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{"created":"2022-01-31T12:38:30.182443+00:00","id":"lit4282","links":{},"metadata":{"alternative":"Philosophische Studien","contributors":[{"name":"D\u00fcrr, Ernst","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Philosophische Studien 15: 501-523","fulltext":[{"file":"p0501.txt","language":"de","ocr_de":"lieber die stroboskopischen Erscheinungen.\nExperimentelle Untersuchungen aus dem psychologischen Institut der Universit\u00e4t W\u00fcrzburg.\nVon\nErnst D\u00fcrr.\nMit 1 Eigur im Text.\nDie stroboskopischen Erscheinungen kommen dadurch zu Stande, dass dem Auge successive einzelne Phasen eines ruhenden oder bewegten Gegenstandes dargeboten werden, welche subjectiv zu einem Gesammtbild des Gegenstandes verschmelzen1).\nWeil die stroboskopischen Erscheinungen durch intermittirende Netzhautreizung hervorgerufen werden, so m\u00fcssen auch die Gesetze, die f\u00fcr intermittirende Netzhautreizung bekannt sind, auf sie Anwendung finden2). Diese Gesetze besagen, dass successiv und periodisch wirkende Gesichtsreize unter Umst\u00e4nden eine constante Empfindung erzeugen k\u00f6nnen, und dass die einzelnen Momente, die das Entstehen einer solchen beg\u00fcnstigen, in der Verk\u00fcrzung der .Reizdauern , der Vergr\u00f6\u00dferung des Unterschiedes der Reizdauern, der Verminderung des Unterschiedes der Reizintensit\u00e4ten und in der Erh\u00f6hung der mittleren St\u00e4rke der Reize bestehen. Die resul-tirende constante Empfindung ist dabei identisch mit derjenigen, die erzeugt w\u00fcrde, wenn das dem Auge w\u00e4hrend einer Periode\n1)\tEine Uebersicht \u00fcber die Geschichte der Lehre von den stroboskopischen Erscheinungen und eine Theorie derselben findet sich bei Mar be, Die stroboskopischen Erscheinungen, Philos. Studien, Bd. XIV, S. 376 ff.\n2)\tYergl. Marbe, a. a. O. S. 396.\nWundt, Philos. Studien. XY.\n34","page":501},{"file":"p0502.txt","language":"de","ocr_de":"502\nErnst D\u00fcrr.\ndargebotene Licht gleichm\u00e4\u00dfig auf die Dauer der ganzen Periode vertheilt w\u00e4re1).\nDies sind in Kurzem die wesentlichsten bisher gewonnenen Ergebnisse der Versuche \u00fcber intermittirende Netzhautreizung. Im Verlauf von Versuchen nun, die Herr Dr. Marbe und ich auf dem psychologischen Institut der Universit\u00e4t W\u00fcrzburg anstellten, machten wir eine Beobachtung, die uns eine Erweiterung des bisher \u00fcber intermittirende Netzhautreizung Bekannten zu bedeuten schien. Wir fanden n\u00e4mlich, dass von zwei in je sechs gleich gro\u00dfe Sectoren einge-theilten rotirenden Scheiben mit gleich gro\u00dfer mittlerer Intensit\u00e4t die eine eher verschmolz als die andere, wenn bei jener die einzelnen Sectoren abwechselnd schwarz und wei\u00df, und wenn sie bei dieser abwechselnd schwarz, grau und wei\u00df waren.\nVon den oben angef\u00fchrten, die Verschmelzung beeinflussenden Momenten waren bei diesem Versuch bei beiden Scheiben drei identisch. Die mittlere Intensit\u00e4t war, wie bereits erw\u00e4hnt, bei beiden Scheiben gleich, die Dauer der einzelnen Beize war, da die sechs Sectoren beider Scheiben gleich gro\u00df waren, dieselbe, und die Differenz der Keizdauern war daher bei beiden Scheiben gleich Null. Das vierte Moment, die Differenz der Beizintensit\u00e4ten, war verschieden, indem diese Differenz nat\u00fcrlich gr\u00f6\u00dfer war auf der Scheibe mit abwechselnd schwarzen und wei\u00dfen, als auf derjenigen mit schwarzen, grauen und wei\u00dfen Sectoren. Aber deshalb h\u00e4tte gerade das Gegentheil des beobachteten Thatbestandes der Fall sein, die Verschmelzung h\u00e4tte zuerst auf der Scheibe mit den schwarz-grau-wei\u00dfen Sectoren eintreten m\u00fcssen; denn Vergr\u00f6\u00dferung der Differenz der Beizintensit\u00e4ten wirkt ung\u00fcnstig f\u00fcr die Verschmelzung. Au\u00dfer der Differenz der Beizintensit\u00e4ten war aber auf beiden Scheiben nur noch die Zahl der von einander verschiedenen intermittirend dem Auge dargebotenen Beize verschieden. Demnach scheint aus unserer Beobachtung der Satz zu folgen, dass die Zahl der von einander verschiedenen Beize bei successiv-periodischer Netzhautreizung einen Einfluss auf das Zustandekommen einer constanten Empfindung aus\u00fcbt, so zwar, dass Vermehrung dieser Anzahl ung\u00fcnstig wirkt.\n1) Vergl. Marbe, Theorie des Talbot\u2019schen Gesetzes, Philos. Studien, Bd. XII, S. 279 f.","page":502},{"file":"p0503.txt","language":"de","ocr_de":"Ueber die stroboskopischen Erscheinungen.\n503\nDieser Satz steht denn auch in bestem Einklang mit unseren theoretischen Anschauungen von den Gesetzm\u00e4\u00dfigkeiten intermittiren-der Netzhautreizung; er l\u00e4sst sich direct aus der Theorie Marbe\u2019s deduciren. Nach dieser Theorie des Talhot\u2019schen Gesetzes n\u00e4mlich ist von ausschlaggebender Bedeutung f\u00fcr das Zustandekommen einer constanten Empfindung bei intermittirender Netzhautreizung die Aehn-lichkeit der einzelnen charakteristischen Effectengruppen '). Es l\u00e4sst\n1) S. Marbe, Theorie des Talbot\u2019schen Gesetzes, S. 2S3 ff. Ausf\u00fchrlicher erl\u00e4utert findet sich dasselbe bei Marbe: Die stroboskopischen Erscheinungen, Philos. Studien, Bd. XIY, S. 386ff. Gegen diese Darlegungen Marbe\u2019s hat Witasek in der Zeitschrift f\u00fcr Psych, und Physiol, der Sinnesorgane (Bd. XX, S. 199 f.) mehrere Einw\u00e4nde erhoben.\nZun\u00e4chst behauptet er, die Voraussetzung der Marbe\u2019schen Theorie, dass die Lichtempfindung jedes Zeitelementes eine Function des zugeh\u00f6rigen und der direct vorhergehenden Elementareffecte ist, sei nichts anderes als ein neuer Ausdruck eines Theiles des Talbot\u2019schen Gesetzes. Dieser Einwand st\u00fctzt sich jedoch nur auf die Ausdrucksweise Marbe\u2019s in der \u00bbTheorie des Talbot\u2019schen Gesetzes\u00ab S. 284, wonach allerdings der Anschein erweckt werden k\u00f6nnte, als sollte die fragliche Voraussetzung der Theorie des Talbot\u2019schen Gesetzes erst durch die Richtigkeit eben dieses Gesetzes bewiesen werden. Thats\u00e4chlich aber ist die von Marbe vorausgesetzte Abh\u00e4ngigkeit der Empfindung von einer Reihe vorhergehender Elementareffecte doch eine Thatsache, die f\u00fcr sich experimentell bereits durch Exner sichergestellt ist. Und diese Versuche Exner\u2019s \u00fcber den Verlauf der Netzhauterregung citirt Marbe selbst in der Darlegung seiner Theorie (S. 285). Weiterhin behauptet Witasek, Marbe messe den Aehnlichkeitsgrad der charakteristischen Effectengruppen nicht an ihrem Aussehen, sondern an der mittleren Variation der Elementareffecte. Das ist nicht richtig. Marbe behauptet, dass die mittlere Variation der Elementareffecte (und die Gr\u00f6\u00dfe der Zeiten, innerhalb deren gleich viel Licht ins Auge f\u00e4llt) die Aehnlichkeit der charakteristischen Effectengruppen beeinflusse. Aber er misst diese Aehnlichkeit an dem Aussehen und an der Gr\u00f6\u00dfe der Effectengruppen. Er zeigt n\u00e4mlich, dass bei Verk\u00fcrzung der Dauer der intermittirend dargebotenen Reize und bei Vergr\u00f6\u00dferung des Unterschiedes der Reizdauem je zwanzig auf einander folgende charakteristische Effectengruppen mehr vollst\u00e4ndig identische Effectengruppen enthalten als bei gr\u00f6\u00dferer Dauer der Reize und geringerem Unterschied der Reizdauern, und dass bei Verk\u00fcrzung der Dauer der intermittirend dargebotenen Reize, bei Vergr\u00f6\u00dferung des Unterschiedes der Reizdauern und bei Verminderung des Unterschiedes der Reizintensit\u00e4ten die arithmetischen Mittel der charakteristischen Effectengruppen eine geringere Variation aufweisen, als wenn diese f\u00fcr die Verschmelzung g\u00fcnstigen Momente nicht in Betracht kommen. Damit erledigt sich auch der zweite Einwand Witasek\u2019s gegen Marbe\u2019s Theorie, dass es n\u00e4mlich kein bestimmtes Ma\u00df der Aehnlichkeit der charakteristischen Effectengruppen gebe. Dieser Einwand k\u00e4me dann in Betracht, wenn der Versuch Marbe\u2019s, die gr\u00f6\u00dfere Aehnlichkeit der charakteristischen Effectengruppen im\n34*","page":503},{"file":"p0504.txt","language":"de","ocr_de":"504\nErnst D\u00fcrr.\nsich nun leicht zeigen, dass die charakteristischen Effectengruppen unter sich um so un\u00e4hnlicher sind, je mehr verschiedene Reize auf das Auge intermittirend wirken. Nehmen wir z. B. an, dass bei Rotation der Scheibe mit den schwarzen und wei\u00dfen Sectoren folgende Elementareffecte dem Auge geboten werden:\n11111999991111 1 999991111199999 u. s. w.\nund dass hei Rotation der Scheibe mit den schwarzen, grauen und wei\u00dfen Sectoren die Elementareffecte folgende sind:\n111115555599999111115555599999 u. s. w.\nund nehmen wir ferner an, dass eine charakteristische Effectengruppe aus neun Elementareffecten besteht, so haben wir nach einander folgende charakteristische Effectengruppen :\n1) Schwarz-wei\u00dfe Scheibe. 1 1\t1\t1\t1\t9\t9\t9\t9\n1 1\t1\t1\t9\t9\t9\t9\t9\n1 1\t1\t9\t9\t9\t9\t9\t1\n1 1\t9\t9\t9\t9\t9\t1\t1\n1 9\t9\t9\t9\t9\t1\t1\t1\n9 9\t9\t9\t9\t1\t1\t1\t1\n9 9\t9\t9\t1\t1\t1\t1\t1\n9 9\t9\t1\t1\t1\t1\t1\t9\n9 9 111119 9 9 111119 9 9 1 1\t1\t1\t1\t9\t9\t9\t9\n1 1\t1\t1\t9\t9\t9\t9\t9\n1 1\t1\t9\t9\t9\t9\t9\t1\n1 1\t9\t9\t9\t9\t9\t1\t1\n1 9\t9\t9\t9\t9\t1\t1\t1\n9 9\t9\t9\t9\t1\t1\t1\t1\nu. s. w.\n2) Schwarz-grau-wei\u00dfe Scheibe. 1\t1\t1\t1\t1\t5\t5\t5\t5\n1\t1\t1\t1\t5\t5\t5\t5\t5\n1\t1\t1\t5\t5\t5\t5\t5\t9\n1\t1\t5\t5\t5\t5\t5\t9\t9\n155555999 555559999 555599999 555999991 5\t5\t9\t9\t9\t9\t9\t1\t1\n5\t9\t9\t9\t9\t9\t1\t1\t1\n9\t9\t9\t9\t9\t1\t1\t1\t1\n9\t9\t9\t9\t1\t1\t1\t1\t1\n9\t9\t9\t1\t1\t1\t1\t1\t5\n9 9 111115 5 9 111115 5 5 1 1 1 1 1 5 5 5 5 u. s. w.\neinen Falle gegen\u00fcber der geringeren Aehnlichkeit in einem anderen Falle nachzuweisen, daran gescheitert w\u00e4re, dass im einen Falle die charakteristischen Effectengruppen eine geringere Variation des arithmetischen Mittels und eine gr\u00f6\u00dfere Verschiedenheit der Anordnung der Elementareffecte, im anderen Falle eine gr\u00f6\u00dfere Variation des arithmetischen Mittels und eine geringere Verschiedenheit in der Anordnung der Elementareffeete aufgewiesen h\u00e4tten. Dies ist aber nicht der Fall. Folglich ist dieser Einwand Witasek\u2019s belanglos.","page":504},{"file":"p0505.txt","language":"de","ocr_de":"Ueber die stroboskopischen Erscheinungen.\t505\nDie arithmetischen Mittel der einzelnen Gruppen der linken Columne sind :\n41_\t49\t49\t49\t49\t49\t41^\t41\t41\t41\t4t\t49\t49\t49\t49\t49\n9\u2019\t9\u2019\t9\u2019\t9\u2019\t9\u2019\t9\u2019\t9\u2019\t9\u2019\t9 \u2019\tT\u2019\tT\u2019\tT\u2019\tT\u2019\tT\u2019-IT\u2019\tT'\nDie arithmetischen Mittel der einzelnen Gruppen der rechten Columne sind:\n25.\t29\t37\t45\t53\t61\t65\t61\t57\t53\t49\t41\t37\t33\t29\t25\n9\u2019\t9\u2019\t9\u2019\t9\u2019\t9\u2019\t9 \u2019\t9\u2019\t9\u2019\t9\u2019\t9 \u2019\tT\u2019\tT \u2019\tT\u2019\tIT\u2019\tT\u2019\tT'\nAus den angef\u00fchrten charakteristischen Effectengruppen und deren arithmetischen Mitteln ersieht man, dass hei Ben\u00fctzung der schwarz-wei\u00dfen Scheibe auf sechzehn charakteristische Effectengruppen sechs gleiche treffen, w\u00e4hrend bei Ben\u00fctzung der schwarz-grau-wei\u00dfen Scheibe unter sechzehn charakteristischen Effectengruppen sich nur zwei identische finden, und dass ferner die mittlere Variation des arithmetischen Mittels der Effectengruppen im ersteren Fall viel geringer ist als im letzteren. Das hei\u00dft aber nichts anderes, als dass bei Rotation der schwarz-wei\u00dfen Scheibe die charakteristischen Effectengruppen einander \u00e4hnlicher sind als hei Rotation der schwarzgrau-wei\u00dfen Scheibe.\nDer Satz, der sich somit aus Marhe\u2019s Theorie des Talbot-schen Gesetzes direct ableiten l\u00e4sst, dass Vermehrung der Zahl der von einander verschiedenen Reize hei successiv-periodischer Gesichtsreizung f\u00fcr die Verschmelzung ung\u00fcnstig ist, wird \u00fcbrigens auch gest\u00fctzt durch eine Beobachtung, die Schenck!) in seiner letzten Arbeit \u00fcber intermittirende Netzhautreizung ver\u00f6ffentlicht hat. Schenck formulirt diese Beobachtung S. 54 folgenderma\u00dfen: Eine mit\nAus dem bisher Gesagten ergibt sich aber auch die Hinf\u00e4lligkeit des letzten Einwandes von Witasek. Wenn dieser n\u00e4mlich behauptet, das Aehnlichkeits-ma\u00df, das Marbe an die charakteristischen Effectengruppen anlege, sei eine Vorausnahme des Talbot\u2019sehen Gesetzes, so k\u00f6nnte diese Ansicht sich nur darauf gr\u00fcnden, dass unter verschiedenen Aehnlichkeitsma\u00dfen dasjenige von Marbe gew\u00e4hlt worden sei, was am besten mit den Thatsachen des Talbot\u2019sehen Gesetzes in Einklang zu bringen ist. Das ist aber nicht richtig. Marbe beurtheilt die Aehnlichkeit der charakteristischen Effectengruppen nach den Gesichtspunkten, nach denen man Aehnlichkeit \u00fcberhaupt beurtheilt, nach Gr\u00f6\u00dfe und Anordnung der Theile. Inwiefern damit das Talbot\u2019sehe Gesetz vorausgesetzt sein soll, ist nicht einzusehen.\n1) Schenck, Ueber intermittirende Netzhautreizung, 3.\u20147. Mittheilung. Pfl\u00fcger\u2019s Archiv f\u00fcr die ges. Physiol. Bd. 68, S. 32ff.","page":505},{"file":"p0506.txt","language":"de","ocr_de":"506\nErnst D\u00fcrr.\nschwarzen und wei\u00dfen Sectoren erf\u00fcllte Kreiselscheibe hat eine geringere Umdrehungsgeschwindigkeit n\u00f6thig, um gleichm\u00e4\u00dfig auszusehen, als eine nur zur H\u00e4lfte von Sectoren bedeckte, zur anderen H\u00e4lfte mit gleichm\u00e4\u00dfigem, dem Sectorengemisch gleich hellem Grau erf\u00fcllte Scheibe. Auch bei dieser Beobachtung handelt es sich um drei verschiedene, intermittirend dargebotene Beize, die schwerer verschmelzen als zwei abwechselnd auf das Auge wirkende. Von dieser seiner Beobachtung behauptet Schenck freilich, dass sie in Widerspruch mit unseren theoretischen Anschauungen \u00fcber intermittirende Netzhautreizung stehe, eine Ansicht, die ich indessen durch obige Ausf\u00fchrungen widerlegt zu haben glaube.\nDie bisher aufgef\u00fchrten S\u00e4tze \u00fcber intermittirende Netzhautreizung wurden gr\u00f6\u00dftentheils durch Versuche gefunden, die mit rotirenden, in verschiedene Sectoren eingetheilten Scheiben angestellt wurden. Sie m\u00fcssen, wie bereits hervorgehoben, auch f\u00fcr die stroboskopischen Erscheinungen gelten. Aber die principielle Gleichartigkeit der Netzhautvorg\u00e4nge bei Betrachtung einer rotirenden Scheibe mit verschieden hellen Sectoren und bei Beobachtung stroboskopischer Erscheinungen d\u00fcrfte doch nicht so ganz augenf\u00e4llig sein. Denn dort ist das Endresultat dieser Vorg\u00e4nge der Untergang s\u00e4mmtlicher Reizunterschiede in einer gleichartigen Gesammtempfin-dung, hier ergeben sich Bilder, in denen verschiedene Farben und Helligkeiten neben einander vorhanden sind. Deshalb darf hier wohl betont werden, dass dieses verschiedene Ergebniss nicht auf dem Hereinspielen anderer als der oben aufgef\u00fchrten Eactoren, sondern nur auf einem verschiedenen Zusammenwirken eben dieser beruht. In dem Auge n\u00e4mlich, das stroboskopische Erscheinungen sieht, gleicht sich nicht die verschiedene Reizung der einzelnen Netzhautbezirke im einen Zeittheil durch die jeweils entgegengesetzte im n\u00e4chsten Zeittheil vollst\u00e4ndig aus. Es bleibt vielmehr die Gesammt-reizung der verschiedenen Netzhautbezirke eine verschiedene. Jede einzelne Farbe und Helligkeit des stroboskopischen Gesammtbildes aber l\u00e4sst sich vollkommen aus den oben erw\u00e4hnten Gesetzm\u00e4\u00dfigkeiten der intermittirenden Netzhautreizung erkl\u00e4ren.\nDiese schon von Mar be dargelegte Ansicht best\u00e4tigten uns einige neue Versuche. Wir lie\u00dfen eine Pappscheibe von etwa 30 cm Durchmesser, die auf der einen Seite mit schwarzem, auf","page":506},{"file":"p0507.txt","language":"de","ocr_de":"Ueber die stroboskopischen Erscheinungen.\n507\nder andern mit wei\u00dfem Papier \u00fcberzogen war, vor einem Spiegel rotiren. Aus dieser Scheibe waren in gleichen Abst\u00e4nden sechs radial verlaufende Spalten von 8 mm Breite und etwa 7 cm L\u00e4nge ausgeschnitten. Auf der dem Spiegel zugewendeten (wei\u00dfen) Seite konnten auf einem Kreise unter den einzelnen Spalten sechs Eireisscheibchen von etwa 21/2 cm Durchmesser angebracht werden. Wir w\u00e4hlten nun diese Scheibchen f\u00fcr einen Versuch aus schwarzem, f\u00fcr einen zweiten aus grauem Papier. Bei einem dritten Versuch brachten wir unter dem einen Spalt ein schwarzes, unter dem n\u00e4chsten ein graues, unter dem dritten wieder ein schwarzes Scheibchen an u. s. w. Ein viertes Mal waren die Scheibchen, die wir ben\u00fctzten, abwechselnd schwarz und wei\u00df, und endlich auch abwechselnd grau und wei\u00df. Diese Scheibchen betrachteten wir durch die Spalten der gro\u00dfen Scheibe im Spiegel. Sie erschienen bei geringer Botationsgeschwindigkeit intermittirend, bei etwas schnellerer Drehung waren sie immer sichtbar, jedoch nicht von constanter Helligkeit, bis endlich bei weiterer Steigerung der Geschwindigkeit auch das Flimmern auf ihnen verschwand. Die Helligkeit, in der sie nunmehr erschienen, war bestimmt durch ihre eigene Intensit\u00e4t und durch das Schwarz der Spaltscheibe. Die Intensit\u00e4tsdifferenz zwischen diesen beiden Constituenten war nat\u00fcrlich am geringsten bei den schwarzen Scheibchen, gr\u00f6\u00dfer bei den grauen, und dem entsprechend verschwand das Elimmern bei jenen eher als bei diesen. Bei Benutzung der abwechselnd schwarzen und grauen, schwarzen und wei\u00dfen und grauen und wei\u00dfen Scheibchen war die Anzahl der intermittirend dargebotenen Beize eine gr\u00f6\u00dfere als bei den beiden vorher erw\u00e4hnten Anordnungen, und so trat denn ganz entsprechend dem auf S. 503 ff. aufgestellten Satz die Verschmelzung hier etwas sp\u00e4ter ein als bei den zuerst beschriebenen Versuchen. Die Differenz der Beizintensit\u00e4ten war unter den letzten drei Anordnungen am geringsten bei dem Versuch mit den schwarzen und grauen Scheibchen, und so trat denn auch hier wieder die Verschmelzung eher ein als bei den beiden \u00fcbrigen. Was diese anbelangt, so war die Differenz der Beizintensit\u00e4ten bei Ben\u00fctzung der grauen und wei\u00dfen Scheibchen wohl etwas gr\u00f6\u00dfer als bei Anwendung der schwarzen und wei\u00dfen. Doch bewirkte hierbei wohl die offenbar gr\u00f6\u00dfere mittlere Intensit\u00e4t bei den grauen und wei\u00dfen Scheibchen, dass sie eher verschmolzen","page":507},{"file":"p0508.txt","language":"de","ocr_de":"508\nErnst D\u00fcrr.\nals die schwarzen und wei\u00dfen. Die Zahlen, die unsere f\u00fcnf Versuchsreihen uns lieferten, gibt folgende Tabelle I wieder. Die erste Columne enth\u00e4lt die Zahlen f\u00fcr die Dauer einer Umdrehung der Spaltscheibe, bei welcher die Kreisscheibchen eine constante Helligkeit aufwiesen. Diese Dauer wurde mittelst einer F\u00fcnftelsecundenuhr bestimmt. Jede hier aufgef\u00fchrte Zahl ist aus vier Beobachtungen gewonnen. Die zweite Columne gibt die Beschaffenheit der benutzten Kreisscheibchen an, und die dritte enth\u00e4lt die mittlere Variation der einzelnen Beobachtungen.\nTabelle I.\nBeobachter: Dr. Mar be.\nDauer einer Umdrehung\tScheibchen\tMittlere Yariation\n0,470 Secunden\tschwarz\t0,010\n0,400\t\u00bb\tgrau\t0,000\n0,091\tschwai'z-grau\t0,003\n0,087\t\u00bb\tgrau-wei\u00df\t0,0u4\n0,078\tschwarz-wei\u00df\t0,004\nBei Gelegenheit dieser Experimente machten wir eine auffallende Beobachtung. Bevor n\u00e4mlich die abwechselnd schwarzen und wei\u00dfen Scheibchen in einem constanten (ziemlich hellen) Grau erschienen, zeigten sich einige Augenblicke lang sechs etwas flimmernde ganz dunkle Scheibchen, die sich bei weiterer Zunahme der Geschwindigkeit der Spaltscheibe pl\u00f6tzlich aufhellten.\nDiese Thatsache stellten wir zusammen mit der von Br\u00fccke ') mitgetheilten Beobachtung, dass bei intermittirender Netzhautreizung die gr\u00f6\u00dfte erreichbare Helligkeit wahrgenommen wird, bevor die Empfindung v\u00f6llig constant geworden ist. Die Allgemeing\u00fcltigkeit dieses Br\u00fccke\u2019sehen Befundes schien durch unsere Beobachtung in Frage gestellt zu sein. Nun kehrten wir unsere oben mitgetheilte Versuchsanordnung in der Weise um, dass wir durch die sechs Spalten\n1) Moleschott, Untersuchungen zur Naturlehre, Bd. IX, S. 367 ff.","page":508},{"file":"p0509.txt","language":"de","ocr_de":"Ueber die stroboskopischen Erscheinungen.\n509\nder Spaltscheibe drei wei\u00dfe Kreisscheibchen auf schwarzem Grund betrachteten. Dabei fanden wir vollst\u00e4ndig entsprechend der Br\u00fcckeschen Beobachtung, dass die Scheibchen vor der v\u00f6lligen Verschmelzung heller erschienen als nach derselben. Daraus schlossen wir nun, dass die von Br\u00fccke mitgetheilten Thatsachen nur einen Theil einer umfassenderen Gesetzm\u00e4\u00dfigkeit zum Ausdruck bringen. Diese lie\u00dfe sich vielleicht dahin formuliren, dass unter gewissen Umst\u00e4nden von intermittirend gesehenen nicht vollst\u00e4ndig verschmelzenden Reizen derjenige, der seiner Natur nach geeignet ist, die Aufmerksamkeit st\u00e4rker auf sich zu lenken, die Tendenz hat, die scheinbare Helligkeit des Gesampatbildes hervorragend zu beeinflussen. Freilich reichen unsere gegenw\u00e4rtigen psycho-physiologischen Kenntnisse nicht aus, eine umfassendere theoretische Begr\u00fcndung der fraglichen Thatsachen zu geben.\nGesondert von den bisher behandelten stroboskopischen Erscheinungen, durch welche uns ruhende Objecte vorgef\u00fchrt werden, sind diejenigen zu behandeln, die Bewegungen zum Ausdruck bringen. Denn einerseits ist es nat\u00fcrlich unm\u00f6glich, alle die unendlich vielen Phasen eines bewegten Gegenstandes durch das Stroboskop dem Auge von einander getrennt darzubieten, andererseits setzt sich der stroboskopische Eindruck einer Bewegung aus einzeln dargebotenen Phasen zusammen. Daraus ergibt sich f\u00fcr diese Gruppe von stroboskopischen Erscheinungen ohne weiteres ein eigenes Problem. Es fragt sich n\u00e4mlich, wie viel Phasen ausfallen d\u00fcrfen, ohne dass der Bewegungseindruck gest\u00f6rt wird, und warum dieser Phasenausfall nicht bemerkt wird.\nAuf dieses Problem hat Gr\u00fctzner1) hingewiesen, wenn er berichtet, dass er die stroboskopische Erscheinung bockspringender Knaben nach Verdeckung mehrerer Phasen auf der Bildscheibe noch gerade so gut beobachtet habe als ohne diese Modification. Im Anschluss an diese Angabe hat dann Marbe2) einige Versuche ver\u00f6ffentlicht, die mit dem Ansch\u00fctz\u2019sehen Schnellseher und den Bildern des \u00fcber eine H\u00fcrde setzenden Reiters (Streifen 3 der An-\nil P. Gr\u00fctzner, Versuche mit der Wunderscheibe. Pfl\u00fcger\u2019s Archiv, Bd. LV, S. 508.\n2) Marbe, Die stroboskopischen Erscheinungen, S. 385 f., 398 ff.","page":509},{"file":"p0510.txt","language":"de","ocr_de":"510\nErnst D\u00fcrr.\nsch\u00fctz\u2019schen Collection) angestellt wurden. Marbe gelangte durch diese Versuche zu der Ansicht, \u00bbdass eine Reihe von Bewegungsphasen unter Umst\u00e4nden ohne Nachtheil ausfallen kann, dass aber der Ausfall der Bewegungsphasen bei gen\u00fcgender Aufmerksamkeit und geeigneter Richtung derselben bewusst werden kann\u00ab, und dass in Folge dessen der Ausfall der Bewegungsphasen bei den stroboskopischen Erscheinungen jedenfalls in Folge rein centraler Ursachen unbemerkt bleibt.\nEs galt nun vor allem genauer zu untersuchen, wieviel Phasen ausfallen d\u00fcrfen, ohne dass eine Unterbrechung bemerkt wird, beziehungsweise welche Zeit- und Raumgr\u00f6\u00dfe zwei auf einander folgende Phasen trennen darf, ohne dass sie den Eindruck einer continuir-lichen Bewegung st\u00f6rt'). Wir ben\u00fctzten zu diesen Bestimmungen Streifen 7 der An sch\u00fctz\u2019sehen Collection, auf dem die einzelnen Phasen bockspringender Turner dargestellt sind. Der Schnellseher wurde durch einen Elektromotor in Bewegung versetzt, die Dauer von zehn Umdrehungen mittelst einer Fiinftelsecundenuhr bestimmt. Wir verdeckten nun zun\u00e4chst unter Beibehaltung einer gewissen Geschwindigkeit durch wei\u00dfe, mittelst Haften befestigte Papierstreifen eine Phase nach der anderen und sahen zu, wieviel Phasen auf diese Weise verdeckt werden durften, ohne dass dadurch der Bewegungseindruck gest\u00f6rt wurde. Darnach kehrten wir die Versuchsanordnung in der Weise um, dass wir f\u00fcr eine bestimmte Anzahl verdeckter Phasen die Geschwindigkeit suchten, bei der die Unterbrechung gerade wahrgenommen wurde. Die zu verdeckenden Phasen w\u00e4hlten wir einmal aus den mittleren, einmal aus den ersten und einmal aus den letzten Partien der Bewegung, d. h. einmal aus dem Theil, wo der eine Turner gerade \u00fcber dem andern schwebt, einmal aus jenem, wo er den Anlauf nimmt, und einmal aus jenem, wo er abspringt.\nDie Resultate unserer Versuche sind in den folgenden Tabellen niedergelegt. Die ersten Oolumnen derselben enthalten die Dauer einer Umdrehung des Schnellsehers, bei der eine L\u00fccke gerade bemerkt wurde, in Secunden ausgedr\u00fcckt. In den zweiten Oolumnen ist die Anzahl der Phasen angegeben, die in dem betreffenden Fall\n1) Bei dieser Untersuchung unterst\u00fctzte mich in liebensw\u00fcrdigster Weise Herr Prof. K\u00fclpe.","page":510},{"file":"p0511.txt","language":"de","ocr_de":"Ueber die stroboskopischen Erscheinungen.\n511\nverdeckt waren. Die dritten Columnen geben die Lage der verdeckten Phasen auf dem Bildstreifen an und zwar auf Grund einer Numme-rirung s\u00e4mmtliclier Phasen von Beginn des Anlaufs an mit eins bis vierundzwanzig. In den vierten Columnen ist die Zeit in Secunden berechnet, w\u00e4hrend welcher dem Auge keine Phase dargeboten war, wenn es eben eine L\u00fccke bemerkte. Ich nenne diese Zeit die kritische Dauer der Unterbrechung. Die f\u00fcnften Columnen endlich geben, allerdings nur ganz ann\u00e4hernd, die Raumgr\u00f6\u00dfe des verdeckten Theiles der Bewegung an.\nTabelle II.\nBeobachter: Prof. K\u00fclpe.\nDauer einer Umdrehung\tZahl der verdeckten Phasen\tNummern der verdeckten Phasen\tKrit. Dauer der Unterbrechung\t\tRaumgr\u00f6\u00dfe des verdeckten Theiles der Bewegung\n1,8 Sec.\t2\t15\u201416\t0,15 Sec.\t\t2 mm\n1,8. \u00bb\t3\t14\u201416\t0,225\t\u00bb\t4 \u00bb\n1,5\t\u00bb\t4\t14\u201417\t0,25\t\u00bb\t7 \u00bb\n1,3 \u00bb\t5\t13\u201417\t0,25\t\u00bb\t9 \u00bb\n1,0 \u00bb\t6\t13\u201418\t0,24\t\u00bb\t11 \u00bb\n0,8 \u00bb\t7\t12\u201418\t0,24\t\u00bb\t13 \u00bb\nl,7 \u00bb\t3\t3\u20145\t0,21\t*\t8 \u00bb\n1,2 \u00bb\t4\t3\u20146\t0,20\t\u00bb\t15 \u00bb\n1,0 \u00bb\t5\t3\u20147\t0,20\t\u00bb\t18 \u00bb\n1,5 \u00bb\t3\t20\u201422\t0,19\t\u00bb\t4 \u00bb\n1,2 \u00bb\t4\t19\u201422\t0,20\t\u00bb\t6 *\n0,9\t\u00bb\t5\t18\u201422\t0,19\t\u00bb\t8 \u00bb","page":511},{"file":"p0512.txt","language":"de","ocr_de":"512\nErnst D\u00fcrr.\nTabelle HE.\nBeobachter: Verfasser.\nDauer einer Umdrehung\tZahl der verdeckten Phasen\tNummern der verdeckten Phasen\tKrit. Dauer der Unterbrechung\tRaum gro\u00dfe des verdeckten Theiles der Bewegung\n2,4 Sec.\t4\t14-17\t0,40 Sec.\t7 mm\n1,7 \u00bb\t5\t13\u201417\t0,35\t\u00bb\t9 \u00bb\n1,0 \u00bb\t6\t13-18\t0,24\t\u00bb\t11 \u00bb\n0,9 \u00bb\t7\t12\u201418\t0,26 \u00bb\t13 \u00bb\n1,6 \u00bb\t3\t3\u20145\t0,20 \u00bb\t8 \u00bb\n1,4 \u00bb .\t4\t3\u20146\t0,23 \u00bb\t15 \u00bb\n1,1 \u00bb\t5\t3\u20147\t0,23\t\u00bb\t18 \u00bb\n1,5 \u00bb\t3\t20\u201422\t0,19 \u00bb\t4 \u00bb\n1,2 \u00bb\t4\t19\u201422\t0,20 \u00bb\t6 \u00bb\n1,0 \u00bb\t5\t18\u201422\t0,20 \u00bb\t8 \u00bb\nUnsere Tabellen zeigen zun\u00e4chst, dass die Raumgr\u00f6\u00dfe des ausgefallenen Bewegungsabschnitts (Columnen 5) eine ganz betr\u00e4chtliche sein kann, wenn die Unterbrechung eben bemerkt wird. Daraus ergibt sich der Satz, dass ein ziemlich gro\u00dfer Abschnitt einer stroboskopischen Bewegung ausfallen kann, ohne dass die Unterbrechung bemerkt wird, wenn nur die Dauer der Unterbrechung eine hinreichend kurze ist.\nDie Tabellen zeigen ferner, dass die f\u00fcr die kritische Dauer der Unterbrechung angef\u00fchrten Zahlen (Columnen 4) in keiner erkennbaren Abh\u00e4ngigkeitsbeziehung zu der Gr\u00f6\u00dfe des ausgefallenen Bewegungsabschnittes stehen. Hiernach scheint die Baumgr\u00f6\u00dfe des verdeckten Theiles der Bewegung, abgesehen von ihrem Einfluss auf die Dauer der Unterbrechung, keine Bedeutung f\u00fcr die Bemerkbarkeit der L\u00fccke zu haben. Diesen Satz kann man auch so formuliren, dass es f\u00fcr die Bemerkbarkeit der L\u00fccke gleichg\u00fcltig sei, ob die","page":512},{"file":"p0513.txt","language":"de","ocr_de":"Ueber die stroboskopischen Erscheinungen.\n513\nkritische Dauer der Unterbrechung durch Variation der Anzahl der ausgefallenen Phasen oder ob sie durch Variation der Successions-geschwindigkeit der einzelnen Phasen ver\u00e4ndert wird.\nBei den bisher mitgetheilten Versuchen wusste der Beobachter immer, welche Phasen verdeckt waren, und richtete deshalb seine Aufmerksamkeit auf den betreffenden Theil der Bewegung. Wir stellten daher auch einige Versuche an, bei denen der Beobachter gar nicht wusste, wo er unter Umst\u00e4nden eine L\u00fccke entdecken k\u00f6nne. Die Resultate dieser Versuche sollen in folgender Tabelle mitgetheilt werden. Die Anordnung der Tabelle ist hinsichtlich der drei ersten Columnen dieselbe wie oben. Da aber bei diesen Versuchen \u00f6fters an zwei verschiedenen Stellen Phasen verdeckt wurden, so gibt die vierte Columne das Urtheil des Beobachters \u00fcber den Ort, wo er eine Unterbrechung bemerkt hat, nach Anfang, Mitte und Ende der Bewegung des Turners an. Die f\u00fcnfte Columne enth\u00e4lt dann wieder die kritische Dauer der Unterbrechung an der Stelle, wo der Beobachter eine solche bemerkt hat. Die sechste Columne enth\u00e4lt die Raumgr\u00f6\u00dfe des dort verdeckten Theiles der Bewegung. In Klammern ist den Zahlen der f\u00fcnften und sechsten Columne die Dauer der Unterbrechung beziehungsweise die Raumgr\u00f6\u00dfe des verdeckten Theiles der Bewegung an der andern, vom Beobachter nicht bemerkten Stelle, wo ein Phasenausfall stattgefunden hat, beigef\u00fcgt.","page":513},{"file":"p0514.txt","language":"de","ocr_de":"514\nErnst D\u00fcrr.\nTabelle IV.\nBeobachter: Prof. K\u00fclpe.\nDauer einer Umdrehung\tZahl der verdeckten Phasen\tNummern der verdeckten Phasen\tUrtheil des Beobachters. L\u00fccke bemerkt:\tKi'it. Dauer der Unterbrechung\tB,aum gro\u00dfe des verdeckten Theiles der Bewegung\n1,4 Sec.\t5 + 5\t11\u201415 u. 19\u201423\tin der Mitte\t0,29 (0,29) Sec.\t10 (8) mm\n1,4 \u00bb\t5\t19\u201423\tgegen Ende\t0,29\t8 \u00bb\n1,0 \u00bb\t5 + 5\t11\u201415 u. 19\u201423\tin der Mitte\t0,20 (0,20) \u00bb\t10 (8) \u00bb\n1,1 \u00bb\t5 + 5\t3\u20147 u. 19\u201423\tgegen Ende\t0,23 (0,23) \u00bb\t8 (18) \u00bb\n1,0 \u00bb\t5 + 5\t3\u20147 u. 11\u201415\tam Anfang\t0,29 (0,29) \u00bb\t18 (10) \u00bb\n0,8 \u00bb\t5 + 5\t3\u20147 u. 11\u201415\tam Anfang\t0,17 (0,17) \u00bb\t18 (10) \u00bb\n0,8 \u00bb\t4 + 5\t3\u20146 u. 11\u201415\tam Anfang\t0,13 (0,17) \u00bb\t15 (1.6) \u00bb\n0,8 \u00bb\t3 + 5\t3\u20145 u. 11\u201415\tam Anfang\t0,09(0,17) \u00bb\t8 (10) \u00bb\n0,8 \u00bb\t2 + 6\t3\u20144 u. 11\u201416\tin der Mitte\t0,19 (0,06) \u00bb\t12 (5) \u00bb\n0,8 \u00bb\t4 + 5\t11\u201414 u. 18\u201422\tam Ende\t0,17 (0,13) \u00bb\t8 (7) \u00bb\nUeber die Richtung seiner Aufmerksamkeit machte der Beobachter am Schluss folgende Bemerkungen : Er hatte erwartet, dass immer nur an einer Stelle Phasen verdeckt w\u00fcrden. Hatte er eine L\u00fccke bemerkt, so concentrirte er seine Aufmerksamkeit auf die betreffende Stelle.\nIn Columne 5 dieser Tabelle sind die in Klammern aufgef\u00fchrten Zahlen durchschnittlich ungef\u00e4hr eben so gro\u00df, zum Theil sogar gr\u00f6\u00dfer als die au\u00dferhalb der Klammern stehenden. Es kann daher, wenn die Aufmerksamkeit auf die Unterbrechung an einer bestimmten Stelle gerichtet wird, eine ungef\u00e4hr gleich lange Unterbrechung an anderer Stelle unbemerkt bleiben. Die Sichtung der Aufmerksamkeit \u00fcbt also jedenfalls einen Einfluss auf die Bemerkbarkeit einer L\u00fccke aus.\nBei unseren Versuchen nun mit den Bildern der bockspringenden Turner verfolgte der Beobachter stets den Verlauf der Bewegung. Eine Wiederholung des auf Seite 509 bereits erw\u00e4hnten Experimentes, das Mar be mit den Bildern des \u00fcber eine H\u00fcrde setzenden Beiters","page":514},{"file":"p0515.txt","language":"de","ocr_de":"Ueber die stroboskopischen Erscheinungen.\t515\nangestellt hat, das hei\u00dft eine Beobachtung der Bewegung bei Fixation eines festen Punktes erwies sich bei Ben\u00fctzung des die bockspringenden Turner darstellenden Bildstreifens als unm\u00f6glich. Die ihrerseits seihst in einer gewissen verticalen Bewegung begriffene Gestalt des den Bock darstellenden Turners bot einen bestimmten Fixationspunkt nicht dar.\nWir begn\u00fcgten uns deshalb, nochmals zu constatiren, dass schon eine ganz kleine L\u00fccke in der Bewegung des eine H\u00fcrde nehmenden 'Reiters bemerkt wird, wenn man die Spitze der unbeweglich erscheinenden H\u00fcrde fest ins Auge fasst.\nNun fragt es sich, warum bei Fixation eines festen Punktes ein Phasenausfall ohne weiteres bemerkt wird, w\u00e4hrend er unbemerkt bleibt, wenn eine Fixation nicht stattfindet. Bevor wir jedoch an eine Beantwortung dieser Fragen gehen, wollen wir erst kurz die verschiedenen Momente auseinander halten, auf die wir dabei unser Augenmerk zu richten haben. Wir beobachteten hei den bisher mitgetheilten Versuchen eine complicirte Bewegung, die jedenfalls in zwei Theile zu zerlegen ist. Als prim\u00e4re oder Hauptbewegung k\u00f6nnen wir das Fortgleiten des Gegenstandes als eines Ganzen bezeichnen. Unter dem Namen von secund\u00e4ren oder Nebenbewegungen fassen wir alle Gestaltver\u00e4nderungen zusammen, die der bewegte K\u00f6rper w\u00e4hrend seiner Bewegung aufweist.\nNun ist klar, dass mit jedem Ausfall von Phasen im Verlauf der Hauptbewegung auch die secund\u00e4ren Bewegungen mehr oder minder discontinuirlich werden und dass, wenn die letzteren uns discontinuirlich erscheinen, die erstere schwerlich den Eindruck vollkommener Oontinuit\u00e4t erwecken wird. Aber es ist sicher, und wir k\u00f6nnen t\u00e4glich die Beobachtung machen, dass hei einigerma\u00dfen gr\u00f6\u00dferer Geschwindigkeit einer complicirten Bewegung die Nebenbewegungen unm\u00f6glich genau verfolgt werden k\u00f6nnen. Zudem beweist der oben aus den Versuchsergebnissen abgeleitete Satz, wonach die Baumgr\u00f6\u00dfe des Phasenausfalls, abgesehen von ihrem Einfluss auf die Dauer der Unterbrechung, keine Bedeutung f\u00fcr die Bemerkbarkeit der L\u00fccke hat, dass die mit gr\u00f6\u00dferem Phasenausfall wachsende Dis-continuit\u00e4t der Nebenbewegungen bis zu einem gewissen Grade f\u00fcr das Bemerktwerden einer L\u00fccke nicht in Betracht kommt.\nAuf die Frage aber, warum die Hauptbewegung trotz des Phasenausfalls continuirlich erscheint, k\u00f6nnte man drei Antworten versuchen.","page":515},{"file":"p0516.txt","language":"de","ocr_de":"516\nErnst D\u00fcrr.\nZun\u00e4chst k\u00f6nnte man den Grund daf\u00fcr in dem Verhalten unserer Sehsch\u00e4rfe vermuthen. Diese Ansicht hat Mar he1) bereits widerlegt.\nEin zweiter Erkl\u00e4rungsversuch w\u00e4re folgender: Wir k\u00f6nnten annehmen, dass durch die am Anfang und am Ende der L\u00fccke dargebotenen Phasen nach einander zwei verschiedene Netzhautbezirke gereizt werden und dass (vielleicht auf Grund erworbener Associationen) die Tendenz vorliege, die erhaltenen Eindr\u00fccke im Sinne einer continuirlichen Bewegung zu deuten, und wir k\u00f6nnten vermuthen, dass, weil es sich um zwei successive Reize handelt, die r\u00e4umliche Beziehung der beiden Eindr\u00fccke auf einander zu ungenau sei, als dass dadurch diese Tendenz \u00fcberwunden w\u00fcrde. Wird dagegen ein mit jedem der beiden Reize gleichzeitig gegebener fester Punkt ins Auge gefasst, so ist nat\u00fcrlich im Sinne dieser Erkl\u00e4rung die Entfernung der beiden Eindr\u00fccke von diesem Punkt und somit auch die Entfernung der beiden Eindr\u00fccke von einander nur unterhalb der Grenze der Sehsch\u00e4rfe zu verkennen.\nGegen diese Erkl\u00e4rung ist aber in erster Linie einzuwenden, dass sie die Thatsache nicht ber\u00fccksichtigt, dass wir bewegte Gegenst\u00e4nde mit den Augen verfolgen. Dass dies auch heim Beobachten einer stroboskopischen Bewegungserscheinung geschieht, davon \u00fcberzeugten wir uns durch eine Reihe directer Beobachtungen der Augen der Versuchsperson. Unter Ber\u00fccksichtigung dieser Thatsache aber gestaltet sich die Erkl\u00e4rung wesentlich einfacher.\nWir m\u00fcssen dann annehmen, dass durch die am Anfang und am Ende der L\u00fccke dargebotenen Phasen des bewegten Gegenstandes gar nicht verschiedene Netzhautbezirke gereizt werden, sondern dass das Bild des Gegenstandes immer auf ungef\u00e4hr dieselben Netzhautstellen f\u00e4llt. Eine Unterbrechung der Bewegung kann demnach nur dadurch uns zum Bewusstsein kommen, dass das Auge eine kurze Zeit hindurch gar nichts von dem bewegten Gegenstand sieht. Ist aber die Bewegung gen\u00fcgend rasch oder die Unterbrechung entsprechend klein, so ist das Bemerktwerden der L\u00fccke ausgeschlossen, weil das Nachbild der letzten Phase vor der L\u00fccke, wenn auch geschw\u00e4cht, noch vorhanden ist, bis die erste Phase nach derselben auftritt. Sobald dagegen ein fester Punkt fixirt wird, ist das Verfolgen der Bewegung mit den Augen unm\u00f6glich und eine L\u00fccke wird ohne weiteres bemerkt.\n1) Marbe, Die stroboskopischen Erscheinungen, S. 399.","page":516},{"file":"p0517.txt","language":"de","ocr_de":"Ueber die stroboskopischen Erscheinungen.\n517\nDiese Erkl\u00e4rung ist abgesehen davon, dass sie die experimentell nachgewiesene Thatsache der Augenbewegungen zur Grundlage hat, auch noch in anderer Hinsicht der vorher erw\u00e4hnten vorzuziehen. Wir haben oben gefunden, dass m\u00f6glichst kurze Dauer der Unterbrechung (auch wenn diese nur dadurch erzielt wird, dass bei bedeutendem Phasenausfall die Successionsgeschwindigkeit der einzelnen Phasen entsprechend vergr\u00f6\u00dfert wird) g\u00fcnstig f\u00fcr das Verborgenbleiben der L\u00fccke wirkt. W\u00e4re das Nichtbemerken der Unterbrechung bedingt durch erschwerte Localisation der am Anfang und Ende der L\u00fccke gebotenen Phaseneindr\u00fccke, so m\u00fcsste man erwarten, dass Verk\u00fcrzung der Dauer der Unterbrechung, wodurch die Localisation der am Anfang und Ende der L\u00fccke dargebotenen Phasen erleichtert werden muss, f\u00fcr die Bemerkbarkeit der L\u00fccke g\u00fcnstig sei. Das ist aber gerade das Gegentheil unseres experimentellen Befundes. Dazu kommt noch, dass nach unseren Ergebnissen die r\u00e4umliche Entfernung der beiden Stellen, an denen zwei Phasen nach einander dem Auge dargeboten werden, gar keinen oder nur ganz geringen Einfluss auf das Bemerken der L\u00fccke aus\u00fcbt, w\u00e4hrend diese Entfernung nach der andern Erkl\u00e4rung gerade der ausschlaggebende Factor sein m\u00fcsste.\nWenn wir nun aber daran festhalten, dass eine L\u00fccke im Verlauf einer stroboskopischen Bewegung deshalb unter Umst\u00e4nden nicht bemerkt wird, weil sie f\u00fcr das Auge thats\u00e4chlich gar nicht vorhanden ist, so d\u00fcrfen wir einer Oonsequenz dieser Annahme uns nicht verschlie\u00dfen. Bisher n\u00e4mlich suchte man das Problem des Verborgenbleibens eines gr\u00f6\u00dferen Phasenausfalls bei stroboskopischen Erscheinungen durch den Hinweis auf centrale Vorg\u00e4nge zu l\u00f6sen. So behauptet Gr\u00fctzner, der Phasenausfall bleibe dann unbemerkt, wenn man den Verlauf der ununterbrochenen Bewegung sich vorher eingepr\u00e4gt habe. Diese Ansicht widerlegte Mar be. Aber auch er hielt es f\u00fcr wahrscheinlich, dass eine L\u00fccke im Verlauf einer stroboskopischen Bewegung in Folge centraler Vorg\u00e4nge unbemerkt bleibe. Dagegen begn\u00fcgt sich die hier versuchte Erkl\u00e4rung mit der Herbeiziehung bekannter Vorg\u00e4nge im Sinnesorgan, n\u00e4mlich des Verlaufs der Netzhauterregung und der Augenbewegungen. Damit haben wir aufgeh\u00f6rt, eine Sonderstellung der stroboskopischen Bewegungserscheinungen aufrecht zu erhalten, und m\u00fcssen bei Beobachtung\nWnndt, Philos. Studien. XV\t35","page":517},{"file":"p0518.txt","language":"de","ocr_de":"518\nErnst D\u00fcrr.\ndes Verlaufs der einfachsten wirklichen Bewegung unter gewissen Umst\u00e4nden dieselben Thatsachen constatiren k\u00f6nnen wie bei der Wahrnehmung der complicirtesten stroboskopischen Bewegungserscheinung.\nUm nun zu pr\u00fcfen, oh dies thats\u00e4chlich der Fall sei, und um damit eventuell unsere Ansicht noch fester zu begr\u00fcnden, stellten wir einige Versuche in der Dunkelkammer an. Die Versuchsanordnung l\u00e4sst sich am leichtesten unter Hinweis auf die beigegebene Zeichnung erl\u00e4utern.\nEin um eine horizontale Achse (A) drehbares Bad (I\u00cf) von 57 cm Durchmesser, das mit dieser Achse an einer verticalen S\u00e4ule (8) angebracht war, wurde vermittelst eines Schnurlaufs (Schn) durch einen Elektromotor (M) in Eotation versetzt. An der Peripherie dieses Bades war ein elektrisches L\u00e4mpchen (L) von der Gr\u00f6\u00dfe einer kleinen Erbse angebracht. Dasselbe war in eine enge, nach vorn offene Eisenh\u00fclse eingelassen, so dass es, wenn es gl\u00fchte, einen wenig Licht verbreitenden, aber deutlich sichtbaren Punkt darstellte. Der elektrische Strom, durch den das L\u00e4mpchen in Gluth versetzt werden konnte, wurde in seinem einen Zweig (Di) in den eisernen Fu\u00df (F) des Apparates und von hier durch die eiserne Achse und die eisernen Speichen bis zum L\u00e4mpchen (L) geleitet. Der andere Zweig (_D2) des Stromes wurde zun\u00e4chst auf ein Metallpl\u00e4ttchen (P) gef\u00fchrt. Dieses","page":518},{"file":"p0519.txt","language":"de","ocr_de":"Ueber die stroboskopischen Erscheinungen.\n519\nMetallpl\u00e4ttchen war auf einem an der verticalen S\u00e4ule des Apparates angebrachten Holzkl\u00f6tzchen (K) so befestigt, dass es parallel zu dieser S\u00e4ule lief und mit seinem vorderen Ende einen Metallring (Mr) ber\u00fchrte, der in einen auf der eisernen Achse sitzenden Holzring (H) eingebettet war. Von diesem Ring aus f\u00fchrte eine isolirte Leitung (J L) l\u00e4ngs einer Radspeiche bis zuin L\u00e4mpchen. So wurde durch Schleif-contact dieser Theil des Stromes auf den mit dem Rade sich drehenden Metallring und von ihm aus zum L\u00e4mpchen gef\u00fchrt. In den Stromkreis [Str,], der somit durch das L\u00e4mpchen hindurchging und dasselbe in Grluth versetzte, waren noch ein Unterbrecher (Ui) und ein Fl\u00fcssigkeitswiderstand ( Wt) eingeschaltet, durch welch letzteren die Helligkeit des L\u00e4mpchens variirt werden konnte.\nDer Elektromotor (M) wurde durch einen andern Stromkreis (Str2) versorgt, in welchen ebenfalls ein Unterbrecher (\u00dc2) und ein Metallwiderstand (Wi) eingeschaltet waren. Hier diente der Widerstand dazu, die Geschwindigkeit zu variiren.\nVor dem Rade nun, an welchem das L\u00e4mpchen angebracht war, und zwar an der Stelle, wo es bei seiner Kreisbewegung den tiefsten Punkt seiner Bahn erreichte, wurde in 1 cm Entfernung ein mit einem Spalt versehenes Holzkl\u00f6tzchen (Hk) aufgestellt. Dieses war dazu bestimmt, schwarze Pappstreifen (US) von verschiedener Breite aufzunehmen, hinter denen das L\u00e4mpchen vorheizog und durch die es kurze Zeit dem Auge des Beobachters verdeckt werden musste.\nDer Beobachter, der 4 m von dem Apparat entfernt sa\u00df, sah nichts weiter als einen im Dunkeln eine Kreisbewegung beschreibenden, leuchtenden Punkt und hatte zu entscheiden, ob er eine Unterbrechung dieser Bewegung bemerke oder nicht.\nIn den folgenden Tabellen sollen die Resultate dieser Versuche dargestellt werden. Die ersten Columnen enthalten die Breite des Unterbrechungsstreifens in Millimetern ausgedr\u00fcckt; in den zweiten ist die Dauer einer Umdrehung angegeben, bei welcher die Unterbrechung eben bemerkt wird. Die dritten Columnen geben die dieser Umdrehungsdauer und der Breite des Unterhrechungsstreifens entsprechende kritische Dauer der Unterbrechung. In den vierten Columnen endlich ist die mittlere Variation der drei Ablesungen enthalten, aus denen die in den zweiten Columnen angegebenen Zahlen gewonnen wurden.\n35*","page":519},{"file":"p0520.txt","language":"de","ocr_de":"520\nErnst D\u00fcrr.\nTabelle Y.\nBeobachter: Prof. K\u00fclpe.\nBreite der Unterbrechung\tDauer einer Umdrehung\tKritische Dauer der Unterbrechung\tMittlere Variation\n5 mm\t4,10 Sec.\t0,011 Sec.\t0,03\n10 \u00bb\t2,00 \u00bb\t0,011 \u00bb\t0,20\n20 \u00bb\t1,80 \u00bb\t0,020 \u00bb\t0,07\n30 \u00bb\t1,30 \u00bb\t0,022 \u00bb\t0,01\nTabelle VI\nBeobachter-, Dr. Marbe.\nBreite der Unterbrechung\tDauer einer Umdrehung\tKritische Dauer der Unterbrechung\tMittlere Variation\n5 mm\t5,70 Sec.\t0,016 Sec.\t0,80\n10 \u00bb\t2,37\t\u00bb\t0,016 \u00bb\t0,03\n20 \u00bb\t1,78\t\u00bb\t0,019 \u00bb\t0,06\n30 \u00bb\t0,67 \u00bb\t0,011 \u00bb\t0,07\nTabelle VII.\nBeobachter: Verfasser.\nBreite der Unterbrechung\tDauer einer Umdrehung\tKritische Dauer der Unterbrechung\tMittlere Variation\n5 mm\t2,96 Sec.\t0,009 Sec.\t0,21\n10 \u00bb\t2,81 \u00bb\t0,016 \u00bb\t0,11\n20 \u00bb\t2,16 >\t0,024 \u00bb\t0,11\n30 \u00bb\t1,71 \u00bb\t0,029 \u00bb\t0,02","page":520},{"file":"p0521.txt","language":"de","ocr_de":"Ueber die stroboskopischen Erscheinungen.\n521\nAus diesen Tabellen ergeben sich dieselben S\u00e4tze, wie aus den auf Seite 511 und 512 mitgetheilten.\n1)\tEs darf ein ziemlich gro\u00dfer Abschnitt einer Bewegung aus-fallen (Columne 1), ohne dass die Unterbrechung bemerkt wird, sofern nur die Dauer der Unterbrechung (Columne 3) eine hinreichend kurze ist\n2)\tDie Gr\u00f6\u00dfe des Phasenausfalls (Columne 1) scheint (bis zu einer gewissen Grenze), abgesehen von ihrem Einfluss auf die Dauer der Unterbrechung (Columne 3), keine Bedeutung f\u00fcr die Bemerkbarkeit der L\u00fccke zu haben. Wenn man n\u00e4mlich eine Abh\u00e4ngigkeit der Zahlen f\u00fcr die kritische Dauer der Unterbrechung von jenen f\u00fcr die Breite des Unterbrechungsstreifens aus den Tabellen herauslesen wollte, so k\u00f6nnte man nach Tabelle Y und VII nur zu der Ansicht kommen, dass eine gr\u00f6\u00dfere L\u00fccke weniger leicht bemerkt werde als eine kleinere, eine Ansicht, die wohl niemand aufrecht erhalten wird.\nWir k\u00f6nnen also jedenfalls hiermit als experimentell erwiesen betrachten, was wir auf Seite 517 als ein Postulat unserer Theorie hinstellten, dass wir uns n\u00e4mlich gegen\u00fcber einem Phasenausfall im Verlauf einer einfachen wirklichen Bewegung gerade so verhalten, wie gegen\u00fcber einem solchen in einer stroboskopischen Bewegungserscheinung.\nMit H\u00fclfe unserer oben beschriebenen Versuchsanordnung in der Dunkelkammer variirten wir nunmehr noch ein Moment, das uns m\u00f6glicherweise f\u00fcr die Bemerkbarkeit einer L\u00fccke in Betracht zu kommen schien, n\u00e4mlich die Helligkeit des bewegten Objectes. Wir w\u00e4hlten n\u00e4mlich eine bestimmte Unterbrechung und eine bestimmte Geschwindigkeit, bei welcher dieselbe eben bemerkt wurde, wenn das L\u00e4mpchen ziemlich hell leuchtete. Darauf lie\u00dfen wir unter Beibehaltung derselben Gr\u00f6\u00dfe des Unterbrechungsstreifens und derselben Geschwindigkeit durch Variation des Fl\u00fcssigkeitswiderstandes die Helligkeit des L\u00e4mpchens- bis auf ein Minimum abnehmen, fanden jedoch keine Aenderung, und zwar beobachteten sowohl Herr Dr. Mar be als auch ich selbst mehrmals die gleiche Thatsache. Darauf w\u00e4hlten wir auch andere Unterbrechungsgr\u00f6\u00dfen und andere Geschwindigkeiten, konnten aber wiederum keinen Einfluss der Helligkeit auf die kritische Dauer constatiren. Hur einmal, bei 2 cm Unterbrechung, hatte Herr Dr. Mar be den Eindruck, als ob bei","page":521},{"file":"p0522.txt","language":"de","ocr_de":"522\nErnst Durr.\nganz geringer Helligkeit die Unterbrechung weniger leicht bemerkt werde. Auf Grund dieser Versuche m\u00fcssen wir annehmen, dass im allgemeinen (vielleicht von ganz geringen Helligkeiten abgesehen) die Helligkeit des bewegten Objectes keinen Einfluss auf die Bemerkbarkeit einer Discontinuit\u00e4t seiner Bewegung aus\u00fcbt.\nEs galt nun zum Schl\u00fcsse noch einen Versuch anzustellen, um zu pr\u00fcfen, wie wir uns gegen\u00fcber einem Phasenausfall im Verlauf einer wirklichen Bewegung verhalten, wenn wir durch Fixation eines festen Punktes verhindert sind, dieser Bewegung mit den Augen zu folgen.\nZu diesem Zwecke brachten wir ein Phosphorscheibchen von der Gr\u00f6\u00dfe eines Quadratcentimeters an dem Holzkl\u00f6tzchen an, in dem die Pappstreifen aufgestellt wurden. Dieses Scheibchen leuchtete nicht sehr stark, war aber immerhin bei einer Entfernung des Beobachters von zwei Metern deutlich sichtbar. Wurde diese Phosphormarke nun fixirt, so wurde eine Unterbrechung von f\u00fcnf Millimetern selbst bei der gr\u00f6\u00dften erreichbaren Geschwindigkeit stets bemerkt; ebenso Unterbrechungen von ein, zwei, drei Centimetem. Diese Beobachtungen machte au\u00dfer Herrn Dr. Mar be und mir auch Herr Professor K\u00fclpe.\nDas Ergebniss dieses Versuchs entspricht vollst\u00e4ndig der Beobachtung, die wir an den Bildern des \u00fcber eine H\u00fcrde setzenden Reiters machten, wenn wir einige Phasen verdeckten und die Spitze der H\u00fcrde fixirten. Bei den zuletzt erw\u00e4hnten Versuchen wurde \u00fcbrigens von allen Beobachtern ein Gegensatz constatirt zwischen der Form der Unterbrechung, die ohne Benutzung einer Fixationsmarke bemerkt werden kann, und der Form jener, die in Folge der Benutzung einer solchen bemerkt wird. W\u00e4hrend man n\u00e4mlich im ersteren Falle h\u00f6chstens eine pl\u00f6tzliche Verdunkelung des L\u00e4mpchens wahmimmt, sieht man im letzteren einen scharf begrenzten dunkeln Streifen zwischen dem Punkt, wo das Lichtchen verschwindet, und dem, wo es wieder auftaucht.\nZum Schl\u00fcsse will ich nun die Ergebnisse dieser Arbeit in folgenden S\u00e4tzen zusammenfassen.\n1) Zu den bisher bekannten Momenten, welche bei successiv-periodischer Netzhautreizung das Zustandekommen einer constanten","page":522},{"file":"p0523.txt","language":"de","ocr_de":"Ueber die stroboskopischen Erscheinungen.\n523\nEmpfindung beeinflussen, kommt ein weiteres hinzu, dessen Bedeutung sich folgenderma\u00dfen ausdr\u00fccken l\u00e4sst:\nVermehrung der Anzahl der von einander verschiedenen Beize bei successiv-periodischer Netzhautreizung ist f\u00fcr die Verschmelzung ung\u00fcnstig.\n2)\tDie Ansicht Mar be\u2019s, dass die stroboskopischen Erscheinungen, soweit sie nicht Bewegungen zum Ausdruck bringen, sich vollst\u00e4ndig aus den f\u00fcr intermittirende Netzhautreizung aufgestellten Gesetzen erkl\u00e4ren lassen, hat eine experimentelle Best\u00e4tigung gefunden.\n3)\tDie von Br\u00fccke mitgetheilte Beobachtung, dass intermittirend wirkende Netzhautreize die Empfindung der gr\u00f6\u00dften Helligkeit vor ihrer vollkommenen Verschmelzung erregen, scheint nur einen Theil einer umfassenderen Gesetzm\u00e4\u00dfigkeit zum Ausdruck zu bringen. Diese haben wir versuchsweise dahin formulirt, dass unter gewissen Umst\u00e4nden von intermittirend gesehenen Beizen derjenige, der seiner Natur nach geeignet ist, die Aufmerksamkeit, am st\u00e4rksten auf sich zu lenken, die scheinbare Helligkeit des Gesammtbildes hervorragend beeinflusst.\n4)\tDie bisher f\u00fcr stroboskopische Bewegungserscheinungen con-statirte Thatsache] des Verborgenbleibens eines gr\u00f6\u00dferen Phasenausfalles kann auf Grund unserer Versuche allgemeiner dahin formulirt werden :\nEs darf ein ziemlich gro\u00dfer Abschnitt im Verlauf einer Bewegung ausfallen, ohne dass die Unterbrechung bemerkt wird, sofern nur die Dauer derselben eine hinreichend kurze ist.\n5)\tDie Gr\u00f6\u00dfe des Phasenausfalles im Verlauf einer Bewegung kommt (bis zu einer gewissen Grenze) abgesehen von ihrem Einfluss auf die kritische Dauer der Unterbrechung f\u00fcr die Bemerkbarkeit einer Discontinuit\u00e4t nicht in Betracht.\n6)\tDass ein gr\u00f6\u00dferer Phasenausfall im Verlauf einer Bewegung bei hinreichend kurzer Dauer der Unterbrechung nicht bemerkt wird, erkl\u00e4rt sich aus der Dauer der Netzhauterregung und der Thatsache der Augenbewegungen.","page":523}],"identifier":"lit4282","issued":"1900","language":"de","pages":"501-523","startpages":"501","title":"Ueber die stroboskopischen Erscheinungen","type":"Journal Article","volume":"15"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T12:38:30.182449+00:00"}