: Fri. H. und Herrn M. L. In Tabelle Xb haben wir sogar bei ihnen beiden die Reihenfolge: Quinte, Quarte, Sexte, Terz \u2014 gleichwie hei den fr\u00fcheren Zungenversuchen bei Herrn M. L. (Tabelle IVc). Unsicherer ist dagegen nach Tabelle Xa die Stellung der Intervalle 45/:)2 und 8/5; jedoch steht bei den Herren R. H. P. und E. H. das erstere der Quarte und Sexte am n\u00e4chsten, w\u00e4hrend","page":220},{"file":"p0221.txt","language":"de","ocr_de":"Ueber die \u00bbVerschmelzung\u00ab von Empfindungen, besonders bei Klangeindr\u00fccken. 221\ndas letztere viel weiter in der Richtung der Quinte aufr\u00fcckt, hei Herrn E. H. sogar an dieser vorbei. Bei den Zungenversuchen tritt indess eine vollst\u00e4ndige Ver\u00e4nderung in diesem Verh\u00e4ltnisse ein, eine Ver\u00e4nderung, die auch bei Dr. A. L. und Herrn J. stark hervortritt; selbst Herr E. H., der in beiden Versuchsreihen bei dem Intervalle 4'Vs2 dieselbe Procentzahl Fehler hat, zeigt im Verh\u00e4ltniss zu den Fehlern bei den \u00fcbrigen Intervallen nur ungef\u00e4hr halb so viele bei den Zungenversuchen wie bei den Versuchen mit Orgelpfeifen. Dieselbe j\u00e4he Abnahme in der Anzahl der Fehler hei dem Ueber-gange von Orgelpfeifen zu Zungen wie bei 45/32 und 8/s findet sich auch bei 15/g \u2014 hier gleichfalls hei allen vier Theilnehmern.\nNoch kann darauf aufmerksam gemacht werden, dass die Versch\u00e4rfung des Unterschiedes in der Beurtheilung der verschiedenen Intervalle, die wir im Vorhergehenden hei den Versuchen mit App unn-schen Zungen gefunden haben, auch bei den Versuchspersonen (Frl. J. und den Herren Bj., V. P. und S.1)) gesp\u00fcrt werden kann, die wir auf Grund der bei weitem \u00fcberwiegenden Richtigkeit ihrer Resultate und der geringen Anzahl ihrer Versuche in die allgemeine Uebersicht nicht mit aufgenommen haben. W\u00e4hrend n\u00e4mlich bei diesen die Orgelpfeifen nur m% Fehler in der Octave hatten, hatten die App un n\u2019sehen Zungen 88^; und die wenigen vereinzelten Fehler waren bei den Orgelpfeifen \u00fcber alle Intervalle ohne Ausnahme vertheilt, w\u00e4hrend sie sich hei den Zungen hei der Sexte, Terz und den \u00fcbrigen weniger consonanten Intervallen gar nicht fanden2).\nWh- wenden uns danach zu Tabelle Xc, wo Herr S. und Frl. J. an die Spitze gestellt sind, weil sie entschieden dem ersten Typus zugeh\u00f6ren3). Wir k\u00f6nnen dann zun\u00e4chst beachten, dass die Octave und die Duodecime ihre vereinzelte Stellung als unrichtiger Auffassung absolut ausgesetzt nicht mehr haben. Ferner finden wir bei den Herren R. H. P. und E. H. und bei Dr. A. L. eine auffallend gleichm\u00e4\u00dfige Vertheilung der Fehler \u00fcber die verschiedenen Intervalle,\n1)\tWir bitten besonders zu beachten, dass sich Frl. J. und Herr S. zu den Versuchen ohne Analyse gar nicht brauchen lie\u00dfen, we\u00fc ihre Urtheile hier in weit \u00fcberwiegendem Grade richtig waren, w\u00e4hrend sie dagegen bei den Analyseversuchen, wie die Tabellen zeigen, von einer solchen \u00bbUnfehlbarkeit\u00ab sehr weit entfernt waren.\n2)\tSiehe Tabelle IX der d\u00e4nischen Ausgabe. 3) Siehe dieselbe Stelle,","page":221},{"file":"p0222.txt","language":"de","ocr_de":"222\nEjnar Buch.\nwas bei den beiden ersteren in bestimmten Gegensatz zu ihren Resultaten bei den fr\u00fcheren Versuchen tritt. Nur die Quinte und Sexte unterscheidet sich bei Herrn R. H. P. etwas mehr von den \u00fcbrigen Intervallen; aber bei der Quinte ist doch eine bedeutende Abnahme in der Zahl der Fehler vorhanden, wenn man einen Vergleich mit Tabelle Xa anstellt. Dass sich bei Herrn E. H. eine ganz kleine Steigung in der Anzahl der Fehler von der Quinte \u00fcber die Quarte und Sexte zur Terz vorfindet, verdient, obwohl sie so gering ist, auch bemerkt zu werden, da die Reihenfolge gerade die entgegengesetzte von dem ist, was man den vorhergehenden Resultaten zufolge erwarten k\u00f6nnte.\nEtwas weniger Gleichheit in der Vertheilung der Fehler als bei den drei genannten treffen wir bei Herrn S. und Fri. J. Die letztere hat ihre Resultate sogar bis auf die Secunde einigerma\u00dfen \u00fcbereinstimmend mit dem, was wir fr\u00fcher bei Orgelpfeifenversuchen ohne Analyse gefunden haben, wenn auch der Unterschied in der Be-urtheilung der Intervalle nur gering ist. Dagegen ist bei Herrn S. die Reihenfolge der Intervalle Quinte, Terz, Secunde in ausgepr\u00e4gtem Grade das Umgekehrte von dem, was wir bei Versuchen ohne Analyse gefunden haben.\nWenden wir uns schlie\u00dflich zu Tabelle Xd, so finden wir hier bei Herrn S., Fri. J. und Herrn E. H. eine entschiedene Steigung in der Zahl der Fehler in der Reihenfolge Quinte, Quarte, Sexte, Terz, Secunde und wiederum ein Fallen bei der Septime \u2014 also gerade das Umgekehrte von dem, was wir bei den Versuchen ohne Analyse gefunden haben; jedoch sind bei Herrn S. die Sexte, die gleichwie bei den Analyseversuchen mit Orgelpfeifen mit einer erstaunlich kleinen Anzahl Fehler auftritt, und bei Fri. J. die Quarte auszunehmen. Von den anderen beiden Intervallen tritt 8/5 mit verh\u00e4ltnism\u00e4\u00dfig wenigen, 45/32 mit verh\u00e4ltnism\u00e4\u00dfig vielen Fehlern auf. \u2014 Herr R. H. P. zeichnet sich auch hier durch eine verh\u00e4ltnism\u00e4\u00dfig gleichm\u00e4\u00dfige Vertheilung der Fehler aus; selbst bei der Quinte ist seine sonst so starke Neigung zu falscher Sch\u00e4tzung hier verschwunden. Bei Dr. A. L. endlich stimmt die Reihenfolge wesentlich mit der der drei erstgenannten; jedoch ist die Zahl seiner Versuche zu gering und sein Verm\u00f6gen zu analysiren zu wenig entwickelt, als dass seine","page":222},{"file":"p0223.txt","language":"de","ocr_de":"Deber die \u00bbVerschmelzung\u00ab von Empfindungen, besonders bei Klangeiudr\u00fccken. 223\nResultate ohne das Licht, das von den \u00fcbrigen \u00fcber sie geworfen wird, eine Bedeutung erlangen k\u00f6nnten.\nIn allen unseren bisherigen Aufz\u00e4hlungen haben wir alle Quinten zusammen in eine Summe gerechnet, ebenso alle Quarten, alle Terzen u. s. w., ohne R\u00fccksicht darauf, dass sie nicht alle dieselbe H\u00f6he hatten, sondern hei den Orgelpfeifen \u00fcber gut anderthalb Octaven, bei den Appunn\u2019sehen Zungen \u00fcber eine Octave vertheilt waren. Um etwaige Einw\u00e4nde gegen die Berechtigung unseres Verfahrens abzuwehren, und da eine Uebersicht \u00fcber die Resultate f\u00fcr jeden einzelnen benutzten Zweiklang auch in anderer Hinsicht von Interesse sein kann, haben wir in Tabelle XI eine solche Uebersicht gegebenl). Die Zahlen geben hier alle procentweise die Anzahl von falschen Sch\u00e4tzungen f\u00fcr den betreffenden Zweiklang an, und die Procentzahlen unter der Bezeichnung \u00bbZusammen\u00ab haben sich durch Zusammenz\u00e4hlung auf den urspr\u00fcnglichen Beurtheilungslisten ergeben. Dasselbe ist der Fall mit den Zahlen in Xle, die f\u00fcr jede Hauptreihe das Gesammtresultat f\u00fcr alle Quinten, alle Quarten u. s. w. geben. Zugleich ist zu bemerken, dass nur die Versuche des ersten Typus bei den Aufz\u00e4hlungen mitgenommen worden sind. Wenn an einigen wenigen Stellen mehrere Zweikl\u00e4nge unter Eins zusammengez\u00e4hlt sind, so ist dies geschehen, theils weil die Anzahl von Versuchen f\u00fcr jeden einzelnen f\u00fcr sich ziemlich gering war, theils um die Theilung in drei Intervallreihen mit je ihrer H\u00f6he durchzuf\u00fchren.\nEs soll nur noch darauf aufmerksam gemacht werden, dass man bei Betrachtung der Tabelle XI wohl eingedenk sein muss, dass die Anzahl Versuche, die auf jede der f\u00fcr die einzelnen Personen aufgef\u00fchrten Procentzahlen entf\u00e4llt, verh\u00e4ltnissm\u00e4\u00dfig gering ist \u2014 wenn sie unter 10 ist, sind die Zahlen in Parenthese gesetzt \u2014, sodass sich Zuf\u00e4lligkeiten ziemlich stark geltend machen d\u00fcrften.\nWir wollen danach Tabelle XI etwas n\u00e4her betrachten und zun\u00e4chst sehen, ob wir einen Einfluss der H\u00f6he des Intervalles auf die Beurtheilung bemerken k\u00f6nnen. Und da ist denn nicht in Abrede\n1) Wir haben in derselben jedoch nur die Versuche vom Herbst 1896 und Fr\u00fchjahr 1897 mit aufgenommen, welche die fr\u00fcheren ja in mehreren Beziehungen an Sicherheit und Genauigkeit \u00fcbertrafen ; eine ungef\u00e4hre Durchz\u00e4hlung hat denn auch gezeigt, dass die Unregelm\u00e4\u00dfigkeiten bei diesen fr\u00fcheren Versuchen vollkommen so gro\u00df waren wie die, welche Tabelle XI aufweist.","page":223},{"file":"p0224.txt","language":"de","ocr_de":"224\nEjnar Buch.\nzu stellen, dass in einigen F\u00e4llen etwas Unterschied in der Beurteilung hei Intervallreihen ungleicher H\u00f6he vorhanden zu sein scheint, z. B. bei Herrn E. H. in XIa. Aber im ganzen genommen folgen diese Verschiedenheiten keiner bestimmten Hegel und gew\u00e4hren \u00fcberhaupt keinen festen Anhalt f\u00fcr die Aufstellung einer solchen. Zum gr\u00f6\u00dften Theil tragen sie also am ehesten das Gepr\u00e4ge von Zuf\u00e4lligkeiten, und es w\u00fcrde darum unsere Untersuchungen nur erschweren, wenn wir versuchen wollten, eine Unterscheidung der Intervallh\u00f6hen durchzuf\u00fchren.\nDagegen kann nicht geleugnet werden, dass Tabelle XI nicht so wenige Abweichungen von den allgemeineren Resultaten aufweist, die wir fr\u00fcher gefunden haben. Und sonderbarer Weise sind diese Abweichungen durchg\u00e4ngig zahlreicher und gr\u00f6\u00dfer bei den Appunn-schen Zungen als bei den Orgelpfeifen. Oder mit anderen Worten: betrachten wir unsere fr\u00fcheren allgemeineren Resultate als Ausdruck f\u00fcr eine wirkliche Gesetzm\u00e4\u00dfigkeit, so sind bei den Appunn\u2019schen Zungen eine gr\u00f6\u00dfere Unregelm\u00e4\u00dfigkeit in der Beurtheilung, mehr st\u00f6rende Einfl\u00fcsse als bei den Orgelpfeifen wirksam gewesen, wenn diese auch keineswegs hiervon freigesprochen werden k\u00f6nnen, \u2014 ein Verh\u00e4ltnis, das \u00fcbrigens zu Gunsten der Brauchbarkeit der Orgelpfeifen bei diesen Versuchen spricht.\nWir haben in Tabelle XI die Zahlen hervorgehoben, die von den \u00fcbrigen Resultaten in besonderem Grade abweichen. Man sieht, dass diese Abweichungen zum allergr\u00f6\u00dften Theil auf die Quarte und Sexte fallen, wie auch die Intervalle 45/32 und 8/5, die der Quarte und Sexte nahestehen, einen nicht geringen Theil von ihnen aufweisen. Ebenso k\u00f6nnen wir bemerken, dass die gr\u00f6\u00dferen Abweichungen bei den Orgelpfeifen alle in derselben Richtung verlaufen: einer oft sogar sehr bedeutenden Verminderung in der Anzahl der Fehler, w\u00e4hrend sie bei den Zungen, insonderheit bei den Analyseversuchen, f\u00fcr dasselbe Intervall bei den verschiedenen Versuchspersonen oft gerade die entgegengesetzte Richtung nehmen.\nIm \u00fcbrigen kann \u00fcber diese Abweichungen bemerkt werden, dass Herr S. in beiden Arten Analyseversuchen auffallend wenige Fehler in der Beurtheilung der Sexte und zum Theil zugleich in der Beurtheilung des Intervalles \u00ae/5 hat, w\u00e4hrend Herr R. H. P. bei den Versuchen mit Appunn\u2019schen Zungen ohne Analyse erstaunlich viele","page":224},{"file":"p0225.txt","language":"de","ocr_de":"Ueber die \u00bbVerschmelzung\u00ab von Empfindungen, besonders bei Klangeindriicken. 225\nFehler bei der mittelsten Terz und zugleich verh\u00e4ltnissm\u00e4\u00dfig viele hei der h\u00f6chsten Terz aufweist.\nMan k\u00f6nnte nun die Frage aufwerfen, oh die Abweichungen von der \u00bbGesetzm\u00e4\u00dfigkeit\u00ab, welche Tabelle XI zeigt, nicht so viele und so gro\u00dfe seien, dass es \u00fcberhaupt keinen Sinn habe, von einer Gesetzm\u00e4\u00dfigkeit zu sprechen? Hierauf ist indess zu antworten, dass die Abweichungen in Wirklichkeit nicht gr\u00f6\u00dfer sind, als man sie bei so schwierigen Versuchsverh\u00e4ltnissen erwarten muss, und dass ihre Bedeutung wesentlich dadurch abgeschw\u00e4cht wird, dass alle etwas gr\u00f6\u00dferen Zusammenz\u00e4hlungen der Resultate \u2014 m\u00f6gen sie nun vor sich gehen wie in Tabelle X, indem man f\u00fcr jede Versuchsperson alle Zweikl\u00e4nge mit demselben Intervall oder wie in Tabelle XI alle Zweikl\u00e4nge mit derselben H\u00f6he und demselben Intervall hei den verschiedenen Versuchspersonen zusammennimmt \u2014 eine starke Ann\u00e4herung an die Gesetzm\u00e4\u00dfigkeit zeigen, wie man sie in Tabelle XIe ausgedr\u00fcckt sieht, sowie eine entsprechende Abnahme in den Unregelm\u00e4\u00dfigkeiten. Wenn hierzu kommt, dass dieselbe Gesetzm\u00e4\u00dfigkeit auch in den einzelnen Resultaten zur Gen\u00fcge zu erkennen und dass die Berechtigung der vorgenommenen Zusammenz\u00e4hlungen unbestreitbar ist, da es wesentlich gleichartige Gr\u00f6\u00dfen sind, welche zusammengenommen werden, so ist durchaus guter Grund z\u00fc der Annahme vorhanden, dass die Unregelm\u00e4\u00dfigkeiten in den Resultaten in Tabelle XI wirklich Unregelm\u00e4\u00dfigkeiten sind, die dem Auftreten mehr oder weniger zuf\u00e4lliger Factoren zugeschrieben werden m\u00fcssen. Jedoch k\u00f6nnen diese Unregelm\u00e4\u00dfigkeiten in einzelnen Punkten wohl so gro\u00df werden, dass es zweifelhaft sein kann, oh man im Stande ist, die rechte Gesetzm\u00e4\u00dfigkeit in diesen Punkten zu finden. Dies k\u00f6nnte man sich am ehesten z. B. hei der Quarte und Sexte denken.\nWir haben im Vorhergehenden die Resultate unserer Versuche nur mittelst der gefundenen Zahlen darzustellen gesucht, um zu sehen, oh nicht schon diese eine gewisse Gesetzm\u00e4\u00dfigkeit in der Auffassung der verschiedenen Intervalle verrathen sollten. Und wir haben auch wirklich eine solche Gesetzm\u00e4\u00dfigkeit gefunden. Es wird nun unsere n\u00e4chste Aufgabe sein, diese zum Gegenst\u00e4nde einer n\u00e4heren Pr\u00fcfung zu machen und sie namentlich so weit wie m\u00f6glich zu erkl\u00e4ren zu suchen. Denn den Ein wand gegen unsere s\u00e4mmtlichen Versuche, dass","page":225},{"file":"p0226.txt","language":"de","ocr_de":"226\nEjnar Buch.\nsich so viele und so gro\u00dfe und verschiedenartige st\u00f6rende Einfl\u00fcsse sowohl bei dem angewandten Tonmaterial wie in den Beurtheilungen der Versuchspersonen geltend gemacht h\u00e4tten, dass die Resultate vielleicht als ein Spiel von Zuf\u00e4lligkeiten und die Gesetzm\u00e4\u00dfigkeit folglich als ein reiner Schein betrachtet werden m\u00fcssten, \u2014 diesen Einwand m\u00fcssen wir gleich von vornherein als ganz unberechtigt zur\u00fcckweisen. Wir m\u00fcssen im Gegentheil behaupten, dass, wenn die Gesetzm\u00e4\u00dfigkeit trotz der vielen st\u00f6renden Einfl\u00fcsse so deutlich wie in unseren Versuchsresultaten hervortritt, dies gerade ein Beweis daf\u00fcr ist, dass die Factoren, welche diese Gesetzm\u00e4\u00dfigkeit bedingen, sich mit besonderer St\u00e4rke geltend gemacht haben.\nEine ganz andere Frage ist es, oh es nicht einer oder mehrere der Factoren, die wir sonst eher st\u00f6rende Einfl\u00fcsse oder Fehlerquellen nennen w\u00fcrden, sind, die in einer ganz bestimmten Richtung gewirkt und dadurch die Gesetzm\u00e4\u00dfigkeit der Resultate hervorgerufen haben ? Wir sehen uns deshalb gen\u00f6thigt, die wichtigsten \u00bbFehlerquellen\u00ab kurz vorzunehmen und zu sehen, ob sie gerade die Form von Gesetzm\u00e4\u00dfigkeit, welche wir hier gefunden haben, erkl\u00e4ren k\u00f6nnen. Wir k\u00f6nnen folgende nennen: die verschiedene St\u00e4rke der T\u00f6ne; Unreinheiten hei dem einzelnen Klange, wie Zischen oder h\u00f6lzernen Klang oder \u00e4hnliches; schlechte Abstimmung der Intervalle; mehr zuf\u00e4llige Unreinheiten im Zusammenklange, herr\u00fchrend von Unregelm\u00e4\u00dfigkeiten in der Ausstr\u00f6mung der Luft (auf Grund schwachen Schaukelns der Luftglocke oder \u00e4hnlichem) oder von kleinen Ver\u00e4nderungen in dem Ueherdrucke der ausstr\u00f6menden Luft oder von Ver\u00e4nderungen in der Temperatur nach der Abstimmung; die Ungleichzeitigkeit heim Beginne der Intervalle; hei den Zungen zugleich: den m\u00f6glichen Einfluss des erst eingeschohenen Tones auf die Beurtheilung des Intervalles; ferner: M\u00e4ngel in dem Verm\u00f6gen der Versuchspersonen oder ihrer Uebung, die verlangten Beobachtungen anzustellen, indem die Art und Weise, auf welche sie zu den Versuchen geworben waren, in dieser Hinsicht keine Sicherheit gew\u00e4hrte; mehr zuf\u00e4llige Fehlerquellen bei den Versuchspersonen, wie Nichtaufgelegtsein, M\u00fcdigkeit, augenblickliche Unaufmerksamkeit; die Verschiedenheit des suhjectiven Ma\u00dfstahes hei den verschiedenen Beobachtern und seine Ver\u00e4nderlichkeit hei ein und demselben Beobachter, indem man sich z. B. recht wohl eine gr\u00f6\u00dfere Neigung, \u00bb2\u00ab zu schreiben, zu einem Zeitpunkte der","page":226},{"file":"p0227.txt","language":"de","ocr_de":"Ueber die \u00bbVerschmelzung\u00ab von Empfindungen, besonders bei Klangeindr\u00fccken. 227\nVersuche denken k\u00f6nnte als zu einem anderen und besonders an einem Tage als an einem anderen oder gegen\u00fcber der einen Art T\u00f6ne als gegen\u00fcber der anderen; zugleich k\u00f6nnte Gefahr vorhanden sein, dass die beiden Beurtheilungsweisen : Gesammteindr\u00fccke und Analyse, nicht ganz aus einander gehalten w\u00fcrden ; auch k\u00f6nnte man sich bei der Analyse denken, dass man T\u00f6ne zu h\u00f6ren glaubte oder h\u00f6rte, die sich entweder nicht vorfanden, oder die doch ganz schwach waren : z. B. Differenzt\u00f6ne oder Obert\u00f6ne.\nWir wollen damit beginnen, die letztere H\u00e4lfte dieser Fehlerquellen zu betrachten: die subjectiven, diejenigen, die den Beobachtern zuzuschreiben sind. Da ist es denn offenbar, dass der Unterschied in dem Verm\u00f6gen der Versuchspersonen und ihrer Uebung, die verlangten Beobachtungen anzustellen, in besonderem Grade bei den Versuchsresultaten beachtet werden muss. Aber dies haben wir durch die Unterscheidung. zwischen den beiden Typen ja auch gethan und werden sp\u00e4ter wieder darauf zur\u00fcckkommen. Tm Grunde darf dieser Unterschied denn auch nicht als eine Fehlerquelle, sondern als eine der normalen Bedingungen f\u00fcr die Intervallauffassung bezeichnet werden.\nVon den \u00bb\u00fcbrigen\u00ab subjectiven Fehlerquellen ist dagegen zu sagen, dass man durchaus nicht vermuthen kann, dass sie in einer bestimmten Richtung wirken oder namentlich auf ein Intervall mehr Einfluss gewinnen als auf irgend ein anderes. So wird nat\u00fcrlich die Vermengung der beiden Beurtheilungsweisen den Unterschied zwischen den entsprechenden Versuchsreihen weniger ausgepr\u00e4gt machen; aber sie kann den Charakter dieses Unterschiedes, die Richtung, in welcher er verl\u00e4uft, nicht ver\u00e4ndern. Im \u00fcbrigen k\u00f6nnte man hinsichtlich der Ver\u00e4nderlichkeit des subjectiven Ma\u00dfstabes bef\u00fcrchten, dass die St\u00f6rungen in den Beurtheilungsresultaten, welche dadurch verursacht wurden, recht verh\u00e4ngnissvoll werden k\u00f6nnten. Aber dieser Bef\u00fcrchtung wird der Grund benommen, wenn man nur davon ausgehen kann, dass jede Versuchsperson ihren Ma\u00dfstab in jeder Versuchsstunde unver\u00e4ndert erhalten hat. Denn da die vorgelegten Intervalle, sowohl was Gr\u00f6\u00dfe als H\u00f6he anlangt, bis auf unwesentliche Ausnahmen in allen Versuchsstunden dieselben gewesen sind, so kann unter der genannten Voraussetzung die Ver\u00e4nderlichkeit des Ma\u00dfstabes keinen Einfluss auf das Verh\u00e4ltniss zwischen den Anzahlen","page":227},{"file":"p0228.txt","language":"de","ocr_de":"228\nEjnar Buch.\nder Fehler bei den verschiedenen Intervallen gewinnen. Aber freilich m\u00fcssen wir dann in unserer Auslegung der Versuchsresultate das Gewicht mehr auf dieses Verh\u00e4ltniss als auf die absolute Procentzahl f\u00fcr jedes Intervall legen; denn auf diese letztere hat die Ver\u00e4nderlichkeit des Ma\u00dfstabes selbstverst\u00e4ndlich einen wesentlichen Einfluss. Dass diese Vorsichtsma\u00dfregel wirklich nothwendig ist, ersieht man z. B. auch aus einer Erkl\u00e4rung von Fri. J. : dass ihr die Analyse der Intervalle hei den Orgelpfeifen im Grunde leichter fiel als bei den Appunn\u2019schen Zungen, trotzdem sie hei diesen \u00f6fter \u00bb2\u00ab schrieb; aber ihre Urtheile waren bei den Orgelpfeifen sicherer, die Analyse mehr durchgef\u00fchrt. Auch zeigen Herrn E. H.\u2019s Analyseresultate mit ziemlich gro\u00dfer Wahrscheinlichkeit, dass er in seinen Anforderungen an die Vollkommenheit der Analyse am Schl\u00fcsse der Versuche strenger gewesen ist als am Anf\u00e4nge1).\nBei weitem gr\u00f6\u00dfere Schwierigkeiten als die suhjectiven Fehlerquellen bieten die objectiven dar. Eigentlich sind es nur die als \u00bbmehr zuf\u00e4llige Unreinheiten im Zusammenklange\u00ab bezeichneten St\u00f6rungen, die von vornherein f\u00fcr entschieden zuf\u00e4llig erkl\u00e4rt werden k\u00f6nnen, d. h. ohne Wirkungen in bestimmter Richtung, indem sie ebensogut alle Intervalle treffen konnten. Jedoch k\u00f6nnen wir auch ruhig von solchen Unreinheiten hei den einzelnen T\u00f6nen wie Zischen und \u00e4hnlichen absehen, da sie zu unbedeutend waren, eine Rolle zu spielen, oder auch ganz zuf\u00e4llig. Nur bei dem Zusammenklange zwischen den Orgelpfeifen Nr. 7 und Nr. 12 dem Intervalle 45/32 \u2014 fand sich constant ein st\u00e4rkeres Zischen, w\u00e4hrend diese Pfeifen zusammen mit Nr. 1, beziehentlich Nr. 8, nach denen sie abgestimmt waren, gen\u00fcgend rein waren. Dagegen k\u00f6nnen wir die \u00fcbrig bleibenden Fehlerquellen nicht so ohne weiteres ahfertigen: Unterschiede in der St\u00e4rke der T\u00f6ne, Unreinheiten in der Abstimmung, ungleichzeitige Intonation und \u2014 dies nur bei den Appunn\u2019schen Zungen \u2014 den erst eingeschohenen dritten Ton.\nHinsichtlich dieser Fehlerquellen m\u00fcssen wir nun in oberster Reihe geltend machen, dass es in Folge ihrer Natur wohl sehr wahrscheinlich sein kann, dass sie \u2014 zusammen genommen \u2014 Wirkungen in der einen oder anderen bestimmten Richtung geben k\u00f6nnen, d. h.\n1) Siehe Tabelle V der d\u00e4nischen Ausgabe.","page":228},{"file":"p0229.txt","language":"de","ocr_de":"Ueber die \u00bbVerschmelzung\u00ab von Empfindungen, besonders bei Klangeindr\u00fccken. 229\ndass ihre Wirkungen bei den gr\u00f6\u00dferen Zusammenz\u00e4hlungen einander nicht aufheben werden, wie dies mit den zuf\u00e4lligen Fehlem der Fall ist. Aber auf der anderen Seite ist von vornherein keinerlei Grund vorhanden, anzunehmen, dass sie gerade die Form von Gesetzm\u00e4\u00dfigkeit hervorzurufen brauchen, die wir hei unseren Versuchen gefunden haben. Oder mit anderen Worten: haben wir es mit einer einzelnen Versuchsreihe zu thun, so wird es eine reine Zuf\u00e4lligkeit sein, wenn unsere Fehlerquellen in derselben gerade den Einfluss auf die Resultate haben, den wir als Ausdruck f\u00fcr eine bestimmte Gesetzm\u00e4\u00dfigkeit aufgefasst haben; aber sie k\u00f6nnen sicherlich ebensogut diese Wirkung haben wie irgendwelche andere. Jedoch wird gleichwohl aller Grund vorhanden sein, sich lieber nach einer wirklichen Erkl\u00e4rung f\u00fcr die Gesetzm\u00e4\u00dfigkeit umzusehen, als sie so als eine Wirkung von Zuf\u00e4lligkeiten zu betrachten. Haben wir aber zugleich eine zweite Versuchsreihe, angestellt unter Bedingungen, die von denen der ersten gen\u00fcgend verschieden sind, so wird die Wahrscheinlichkeit, dass dieselben \u2014 oder andere \u2014 Fehlerquellen in dieser gerade dieselben Wirkungen wie in der ersten haben sollten, ganz au\u00dferordentlich gering. Oder richtiger gesagt: man muss sehr gewichtige Beweise daf\u00fcr verlangen, dass die Wirkungen in den beide\u00bb Reihen dieselben werden; und wenn diese nicht gegeben werden k\u00f6nnen, so muss man die Erkl\u00e4rung f\u00fcr die gefundene Gesetzm\u00e4\u00dfigkeit auf anderem Wege suchen.\nZwei solche gen\u00fcgend verschiedene Versuchsreihen haben wir aber gerade in unserer Untersuchung: die Versuche mit Orgelpfeifen und die Versuche mit Appunn\u2019schen Zungen. Es ist ganz und gar unwahrscheinlich, dass unsere Fehlerquellen in diesen beiden Versuchsreihen ganz dieselben Wirkungen haben sollten. Nehmen wir z. B. die Ungleichzeitigkeit der Intonation f\u00fcr die beiden T\u00f6ne im Intervalle. Hier soll sicherlich nicht geleugnet werden, dass es sowohl hei den Orgelpfeifen wie bei den Zungen die h\u00f6chsten T\u00f6ne waren, die am sp\u00e4testen in Gang kamen, wie es ja \u00fcberhaupt am nat\u00fcrlichsten ist, dass bei T\u00f6nen, die weit aus einander hegen, der gr\u00f6\u00dfte Unterschied in der Intonationszeit besteht. Insoweit m\u00fcsste also die Fehlerquelle in den beiden Versuchsreihen auf gleiche Weise \"wirken. Aber dieses Verh\u00e4ltniss kann gar nicht gebraucht werden, um die Zunahme an falschen Sch\u00e4tzungen in der Reihenfolge Terz Quinte \u2014 Octave zu erkl\u00e4ren. Und die Ungleichzeitigkeiten, die\nWundt, Philos. Studien. XV.\t,","page":229},{"file":"p0230.txt","language":"de","ocr_de":"230\nEjnar Buch.\nsonst vorgekommen sein k\u00f6nnen, k\u00f6nnen wohl vielleicht einigerma\u00dfen constant im Auftreten bei den Orgelpfeifen f\u00fcr sich und bei den Zungen f\u00fcr sich gewesen sein ; aber es ist keinerlei Grund vorhanden, zu glauben, dass sie f\u00fcr die Orgelpfeifen und f\u00fcr die Zungen dieselben gewesen seien. Ueberhaupt glaube ich nicht, dass diese Fehlerquelle, so wie die Versuche eingerichtet gewesen sind, irgendwelchen nennenswerthen Einfluss gehabt habe. Insonderheit ist es schwer, sich zu denken, wie sie sich hei den Zungenversuchen geltend gemacht haben k\u00f6nne, wo f\u00fcr den Beginn drei T\u00f6ne vorhanden waren. Der Sicherheit wegen pr\u00fcfte ich die Sache sogar in einer Versuchsstunde \u2014 Appunn\u2019sche Zungen, Gesammteindr\u00fccke \u2014, wo der Ueber-druck der ausstr\u00f6menden Luft etwas geringer als gew\u00f6hnlich und die Ungleichzeitigkeit deshalb etwas deutlicher als sonst war; ich merkte mir n\u00e4mlich alle die F\u00e4lle, wo der eine der drei T\u00f6ne so sp\u00e4t nach den beiden anderen kam, dass ich es deutlich h\u00f6ren konnte. Es zeigte sich da, dass der eine der Versuchstheilnehmer unter diesen gemerkten Intervallen 13 Einer und 14 Zweier hatte, der andere 14 Einer und 13 Zweier, w\u00e4hrend sie hei den nicht gemerkten 12 Einer und 21 Zweier, respective 14 Einer und 19 Zweier hatten; und auch bei den Intervallen im, einzelnen sp\u00fcrte man keinen Einfluss der Ungleichzeitigkeit.\nWollte man nun hiernach die Ungleichzeitigkeit der Intonation als Erkl\u00e4rungsgrund hei den Orgelpfeifen aufrecht erhalten, so m\u00fcsste man bei den Zungen eine andere Erkl\u00e4rung finden, z. B. die Einwirkung des eingeschobenen dritten Tones selbst auf das nachfolgende Urtheil. Indess ist nach der Wahl dieses dritten Tones in den einzelnen F\u00e4llen kein Grund vorhanden zu glauben, dass dadurch gerade die Wirkung zum Vorscheine kommen sollte, welche unsere Versuchsresultate zeigen; und wir w\u00fcrden so dem sonderbaren Falle gegen\u00fcberstehen, dass zwei ganz verschiedene Fehlerquellen, von denen keine ihrer Natur nach einen besonderen Grund h\u00e4tte, in einer gegebenen, bestimmten Eichtung zu wirken \u2014 wo also eine solche Wirkung f\u00fcr jede besonders ganz zuf\u00e4llig sein w\u00fcrde \u2014, gleichwohl beide in dieser selben Eichtung wirkten.\nGanz \u00e4hnliche Betrachtungen k\u00f6nnten wir nun auch hinsichtlich der ungleichen St\u00e4rke der T\u00f6ne und der Unreinheiten in der Abstimmung geltend machen: in beiden F\u00e4llen sind die Factoren, die","page":230},{"file":"p0231.txt","language":"de","ocr_de":"Ueber die \u00bbVerschmelzung\u00ab von Empfindungen, besonders bei Klangeindr\u00fccken. 231\nbei den Orgelpfeifen und bei den Zungen die Natur der Fehlerquellen bedingen, so verschieden, dass es sehr sonderbar sein w\u00fcrde, wenn ihre Wirkungen dieselben w\u00e4ren, da sich sonst, soweit wir sehen k\u00f6nnen, kein Grund nachweisen l\u00e4sst, weshalb sie gerade in der Richtung verlaufen sollten, von der hier die Rede ist. Was die Unreinheit der Abstimmung anlangt, so ist sogar zu bemerken, dass sie offenbar keinen Einfluss gewinnen kann, wenn sich consonante und dissonante, reine und unreine Intervalle, z. B. eine Quinte und eine Septime, f\u00fcr die Beurtheilung gleich stellen. Stellen sie sich dagegen verschieden, so kann allerdings eine schlechte Abstimmung die Verschiedenheit vermehren oder vermindern; aber die Gesetzm\u00e4\u00dfigkeit findet sich ja so schon unabh\u00e4ngig von Unreinheiten in der Abstimmung.\nIm \u00fcbrigen ist nicht zu leugnen, dass wir in dem St\u00e4rke- und Abstimmungsverh\u00e4ltniss der T\u00f6ne wirklich einen schwachen Punkt bei unseren Versuchen haben. Auf jeden Fall gilt dies was die Orgelpfeifen anlangt, wo die Beurtheilung dieser Verh\u00e4ltnisse in vielen F\u00e4llen wesentlich auf einem rein pers\u00f6nlichen Erachten beruht, indem \u00e4u\u00dfere Kriterien, wie das Z\u00e4hlen von St\u00f6\u00dfen und \u00e4hnliches, fehlen. Aber was wir hier besonders hervorheben wollen, ist, dass diese unleugbaren M\u00e4ngel bei den Versuchen als Fehlerquellen auf-treten, d. h. Unregelm\u00e4\u00dfigkeiten in den Resultaten hervorrufen, Abweichungen von der sonst gefundenen Gesetzm\u00e4\u00dfigkeit; sie k\u00f6nnen diese nicht selbst verursacht haben. Was die Unreinheiten der Abstimmung betrifft, so ist zudem zur Gen\u00fcge deutlich, dass sie den Resultaten, welche unsere Versuche ergeben haben, gerade entgegenwirken m\u00fcssen. Denn Unreinheit in der Abstimmung merkt man ja, wie bekannt, am leichtesten bei den am meisten consonanten Intervallen, und sie muss darum dazu beitragen, den Unterschied zwischen consonanten und dissonanten Intervallen, den die Versuche zeigen, zu vermindern.\nWir haben im Vorhergehenden zu beweisen gesucht, dass die verschiedenen Factoren, die wir sogleich als Fehlerquellen bezeichne-ten, auch wirklich Fehlerquellen sind. Es ist also keineswegs unsere Meinung, dass diese Factoren keinen Einfluss auf unsere Versuchsresultate gehabt h\u00e4tten, sondern nur, dass sich ihre Wirkungen als Abweichungen von der sonst gefundenen Gesetzm\u00e4\u00dfigkeit \u00e4u\u00dfern\n16*","page":231},{"file":"p0232.txt","language":"de","ocr_de":"232\nEjnar Buch.\nm\u00fcssen \u2014 Abweichungen, die in vielen F\u00e4llen um so mehr verschwinden werden, je mehr Versuche uns hei unseren Zusammenz\u00e4hlungen zur Verf\u00fcgung stehen, die sich aber in anderen F\u00e4llen wohl wie constante Fehler verhalten k\u00f6nnen. \"Wollen wir eine Erkl\u00e4rung f\u00fcr die Gesetzm\u00e4\u00dfigkeit suchen, so k\u00f6nnen wir uns deshalb nicht den genannten Factoren zuwenden, sondern m\u00fcssen versuchen, sie auf anderem Wege zu finden. Aber ehe wir in dem folgenden Abschnitte hierzu \u00fcbergehen, wollen wir noch eine kurze Uebersicht \u00fcber die wichtigsten der Resultate geben, welche unsere Versuche geliefert haben, indem wir uns jedoch wesentlich an die Versuche vom Herbst 1896 und Fr\u00fchjahr 1897 (Tabelle X) als die in jeder Hinsicht vollkommensten halten.\nZuerst kann dann hervorgehoben werden, dass sich bei den Versuchen mit Orgelpfeifen ohne Analyse eine Art umgekehrtes Ver-h\u00e4ltniss in der Beurtheilung von Prime und Octave zeigte: je \u00f6fter die Prime richtig beurtheilt wurde, desto \u00f6fter wurde die Octave falsch beurtheilt, und umgekehrt; ja, die Versuchspersonen, welche alle ihre Primen richtig hatten, hatten sogar zugleich alle oder fast alle Octaven falsch. Dies veranlasste uns zu einer Unterscheidung zwischen zwei Typen in der Beurtheilung: den einen mit entschiedener Neigung, die Prime richtig und die Octave falsch zu beurtheilen, den anderen ohne ausgepr\u00e4gte Neigung in irgend einer dieser Richtungen. Als den am meisten entwickelten Repr\u00e4sentanten des ersten Typus stellten wir Herrn Th. (s. Tabelle IV) auf, mit allen Octaven falsch und sonst \u2014 bei allen \u00fcbrigen Intervallen: Prime, Quinte u. s.w. \u2014 nur einem einzigen Fehler.\nDer Unterschied zwischen den beiden Typen zeigte sich nun auch in anderen Punkten. F\u00fcrs erste kann bemerkt werden, dass sich die so zu sagen unbedingte Neigung des ersten Typus, falsch zu urtheilen, au\u00dfer bei der Octave nur bei der Duodecime, sonst aber bei keinem Intervalle fand; Octave und Duodecime nahmen somit eine recht vereinzelte Stellung ein. Im \u00fcbrigen zeichnete sich der erste Typus dadurch aus, dass die Quinte der Octave durchgehends am n\u00e4chsten stand, was die Anzahl der Fehler anlangte, und dass sich eine merkliche Abnahme in der Zahl der Fehler von der Quinte \u00fcber die Terz zur Secunde und wiederum ein Steigen von der Secunde zur Septime fand. Dieses Verh\u00e4ltniss war bei dem zweiten Typus auf jeden Fall","page":232},{"file":"p0233.txt","language":"de","ocr_de":"Ueber die \u00bbVerschmelzung\u00ab von Empfindungen, besonders bei Klangeindr\u00fccken. 233\nnur gerade noch zu sp\u00fcren, der sich im \u00fcbrigen im ganzen mehr dadurch auszeichnete, dass ihm die Eigenth\u00fcmlichkeiten des ersten Typus fehlten, als dadurch, dass er selbst ein gemeinschaftliches Sondergepr\u00e4ge besa\u00df.\nHinsichtlich der Quarte und Sexte und der Intervalle 45/32 und 8/5 ergaben die Versuche nur recht unsichere Resultate; jedoch schienen sie bei dem ersten Typus in der Anzahl der Fehler am ehesten zwischen der Quinte und Terz zu stehen.\nGehen wir danach zu den Versuchen mit Appunn\u2019schen Zungen ohne Analyse \u00fcber, so kann hervorgehoben werden, dass wir auch hier die beiden verschiedenen Typen in der Beurtheilung, mit durchg\u00e4ngig denselben Eigenth\u00fcmlichkeiten wie bei den Orgelpfeifenversuchen, fanden. Und es zeigte sich sogar, dass der Unterschied in der Beurtheilung der verschiedenen Intervalle bei dem ersten Typus hier mehr ausgepr\u00e4gt war, und namentlich, dass sich eine gr\u00f6\u00dfere Regelm\u00e4\u00dfigkeit in der Beurtheilung vorfand. So kann erw\u00e4hnt werden, dass die richtige Sch\u00e4tzung der Primen und die falsche Sch\u00e4tzung der Octaven und Duodecimen hier noch unbedingter waren als bei den Orgelpfeifen; dass die Sexte und Quarte hier eine bestimmte Stellung zwischen den \u00fcbrigen Intervallen einnahmen; dass Herr J.\n\u2014\tgleich wie Fri. L. in der ersten Versuchsreihe (Tabelle IV c) \u2014 hier entschieden zu dem ersten Typus geh\u00f6rte, w\u00e4hrend er bei den Orgelpfeifenversuchen eher zu dem zweiten geh\u00f6rte ; und endlich, dass die wenigen vereinzelten Fehler bei den \u00bbt\u00fcchtigeren\u00ab Versuchspersonen bei den Orgelpfeifen \u00fcber alle Intervalle vertheilt sind, sich bei den Appunn\u2019schen Zungen aber auf die am meisten \u00bbconsonanten\u00ab Intervalle beschr\u00e4nken.\nAber neben der so hervorgehobenen wesentlichen Gleichheit in den Versuchsresultaten bei Orgelpfeifen und Appunn\u2019schen Zungen fand sich auch \u2014 sowohl bei dem ersten wie bei dem zweiten Typus\n\u2014\tein bestimmter Unterschied, indem die Septime und die Intervalle 45/32 und 8/5 bei den Zungen mit einer sehr geringen Anzahl falscher Sch\u00e4tzungen auftraten \u2014 ungef\u00e4hr wie die Secunde \u2014, w\u00e4hrend sie bei den Orgelpfeifen eine weit gr\u00f6\u00dfere Zahl hatten. .\nHinsichtlich der Versuche ohne Analyse kann nur noch bemerkt werden, dass die bestimmteren Resultate, welche die erste Versuchsreihe \u2014 vom Herbst 1895 \u2014 ergab, in vollem Ma\u00dfe mit denen der","page":233},{"file":"p0234.txt","language":"de","ocr_de":"234\nEjnar Buch.\nzweiten Reihe \u00fcbereinstimmten. Ein kleines Resultat von Interesse fanden wir allein in der ersten Reihe : dass die Uehung die Versuchs-theilnehmer des ersten Typus mehr und mehr ihrem meist entwickelten Repr\u00e4sentanten, Herrn Th., nahe brachte.\nWir wenden uns darnach den Analyse versuchen zu, wo wir den einzigen Theilnehmer des zweiten Typus gut au\u00dfer Betracht lassen k\u00f6nnen, da seine Versuche theils von geringerer Bedeutung sind, theils in voller Uehereinstimmung mit dem Hauptresultate der \u00fcbrigen stehen. Hinsichtlich dieser kann denn zuerst bemerkt werden, dass die Neigung, Octave und Duodecime falsch zu beurtheilen, weder hei Orgelpfeifen noch bei Appunn\u2019schen Zungen v\u00f6llig so ausgepr\u00e4gt war wie fr\u00fcher und ebenso wenig so einzeln dastehend im Vergleiche mit dem Verh\u00e4ltnisse gegen\u00fcber anderen Intervallen. Hinsichtlich der \u00fcbrigen Intervalle zeigte eine G-esammtaufz\u00e4hlung f\u00fcr alle vier Versuchstheil-nehmer unter Eins einen bestimmten Gegensatz zu den Resultaten der Versuche ohne Analyse, indem wir bei den Orgelpfeifen eine einigerma\u00dfen gleichm\u00e4\u00dfige Verkeilung der Fehler \u00fcber alle Intervalle mit Ausnahme der Secunde, die sogar mit besonders vielen Fehlern auftrat, und zugleich der Sexte fanden, w\u00e4hrend wir hei den Appunn\u2019schen Zungen sogar eine Steigung in der Zahl der Fehler in der Richtung Quinte, Sexte-Quarte, Terz, Secunde und wiederum ein Fallen von Secunde zu Septime hatten \u2014 also gerade das Entgegengesetzte von dem, was wir bei den Versuchen ohne Analyse (s. Tabelle XI e) gefunden hatten. Am gr\u00f6\u00dften war der Gegensatz nat\u00fcrlich f\u00fcr die Secunde, die hei den Versuchen ohne Analyse mit einer sehr geringen Anzahl Fehler dastand \u2014 bei den Orgelpfeifen sogar am niedrigsten in der Reihe \u2014, bei den Analyseversuchen aber au\u00dferordentlich viele und zudem bei weitem die meisten falschen Sch\u00e4tzungen aufwies.\nAber auch hei den einzelnen Theilnehmem tritt der Gegensatz zu den Versuchen ohne Analyse bestimmt hervor. So kann hervorgehoben werden, dass die Herren E. H. und R. H. P., die bei den Versuchen ohne Analyse einen ausgepr\u00e4gten Unterschied in der Be-urtheilung der verschiedenen Intervalle zeigten, bei den Analyseversuchen mit Orgelpfeifen ihre Fehler \u00fcber alle Intervalle so ziemlich gleichm\u00e4\u00dfig vertheilt hatten, nur dass Herr R. H. P. noch eine ver-h\u00e4ltnissm\u00e4\u00dfig starke Neigung, die Quinte falsch zu beurtheilen, bewahrt","page":234},{"file":"p0235.txt","language":"de","ocr_de":"Ueber die \u00bbVerschmelzung\u00ab von Empfindungen, besonders bei Klangeindr\u00fccken. 235\nhatte. Und hei den Analyseversuchen mit Appunn\u2019schen Zungen erhielt Herr E. H. entschieden die umgekehrte Reihenfolge der Intervalle, nach der Anzahl der Fehler geordnet und mit der Reihenfolge bei den Versuchen ohne Analyse verglichen, w\u00e4hrend Herr R. H. P. seine Fehler allerdings noch am ehesten \u00fcber die Intervalle gleichm\u00e4\u00dfig vertheilt, aber doch auf jeden Fall seine besondere Neigung, die Quinte falsch zu heurtheilen, verloren hatte. Von den anderen beiden Theilnehmern an den Analyseversuchen hatte Fri. J. bei den Orgelpfeifen die fr\u00fchere Reihenfolge noch in geringem Grade bewahrt\n__ die Secunde jedoch in hohem Grade ausgenommen \u2014 ; bei den\nAppunn\u2019schen Zungen aber wurde die Reihenfolge umgekehrt, trotzdem das Verh\u00e4ltniss auch hier nicht sonderlich ausgepr\u00e4gt war. Endlich hatte Herr S. sowohl bei Orgelpfeifen wie Zungen eine bedeutende Steigung in der Anzahl der Fehler von Quinte \u00fcber Terz zu Secunde, zeigte aber im \u00fcbrigen mehrere auffallend gro\u00dfe \u2014 \u00bbUnregelm\u00e4\u00dfigkeiten\u00ab, wie wir es am liebsten nennen w\u00fcrden. Diese Unregelm\u00e4\u00dfigkeiten fanden sich besonders bei der Sexte und dem Intervalle 8/5 \u2014 was das letztere anlangt jedoch nur bei den Zungenversuchen. Auch sonst kamen nat\u00fcrlich bei den Analyseversuchen \u00bbUnregelm\u00e4\u00dfigkeiten\u00ab vor, ohne dass sie sich jedoch so bestimmt wie die eben genannten nachweisen lie\u00dfen.\nDies sind also in K\u00fcrze die allgemeineren Resultate unserer Versuche. Im \u00fcbrigen haben wir in diesem Abschnitte die Unregelm\u00e4\u00dfigkeiten in den Resultaten besprochen, welche hervortraten, wenn die Aufz\u00e4hlung mehr in die Einzelheiten gef\u00fchrt wurde, und die sich insonderheit bei der Quarte und Sexte sowie bei den Intervallen 45/32 und s/6 fanden. Und endlich haben wir zu beweisen gesucht, dass verschiedene als Fehlerquellen bezeichnete Factoren zur Erkl\u00e4rung der allgemeineren Resultate kaum Gen\u00fcge leisten w\u00fcrden, wohl aber vielleicht zur Erkl\u00e4rung der Unregelm\u00e4\u00dfigkeiten in diesen. Die allgemeinere Erkl\u00e4rung zu suchen, bleibt uns also noch \u00fcbrig.\nc. Beitr\u00e4ge zur Erkl\u00e4rung \u00bbeigener Versuche\u00ab.\nDie Frage, welche wir im Folgenden zu beantworten suchen wollen, ist also: wie sollen wir die Gesetzm\u00e4\u00dfigkeit in unseren Versuchsresultaten, die wir im Vorhergehenden nachgewiesen haben, erkl\u00e4ren ?","page":235},{"file":"p0236.txt","language":"de","ocr_de":"236\nEjnar Buch.\nW o wir die Beantwortung dieser Frage am ehesten suchen werden, dar\u00fcber kann wohl kaum ein Zweifel bestehen. Wir wollen in dieser Hinsicht nur daran erinnern, was wir bereits fr\u00fcher hervorgehoben haben: dass man bei zusammengesetzten Versuchen am besten \u00fcber die Wirkungen der einzelnen Factoren ins Beine gelangt, indem man die Versuchshedingungen jede f\u00fcr sich \u00e4ndert und untersucht, welche Ver\u00e4nderungen in den Resultaten jede Aenderung hervorruft. Diejenigen Punkte, wo wir in unseren Versuchen die wichtigsten Aenderungen in den Versuchshedingungen haben, sind nun: die Versuchspersonen, die Intervalle, die Tongeher und die Beurtheilungs-weisen. Auf diese Punkte muss sich unsere Untersuchung darum vor allen Dingen richten.\nWir beginnen also mit den Versuchspersonen. Die Frage ist hier, ob man davon ausgehen kann, dass die suhjectiven Bedingungen bei diesen wesentlich gleich gewesen sind, so dass alle Resultate unter ein und demselben Gesichtspunkte betrachtet werden k\u00f6nnen, oder oh jede einzelne Versuchsperson neue Bedingungen einf\u00fchrt und darum f\u00fcr sich betrachtet werden muss. In Wirklichkeit haben wir diese Frage schon beantwortet, indem wir nachgewiesen haben, dass die Versuchsresultate hei einem Theile der Theilnehmer gerade einen so gleichartigen Charakter hatten, dass man sagen musste, es sei durchaus guter Grund zu der Annahme vorhanden, dass es dieselben Factoren seien, die hei ihnen allen, wenn auch in verschiedenem Grade, hei der Hervorrufung dieser Resultate wirksam gewesen seien. Deshalb haben wir uns denn auch f\u00fcr berechtigt angesehen, alle diese Versuchspersonen \u2014 d. h. den ersten Typus \u2014 unter Fins zusammengefasst zu behandeln, haben aber in diesem Zusammenh\u00e4nge nat\u00fcrlich alle die anderen ausgeschlossen. Die Resultate dieser gehen im \u00fcbrigen in einigen Punkten in derselben Richtung wie die jener, lassen aber sonst keine bestimmte Gesetzm\u00e4\u00dfigkeit erkennen, weshalb wir uns im Folgenden, wenn nichts anderes bemerkt wird, auch allein an den ersten Typus halten.\nWir k\u00f6nnten jedoch noch die Frage aufwerfen: worauf beruht eigentlich der eigenth\u00fcmliche Unterschied zwischen den beiden Typen von Versuchspersonen? Und hier kann denn kein Zweifel dar\u00fcber herrschen, dass der erste Typus einen vorgeschritteneren Standpunkt in der Tonauffassung bezeichnet, der die geh\u00f6rten Intervalle nach","page":236},{"file":"p0237.txt","language":"de","ocr_de":"Ueber die \u00bbVerschmelzung\u00ab von Empfindungen, besonders bei Klangeindr\u00fccken. 237\nihren Besonderheiten zu unterscheiden und zu sch\u00e4tzen versteht, w\u00e4hrend der andere Typus einen eigentlichen Ma\u00dfstab f\u00fcr die Be-urtheilung zu entbehren und sich meist von Zuf\u00e4lligkeiten leiten zu lassen scheint. Auf dies letztere deutet hin, was wir schon fr\u00fcher hervorgehoben haben: dass sich der zweite Typus mehr durch seine Abweichungen von dem ersten als durch eine eigene Regelm\u00e4\u00dfigkeit auszeichnet, und dass er durchschnittlich ungef\u00e4hr dieselben Resultate f\u00fcr alle Intervalle ergibt, ausgenommen vielleicht die meist \u00bbharmonischen\u00ab und \u00bbdisharmonischen\u00ab. In derselben Richtung zeigen aber auch die eigenen Aussagen der Versuchspersonen. Von den Theil-nehmem an der zweiten Hauptreihe \u2014 1896\u201497 \u2014 erkl\u00e4rt sich so Dr. A. L. selbst f\u00fcr \u00bbentschieden unmusikalisch\u00ab; er hat \u00bbvon seiner fr\u00fchesten Jugend an entschiedenen Widerwillen dagegen gehegt, Musik zu h\u00f6ren\u00ab, u. s. w. Dagegen betrachten sich Fri. J. und die Herren S., R. H. P. und E. H. als am ehesten musikalisch oder doch \u00bbnicht ganz unmusikalisch\u00ab ; sie haben Musik gern, einige von ihnen haben sogar ein wenig gespielt u. s. w. In Uebereinstimmung hiermit standen auch die Aussagen von den Theilnehmern an der ersten Hauptreihe, \u2014 vergl. die fr\u00fcher angef\u00fchrte Aussage des Herrn Th.\nWir begehen darum kaum einen Fehler, wenn wir den zweiten Typus als den entschieden unmusikalischen bezeichnen, w\u00e4hrend der erste gr\u00f6\u00dfere oder geringere Ann\u00e4herungen an das Musikalische umfasst. Dass, wie wir gesehen haben, der Uebergang zwischen den beiden keineswegs pl\u00f6tzlich ist, kann uns denn auch nicht Wunder nehmen.\nBetreffs der Aenderungen in den Versuchsbedingungen, die auf der Verschiedenartigkeit der Versuchspersonen beruhen, kommen wir also noch ziemlich leicht davon, indem wir uns allein an die Versuchspersonen des musikalischen Typus halten und davon ausgehen, dass diese, soweit es bei unseren Versuchen eine Rolle spielt, von Natur wesentlich gleichartig und nur im Entwickelungsgrade etwas verschieden sind.\nDie Bedeutung der Aenderungen in den anderen drei Punkten erkennen wir am besten, wenn wir uns die Aenderungen in jeder Gruppe von Bedingungen f\u00fcr sich vorgenommen denken, w\u00e4hrend die beiden anderen gleichzeitig unver\u00e4ndert gehalten werden. Wir wollen damit beginnen, zu untersuchen, welche Rolle die Art des Intervalles","page":237},{"file":"p0238.txt","language":"de","ocr_de":"238\nEjnar Buch.\nspielen muss, wenn wir als Tongeber Appunn\u2019sche Zungen brauchen und den Gesammteindruck f\u00fcr die Abgabe des Urtheiles \u00bb1\u00ab oder \u00bb2\u00ab bestimmend sein lassen. Zuvor jedoch ganz im allgemeinen ein paar Worte \u00fcber die Art und Weise, auf welche die Auffassung eines Intervalles bei den Versuchen mit Gesammteindr\u00fccken zu Stande kommt! Diese Auffassung ist wohl am ehesten als eine Auffassung durch Associationen (s. fr\u00fcher) zu betrachten, wo Vergleichungen als Regel nur ganz fl\u00fcchtig und in verwischter, halbbewusster Gestalt Vorkommen. Denn es ist kaum wahrscheinlich, dass ausgepr\u00e4gte und klar bewusste Vergleichungen sehr oft stattgefunden haben, was auch aus den eigenen Aussagen der Theil-nehmer hervorzugehen scheint, wenn sie auf die ausdr\u00fcckliche Frage nach dem Verfahren bei der Beurtheilung \u00bbnach dem unmittelbaren Eindruck\u00ab geurtheilt zu haben erkl\u00e4ren, ohne im Uebrigen n\u00e4her auf die Frage einzugehen. Unter allen Umst\u00e4nden muss es indess die gr\u00f6\u00dfere oder geringere Gleichheit des neuen Klangeindruckes mit fr\u00fcheren Klangeindr\u00fccken, von denen bereits eine gewisse Auffassung sich gebildet hat, sein, was f\u00fcr das Urtheil, f\u00fcr die Auffassung bestimmend wird. Und nat\u00fcrlich werden nach dem Beginne einer Versuchsreihe sehr bald die \u00fcbrigen Intervalle von derselben Versuchsreihe unwillk\u00fcrlich die \u00bbVergleichungs\u00ab- Glieder f\u00fcr das im Augenblicke vorgelegte werden; doch d\u00fcrften sich auch andere Klangerfahrungen dauernd geltend machen, da die Beobachter keine besondere Kenntniss der einzelnen Kl\u00e4nge des ben\u00fctzten Tongebers hatten, sie nicht einzeln zu h\u00f6ren bekamen, mit der Kenntniss, dass nur Einer vorhanden war.\nWie weit nun der Klangeindruck bei den Appunn\u2019schen Zungen als einzeln oder doppelt aufgef\u00fchrt werden wird, das muss nat\u00fcrlich von der Zusammensetzung des Intervalles abh\u00e4ngen, und da besonders von seiner Zusammensetzung im Verh\u00e4ltnis zu der des einzelnen Klanges, der Prime. Bei den Appunn\u2019schen Zungen ist dieser letztere ja schon stark zusammengesetzt. Nach Helmholtz finden sich so bei schwingenden Zungen ohne Resonanzrohr alle Obert\u00f6ne bis zum 16.\u201420., womit es auch stimmt, dass man bei einer Appunn-schen Zunge mit 64 Schwingungen den 16. Theilton mit H\u00fclfe eines einfachen Blechresonators mit Leichtigkeit h\u00f6rt. Diesem nahe kommen denn sicher auch die bei unseren Versuchen ben\u00fctzten Zungen.","page":238},{"file":"p0239.txt","language":"de","ocr_de":"Ueber die \u00bbVerschmelzung\u00ab von Empfindungen, besonders bei Klangeindr\u00fccken. 239\nUntenstehende Tabelle zeigt die Zusammensetzung der verschiedenen Intervalle bei den Appunn\u2019schen Zungen, indem sich jedes Intervall mit den Theilt\u00f6nen beider Ein-Kl\u00e4nge bis hinauf zum 6. (mitgerechnet) aufgef\u00fchrt findet; der Grundton in dem niedrigsten Klange ist durchg\u00e4ngig 1 genannt, und die beiden Grundt\u00f6ne sowohl wie die gemeinschaftlichen Theilt\u00f6ne sind unterstrichen.\nV.\t1\t2\t3\t4\t5\t6\t\t\t\t\t\t\nVi\t1\t2\t3\t4\t5\t6\t8\t10-\t12\t\t\t\n3/i\t1\t2\t3\t4\t5\t6\t9\t12\t15\t18\t\t\n3/2\t1\t*k\t2\t3\t4\tB/2\t5\t6-\tI5/2\t- 9\t\t\n5/2\t1\t2\t%\t3\t4\t5\t6 -\tKh\t10\t*/2\t.. 15\t\n4/3\t1\t*h\t2\t8/3\t3\t4\t5\t,e/3\t0\t20/3\t- 8\t\n\"/\u00ab\t1\t%\t2\t3\t\u201cVs\t4\t5\t6\t2%\t*/3\t- 10\t\n5A\t1\t5A\t2\tio/4\t3\t15/4\t4\t5\t6\t25/4\t-3%\t\n15/s\t1\t\t2\t3\t\u00a3%\t4\t5\t45/s\t6\t\u00ab%\t-75/s\t\u2022 \u00ae/b\n%\t1\t%\t2\t\u00ae/8\t3\t27/s\t4\t36/s\t5\t45/s\t6\tM/8\n17/l2\t1\tlVl2\t2\t34/l2\t3\t4\t6,/l2\t5\t68/12\t6 .\t85/l2 \u2022\t102/l2\n%\t1\t\t2\t3\t16/5\t4\t24/5\t5\t6\t32/5\t- 8 -\t*/5\nBei der Frage, einen wie einfachen oder zusammengesetzten Eindruck diese verschiedenen Intervalle im Vergleiche mit der Prime machen, sind nun mehrere Dinge in Betracht zu ziehen. Zun\u00e4chst nat\u00fcrlich die Anzahl der T\u00f6ne im Intervalle. Hier begegnen wir denn sofort der bekannten Theilung der Intervalle nach ihrer gr\u00f6\u00dferen oder geringeren Consonanz. Zuerst haben wir die absolut consonanten Intervalle: die Octave und die Duodecime, die gar keine neuen Theilt\u00f6ne hinzuf\u00fcgen, ausgenommen oben in der H\u00f6he, wo die Ohert\u00f6ne des niedrigsten Grundtones verschwinden. Darnach kommen die theilweise consonanten Intervalle, von denen die Quinte nicht nur an erster Stelle steht, sondern sogar eine besonders vorgeschobene Stellung einnimmt, wogegen die anderen vier: die Decime, Quarte, Sexte und Terz, zu derselben Gruppe gerechnet werden m\u00fcssen. Zum Schl\u00fcsse kommen dann die Dissonanzen: kleine Sexte (%),","page":239},{"file":"p0240.txt","language":"de","ocr_de":"240\nEjnar Buch.\nSecunde, Septime und Triton, von denen die erste jedoch vielleicht kaum ganz zu den Dissonanzen gerechnet werden darf.\nAu\u00dfer auf die Anzahl der Theilt\u00f6ne m\u00fcssen wir jedoch auch auf ihre St\u00e4rke R\u00fccksicht nehmen. Beim Klange der einzelnen Zunge k\u00f6nnen wir wohl einigerma\u00dfen davon ausgehen, dass die St\u00e4rke der Theilt\u00f6ne gleichm\u00e4\u00dfig mit ihrer. H\u00f6he abnimmt. Die Duodecime wird von der Prime etwas mehr ahweichen als die Octave, hei der zudem der Differenzton der beiden Grundt\u00f6ne den niedrigsten von ihnen verst\u00e4rken wird. Bei allen den \u00fcbrigen Intervallen wird zu dem alten Grundtone ein ganz neuer ebenso starker kommen, wodurch also der Sprung zwischen ihnen und der Prime, der Octave und der Duodecime noch unbedingter werden wird, als wenn wir nur auf die Anzahl der Theilt\u00f6ne R\u00fccksicht n\u00e4hmen. F\u00fcr den Grad von Consonanz, den wir diesen \u00fcbrigen Intervallen jedem f\u00fcr sich beilegen sollen, m\u00fcssen die Nummern der gemeinschaftlichen Obert\u00f6ne in der Reihe \u2014 also ihre St\u00e4rke \u2014 von Bedeutung sein. Die Quinte wird dadurch noch mehr von den \u00fcbrigen vier consonanten Intervallen entfernt, die sich nun in der oben angegebenen Reihenfolge ordnen werden, w\u00e4hrend das eine eigentlich keinen Vorsprung vor dem anderen hatte, solange wir nur auf die Anzahl der Theilt\u00f6ne R\u00fccksicht nahmen.\nEin anderer Umstand, der hei den verschiedenen Intervallen eine verschiedene Rolle spielen und so den Unterschied zwischen ihnen vermehren \u2014 oder vermindern \u2014 kann, ist der: dass Theilt\u00f6ne, die gen\u00fcgend nahe bei einander liegen, schnellere oder langsamere St\u00f6\u00dfe hervorbringen und dadurch den Klang rauh oder schnarrend machen werden. Ungl\u00fccklicherweise herrscht nun zwischen den Untersuchern dieses Verh\u00e4ltnisses bei weitem keine Einigkeit dar\u00fcber, wie nahe zwei T\u00f6ne bei einander liegen sollen, damit St\u00f6\u00dfe zwischen ihnen sollen geh\u00f6rt werden k\u00f6nnen. Helmholtz f\u00fchrt so 132 St\u00f6\u00dfe in der Secunde als die h\u00f6chste Grenze an, innerhalb welcher der Eindruck seinen intermittirenden Charakter hat1), w\u00e4hrend Stumpf die Grenze erst bei 4\u2014500 St\u00f6\u00dfen in der Secunde zieht2). Im Gegens\u00e4tze zu beiden behauptet Wundt, dass man nur 60 h\u00f6ren k\u00f6nne, und vermuthet, dass Helmholtz und Stumpf f\u00fcr St\u00f6\u00dfe genommen\n1)\t\u00bbTonempfindungen\u00ab, V. Ausg., 1896, S. 285; a. auch S. 296.\n2)\t\u00bbTonpsychologie\u00ab II, S. 461 f.","page":240},{"file":"p0241.txt","language":"de","ocr_de":"Ueber die \u00bbVerschmelzung\u00ab von Empfindungen, besonders bei Klangeindr\u00fccken. 241\nhaben, was in Wirklichkeit disharmonisches Verh\u00e4ltnis zwischen den T\u00f6nen war1). Aber hiergegen k\u00f6nnte man dann freilich geltend machen, dass Wundt von disharmonischem Verh\u00e4ltnisse spreche, wo wir es in Wirklichkeit mit St\u00f6\u00dfen zu thun haben. Und es wird so wohl hoffnungslos sein, die Frage auf diesem Wege zu l\u00f6sen suchen zu wollen. Bei weitem eher wird man dies durch Versuche wie die A. M. Mayer\u2019s \u00fcber die Intermittenz eines einzelnen Tones erreichen k\u00f6nnen. Und unleugbar kommt es mir vor, als ob diese, die Wundt selbst anf\u00fchrt2), weit eher Stumpf\u2019s Auffassung best\u00e4tigten als Wundt\u2019s eigene. Man darf ja n\u00e4mlich nicht vergessen, dass Stumpf\u2019s 400 St\u00f6\u00dfe bei einer weit gr\u00f6\u00dferen absoluten Schwingungszahl f\u00fcr die zusammenwirkenden T\u00f6ne geh\u00f6rt worden sind, als irgend einer der anderen angewendet hat.\nWir werden uns also hier am ehesten an Stumpf anschlie\u00dfen. Oder richtiger gesagt: wir sind am ehesten geneigt, Stumpf Recht zu geben, m\u00fcssen aber doch einr\u00e4umen, dass die Sache noch nicht gen\u00fcgend untersucht ist; gleichwohl werden wir uns in unserem Sprach-gebrauche bis auf weiteres ganz auf den Stumpf\u2019sehen Standpunkt stellen, da wir \u2014 was sp\u00e4ter n\u00e4her begr\u00fcndet werden soll \u2014 den Begriff Disharmonie schon hier nur ungern einf\u00fchren m\u00f6chten. Aber wir r\u00e4umen also ein, dass das, was wir hier St\u00f6\u00dfe nennen, sich bei einer n\u00e4heren Untersuchung in vielen F\u00e4llen recht wohl als Disharmonie oder vielleicht sogar etwas anderes erweisen kann. Die Thatsache selbst: dass zwei T\u00f6ne, die einander gen\u00fcgend nahe liegen, einen unangenehmen knarrenden, schnarrenden und schneidenden Laut geben, ist unter allen Umst\u00e4nden zur Gen\u00fcge gewiss.\nBetrachten wir danach unsere verschiedenen Intervalle, so zeigt es sich, dass sich schon die Prime durch ihren ziemlich rauhen und schnarrenden Klang auszeichnet, was wir also St\u00f6\u00dfen zwischen den h\u00f6heren Obert\u00f6nen zuschreiben \u2014 \u00bbden h\u00f6heren\u00ab, weil die St\u00f6\u00dfe, bis auf die niedrigsten Octaven, nach \u00fcbereinstimmenden Zeugnissen nicht bei Intervallen Vorkommen, die wesentlich \u00fcber eine Secunde binausgehen. Bei all den \u00fcbrigen Intervallen werden dagegen St\u00f6\u00dfe zwischen Theilt\u00f6nen zum Vorschein kommen, die den Grundt\u00f6nen\n1)\t\u00bb Grundz\u00fcge der physiol. Psychologie\u00ab, 4. Aufl., 1893, I, S. 469 f.\n2)\t\u00bbPhysiologische Psychologie\u00ab, 1893, I, S. 473 f.","page":241},{"file":"p0242.txt","language":"de","ocr_de":"242\nEjnar Buch.\nweit n\u00e4her, in den meisten F\u00e4llen sogar zwischen mehreren Paaren Theilt\u00f6nen liegen. Wir begn\u00fcgen uns damit, die F\u00e4lle anzuf\u00fchren, wo beide Theilt\u00f6ne, die zusammen St\u00f6\u00dfe gehen, zu den ersten sechs Theilt\u00f6nen bei je ihrem Klange geh\u00f6ren. Welche Bedeutung diese St\u00f6\u00dfe nun f\u00fcr den gesammten Klang erlangen, h\u00e4ngt theils von der Anzahl der sto\u00dfgehenden kleinen Intervalle innerhalb jedes Hauptintervalles ab, theils von ihrer St\u00e4rke, d. h. den Nummern der beiden sto\u00dfgehenden Theilt\u00f6ne in der Reihe, theils von ihrer Gr\u00f6\u00dfe, d. h. der Anzahl St\u00f6\u00dfe, die sie in jeder Secunde geben. Bei der Sexte wird so der Theilton Nr. 3 des niedrigsten Klanges St\u00f6\u00dfe zusammen mit dem Theilt\u00f6ne Nr. 2 des h\u00f6chsten Klanges geben, und die Gr\u00f6\u00dfe des sto\u00dfgehenden Intervalles ist 10/9; au\u00dferdem wird der Theilton Nr. 6 St\u00f6\u00dfe mit dem Theilt\u00f6ne Nr. 4 gehen. In Uehereinstimmung hiermit ist die untenstehende Tabelle gebildet, indem die erste senkrechte Beihe die Gr\u00f6\u00dfe der Hauptintervalle enth\u00e4lt, die zweite Reihe die Anzahl sto\u00dfgehender Intervalle f\u00fcr jedes Hauptintervall, die dritte Reihe die Nummern der Theilt\u00f6ne f\u00fcr das niedrigste der sto\u00dfgebenden Intervalle, die vierte Reihe die Gr\u00f6\u00dfe dieses Intervalles und die f\u00fcnfte Reihe endlich die Anzahl St\u00f6\u00dfe bei diesem Intervall, wenn die Schwingungszahl des niedrigsten Grundtones auf 300 gesetzt wird. Die Decime ist ausgelassen, da sie, wie man leicht sieht, innerhalb der gew\u00e4hlten Grenzen keine St\u00f6\u00dfe gibt (s. \u00fcbrigens die Tabelle auf S. 239).\n%\t2\tNr. 4\tund\t3\tVs\t150\n4/\u00e4\t4\tNr. 3\tund\t2\tVs\t100\nVs\t2\tNr. 3\tund\t2\t\u201c/\u25a0\t100\n6/4\t2\tNr. 4\tund\t3\t10/l5\t75\nlVs\t4\tNr. 2\tund\t1\t10/l5\t37\u2018/i\n9/s\t8\tNr. 1\tund\t1\tVs\t371/2\n17/l2\t3\tNr. 3\tund\t2\t18/l7\t50\nVs\t3\tNr. 3\tund\t2\t16/l5\t60\nDie Unterstreichungen bedeuten, dass ein anderes Paar Theilt\u00f6ne dieselbe Anzahl St\u00f6\u00dfe gibt wie das niedrigste.","page":242},{"file":"p0243.txt","language":"de","ocr_de":"Ueber die \u00bbVerschmelzung\u00ab von Empfindungen, besonders bei Klangeindr\u00fccken. 243\nHinsichtlich der Schl\u00fcsse, die wir aus dieser Tabelle ziehen k\u00f6nnen, besteht nun die Schwierigkeit, dass sowohl die St\u00e4rke der sto\u00dfgebenden Theilt\u00f6ne wie die Anzahl der St\u00f6\u00dfe f\u00fcr den Charakter des Klangeindruckes eine Rolle spielen muss, ohne dass es nat\u00fcrlich m\u00f6glich ist, diese Einfl\u00fcsse gegen einander ahzuw\u00e4gen. Ja, es herrscht nicht einmal v\u00f6llige Einigkeit dar\u00fcber, welche Anzahl St\u00f6\u00dfe die gr\u00f6\u00dfte Rauhigkeit, Schnarren \u2014 oder wie man es nun nennen will \u2014 ergibt. Denn w\u00e4hrend Helmholtz1) und Wundt2) diese Anzahl auf 30 bis 40 in der Secunde ansetzen, veranschlagt A. M. Mayer sie hei seinen kurz zuvor erw\u00e4hnten Versuchen auf durchschnittlich 4/10 der Anzahl St\u00f6\u00dfe, welche die oberste der Grenzen bezeichnet, innerhalb welcher St\u00f6\u00dfe \u00fcberhaupt als St\u00f6\u00dfe wahrgenommen werden k\u00f6nnen3). Vielleicht hat Mayer\u2019s Annahme die gr\u00f6\u00dfte Wahrscheinlichkeit f\u00fcr sich, wenn man in Betracht zieht, wor\u00fcber alle einig zu sein scheinen, dass die genannte oberste Grenze f\u00fcr die Wahrnehmbarkeit der St\u00f6\u00dfe desto h\u00f6her liegt, je gr\u00f6\u00dfer die Schwingungszahl der sto\u00dfgehenden T\u00f6ne ist.\nSoviel muss man indess unter allen Umst\u00e4nden aus der Tabelle schlie\u00dfen k\u00f6nnen, dass Quinte, Terz, kleine Sexte, Triton, Septime und Secunde in dieser Reihenfolge auf gestellt werden k\u00f6nnen, nach gr\u00f6\u00dferer und gr\u00f6\u00dferer \u00bbRauhigkeit\u00ab im Klange geordnet. Schwieriger dagegen ist es, die Stellung der gro\u00dfen Sexte und der Quarte zu bestimmen. Denn w\u00e4hrend z. B. ihr erstes sto\u00dfgehendes Paar Theilt\u00f6ne offenbar st\u00e4rker ist als das entsprechende der Terz, muss daf\u00fcr die Anzahl St\u00f6\u00dfe hei dieser aller Wahrscheinlichkeit nach der Zahl bei weitem n\u00e4her liegen, welche die gr\u00f6\u00dfte Rauhigkeit ergibt. Auch k\u00f6nnte man wohl denken, dass die Quarte auf Grund ihrer ver-h\u00e4ltnissm\u00e4\u00dfig vielen sto\u00dfgehenden kleinen Intervalle ganz hinunter in die N\u00e4he der Septime r\u00fcckte, gerade hei einem Tongeher mit so vielen und starken Obert\u00f6nen wie die Appunn\u2019sche Zunge. Aber etwas Bestimmtes l\u00e4sst sich in dieser Hinsicht nat\u00fcrlich nicht sagen. Dagegen kann wohl kein Zweifel dar\u00fcber herrschen, dass die Sexte der Quinte n\u00e4her gestellt werden muss als die Quarte \u2014 nat\u00fcrlich best\u00e4ndig, wenn wir nur auf die Rauhigkeit des Klanges R\u00fccksicht nehmen.\n1) \u00bbTonempfindungen\u00ab, 1896, S. 285.\t2) \u00bbPhys. Psych.\u00ab, 1893, I, S. 469.\n3) \u00bbAmerican Journal of Sciences and Arts\u00ab. 1874, S. 246.","page":243},{"file":"p0244.txt","language":"de","ocr_de":"244\nEjnar Buch.\nIn Verbindung mit den St\u00f6\u00dfen zwischen den verschiedenen Theil-t\u00f6nen in den Intervallen k\u00f6nnen wir auch die Combinations- und besonders die Differenzt\u00f6ne nennen. Jedoch ist es kaum wahrscheinlich, dass sie hier, bei der gro\u00dfen Tonmasse der Appunn\u2019schen Zungen, irgendwelche Rolle von Bedeutung werden spielen k\u00f6nnen.\nDagegen ist es ein anderes Verh\u00e4ltniss, das wir nicht unerw\u00e4hnt lassen k\u00f6nnen: der Einfluss, den die Gr\u00f6\u00dfe des Intervalles oder, deutlicher, der Abstand der Grundt\u00f6ne auf die Auffassung wird haben k\u00f6nnen. Es ist nun nicht so ganz leicht, von vornherein etwas Bestimmtes \u00fcber die Richtung dieses Einflusses zu sagen. Man k\u00f6nnte geltend machen, dass sich die T\u00f6ne in den kleinen Intervallen leichter zu einem Gesammt-Eindruck vereinigen, w\u00e4hrend sie in den gro\u00dfen ebenso leicht sozusagen unwillk\u00fcrlich auseinander fallen; aber umgekehrt w\u00fcrde dann in ersterem Falle der Eindruck voller werden\n\u2014\tim Vergleiche mit dem Eindr\u00fccke der Prime \u2014, w\u00e4hrend man sich im letzteren gut denken k\u00f6nnte, dass der eine Klang im Intervalle fast ganz ohne Wirkung auf das Bewusstsein bliebe. Ein Vergleich mit den Verh\u00e4ltnissen beim Gesichtssinne wird vielleicht am besten beleuchten, was hiermit gemeint ist: zwei Punkte \u2014 oder Flecken \u2014 im Gesichtsfelde, die ganz nahe bei einander liegen, werden, wenn die Einstellung des Auges nicht fein genug ist, leicht zusammen nur ein Gesichtsbild bilden ; aber dieses gewinnt dann auch eine gr\u00f6\u00dfere scheinbare Ausdehnung, als jeder Punkt f\u00fcr sich ergeben w\u00fcrde. Liegen die Punkte dagegen weit aus einander, so werden sie entweder jeder f\u00fcr sich aufgefasst werden, also als zwei Punkte, oder der eine wird vielleicht gar nicht bemerkt werden, weil der andere den Blick festh\u00e4lt, \u2014 welches letztere offenbar unm\u00f6glich ist, wenn die Punkte ganz nahe bei einander liegen.\nOb nun Klangeindr\u00fccke in der genannten Hinsicht wirklich mit Gesichtseindr\u00fccken, verglichen werden k\u00f6nnen, dar\u00fcber wagen wir uns nicht bestimmt auszusprechen; aber undenkbar ist es wohl nicht\n\u2014\tum so mehr, als das Verh\u00e4ltniss der Aufmerksamkeit im ganzen es wohl wahrscheinlich machen k\u00f6nnte. Wir k\u00f6nnen darum hinsichtlich des Einflusses auf die Auffassung eines Intervalles, den der Abstand der Grundt\u00f6ne haben k\u00f6nnte, nur so viel sagen: dass es sehr wahrscheinlich sein kann, dass er sich in vielen F\u00e4llen findet, dass es sich aber von vornherein nicht entscheiden l\u00e4sst, welche Richtung","page":244},{"file":"p0245.txt","language":"de","ocr_de":"Ueber die \u00bbVerschmelzung\u00ab von Empfindungen, besonders bei Klangeindr\u00fccken. 245\ner einschlagen, ob er das Urtheil \u00bb1\u00ab oder \u00bb2\u00ab beg\u00fcnstigen wird; ja, wahrscheinlich wird er sogar bald die eine, bald die andere Richtung einschlagen k\u00f6nnen und so gewisserma\u00dfen als Fehlerquelle auf treten. Dagegen kann man sich nat\u00fcrlich denken, dass die Versuche selbst uns Fingerzeige \u00fcber diesen Einfluss und seine Richtung geben k\u00f6nnten.\nNoch einen Umstand m\u00fcssen wir bei dieser Untersuchung der verschiedenen Natur der Intervalle erw\u00e4hnen: das harmonische \u2014 oder disharmonische \u2014 Verh\u00e4ltnis zwischen den Theilt\u00f6nen im Intervalle. Hier stehen wir indessen vor der Schwierigkeit, dass wir wohl im allgemeinen sagen k\u00f6nnen, ob ein gegebenes Intervall harmonisch oder disharmonisch ist ; was aber eigentlich unter Harmonie oder Disharmonie verstanden werden soll, oder worauf sie beruhen, dar\u00fcber findet sich in der Psychologie keine sichere Auffassung. Helmholtz zufolge sind sie ja, wie bekannt, ausschlie\u00dflich durch die Factoren bedingt, die wir schon besprochen haben, und zwar namentlich durch die St\u00f6\u00dfe zwischen den Theilt\u00f6nen. In diesem Falle w\u00fcrden wir es also hier gar nicht mit einer neuen Eigenschaft an den Intervallen zu thun haben. Aber Helmholtz\u2019 Auffassung kann freilich keineswegs f\u00fcr bewiesen angesehen werden. Ebenso wenig k\u00f6nnen wir von der Richtigkeit von Wundt\u2019s Definition von Harmonie und Disharmonie ausgehen, da dieselbe allzu genau mit musiktheoretischen Anschauungen zusammenh\u00e4ngt, die vielleicht richtig sein k\u00f6nnen, auf jeden Fall aber hinreichender Begr\u00fcndung entbehren. Und am allerwenigsten k\u00f6nnen wir auf dieser Stufe unserer Untersuchung Stumpf\u2019s Verschmelzung als eine L\u00f6sung der Frage betrachten. Wenn sich aber die Verh\u00e4ltnisse so stellen, so k\u00f6nnen wir unm\u00f6glich mit der Harmonie oder Disharmonie der Theilt\u00f6ne als einem bekannten Factor rechnen. Wir ziehen es deshalb bis auf weiteres vor, sie ganz au\u00dfer Betracht zu lassen, und versuchen zuerst, wie weit wir in unserer Erkl\u00e4rung mit den Factoren gelangen k\u00f6nnen, mit denen wir mit Sicherheit rechnen k\u00f6nnen. Dabei werden wir auch \u2014 durch die M\u00e4ngel unserer Erkl\u00e4rung \u2014 weit eher Aussicht haben, auf Verh\u00e4ltnisse aufmerksam zu werden, die f\u00fcr unsere Auffassung des Harmoniebegriffes Bedeutung gewinnen k\u00f6nnen.\nVon den betrachteten Factoren lassen sich also nur aus dem Oonsonanz- oder Dissonanzverh\u00e4ltnisse sowie aus den St\u00f6\u00dfen zwischen\nWundt. Philos. Studien. XV.\n17","page":245},{"file":"p0246.txt","language":"de","ocr_de":"246\nEjnar Buch.\nden Theilt\u00f6nen bestimmte Schl\u00fcsse hinsichtlich der gr\u00f6\u00dferen oder geringeren Gleichheit jedes einzelnen Intervalles mit der Prime ziehen. Fassen wir die Wirkungen der beiden Factoren unter Eins zusammen, so werden die Schl\u00fcsse diese: f\u00fcrs erste schlie\u00dfen sich Octave und Duodecime in allen Beziehungen ganz eng an die Prime an, so dass der Unterschied zwischen ihnen h\u00f6chstens als ein Gradunterschied betrachtet werden kann, w\u00e4hrend hei all den \u00fcbrigen Intervallen etwas wesentlich Neues hinzukommt, n\u00e4mlich theils eine Menge neuer Theilt\u00f6ne, von denen einer ebenso stark ist wie der st\u00e4rkste der alten, theils St\u00f6\u00dfe zwischen den Theilt\u00f6nen in den beiden Kl\u00e4ngen, die sich sowohl auf Grund ihrer Anzahl wie ihrer St\u00e4rke hei weitem mehr geltend machen m\u00fcssen als die der Prime. Yon diesen \u00fcbrigen Intervallen stellen beide betrachtete Factoren die Quinte, Terz und Secunde in diese Ordnung, mit steigendem Unterschiede von der Prime und mit nicht geringem Unterschiede unter einander. Der Secunde nahe kommt in beiden Hinsichten die Septime, ebenso der Triton, der wohl nicht so gro\u00dfe \u00bbRauhigkeit\u00ab besitzt, daf\u00fcr aber als das dissonanteste der Intervalle bezeichnet werden muss; etwas mehr als diese n\u00e4hert sich die kleine Sexte (s/5) der Terz, steht aber doch entschieden unter dieser. Uebrig haben wir so noch die Decime, die wir au\u00dfer Betracht lassen (s. S. 218), sowie die Sexte \u2014 oder die gro\u00dfe Sexte \u2014 und die Quarte. Diese beiden stehen einander nahe sowohl in Consonanz wie in Rauhigkeit; jedoch l\u00e4sst sich nicht sagen, welche von ihnen zu oberst steht, da die Quarte wohl consonanter, aber zugleich rauher als die Sexte ist. Auch ihre Stellung zu den \u00fcbrigen Intervallen l\u00e4sst sich nicht mit voller Sicherheit bestimmen; jedoch stehen sie auf jeden Fall unter der Quinte und aller Wahrscheinlichkeit nach zugleich \u00fcber der kleinen Sexte, so dass es am ehesten allein ihre Stellung zur Terz ist, die ein wenig unbestimmbar ist.\nSo viel k\u00f6nnen wir also mit Sicherheit \u00fcber die gr\u00f6\u00dfere oder geringere Gleichheit der verschiedenen Intervalle mit der Prime sagen. Den Einfluss der \u00fcbrigen Factoren auf die Beurtheilung der Intervalle m\u00fcssen wir dagegen, wie hervorgehoben, bis auf weiteres dahingestellt sein lassen.","page":246},{"file":"p0247.txt","language":"de","ocr_de":"Ueber die \u00bbVerschmelzung\u00ab von Empfindungen, besonders bei Klangeindr\u00fccken. 247\nWir wenden uns danach der anderen Art Tongeber zu: den Orgelpfeifen, um bei ihnen den Unterschied zwischen den Intervallen zu untersuchen, wenn das Urtheil nach dem Gesammteindrucke gef\u00e4llt werden soll. Wir sehen denn sofort, dass hier weder Oonsonanz und Dissonanz noch St\u00f6\u00dfe zwischen den Theilt\u00f6nen in Betracht kommen k\u00f6nnen, ausgenommen ganz ausnahmsweise. Bei den Orgelpfeifen enth\u00e4lt der einzelne Klang n\u00e4mlich nur die Theilt\u00f6ne 1, 3 und 5, und beide Obert\u00f6ne, besonders der h\u00f6chste, sind sehr schwach. Die Duodecime ist deshalb das einzige Intervall, hei dem von Oonsonanz gesprochen werden kann. Auch von St\u00f6\u00dfen zwischen den Theilt\u00f6nen kann keine Bede sein, ausgenommen was die Secunde anlangt. Aber bei dieser sind sie dann daf\u00fcr auch so stark wie nur m\u00f6glich, da sie von den Grundt\u00f6nen selbst hervorgebracht werden. Man muss denn aus diesem Grunde hei der Secunde eine weit gr\u00f6\u00dfere Anzahl richtiger Urtheile erwarten als bei irgend einem der anderen Intervalle.\nDie \u00fcbrigen Factoren m\u00fcssen nat\u00fcrlich hier bei den Orgelpfeifen einen verh\u00e4ltnissm\u00e4\u00dfig gr\u00f6\u00dferen Einfluss gewinnen k\u00f6nnen, weil so wesentliche Factoren wie Oonsonanz und St\u00f6\u00dfe fortfallen. Im \u00fcbrigen aber sind wir nat\u00fcrlich hier ebenso wenig wie bei den Appunn\u2019schen Zungen im Stande, von vornherein zu entscheiden, welche Biclitungen diese Einfl\u00fcsse einschlagen oder in einem wie hohen Grade sie sich geltend machen m\u00fcssen. Dass bei den Orgelpfeifen neue Factoren auftreten sollten, die wir bei den Appunn\u2019schen Zungen nicht gefunden haben, ist kein Grund vorhanden anzunehmen. Jedoch k\u00f6nnten wir in diesem Zusammenh\u00e4nge vielleicht an die Differenzt\u00f6ne erinnern, die hier nat\u00fcrlich viel leichter zu h\u00f6ren sind als bei den Zungen. Indess sind sie theils gleichwohl ziemlich schwach, theils ist nicht ausgemacht, dass sie in einer bestimmten Bichtung wirken k\u00f6nnen, da z. B. die Quinte wohl nur einen Differenzton hatte, w\u00e4hrend man hei der Quarte und der Terz mehrere sp\u00fcren konnte ; aber daf\u00fcr war der der Quinte auch um so leichter zu h\u00f6ren, namentlich weil er niemals ganz gleichm\u00e4\u00dfig war.\nAlles in allem k\u00f6nnen wir so bei Orgelpfeifenversuchen mit Ge-sammteindr\u00fccken nicht von vornherein mit Sicherheit einen bestimmten Unterschied in der Beurtheilung der verschiedenen Intervalle erwarten nur was die Secunde anlangt, m\u00fcssen wir eine bedeutend gr\u00f6\u00dfere Anzahl richtiger Urtheile erwarten als sonst.","page":247},{"file":"p0248.txt","language":"de","ocr_de":"248\nEjnar Buch.\nWir gehen danach zu den Analyseversuchen \u00fcber. Die Frage ist hier zun\u00e4chst: wie haben sich die Versuchspersonen bei der Analyse angestellt? Die schriftlichen Beantwortungen dieser Frage von Seiten der Versuchspersonen sprechen sich im wesentlichen nur recht unbestimmt und allgemein aus: die Analyse hat Anstrengung gekostet u. s. w.; jedoch sagt sowohl Herr S. wie Herr E. H., dass sie zuerst den niedrigsten Ton gesucht haben, wie auch Fri. J. in ihrem Streben, die T\u00f6ne von einander zu trennen, meist den niedrigsten Ton zuerst geh\u00f6rt zu haben meint. Im \u00fcbrigen m\u00fcssen wir f\u00fcr die Beantwortung der Frage auf unsere eigenen fr\u00fcheren Beobachtungen \u00fcber die Analyse (s. besonders S. 51\u201452) verweisen, wo man auch eine Erwiderung auf die Einw\u00e4nde finden wird, welche gegen die M\u00f6glichkeit der Analyse unter den hier gegebenen Verh\u00e4ltnissen erhoben werden k\u00f6nnten.\nWas nun insonderheit die Appunn\u2019schen Zungen betrifft, so sieht man leicht, dass die Consonanz der Kl\u00e4nge und die St\u00f6\u00dfe zwischen den Theilt\u00f6nen hier gerade die entgegengesetzte Wirkung von der haben m\u00fcssen, welche sie bei den Versuchen ohne Analyse hatten. Denn je zusammengesetzter ein Intervall ist, je mehr schnarrende und st\u00f6rende Nebenlaute es enth\u00e4lt, desto schwieriger wird nat\u00fcrlich die Analyse.\nAuch die Gr\u00f6\u00dfe des Intervalles, der Abstand der Grundt\u00f6ne, kann denkbar Einfluss auf die Leichtigkeit der Analyse haben. Man k\u00f6nnte hier geneigt sein, zu sagen : je gr\u00f6\u00dferer Abstand, desto leichtere Analyse. Es w\u00fcrde indess sehr \u00fcbereilt sein, ohne weiteres von der Richtigkeit dieser Annahme auszugehen. Denn allerdings k\u00f6nnen die beiden T\u00f6ne, die von einander getrennt werden sollen, einander so nahe liegen, dass die Unterscheidungsgrenze kaum \u00fcberschritten wird ; und die Analyse wird in diesem Falle nat\u00fcrlich schwieriger sein. Aber allem nach zu urtheilen ist dies bei unseren Versuchen kaum der Fall mit irgend einem der Intervalle \u2014 h\u00f6chstens mit der Secunde; denn es ist durchaus nicht zu vergessen, dass die Theilnehmer an den Analyseversuchen, bis auf Dr. A. L., auf jeden Fall keineswegs ganz unmusikalisch waren, wie auch einige wenige Versuche, die ich mit ihnen vornahm, zeigten, dass sie mit Leichtigkeit zwei T\u00f6ne unterschieden, die auf einander folgten, selbst wenn ihr Abstand geringer als eine Secunde war. Aber sobald die Unterscheidungsgrenze","page":248},{"file":"p0249.txt","language":"de","ocr_de":"Ueber die \u00bbVerschmelzung\u00ab von Empfindungen, besonders bei Klangeindr\u00fccken. 249\nhinreichend \u00fcberschritten ist, die T\u00f6ne also leicht von einander zu unterscheiden sind, ist es keineswegs ausgemacht, dass die Analyse leichter wird, wenn der Abstand der T\u00f6ne gr\u00f6\u00dfer wird. Im Gegen-theil, man k\u00f6nnte auch geltend machen, dass der Ton, welcher demjenigen nahe liegt, der zuerst aus der Tonmasse getrennt wird, leichter zu erfassen sein muss als der fernere, weil die Aufmerksamkeit am ehesten damit beginnen wird, in der N\u00e4he ihres ersten Haltepunktes zu suchen, gleich wie einem z. B. beim Gesichtssinne leichter die Gegenst\u00e4nde ins Auge fallen, die in der N\u00e4he des beobachteten Punktes liegen, als die ferneren \u2014 wenn nur die Unterscheidungsgrenze entschieden \u00fcberschritten ist. Und ich kann nicht leugnen, dass ich in Wirklichkeit am ehesten geneigt hin, mich dieser letzteren Beobachtungsweise anzuschlie\u00dfen. Aber da kaum von vornherein eine bestimmte Entscheidung zwischen den beiden Auffassungen getroffen werden kann, so wird es wohl das Richtigste sein, es dahingestellt zu lassen, in welcher Richtung der Abstand der T\u00f6ne auf die Analyse einwirken wird, \u2014 wahrscheinlich wird dies bald in der einen, bald in der anderen Richtung geschehen k\u00f6nnen.\nAu\u00dfer den genannten rein objectiven Eigenschaften an den Intervallen ist es nat\u00fcrlich m\u00f6glich, dass sich auch andere finden, die sich einer Analyse gegen\u00fcber verschieden werden stellen k\u00f6nnen; so vielleicht Unterschiede in der \u00bbHarmonie\u00ab oder, wie Stumpf meint, im Verschmelzungsgrade. Aber hier\u00fcber k\u00f6nnen wir ja von vornherein gar nichts sagen. Dagegen sehen wir uns gen\u00f6thigt, bei den Analyseversuchen auch darauf R\u00fccksicht zu nehmen, dass die subjectiven Bedingungen f\u00fcr die Analyse bei ein und demselben Beobachter den verschiedenen Intervallen gegen\u00fcber recht wohl verschieden sein k\u00f6nnen. Wie wir fr\u00fcher gesehen haben, h\u00e4ngt n\u00e4mlich die F\u00e4higkeit zu analysiren in hohem Grade von fr\u00fcherer Uebung ab, theils blo\u00df \u00fcberhaupt von der Uebung, auf dem betreffenden Gebiete Beobachtungen anzustellen, theils besonders von der Uebung im Analysiren; aber man kann sich ja sehr wohl denken, dass diese Uebung f\u00fcr einige Intervalle gr\u00f6\u00dfer sein kann als f\u00fcr andere. Ja, wir k\u00f6nnen gut einen Schritt weiter gehen und es als sehr wahrscheinlich bezeichnen, dass die Uebung wirklich f\u00fcr die in der Musik h\u00e4ufig vorkommenden Intervalle \u2014 die \u00bbharmonischen\u00ab \u2014 gr\u00f6\u00dfer ist als f\u00fcr die \u00fcbrigen, \u2014 ob die beiden T\u00f6ne im Intervalle nun gleichzeitig oder unmittelbar nach","page":249},{"file":"p0250.txt","language":"de","ocr_de":"250\nEjnar Buch.\neinander aufgetreten sind. Hiernach m\u00fcssten also Terz, Quinte, Quarte leichter zu analysiren sein als kleine Sexte, Triton, Septime \u2014 die Terz sicherlich am leichtesten, weil sie sich der Beobachtung sicher am h\u00e4ufigsten darbietet und zugleich, nach zahlreichen \u00fcbereinstimmenden Zeugnissen, das wohlklingendste Intervall ist.\nOb nun unsere Versuchspersonen so viel musikalische Erfahrung besessen haben, dass der Unterschied in der Uebung gegen\u00fcber den verschiedenen Intervallen einen Einfluss auf die Versuchsresultate hat gewinnen k\u00f6nnen, l\u00e4sst sich selbstverst\u00e4ndlich nicht ohne weiteres entscheiden; aber ausgeschlossen ist es keineswegs.\nSoweit wir die Verh\u00e4ltnisse bei den Analyseversuchen mit Ap-punn\u2019schen Zungen von vornherein \u00fcbersehen k\u00f6hnen, m\u00fcssen wir also erwarten, dass die Reihenfolge der Intervalle die umgekehrte von dem wird, was wir hei den Versuchen ohne Analyse fanden; auch der Unterschied der Uebung gegen\u00fcber den verschiedenen Intervallen muss ja wesentlich in dieser Richtung wirken. Eine eigentliche Sonderstellung f\u00fcr Octave und Duodecime zu erwarten, ist durchaus kein Grund vorhanden ; aber als die am wenigsten zusammengesetzten und reinsten Intervalle sollten sie nat\u00fcrlich zuerst in der Reihe kommen : mit der geringsten Anzahl falscher Sch\u00e4tzungen.\nBetrachten wir endlich die Analyseversuche mit Orgelpfeifen, so sehen wir leicht, dass der Unterschied der Uebung gegen\u00fcber den verschiedenen Intervallen die einzige voraussichtliche Ursache zu einem Unterschiede in der Beurtheilung der Intervalle ist, \u2014 mit Ausnahme jedoch der Secunde, wo vielleicht die Kleinheit des Intervalles, auf jeden Fall aber die St\u00f6\u00dfe zwischen den beiden Grundt\u00f6nen eine ver-h\u00e4ltnissm\u00e4\u00dfig gro\u00dfe Anzahl Fehler verursachen werden.\nBevor wir die vorhergehende Untersuchung verlassen, m\u00fcssen wir jedoch die Aufmerksamkeit noch darauf hinlenken, was wir schon fr\u00fcher ber\u00fchrt haben: dass die beiden Beurtheilungsweisen nicht immer vom Beobachter auseinander gehalten werden k\u00f6nnen, und dass dies nat\u00fcrlich dazu beitragen muss, den Unterschied zwischen den Resultaten hei den Versuchen mit und ohne Analyse zu vermindern. Bei den Versuchen mit Gesammteindr\u00fccken wird es so unm\u00f6glich sein, die rein unwillk\u00fcrliche Analyse des Intervalles zu verhindern, die sich bei sehr ge\u00fcbten Beobachtern oft augenblicklich meldet, w\u00e4hrend sie hei weniger ge\u00fcbten nat\u00fcrlich wohl hin und","page":250},{"file":"p0251.txt","language":"de","ocr_de":"Ueber die \u00bbVerschmelzung\u00bb von Empfindungen, besonders bei Klangeindr\u00fccken. 251\nwieder Vorkommen kann. Und bei den Versuchen mit Analyse muss es nothwendiger Weise st\u00f6rend und verz\u00f6gernd auf die Analyse einwirken, wenn der erste Gesammteindruck entschieden das Urtheil \u00bb 1 \u00ab ergeben w\u00fcrde, selbst wenn man auch vorweg wei\u00df, dass zwei T\u00f6ne vorhanden sind.\nWir haben im Vorhergehenden untersucht, welche Vorstellungen wir uns von vornherein von dem Ausf\u00e4lle machen k\u00f6nnten, den die Beurtheilung der verschiedenen Intervalle bei den verschiedenen Ton-gebem und Beurtheilungsweisen finden w\u00fcrde; und wir haben theils gewisse Bedingungen bei der Beurtheilung hervorgehoben, die uns berechtigen mussten, ganz bestimmte Schl\u00fcsse hinsichtlich der Versuchsresultate zu ziehen, theils uns \u00fcber andere Bedingungen ausgesprochen, deren Einfluss wir mehr ins Ungewisse dahingestellt sein lassen mussten. Im Folgenden wollen wir nun pr\u00fcfen, wie weit sich unsere Versuchsresultate wirklich mit H\u00fclfe der betrachteten Bedingungen erkl\u00e4ren lassen1).\nWir wollen mit den Analyseversuchen beginnen. Sehen wir hier bis auf weiteres ab von Octave und Duodecime, so ist nicht in Abrede zu stellen, dass die Versuchsresultate in allem Wesentlichen in bester Uebereinstimmung mit dem stehen, was die Con-sonanzverh\u00e4ltnisse der verschiedenen Intervalle und St\u00f6\u00dfe zwischen den Theilt\u00f6nen sowie verschiedener Uebungsgrad wahrscheinlich machten. Allerdings finden sich mehrere Abweichungen hiervon. Aber die wichtigste dieser: Herrn B. H. P.\u2019s gesammtes Verhalten, findet leicht ihre Erkl\u00e4rung in dem st\u00f6renden Einfl\u00fcsse des unmittelbaren Gesammteindruckes. Dies wird auch durch Herrn R. H. P.\u2019s eigene Aussagen best\u00e4tigt, die \u2014- wohl zu merken \u2014 ohne Veranlassung von meiner Seite gethan wurden: den 15. I. 97 \u2014 d. h. nach den ersten Analyseversuchen mit Appunn\u2019schen Zungen2) \u2014 \u00e4u\u00dferte er so, dass er sich bei den \u00bbdisharmonischen\u00ab Intervallen jedenfalls von der Disharmonie habe verleiten lassen, \u00bb2\u00ab zu schreiben, trotz mangelhafter Analyse; und ein folgendes Mal, den 21. I. 97,\n1)\tVergl. in dieser Hinsicht besonders die vorhergehenden Untersuchungen dieses Abschnittes mit dem Schl\u00fcsse des vorigen Abschnittes sowie die Tabellen Xa\u2014d und XI e.\n2)\tund nach mehreren Analyseversuchsstunden mit Orgelpfeifen.","page":251},{"file":"p0252.txt","language":"de","ocr_de":"252\nEjnar Buch.\nsah er ein, dass er oft \u00bb1\u00ab geschrieben hatte, wo zwei T\u00f6ne vorhanden waren, die in besonders \u00bbharmonischem\u00ab Verh\u00e4ltnisse zu einander standen: nun konnte er wohl h\u00f6ren, dass es zwei waren, und fand die harmonischen Intervalle nicht schwieriger zu analysiren als die anderen, ausgenommen vielleicht in einigen wenigen F\u00e4llen. Wirklich findet sich auch zu dem genannten Zeitpunkte ein Umschlag in seiner Beurtheilung, besonders derjenigen der Quinte1).\nAuch die \u00fcbrigen Abweichungen von der erwarteten Hegel deuten in keiner Weise auf das Vorhandensein constanter, nachweisbarer Bedingungen hin, die wir hei unseren fr\u00fcheren Untersuchungen nicht mit in Betracht gezogen h\u00e4tten; und sie m\u00fcssen deshalb am ehesten als zuf\u00e4llige Unregelm\u00e4\u00dfigkeiten aufgefasst werden. Ein so besonderes Analysirungsverm\u00f6gen gegen\u00fcber einem einzelnen Intervalle, wie es sich bei Herrn S. gegen\u00fcber der Sexte findet, ist denn in Wirklichkeit auch keineswegs undenkbar und kann sehr wohl rein zuf\u00e4lligen Umst\u00e4nden zuzuschreihen sein.\nEin Einfluss der Gr\u00f6\u00dfe des Intervalles auf die Leichtigkeit der Analyse l\u00e4sst sich dem Vorhergehenden zu Folge offenbar nicht nachweisen. Nat\u00fcrlich ist damit jedoch nicht gesagt, dass es ihn nicht g\u00e4be; aber er muss sich in diesem Falle unter den anderen Einfl\u00fcssen verbergen. Besonders wahrscheinlich ist er \u00fcbrigens nicht.\nSoviel geht also auf jeden Fall aus unseren Analyseversuchen \u2014 die Octave und Duodecime jedoch best\u00e4ndig ausgenommen \u2014 hervor: dass sie nicht den geringsten Anhaltspunkt f\u00fcr eine Annahme wie die Stumpf\u2019s geben: dass sich ein Unterschied in dem Verschmelzungsgrade der verschiedenen Intervalle \u00fcber den hinaus finden solle, den wir auf Grund unserer Kenntniss der Besonderheiten der Intervalle und der allgemeinen Bedingungen f\u00fcr die Ausf\u00fchrung einer Analyse erwarten mussten. Und dies berechtigt uns offenbar zu dem Schl\u00fcsse : dass sich ein solcher Unterschied im Verschmelzungsgrade \u00fcberhaupt gar nicht findet; denn sonst m\u00fcsste er sich nothwendigerweise hei unseren Versuchen geltend machen.\nWir haben jedoch noch die Octave und Duodecime \u00fcbrig, f\u00fcr die sich die Verh\u00e4ltnisse etwas weniger klar stellen. Und die Schwierigkeiten werden theils dadurch vermehrt, dass die Anzahl\n1) Siehe Tabelle Yltb der d\u00e4nischen Ausgabe.","page":252},{"file":"p0253.txt","language":"de","ocr_de":"Ueber die \u00bbVerschmelzung\u00ab von Empfindungen, besonders bei Klangeindr\u00fccken. 253\nder Versuche bei diesen Intervallen verh\u00e4ltnissm\u00e4\u00dfig gering ist, theils dadurch, dass die Intervalle, besonders bei den Orgelpfeifen, oft ziemlich unrein waren. Es kann nun nicht geleugnet werden, dass wirklich ein Umstand vorhanden ist, der f\u00fcr einen besonders hohen Grad von Verschmelzung hei diesen Intervallen sprechen k\u00f6nnte, insonderheit die gro\u00dfe Anzahl Fehler hei Herrn S. und Fri. J. bei den Appunn\u2019schen Zungen, wo die Abstimmung ja am reinsten war: dass ihre Fehlerzahl bei den Orgelpfeifen ein gut Tlieil geringer ist, k\u00f6nnte man ja dann durch die gr\u00f6\u00dfere Unreinheit der Intervalle hei diesem Tongeber erkl\u00e4ren. Auf der anderen Seite stimmen Herrn E. H.\u2019s Resultate sowohl hei Orgelpfeifen wie bei Appunn\u2019schen Zungen au\u00dferordentlich gut mit den Berechnungen; und die des Herrn R. H. P. lassen sich wohl durch die bei ihm besonders ausgepr\u00e4gte Neigung erkl\u00e4ren, sich durch den unmittelbaren Gesammteindruck st\u00f6ren zu lassen. Die Frage ist dann, oh sich nicht Herrn S.\u2019 und Frl. V.\u2019s Resultate auf dieselbe Weise erkl\u00e4ren lassen; aber dies hat-freilich seine Schwierigkeiten theils in dem sehr gro\u00dfen Unterschiede in der Beurtheilung von Octave und Duodecime auf der einen Seite und den \u00fcbrigen Intervallen auf der anderen bei den Appunn\u2019schen Zungen, theils darin, dass sich Octave und Duodecime hei den Orgelpfeifen eigentlich nicht sonderlich von den \u00fcbrigen Intervallen unterscheiden sollten, was den Gesammteindruck anlangt.\nAlles in Allem wagen wir uns deshalb nicht mit Bestimmtheit dar\u00fcber auszusprechen, wie weit unsere Analyseversuche auf einen besonders hohen Verschmelzungsgrad bei Octave und Duodecime hindeuten oder nicht, \u2014 namentlich auch auf Grund der geringen Anzahl der Versuche und der Unreinheit der Intervalle.\nGehen wir darnach zu den Versuchen ohne Analyse \u00fcber, so f\u00e4llt sofort in die Augen, dass die Resultate der Versuche mit Appunn\u2019schen Zungen so gut mit denen \u00fcbereinstimmen, die wir allein in Hinsicht auf Oonsonanzverh\u00e4ltnisse und St\u00f6\u00dfe zwischen den Theilt\u00f6nen durch Berechnung fanden (s. S. 246), dass es uns am ehesten \u00fcberraschen muss, die Uebereinstimmung so gro\u00df zu finden, trotzdem dass die Beobachter ja in Versuchen dieser Art, ja \u00fcberhaupt in psychophysischen Versuchen ganz unge\u00fcbt waren. Da die gro\u00dfe Sexte und Quarte zwischen Quinte und Terz stehen, die Quarte","page":253},{"file":"p0254.txt","language":"de","ocr_de":"254\nEjnar Buch.\nder Quinte am n\u00e4chsten, so sehen wir zugleich, dass die St\u00f6\u00dfe zwischen den Theilt\u00f6nen nicht so gro\u00dfen Einfluss wie das Consonanz-verh\u00e4ltniss gehabt haben, sodass wir wohl berechtigt sein k\u00f6nnen, die Intervalle im Glanzen nach ihren Consonanzverh\u00e4ltnissen zu ordnen. Jedoch ist dann zu bemerken, dass bei den vier dissonanten Intervallen die Anzahl der Fehler so gering und der Unterschied in der Beurtheilung so klein ist, dass \u00fcberhaupt kein Grund vorhanden ist, hier eine bestimmte Reihenfolge aufzustellen.\nEin Einfluss der Gr\u00f6\u00dfe des Intervalles l\u00e4sst sich nat\u00fcrlich nach dem, was wir gesehen haben, schwerlich nachweisen. Doch kann es vielleicht diesem zugeschrieben werden, dass die Septime bei allen Beobachtern die geringste Anzahl Fehler hat, gleichwie Herrn E. H.\u2019s verh\u00e4ltnism\u00e4\u00dfig viele Fehler bei der Secunde wahrscheinlich darauf beruhen, dass dieses Intervall in der Gr\u00f6\u00dfe der Unterscheidungsgrenze so nahe liegt. Noch weniger geben uns diese Resultate mit den Appunn\u2019schen Zungen einen Grund zu der Annahme des Vorhandenseins von ganz neuen Bedingungen wie Verschmelzung oder Harmonie, obwohl nat\u00fcrlich auf der anderen Seite nicht ausgeschlossen ist, dass sich solche andere Bedingungen finden; sie k\u00f6nnten ja z. B. in derselben Richtung wirken wie Consonanz und St\u00f6\u00dfe.\nWie weit dies nun der Fall ist, m\u00fcssten wir am ehesten durch eine Betrachtung der entsprechenden Versuche mit Orgelpfeifen entscheiden k\u00f6nnen, wo Consonanz gar nicht, St\u00f6\u00dfe nur bei einem einzelnen Intervalle, der Secunde, wirksam sind. Und wirklich zeigt es sich, dass wir auf jeden Fall hei diesen Versuchen unsere Zuflucht zu anderen Erkl\u00e4rungsmitteln als Consonanz und St\u00f6\u00dfe nehmen m\u00fcssen.\nNach den Berechnungen, die mit einigerma\u00dfen Sicherheit hinsichtlich der Resultate von Versuchen mit Orgelpfeifen ohne Analyse auf gestellt werden konnten, sollte ja die Secunde allein eine Stellung f\u00fcr sich mit besonders wenig Fehlern einnehmen, w\u00e4hrend alle die anderen Intervalle ungef\u00e4hr gleichartig dastehen sollten. Aber die wirklichen Versuchsresultate weichen sehr hiervon ab. Vor allen Dingen nehmen ja Octave und Duodecime dieselbe unbedingte Sonderstellung ein wie hei den Versuchen mit Appunn\u2019schen Zungen. Aber ebenso haben Quinte, Terz und Secunde und bis zu einem gewissen Grade gro\u00dfe Sexte und Quarte dieselbe Reihenfolge wie bei","page":254},{"file":"p0255.txt","language":"de","ocr_de":"\u00fceber die \u00bbVerschmelzung\u00ab von Empfindungen, besonders bei Klangeindr\u00fccken. 255\nden Versuchen mit Appunn\u2019schen Zungen. Dagegen ist das Ver-h\u00e4ltniss ganz anders hei den drei noch \u00fcbrigen Intervallen: der kleinen Sexte, Septime und Triton. Im Uebrigen muss man sehr vorsichtig sein, den Intervallen hei diesen Versuchen mit Orgelpfeifen ohne Analyse eine bestimmte Reihenfolge zu gehen. Dies sieht man schon bei einem Vergleiche zwischen Herrn E. H.\u2019s und Herrn R. H. P.\u2019s Resultaten, noch mehr aber aus Prl. H.\u2019s und der Herren M. L., 1ST. W. und S. T. Resultaten in der ersten Versuchsreihe (s. Tabelle IV a). Indess k\u00f6nnen wir wohl so einigerma\u00dfen von der Reihenfolge in Tabelle XI e ausgehen. Denn nehmen wir die gro\u00dfe Sexte und die Quarte aus, so ergibt der Durchschnitt der Resultate bei den vier genannten Theilnehmern in der ersten Versuchsreihe dieselbe Reihenfolge wie Tabelle XIe und, bis auf Herrn E. H.\u2019s Vertauschung der kleinen Sexte und Quinte, zugleich dieselbe Reihenfolge wie die Herren E. H. und R. H. P. jeder f\u00fcr sich. Aber namentlich k\u00f6nnen wir die Quinte getrost zuerst in der Reihe setzen, zun\u00e4chst nach der Octave und Duodecime, und die Terz und Secunde zuletzt; denn theils ergibt der allgemeine Durchschnitt entschieden dieses Resultat, theils r\u00fcckt die Quinte desto h\u00f6her auf, die Terz und Secunde desto weiter hinunter, je \u00bbmusikalischer\u00ab der betreffende Beobachter ist.\nIm Folgenden legen wir denn am ehesten Tabelle XI e unseren Betrachtungen zu Grunde, erinnern uns aber doch best\u00e4ndig daran, dass die gegenseitige Stellung der Intervalle \u2014 und also die Be-urtheilungen im ganzen \u2014 hier weit unsicherer ist als bei den Versuchen mit Appunn\u2019schen Zungen.\nWir wollen nun also diese Resultate unserer Versuche mit Orgelpfeifen ohne Analyse zu erkl\u00e4ren suchen, indem wir jedoch die Secunde ganz au\u00dfer Betracht lassen, f\u00fcr die sich ja schon gen\u00fcgende Erkl\u00e4rung findet, und bis auf weiteres zugleich auch Octave und Duodecime. F\u00fcr die \u00fcbrigen Intervalle liegt es denn am n\u00e4chsten, zuerst zu pr\u00fcfen, ob es nicht der schon fr\u00fcher hervorgehobene Factor: der Abstand der Grundt\u00f6ne, sein sollte, welcher wirksam gewesen ist. Allerdings haben wir unseren Zweifel dar\u00fcber ausgesprochen, in welcher Richtung dieser Factor eigentlich wirken sollte. Aber wenn wir auf die Betrachtung eingehen, dass die Aufmerksamkeit, bei der Beurtheilung eines Intervalles, vorzugsweise","page":255},{"file":"p0256.txt","language":"de","ocr_de":"256\nEjnar Buch.\nvon dem einen der T\u00f6ne des Intervalles gefesselt werden muss, und dass die kleinen Intervalle in diesem Falle voller als die gro\u00dfen sein werden, weil sich der andere Ton in ihnen mehr geltend machen wird (s. S. 244), so kann dieser Factor wirklich etwas zur Erkl\u00e4rung unserer Resultate beitragen. Nur die gro\u00dfe Sexte f\u00e4llt in diesem Falle ganz au\u00dferhalb der Erkl\u00e4rung; und f\u00fcr die besonders gro\u00dfe Fehlerzahl der Quinte m\u00fcssen wir gleichfalls weitere Erkl\u00e4rung suchen.\nWir k\u00f6nnen also die M\u00f6glichkeit nicht ausschlie\u00dfen, dass die Gr\u00f6\u00dfe des Intervalles oder der Abstand der Grundt\u00f6ne einen gewissen Theil an der Besonderheit der betrachteten Resultate gehabt haben kann. Aber hinreichend ist diese Erkl\u00e4rung ja auf jeden Fall nicht; und sie ist zugleich so unsicher, dass wir uns auch aus diesem Grunde nach neuen Beitr\u00e4gen zu einer Erkl\u00e4rung umsehen m\u00fcssen. Sich auf einen Unterschied in dem Verschmelzungsgrade der Intervalle zu berufen, kann nun nichts n\u00fctzen: unsere Analyseversuche haben ja gezeigt, dass sich dieser Unterschied gar nicht findet. Ja, er w\u00fcrde \u00fcberdies gar nicht gebraucht werden k\u00f6nnen, die Resultate, die wir jetzt betrachten, zu erkl\u00e4ren, \u2014 auf jeden Fall w\u00fcrde die Reihenfolge, welche Stumpf f\u00fcr den Verschmelzungsgrad gefunden hat, wie man leicht sieht, gar nicht aufrecht erhalten werden k\u00f6nnen. Man k\u00f6nnte sich denken, dass sich zwischen den beiden T\u00f6nen in einem Intervalle ein selbst\u00e4ndiges, d. h. von allen bislang erw\u00e4hnten Factoren unabh\u00e4ngiges, harmonisches oder disharmonisches Verh\u00e4lt-niss finde, das unmittelbar wahrgenommen, aber nicht n\u00e4her begr\u00fcndet werden k\u00f6nne; und man k\u00f6nnte hierin die Erkl\u00e4rung suchen. Aber auch dies kann uns hier nichts n\u00fctzen. In diesem Falle m\u00fcssten n\u00e4mlich die Quinte und die Septime, die Terz und die Secunde einander in harmonischer Beziehung besonders nahe stehen, was gegen alle musikalische Auffassung streitet. Wir m\u00fcssen im Gegentheile sagen, dass unsere Versuche auf keine Weise die Aufstellung eines selbst\u00e4ndigen Harmoniehegriffes rechtfertigen k\u00f6nnen.\nIch wei\u00df daher im Augenblicke keinen anderen Rath, als unsere Erkl\u00e4rung auf folgendem Wege zu suchen: da unsere Tongeher gew\u00f6hnlich reich an Obert\u00f6nen sind, so ist es in Wirklichkeit das Con-sonanzverh\u00e4ltniss der Kl\u00e4nge und, was damit in naher Verbindung steht, St\u00f6\u00dfe zwischen den Theilt\u00f6nen , die der Entwickelung unseres Ohres, der Empf\u00e4nglichkeit f\u00fcr Klangeindr\u00fccke, des musikalischen","page":256},{"file":"p0257.txt","language":"de","ocr_de":"Ueber die \u00bbVerschmelzung\u00ab von Empfindungen, besonders bei Klangeindr\u00fccken. 257\nSinnes zu Grunde liegen. Man f\u00fchlt oder fasst die consonanten Intervalle urspr\u00fcnglich rein unmittelbar als wohlklingend oder harmonisch auf, die dissonanten als schlecht klingend oder disharmonisch, und dies eben auf Grund von Consonanzverh\u00e4ltnissen und was daraus folgt. Aber nach und nach hat sich dann das Ohr so entwickelt, dass dieselben Intervalle best\u00e4ndig unmittelbar denselben Eindruck von Harmonie oder Disharmonie hervorrufen, selbst wenn die urspr\u00fcngliche Ursache hierzu wegf\u00e4llt, seihst wenn wir es also mit Tongehern mit ganz unzusammengesetzten T\u00f6nen zu thun haben; und das ge\u00fcbte Ohr wird in seinem Urtheile hier ungef\u00e4hr ebenso sicher werden wie bei den zusammengesetzten Kl\u00e4ngen. Anders dagegen hei einem weniger ge\u00fcbten Ohre: dieses muss in seinem Urtheile nat\u00fcrlich in h\u00f6herem oder geringerem Grade unsicher werden, wenn sich Consonanz und St\u00f6\u00dfe auf Grund der Einfachheit der Kl\u00e4nge eigentlich gar nicht mehr finden, seihst wenn man nat\u00fcrlich gleichwohl den Einfluss der zusammengesetzten Klangverh\u00e4ltnisse auf die Entwickelung des Ohres oft wird nachweisen k\u00f6nnen.\nMit H\u00fclfe dieser Auffassung der musikalischen Entwickelung unseres Ohres m\u00fcssen wir also sehen, unsere Versuchsresultate zu erkl\u00e4ren. Allerdings begegnen wir dann sofort der Schwierigkeit, dass es ja gar nicht der Wohlklang oder die Harmonie der Intervalle ist, wonach in unseren Versuchen gefragt ist, sondern vielmehr ihre gr\u00f6\u00dfere oder geringere Einfachheit. Es ist indess kaum so leicht \u2014 wenn es \u00fcberhaupt m\u00f6glich ist \u2014, diese beiden Dinge auseinander zu halten; das consonanteste, und damit harmonischste Intervall ist ja gerade zugleich das einfachste; und man muss ja wohl eingedenk bleiben, dass unsere Versuclistheilnehmer in so genauen und scharfen Beobachtungen, wie sie dazu verlangt werden mussten, ganz unge\u00fcbt waren. Es kann darum keineswegs als unwahrscheinlich betrachtet werden, dass sie solche nicht hierher geh\u00f6rende musikalische R\u00fccksichten Einfluss auf ihr Urtheil \u00fcber die Einfachheit der Intervalle haben gewinnen lassen. Ueberdies wird dies ja auch durch ausdr\u00fcckliche Aussagen von ein paar der Theil-nehmer best\u00e4tigt. So sagt Herr M. L. : \u00bb Soweit es mir eigentlich m\u00f6glich ist, selbst zu entscheiden, wie ich zu der Bestimmung komme, ob 1 oder 2 T\u00f6ne vorhanden sind, glaube ich, dass es die \u00bbSch\u00f6nheits-R\u00fccksicht\u00ab sei, was das Entscheidende f\u00fcr mein Ohr ist!\u00ab Und","page":257},{"file":"p0258.txt","language":"de","ocr_de":"258\nEjnar Buch.\nHerrn B. H. P.\u2019s fr\u00fcher erw\u00e4hnte Aussagen (S. 251) laufen ja auf dasselbe hinaus. Da ich nun nicht ein einziges Mal die Frage an die Theilnehmer gerichtet habe: oh sie nicht glaubten, dass es die Sch\u00f6nheits-B\u00fccksicht sei, was ihr Urtheil bestimme, so gewinnen diese Aussagen einen recht bedeutenden Werth.\nWir tragen darum kein Bedenken, zu behaupten, dass, wenn die dargestellte Auffassung der musikalischen Entwickelung des Ohres richtig ist, wir auch berechtigt sein m\u00fcssen, auf sie eine Erkl\u00e4rung unserer Versuchsresultate zu bauen \u2014 wenn es sich denn sonst \u00fcberhaupt thun l\u00e4sst! Und man sieht leicht, dass die Erkl\u00e4rung wirklich unter der genannten Voraussetzung sehr nat\u00fcrlich ausf\u00e4llt. F\u00fcrs erste zeigt sich die Unsicherheit in der Auffassung bei den Orgelpfeifen sehr deutlich in dem gro\u00dfen Unterschiede in der Beihen-folge der Intervalle bei den verschiedenen Tlieilnehmern \u2014 die erste Versuchsreihe mitgenommen, nat\u00fcrlich aber nur die Theilnehmer des ersten Typus \u2014, w\u00e4hrend die Beihenfolge bei den Appunn\u2019schen Zungen bis auf einige wenige Punkte bei allen dieselbe ist. Ferner wird uns die gro\u00dfe Zunahme in der Anzahl der Fehler f\u00fcr die dissonantesten Intervalle gleichfalls leicht verst\u00e4ndlich, da Consonanz-verh\u00e4ltnisse und St\u00f6\u00dfe bei ihnen in besonderem Grade einen ausgepr\u00e4gten Unterschied von der Prime hervorgerufen haben und ihr Wegfall darum eine starke Ann\u00e4herung an diese bedeutet; und eben so wenig kann es uns wundem, dass die Anzahl der Fehler gleichzeitig f\u00fcr die consonantesten Intervalle f\u00e4llt, da der Wegfall des Consonanzverh\u00e4ltnisses hier sowohl eine Entfernung von der Prime wie eine Ann\u00e4herung an die anderen Intervalle bedeutet. Nicht zum wenigsten findet unsere Erkl\u00e4rungsweise darnach eine St\u00fctze in Frl. L.\u2019s und Herrn J.\u2019s Besultaten, indem diese offenbar auf der ersten Entwickelungsstufe stehen, wo ConsonanzVerh\u00e4ltnisse und St\u00f6\u00dfe wirklich vorhanden sein m\u00fcssen, um ihren Einfluss auf die Beurtheilung geltend zu machen. Und endlich ist es auch von Interesse, zu sehen, wie sich die Auffassung der Intervalle bei den Orgelpfeifen bei den ausgepr\u00e4gtesten Theilnehmem des ersten Typus \u2014 siehe besonders die erste Versuchsreihe \u2014 mehr und mehr der Auffassung bei den Appunn\u2019schen Zungen n\u00e4hert. Dass dies f\u00fcr einige Intervalle, z. B. besonders Quinte und Terz, mehr gilt als f\u00fcr andere, ist insoweit auch nicht so sonderbar, als es sehr nat\u00fcrlich ist, dass sich die Auf-","page":258},{"file":"p0259.txt","language":"de","ocr_de":"Ueber die \u00bbVerschmelzung\u00ab von Empfindungen, besonders bei Klangeindr\u00fccken. 259\nfassung der ausgepr\u00e4gtesten, consonanten oder dissonanten, Intervalle schneller als die Auffassung der anderen entwickelt. Was die Terz anlangt, so kann als besondere Erkl\u00e4rung f\u00fcr ihre besonders geringe Fehlerzahl hinzugef\u00fcgt werden, dass sie ja ohne Zweifel der allgemeinste und am besten gekannte Zweiklang ist.\nUnsei e Versuchsresultate mit Orgelpfeifen ohne Analyse sind also mit H\u00fclfe der fr\u00fcher dargestellten Auffassung der musikalischen Entwickelung des Ohres recht wohl zu erkl\u00e4ren. Wenn wir nun hier bei dieser Erkl\u00e4rung stehen bleiben, so geschieht dies gleichwohl nicht, weil sie uns unbedingt zufriedenstellt: das Schlagwort \u00bbEntwickelung\u00ab ist man in neuester Zeit ja etwas zu geneigt als eine Art ,deus ex machina' zu gebrauchen, der sonst unl\u00f6sbare Knoten l\u00f6sen soll. Aber der Grund ist theils der, dass uns die anderen Erkl\u00e4rungen, die wir uns haben denken k\u00f6nnen, noch weniger zufriedenstellen, theils auch der, dass sich diese Erkl\u00e4rung allein auf Thatsachen st\u00fctzt, deren Bedeutung f\u00fcr die Auffassung musikalischer Verh\u00e4ltnisse unbestreitbar ist \u2014 was ja auch aus unseren Versuchen hervorgeht \u2014, und so nicht ganz neue Begriffe und Hypothesen einf\u00fchrt, die in Wirklichkeit, auf jeden Fall bis jetzt, hinreichender\u2019 Ankn\u00fcpfungspunkte in unseren wissenschaftlichen Erfahrungen entbehren.\nEs bleibt uns jedoch noch die Octave und die Duodecime \u00fcbrig. Dass nun unsere k\u00fcrzlich dargestellte Erkl\u00e4rungsweise diese Intervalle hinsichtlich der Anzahl von falschen Sch\u00e4tzungen zu oberst in der Beihe stellen muss, dar\u00fcber kann kein Zweifel bestehen. Aber in Wirklichkeit zeigen unsere Versuche nicht blo\u00df, dass sie zu oberst in der Reihe stehen, sondern dass sie unbedingt eine Sonderstellung einnehmen: es besteht ein entschiedener Sprung zwischen ihnen und den \u00fcbrigen Intervallen, nicht nur ein gradweiser Uebergang. Am unzweideutigsten geht dies aus Herrn Th.\u2019s Resultaten hervor (Tabelle IV a und theilweise b), gleichwie auch aus denen des Herrn Bj.1). Und diese Sonderstellung kann unsere Erkl\u00e4rung kaum hinreichend begr\u00fcnden. Man k\u00f6nnte sich dann weiter darauf berufen, dass Octave und Duodecime bei Tongebern mit stark zusammengesetzten Kl\u00e4ngen uus ganz denselben Theilt\u00f6nen bestehen wie die Prime, und dass so\n1) Siehe Tabelle III und IX der d\u00e4nischen Ausgabe.","page":259},{"file":"p0260.txt","language":"de","ocr_de":"260\nEjnar Buch.\nselbst das ge\u00fcbte Ohr daran gew\u00f6hnt ist, diese Tonverbindung als einen Ton aufzufassen. Aber auch dies erscheint mir nicht gen\u00fcgend, wenn man in Betracht zieht, dass unsere Orgelpfeifen so gut wie unzusammengesetzte \u00bbT\u00f6ne\u00ab gaben, und dass die Prime bei den Versuchen ebenso oft oder fast ebenso oft vorkam wie die Octave und die Duodecime. Denn wenn die beiden Kl\u00e4nge des Intervalles einfach sind, so m\u00fcssen Octave und Duodecime nothwendigerweise den anderen Intervallen: der Quinte, Quarte u. s. w., n\u00e4her stehen als der Prime \u2014 wenn wir uns an die Factoren halten wollen, die wir bislang als hinreichend angesehen haben, die Verschiedenheiten der Intervalle zu erkl\u00e4ren ; und es sollte unm\u00f6glich scheinen, dass dies an der Beurtheilung von Octave und Duodecime gar nicht sollte gemerkt werden k\u00f6nnen, wenn doch alle Intervalle, die Prime inbegriffen, nach und nach zur Beobachtung vorliegen, selbst wenn es nat\u00fcrlich auch eine Rolle gespielt haben muss, dass man Octave und Duodecime sonst als einfach aufzufassen pflegt.\nDa wir nun auch auf andere Weise keine gen\u00fcgende Erkl\u00e4rung f\u00fcr die Sonderstellung der Octave und Duodecime in unseren Versuchsresultaten finden k\u00f6nnen, so bleibt wohl folglich kein anderer Ausweg, als diese Erkl\u00e4rung in einem besonders hohen Grade von Verschmelzung bei den beiden Intervallen zu suchen; und die M\u00f6glichkeit oder sogar Wahrscheinlichkeit dieser Erkl\u00e4rung liegt um so n\u00e4her, als wir ja auch aus unseren Analyseversuchen keine Schl\u00fcsse in entgegengesetzter Richtung ziehen durften.\nAu\u00dfer der Erkl\u00e4rung der allgemeineren Resultate unserer Versuche, die wir in dem vorhergehenden Theile dieses Abschnittes gegeben haben, k\u00f6nnte man vielleicht noch geneigt sein, eine Erkl\u00e4rung der Abweichungen von den allgemeineren Resultaten zu erwarten, die wir ja auch gefunden haben (siehe besonders Tabelle XI). Indess sind die st\u00f6renden Einfl\u00fcsse, welche in dieser Hinsicht wirksam gewesen sind, so mannigfaltig und verschiedenartig und oft schwer zu erkennen, dass es ganz hoffnungslos sein wird, eine solche Erkl\u00e4rung durchzuf\u00fchren. Jedoch gibt es einen einzelnen Punkt, auf den wir gern die Aufmerksamkeit hinlenken m\u00f6chten: n\u00e4mlich das Verh\u00e4ltniss der Sexte und der Quarte. Ueber diese ist schon beizeiten (S. 206) bemerkt worden, dass ihre Abstimmung bei den Orgelpfeifen besonders schwierig war; und sp\u00e4ter (S. 224; vergl. auch","page":260},{"file":"p0261.txt","language":"de","ocr_de":"Ueber die \u00bbVerschmelzung\u00ab von Empfindungen, besonders bei Klangeindr\u00fccken. 261\nS. 233 und 255) wurde hervorgehoben, dass die Unregelm\u00e4\u00dfigkeiten in den Resultaten zu einem sehr gro\u00dfen Theile eben auf diese beiden Intervalle fallen. Dass sieh zwischen diesen beiden Thatsachen ein Zusammenhang findet, d\u00fcrfte nicht unwahrscheinlich sein. Und vielleicht kann es auch sein Interesse haben, in dieser Verbindung daran zu erinnern, dass es sich bei der Betrachtung der Oonsonanzverh\u00e4lt-nisse und St\u00f6\u00dfe der verschiedenen Intervalle als etwas schwierig erwies, der Quarte und Sexte einen bestimmten Platz zwischen den \u00fcbrigen Intervallen anzuweisen (s. S. 243).\nAuch einen anderen Punkt k\u00f6nnen wir eben noch ber\u00fchren: es zeigte sich hei den Orgelpfeifen, dass Unreinheiten in der Abstimmung und Fehler in dem St\u00e4rkeverh\u00e4ltnisse zwischen den beiden T\u00f6nen im Intervalle Fehlerquellen waren, die kaum ganz vermieden werden konnten, und deren Wirkungen also nicht ganz ausbleiben konnten (S. 231); hiermit kann dann vielleicht in Verbindung stehen, dass die gr\u00f6\u00dferen Unregelm\u00e4\u00dfigkeiten in den Resultaten bei den Orgelpfeifenversuchen alle in der Richtung einer Verminderung der Anzahl der Fehler verlaufen (S. 224). Wahrscheinlicher Weise k\u00f6nnen n\u00e4mlich Fehler in dem St\u00e4rkeverh\u00e4ltnisse der T\u00f6ne auch in dieser Richtung wirken \u2014 insoweit es der h\u00f6chste Ton ist, welcher zu stark ist.\nIm \u00fcbrigen d\u00fcrfen wir uns auf eine Erkl\u00e4rung der Unregelm\u00e4\u00dfigkeiten in unseren Versuchsresultaten nicht einlassen, sondern m\u00fcssen uns mit der Betrachtung beruhigen, dass, so unsicher wie die Versuchsbedingungen bei Versuchen dieser Art sein m\u00fcssen und gewesen sind, es uns keineswegs Wunder nehmen kann, dass sich Unregelm\u00e4\u00dfigkeiten finden, selbst wenn wir nicht im Stande sind, in den Einzelheiten n\u00e4here Rechenschaft \u00fcber ihre Ursachen abzulegen.\nWir haben in diesem Abschnitte gesehen, dass sich die Resultate unserer Analyseversuche recht wohl mit H\u00fclfe von wohlbekannten Factoren, wie Consonanzverh\u00e4ltniss, St\u00f6\u00dfe zwischen den Theilt\u00d6nen, Uebung im H\u00f6ren und Analysiren u. a. m., erkl\u00e4ren lie\u00dfen, und dass sie somit, keinerlei St\u00fctze f\u00fcr die Annahme eines Unterschiedes in dem Verschmelzungsgrade der verschiedenen Intervalle gew\u00e4hrten. Nur f\u00fcr die Octave und Duodecime konnte es sich etwas zweifelhaft stellen, ob sich bei ihnen nicht ein etwas h\u00f6herer Verschmelzungsgrad f\u00e4nde als bei den \u00fcbrigen Intervallen.\nWundt, Philos. Studien. XV.\t18","page":261},{"file":"p0262.txt","language":"de","ocr_de":"262\nEjnar Buch.\nAuch die Resultate der Versuche ohne Analyse mit Appunn-schen Zungen lie\u00dfen sich mit H\u00fclfe von Consonanzverh\u00e4ltnissen, St\u00f6\u00dfen zwischen den Theilt\u00f6nen und \u00e4hnlichen bekannten Factoren vollst\u00e4ndig erkl\u00e4ren. Dagegen mussten wir zur .Erkl\u00e4rung der Resultate der Versuche mit Orgelpfeifen ohne Analyse eine Hypothese \u00fcber den musikalischen Entwickelungsgang des Ohres aufstellen, die wohl \u2014 vielleicht in Verbindung mit dem Einfl\u00fcsse, den der Abstand der Grundt\u00f6ne auf die Beurtheilung der Intervalle haben konnte \u2014 die Versuchsresultate auf sehr zufriedenstellende Weise zu erkl\u00e4ren vermochte, deren Haltbarkeit im \u00fcbrigen aber wohl einem Zweifel unterworfen sein konnte. Unter allen Umst\u00e4nden gew\u00e4hrten auch diese Resultate keine St\u00fctze f\u00fcr die Behauptung eines Unterschiedes in dem Verschmelzungsgrade der Intervalle \u2014 ebenso auch nicht f\u00fcr die Aufstellung eines selbst\u00e4ndigen Harmoniebegriffes \u2014; jedoch mussten auch hier Octave und Duodecime ausgenommen werden, Intervalle, f\u00fcr die wir die M\u00f6glichkeit oder sogar Wahrscheinlichkeit eines besonders hohen Verschmelzungsgrades einr\u00e4umen mussten.\nd. Schluss.\nBevor wir diese Untersuchung abschlie\u00dfen, wollen wir nur noch einen kurzen Blick auf die fr\u00fcher besprochenen Untersuchungen desselben Gegenstandes zur\u00fcckwerfen. Zun\u00e4chst k\u00f6nnen wir hier Stumpf\u2019s Versuche mit Unmusikalischen betrachten. Man sieht nun leicht, dass die Resultate dieser Versuche au\u00dferordentlich gut mit unseren eigenen Versuchsresultaten \u00fcbereinstimmen, wenn wir nur davon ausgehen, dass die Theilnehmer an Stumpf\u2019s Versuchen nach dem unmittelbaren Gesammteindrucke geurtheilt und nicht eine Analyse vorgenommen haben, \u2014 eine Voraussetzung, von der auszugehen wir nach dem, was wir sahen, auch sonst guten Grund hatten. Besonders beachtenswerth ist dann zugleich der Unterschied zwischen Stumpf\u2019s Resultaten bei obertonreichen und obertonarmen Registern, der auch wesentlich mit dem Unterschiede \u00fcbereinstimmt, den wir zwischen den Resultaten mit Appunn\u2019schen Zungen und Orgelpfeifen fanden. Besteht aber so sehr gute Uebereinstimmung zwischen Stumpf\u2019s Resultaten und den unsrigen, so m\u00fcssen wir nat\u00fcrlich auch Stumpf\u2019s Resultate auf dieselbe Weise erkl\u00e4ren k\u00f6nnen wie unsere eigenen.","page":262},{"file":"p0263.txt","language":"de","ocr_de":"Ueber die \u00bbVerschmelzung\u00ab von Empfindungen, besonders bei Klangeindr\u00fccken. 263\nAuch die Resultate von Stumpf\u2019s Versuchen mit Kindern werden ohne Schwierigkeit auf \u00e4hnliche Weise erkl\u00e4rt werden k\u00f6nnen wie die anderen Versuche. Hier sind besonders Reihe IV und V (S. 194) hervorzuheben, wo die Octave dieselbe unbedingte Sonderstellung einnimmt, wie wir sie hei unseren Versuchen ohne Analyse gefunden haben.\nUngleich schwieriger ist \u00fcber Stumpf\u2019s eigene Beobachtungen \u00fcber die Verschmelzung ins Reine zu gelangen. Am ehesten sind wir liier geneigt, uns an Natorp\u2019s Auffassung (s. S. 186) anzuschlie\u00dfen: dass Stumpf Verschmelzung und \u00bbharmonisches\u00ab Ver-h\u00e4ltniss vermengt. Denn gewiss warnt Stumpf seihst vor einer solchen Vermengung; aber auf der anderen Seite passt seine Charakteristik der Verschmelzung zwischen zwei T\u00f6nen hei weitem besser f\u00fcr das, was man gew\u00f6hnlich am ehesten ihr harmonisches Verh\u00e4lt-niss nennen w\u00fcrde, als f\u00fcr das, was wir in dieser Untersuchung best\u00e4ndig als f\u00fcr die Verschmelzung eigenth\u00fcmlich hervorgehoben haben (s. S. 1841). Unter allen Umst\u00e4nden ist Stumpf\u2019s Unklarheit in diesem Punkte so gro\u00df und die Rechenschaft \u00fcber die Art und Weise, auf welche er seine Resultate gewonnen hat, so \u00e4rmlich, dass wir keineswegs anzunehmen brauchen, dass seine Beobachtungen in Wirklichkeit im Widerstreite mit den Resultaten stehen, welche uns unsere Versuche erbracht haben.\nDagegen kann nicht geleugnet werden, dass K\u00fclpe\u2019s Beobachtungen und unsere Resultate wirklich im Widerstreite mit einander stehen. Denn K\u00fclpe\u2019s Beobachtungen stimmen zum gr\u00f6\u00dften Theil mit denen Stumpf\u2019s \u00fcberein; und da sein Verschmelzungsbegriff in allem wesentlichen derselbe wie der unsrige ist (s. S. 5 1), so k\u00f6nnen wir nicht wie gegen\u00fcber Stumpf die Nicht\u00fcbereinstimmung als blo\u00df scheinbar und in der Unklarheit der Ausdr\u00fccke und Begriffe begr\u00fcndet betrachten. Etwas ganz anderes ist es, dass K\u00fclpe\u2019s Beobachtungen nat\u00fcrlich falsch sein k\u00f6nnen; er kann sich durch die \u00bbharmonischen\u00ab Verh\u00e4ltnisse der T\u00f6ne oder \u00e4hnliches haben verleiten lassen. Aber dies ist nur eine M\u00f6glichkeit, und wir sind nicht berechtigt, ohne weiteres davon auszugehen, dass es sich wirklich so verh\u00e4lt.\nDie Frage ist deshalb, auf welche Resultate wir nach der Natur der Versuche das gr\u00f6\u00dfte Gewicht legen m\u00fcssen: auf die K\u00fclpe\u2019s\n18*","page":263},{"file":"p0264.txt","language":"de","ocr_de":"264\nEjnar Buch.\noder auf die unsrigen? Und es scheint uns, dass die Antwort hierauf nicht zweifelhaft sein k\u00f6nne. Solche Beobachtungen wie die K\u00fclpe\u2019s bestehen ja ausschlie\u00dflich in einer Reihe \u00e4u\u00dferst feiner unmittelbarer Sch\u00e4tzungen von Verschmelzungsgraden und Vergleichen zwischen solchen; und zu der endlichen Bestimmung der Reihenfolge in den Verschmelzungsgraden hat man keinen anderen Ma\u00df stab als ein rein subjectives Erachten \u2014 weder Stumpf noch K\u00fclpe gibt jedenfalls etwas anderes an. Bei unseren Versuchen wird dagegen vom Beobachter nur die sehr grobe Sch\u00e4tzung verlangt: oh vermeintlich 1 oder 2 T\u00f6ne vorhanden sind, und wir erhalten durch die Zusammenz\u00e4hlung von richtigen und falschen Urtheilen f\u00fcr die verschiedenen Intervalle eine Art objectiven, in Zahlen ausgedr\u00fcckten Ma\u00dfstab f\u00fcr den Verschmelzungsgrad. Dass unser Verfahren in diesen Punkten einen wesentlichen Vorzug vor dem K\u00fclpe\u2019s hat, kann kaum bestritten werden. Denn, rein abgesehen von dem anderen Punkte, wird es offenbar hei weitem leichter sein, sich zu unseren Versuchen Theil-nehmer zu sichern, deren Sch\u00e4tzungen eine gen\u00fcgende Grundlage f\u00fcr die Entscheidung unserer Frage geben k\u00f6nnen, als Beobachter mit einem so fein entwickelten Sch\u00e4tzungsverm\u00f6gen zu finden, wie es f\u00fcr die unmittelbare Beobachtung der Verschmelzungsgrade nothwendiger Weise erforderlich ist. Ja, man k\u00f6nnte sogar geneigt sein, anzunehmen, dass sich diese unmittelbare Beobachtung gar nicht mit Sicherheit durchf\u00fchren lie\u00dfe, weil es in Wirklichkeit unm\u00f6glich sein w\u00fcrde, Verschmelzung und \u00bbHarmonie\u00ab und \u00e4hnliches aus einander zu halten.\nAber zu allem diesem tritt noch ein recht entscheidender Umstand. Denn ganz gewiss ist es nat\u00fcrlich wohl m\u00f6glich, dass wir in K\u00fclpe einen Beobachter haben, dessen Sch\u00e4tzungsverm\u00f6gen in der betreffenden Richtung hinreichend fein entwickelt ist; aber welche Sicherheit haben wir daf\u00fcr, dass es sich wirklich so verh\u00e4lt? Ja, die Sicherheit kann offenbar erst so einigerma\u00dfen erreicht werden, wenn K\u00fclpe\u2019s Resultate durch mehrerer Personen \u00fcbereinstimmende Zeugnisse best\u00e4tigt werden. Aber diese Best\u00e4tigung haben wir ja auf jeden Fall noch nicht. Bei unseren Versuchen haben wir dagegen gerade \u00fcbereinstimmende Resultate von verschiedenen Beobachtern; und wir haben zudem mit H\u00fclfe der Versuchsresultate seihst diejenigen Beobachter ausscheiden k\u00f6nnen, deren Sch\u00e4tzungsverm\u00f6gen allzu wenig entwickelt schien.","page":264},{"file":"p0265.txt","language":"de","ocr_de":"Ueber die \u00bbVerschmelzung\u00ab von Empfindungen, besonders bei Klangeindr\u00fccken. 265\nAlles in allem m\u00fcssen wir deshalb, wie die Verh\u00e4ltnisse liegen, gr\u00f6\u00dferes Gewicht auf unsere Resultate legen als auf die K\u00fclpe\u2019s.\nZum Schl\u00fcsse m\u00fcssen wir noch ein paar Beobachtungen von Stumpf u. A. besprechen, die auch mit unserem Gegenst\u00e4nde in Verbindung stehen. Zun\u00e4chst diese: dass die Leichtigkeit, mit der die Ohert\u00f6ne in einem Klange f\u00fcr sich geh\u00f6rt und aus dem Klange heraus analysirt werden, nicht allein durch die St\u00e4rke derselben bestimmt wird. Besonders gilt, dass der erste Oberton, die Octave zum Grundtone, in der Regel am schwierigsten bei der Analyse zu erfassen ist, trotzdem er meist der st\u00e4rkste ist. Bei Stimmgabeln haben es so selbst ausgezeichnete Beobachter f\u00fcr unm\u00f6glich erkl\u00e4rt, ihn ohne k\u00fcnstliche H\u00fclfe zu h\u00f6ren, trotzdem Versuche mit Interferenzrohren zeigten, dass er vorhanden war und eine bedeutende St\u00e4rke hatte. Auch die Duodecime konnte bei Stimmgabeln schwierig genug zu h\u00f6ren sein, wenn auch, Stumpf zufolge, leichter als die Octave. Koch h\u00f6here Obert\u00f6ne sind oft leichter zu h\u00f6ren als die genannten, namentlich der 7. und 9. Theilton, was Stumpf sowohl an sich selbst wie an unge\u00fcbten Beobachtern erprobt hat. Nach G. Appunn\u2019s m\u00fcndlicher Erkl\u00e4rung gegen\u00fcber Stumpf h\u00f6rte der erstere zudem den 3., 5. u. s. w. Theilton stets leichter als den 2., beziehentlich 4. u. s. w.1).\nGanz im allgemeinen werden Stumpf\u2019s Beobachtungen in diesem Punkte von K\u00fclpe2) und ebenso von Helmholtz best\u00e4tigt, welcher letztere ebenso wie Appunn die ungeraden Theilt\u00f6ne f\u00fcr leichter zu h\u00f6ren erkl\u00e4rt als die geraden3).\nDie andere Gruppe Beobachtungen von Stumpf, die wir besprechen wollen, geht von einer Beobachtung Helmholtz\u2019 aus: wenn zwei Flaschen, deren Tonh\u00f6hen b und bl waren, zusammen klangen, so klang das Ganze wie Ein Ton mit der H\u00f6he b, aber Klangfarbe wie der Vocal o, w\u00e4hrend der tiefe Ton allein eine Klangfarbe wie u hatte; man konnte die beiden T\u00f6ne wohl getrennt von einander h\u00f6ren, wenn man sie eben jeden f\u00fcr sich vorgehabt hatte, und in diesem Falle h\u00f6rte man den tiefsten mit der Klangfarbe u; aber es\n1)\t\u00bbTonpsychologie\u00ab H, S. 232\u2014235; vergl. H, S. 143.\n2)\t\u00bbGrundriss der Psychologie\u00ab, S. 298.\n3)\t\u00bbDie Lehre von den Tonempfindungen\u00ab, 5. Ausgabe, 1896, S. 85.","page":265},{"file":"p0266.txt","language":"de","ocr_de":"266\nEjnar Buch.\ndauerte doch niemals lange, so schmolzen sie wieder zusammen: mit der H\u00f6he b und der Klangfarbe o. Eine \u00e4hnliche Beobachtung ist auch von Preyer mit Stimmgabeln gemacht worden; Preyer erw\u00e4hnt jedoch keine Klangfarbenver\u00e4nderung bei der \u00bbVerschmelzung\u00ab, dagegen aber eine bedeutende Verst\u00e4rkung des tiefen Tones. Stumpf fand mit Stimmgabeln sowohl eine Verst\u00e4rkung des tiefen Tones wie eine Klangfarbenver\u00e4nderung; jedoch fiel die \u00bbVerschmelzung\u00ab nach einiger Uebung vollst\u00e4ndig fort, gleichwie sie von vornherein ausblieb, wenn man die Gabeln jede an einem Ohre f\u00fcr sich anbrachte1).\nDiese letzteren Beobachtungen stimmen auf recht merkw\u00fcrdige Weise mit den Resultaten \u00fcberein, die wir selbst in diesem Punkte gefunden haben. Auf der einen Seite zeigen n\u00e4mlich Helmholtz\u2019, Preyer\u2019s und Stumpf\u2019s Beobachtungen, dass die Octave auch hei einfachen Kl\u00e4ngen hinsichtlich des Gesammteindruckes der Prime wirklich in einem so hohen Grade gleicht oder gleichen kann, dass ein Unterschied kaum zu merken ist, \u2014 also in voller \u00fcebereinstim-mung mit unseren Resultaten bei den Versuchen ohne Analyse. Und auf der anderen Seite zeigen namentlich Stumpf\u2019s Beobachtungen, dass man gleichwohl durch Uebung in Stand gesetzt wird, diesen Gesammteindruck aufzul\u00f6sen, \u2014 was ja auch unsere Analyseversuche gezeigt haben. Gleichwohl k\u00f6nnen auch diese Beobachtungen keine Klarheit \u00fcber die Frage nach dem Verschmelzungsgrade der Octave \u2014 und der Duodecime \u2014 schaffen. Nur so viel scheint sicher : dass die Gleichheit der Octave mit der Prime hei unzusammengesetzten Kl\u00e4ngen gr\u00f6\u00dfer ist, als man den Factoren zufolge erwarten sollte, welche bisher die Grundlage f\u00fcr unsere Auffassung der Verschiedenheiten der Intervalle gebildet haben; ebenso kann diese Gleichheit erkl\u00e4ren, dass die Octave in vielen F\u00e4llen schwieriger zu analysiren gewesen ist, als man sonst erwarten sollte. Aber ob die Gleichheit auf einem besonders hohen Grade von Verschmelzung beruht oder m\u00f6glicher Weise auf ganz anderen psychischen oder physiologischen Verh\u00e4ltnissen, dar\u00fcber gehen weder unsere Versuche noch Helmholtz\u2019 oder Preyer\u2019s oder Stumpf\u2019s Beobachtungen uns hinreichenden unzweideutigen Bescheid.\n1) \u00bbTonpsychologie\u00ab H, S. 352 ff.","page":266},{"file":"p0267.txt","language":"de","ocr_de":"Ueber die \u00bbVerschmelzung\u00ab von Empfindungen, besonders bei Klangeindr\u00fccken. 267\nDagegen stimmt Stumpf\u2019s u. a. andere Behauptung: dass die ungeraden Theilt\u00f6ne leichter geh\u00f6rt werden als die zun\u00e4chst niedriger liegenden geraden, und zwar besonders die Duodecime zum Grundtone leichter als die Octave, nicht mit unseren Versuchsresultaten, die ja im Gegentheile Octave und Duodecime entschieden auf gleiche Stufe stellen. Und wir k\u00f6nnen hier nicht unbedingt das gr\u00f6\u00dfte Gewicht auf unsere eigenen Resultate legen, da sich ja Stumpf auf seiner Seite auf mehrere unbestreitbar hervorragende Beobachter st\u00fctzen kann. Doch kann vielleicht bemerkt werden, dass meine eigenen, ganz gewiss etwas losen, Erfahrungen keineswegs in derselben Richtung gehen wie die Stumpf\u2019s. Und zugleich kann es in dieser Verbindung werth sein, die Aufmerksamkeit darauf hinzuleiten, dass man bei einer Analyse immer verh\u00e4ltnissm\u00e4\u00dfig gro\u00dfe Aussicht hat, am leichtesten das zu finden, was man zu finden erwartet, da die subjective Einstellung, die oft ganz oder halb unwillk\u00fcrlich oder unbewusst sein kann, besonders hei schwierigen Analysen eine nicht geringe Rolle spielen kann. Besonders geneigt, die Behauptung, dass unsere Resultate auch in diesem Punkte die richtigen sind, aufzugehen, sind wir deshalb nicht.\nHiermit k\u00f6nnen wir diese Untersuchung abschlie\u00dfen: unsere Aufgabe war es, dar\u00fcber ins Reine zu gelangen, ob sich die Verschmelzung zwischen zwei gleichzeitigen Klangeindr\u00fccken mit H\u00fclfe der bekannten allgemeinen Bedingungen und Gesetze f\u00fcr Verschmelzung und Analyse in Verbindung mit den besonderen physischen Verh\u00e4ltnissen, welche die T\u00f6ne darbieten, erkl\u00e4ren lasse, oder oh wir hier vor einem h\u00f6heren Grade von Verschmelzung stehen, den wir nicht durch die Mittel erkl\u00e4ren k\u00f6nnen, welche uns zu Gebote stehen. In unseren Versuchsresultaten l\u00e4sst sich keinerlei Unterschied in dem Verschmelzungsgrade der verschiedenen Intervalle nachweisen, den wir nicht auf die angegebene Weise erkl\u00e4ren k\u00f6nnen \u2014 mit Ausnahme jedoch der Octave und Duodecime; im Gegentheile berechtigen unsere Versuche durchaus zu dem Schl\u00fcsse, dass sich kein solcher Unterschied findet. Hiermit haben wir nun freilich unsere Aufgabe nicht ganz gel\u00f6st, da man sich ja denken k\u00f6nnte, dass die Verschmelzung f\u00fcr alle Intervalle gr\u00f6\u00dfer als erkl\u00e4rlich w\u00e4re. Indess findet sich kein eigentlicher Grund zu einer solchen Annahme. Im Gegentheile scheint die Verschmelzung auf dem","page":267},{"file":"p0268.txt","language":"de","ocr_de":"268\nEjnar Buch.\nGebiete der T\u00f6ne im Ganzen keineswegs gr\u00f6\u00dfer zu sein, als wir es nach unserer \u00fcbrigen Kenntniss der betreffenden Verh\u00e4ltnisse erwarten m\u00fcssen, \u2014 in welcher Hinsicht wir namentlich auf unsere fr\u00fcheren allgemeineren Betrachtungen \u00fcber die Verschmelzung (S. 58 bis 66) hinweisen m\u00fcssen. Aber nat\u00fcrlich muss zugestanden werden, dass die Beantwortung dieser Frage zum gro\u00dfen Theile eine Ansichtssache ist: eine entschiedene quantitative Bestimmung des Verschmelzungsgrades ist ja unm\u00f6glich. Am vorsichtigsten wird es deshalb sein, dem Resultate unserer Untersuchung den mehr negativen Ausdruck zu geben: dass sich auf dem Gebiete, welches wir betrachtet haben, keinerlei Grund findet, Verschmelzungsgrade anzunehmen, die \u00fcber das hinaus gehen, was mit H\u00fclfe der bekannten allgemeineren Bedingungen und Gesetze f\u00fcr Verschmelzung und Analyse u. s. w. erkl\u00e4rt werden kann.\nJedoch m\u00fcssen wir, wie bereits hervorgehoben, von dieser allgemeinen Formulirung des Resultates unserer Untersuchung das Verh\u00e4ltnis der Octave und der Duodecime ausnehmen. Was diese anlangt, so k\u00f6nnen wir ja auf jeden Fall nicht die M\u00f6glichkeit in Abrede stellen, dass ein besonders hoher Grad von Verschmelzung vorliegt. Jedoch w\u00fcrde es wohl das Richtigste sein, die Entscheidung hiervon dahingestellt sein zu lassen, da nicht gesagt werden kann, dass die Resultate unserer Versuche f\u00fcr diese Intervalle ganz klar oder unzweideutig seien.\nDies sind also die Resultate unserer eigenen Versuche. Im \u00fcbrigen aber haben wir ja gesehen, dass sie gut mit mehreren der fr\u00fcheren Untersuchungen \u00fchereinstimmen. Jedoch fanden sich auch Nicht\u00fcbereinstimmungen, namentlich mit K\u00fclpe\u2019s Beobachtungen, auf die wir indess nicht dasselbe Gewicht legen konnten wie auf unsere eigenen Resultate. Aber wenn wir behaupten m\u00fcssen, dass unsere Resultate f\u00fcr den Augenblick als die wahrscheinlichste wissenschaftliche Entscheidung der Frage \u00fcber die Verschmelzung von T\u00f6nen dastehen m\u00fcssen, so m\u00fcssen wir doch auf der anderen Seite einr\u00e4umen, dass unsere Untersuchungen nicht umfassend genug gewesen sind, als dass wir unsere Entscheidung als die endliche betrachten k\u00f6nnten. Im Gegentheile w\u00fcrde es w\u00fcnschenswerth sein, dass sie auch von anderer Seite Best\u00e4tigung \u2014 oder Widerlegung \u2014 finden k\u00f6nnte. Aber f\u00fcr solche zuk\u00fcnftigen Untersuchungen w\u00fcrde","page":268},{"file":"p0269.txt","language":"de","ocr_de":"Ueber die \u00bbVerschmelzung\u00ab von Empfindungen, besonders bei Klangeindr\u00fccken. 269\nes wohl das Richtigste sein, einen anderen Ausgangspunkt zu nehmen, ein anderes Verfahren als das unsrige zu w\u00e4hlen.\nAnhang.\nNachdem die vorstehende Arbeit1) im wesentlichen abgeschlossen war, sind von verschiedenen Seiten Beitr\u00e4ge zu der Frage \u00fcber die \u00bbVerschmelzung\u00ab von T\u00f6nen erschienen, theils von Faist2), von A. Meinong und St. Witasek3) und von Max Meyer4), theils auch von Stumpf selbst5).\nVon diesen tritt Faist ganz in Stumpf\u2019s Spur, sowohl hinsichtlich der Einrichtung der Versuche \u2014 Versuche mit Unmusikalischen \u2014 wie hinsichtlich der Auslegung der Resultate. Ueber diese kann \u00fcbrigens bemerkt werden, dass sie ganz mit den Resultaten unserer Versuche ohne Analyse \u00fcbereinstimmen; und dass sich auch Faist\u2019s Versuchspersonen in ihrem Urtheile durch den Ge-sammteindruck haben bestimmen lassen, dar\u00fcber sind wir auf keinen Fall in Zweifel.\nAber auch Meinong und Witasek, die selbst die Verschmelzungsgrade der verschiedenen Intervalle direct verglichen haben, kommen zu Resultaten, die in allem Wesentlichen mit den\n1)\tDer gesammte vorhergehende Theil dieser Abhandlung wurde am 2. April 1898 als Habilitationsschrift an die Universit\u00e4t Kopenhagen eingeliefert und ist \u2014 bis auf redactionelle Aenderungen \u2014 unver\u00e4ndert ins Deutsche \u00fcbertragen worden. Der vorliegende Anhang ist im August 1898 geschrieben und gleichfalls unver\u00e4ndert \u00fcbersetzt worden.\n2)\t\u00bbZeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane\u00ab, XY, S. 102\u2014131.\n3)\tAn derselben Stelle, XY, S. 189\u2014205.\n4)\tAn derselben Stelle, XYH, S. 401\u2014421.\n5)\tAn derselben Stelle, XV, S. 280\u2014303 und XYH, S. 422\u2014435, sowie in \u00bbBeitr\u00e4ge zur Akustik und Musikwissenschaft\u00ab, Heft I: \u00bbConsonanz und Dissonanz\u00ab, besonders S. 34\u201444.","page":269},{"file":"p0270.txt","language":"de","ocr_de":"270\nEjnar Buch.\nunsrigen \u00fcbereinstimmen; und dass sie sich durch den Gesammt-eindruck haben bestimmen lassen, hat Meinong selbst Max Meyer gegen\u00fcber erkl\u00e4rt1).\nDagegen geb\u00fchrt Max Meyer das Verdienst, dass er den Unterschied zwischen Beurtheilung nach Gesammteindr\u00fccken und mit H\u00fclfe von Analyse klar und bestimmt nachweist: sein Standpunkt ist in dieser Hinsicht ganz derselbe wie der unsrige2). Aber auf der anderen Seite scheint es uns freilich zweifelhaft, ob seine Versuche im Grunde einen Beitrag von Bedeutung geben, um Klarheit in der Verschmelzungsfrage zu schaffen.\nWas endlich Stumpf\u2019s sp\u00e4tere und weitere Entwickelungen \u00fcber die Verschmelzung von T\u00f6nen anlangt, so enthalten sie nichts wesentlich Heues. Dagegen bieten sie in einer anderen Hinsicht ein nicht geringes Interesse. Es geht n\u00e4mlich aus ihnen deutlicher und deutlicher hervor, wovon man ja wohl schon fr\u00fcher ein Gef\u00fchl gehabt hat: dass das, was Stumpf bei T\u00f6nen Verschmelzung nennt, in Wirklichkeit etwas ganz anderes ist als das, was wir sonst in unserem Vorstellungsleben so zu bezeichnen pflegen, indem wir als seinen Gegensatz die Analyse aufstellen. Denn nach allem zu ur-theilen scheint es jetzt, als ob Stumpf\u2019s \u00bbVerschmelzung\u00ab bei T\u00f6nen einzig und allein ein anderer Ausdruck f\u00fcr die Einfachheit des Klangeindruckes sei, seine gr\u00f6\u00dfere oder geringere Ann\u00e4herung an Gleichheit mit der Prime. Und gewiss kann die Einfachheit Einfluss auf die Leichtigkeit oder Schwierigkeit haben, mit der eine Analyse vorgenommen wird; aber man kann keineswegs von vornherein voraussetzen, dass sie ihn hat; ja wenn dies so w\u00e4re, m\u00fcsste man auf jeden Fall eben so gut annehmen k\u00f6nnen, dass gr\u00f6\u00dfere Einfachheit die Analyse erleichtern m\u00fcsse, wie das Entgegengesetzte.\nAls St\u00fctze f\u00fcr unsere neue Auffassung von Stumpf\u2019s \u00bbVerschmelzung\u00ab wollen wir ein paar seiner sp\u00e4teren Aussagen anf\u00fchren. So sagt er ausdr\u00fccklich: \u00bb........die Verschmelzung, d. h. die Einheitlichkeit des Eindruckes.......\u00ab3); ferner: \u00bbDer Zusammenklang\nzweier T\u00f6ne n\u00e4hert sich bald mehr, bald weniger dem Eindruck eines\n1)\t\u00bbZeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane\u00ab, XVII. S. 401 f.\n2)\tAn derselben Stelle, XVII, S. 412\u2014419.\n3)\tAn derselben Stelle, XV, S. 281.","page":270},{"file":"p0271.txt","language":"de","ocr_de":"Ueber die \u00bbVerschmelzung\u00ab von Empfindungen, besonders bei Klangeindr\u00fccken.\t271\nTones, und es zeigt sich, dass dies um so mehr der Fall ist, je con-sonanter das Intervall ist. Auch dann, wenn wir die T\u00f6ne als zwei erkennen und auseinanderhalten, bilden sie doch ein Ganzes in der Empfindung, und dieses Ganze erscheint uns bald mehr, bald weniger einheitlich\u00ab >). Schlie\u00dflich k\u00f6nnen wir auch das Folgende anf\u00fchren: \u00bbEs scheint \u00fcberhaupt nicht, dass wir im Stande sein werden, den Verschmelzungsbegriff tiefer oder verst\u00e4ndlicher zu fassen, als indem wir die Verschmelzung als das Verkn\u00fcpftsein zweier Empfindungsinhalte zu einem Ganzen, oder als Einheitlichkeit, als Ann\u00e4herung des Zweiklanges an den Einklang beschreiben\u00ab1 2). Deutlicher kann man es nicht ausgesprochen verlangen, dass es in Wirklichkeit die Einfachheit des Klangeindruckes ist, was Stumpf als Verschmelzung bezeichnet hat. Und dann muss es wohl diese Einfachheit sein, was Stumpf bei seiner ganzen Untersuchung der Verschmelzung von T\u00f6nen vor Augen gehabt hat.\nEs ist in dieser Verbindung von Interesse, zu sehen, dass sich gewichtige Zeugnisse daf\u00fcr finden, dass auch K\u00fclpe hei den T\u00f6nen die beiden Begriffe \u00bbEinfachheit\u00ab \u2022 und \u00bbVerschmelzung\u00ab mit einander vermengt. So leitet er das Kapitel \u00fcber die Abh\u00e4ngigkeit der Tonverschmelzung von der Qualit\u00e4t der Componenten mit diesen Worten ein: \u00bbDass es f\u00fcr die Einheitlichkeit des Eindrucks einer Tonverbindung\nnicht gleichgiltig ist, welche T\u00f6ne in ihr enthalten sind.....\u00ab; und\nweiter unten auf derselben Seite sagt er: \u00bbWenn wir annehmen, dass diese Unterscheidung....... auf den gr\u00f6\u00dferen oder geringeren Ein-\ndruck der Einheitlichkeit (sich gr\u00fcndet), so d\u00fcrfen wir vermuthen, dass die Reihenfolge jener Intervalle im wesentlichen eine Reihe von Graden der Tonverschmelzung darstellt\u00ab3).\nMan sieht nun leicht, dass unsere ganze Frage \u00fcber die Verschmelzung von T\u00f6nen ihrer L\u00f6sung weit n\u00e4her r\u00fcckt, wenn wir wirklich davon ausgehen k\u00f6nnen, dass sowohl Stumpf wie K\u00fclpe bei der \u00bbVerschmelzung\u00ab von T\u00f6nen im Grunde nur an die gr\u00f6\u00dfere oder geringere Einfachheit der Klangeindr\u00fccke gedacht haben. Denn\n1)\t\u00bbBeitr\u00e4ge zur Akustik und Musikwissenschaft\u00ab, Heft I: \u00bbConsonanz und Dissonanz\u00ab, S. 35.\n2)\tAn derselben Stelle, S. 44.\n3)\t\u00bbGrundriss der Psychologie\u00ab, S. 294; vergl. S. 297, Zeile 13 von unten und S. 315, Zeile 12 von unten.","page":271},{"file":"p0272.txt","language":"de","ocr_de":"272\nEjnar Buch.\ndass Stumpf\u2019s und Faist\u2019s Versuche mit Unmusikalischen und Meinong\u2019s und Witasek\u2019s eigene Beobachtungen nur die gr\u00f6\u00dfere oder geringere Einfachheit der Klangeindr\u00fccke zum Gegenst\u00e4nde gehabt haben, und dass ihre Resultate darum au\u00dferordentlich gut mit den Resultaten unserer Versuche ohne Analyse \u00fcbereinstimmen \u2014 dar\u00fcber sind wir ja von vornherein nicht in Zweifel gewesen. Aber wenn zugleich Stumpf und K\u00fclpe in ihren eigenen Beobachtungen nur die Einfachheit der Eindr\u00fccke vor Augen gehabt haben und nicht Verschmelzung im gew\u00f6hnlichen Sinne, so verschwinden auch hier die Widerspr\u00fcche zwischen ihren Resultaten und den unsrigen. Denn dass ein Unterschied in der Einfachheit der Intervalle besteht, wenn die einzelnen Kl\u00e4nge der T\u00f6ne zusammengesetzt sind, zeigen ja sowohl unsere wie Stumpf\u2019s und Eaist\u2019s Versuche mit Unmusikalischen ganz entschieden. Und dass sich dieser Unterschied auf jeden Fall zum Theile auch bei Ton-gebem mit unzusammengesetzten Einzelkl\u00e4ngen erh\u00e4lt, scheint aus unseren Versuchen mit Orgelpfeifen ohne Analyse hervorzugehen. Auch in diesem Punkte kann darum nicht gesagt werden, dass eine eigentliche Nicht\u00fcbereinstimmung zwischen unseren Versuchen und Stumpf\u2019s und K\u00fclpe\u2019s Beobachtungen bestehe. Nur bleibt nat\u00fcrlich hier die Frage offen: woran kann es liegen, dass die Intervalle auch bei unzusammengesetzten Einzelkl\u00e4ngen Unterschiede in der Einfachheit zeigen?\nHaben wir nun Recht in der dargestellten Auffassung: dass Stumpf und K\u00fclpe u. a. in Wirklichkeit nur die gr\u00f6\u00dfere oder geringere Einfachheit der verschiedenen Intervalle untersucht und also die Frage nach der Verschmelzung \u2014 dieses Wort in derselben Bedeutung wie sonst im Vorstellungsleben genommen \u2014 von T\u00f6nen \u00fcberhaupt keiner eigentlichen Behandlung unterworfen haben \u2014, haben wir Recht hierin, so stehen wir also noch gerade beim Anf\u00e4nge der Untersuchungen, welche diese Frage fordern muss, indem von fertigen Resultaten nicht viel Anderes als dasjenige vorliegt, was unsere Analyseversuche ergeben haben.\nAber eine Lehre k\u00f6nnen wir aus den bislang vorliegenden Untersuchungen ziehen: Stumpf hat die Frage in ein vollst\u00e4ndig falsches Geleise gelenkt, indem er die Begriffe \u00bbEinfachheit\u00ab und \u00bbVerschmelzung\u00ab vermengt und den wesentlichen Unterschied in der","page":272},{"file":"p0273.txt","language":"de","ocr_de":"Ueber die \u00bbVerschmelzung\u00ab von Empfindungen, besonders bei Klangeindriieken. 273\nBeurtheilung in Folge von Gesammteindr\u00fccken und mit H\u00fclfe von Analyse \u00fcbersehen hat. Soll die Frage gel\u00f6st werden, so ist es also nothwendig: f\u00fcrs erste einzusehen, dass Einfachheit eins und Verschmelzung ein anderes ist, das von dem ersten abh\u00e4ngig sein kann, aber nicht abh\u00e4ngig zu sein braucht; und zum anderen muss man sich bei der Durchf\u00fchrung seiner Versuche und bei der Auslegung der Resultate derselben best\u00e4ndig vor Augen halten, dass das Urtheil \u00fcber die Einfachheit oder Mehrheit eines Klangeindruckes mit H\u00fclfe von Analyse zu Stande kommen kann, aber auch durch den Ge-sammteindruck allein bestimmt werden kann \u2014 zumeist sogar das Letztere, wenn etwas anderes nicht ausdr\u00fccklich verlangt wird.","page":273},{"file":"p0274.txt","language":"de","ocr_de":"274\tEjnar Buch.\nTabelle IV.\n\t9t t Vt\t9t 1 2/i\t3/i\t9t t s/i\t9t 1 4/3\t9t t 5k\tx f-5A\t9t t %\t9t t 15/s\t9t t 45/32\t9t t %\tAnzahl Ur-theile insgesammt\na) Die Orgelpfeifenversuche bis 17. X. 1895.\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\nHerr Th. ..\t0\t100\t\u2014\t0\t3\t0\t0\t0\t0\t0\t0\t257\nFri. H\t\t0\t94\t\u2014\t50\t22\t39\t0\t0\t0\t10\t17\t143\nHerr M.L..\t0\t90\t\u2014\t52\t29\t40\t20\t8\t24\t11\t33\t178\nHerr N. W.\t5\t86\t\u2014\t36\t43\t19\t25\t7\t16\t38\t32\t357\nHerr S.T. .\t7\t78\t\u2014\t28\t39\t33\t24\t50\t29\t21\t33\t316\nFri. L\t\t21\t74\t\u2014\t23\t29\t33\t20\t8\t38\t8\t8\t308\nHerr A.T..\t17\t75\t\u2014\t48\t56\t31\t52\t17\t33\t20\t14\t227\nHerr C.O.L.\t30\t36\t\u2014\t32\t27\t16\t19\t58\t30\t29\t62\t253\nHerr J. B. .\t41\t41\t-\t31\t31\t40\t25\t26\t33\t33\t40\t297\nb) Die Orgelpfeifenversuche vom 29. X. bis 4. XH. 1895.\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\nHerr Th. ..\t23\t31\t43\t0\t0\t0\t0\t0\t0\t0\t0\t248\nFri. H\t\t19\t61\t35\t8\t0\t8\t0\t0\t0\t0\t0\t150\nHerr K W.\t12\t58\t62\t21\t11\t13\t19\t6\t19\t34\t40\t300\nHerr S.T. .\t33\t60\t71\t0\t0\t0\t0\t0\t0\t0\t2\t300\nc) Die Zungenversuche.\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\nHerr M.L..\t0\t100\t\u2014\t91\t80\t57\t26\t0\t17\t3\t41\t200\nFri. L\t\t0\t100\t\u2014\t50\t27\t56\t31\t0\t0\t0\t40\t117\nHerr A. T..\t28\t69\t\u2014\t48\t48\t43\t57\t22\t22\t46\t46\t160\nHerr J. B..\t40\t40\t\u2014\t50\t28\t30\t50\t13\t38\t3\t58\t240\nd) Die Analyseversuche.\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\nHerr Bj. ..\t0\t95\t100\t2\t5\t2\t5\t11\t2\t5\t0\t350\nHerr Thr. .\t0\t100\t100\t31\t15\t14\t0\t0\t17\t32\t26\t. 300\nHerr H. ...\t10\t55\t90\t28\t20\t13\t20\t60\t30\t37\t5\t250","page":274},{"file":"p0275.txt","language":"de","ocr_de":"Ueber die \u00bbVerschmelzung\u00ab von Empfindungen, besonders bei Klangeindr\u00fccken. 275\nTabelle X.\n\tjet Vi\tjet 7i\tjet 3/i\tjet sk\tjet Vs\tjet 5/s\tjet 5A\tjet 9/s\tjet Kk\tjet 45/32\tjet 8/s\tAnzahl Ur-theile insgesammt\na) G-esammteindr\u00fccke. Orgelpfeifen.\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\nHerr R.H.P.\t0\t100\t100\t86\t40\t32\til\t3\t52\t30\t54\t524\nHerr E. H. .\t7\t81\t94\t35\t19\t29\t15\t7\t29\t23\t40\t404\nDr. A. L. ..\t15\t(8)\t(33)\t45\t38\t50\t38\t18\t18\t44\t52\t408\nHerr J\t\t6\t(67)\t(33)\t70\t71\t53\t70\t32\t24\t76\t82\t285\nb) Gesammteindr\u00fccke. Appunn\u2019sche Zungen.\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\nHerr R.H.P.\t0\t100\t(100)\t99\t75\t63\t53\t5\t0\t4\t4\t528\nHerr E. H. .\t0\t100\t(100)\t75\t46\t38\t29\t28\t6\t23\t17\t408\nDr. A. L. ..\t5\t81\t(54)\t26\t29\t45\t23\t2\t2\t4\t18\t348\nHerr J\t\t((0))\t((25))\t((75))\t50\t36\t36\t27\t14\t7\t14\t27\t172\nc) Analyse. Orgelpfeifen.\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\nHerr S\t\t\u2014\t75\t44\t56\t52\t22\t72\t93\t59\t73\t64\t524\nFri. J\t\t\u2014\t64\t64\t36\t27\t31\t24\t88\t51\t42\t32\t408\nHerr R.H.P.\t\u2014\t68\t89\t61\t38\t23\t44\t40\t38\t35\t42\t514\nHerr E. H. .\t\u2014\t57\t40\t63\t67\t70\t73\t57\t61\t67\t75\t335\nDr. A. L. ..\t\u2014\t((63))\t((43))\t84\t74\t72\t79\t68\t72\t74\t74\t161\nd) Analyse. Appunn\u2019sehe Zungen.\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\nHerr S\t\t\u2014\t((100))\t((88))\t41\t52\t30\t59\t92\t36\t66\t23\t352\nPrl. J\t\t\u2014\t((100))\t((75))\t9\t30\t13\t16\t77\t58\t39\t14\t232\nHerr R.H.P.\t\u2014\t((71))\t((25))\t27\t23\t37\t21\t31\t32\t26\t29\t232\nHerr E. H. .\t\t36\t18\t58\t66\t70\t80\t91\t88\t86\t75\t260\nDr. A. L. ..\t\u2014\t((63))\t((25))\t(63)\t(79)\t(92)\t(92)\t(92)\t(100)\t(100)\t(79)\t112","page":275},{"file":"p0276.txt","language":"de","ocr_de":"276\nEjnar Buch.\nTabelle\na) Orgelpfeifen.\n\tNummer\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\n\t1-9 |\t1-7\t1-10\t1-5\t1-12 |\t8-16\t8-15\t8-18\t8-12\t7-9\t5-17\n\tDas\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\n\t\u00bb/*\t4/3\t%\t5/4\t,5/s\t*/*\t4/3\t5/3\t5/4\t9/s\t15/s\nHerr E. H\t\t14\t7\t7\t7\t(13)\t35\t18\t29\t12\t(13)\t38\nHerr R. H. P. .\t78\t48\t33\t6\t55\t94\t52\t22\t9\t0\t44\nZusammen\t50\t30\t22\t6\t37\t69\t38\t25\t10\t6\t42\nb) Ana-\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\nHerr S\t\t67\t89\t22\t83\t54\t30\t39\t13\t61\t100\t78\nErl. J\t\t25\t7\t21\t0\t(50)\t36\t33\t17\t25\t93\t60\nHerr R. H. P. .\t76\t75\t20\t72\t58\t44\t17\t3\t32\t52\t32\nHerr E. H\t\t41\t50\t41\t50\t(50)\t66\t84\t78\t91\t(79)\t(67)\nZusammen\t55\t59\t25\t55\t53\t43\t41\t24\t51\t80\t59\nc) Appunn\u2019sche Zungen.\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\n\tSehwingungszahlen\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\n\t256 und 384\t264 und 352\t264 und 440\t256 und 320\t288 und 324\t256 und 480\t256 und 360\t260 und 416\t304 und 456\t300 und 400\t312 und 416\n\tDas\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\n\tV*\t\t'h\t8/i\t%\t15/s\t45/32\t*h\tV*\t4/3\t4/a\nHerr R. H. P. .\t100\t63\t66\t11\t0\t0\t6\t2\t98\t65\t\nHerr E. H\t\t50\t64\t40\t14\t(0)\t6\t25\t15\t94\t35\t\nHerr J\t\t(50)\t(50)\t36\t(17)\t(25)\t7\t(33)\t27\t(50)\t(38)\t\u2014\nZusammen\t74\t61\t52\t13\t4\t3\t17\t12\t88\t50 '55 ] 36\t\n\td) Ana-\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\nHerr S\t\t83\t83\t55\t67\t100\t36\t\u2014\t(67)\t25\t25\tj\t\nFri. J\t\t(13)\t(38)\t6\t(0)\t70\t58\t\u2014\t(8)\t10\t30\t\nHerr R. H. P. .\t(33)\t(13)\t38\t(46)\t53\t32\t\u2014\t(44)\t33\t33\t\nHerr E. H\t\t65\t(69)\t69\t(93)\t(88)\t88\t\u2014\t(67)\t63\t73\t\nZusammen\t53\t54\t43\t52\t79\t49\t\u2014\t44\t33\t40 '69_]~29'_\t","page":276},{"file":"p0277.txt","language":"de","ocr_de":"XI.\nGesamm teindr\u00fccke.\nerschmelzung\u00ab von Empfindungen, besonders bei Klangeindr\u00fccken. 277\nder Pfeifen\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\n| 7-12\t5-14 13-20 13-19\t\t\t13-22\t13-17\t15-16\t16-18\t19-20\t10-22\t15-20\t12-21\nIntervall\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\n\u00ab/s2\t*1*\tV*\tVs\t%\ti ^\t%\t%\t%\t15/s\t4%2\tVs\n29\t46\t53\t29\t47\t24\t5\t\t\t29\t17\t33\n10\t50\t86\t20\t42\t17\t4\t\t\t61\t48\t58\n18\t48\t72\t24\t44\t20\t5\t\t\t48\t35\t48\nlyse.\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\n66\t66\t74\t35\t30\t74\t88\t\t\t39\t81\t63\n20\t28\t44\t36\t53\t42\t84\t\t\t42\t64\t36\n32\t40\t65\t30\t45\t35\t36\t\t\t15\t39\t44\n78\t89\t73\t62\t81\t72\t47\t\t\t(64)\t55\t74\n49\t54\t65\t40\t50\t55\t66\t\t\t36\t60\t52\nGesammteindr\u00fccke.\nder T\u00f6ne\n288 und 480\t352 und 440\t320 nnd 360\t288 nnd 408\t300 und 480\t280 und 448\t336 und 504\t384 und 512\t300 und 500\t400 und 500\t416 und 468\t448 und 504\t336 und 476\t320 und 512\nIntervall\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\n1 %\t\u25a0V4\t%\t17/l2\t8/s\t8/5\t3/2\tVs\t5/s ! \u00bb/*\t\t%\t%\t17/l2 1 8k\t\n(59)\t83\t(17)\t5\t4\t\t100\t94\t58\t57\t5\t\u2014\t0\t5\n(0)\t35\t(17)\t0\t13\t\t76\t41\t40\t35\t47\t\u2014\t42\t25\n\u2014\t(25)\t(0)\t(13)\t(33)\t\t(50)\t(25)\t36\t(38)\t(11)\t_\t(0)\t(25)\n44\t56\t15\t5\t9 TiT'T\t\t83\t64\t46\t46\t21\t\u2014\t13\t15\nlyse.\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\n0\t50\t\u2014\t64\t19\t\u2014\t25\t56\t17\t63\t86\t\t68\t14\n(42)\t20\t\u2014\t61\t(31)\t\u2014\t5\t25\t(0)\t25\t82\t\u2014\t18\t11\ndl)\t13\t\u2014\t10\t(8)\t\u2014\t17\t20\t61\t10\t16\t\u2014\t43\t33\n70\t83\t\u2014\t85\t82\t\u2014\t45\t58\t(71)\t71\t(94)\t\u2014\t88\t70\n30\t44\t\u2014\t57\t38\t\u2014\t24\t43\t34\t47\t69\t\t57\t30\nWundt, Philos. Studien. XV.\n19","page":277},{"file":"p0278.txt","language":"de","ocr_de":"278 Ejnar\u00dfuch. Ueber die \u00bbVerschmelzung'' von Empfindungen, besonders bei Khtngeindr\u00fccken.\nTabelle XI.\n(Fortsetzung.)\n\t3h\t4/s\t6/s\t5A\t%\t15/s\t46/32 und 17/l2\t8/5\ne) Orgelpfeifen. Gesammteindr\u00fccke. .\t65\t31\t31\t13\t5\t42\t25\t48\nAnalyse\t\t54\t45\t34\t53\t71\t50\t54\t53\nAppunn\u2019sche Zungen. Gesammteindr\u00fccke. .\t82\t58\t49\t40\t15\t3\t12\t12\nAnalyse\t\t35\t45\t37\t47\t73\t49\t57\t35","page":278}],"identifier":"lit4276","issued":"1900","language":"de","pages":"183-278","startpages":"183","title":"Ueber die \u201cVerschmelzung\u201c von Empfindungen, besonders bei Klangeindr\u00fccken: III. Die Verschmelzung von Intervallen.","type":"Journal Article","volume":"15"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T14:27:30.909263+00:00"}