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{"created":"2022-01-31T14:26:03.531457+00:00","id":"lit4472","links":{},"metadata":{"alternative":"Philosophische Studien","contributors":[{"name":"Smith, Margaret K.","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Philosophische Studien 16: 197-305","fulltext":[{"file":"p0197.txt","language":"de","ocr_de":"Rhythmus und Arbeit.\nVon\nMargaret Keiver Smith.\nAus dem Psychologischen Institut von Prof. E. Meumann in Z\u00fcrich.\n(Schluss.)\nIV.\n(kd\u00e4chtnissversuclie.\nAuf denselben Zweck abzielend, n\u00e4mlich das Verh\u00e4ltniss zwischen Rhythmus und Arbeit zu untersuchen, hat die Verfasserin eine Reihe von Ged\u00e4chtnissversuchen ausgef\u00fchrt.\nDie (Frage war: Welches ist der Einfluss des Rhythmus beim Lernen und beim Reproduciren von Buchstaben und sinnlosen Silben?\nNach dem aus den Schreib- und G-ewichtsversuchen abgeleiteten Satz: >Alle regelm\u00e4\u00dfig wiederkehrenden Bewegungen desselben Gliedes des K\u00f6rpers m\u00fcssen taktm\u00e4\u00dfig werden und k\u00f6nnen zwischen bestimmten Grenzen der Geschwindigkeit Anlass zur Empfindung von Rhythmus sein\u00ab war die Verfasserin schon zur Vermuthung gekommen, dass die Articulation von Lauten oder Silben einer Classe von wiederholten Bewegungen entsprechen w\u00fcrde, welche die Bedingungen zur Auffassung des Rhythmus erf\u00fcllten. Die Eigenschaft der articulirenden Stimme, welche die Grundbedingung des Rhythmus ausmacht, besteht erstens in der F\u00e4higkeit, Laute von einander zu trennen und sie in bestimmten Zeitquantit\u00e4ten auszudr\u00fccken, und zweitens in der F\u00e4higkeit der Stimme, diese Theilchen zusammen zu setzen und so aus der Vielheit eine Einheit zu bilden. Durch die Theilung werden Silben oder Elemente von einem Laut oder von mehreren zusammengesetzten Lauten, die als eine Einheit ausgedr\u00fcckt werden k\u00f6nnen, als bestimmte Einheiten isolirt. Durch Zusammen-","page":197},{"file":"p0198.txt","language":"de","ocr_de":"198\nMargaret Keiver Smith.\nsetzung yon diesen Silben oder von Wortelementen ergeben sich gr\u00f6\u00dfere Lautcomplexe. Bei gew\u00f6hnlicher Beobachtung rhythmischer Aeu\u00dferungen bemerkt man meistens die Tendenz des Rhythmus zur Unificirung von getrennten Elementen, um Einheiten zu gewinnen. Wer aber den Unterricht der Taubstummen kennt, kann sich \u00fcberzeugen, dass der Hauptdienst des angewandten Rhythmus darin besteht, die Theilung von Lauten zu erreichen, damit aus ihnen sp\u00e4ter W\u00f6rter gebildet werden k\u00f6nnen. Eine Best\u00e4tigung dieser Annahme, die auf Grund einer vierw\u00f6chigen Beobachtung in der Taubstummenanstalt zu Z\u00fcrich gewonnen wurde, hat die Verfasserin von einem Lehrer aus der Taubstummenanstalt zu Breslau, Herrn Dr. Emil Rzesnitzek, erhalten.\nEin \u00e4hnlicher Gebrauch des Rhythmus mit wesentlich demselben Zweck, n\u00e4mlich der richtigen Theilung der Stimmlaute, ist bei der Behandlung der Stotterer von Dr. Adolf Kussmaul erw\u00e4hnt (St\u00f6rungen der Sprache, 3. Auflage. Leipzig 1885. S. 237).\nDie Articulation der verschiedenen Elemente (Laute, Silben, W\u00f6rter) entspricht den Bewegungen bestimmter Glieder des Sprechorganismus, und das Lernen dieser Elemente besteht in mannigfachen Wiederholungen derselben Bewegungen.\nDarnach schien es der Verfasserin selbstverst\u00e4ndlich, dass es beim Lernen von aussprechbaren Elementen durch Versuchspersonen von normaler Empfindlichkeit unm\u00f6glich w\u00e4re, die Empfindung wenigstens des einfachen Rhythmus zu vermeiden. Bei dem einfachen Rhythmus1) werden die Elemente von einander getrennt und jedes f\u00fcr sich genommen. Bei den complicirteren Rhythmen, die, wie manche meinen, durch die Industrie entwickelt und auf die m\u00fcndliche und schriftliche Sprache \u00fcbertragen worden sind, wo wir sie heute als die verschiedenen Formen von Versma\u00df erkennen, werden die gegebenen Elemente zusammengruppirt und zu Einheiten von zwei oder drei Gliedern zusammengefasst.\n1) Die Verfasserin bezeichnet denselben als Urrhythmus ; es ist keine Frage, dass auch in der blo\u00dfen Aneinanderreihung von v\u00f6llig gleichbetonten Silben, zwischen denen keinerlei Gfruppirung mehr hergestellt wird, ein Rhythmus liegen kann. Ebenso kann eine Zeile eines Liedes in lauter ganzen Noten voranschreiten und doch rhythmisch sein. Diesen Fall bezeichnet die Verfasserin als einfachen oder Urrhythmus.","page":198},{"file":"p0199.txt","language":"de","ocr_de":"Rhythmus und Arbeit.\n199\nNun blieb zu untersuchen, ob mit dem einfachen Rhythmus allein das Auswendiglernen der vorher erw\u00e4hnten Elemente m\u00f6glich sei und was die relativen Werthe der complicirteren Formen des Rhythmus beim Auswendiglernen seien.\nDie Arbeit hierbei bestand in der Anstrengung, die Elemente mit der m\u00f6glichst kleinsten Zahl von Wiederholungen auswendig zu lernen und zu reproduciren. Dies war alles, was von den Versuchspersonen verlangt wurde.\nBeim Einrichten der Methode des Verfahrens bestand die gr\u00f6\u00dfte Schwierigkeit des Unternehmens in der Ausschlie\u00dfung aller Associationen (au\u00dfer den rhythmischen), die das Auswendiglernen secund\u00e4r unterst\u00fctzen, damit die Resultate dem Rhythmus allein zu verdanken seien. Zu diesem Zweck war es nothwendig, den Lernstoff f\u00fcr die Versuche \u00e4u\u00dferst sorgf\u00e4ltig zu w\u00e4hlen, damit die Elemente keine Bedeutung f\u00fcr sich enthielten, durch welche sie sich an alte Vorstellungen schlie\u00dfen k\u00f6nnten.\nAls Repr\u00e4sentanten von einfachen Lauten wurden die Conso-nanten des Alphabets gew\u00e4hlt und f\u00fcr eine Reihe von Versuchen gebraucht. Dieselben wurden in Reihen von je 12 Buchstaben verwandt, so dass ein Buchstabe nur einmal in einer Reihe erschien. Die gew\u00f6hnliche Succession der Buchstaben wurde auch vermieden und so viele Variationen wie m\u00f6glich in der Bildung der Reihen angestrebt. Es muss hier aber gesagt werden, dass dieses Material wegen seiner Leichtigkeit und seiner geringen Variationsf\u00e4higkeit nicht befriedigend war. Deshalb wurde es nach einer Reihe mit einer Versuchsperson nicht mehr gebraucht.\nDer Stoff f\u00fcr die n\u00e4chsten Versuche wareine Reihe von sinnlosen Silben, die aus der Combination von Consonanten und Vo-calen und Consonanten und Diphthongen hervorgingen. Die Consonanten wurden nur als Anfangsbuchstaben der Silben verwandt. Bei dieser Einrichtung wurden die Consonanten c, j und q (wegen ihrer Aehnlichkeit im Lautcharakter mit s, y und kw) ausgeschlossen, so dass also nur b, d, f, g, h, k, 1, m, n, p, r, s, t, v, w, y, z zur Verwendung kamen. Die Vocale wurden s\u00e4mmtlich gebraucht und ebenso die Diphthonge au\u00dfer \u00e4u wegen seiner lautlichen Aehnlichkeit mit eu. Die Silben schlossen sich in ihrer Bildung m\u00f6glichst eng an die Einrichtung der sinnlosen Silben von Ebbinghaus an\nWundt, Philos. Studien. XYI.","page":199},{"file":"p0200.txt","language":"de","ocr_de":"200\nMargaret Keiver Smith.\n(Ebbingh., Ueber das Ged\u00e4chtniss, Leipzig 1885. S. 30, 31), nur dass sie keine Endconsonanten besa\u00dfen.\nDie Silben wurden in Reihen von je 12 Elementen formirt, und zwar in solcher Ordnung, dass die gew\u00f6hnliche Succession von Con-sonanten sowohl als von Vocalen vermieden wurde. Die Reihen wurden \u00fcberdies auf eine Tafel \u00fcbersichtlich geschrieben und daraufhin controllirt, dass dieselbe Silbe nur einmal in sechs Tagen erschien. Die Verfasserin hat versucht, die Reihen der Schwierigkeit nach so gleichm\u00e4\u00dfig wie m\u00f6glich zu bilden und zur seihen Zeit sie so zu variiren, dass sie immer als neu erschienen. Als Beispiel seien zwei von diesen Silbenreihen angef\u00fchrt:\n1.\tReihe. 1. ru, 2. mau, 3. ze, 4. lie, 5. ya, 6. nu, 7. t\u00e4, 8. s\u00f6, 9. pei, 10. wo, 11. vi, 12. keu.\n2.\tReihe. 1. hi, 2. l\u00fc, 3. da, 4. sie, 5. hu, 6. go, 7. k\u00e4, 8. feu, 9. pe, 10. zau, 11. n\u00f6, 12. tei.\nMit diesem Stoff waren wir so wenig zufrieden wie mit den Buchstaben, weshalb nur eine Reihe mit einer Versuchsperson ausgef\u00fchrt wurde. Doch scheinen mir solche Silben f\u00fcr den Zweck der Versuche geeigneter zu sein als die Buchstaben.\nAl\u00ab letztes Material wurden sinnlose Silben gew\u00e4hlt, wie sie zuerst von Ebbinghaus construirt und nachher von G. E. M\u00fcller etwas modificirt wurden1).\nAls Beispiele m\u00f6gen folgende Silbenreihen dienen:\n1.\tReihe: 1. beul, 2. sak, 3. pim, 4. j\u00f6sch, 5. rut, 6. wez, 7. m\u00e4ch, 8. gaap, 9. k\u00f6s, 10. lein, 11. d\u00fcf, 12. zaur.\n2.\tReihe: 1. waup, 2. h\u00e4l, 3. n\u00f6m, 4. fuch, 5. rot, 6. zeus, 7. h\u00fcr, 8. laak, 9. def, 10. sisch, 11. jeiz, 12. man.\nDieses Material war das relativ befriedigendste, obgleich auch diese Art von Silben noch lange nicht den Anforderungen der Gleichm\u00e4\u00dfigkeit gen\u00fcgt. Die Gelegenheit zur Variation war zureichend, und die Silben befriedigten zugleich die Anspr\u00fcche der Versuchspersonen, indem sie, obgleich sinnlos, die Wichtigkeit von W\u00f6rtern besa\u00dfen.\n1) Ebbinghaus, Ueber das Ged\u00e4chtniss. Leipzig 1885. S. 30\u201431.\nG. E. M\u00fcller und Schumann, Experimentelle Beitr\u00e4ge zur Untersuchung des Ged\u00e4chtnisses. Leipzig 1893. S. 18 \u2014 26.","page":200},{"file":"p0201.txt","language":"de","ocr_de":"Rhythmus und Arbeit.\n201\nDiese drei Arten von Elementen repr\u00e4sentiren s\u00e4mmtliches Material, das w\u00e4hrend der Versuche gebraucht wurde, mit Ausnahme einer -Reihe gezeichneter Figuren, deren Verwendung sp\u00e4ter er\u00f6rtert wird. In keinem Fall ist es dem Versuchsleiter gelungen, Reihen von genau gleicher Schwierigkeit oder Leichtigkeit zu bilden. Bei den Buchstaben sowohl, als bei den Silben beider Arten von Elementen kamen immer Reihen vor, welche von den Versuchspersonen als besonders leicht oder schwer bezeichnet wurden, und die Resultate haben fast immer diese Aeu\u00dfe-rungen best\u00e4tigt. Die Gr\u00fcnde f\u00fcr diese Ungleichm\u00e4\u00dfigkeit der Reihen wurden sorgf\u00e4ltig gesucht, aber bis jetzt noch nicht vollst\u00e4ndig gefunden. Die Antworten der Versuchspersonen auf specielle Fragen haben aber etwas f\u00fcr die L\u00f6sung des Problems geleistet, weshalb sie alle sp\u00e4ter hier Raum finden m\u00f6gen.\nNur bei einer Versuchsperson wurden Associationen unter den Gliedern einer Reihe vollkommen vermieden. Diese Associationen entstanden bei den \u00fcbrigen Personen in Bezug auf den Inhalt, die Form, die Lage oder die Zeitfolge. Bez\u00fcglich des Inhaltes wurden oft Anhaltspunkte von einzelnen Personen k\u00fcnstlich geschaffen, obgleich die Silben sinnlos waren. Fast jede Versuchsperson beherrschte mehr als eine Sprache; wenn auch die Elemente in der einen sinnlos waren, so besa\u00dfen sie in der anderen nicht selten eine Bedeutung. Die Eigenth\u00fcmlichkeiten der verschiedenartigen Associationen wurden sorgf\u00e4ltigst protokollirt, um sie bei der Bildung neuer Reihen thun-lichst ber\u00fccksichtigen zu k\u00f6nnen.\nDie Elemente wurden auf liniirte Papierstreifen geschrieben, die 53,5 cm lang und 14,3 cm breit waren. Durch zwei Linien wurde jeder Streifen der L\u00e4nge nach in drei gleiche Felder getheilt. Die beiden ersten enthielten unter einander in (gleichen) Abst\u00e4nden von 3 cm die Buchstaben oder Silben. Die kleineren \u00bbGrundbuchstaben\u00ab waren 5 mm hoch, die \u00bbOberl\u00e4ngen\u00ab und \u00bbUnterl\u00e4ngen\u00ab je etwa 12 mm.\nJede Reihe bestand aus 12 Silben, die in der schon angegebenen Weise unter einander geschrieben waren. Der Streifen wurde auf einen Cylinder des Baltzar-Zimmermann\u2019schen Kymographions von 50 cm Peripherie geklebt. Zwischen der Anfangs- und Endsilbe befand sich ein leerer Raum von 8 cm. Dieser Raum wurde absicht-\n14*","page":201},{"file":"p0202.txt","language":"de","ocr_de":"202\nMargaret Keiver Smith.\nlieh leer gelassen, um eine zu gro\u00dfe Anstrengung der Augen sowie der Aufmerksamkeit der Versuchspersonen zu vermeiden. Der Cylinder wurde durch das Uhrwerk in gleichm\u00e4\u00dfig rotirende Bewegung gesetzt, die um seine horizontale Achse erfolgte. Der Apparat stand auf einem Tische und zwar auf einem einfachen Gestell, das gerade so hoch war, dass die Silben beim Rotiren des Cylinders sich horizontal vor den Augen der Versuchspersonen befanden. Die Versuchspersonen sa\u00dfen am Tische, auf welchem ein Schirm so auf gestellt war, dass er den Cylinder vollkommen deckte. In der Ebene der Augen der Versuchspersonen besa\u00df der Schirm einen 5x3 cm gro\u00dfen Spalt, durch den sich die Silben dem Auge isolirt darboten. Die Rotationen des Cylinders waren sehr regelm\u00e4\u00dfig; ihre Geschwindigkeit wurde schlie\u00dflich auf 10 Secunden per Umdrehung festgesetzt. Bei dem Versuche mit Buchstaben wurde ein Tempo von 9 Secunden per Umdrehung gew\u00e4hlt. Diese Geschwindigkeit war zwar relativ langsam; aber nach verschiedenen Proben wurde gefunden, dass sie am wenigsten Ursache zu unangenehmen Gef\u00fchlen gab, und bei keiner Versuchsperson Schwindel erregte. Mit Ausnahme einer waren alle Versuchspersonen damit zufrieden. Bei dieser Geschwindigkeit und der angegebenen Gr\u00f6\u00dfe des Schirmspaltes war jede Silbe etwa 3/5 Secunden sichtbar.\nDie Windfl\u00fcgel des Kymographions hatten eine rhythmische Bewegung, die ein nicht unangenehmes leises Ger\u00e4usch verursachte, an das sich die Versuchspersonen schnell gew\u00f6hnten.\nDiese Anordnung der Apparate blieb w\u00e4hrend der Versuche constant. Die Rotation des Cylinders wurde an jedem Tage con-trollirt. Die Versuche fanden jeden Tag zur selben Stunde statt.\nDie Versuchspersonen f\u00fcr die Ged\u00e4chtnissversuche waren:\nFr\u00e4ulein Eb., stud. phil., Deutsch-Amerikanerin. Herr Wi., Lehrer, Schweizer. Herr Ma., stud, phil., Grieche. Herr Re., stud, phil.j Deutscher. Herr St., stud, phil., Russe. Herr Bon., stud, phil., Bulgare. Herr Mar., stud, phil., Deutscher. Fr\u00e4ulein He., stud, phil., Deutsch-Amerikanerin. Herr Professor M.\nMit Ausnahme von Herrn Re. und Herrn Professor M. waren diese Versuchspersonen anfangs mit dem Zwecke der Versuche unbekannt. Diejenigen, welche Erfahrung mit den Schreib- und Gewichtsversuchen gehabt hatten, kamen vor dem Ende der Versuche","page":202},{"file":"p0203.txt","language":"de","ocr_de":"Rhythmus und Arbeit.\n203\nmehr oder weniger selbst auf diesen Zweck; die anderen aber, die keine fr\u00fchere Erfahrung als Versuchsperson besa\u00dfen, blieben bis zum Ende ununterrichtet.\nDie Versuchsumst\u00e4nde blieben w\u00e4hrend der Zeit, in welcher mit diesen Reihen experimentirt wurde, constant; nur in zwei F\u00e4llen wurden die Versuche durch Pausen von zwei oder drei Tagen unterbrochen. Die Zeit des Experhnentirens war t\u00e4glich dieselbe. Mit Ausnahme von zwei Versuchsreihen wurde das Memorir-Material vom Cylinder laut abgelesen. T\u00e4glich kamen zwei* neue Reihen vor, von denen die eine auswendig gelernt und die andere in bestimmter Zahl wiederholt wurde. Die Pr\u00fcfungen waren dementsprechend zweifacher Art; sie bestanden erstens im Hersagen der ganzen Reihe und zweitens in einem Trefferverfahren, das dem von M\u00fcller und Jost \u00e4hnlich war. Bei diesem letzten Verfahren wurde eine Silbe der Reihe durch den Spalt des Schirmes gezeigt, die als Mittel zum Reproduciren dienen sollte; die Versuchsperson hatte darauf die n\u00e4chste Silbe der Reihe zu nennen. Eine vollkommene Reproduction dieser Art entsprach sechs Treffern. Die Stellung der einzelnen Silben wurde bei der Bildung jeder neuen Reihe ge\u00e4ndert, um die Association der Aufeinanderfolge so viel als m\u00f6glich zu beschr\u00e4nken.\nDie Einrichtung des Lesens sowohl als die der Pr\u00fcfungen war m\u00f6glichst einfach, weil der Leiter des Versuchs erst die einfachsten Aeu\u00dferungen des Einflusses des Rhythmus beobachten wollte, um sich vor der Unternehmung einer complicirteren Untersuchung damit gr\u00fcndlich bekannt zu machen.\nVor dem Beginne der Versuchsreihen wurden erst einige Uebungs-versuche vorgenommen, damit eine gewisse Geschicklichkeit beim Lesen und Reproduciren f\u00fcr die regelm\u00e4\u00dfigen Uebungen erlangt wurde. Die Dauer dieser Vorbereitung war bei den verschiedenen Versuchspersonen verschieden und variirte von einem bis zehn Tagen.\nDie Berichte der Versuchspersonen wurden t\u00e4glich protokollirt und durch die Beantwortung einer Reihe vom Versuchsleiter ihnen vorgelegter Fragen erg\u00e4nzt. Die wichtigsten der Berichte und Antworten sind sp\u00e4ter angegeben. Au\u00dfer der Discussion des Rhythmus umfassen sie mancherlei Nebensachen, die f\u00fcr das Auswendiglernen oder Reproduciren mehr oder weniger Werth haben.","page":203},{"file":"p0204.txt","language":"de","ocr_de":"204\nMargaret Keiver Smith.\nDas Verhalten der Versuchspersonen w\u00e4hrend der von ihnen zu erledigenden Arbeit war so verschieden, dass der Versuchsleiter sich gen\u00f6thigt f\u00fchlte, die verschiedenen Versuchsreihen mit etwas Umst\u00e4ndlichkeit zu beschreiben, um die Eesultate verst\u00e4ndlich zu machen.\n1.\nDie erste Reihe der Ged\u00e4chtnissversuche wurde am 5. Januar 1899 angefangen. Die Versuchsperson war Herr Ma.\nDer Stoff dieser Versuchsreihe bestand aus den vorher erw\u00e4hnten sinnlosen Silben, die nach den Regeln von Ebbinghaus und G. E. M\u00fcller gebildet wurden. Zu dieser Zeit stand der vorher beschriebene Baltzar\u2019sche Apparat noch nicht zur Verf\u00fcgung, weshalb die Versuche ohne denselben angefangen wurden. Der Papier streif en mit den darauf geschriebenen Silben lag auf einem Tisch, bedeckt von einem anderen St\u00fcck Papier. Der Versuchsleiter zog den Streifen unter diesem hervor, bis eine Silbe der Versuchsperson, die am Tische sa\u00df, sichtbar wurde. Die Versuchsperson las die Silbe, worauf der Streifen weiter hervorgezogen wurde, bis die n\u00e4chste Silbe erschien, die nun auch gelesen wurde; w\u00e4hrend dieser Zeit wurde die vorhergehende Silbe wieder bedeckt. Es war also immer nur eine Silbe auf einmal sichtbar. Wenn die ganze Reihe von 12 Silben gelesen war, wurde dieselbe wieder bedeckt und in derselben Weise wieder gelesen. Jede Silbe war ungef\u00e4hr eine Secunde unter den Augen des Lesers. Die Umdrehung des Papieres dauerte etwa 2 Secunden, sodass ein einmaliges Lesen eine Zeit von 14\t15 Secunden bean-\nspruchte. Das Papier wurde m\u00f6glichst regelm\u00e4\u00dfig bewegt. Die horizontale Bewegung war dem Leser angenehmer als die Rotation des Cylinders. Das Isoliren konnte aber nicht so vollkommen geschehen, wie es mit dem Schirm vor dem Cylinder m\u00f6glich war, und die verl\u00e4ngerte Zeit des Lesens lieferte hier Gelegenheit zur Bildung fremder Associationen.\nDer Zweck dieser Reihe von Versuchen war, die Resultate des Lernens bei einfachem nat\u00fcrlichem Rhythmus des Sprechens mit den Resultaten des Lernens bei einem bestimmten Rhythmus zu vergleichen. Zu diesem Zwecke wurden zwei Reihen t\u00e4glich zum Auswendiglernen gelesen, die eine ohne, die andere mit bestimmtem Rhythmus.","page":204},{"file":"p0205.txt","language":"de","ocr_de":"Rhythmus und Arbeit.\n205\nZun\u00e4chst wurde die erste Reihe so oft gelesen, bis die Versuchsperson sie gel\u00e4ufig hersagen konnte. Nach einer Pause von 5 Minuten wurde dieselbe Reihe durch das Trefferverfahren gepr\u00fcft. Dabei wurde die gew\u00f6hnliche Ordnung der Succession der Silben gebrochen, z. B. wurde die dritte Silbe gegeben und die vierte reproducirt, dann die neunte und die zehnte war zu reproduciren. Durch den Spalt des Schirmes las die Versuchsperson eine bestimmte Silbe der Reihe und versuchte nun die n\u00e4chstfolgende zu reproduciren. Die Ordnung, in der dies geschah, war bei jeder Reihe eine andere.\nBei allen Versuchspersonen zeigte sich beim Trefferverfahren die Tendenz, die gegebene Silbe laut zu sprechen, und bei allen bestand die Meinung, dass die Reproduction der folgenden Silbe dadurch sicherer vor sich gehe. Die Zeit der Reproduction wurde durch eine Secundenuhr gemessen. Alle Reproductionen, die in einer Zeit bis zu einer Minute vor sich gingen, wurden als regelm\u00e4\u00dfige Resultate betrachtet, w\u00e4hrend alle anderen Reproductionen, die l\u00e4ngere Zeit beanspruchten, als nicht normale angesehen wurden. Der Zweck dieser Untersuchungen erforderte es nicht, \u00fcber den Werth der letzteren zu urtheilen. F\u00fcr eine Untersuchung des Wesens der Associationen haben sie aber gewiss Wichtigkeit.\nNachdem die erste Reihe in dieser Weise durch das Trefferverfahren gepr\u00fcft war, trat eine Pause von 5 Minuten ein. Nach derselben wurde die zweite Reihe ebenso gelernt und reproducirt wie die erste.\nAm folgenden Tage wurde zun\u00e4chst die letzte Reihe des vorhergehenden Tages, die memorirt und unmittelbar nachher reproducirt worden war, durch das Trefferverfahren gepr\u00fcft. Darauf wurde die erste Reihe, die am vorhergehenden Tage nach der Einpr\u00e4gung durch das Trefferverfahren gepr\u00fcft worden war, herzusagen versucht. Gelang das nicht mehr, so wurde sie s.o oft wiederholt, bis es der Versuchsperson wieder m\u00f6glich war. In dieser Umkehrung der Aufeinanderfolge und Art der Behandlung kamen die Reihen des vorhergehenden Tages am folgenden fortan stets vor. Nach einer Pause von 5 Minuten wurden dann zwei neue Reihen memorirt und gepr\u00fcft.\nDie Versuche mit einfachem und jambischem Rhythmus dauerten 5 Tage, ebensolange die mit einfachem und troch\u00e4ischem Rhythmus. Es war beabsichtigt, diese Reihe 40 Tage fortzusetzen; wegen einer","page":205},{"file":"p0206.txt","language":"de","ocr_de":"206\nMargaret Keiver Smith.\nVer\u00e4nderung in den Verh\u00e4ltnissen der Versuchsperson wurde es aber nothwendig, am 10. Tage aufzuh\u00f6ren. Das Schema mit den Resultaten dieses zehnt\u00e4gigen Verfahrens ist das folgende.\nI.\tTag. 25. Januar 1899. Versuchsperson: Herr Ma.\nAnfang des Versuchs 1 Uhr 30 Min., Ende 2 Uhr.\n1.\tReihe 1 von heute, einfacher Rhythmus, N. W. 34 (z. Auswendig!.). Pr\u00fcfung: sofortiges Hersagen \u2014 9 Silben reproducirt. 5 Min. Pause. Lernen der Reihe 1 ; Pr\u00fcfung = 6 Treffer. 2 Min. Pause.\n2.\tReihe 2 von heute, jamb. Rhythmus, N. W. 19. Pr\u00fcfung: sofortiges Hersagen \u2014 10 Silben reproducirt. 5 Min. Pause. Lernen der Reihe 2 ; Pr\u00fcfung = 6 Treffer.\nH. Tag. 26. Januar 1899.\nAnfang des Versuchs 1 Uhr 30 Min., Ende 2 Uhr.\n1.\tReihe 2 von gestern, jamb. Rhythmus; Pr\u00fcfung = 2 Treffer. Reihe 2 von gestern, jamb. Rhythmus, N. W. 7 (z. Auswendiglernen).\n2.\tReihe 1 von gestern, einfacher Rhythmus; Pr\u00fcfung = 5 Treffer. Reihe 1 von gestern, einfacher Rhythmus, N. W. 10 (z. Auswendiglernen). 2 Min. Pause.\n3.\tReihe 1 von heute, jamb. Rhythmus, N. W. 21 (z. Auswendiglernen). Pr\u00fcfung: sofortiges Hersagen = 10 Sec. 5 Min. Pause. Reihe 1 von heute; Pr\u00fcfung = 6 Treffer.\n4.\tReihe 2 von heute, einfacher Rhythmus, N. W. 23 (z. Auswendiglernen). Pr\u00fcfung: sofortiges Hersagen =10 Sec. 5 Min. Pause. Reihe 2 von heute, einfacher Rhythmus; Pr\u00fcfung = 5^2 Treffer1 *).\nHI. Tag. 27. Januar 1899.\nAnfang des Versuchs 1 Uhr 30 Min., Ende 2 Uhr.\n1.\tReihe 2 von gestern, einfacher Rhythmus; Pr\u00fcfung = 4/2 Treffer. Reihe 2 von gestern, einfacher Rhythmus, N. W. 11 (z. Auswendiglernen).\n2.\tReihe 1 von gestern, jamb. Rhythmus; Pr\u00fcfung = 1 Treffer. Reihe 2 von gestern, jamb. Rhythmus, N. W. 6 (z. Auswendiglernen). 2 Min. Pause.\n3.\tReihe 1 von heute, einfacher Rhythmus, N. W. 22 (z. Auswendiglernen); Pr\u00fcfung: sofortiges Hersagen = 11 Sec. 5 Min. Pause. Reihe 1 von heute, jamb. Rhythmus, N. W. 15 (z. Auswendiglernen).\n4.\tReihe 2 von heute, jamb. Rhythmus, N. \"W. 15 (z. Auswendiglernen). Pr\u00fcfung: sofortiges Hersagen = 12 Sec. 5 Min. Pause. Reihe 2 von heute, jamb. Rhythmus; Pr\u00fcfung = 2 Treffer. In entsprechender Weise wurde am IV., V. und VI. Tage fortgefahren.\nDas Verfahren w\u00e4hrend der n\u00e4chsten 5 Tage war ganz dasselbe, nur wurde statt des jambischen der troch\u00e4ische Rhythmus zum Vergleich mit einfachem verwendet.\n1) Wenn zwei Buchstaben einer Silbe richtig reproducirt wurden, galt die\nReproduction = */2 Treffer.","page":206},{"file":"p0207.txt","language":"de","ocr_de":"Rhythmus und Arbeit.\n207\nDie Resultate der Versuche sind auf der folgenden Tafel zusammengestellt.\nAus diesem Vergleich der Resultate des Lernens mit einfachem Rhythmus w\u00e4hrend der ersten 5 Tage mit denjenigen des Lernens mit jambischem Rhythmus derselben Zeit geht hervor, dass bei den ersteren die durchschnittliche Zahl von Wiederholungen, zum Auswendiglernen der Reihen (23,6) gr\u00f6\u00dfer ist als bei diesen (17,4), bei jenen ist auch die Zahl von Wiederholungen, die zum Wiedererlernen nothwendig waren (10,4), gr\u00f6\u00dfer als bei den letzteren (7,8). Auch ist die Reproduction beim ersten Hersagen dort etwas geringer (10,4) als hier (10,8). Die Reproductionen beim Trefferverfahren \u00fcberwiegen dagegen auf Seiten des einfachen Rhythmus, wodurch das f\u00fcr diesen anfangs ung\u00fcnstig erscheinende Resultat wieder etwas zu seinen Gunsten verschoben wird. Diese Thatsache ist vielleicht ein Beweis daf\u00fcr, dass durch die gr\u00f6\u00dfere Zahl von Wiederholungen die Silben besser eingepr\u00e4gt werden.\nBeim Vergleich der Resultate, die sich beim Lernen mit einfachem Rhythmus ergaben, mit denen, die unter Anwendung des tro-ch\u00e4ischen Rhythmus erzielt wurden, scheint das letztere Versma\u00df die vortheilhaftere Wirkung zu haben.\nDer Einfluss der Hebung war bei dieser Versuchsperson nicht zu bemerken. Die ersten 3 Tage haben im allgemeinen die besten Resultate geliefert. Solange das Verfahren neu war, interessirte es die Versuchsperson, nachher fand sie die Arbeit langweilig. Die letzten 5 Tage waren nicht sehr vortheilhaft, weil die Aufmerksamkeit der Versuchsperson durch vielfache Besch\u00e4ftigung mit anderen Dingen zu sehr abgelenkt wurde. Daher wurde die Reihe am Ende des 10. Tages geschlossen. Die Versuchsperson ging stets darauf aus', die Silben durch Associationen mit einander zu verbinden.\n2.\nVor der Verwendung der anfangs beschriebenen Apparate bei den Ged\u00e4chtnissversuchen wurde eine zweite Reihe auf ganz andere Weise durchgef\u00fchrt.\nAls Material wurden sinnlose Silben verwendet, die nach den Regeln von Ebbinghaus und M\u00fcller construirt waren1).\n1) Ebbinghaus, a. a. O. S. 30. \u2014 M\u00fcller und Schumann, a. a. O. S. 18 ff.","page":207},{"file":"p0208.txt","language":"de","ocr_de":"Versuchsperson: Herr Ma.\n208\nMargaret Keiver Smith,\n3\t\u0153\tfl\nzi\tte-\tb","page":208},{"file":"p0209.txt","language":"de","ocr_de":"Versuchsperson: Herr Ma.\nRhythmus und Arbeit,\n209\n02 d a rd \u25a0+=> rd fh <D rd O 02 :c\u00f6 rd \u00dc o u H\tReproductionen\tnd -+j GO SS rd \u00fc o3\tHer- sagen\tSS\tSS\tCS rH\t12\tSS\t0\tcs CO\tTH\n\t\t\t\t-\t0\tO\tCS\t0\t3 0,6\n\t\tNach 5 Min. Treff.\t\tTt<\tco\tIO\t5,5\t\t24,5 4,9\n\t\tSofor- tiges Her- sagen\t\tO\t3\tCS T\u20141\tCS T\u201c(\t-\tCS co\t_r\n\t\"Wiederholungen\tNach 24 Stunden zum Wiedererlernen\t\tCO\tO\tGO\t0\t05\t43 8,6\n\t\tAm 1. Tag zum Auswendig- lernen\t\t19\tSS\tCS\t23\t\t90 18\n\t\t\t\t-\tSS\t-\tCS\tTH\t\nEinfacher Rhythmus\tReproductionen\tNach 24 Std.\tHer- sagen\t12\tcs\tSS\tcs t-H\tCS\tO\tCS CO\tTH\n\t\t\t\tO\t0\t0\t\t0\t1 0,2\n\t\tNach 5 Min. Treff.\t\teo\t10\t10\t\tCO\t20 4\n\t\tAm !\u2022 Tag Hersagen\t\t05\t0\t05\tO\t10\t48 9,6\n\tWiederholungen\tNach 24 Stunden zum Wiedererlernen\t\tCO\t00\t14\tCO\t10\t51 10,2\n\t\tAm 1. Tag zum Auswendig- lernen\t\t05\t25\tGO\trt*\t\t93 18,6\n\t\t\t\tSS\ttH\tSS\t-\tSS\t\n\t\tTag\t\tCO\tt-\t00\t05\t0 T\u201c<\t","page":209},{"file":"p0210.txt","language":"de","ocr_de":"210\nMargaret Keiver Smith.\nDie Versuche dauerten 30 Tage und zerfielen in f\u00fcnf Reihen. Sie fanden w\u00e4hrend 6 Tage je vormittags 10 Uhr statt und fielen am 7. Tage jedes Mal aus, weil die Versuchsperson an diesem Tage anderweitig besch\u00e4ftigt war.\nDer Zweck der Versuche betraf die Untersuchung der Beziehung des Rhythmus zum Auswendiglernen und Reproduciren.\nVersuchsperson war Herr Mar. Er hatte schon Erfahrung als Versuchsperson und war durch die Betheiligung an den Gewichtsversuchen an den Takt des Metronoms gew\u00f6hnt. Er kannte den Zweck der Versuche nicht, doch hat er vor Beendigung derselben vermuthet, dass die Untersuchung weniger seiner F\u00e4lligkeit zum Lernen als vielmehr dem Einfluss des Rhythmus auf das Lernen gelten werde. Diese Versuchsperson besitzt in hohem Grade die F\u00e4higkeit, ihre eignen geistigen Processe zu beobachten und richtig zu beurtheilen. Deswegen sind ihre Berichte besonders werthvoll. Der physische Zustand der Versuchsperson war immer ein sehr guter. Die durchschnittliche Zahl der Pulsschl\u00e4ge belief sich am Anfang der Versuche auf 87, am Ende derselben dagegen auf 80. Die Tendenz zur Verminderung des Pulses w\u00e4hrend der Versuche war bei allen Versuchspersonen zu bemerken; bei keiner anderen aber war der Unterschied gr\u00f6\u00dfer als hei dieser. W\u00e4hrend der drei\u00dfigt\u00e4gigen Versuche gab die Versuchsperson als ungef\u00e4hre Dauer des n\u00e4chtlichen Schlafes 7V2 Stunde an. Ihre Disposition f\u00fcr die Versuche war eine besonders gute, mit Ausnahme einer Woche, in der sie sich eine Erk\u00e4ltung zugezogen hatte.\nWie schon gesagt, war das Verfahren bei diesen Versuchen von dem bei den anderen verschieden, sodass die liier erzielten Resultate mit denen der anderen Versuche nicht verglichen werden k\u00f6nnen. Dagegen wurden die Ergebnisse der verschiedenen Wochen mit einander verglichen.\nW\u00e4hrend der ganzen Dauer der Versuche hat die Versuchsperson die Silben gar nicht gesehen. Die Reihen wurden ihr vom Versuchsleiter vorgelesen und zwar so lange, bis sie die Silben auswendig wusste. Darauf wurden sie von ihr zweimal laut wiederholt. Nach einer Pause von 5 Minuten wurde nun die Reihe durch ein Verfahren, das dem Trefferverfahren \u00e4hnlich ist, gepr\u00fcft und zwar so, dass der Leiter eine Silbe las und die Versuchsperson","page":210},{"file":"p0211.txt","language":"de","ocr_de":"Rhythmus und Arbeit.\n211\ndie n\u00e4chstfolgende der Beihe angab. Nach einer Pause von ungef\u00e4hr einer Minute wurde die n\u00e4chste Beihe ebenso behandelt. An jedem Tage wurden zwei Beihen auf diese Weise gelernt. Am n\u00e4chsten Tage, 24 Stunden sp\u00e4ter, wurden diese beiden Beihen zu Anfang der Versuche ohne Wiederholungen gepr\u00fcft und zwar zuerst durch Hersagen und nach 5 Minuten durch das Trefferverfahren.\nW\u00e4hrend der ersten 6 Tage wurden die Beihen mit m\u00f6glichst einfachem Takte gelesen. Der Leiter des Versuchs hat strengstens versucht, den Ehythmus beim Sprechen zu vermeiden. Die Noth-wendigkeit aber, 12 Silben nach einander so auszusprechen, dass sie die Versuchsperson \u2014 jede f\u00fcr sich \u2014 deutlich unterscheiden k\u00f6nne, erzeugte immerhin eine Begelm\u00e4\u00dfigkeit des Articulirens mit einem Zeitverh\u00e4ltniss, in dem der Ursprung des Empfindens des einfachen Ehythmus zu sehen ist. Es ist dem Leiter damals aber gelungen, die Silben ohne Accentuirung zu lesen; eine bestimmte Abtrennung der Silben von -einander war nur zu bemerken, hei der aber jede Gruppirung sorgf\u00e4ltigst zu vermeiden gesucht wurde. Die Zeit des einmaligen Lesens einer Beihe betrug etwa 8 Secunden. Je sechs Uebungen dienten der Untersuchung des Einflusses einer Art von Ehythmus.\nDas Schema des Verfahrens und die Besultate der ersten 6 Tage sind auf der folgenden Tabelle angegeben.\nDie gew\u00f6hnliche Dauer der Eeproduction einer Silbe belief sich auf 2\u201420 Secunden. Diejenigen Treffer, deren Beproductionszeit mehr als 20 Secunden betrug, wurden als anormale betrachtet. W\u00e4hrend der drei\u00dfigt\u00e4gigen Versuche kamen aber verh\u00e4ltnissm\u00e4\u00dfig wenige vor; es sind die folgenden: 3 Silben \u00e0 25 Sec., 6 Silben \u00e0 30 Sec., 4 Silben \u00e0 40 Sec., 1 Silbe \u00e0 50 Sec., 2 Silben \u00e0 60 Sec., 1 Silbe \u00e0 90 Sec., 1 Silbe \u00e0 120 Sec. Beproductionszeit.\nDie Zeit der Eeproduction wurde mit einer F\u00fcnftel-Secundenuhr gemessen.\nDas Verfahren f\u00fcr die \u00fcbrige Versuchszeit war dasselbe, wie das eben angegebene; nur wurde nach je 6 Tagen ein neuer Bhythmus (Versma\u00df) eingef\u00fchrt.\nDie Besultate s\u00e4mmtlicher Versuche sind auf den folgenden Tabellen angegeben.","page":211},{"file":"p0212.txt","language":"de","ocr_de":"212\nMargaret Keiver Smith.\nResultate der G-ed\u00e4chtnissversuche vom 1. bis incl. 6. Tag.\nEinfacher Rhythmus.\nVersuchsperson: Herr Mar.\nTag\t|\tDatum\t\tReihe 1\tZahl derWie-derholungen zum Auswendiglernen\tReproduction\t\t\tPause\tReproduction\t\t\n\t\t\t\t\tHer- sagen\tPause\tTref- fer\tStun- den\tHer- sagen\tPause\tTref- fer\n1.\t29. Jan.\t\ti\t19\t12\t5 Min.\t6\t24\t12\t5 Min.\t6\n1.\t29.\t\u00bb\t2\t31\t12\t\u00bb\t6\t24\t12\t\u00bb\t6\n2.\t30.\t\u00bb\t1\t27\t12\t\u00bb\t5\t24\t12\t\u00bb\t6\n2.\t30.\t\u00bb\t2\t28\t12\t\u00bb\t6\t24\t12\t\u00bb\t6\n3.\t31.\t\u00bb\t1\t28\t12\t\u00bb\t6\t24\t12\t\u00bb\t5\n3.\t31.\t\u00bb\t2\t20\t12\t\u00bb\t6\t24\t12\t\u00bb\t6\n4.\t1. Eebr.\t\t1\t24\t12\t\u00bb\t6\t24\t10\t\u00bb\t2*)*)\n4.\t1.\t>\t2\t14\t12\t\u00bb\t6\t24\t11\t\u00bb\t52)\n5.\t2.\t\u00bb\t1\t29\t12\t\u00bb\t5\u2018/\u00ef\t24\t10\t\u00bb\t33)*)\n5.\t2.\t\u00bb\t2\t20\t12\t\u00bb\t6\t24\t10\t\u00bb\t6\n6.\t3.\t*\t1\t20\t12\t\u00bb\t6\t48\t12\t\u00bb\t64)\n6.\t3.\t\u00bb\t\t2\t14\t12\t\u00bb\t6\t48\t12\t-\t6\n\t\t\t12\t274\t144\t\t70,5\t\t137\t\t63\nDurchschnittl. Werth\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\n\tf\u00fcr jede Reihe = 22,83\t\t\t\t12\t\t5,875\t\t11,41\t\t5,25\n*) Hier trat eine St\u00f6rung ein.\nBemerkungen:\n1)\ts\u00e4z wurde reprodueirt nach wus (9. Silbe), folgt aber auf nat (11. S.).\n2)\tweul wurde als sechste Silbe reprodueirt, ist aber die siebente.\n3)\tDiese St\u00f6rung trat vor Beginn des Versuches ein; die Reproduction hat durch sie gelitten.\n4)\tWie schon gesagt, fiel nach dem sechsten Uebungstag ein Tag aus; deswegen erfolgte die Reproduction der Reihen des sechsten Tages erst nach 48 Stunden, die aber scheinbar dann eben so leicht vor sich ging, als nach 24 Stunden.","page":212},{"file":"p0213.txt","language":"de","ocr_de":"Rhythmus und Arbeit.\n213\nResultate der G-ed\u00e4cktnissversuche vom 7. bis incl. 12. Tag.\nTroch\u00e4iseher Rhythmus.\nVersuchsperson: Herr Mar.\nfcJO c\u00f6 H\tDatum\tReihe\tZahl derWie-derholungen zum Auswendiglernen\tReproduction\t\t\tPause\tReproduction\t\t\n\t\t\t\tHer- sagen\tPause\tTref- fer\tStun- den\tHer- sagen\tPause\tTref- fer\n7.\t5. Eebr.\t1\t33\t12\t5 Min.\t5\t24\tii\t5 Min\t4\n7.\t5.\t\u00bb\t2\t25\t12\t\u00bb\t6\t24\t11\t\u00bb\t5\n8.\t6. \u00bb\t1\t61)\t12\t\u00bb\t5\t24\t12\t\u00bb\t6\n8.\t6. \u00bb\t2\t32\t12\t\u00bb\t6\t24\t12\t\u00bb\t6\n9.\t7.\t\u00bb\t1\t18\t12\t\u00bb\t5\t24\t11\t\u00bb\t6\n9.\t7.\t\u00bb\t2\t17\t12\t\u00bb\t5\t24\t12\t\u00bb\t52)\n10.\t8. \u00bb\t1\t21\t12\t\u00bb\t5\t24\t12\t\u00bb\t6\n10.\t8. \u00bb\t2\t27\t12\t\u00bb\t6\t24\t12\t\u00bb\t6\n11.\t9.\t\u00bb\t1\t27\t12\t\u00bb\t6\t24\t12\t\u00bb\t6\n11.\t9.\t\u00bb\t2\t423)\t12\t\u00bb\t6\t24\t12\t\u00bb\t6\n12.\t10. \u00bb\t1\t38\t12\t\u00bb\t6\t48\t12\t\u00bb\t6\n12.\t10. \u00bb\t2\t18\t12\t\u00bb\t6\t48\t12\t\u00bb\t6\n\t\t12\t304\t12\t\t67\t\t141\t\t68\nDurchschnittl. \"Werth\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\n\tf\u00fcr jede Reihe = 25,33\t\t\t144\t\t5,583\t\t11,75\t\t5,66\nB emerkungen:\n1)\tZum Auswendiglernen der ersten Reihe am 8. Tage waren nur sechs Wiederholungen erforderlich. Die Silbe mez gab Veranlassung zu einer Association mit der Stadt Metz und ihrer Bedeutung im Kriege 1870/71, welche durch die ganze Reihe durchgef\u00fchrt wurde.\n2)\tEin Treffer fehlt hier wegen eines Missverst\u00e4ndnisses.\n3)\tDiese Reihe wurde als eine sehr schwere bezeichnet.","page":213},{"file":"p0214.txt","language":"de","ocr_de":"214\nMargaret Keiver Smith.\nResultate der Ged\u00e4chtnissversuche vom 13. bis incl. 18. Tag.\nJambischer Rhythmus.\nVersuchsperson: Herr Mar.\nb\u00df c\u00f6 H\tDatum\t\tReihe j\tZahl derWie-derholungen zum Auswendiglernen\tReproduction\t\t\tPause\tReproduction\t\t\n\t\t\t\t\tHer- sagen\tPause\tTref- fer\tStun- den\tHer- sagen\tPause\tTref- fer\n13.\t12. Eebr.\t\ti\t31\t12\t5 Min.\t6\t24\t12\t5 Min.\t6\n13.\t12.\t\u00bb\t2\t23\t12\t\u00bb\t6\t24\t12\t\u00bb\t6\n14.\t13.\t3>\t1\t22\t12\t\u00bb\t6\t24\t9\t\u00bb\t41)\n14.\t13.\t\u00bb\t2\t24\t12\t*\t6\t24\t8\t\u00bb\t32)\n15.\t14.\t\u00bb\t1\t25\t12\t\u00bb\t6\t24\t11\t\u00bb\t6\n15.\t14.\t>\t2\t17\t12\t\u00bb\t6\t24\t11\t\t6\n16.\t15.\t\u00bb\t1\t29\t12\t\u00bb\t6\t24\t11\t\u00bb\t6\n16.\t15.\t\u00bb\t2\t39\t12\t\u00bb\t6\t24\t11\t\u00bb\t51/23)\n17.\t16.\t\u00bb\t1\t30\t12\t\u00bb\t6\t24\t6\t\u00bb\t5\n17.\t16.\t\u00bb\t2\t19\t12\t\u00bb\t6\t24\t7\t\u00bb\t4V*\n18.\t17.\t\u00bb\t1\t31\t12\t\u00bb\t6\t48\t7\t\u00bb\t6\n18.\t17.\t\u00bb\t2\t17\t12\t\u00bb\t6\t48\t9\t\u00bb\t6\n\t\t\t12\t307\t144\t\t72\t\t114\t\t64\nDurchschnittl. Werth\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\n\tf\u00fcr jede Reihe = 25,58\t\t\t\t12\t\t6\t\t9,5\t\t5,33\nBemerkungen:\n1)\tHier trat eine St\u00f6rung ein.\n2)\tDie Silbe hip (9. Silbe) wurde gegeben, und statt der nachfolgenden\n(10. Silbe) wurde die vorhergehende (8. Silbe) reproducirt.\t.<\n3)\tW\u00e4hrend dieser Woche war die Versuchsperson sehr besch\u00e4ftigt, auch litt sie an einer st\u00e4rkeren Erk\u00e4ltung.","page":214},{"file":"p0215.txt","language":"de","ocr_de":"Rhythmus und Arbeit.\n215\nResultate der Ged\u00e4clitnissversuche vom 19. bis incl. 24. Tag.\nDaktylischer Rhythmus.\nVersuchsperson: Herr Mar.\nbp H\tDatum\tReihe\tZahl der Wiederholungen zum Auswendiglernen\tReproduction\t\t\tPause\tReproduction\t\t\n\t\t\t\tHer- sagen\tPause\tTref- fer\tStun- den\tHer- sagen\tPause\tTref- fer\n19.\t19.Febr.\t1\t26\t12\t5 Min.\t6\t24\t12\t5 Min.\t6\n19.\t19.\t*\t2\t24\t12\t\u00bb\t6\t24\t12\t\u00bb\t6\n20.\t20. \u00bb\t1\t31\t12\t\u00bb\t5\t24\t11\t\u00bb\t5\n\u202220.\t20. \u00bb\t2\t23\t12\t\u00bb\t6\t24\t11\t\u00bb\t6\n21.\t21. \u00bb\t1\t26\t12\t\u00bb\t6\t24\t9\t\u00bb\t4\n21.\t21. \u00bb\t2\t24\t12\t*\t6\t24\t8\t\u00bb\tH)\n22.\t22. \u00bb\t1\t19\t12\t\u00bb\t6\t24\t12\t\u00bb\t6\n22.\t22. \u00bb\t2\t21\t12\t\u00bb\t6\t24\t12\t\u25a0>\t6\n23.\t23.\t\u00bb\t1\t28\t12\t\u00bb\t6\t24\t12\t\t6\n23.\t23.\t\u00bb\t2\t24\t12\t\u00bb\t6\t24\t12\t\u00bb\t6\n24.\t24.\t\u00bb\t1\t18\t12\t\u00bb\t6\t48\t12\t\u00bb\t6\n24.\t24.\t\u00bb\t2\t31\t12\t\u00bb\t6\t48\t12\t\u00bb\t6\n\t\t12\t295\t144\t\t71\t\t135\t\t64\nDurchschnittl. Werth\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\n\tf\u00fcr jede Reihe = 24,58\t\t\t12\t\t5,91\t\t11,25\t\t5,33\nBemerkung:\nDie Versuchsperson gab an, dass sie diese Reihe mit sehr unangenehmem Gef\u00fchl gelernt habe. Sie war erk\u00e4ltet.\nWundt, Philos. Studien. XYI.\n15","page":215},{"file":"p0216.txt","language":"de","ocr_de":"216\nMargaret Keiver Smith.\nResultate der Ged\u00e4chtnissversuche vom 25. bis incl. 30. Tag.\nAnap\u00e4stischer Rhythmus.\nVersuchsperson: Herr Mar.\nTag\t\tReihe\tZahl der Wiederholungen zum Auswendiglernen\tReproduction\t\t\tPause\tReproduction\t\t\n\tDatum\t\t\tHer- sagen\tPause\tTref-1 fer j\tStun- den\tHer- sagen\tPause\tTref- fer\n25\t5. M\u00e4rz\t1\t18\t12\t5 Min.\t6Va\t24\t11\t5 Min.\t5 l)\n25\t5.\t\u00bb\t2\t25\t12\t\u00bb\t5\u2018/i\t24\t11\t\u00bb\tB1/**)\n26\t6. \u00bb\t1\t23\t12\t\u00bb\t6\t24\t11\t\u00bb\t5\n26\t6. \u00bb\t2\t20\t12\t\u00bb\t6\t24\t12\t\u00bb\t6\n27\t7.\t\u00bb\t1\t20\t12\t\u00bb\t6\t24\t11\t\u00bb\t6\n27\t7.\t\u00bb\t2\t20\t12\t\u00bb\t6\t24\t12\t\u00bb\t6*/*\n28\t8. \u00bb\t1\t21\t12\t\u00bb\t5\t24\t8\t\u00bb\t5\n28\t8. \u00bb\t2\t14\t12\t\u00bb\t5\t24\t12\t\u00bb\t5\n29\t9.\t\u00bb\t1\t16\tr 12\t\u00bb\t6\t24\t11\t\u00bb\t6\n29\t9.\t\u00bb\t2\t20\t12\t\u00bb\t6\t24\t12\t\u00bb\t5\n30\t10. \u00bb\t1\t15\t12\t\u00bb\t6\t24\t12\t\u00bb\t6\n30\t10. \u00bb\t2\t18\t12\t\u00bb\t51/2\t24\t12\t\u00bb\t6\n\t\t| 12\ti\t230\t144\t\t68V2\t\t135\t\t66\nDurchschnittlicher Werth f\u00fcr jede Reihe = 19,16\t\t\t\t12\t\t5,7\t\t11,25\t\t5,5\nBemerkungen:\n1)\tWegen einer Association in der ersten Reihe nannte die Versuchsperson diese die \u00bbTeppichreihe\u00ab.\n2)\tDie zweite Reihe nannte sie die \u00bbNeidreihe\u00ab.\nZwischen der vorigen Gruppe von Versuchen und dieser fiel eine Woche aus wegen anderweitiger Besch\u00e4ftigung der Versuchsperson. Bei diesen letzten Versuchen dieser Art hat sie weniger Wiederholungen zum Auswendiglernen gebraucht als bei irgend einer fr\u00fcheren Reihe. Diese Thatsache ist wohl auf den Einfluss der Uebung oder vielmehr der Anpassung zur\u00fcckzuf\u00fchren.","page":216},{"file":"p0217.txt","language":"de","ocr_de":"Rhythmus und Arbeit.\n217\nDurchschnittliche Resultate f\u00fcr jede Reihe. Versuchsperson : Herr Mar.\n\tWiederholungen zum Auswendiglernen\tReproduction\t\t\tPause\tReproduction\t\t\n\t\tHer- sagen\tPause\tTref- fer\tStun- den\tHer- sagen\tPause\tTref- fer\nEinfacher Rhythmus 29. Jan. bis 3. Eebr. 1899\t\t22,83\t12\t5 Min.\t5,875\t24\t11,41\t5 Min.\t5,25\nTroch\u00e4ischer Rhythmus 7. bis 12. Eebr.. . .\t25,33\t12\t\u00bb\t5,583\t24\t11,75\t>\t5,66\nJambischer Rhythmus 13. bis 18. Eebr. . .\t25,58\t12\t\u00bb\t6\t24\t9,5\t>\t5,33\nDaktyl. Rhythmus 19. bis 24. Eebr. . .\t24,58\t12\t\u00bb\t5,91\t24\t11,25\t\u00bb\t5,33\nAnap\u00e4st. Rhythmus 5. bis 10. M\u00e4rz. . .\t19,16\t12\t\u00bb\t5,7\t24\t11,25\t\u00bb j\t5,5\nBei dieser Reihe von Versuchen ist die Zahl der Wiederholungen zum Auswendiglernen am geringsten beim anap\u00e4stischen Rhythmus. Es ist aber zweifelhaft, ob diese Ersparnis diesem Rhythmus zu verdanken ist, oder nicht vielmehr der durch die Uebung gewonnenen Anpassung, \u00fceberhaupt h\u00e4tte die Versuchsperson die Reihen wahrscheinlich mit weniger Wiederholungen lernen k\u00f6nnen ; sie wollte abei mit charakteristischer Vorsicht die Reproduction nicht wagen, is sie ganz sicher sei, dass sie gel\u00e4nge. Beim jambischen Rhythmus war die Reproduction beim Trefferverfahren vollkommen. Die Resultate, die unter Anwendung des troch\u00e4ischen Rhythmus erzielt wurden, stehen aber in anderer Hinsicht etwas h\u00f6her. Die Ver-hsperson hat selber berichtet, dass sie von den verschiedenen ythmen keinen ausgesprochen bevorzuge, nur scheine es ihr etwas Nat\u00fcrlicher, mit daktylischem oder anap\u00e4stischem Rhythmus als mit rochaischem oder jambischem zu lernen. Der Gfrund daf\u00fcr sei, dass e ie Gewohnheit habe, Gruppen von 3 Silben zu bilden, \u00fcberhaupt rd die Bildung gr\u00f6\u00dferer Gruppen den Vortheil dieser Metren ausmachen. Schon w\u00e4hrend der ersten Woche bildete sie\n15*","page":217},{"file":"p0218.txt","language":"de","ocr_de":"218\nMargaret Reiver Smith.\nsolche Gruppen, obgleich der Leiter des Versuchs die Silben ganz getrennt vorlas. Sie hat, wie sie sagte, von Anfang an daktylisch gelernt, obgleich sie heim Hersagen den Accent und auch die Grup-pirung durch die Stimme nicht immer zeigte. Nach der 6. Silbe hat sie eine bestimmte O\u00e4sur gemacht, durch welche die Silbenreihe in zwei gleiche Theile zerlegt wurde. Jeden dieser Theile dachte sie sich aus zwei Untertheilen mit je 3 Silben bestehend. Diese Gruppi-rung in 3 Silben fand w\u00e4hrend der ganzen Untersuchung statt. Aehnlich verfuhr die Versuchsperson beim Lernen mit jambischem und troch\u00e4ischem Versma\u00df. Die sechs Silben vor der C\u00e4sur und die nach derselben wurden in je eine Gruppe von 3 Paaren zusammengefasst. Die C\u00e4sur schied die Hauptgruppen von einander und erleichterte dadurch das Einpr\u00e4gen erheblich. Der Leiter des Versuchs hat nicht die Vermeidung derartiger Gruppirungen verlangt; denn sein Zweck war, die individuellen Tendenzen der Versuchsperson kennen zu lernen. (Vgl. die \u00e4hnlichen Beobachtungen von G. E. M\u00fcller, a. a. 0.)\nIn ihrem Streben zur Gruppenbildung mit drei Gliedern fand die Versuchsperson eine Analogie zum Gesichtssinn. So wie sich 3 Punkte leicht mit einem Blick \u00fcbersehen lassen, so bilden 3 Silben eine leicht aufzufassende Einheit.\nBei anderen Versuchspersonen war die Tendenz, Gruppen von 3 Gliedern zu bilden, ebenfalls vorhanden, obschon das Verfahren nicht so systematisch durchgef\u00fchrt wurde, wie bei dieser Versuchsperson. Auch eine Anzahl Dorfkinder (etwa 20), mit denen in dieser Hinsicht Versuche angestellt wurden, zeigten heim Z\u00e4hlen von Objecten alle die Tendenz, diese immer in Gruppen von 3 zusammen zu fassen, z. B. 3, 6, 9 etc.\nBeim Beproduciren war das Verfahren des Herrn Mar. be-merkenswerth. Gew\u00f6hnlich war die Reproduction beim Hersagen sicher, ruhig und regelm\u00e4\u00dfig. Wenn aber eine Silbe fehlte, machte er scheinbar keine Anstrengung, sich zu erinnern. Er wartete nur, und gew\u00f6hnlich kam die Silbe wie von selbst. W\u00e4hrend der Reproduction beim Trefferverfahren war dasselbe ruhige Warten zu bemerken. Bei diesem Verfahren war die Pr\u00fcfung ziemlich streng-Nicht nur sollten die Glieder eines Taktes sich gegenseitig repro-duciren, sondern auch die verschiedener Takte. Beim daktylischen","page":218},{"file":"p0219.txt","language":"de","ocr_de":"Rhythmus und Arbeit.\n219\nund anap\u00e4stischen Lernen wurden durch die erste Silbe einer Gruppe die beiden anderen derselben Gruppe reproducirt; daneben wurde aber auch die letzte Silbe einer Gruppe gegeben, damit die erste Silbe der n\u00e4chsten Gruppe reproducirt werde. Diese letzte Reproduction gelang fast immer, erforderte aber bedeutend mehr Zeit als eine innerhalb desselben Taktes.\nMit den Reihen, die sie als schwere bezeichnete, hatte die Versuchsperson beim Lernen ziemlich viel M\u00fche. Hire Ansicht \u00fcber die Gr\u00fcnde daf\u00fcr wird sp\u00e4ter mit den betreffenden Aeu\u00dferungen der anderen Versuchspersonen zusammen angef\u00fchrt werden. Als besonders schwere Reihen bezeichnete die Versuchsperson die folgenden:\n1) gun, 2) mis, 3) haul, 4) d\u00f6m, 5) p\u00fct, 6) zek, 7) neisch, 8) r\u00e4p, 9) joz, 10) faaf, 11) sar, 12) keuch.\n1) tank, 2) z\u00f6s, 3) hut) 4) kaan, 5) j\u00fcz, 6) misch, 7) r\u00e4l, 8) deum, 9) sop, 10) geich, 11) laf, 12) per.\nDie zweite dieser Reihen fand die Versuchsperson wieder bedeu-dend schwerer als die erste. Sie behauptete, dass das gr\u00f6\u00dfte Hinderniss f\u00fcr das Lernen in der schwierigen Qualit\u00e4t der Reihen bestehe und in der ungew\u00f6hnlichen Combination von Vocalen und Consonanten, sodass weder die rhythmischen noch die etwa auftretenden Inhaltsassociationen diese Schwierigkeit ganz compen-siren konnten.\nDie Tendenz, den Silben Deutung zu gehen, war immer zu bemerken und konnte nicht unterdr\u00fcckt werden.\nDie motorische Seite des Lernens zeigte sich nach Angabe der Versuchsperson darin, dass sie w\u00e4hrend des Anh\u00f6rens der Silben diese stets still mitsprach oder wenigstens die entsprechenden Kehlkopfinnervationen ausf\u00fchrte.\nDie \u00fcbrigen Aeu\u00dferungen der Versuchsperson werden am Ende der Er\u00f6rterung der Versuche mit denen der anderen Versuchspersonen \u00fcber dieselben Punkte protokollirt und verglichen.\nNach der Erfahrung, die der Leiter mit dieser Versuchsreihe machte, ist er mehr als vorher zu glauben geneigt, dass die regelm\u00e4\u00dfigen Bewegungen der Sprechorgane (zwischen gewissen Grenzen der Geschwindigkeit) immer einem Rhythmus irgend einer Art entsprechen m\u00fcssen.","page":219},{"file":"p0220.txt","language":"de","ocr_de":"220\nMargaret Keiver Smith.\nDer angewendete Rhythmus kann heim Lernen eine Zeitersparnis (und m\u00f6glicher Weise auch eine Kraftersparniss) sichern; er kann aber durch Associationen (besonders durch sinnvolle) ersetzt werden.\n3.\nZur Feststellung der Beziehung, in welcher der Rhythmus zur Arbeit, in diesem Falle zum Auswendiglernen articulirbarer Elemente, steht, wurde noch eine dritte Reihe von Experimenten veranstaltet, f\u00fcr die als Memorirstoff die Oonsonanten des Alphabetes verwendet wurden. Die Variationsf\u00e4higkeit dieses Stoffes war aber eine ungleich beschr\u00e4nktere. Das Verfahren war dem mit sinnlosen Silben \u00e4hnlich ; die Reihen wurden so eingerichtet, dass derselbe Buchstabe nur einmal in einer Reihe erschien. Auch wurde die gew\u00f6hnliche Ordnung des Alphabets vermieden. Als Beispiele der Reihen m\u00f6gen folgende gelten:\n1) h, 2) m, 3) b, 4) g, 5) r, 6) s, 7) c, 8) 1, 9) v, 10) j, 11) n, 12) d.\n1) k, 2) g, 3) m, 4) t, 5) r, 6) d, 7) p, 8) w, 9) f, 10) n, 11) c, 12) h.\nT\u00e4glich wurden zwei neue Reihen zehnmal gelernt. Je 12 Oonsonanten bildeten eine Reihe, die auf einen der schon erw\u00e4hnten Papierstreifen geschrieben wurde, um \u00fcber den Baltzar\u2019schen Cylinder gespannt zu werden. Durch den Spalt des Schirmes, der vor dem Cylinder stand, konnte nur ein Buchstabe auf einmal gelesen werden. Das Kymographion war auf 9 Secunden Umdrehung eingestellt, was vor jedem Versuch controllirt wurde. Das Uhrwerk des Baltzar\u2019schen Cylinders ist sehr genau, sodass die Rotationen immer regelm\u00e4\u00dfig waren. Jeder Consonant war 54 Secunden vor den Augen.\nDie Versuche dauerten 25 Tage, n\u00e4mlich vom 25. Februar bis 22. M\u00e4rz 1899. Die ersten 5 Tage wurden der Uebung gewidmet, und am 2. M\u00e4rz wurden die Versuche selbst angefangen. 4 Tage wurden mit dem einfachen, 4 mit dem jambischen, 4 mit dem tro-ch\u00e4ischen, 4 mit dem anap\u00e4stischen und 4 mit dem daktylischen Rhythmus zugebracht und die Resultate mit einander verglichen. Die Versuche fanden t\u00e4glich zur selben Zeit statt.\nDie Versuchsperson, Fr\u00e4ulein Eb., studirte zu dieser Zeit ger-","page":220},{"file":"p0221.txt","language":"de","ocr_de":"221\nRhythmus und Arbeit.\nmanische Philologie und sprach mit fast gleicher Leichtigkeit und Vollkommenheit Englisch, Deutsch und Franz\u00f6sisch. W\u00e4hrend der Zeit der Versuche war der Schlaf der Versuchsperson im Durchschnitt ungef\u00e4hr sechs in 24 Stunden. Im Durchschnitt war der Puls 77 Schl\u00e4ge per Minute. Die Lem\u00fchung hatte immer eine Tendenz, dieses Tempo um ungef\u00e4hr 6 Schl\u00e4ge per Minute zu vermindern.\nAu\u00dfer 6 Tagen hei den Schreib\u00fchungen hatte Fr\u00e4ulein Eh. keine Erfahrung als Versuchsperson gehabt. Den Zweck der Untersuchung kannte sie nicht.\nJeden Tag wurden zwei neue Reihen von Consonanten zehnmal gelesen und sofort nachher gepr\u00fcft, die eine durch Hersagen, und die andere durch das Trefferverfahren. Die Reihe, die am ersten Tage durch das Trefferverfahren gepr\u00fcft wurde, wurde am zweiten Tage durch Hersagen gepr\u00fcft, w\u00e4hrend die andere, die am ersten Tage hergesagt wurde, am zweiten Tage durch das Trefferverfahren gepr\u00fcft wurde.\nBei dieser Versuchsreihe sowohl als hei anderen hat der Versuchsleiter bemerkt, dass, wenn die Zahl von Wiederholungen f\u00fcr eine alte Reihe bestimmt wurde, eine Tendenz vorhanden war, die zum Auswendiglernen nothwendige Zahl von Wiederholungen der bestimmten Zahl anzun\u00e4hern. Die Versuchspersonen waren sich dieser Tendenz nicht bewusst, da sie mit einer Ausnahme nie wussten, wie viele Wiederholungen sie zu einer bestimmten Zeit gemacht hatten. Gew\u00f6hnlich schien es ihnen, dass sie bedeutend weniger gelesen h\u00e4tten, als in Wirklichkeit der Fall war.\nDie Resultate mit den verschiedenen Rhythmen gestalteten sich folgenderma\u00dfen.","page":221},{"file":"p0222.txt","language":"de","ocr_de":"222\nMargaret Keiver Smith.\nI. Resultate der Ged\u00e4chtnissversuche mit Consonanten.\nEinfacher Rhythmus.\nVersuchsperson: Fr\u00e4ul. Eb.\n\t\t\tWiederholungen\t\t\tReproduction\t\t\t\t\t\nSP\tDatum\t<D r2\tZur\tZum\tBe-\t\t\t\t\t\t\nH\t\tfA\tVor-\tAus-\tstimmte\t\tHer-\t\t\t\t\n\t\t\tberei-\twendig-\tWieder-\tPh\tsagen\t\t\t\t\n\t\t\ttung\tlernen\thol.\t\t\t\t\t\t\n\t1899\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\n1\t2. M\u00e4rz\t1\t10\t\t\ti\t\t\t\t5\t> neue Reihen\n1\t2. \u00bb\t2\t10\t\t\t2\t6\t\t\t\t)\n2\t3.\t\u00bb\t2\t\t\t6\t2\t\t\t\t6\t[ alte\t\u00bb\n2\t3.\t\u00bb\t1\t\t9\t\t1\t12\t\t\t\t)\n2\t3.\t\u00bb\t1\t10\t\t\t1\t6\t\t\t\t> neue\t\u00bb\n2\t3.\t\u00bb\t2\t10\t\t\t2\t\t\t\t5\t)\n3\t4.\t\u00bb>\t2\t\t7\t\t2\t7\t\t\t\t> alte\t\u00bb\n3\t4.\t\u00bb\t1\t\t\t6\t1\t\t\t\t4\t)\n3\t4.\t\u00bb\t1\t10\t\t\t1\t\t\t\t3\t> neue \u00bb\n3\t4.\t\u00bb\t2\t10\t\t\t2\t12\t\t\t\t)\n4\t5.\t\u00bb\t2\t\t\t6\t2\t\t\t\t6\t> alte\t\u00bb\n4\t5.\t\u00bb\t1\t\t7\t\t1\t12\t\t\t\t)\n4\t5.\t\u00bb\t1\t10\t\t\t1\t12\t\t\t\t>neue \u00bb\n4\t5.\t\u00bb\t2\t10\t\t\t2\t\t\t\t6\t)\n5\t6. \u00bb\t2\t\t7\t\t2\t12\t\t\t\t> alte \u00bb\n5\t6. \u00bb\t1\t\t\t6\t1\t\t\t6\t\t)\n\t\t\t80\t30\t24\t\t43\t36\t22\t19\t\nDurchschnitt f\u00fcr\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\n\teine Reihe =\t\t= 10\t7,5\t6\t\t10,75\t9\t5,5\t4,75\t\nTreffer nach\t10 Wiederholungen =\t4,75.\n\u00bb\t\u00bb\t6\t\u00bb\t=\t5,5.\nHersagen \u00bb\t10\t\u00bb\t=9.\n\u00bb\t\u00bb\t10\t\u00bb\t=\t10,75.","page":222},{"file":"p0223.txt","language":"de","ocr_de":"Rhythmus und Arbeit.\n223\nII. Resultate der Gred\u00e4chtnissyersuche mit Consonanten.\nJambischer Rhythmus.\nVersuchsperson: Fr\u00e4ul. Eb.\n\t\t\tWiederholungen\t\t\tReproductionen\t\t\t\t\t\n\t\tD\tZur\t\t\t\t\t\t\t\t\nbo a\u00e4\tDatum\td\t\tZum\tBe-\tReihe\t\t\t\t\t\nH\t\trt\tVor-\tAus-\tstimmte\t\tHer-\t\t\t\t\n\t\t\tberei-\twendig-\tWieder-\t\tsagen\t\tTreffer\t\t\n\t\t\ttung\tlernen\thol.\t\ti\t\t\t\t\n\t1899\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\n5\t6. M\u00e4rz\tl\t10\t\t\t1\t\t\t4\t\t\n\t\t\t10\t\t\t\t\t\t\t\t> neue Reihen\n5\t6. \u00bb\t2\t\t\t\t2\t12\t\t\t\t\n6\t7.\t\u00bb '\t2\t\t\t6\t2\t\t\t\t6\t\\\n\t\t1\t\t8\t\t\t\t\t\t\t> alte\t\u00bb\n6\t1. \u00bb\t\t\t\t\t1\t\t8\t\t\t\n6\t7.\t\u00bb\t1\t10\t\t\t1\t12\t\t\t\t\\\n6\t7.\t\u00bb\t2\t10\t\t\t2\t\t\t6\t\t>neue \u00bb\n7\t8. \u00bb\t2\t\t7\t\t2\t10\t\t\t\t\\\n\t8. \u00bb\t1\t\t\t\t\t\t\t\t\t> alte\t\u00bb\n7\t\t\t\t\t6\t1\t\t\t6\t\t\n7\t8. \u00bb\t1\t10\t\t\t1\t\t\t6\t\t1\n7\t8. \u00bb\t2\t10\t\t\t2\t12\t\t\t\t> neue \u00bb\n8 8\t9.\t\u00bb 9.\t\u00bb\t2 1\t\t8\t6\t2\t\t\t5\t\t> alte\t\u00bb\n\t\t\t\t\t\t1\t\t5\t\t\t\n8\t9.\t\u00bb\t1\t10\t\t\t1\t\t6\t\t\t\n8\t9.\t\u00bb\t2\t10\t\t\t2\t\t\t5\t\tV neue \u00bb\n9\t10. \u00bb\t2\t\t6\t\t2\t10\t\t\t\t1\n9\t10. \u00bb\t1\t\t\t6\t1\t\t\t4\t\t. alte\t\u00bb\n\t\t\t80\t29\t24\t\t33\t42\t21\t21\t\nDurchschnitt f\u00fcr\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\n\teine Reihe =\t\t= 10\t7,25\t6\t\t8,25\t10,4\t5,25\t5,25\t\nTreffer nach\t10 Wiederholungen =\t21\t=\t5,25.\n\u00bb\t\u00bb\t6\t\u00bb\t=\t21\t=\t5,25.\nHersagen \u00bb\t10\t\u00bb\t=\t42\t=\t10,4.\n\u00bb\t\u00bb\t33\t\u00bb\t=\t8,25.","page":223},{"file":"p0224.txt","language":"de","ocr_de":"224\nMargaret Keiver Smith,\nTTT Resultate der Ged\u00e4chtnissversuche mit Consonanten.\nAnap\u00e4stischer Rhythmus.\nVersuchsperson: Fr\u00e4ul. Eb.\nTage\tDatum\t\tReihe\tWiederholungen\t\t\tReproduction\t\t\t\t\t\t\n\t\t\t\tZur Vor- berei- tung\tZum Aus- wendig- lernen\tBe- stimmte AVieder- holung\tReihe\tHer- sagen\t\tTreffer\t\t\t\n\t1899\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\n9\t10. M\u00e4rz\t\t1\t10\t\t\t1\t\t\t5\t\t- neue\tReihen\n9\t10.\t\u00bb\t2\t10\t\t\t2\t9\t\t\t\t)\t\n10\t11.\t\u00bb\t2\t\t\t6\t2\t\t\t\t1\t> alte\t\u00bb\n10\t11.\t=>\t1\t\t7\t\t1\t12\t\t\t\t)\t\n10\t11.\t\u00bb\t1\t10\t\t\t1\t12\t\t\t\t)\t\n\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t> neue\t\u00bb\n10\t11.\t\u00bb\t2\t10\t\t\t2\t\t\t\t2\t)\t\n11\t12.\t\u00bb\t2\t\t7\t\t2\t12\t\t\t\tV alte\t\n11\t12.\t\u00bb\t1\t\t\t6\t1\t\t\t\t2\t)\t\n11\t12.\t\u00bb\t1\t10\t\t\t1\t\t\t\t6\t)\t\n\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t> neue\t\u00bb\n11\t12.\t\u00bb\t2\t10\t\t\t2\t8\t\t\t\t)\t\n12\t13.\t\u00bb\t2\t\tf\t6\t2\t\t\t\t4\t\\ alte\t\u00bb\n12\t13.\t\u00bb\t1\t\t6\t\t1\t10\t\t\t\t)\t\n12\t13.\t\u00bb\t1\t10\t\t\t1\t10\t\t\t\t\t\n\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\\ neue\t\u00bb\n12\t13.\t\u00bb\t2\t10\t\t\t2\t\t\t\t6\t)\t\n13\t14.\t\u00bb\t2\t\t5\t\t2\t12\t\t\t\t> alte\t\u00bb\n13\t14.\t\u00bb\t1\t\t\t6\t1\t\t\t\t6\t)\t\n\t\t\t1 8\t80\t25\t24\t\t46\t39\t16\t19\t\t\nDurchschnitt f\u00fcr\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\n\teine Reihe\t\t\t= 10\t6,25\t6\t\t11,5\t9,75\t4\t4,75\t\t\nTreffer\tnach\t10\tWiederholungen\t=\t19\t=\t4,75.\n\u00bb\t6\t\u00bb\t=\t16\t=\t4.\n\u00bb\t10\t\u00bb\t=\t39\t=\t9,75.\n\u00bb\t46\t\u00bb\t=\t11,5.\nHersagen","page":224},{"file":"p0225.txt","language":"de","ocr_de":"Rhythmus und Arbeit.\n225\nIV. Besultate der Ged\u00e4chtnissversuche mit Consonanten.\nTroch\u00e4ischer Rhythmus.\nVersuchsperson: Fr\u00e4ul. Eb.\n\t\t\t\tWiederholungen\t\t\tReproduction\t\t\t\t\t\t\n\u00a9 bo\tDatum\t\t\u00a9 rd\tZur\tZum\tBe-\t\u00a9 rd\t\t\t\t\t\t\nH\t\t\t\u00ab\tYor-\tAus-\tstimmte\t\tHer-\t\tTreffer\t\t\t\n\t\t\t\tberei-\twendig-\tWieder-\t\u00a9 \u00ab\tsagen\t\t\t\t\t\n\t\t\t\ttung\tlernen\thol.\t\t\t\t\t\t\t\n\t1899\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\n13\t14. M\u00e4rz\t\ti\t10\t\t\t2\t\t\t\t6\t\t\n13\t14.\t\t\t10\t\t\t\t\t\t\t\t> neue Keihen\t\n\t\t\u00bb\t2\t\t\t\t1\t12\t\t\t\t!\t\n14 14\t15,\t\u00bb\t2\t\t\t6\t2\t\t\t\t6\t| alte\t\n\t15.\t\u00bb\t1\t\t5\t\t1\t12\t\t\t\t\t\n14\t15.\t\u00bb\t1\t10\t\t\t1\t10\t\t\t\t1\t\n14\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t> neue\t\u00bb\n\t15.\t\u00bb\t2\t10\t\t\t2\t\t\t\t6\t\t\n15\t16.\t\u00bb\t2\t\t6\t\t2\t10\t\t\t\t)\t\n15\t16.\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t| alte\t\u00bb\n\t\t\u00bb\t1\t\t\t6\t1\t\t\t\t5\t\t\n15\t16.\t\u00bb\t1\t10\t\t\t1\t\t\t\tH/2\t| neue\t\n15\t16.\t\u00bb\t2\t10\t\t\t2\t12\t\t\t\t\t\n16 16\t17.\t\u00bb\t2\t\t\t6\t2\t\t\t\t3\t| alte\t>\n\t17.\t\u00bb\t1\t\t6\t\t1\t10\t\t\t\t\t\n16\t17.\t\u00bb\t1\t10\t\t\t1\t10\t\t\t\tj\t\n16\t17.\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t> neue\t\u00bb\n\t\t>\t2\t10\t\t\t2\t\t\t\t6\t\t\n17\t18.\t\u00bb\t2\t\t5\t\t2\t12\t\t\t\t)\t\n17\t18.\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t> alte\t\u00bb\n\t\t\u00bb\t1\t\t\t6\t1\t\t\t\t6\t\t\n\t\t\t8\t80\t22\t24\t\t44\t44\t20\t221/2\t\t\nDurchschnitt f\u00fcr\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\n\teine Reihe =\t\t\t= 10\t5,5\t6\t\t11\t11\t5\t5,625\t\t\nTreffer\tnach\t10 Wiederholungen =\t22l/2\t=\t5,625.\n\u00bb\t\u00bb\t6\t\u00bb\t=\t20\t=\t5.\nHersagen\t\u00bb\t10\t\u00bb\t=\t44\t=\t11.\n\u00bb\t\u00bb\t44\t\u00bb\t=\t11.","page":225},{"file":"p0226.txt","language":"de","ocr_de":"226\nMargaret Keiver Smith.\nY. Kesultate der G-ed\u00e4cktnissversuche mit Consonanten.\nDaktylischer Rhythmus.\nVersuchsperson: Fr\u00e4ul. Eb.\nTage\tDatum\t\tReihe\tW iederholungen\t\t\tReproductionen\t\t\t\t\t\n\t\t\t\tZur Vor- berei- tung\tZum Aus- wendig- lernen\tBe- stimmte Wieder- hol.\tReihe\tHer- sagen\t\tTreffer\t\t\n\t1899\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\n17\t18. M\u00e4rz\t\t1\t10\t\t\t1\t\t\t6\t\tt neue Reihen\n17\t18.\t\u00bb\t2\t10\t\t\t2\t12\t\t\t\t)\n18\t19.\t\u00bb\t2\t\t\t6\t2\t\t\t6\t\t/ alte\t\u00bb\n18\t19.\t\u00bb\t1\t\t6\t\t1\t\t7\t\t\t\n18\t19.\t\u00bb\t1\t10\t\t\t1\t\t8\t\t\t>neue \u00bb\n18\t19.\t\u00bb\t2\t10\t\t\t2\t\t\t2\t\t)\n19\t20.\t\u00bb\t2\t\t6\t\t2\t10\t\t\t\t\\ alte\t\u00bb\n19\t20.\t\u00bb\t1\t\t\t6\t1\t\t\t6\t\t\n19\t20.\t\u00bb\t1\t10\t\t\t1\t\t\t5\t\t>neue \u00bb\n19\t20.\t\u00bb\t2\t10\t\t\t2\t12\t\t\t\t)\n20\t21.\t\u00bb\t2\t\t\t6\t2\t\t\t472\t\t[ alte\t\u00bb\n20\t21.\t\u00bb\t1\t\t6\t\t1\t\t8\t\t\t)\n20\t21.\t\u00bb\t1\t10\t\t\t1\t10\t\t\t\tV neue \u00bb\n20\t21.\t>\t2\t10\t\t\t2\t\t\t5\t\t)\n21\t22.\t\u00bb\t2\t\t5\t\t2\t\t8\t\t\t[ alte\t\u00bb\n21\t22.\t\u00bb\t1\t\t\t6\t1\t\t\t2\t\t)\n\t\t\t8\t80\t23\t24\t\t33\t42\t1872\t18\t\nDurchschnitt f\u00fcr\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\n\tjede Reihe\t\t\t= 10\t5,75\t6\t\t8,25\t10,5\t4,625\t4,5\t\nTreffer\n>\nHersagen\n\u00bb\nnach\t10 Wiederholungen =\t18\t=\t4,5.\n\u00bb\t6\t\u00bb\t=\t18,5 =\t4,625.\n\u00bb\t10\t\u00bb\t=\t42\t=\t10,5.\n\u00bb\t33\t\u00bb\t=\t8,25.","page":226},{"file":"p0227.txt","language":"de","ocr_de":"Rhythmus und Arbeit.\n227\nDurchschnittliche Resultate f\u00fcr jede Reihe. Versuchsperson : Fr\u00e4ul. Eb.\nZeit 1899\t\u2018Wiederholungen\t\t\tBeproductionen\t\t\t\tArt des Rhythmus\n\tZur Vor- berei- tung\tZum Aus- wendig- lernen\tBe- stimmte Wieder- hol.\tHersagen\t\tTreffer\t\t\n\t\t\t\tNach d. Vorbereitung\tNach d. Auswendiglernen\tNach d. Vorbereitung\tNach 6 Wiederholungen\t\n2.-6. M\u00e4rz\tI10\t7,50\t6\t9\t10,75\t4,75\t5,50\tEinfacher Rh.\n6.\u201410. M\u00e4rz\ti10\t7,25\t6\t10,4\t8,25\t5,25\t5,25\tJambischer Rh.\n10.\u201414. M\u00e4rz\tI10\t6,25\t6\t9,75\t11,5\t4,75\t4\tAnap\u00e4stisch. Rh.\n14.\u201418. M\u00e4rz\t1 10\t5,50\t6\t11\t11\t5,625\t5\tTroch\u00e4ischer Rh.\nIS.\u201422. M\u00e4rz\t|l\u00b0\t5,75\t6\t10,5\t8,25\t4,5\t4,625\tDaktylischer Rh.\nDer troch\u00e4ische Rhythmus scheint in jeder \"Weise f\u00fcr diese Versuchsperson der beste zu sein; die Ersparniss der Wiederholungen ist hier am gr\u00f6\u00dften, zugleich stehen die Repro-ductionsresultate bedeutend h\u00f6her als hei den anderen Versuchen.\nBeim Lernen war der Unterschied der verschiedenen Rhythmen nicht so bestimmt wie heim Reproduciren.\nBeim Trefferverfahren wurde die Reproduction auf zweierlei Art gemacht, n\u00e4mlich innerhalb und au\u00dferhalb des Taktes. Die letztere Reproduction erforderte eine gr\u00f6\u00dfere Anstrengung und nahm bedeutend mehr Zeit in Anspruch als die erstere. Diese Versuchsperson hatte die Gewohnheit, wenn ein Consonant fehlte, die ganze Reihe von Anfang an zu reproduciren, bis sie zum verfehlten Glied kam. Auf diese Weise hat sie bessere Resultate erzielt als sonst. Es wurde nicht versucht, dieses Verfahren der Versuchsperson zu","page":227},{"file":"p0228.txt","language":"de","ocr_de":"228\tMargaret Keiver Smith.\n\u00e4ndern, weil ihre normalen Tendenzen in Bezug auf die Reproduction gefunden werden sollten.\nDie vorbereitenden Versuche.\nVom Anfang der Versuche an hat die Versuchsperson die Con-sonanten in Gruppen von je vier gelesen. Sie kannte den Zweck der Versuche nicht; sobald aber nach dieser Gruppirung gefragt wurde, fing sie an, von Rhythmus zu sprechen. Der Leiter ersuchte sie, ohne Gruppirung zu lesen. Nach der ersten \"Wiederholung aber hat die Versuchsperson unwillk\u00fcrlich wieder Gruppen gebildet. Sie hat versucht, diese Gruppirung zu vermeiden, doch fing sie bald wieder an, Gruppen von je vier Gliedern zu bilden. Zu dieser Zeit erkl\u00e4rte sie, dass der Rhythmus das Resultat eines frischen Impulses sei. Durch diese neuen Impulse zu vermehrter Lernanstrengung, meinte sie, bilde man einen Rhythmus.\nZun\u00e4chst hat Fr\u00e4ulein Eb. versucht, wie sie sagte, staccato zu lesen. Das erste Mal ist es ihr gelungen, das zweite Mal aber hat sie Gruppen von vier Gliedern gebildet, und das dritte Mal Gruppen von drei Gliedern. Endlich hat sie mit gro\u00dfer Anstrengung laut staccato gelesen, aber mit einem versteckten Rhythmus, wie sie sich ausdr\u00fcckte.\nDas Streben, staccato zu lesen, hatte einen bemerkbar ung\u00fcnstigen Einfluss auf die Erinnerung, dabei wurde die Aufmerksamkeit gehindert und damit auch die Einpr\u00e4gung.\nEs war zu bemerken, dass die Versuchsperson, obgleich sie staccato las, heim Hersagen im bestimmten troch\u00e4ischen Rhythmus reproducirte. Am dritten Tage hat sie die Consonanten in Paaren (troch\u00e4isch) reproducirt mit einer bestimmten C\u00e4sur nach dem dritten Paare. Beim Lesen war diese C\u00e4sur nicht zu bemerken.\nBeim Staccato-Lesen wurde doch eine gewisse innerliche Verbindung gemacht, und zwar so, dass r\u00fcckl\u00e4ufige Reproductionen entstanden. Die Versuchsperson erkl\u00e4rte, dass, wenn sie staccato las, sie der Erinnerung mit anderen Associationen nachgeholfen habe. Diese Associationen, die von verschiedener Art waren, werden sp\u00e4ter beschrieben. Ueber die Associationen hat die Versuchsperson u. a. berichtet, dass gewisse Consonanten ihr bestimmte Gef\u00fchle verursacht","page":228},{"file":"p0229.txt","language":"de","ocr_de":"Rhythmus und Arbeit.\n229\nh\u00e4tten. Der Buchstabe c z. B. war ihr sehr unangenehm, w\u00e4hrend r und die langen Buchstaben 1, b, h ihr angenehm waren.\nAm Ende der ersten f\u00fcnf Tage gewann die Versuchsperson eine gewisse Begelm\u00e4\u00dfigkeit beim Lesen und Reproduciren, so dass am sechsten Tage die formelle Versuchsreihe angefangen wurde. W\u00e4hrend der ersten vier Tage (2.\u20146. M\u00e4rz) hat die Versuchsperson staccato gelesen, beim Reproduciren aber hat sie troch\u00e4isch oder jambisch gesprochen. Die Reproduction beim Trefferverfahren geschah in jambischem Rhythmus. Sehr oft hat sie vom Photographiren der Buchstaben gesprochen und gesagt, dass oft bei der Reproduction die Buchstaben als sinnf\u00e4llige Bilder ins Bewusstsein gekommen w\u00e4ren. Dies war besonders der Fall, als der betonte Rhythmus zur\u00fcckgedr\u00e4ngt wurde. Manchmal sind ihr mehrere Stunden nach der Uebung die Buchstaben am wei\u00dfen Papier auf dem rotirenden Cylinder als positive Nachbilder erschienen.\nW\u00e4hrend dieser vier Tage hat die Versuchsperson behauptet, dass das Lernen mehr durch das Sehen als durch das H\u00f6ren erfolge. Zu dieser Zeit hat sie verschiedene visuelle Associationen gemacht. Beim Reproduciren hat sie die Lage der Consonanten in der Reihe ziemlich oft verwechselt. Manchmal hat sie r\u00fcckw\u00e4rts reproducirt, manchmal die regelm\u00e4\u00dfige Succession unterbrochen und von einander entfernte Consonanten nach einander reproducirt.\nAm 6. M\u00e4rz hat die Versuchsperson angefangen jambisch zu lesen. Am n\u00e4chsten Tage berichtete sie, dass die bestimmte Grup-pirung die anderen Associationen nicht zur\u00fcckgedr\u00e4ngt habe, sondern dass zwei Reihen von Gedanken, n\u00e4mlich die der Associationen und die des Rhythmus, neben einander herliefen, zwischen denen die Aufmerksamkeit immer schwanken musste. Daraus erkl\u00e4re sich die Schwierigkeit des Lernens. Am 9. M\u00e4rz berichtete die Versuchsperson, dass, sobald das Lesen mit jambischem Rhythmus durch die Uebung leicht wurde, sie die Neigung hatte, die rotirenden Buchstaben mit einer solchen Betonung und Declamation zu lesen, als ob sie wirkliche Gedanken ausdr\u00fcckten. Durch dieses Verfahren verschwanden die Bilder der Buchstaben, und das Memoriren war dabei sehr erschwert. Die einzelnen Reihen fand die Versuchsperson verschieden schwer. Die Schwierigkeit lag nach ihrer Meinung in der Art der Aufeinanderfolge der Consonanten. Schwer sind vor allem","page":229},{"file":"p0230.txt","language":"de","ocr_de":"230\tMargaret Keiver Smith.\ndie Buchstaben und Keihen, die ungewohnt sind und den Lesenden aus dem Einerlei einer gewissen Monotonie des Lesens aufschrecken. In Bezug auf die Associationen hat die Versuchsperson folgende Angaben gemacht:\n\u00bbDie Associationen, die sich heim Buchstabenlernen bemerkbar machen, sind sehr verschieden. Sie k\u00f6nnen visuell, local oder vom Laut hervorgerufen sein.. Diese Arten k\u00f6nnen einzeln oder in Verbindung der einen mit den anderen auftreten.\nBei den visuellen Associationen kommt haupts\u00e4chlich in Betracht\n1.\tdie A ehnlichkp.it oder Un\u00e4hnlichkeit der in Reihenfolge auftauchenden Buchstaben, wie z. B. 1, b, q, g, c, j, r, t;\n2.\tdie uns gewohnte Gruppirung der Consonanten, z. B. c h, s p, n d, dt.\nEine Verbindung von Form und Laut findet statt, wo die Zusammenstellung oder besser die Reihenfolge gewisser Consonanten und das Aussprechen derselben ein Wortbild erweckt, welches verschiedenen Sprachen angeh\u00f6ren kann.\nBeispiele: mt == empty (englisch), pnr = pirne (Birne), gbs = Kubus, tyr = tyr (Th\u00fcr), ln = Ellen, Ids = landes.\nDie locale Association wird hervorgerufen durch die Stellung, welche die Consonanten im Alphabet haben.\nDie lautliche Association wird erzeugt durch die phonetische Verwandtschaft gewisser Buchstaben, durch die Aehnlichkeit der Laute, die an das Ohr dringen, z. B. b, p, w; m, n; c, d und andere.\nAuch gibt es eine Associationsverhindung, die sich lautlich-local benennen lie\u00dfe. Beim Aussprechen zweier oder sogar dreier aufeinanderfolgender Laute wie z. B. c, k, j findet ein Vergleich derselben statt, je nach ihrer Stellung im Sprechapparate und nach der Art der Hervorbringung.\nVon allen diesen Associationen haftet die Wortassociation am l\u00e4ngsten im Gcd\u00e4chtniss.\nDie Versuchsperson als Studentin der Philologie machte unwillk\u00fcrlich viel mehr Associationen bei den Buchstaben als Jemand, der nur eine Sprache beherrscht. Sie hatte sich mit der Lautlehre ziemlich lange besch\u00e4ftigt. Die Reihen, welche die gr\u00f6\u00dfte Zahl von Associationen lieferten, waren ihr angenehmer als die anderen, weil die Associationen eine Erleichterung brachten. Wenn sie m\u00fcde war,","page":230},{"file":"p0231.txt","language":"de","ocr_de":"Rhythmus und Arbeit,\n231\nbetrachtete die Versuchsperson den rotirenden Cylinder als Hinderniss f\u00fcr das Lernen. Sie wurde immer \u00e4ngstlich, dass die Buchstaben verschwinden w\u00fcrden, bevor sie dieselben aussprechen k\u00f6nnte. Wenn sie nicht m\u00fcde war, hatte sie keine Besorgniss dieser Art und bemerkte den Cylinder gar nicht.\nSchlussbemerkungen.\nBei diesen und anderen Versuchen war zu bemerken, dass die Neuheit der Sache f\u00fcr die Aufmerksamkeit eine bedeutende Rolle spielte. AV\u00e4hrend der ersten Tage, als alles neu war, war das Interesse immer vorhanden. Als aber die Versuche bis zur Anwendung der verschiedenen Versma\u00dfe vorgeschritten waren, wurde das Lernen und Reproduciren mehr und mehr mechanisch; dabei machte sich eine bestimmte Abstumpfung der Aufmerksamkeit geltend, die f\u00fcr den Erfolg durch die Uebung ersetzt wurde. Diese Erscheinung war bei den Gewichtsversuchen nie vorgekommen. Bei ihnen verursachte die Nothwendigkeit der Bildung neuer Urtheile wohl eine gr\u00f6\u00dfere Variet\u00e4t, welche die Aufmerksamkeit immer wieder in Anspruch nahm.\n4.\nBei der Wahl von Consonanten als Memorirstoff wurde gehofft, Einw\u00e4nden aus dem Wege zu gehen, wie sie gegen die Verwendung von sinnlosen Silben zu diesem Zwecke geltend gemacht werden. Der Zweck war, ein Material zu finden, das leichter w\u00e4re als die sinnlosen Silben oder wenigstens gr\u00f6\u00dfere Gleichm\u00e4\u00dfigkeit hinsichtlich seiner Schwierigkeiten bes\u00e4\u00dfe. Auch wurde bei den Consonanten versucht, die Gelegenheit zu Associationen zu vermeiden. Die Erfahrung hat aber gezeigt, dass trotz der gr\u00f6\u00dferen Leichtigkeit der Consonanten eine bestimmte Ungleichm\u00e4\u00dfigkeit der Reihen hinsichtlich ihrer Leichtigkeit oder Schwierigkeit als Memorirstoff existirte, wenn auch nicht in demselben Grade wie bei den sinnlosen Silben. Associationen kamen immer wieder vor, wenn sie auch mehr die Form als den Inhalt betrafen. Die geringe Gelegenheit zu Variationen stumpfte aber das Interesse bald ab und gab zu Verwirrung Veranlassung.\nAls Memorirstoff f\u00fcr die gegenw\u00e4rtige Reihe w\u00e4hlte man daher\nWundt, Philos. Studien. XVI.\t16","page":231},{"file":"p0232.txt","language":"de","ocr_de":"232\nMargaret Keiver Smith.\nsinnlose Silben, und zwar solche, die aus einem Anfangsconsonanten und einem Vocale oder Diphthongen bestanden. Die Beschreibung dieser Silben siehe auf Seite 68.\nNach gen\u00fcgender Vor\u00fcbung wurde die Reihe begonnen; sie dauerte 20 Tage, von denen je vier der Untersuchung eines bestimmten Rhythmus gewidmet wurden.\nDie Rotation des Cylinders erfolgte einmal in zehn Secunden; die anderen Bedingungen der Versuche waren aber dieselben wie vorher.\nWeil die Versuchsperson w\u00e4hrend des ganzen Tages besch\u00e4ftigt war, fanden die Versuche um 8 Uhr Abends statt. Es kann nicht gesagt werden, dass Herr Wi. je erm\u00fcdungsfrei war, doch war sein physischer Zustand gut, so dass die Resultate normal waren. Die durchschnittliche Zahl seines Pulsschlages war am Anfang des Versuches 82, am Ende 76 Schl\u00e4ge per Minute. Sein Schlaf w\u00e4hrend der Zeit des Versuches betrug im Durchschnitt acht Stunden.\nWegen des Mangels an Uebung war das mechanische Auswendiglernen f\u00fcr diese Versuchsperson au\u00dferordentlich schwer. Im Laufe der Versuche war aber eine bestimmte Besserung in dieser Hinsicht zu bemerken. Als Vorbereitung f\u00fcr die zwei neuen Reihen wurden 20 Wiederholungen bestimmt. Am n\u00e4chsten Tage wurde die eine Reihe nach zehn Wiederholungen durch das Trefferverfahren, die andern nach den nothwendigen Wiederholungen zum Auswendiglernen durch Hersagen gepr\u00fcft. Bei dieser Versuchsperson n\u00e4herte sich die Zahl der nothwendigen Wiederholungen zum Auswendiglernen der einen Reihe mehr und mehr der bestimmten Zahl von Wiederholungen der anderen Reihe an.\nDie Versuchsperson war \u00fcber den Zweck der Versuche nicht informirt; gegen das Ende der Reihe sprach sie von Rhythmus.\nDas Schema des Verfahrens entsprach den fr\u00fcheren Versuchen.\nWie aus der nachstehenden Tabelle ersichtlich ist, wirkt der troch\u00e4ische Rhythmus bedeutend g\u00fcnstiger auf das Auswendiglernen und Reproduciren als die anderen Rhythmen. Die Ersparnis der Wiederholungen beim Auswendiglernen mit daktylischem Rhythmus ist zwar etwas gr\u00f6\u00dfer als beim troch\u00e4ischen, aber es ist wahrscheinlich, dass die Uebung diesen Unterschied verursachte.\nBei dieser Reihe von Versuchen waren \u00e4hnliche Erfahrungen zu machen wie bei den anderen. Am Anfang fiel das Aussprechen","page":232},{"file":"p0233.txt","language":"de","ocr_de":"Rhythmus und Arbeit.\n233\nder Silben schwer; sobald es aber die Versuchsperson beherrschte, fing sie an zu gruppiren und begann nun erst, die Silben zu lernen.\nResultate der Ged\u00e4chtnissversuche.\nDurchschnittliche Resultate f\u00fcr jede Reihe.\nVersuchsperson: Herr Wi.\nDatum\tWiederholungen\t\t\tReproduction\t\t\t\t\t\n\tzur Vor- berei- tung\tzum Aus- wen- dig- lernen\tBe- stimmte Wie- derhol.\tHersagen\t\t\tTreffer\t\t\n\t\t\t\tnach d. Vorbereitung\tnach d. Aus- wendig- lernen\tnach d. best. Wieder- hol.\tnach d. Vorbereitung\tnach d. Aus- wendig- lernen\tnach best. Wieder- hol.\n6.\u201410. M\u00e4rz\t| 20\t19,75\t10\tEinfacher Rhythmus1) 4,75 | 6,66 J\t\t\t0,5 I\t\t>\u25a0 2,50\n10.\u201414. M\u00e4rz\t| 20 | 11\t\tJambischer Rhythmus 1\u00b0 [J 8\t| 7,75 |\t\t\t\t4,75\t| 4,875\t\n14.\u201418. M\u00e4rz\t| 20\tTroch\u00e4ischer Rhythmus 7,75 |\t10 JJ 10\t|\t8 j\t\t\t\t\t6,125 I\t\t5,50\n18.-22. M\u00e4rz\t!20\t10 | 10\t\tAnap\u00e4stischer Rhythmus 6,75 | 7,25 |\t| 2,875\t\t\t\t\t3\n22.-26. M\u00e4rz\t| 20\t6,50\t10\tDakty 8,25\tischer B 7,75\tdiythmus\t5\t\t3,75\nDie ersten Gruppen enthielten je zwei Silben. Wenn gefordert wurde, dass die Versuchsperson diese Verbindung vermeide, so hat\n1) Obgleich beim einfachen Rhythmus in diesen Versuchen die Bewegungen , ef Aussprechens taktm\u00e4\u00dfig waren, hat die Versuchsperson wegen der Schwierig-eit desselben keinen Rhythmus irgend welcher Art empfunden. Die ganze Auf-ieiksamkeit wurde auf die Qualit\u00e4t der Leistung gerichtet, und wie vorher bei jV Gewichts- und Schreibversuchen entstand auch hier die Empfindung des ythmus erst dann, wenn eine gewisse Gewandtheit gewonnen worden war.\n16*","page":233},{"file":"p0234.txt","language":"de","ocr_de":"234\nMargaret Keiver Smith.\nsie unwillk\u00fcrlich vier Silben zusammen gruppirt; als auch das verboten wurde, bildete sie zwei Gruppen von je sechs Silben.\nWie bei den anderen Versuchsreihen, so wurden auch hier schwere und leichte Reihen constatirt. Die Versuchsperson fand auch Gelegenheit zur Bildung von Associationen, doch hat sie sich in dieser Hinsicht gut beherrschen k\u00f6nnen. Sie hatte scheinbar die Gewohnheit, sich auf die Arbeit, die vor ihr lag, sehr zu concentriren und das Ziel derselben nicht aus dem Auge zu verlieren.\n5.\nAm 12. M\u00e4rz 1899 wurde eine f\u00fcnfte Versuchsreihe angefangen, bei welcher t\u00e4glich zwei Rhythmen angewandt wurden. W\u00e4hrend der ersten vier Tage, vom 12. bis 16. M\u00e4rz, wurde t\u00e4glich die eine neue Reihe mit einfachem, die andere mit jambischem Rhythmus gelesen. W\u00e4hrend der n\u00e4chsten vier Tage, vom 16. bis 20. M\u00e4rz, wurde die eine neue Reihe t\u00e4glich mit einfachem und die andere mit troch\u00e4ischem Rhythmus gelesen. Vom 20. bis 24. M\u00e4rz wurden die beiden neuen Reihen mit jambischem und troch\u00e4ischem Rhythmus abwechselnd gelesen; vom 24. bis 28. M\u00e4rz wurden Troch\u00e4us und Daktylus, vom 28. M\u00e4rz bis 1. April Jambus und Daktylus angewendet. Wegen der Besch\u00e4ftigung der Versuchsperson musste die Reihe am 1. April abgebrochen werden. Als Memorirstoff wurden sinnlose Silben verwendet, die nach den Regeln von Ebbinghaus gebildet und nach denen von M\u00fcller controllirt wurden1).\nDas Schema des Verfahrens war dasselbe wie das f\u00fcr die vierte Versuchsreihe. Es wurde aber gefunden, dass f\u00fcr diese Versuchsperson anstatt 20 Wiederholungen zur Vorbereitung deren 15 f\u00fcr denselben Zweck gen\u00fcgend waren. Statt zehn Wiederholungen zum Wiedererlernen der Reihen am n\u00e4chsten Tage wurden deren f\u00fcnf zu diesem Zwecke bestimmt.\nDie Versuchsperson, Herr Re., hatte schon ziemlich viel Erfahrung und war sich des Zweckes der Versuche v\u00f6llig bewusst. W\u00e4hrend der Zeit war er jede Stunde besch\u00e4ftigt, doch war sein physischer Zustand so gut, dass die Erm\u00fcdung die Resultate nicht besonders\n1) Ebbinghaus, a. a. O. S. 30 f. \u2014 M\u00fcller und Schumann, a. a. O. S. 18 ff.","page":234},{"file":"p0235.txt","language":"de","ocr_de":"Rhythmus und Arbeit.\n235\nbeeinflusst hat. Die durchschnittliche Zahl seiner Pulsschl\u00e4ge betrug w\u00e4hrend der Zeit zu Anfang der Versuche 78, am Ende derselben 72 Schl\u00e4ge per Minute, und die durchschnittliche Zeit seines Schlafes belief sich in dieser Zeit auf ungef\u00e4hr sieben Stunden.\nDie Bekanntschaft mit dem Zwecke der Versuche \u00fcbte auf die Resultate keinen bemerkbaren Einfluss aus, doch hot sie der Versuchsperson bessere Gelegenheit zur Selbstbeobachtung. Wenn eine Ver\u00e4nderung des Verfahrens vorgenommen wurde, war sie im Stande, die neuen Resultate mit den fr\u00fcheren zu vergleichen und die Unterschiede zu begr\u00fcnden.\nResultate der Ged\u00e4chtnissversuche.\nDurchschnittliche Resultate f\u00fcr jede Reihe.\nVersuchsperson: Herr Re.\nDatum\tWiederholungen\t\tReproduction\t\tWiederholungen\t\tReproduction\t\n\tzur Vorbereitung\tzum Wieder- erlemen\tHer- sagen\tTreffer\tzur Vorbereitung\tzum Auswendiglernen\tHer- sagen\tTreffer\n1899 12.\u201416. M\u00e4rz\tI j 15\tinfacher 5\tRhythmi 10\tIS 5,625\tJe 15\timbischei 5\tRhythn 11\tms 4\n28. Nov. bis 2. Dec.\ti \u00bb\t14\t9,75\t4,75\t15\t5\tSt\u00f6rung 9,50\t6\n16.\u201420. M\u00e4rz\t1 !15\tinfacher Rhythmus 5\t|\t6 j 2,375\t\t\tTroch\u00e4ischer Rhythmus 15\t|\t5,5 j 11\t| 5,125\t\t\t\n20.-24. M\u00e4rz\tJambischer Rhythmus | 15\t|\t5\t|\t10\t| 7,75\t\t\t\tTroch\u00e4ischer Rhythmus 15\t|\t6,5\t|\t9\t| 4,75\t\t\t\n24.-28. M\u00e4rz\tTroch\u00e4ischer Rhythmus |\t15 j 5\t|\t9\t|\t6\t\t\t\tDaktylischer Rhythmus 15 I 7,75 I 7\t| 2,625\t\t\t\n28. M\u00e4rz bis 1. Apr.\tDa 15\tctylischei 5\tRhythrr 8\tms 4,625\tJa 15\tmbischer 7,25\tRhythm 10\tIIS 5,375","page":235},{"file":"p0236.txt","language":"de","ocr_de":"236\nMargaret Keiver Smith.\nBei der Einrichtung dieser Reihe wurde beabsichtigt, jedes Versma\u00df dreimal bei den Versuchen zu verwenden.\nDie durchschnittlichen Resultate, die beim Lernen und Repro-duciren jeder Reihe erzielt wurden, sind auf der vorstehenden Tabelle zusammengestellt.\nBei diesen Versuchen waren Jambus und Troch\u00e4us f\u00fcr das Lernen und Reproduciren g\u00fcnstiger als die anderen Rhythmen, zwischen diesen beiden ist nicht viel Unterschied zu sehen. Wenn aber \u00fcberhaupt ein Rhythmus Vortheil bietet, so ist es der Troch\u00e4us.\nDie Versuchsperson war sich heim Lernen, obgleich sie versucht hat, die Silben zu isoliren, die ganze Zeit nicht nur des Rhythmus, sondern sogar der Gruppirung bewusst. Sie sagte, dass im Hintergr\u00fcnde des Bewusstseins das Gruppiren geschehe, obgleich sie die Silben isolirt ausspreche. Daher kam hei dieser Versuchsperson die Frage nach dem Lernen ohne Rhythmus gar nicht in Betracht. Alle Bedingungen entsprechen dem Rhythmus, dessen sich die Versuchsperson immer bewusst war.\nDiese Versuchsperson hat auch schwere und leichte Reihen gefunden. Der Bericht dar\u00fcber wird sp\u00e4ter gegeben. Es fand sich auch Gelegenheit zu Associationen verschiedener Art. Die Associationen nach der Form waren ziemlich selten, die nach dem Inhalt im ganzen h\u00e4ufig.\n6.\nDie sechste Reihe von Ged\u00e4chtnissversuchen wurde anfangs Februar angefangen; sie dauerte 38 Tage.\nDer Zweck derselben war im allgemeinen identisch mit dem der vorhergehenden Reihen. Es handelte sich auch hier um die Feststellung des Einflusses der verschiedenen Arten von Rhythmus auf das Lernen von sinnlosen Silben.\nAlle Bedingungen waren dieselben wie die der vorausgehenden Reihe.\nDie Versuchsperson, Fr\u00e4ulein He., beherrschte die englische, deutsche, franz\u00f6sische und italienische Sprache und kannte verschiedene Dialekte. Sie studirte Germanistik und hatte sich mit der Construction von Silben viel besch\u00e4ftigt. In Bezug auf das Memoriren war sie \u00e4u\u00dferst unge\u00fcbt; deswegen war es nothwendig, die Reihe","page":236},{"file":"p0237.txt","language":"de","ocr_de":"Rhythmus und Arbeit.\n237\nvon Versuchen zu verl\u00e4ngern. Mehr als 40 Tage wurden damit zugebracht. Die Resultate von mehreren Tagen wurden gar nicht gerechnet und die vom 8. bis 14. Februar, obgleich mitgetheilt, sind kaum als normal zu rechnen. Sie zeigen nur den Einfluss der Uebung auf das Auswendiglernen. Vom 19. bis 25. April wurde eine \u00e4hnliche Reihe durchgef\u00fchrt, deren Resultate besser sind als die der anderen Versuche.\nDie Versuche fingen immer 20 Minuten vor elf Uhr vormittags an und wurden ungef\u00e4hr um y212 Uhr vollendet. Die Zahl der Pulsschl\u00e4ge bei Fr\u00e4ulein He. variirte zwischen 70 und 100. Der Normalpuls betrug 78 Schl\u00e4ge per Minute; w\u00e4hrend des Versuchs wurde er immer etwas vermindert.\nDas Schema des Verfahrens war im ganzen dasselbe wie das der vierten und f\u00fcnften Reihe. W\u00e4hrend der ersten f\u00fcnf Tage, die protokollirt sind (9. bis 14. Febr.), wurden die beiden Reihen, die am ersten Tage zwanzig Mal zur Vorbereitung gelesen wurden, am n\u00e4chsten Tage bis zum Auswendiglernen wiederholt. Vom 14. Febr. bis zum Ende der Reihe wurde die Zahl f\u00fcr das Wiedererlernen einer am vorigen Tage zwanzig mal gelesenen Reihe auf sechs Wiederholungen festgesetzt. Die andere am vorigen Tage zwanzig mal gelesene Reihe wurde am n\u00e4chsten Tage bis zum Auswendiglernen wiederholt. Am Anfang waren mehr als sechs Wiederholungen zum Auswendiglernen n\u00f6thig. Mit der Zeit aber haben sich diese nothwendigen Wiederholungen immer mehr der bestimmten Zahl angen\u00e4hert.\nBei keiner Versuchsperson ist der Einfluss der Uebung so bedeutend gewesen wie bei dieser. Der Einfluss des betonten Rhythmus war auch deutlich zu sehen.\nAm 10. M\u00e4rz trat eine Pause in der Reihe ein, weil noch eine solche von sechs Tagen mit nur einfachem Rhythmus hinzugef\u00fcgt werden sollte. Daf\u00fcr schien es nothwendig, dass die Versuchsperson den Einfluss des Versma\u00dfes vorher etwas verliere. Die Pause dauerte vom 10. M\u00e4rz bis zum 19. April. Die Versuchsperson hatte aber in dieser Zeit die fr\u00fchere Uebung nicht verloren. Es ist auch zweifelhaft, ob sie w\u00e4hrend der letzten Tage ohne Gruppirung gelernt hat. Wie sie selber sagte, hatte sie einige Kunstgriffe gelernt, die sie nicht leicht auf geben konnte. Den Zweck der Versuche kannte sie nicht.\nEs war interessant, zu bemerken, dass diese Uebungen f\u00fcr die Versuchsperson \u00fcberhaupt vorteilhaft waren. Durch die Uebung","page":237},{"file":"p0238.txt","language":"de","ocr_de":"238\nMargaret Keiver Smith.\nfand sie eine gewisse Concentration nothwendig und die Resultate der Reproduction gaben ihr Muth und Selbst\u00e4ndigkeit. Der Einfluss hiervon war bei sp\u00e4teren Versuchen deutlich zu sehen.\nDie Resultate der Versuche f\u00fcr die verschiedenen Tage sind in den folgenden Tabellen angef\u00fchrt.\nI. Einfacher Rhythmus.\nVersuchsperson: Er\u00e4ul. He.\nReproduction\nW iederholungen\nReihe\nDatum\nZur \"Vorbereitung\nZum Auswendiglernen\nTreffer\nHersagen\n9. Eebr.\n1 200\nDurchschnitt f\u00fcr jede Reihe = 20\n1)\tDiese Reihe war leicht wegen Associationen.\n2)\tDie Wiederholungen geschahen immer in Gruppen von je f\u00fcnf.\n3)\tEine kurze Pause von ein paar Secunden war nach dem Lesen und vor der Reproduction immer unvermeidlich.","page":238},{"file":"p0239.txt","language":"de","ocr_de":"Rhythmus und Arbeit,\n239\nH. Troch\u00e4ischer Rhythmus. Versuchsperson : Fr\u00e4ul. He.\nWiederholungen\nBeproductionen\nZum Auswendiglernen\nZum\nWieder-\nerlernen\nDatum\nBeihe\nZur Vorbereitung\nHersagen\nTreffer\n14. Febr.\nI 12\t|\t240\nDurchschnitt f\u00fcr jede Beihe = 20","page":239},{"file":"p0240.txt","language":"de","ocr_de":"240\nMargaret Keiver Smith.\nHE. Jambischer Bhythmus.\nVersuchsperson: Fr\u00e4ul. He.\nReproductionen\nWiederholungen\nZum\nWieder-\nerlemen\nZum Auswendiglernen\nReihe\nDatum\nZur Vorbereitung\nTreffer\nHersagen\n20. Febr.\nDurchschnitt f\u00fcr jede Reihe = 20","page":240},{"file":"p0241.txt","language":"de","ocr_de":"Rhythmus und Arbeit.\n241\nIV. Daktylischer Rhythmus. Versuchsperson: Pr\u00e4ul. He.\nWiederholungen\nReproductionen\nZum Auswendiglernen\nZum\nWieder-\nerlernen\nReihe\nDatum\nZur Vorbereitung\nHersagen\nTreffer\n26. Febr.\n1. M\u00e4rz\n240\nDurchschnitt f\u00fcr jede Reihe = 20","page":241},{"file":"p0242.txt","language":"de","ocr_de":"242\nMargaret Keiver Smith,\nY. Anap\u00e4stischer Rhythmus.\nVersuchsperson: Fr\u00e4ul. He.\nReproductionen\nWiederholungen\nZum\nWieder-\nerlemen\nZum Auswendiglernen\nDatum\nReihe\nZur Vorbereitung\nHersagen\nTreffer\n4. M\u00e4rz\nDurchschnitt f\u00fcr jede Reihe = 20","page":242},{"file":"p0243.txt","language":"de","ocr_de":"Rhythmus und Arbeit.\n243\nVI. Einfacher Rhythmus.\nVersuchsperson: Fr\u00e4ul. He.\nTage\tDatum\t\tReihe\tWiederholungen\t\t\tReproductionen\t\t\t\n\t\t\t\tZur Vorbereitung\tZum Auswendiglernen\tZum Wieder- erlemen\tHersagen\t\tTreffer\t\n\t1899\t\t\t\t\t\t\t\t\t\n32\t19. April\t\t2\t20\t\t\t9\t\t\t\n32\t19.\t\u00bb\t1\t20\t\t\t\t\t5\t\n33\t20.\t\u00bb\t2\t\t7\t\t12\t\t\t\n33\t20.\t\u00bb\t1\t\t\t6\t\t\t5\t\n33\t20.\t\u00bb\t1\t20\t\t\t12\t\t\t\n33\t20.\tS>\t2\t20\t\t\t\t\t6\t\n34\t21.\t\u00bb\t2\t\t6\t\t8\t\t\t\n34\t21.\t\u00bb\t1\t\t\t6\t\t\t3\t\n34\t21.\t\u00bb\t1\t20\t\t\t8\t\t\t\n34\t21.\t\u00bb\t2\t20\t\t\t\t\t6\t\n35\t22.\t\u00bb\t2\t\t6\t\t10\t\t\t\n35\t22.\t\u00bb\t1\t\t\t6\t\t\t5\t\n35\t22.\t\u00bb\t1\t20\t\t\t\t7\t\t\n35\t22.\t\u00bb\t2\t20\t\t\t\t\t3\t\n36\t23.\t\u00bb\t2\t\t9\t\t\t9\t\t\n36\t23.\t\u00bb\t1\t\t\t6\t\t\t6\t\n36\t23.\t\u00bb\t1\t20\t\t\t\t6\t\t\n36\t23.\t\u00bb\t2\t20\t\t\t\t\t2\u2018/2\t\n37\t24.\t\u00bb\t2\t\t8\t\t\t8\t\t\n37\t24.\t\u00bb\t1\t\t\t6\t\t\t4\t\n37\t24.\t\u00bb\t1\t20\t\t\t\t3\t\t\n37\t24.\t\u00bb\t2\t20\t\t\t\t\t6\t\n38\t25.\t\u00bb\t2\t\t6\t\t\t7\t\t\n38\t25.\t\u00bb\t1\t\t\t6\t\t\t4\t\n\t\t\t12\t240\t42\t36\t54\t45\t27\t28,5\nDurchschnitt f\u00fcr jede Reihe = 20\t\t\t\t\t7\t6\t9\t7,5\t4,5\t4,75","page":243},{"file":"p0244.txt","language":"de","ocr_de":"244\nMargaret Keiver Smith.\nVil. Resultate der 6. Versuchsreihe. Durchschnittliche Resultate f\u00fcr jede Reihe. Versuchsperson: Fr\u00e4ul. He.\n\tWiederholungen\t\t\tReproductionen\t\t\t\nDatum\tZur Yorbe-\tZum Auswendig-\tZum Wieder-\tHersagen\t\tTreffer\t\n\t\t\t\tNach der\tNach dem\tNach der\tNach dem\n\treitung\tlernen\terlernen\tYor-\tAuswen-\tYor-\tWieder-\n\t\t\t\tbereitung\tdiglernen\tbereitung\terlernen\n1899\t\t\tEinfacher Rhythmus\t\t\t\t\n9.\u201414. Febr.\t| 20\t23\t\t\t7,6\t3,6\t\n14.\u201420. Febr.\t\t\tTroch\u00e4ischer Rhythmus\t\t\t\t\n\t| 20\t17,5\t6\t8,5\t10,33\t4,16\t5\n\t\t\tJambischer Rhythmus\t\t\t\t\n20.\u201426. Febr.\t| 20\t4,5\t6\t12\t12\t6\t5,33\n\t\t\tDaktylischer Rhythmus\t\t\t\t\n26.Fbr.\u2014 4. M\u00e4rz\t| 20\t4,66\t6\t10,33\t11,16\t5,33\t3,91\n\t\t\tAnap\u00e4stischer Rhythmus\t\t\t\t\n4.\u201410. M\u00e4rz\t| 20\t5,83\t6\t8,5\t10,16\t4,75\t3,91\n\t\t\tEinfacher Rhythmus\t\t\t\t\n19.\u201425. April\t| 20\t7\t6\t7,5\t9\t4,75\t4,5\nBei dieser Versuchsperson war der jambische Rhythmus in jeder Hinsicht bedeutend g\u00fcnstiger als irgend ein anderer. F\u00fcr das Auswendiglernen war auch der Daktylus vortheilhaft; hei der Reproduction mit diesem Rhythmus kamen aber verschiedene Schwierigkeiten vor, die beim Jambus nicht zu bemerken waren. Bez\u00fcglich des Lernens mit einfachem Rhythmus l\u00e4sst sich sagen,","page":244},{"file":"p0245.txt","language":"de","ocr_de":"Rhythmus und Arbeit.\n245\ndass diese Versuchsperson immer eine Neigung zur Accentuirung und Gruppirung der Silben zeigte, deren Vermeidung ihr nie vollkommen gelang, obwohl sie ernstlich darauf bedacht war.\nBei den Versuchen der letzten sechs Tage hat die Versuchsperson strengstens versucht, allen Rhythmus und besonders jedes Versma\u00df zu vermeiden. Jedoch zeigten sich die Tendenzen der ersten Tage von neuem. Die Silben einer Reihe wurden wieder in drei Gruppen zu je vier getheilt. Die Schwierigkeit des Lernens wurde in diesen letzten Tagen durch das Streben nach Vermeidung des Rhythmus und durch eine andauernde Ablenkung der Aufmerksamkeit verursacht.\nIn Bezug auf andere als rhythmische Associationen ist zu sagen, dass es fast unm\u00f6glich war, eine Reihe von Silben zu bilden, die keine Associationen lieferte. Die Associationen betrafen fast alle den Inhalt, selten die Form und richteten sich nicht nach der Stelle der Silben.\nDer Bericht der Versuchsperson \u00fcber die Associationen wird sp\u00e4ter gegeben.\n7.\nGleichzeitig mit den eben beschriebenen Ged\u00e4chtnissversuchen wurde eine andere Reihe unternommen, deren Zweck derselbe wie der der vorhergehenden war.\nDie Versuche wurden am 1. Februar 1899 angefangen und am 7. Mai vollendet. Sie bestanden aus drei Reihen, von denen die erste 24 Tage dauerte. Nach einer Pause von mehreren Wochen fanden noch zwei kurze Reihen von je vier Tagen statt.\nDie Silben waren dieselben, die Fr\u00e4ulein He. gelesen hatte. Sie wurden f\u00fcr den achtundzwanzigt\u00e4gigen Versuch auf die schon erw\u00e4hnten Papierstreifen geschrieben, und zwar in Abst\u00e4nden von 3 cm. W\u00e4hrend der letzten vier Tage wurden die Distanzen zwischen ihnen unregelm\u00e4\u00dfig gemacht. Ueber diese Versuche folgt eine Er\u00f6rterung sp\u00e4ter.\nDie Versuchsperson, Herr Ste., hatte schon ziemlich viel Erfahrung. Am Anfang kannte er den Zweck der Versuche nicht. Vor dem Ende der Reihe hat er aber die Untersuchung verstanden. Seine Kenntniss des Verfahrens war aber viel mehr H\u00fclfe als Hinder-","page":245},{"file":"p0246.txt","language":"de","ocr_de":"246\nMargaret Keiver Smith.\nniss. Sein physischer Zustand war gut, nur sein Puls etwas unter-normal. Im Durchschnitt betrug er w\u00e4hrend der Reihe etwas weniger als 60 Schl\u00e4ge per Minute. W\u00e4hrend des Versuches nahm die Zahl der Pulsschl\u00e4ge durchschnittlich um f\u00fcnf ab. Sein Schlaf betrug ungef\u00e4hr acht Stunden.\nAm Anfang wurden mehrere Tage Uehungsversuche veranstaltet. Sobald eine gewisse Gel\u00e4ufigkeit und Regelm\u00e4\u00dfigkeit gewonnen war, wurde die formelle Reihe angefangen. Die Uebungen dauerten t\u00e4glich 20 Minuten. Zuerst fiel das Lesen schwer und war wenig angenehm. Die Versuchsperson las nach Belieben und leistete w\u00e4hrend des ersten und zweiten Tages nichts Befriedigendes. Am dritten Tage hat sie angefangen anap\u00e4stisch zu lesen, und dann hat sie zu lernen begonnen. Dies war ihre eigene Erfindung, ihr System, wie sie es nannte; sie hat dieses Versma\u00df gebraucht, bis der Rhythmus ihr vorgeschriehen wurde.\nDer Rhythmus wurde nach je vier Tagen ge\u00e4ndert. Die \u00fcbrigen Zust\u00e4nde blieben constant, nur wurde am zehnten Tage die Zahl der Wiederholungen zur Vorbereitung der Reihen von zehn auf acht vermindert. Der Einfluss der Uebung war bedeutend genug, um diese Aenderung zu rechtfertigen.\nAm ersten Tage wurden zwei neue Reihen vorbereitet und am n\u00e4chsten zum Auswendiglernen wiederholt und gepr\u00fcft. Darauf wurden noch zwei neue Reihen f\u00fcr den folgenden Tag vorbereitet.\nDie Versuchsperson entdeckte bald selbst, dass sie immer rhythmisch lesen m\u00fcsse. Die Regelm\u00e4\u00dfigkeit der Rotation, die gleichen Distanzen der Silben von einander und das regelm\u00e4\u00dfige Aussprechen, alles entsprach dem Rhythmus. Deshalb wurde eine kurze Reihe unternommen, hei welcher die Silben in unregelm\u00e4\u00dfigen Distanzen von einander geschrieben wurden. Diese Distanzen wurden jeden Tag ge\u00e4ndert. Sonst waren alle Bedingungen des Lernens genau wie vorher. Die Versuchsperson wusste von dieser Aenderung der Distanzen nichts. Sie erkannte aber bald den Unterschied und behauptete, dass das Lernen ganz so leicht wie vorher sei, weil die Gruppirung, obgleich unregelm\u00e4\u00dfig, nicht unm\u00f6glich sei.\nWegen der Grenzen des Cylinders war es unm\u00f6glich, die Unregelm\u00e4\u00dfigkeiten sehr gro\u00df zu machen, da zw\u00f6lf Silben immer i\u00df einer Reihe waren und zwei Silben nicht zusammen in das Gesicb","page":246},{"file":"p0247.txt","language":"de","ocr_de":"Rhythmus und Arbeit.\n247\nfeld kommen sollten. Um das zu vermeiden, als die Silben sich einander n\u00e4herten, wurde der Ausschnitt im Carton, durch welchen die Silben gesehen wurden, mittels eines angeklebten Streifchens papier zu 1,5 cm Breite vermindert.\nDie durchschnittlichen Resultate f\u00fcr jede Reihe des achtund-zwanzigt\u00e4gigen Versuches enth\u00e4lt die nachfolgende Tabelle.\nDurchschnittliche Resultate f\u00fcr jede Reihe. Versuchsperson: Herr Ste.\nTage\tW iederholungen\t\tReproductionen\t\n\tZur Vorbereitung\tZum Auswendiglernen\tHersagen nach Auswendiglernen\tTreffer nach dem Hersagen\n1899 5.\u20149. Eebr.\tBeliebiges Lesen (wirkl. anap\u00e4st.) 10\t|\t10,375\t|\t8,25\t|\t5,625\t\t\t\n9.\u201413.\t\u00bb\t10\tAnap\u00e4stiscber Rhythmus 7,125 J\t9\t\t5,875\n13.\u201417.\t\u00bb\t8\tDaktylischer Rhythmus 5,25\tJ\t11,25\t\t5,813\n17.\u201421.\t\u00bb\t8\tTroch\u00e4ischer Rhythmus 6,15\t1\t12\t|\t5,75\t\t\n21.\u201425. \u00bb\t8\tJambischer Rhythmus 5,375\t1\t12\t\t5,75\n20.\u201424. April\t8\tEinfacher Rhythmus 8,125\tI 9,875\t\t5\n3.\u20147. Mai\t2 8\teitliche Unregelm\u00e4\u00dfigkeiten 8,125\t7,875\t|\t5,125\t\t\nDie r\u00e4umlichen Unregelm\u00e4\u00dfigkeiten der Silben wurden als zeitliche Unregelm\u00e4\u00dfigkeiten wahrgenommen.\nDie Versuchsperson hat nicht angefangen zu lernen, bis sie das Gruppiren gelernt hatte. Sie hatte immer das Streben, Gruppen von\nWundt, Philos. Studien. XVI.\t17","page":247},{"file":"p0248.txt","language":"de","ocr_de":"248\nMargaret Kehrer Smith.\nje drei Silben zu bilden. Yon allen Rhythmen war ihr der Anap\u00e4st am angenehmsten. Die Resultate zeigen aber, dass der Daktylus, Troch\u00e4us und Jambus ziemlich in gleichem Grade etwas g\u00fcnstiger waren. Der Einfluss der Uebung macht sich gegen das Ende hin auch geltend, deshalb sind die besseren Resultate bei den zuletzt angewandten Rhythmen zu finden.\nBei der Reihe vom 20. bis 24. April hat die Versuchsperson strengstens versucht, jede Silbe f\u00fcr sich zu lesen, dabei hat sie aber unwillk\u00fcrlich eine bedeutende C\u00e4sur nach der sechsten Silbe gemacht. Diese Pause nach der sechsten Silbe hat sie auch am Anfang gemacht, als sie ein \u00bbSystem\u00ab des Lesens suchte.\nAm Anfang war das Lesen mit troch\u00e4ischem Rhythmus schwer. Bei der Betonung der ersten Silbe hat die Versuchsperson den rechten Fu\u00df im Takte bewegt. Am Ende der ersten Uebung mit diesem Rhythmus glaubte sie wieder ein System gefunden zu haben, durch welches das troch\u00e4ische Lesen sehr erleichtert werde: sie machte n\u00e4mlich eine gro\u00dfe Pause nach der sechsten Silbe. Je zwei Silben betrachtete sie als ein Wort und bildete so aus den Silben vor und nach der C\u00e4sur je drei W\u00f6rter. Sie behauptete, dass dieses Verfahren noch eine Dreitheilung jeder Reihenh\u00e4lfte verursache, so dass sich jede Reihe als zwei gro\u00dfe Silbengruppen mit je drei Silbenpaaren darstelle. Obgleich sie auf diese Weise sehr schnell lernte, schien sie doch immer ein Vorurtheil gegen den troch\u00e4ischen Rhythmus zu haben.\nBei den letzten Versuchen vom 3. bis 7. Mai hat die Versuchsperson geglaubt, den Rhythmus vermeiden zu k\u00f6nnen; doch hat die Gruppirung nach der Zeit, in welcher die Silben vor dem Spalt erschienen, den Rhythmus ersetzt, so dass das Lernen ohne Rhythmus gar nicht m\u00f6glich war. Bei dieser Einrichtung war das Lesen gar nicht so unangenehm, wie das mit gleichem Takt ohne Accent (20. bis 24. April). Die f\u00fcr das Lesen der ersten sechs Silben erforderliche Zeit betrug vielleicht die H\u00e4lfte der Zeit, die f\u00fcr das Lesen der letzten sechs nothwendig war.\nDiese Versuchsperson hat sehr wenig Associationen irgend einer Art gebildet, nach dem Inhalte gar keine. Sie gab an, dass sie keine Zeit dazu gehabt habe. Ihre Concentration auf das Lernen war eine \u00e4u\u00dferst gute. Sie hat die Reihen mit viel weniger Wiederholungen","page":248},{"file":"p0249.txt","language":"de","ocr_de":"Rhythmus und Arbeit.\n249\nals die anderen Versuchspersonen gelernt. Bei der Reproduction, besonders beim Hersagen, war sie aber immer etwas unsicher; dies war weniger der Fall beim trocb\u00e4ischen und jambischen Rhythmus. Das Trefferverfahren war aber immer sicher und vollkommen.\nWie die anderen Versuchspersonen, so hat auch Herr Ste. schwere Reihen gefunden, deren Eigenschaften sp\u00e4ter beschrieben werden.\n8.\nUm die Erfahrung, welche die Versuchsperson der vorigen Reihe in Bezug auf die unregelm\u00e4\u00dfig geschriebenen Silben gemacht hatte, zu pr\u00fcfen oder zu best\u00e4tigen, wurde noch eine Versuchsreihe von zw\u00f6lf Tagen eingerichtet. W\u00e4hrend der ersten vier Tage wurden die Silben in unregelm\u00e4\u00dfige Distanzen von einander geschrieben. W\u00e4hrend der n\u00e4chsten vier Tage wurden sie regelm\u00e4\u00dfig drei Centimeter von einander entfernt, und w\u00e4hrend der letzten vier Tage wieder unregelm\u00e4\u00dfig aufgeschrieben.\nDie Bedingungen der Versuche, die Apparate und das Schema des Verfahrens waren alle genau wie bei der vorhergehenden Versuchsreihe; anstatt 10 Wiederholungen zur Vorbereitung wurden deren 12 eingef\u00fchrt. Au\u00dferdem mussten der Schwierigkeit des Lernens wegen die Wiederholungen gruppenweise vorgenommen werden. Diese Theilung der Wiederholungen fand hei Herrn Ste. nicht statt, weil ihm das Lernen sehr leicht war.\nDie Versuchsperson, Herr Bon., hatte keine Erfahrung im psychologischen Experiment. Das Aussprechen der Silben war am Anfang sehr schwer und ist w\u00e4hrend der ganzen Versuchszeit nie leicht geworden, da immer neue Schwierigkeiten zu \u00fcberwinden waren, weil die Unregelm\u00e4\u00dfigkeiten nie constant blieben.\nDie Distanzen zwischen den Silben, die hei den Versuchen der vier ersten und der vier letzten Tage verwendet wurden, wechselten unregelm\u00e4\u00dfig zwischen 1 und 7,7 cm.\nDer physische Zustand dieser Versuchsperson war w\u00e4hrend der Versuche normal. Im Durchschnitt betrug ihr Schlaf \u00df1/^ Stunden. Die durchschnittliche H\u00f6he des Pulses war 75 Schl\u00e4ge per Minute; sie blieb w\u00e4hrend des Versuches constant.\nDas Lernen fiel von Anfang an au\u00dferordentlich schwer. Herr Bon., ein Bulgare, war an verschiedene Buchstaben der deutschen\n17*","page":249},{"file":"p0250.txt","language":"de","ocr_de":"250\nMargaret Keiver Smith.\nResultate der zw\u00f6lft\u00e4gigen Versuche. Tabelle I.\nVersuchsperson: Herr Bon.\nTage\tDatum\tReihe\tWiederholungen\t\tReproductionen\t\n\t\t\tZur Vorbereitung\tZum Auswendiglernen\tHersagen nach d. Auswendiglernen\tTreffer nach d. Auswendiglernen\n\t1899\t\t\t\t\t\n1\t5. Mai\t1\t12\tUnregelm\u00e4\u00dfige Distanzen zwischen\t\t\n1\t5.\t\u00bb\t2\t12\t\tden Silben\t\n2\t6. >\t2\t\t30\t9\t6\n2\t6. \u00bb\t1\t\t30\t8\t3\n2\t6. \u00bb\t1\t12\t\t\t\n2\t6. \u00bb\t2\t12\t\t\t\n3\t7.\t\u00bb\t2\t\t34\t7\t4\n3\t7.\t\u00bb\t1\t\t33\t8\t2\n3\t7. \u00bb\t1\t12\t\t\t\n3\t7. \u00bb\t2\t12\t\t\t\n4\t8. \u00bb\t2\t\t27\t8\t5\n4\t8. \u00bb\t1\t\t27\t8\t5\n4\t8. \u00bb\t1\t12\t\t\t\n4\t8. \u00bb\t2\t12\t\t\t\n5\t9.\t\u00bb\t2\t\t27\t7\t5\n5\t9. \u00bb\t1\t\t45\t7\t5\n\t\t8\t96\t253\t62\t35\nDurchschnitt f\u00fcr jede Reihe\t\t\t= 12\t31,625\t7,75\t4,375\nSchrift gar nicht gew\u00f6hnt, z. B. j war ihm ganz unbekannt, insbesondere die Verbindung dieses Buchstaben mit den Diphthongen eu und ei machte sprachliche Schwierigkeiten.\nDie Rotation des Cylinders (1 Umdrehung in 10 Sec.) war f\u00fcr die Versuchsperson fast zu schnell. Doch ist es ihr gelungen, die Reihen zu lernen. Sie hat f\u00fcr sich ein bestimmtes System f\u00fcr das","page":250},{"file":"p0251.txt","language":"de","ocr_de":"Rhythmus und Arbeit.\n251\nTabelle H.\nVersuchsperson: Herr Bon.\nTage\tDatum\tReihe\tWiederholungen\t\tReproductionen\t\n\t\t\tZur Vorbereitung\tZum Auswendiglernen\tHersagen nach d. Auswendiglernen\tTreffer nach d. Auswendiglernen\n\t1899\t\t\t\t\t\n5\t9. Mai\t1\t12\tRegelm\u00e4\u00dfige Distanzen zwischen\t\t\n5\t9. \u00bb\t2\t12\t\tden Silben\t\n6\t10. \u00bb\t2\t\t27\t7\t6\n6\t10. \u00bb\t1\t\t24\t9\t572\n6\t10. \u00bb\t1\t12\t\t\t\n6\t10. \u00bb\t2\t12\t\t\t\n7\t11. \u00bb\t2\t\t18\t9\t5\n7\t11. \u00bb\t1\t\t21\t8\t6\n7\t11. \u00bb\t1\t12\t\t\t\n7\t11. \u00bb\t2\t12\t\t\t\n8\t12. \u00bb\t2\t\t18\t7\t5\n8\t12. \u00bb\t1\t\t19\t8\t5\n8\t12. \u00bb\t1\t12\t\t\t\n8\t12. \u00bb\t2\t12\t\t\t\n9\t13. \u00bb\t2\t\t24\t7\t57s\n9\t13. \u00bb\t1\t\t18\t8\t6\n\t\t8\t96\t169\t63\t44\nDurchschnitt f\u00fcr jede Reihe\t\t\t- 12\t21,125\t7,875\t5,5\nLesen und Lernen ausgebildet. Am zweiten Tage bat der Versuchsleiter nach zw\u00f6lf Wiederholungen, einen Versuch zur Reproduction zu machen. \u00bbAber\u00ab, erwiderte sie, \u00bbich habe noch nicht angefangen zu lernen, ich habe nur die Silben ausgesprochen und war fast fertig, die Gruppirung anzufangen\u00ab. Dann erkl\u00e4rte sie, dass es f\u00fcr sie unm\u00f6glich sei, ohne Gruppirung zu lernen.\nW\u00e4hrend der ersten vier Tage war kein Rhythmus zu bemerken. Das Lesen war unregelm\u00e4\u00dfig, hart und wenig sch\u00f6n. Obgleich Herr","page":251},{"file":"p0252.txt","language":"de","ocr_de":"252\nMargaret Keiver Smith.\nTabelle HL\nVersuchsperson : Herr Bon.\nTage\tDatum\t\tReihe\tWiederholungen\t\tReproductionen\t\n\t\t\t\tZur Vorbereitung\tZum Auswendiglernen\tHersagen nach d. Auswendiglernen\tTreffer nach d. Auswendiglernen\n9 9\t1899 13. Mai 13. \u00bb\t\t1 2\t12 12\tUnregelir\tl\u00e4\u00dfige Distan, den Silben\tsen zwischen\n10\t14.\t\u00bb\t2\t\t40\t9\t6\n10\t14.\t\u00bb\t1\t\t43\t7\t6\n10\t14.\t\u00bb\t1\t12\t\t\t\n10\t14.\t\u00bb\t2\t12\t\t\t\n11\t15.\t\u00bb\t2\t\t33\t7\t6\n11\t15.\t\u00bb\t1\t\t31\t7\t4\n11\t15.\t\u00bb\t1\t12\t\t\t\n11\t15.\t\u00bb\t2\t12\t\t\t\n12\t16.\t\u00bb\t2\t\t35\t8\t5\n12\t16.\t\u00bb\t1\t\t33\t6\t4\n12\t16.\t\u00bb\t1\t12\t\t\t\n12\t16.\t\u00bb\t2\t12\t\t\t\n13\t17.\t\u00bb\t2\t\t37\t8\t6\n13\t17.\t\u00bb\t1\t\t39\t7\t5\n\t\t\t8\t96\t291\t59\t42\nDurchschnitt f\u00fcr jede Reihe\t\t\t\t= 12\t36,375\t7,375\t5,25\nBon. keinen Rhythmus empfand, machte er doch eine Art G-ruppirung, welche ihm das Lernen erm\u00f6glichte. Auch wurden die Lage der Silben und die Zeiten zwischen ihrem Erscheinen eine Basis zur Gruppirung. Die Reproduction beim Trefferverfahren war leichter als die beim Hersagen. Die letztere war nie vollkommen.\nAm f\u00fcnften Tage nach der Pr\u00fcfung der alten Reihen vom vierten Tage wurden die zwei neuen Silbenreihen, die regelm\u00e4\u00dfig geschrieben waren, durch zw\u00f6lf maliges Lesen vorbereitet. Die Ver-","page":252},{"file":"p0253.txt","language":"de","ocr_de":"Rhythmus und Arbeit.\n253\nDurchschnittliche Resultate f\u00fcr jede Reihe. Versuchsperson: Herr Bon.\nDatum\tWiederholungen\t\tReproductionen\t\t\n\tZur Vorbereitung\tZum Auswendiglernen\tHersagen nach Auswendiglernen\tTreffer nach Auswendiglernen\t\n1899 5.\u20149. Mai\t12\t31,625\t7,75\t4,375\tUnregelm\u00e4\u00dfige Distanzen zwischen den Silben.\n9.\u201413. Mai\t12\t21,125\t7,875\t5,50\tRegelm\u00e4\u00dfige Distanzen zwischen den Silben.\n13.\u201417. Mai\t12\t36,375\t7,375\t5,25\tUnregelm\u00e4\u00dfige Distanzen zwischen den Silben.\nsuchsperson bemerkte das nicht, sie gruppirte wie vorher. Am sechsten Tage aber wurde das Lesen derselben Reihen zum Auswendiglernen etwas leichter. Die Zahl der Wiederholungen verringerte sich und es zeigte sich eine Spur von jambischem Rhythmus. Am siebenten Tage wurde das Lesen noch leichter, und die Zahl der Wiederholungen zum Auswendiglernen sank bedeutend. Die Versuchsperson bemerkte nun die Erleichterung, hat aber den Grund daf\u00fcr nicht gefunden. Sie war geneigt, zu denken, dass es einem neuen System von Gruppirung zu verdanken sei. Am achten Tage aber beim Lesen der zweiten Reihe vom Tage vorher zum Auswendiglernen hat sie pl\u00f6tzlich mit starkem jambischem Rhythmus und sogar sehr flie\u00dfend gelesen. Sie wurde heiter dabei und betrachtete das Verfahren als eine L\u00f6sung der Schwierigkeit. Sie sprach dabei, von der Betonung als ihrer eigenen Erfindung, die f\u00fcr ihren Zweck absolut nothwendig sei. Nunmehr fiel ihr erst auf, dass w\u00e4hrend der ersten vier Tage die Silben in unregelm\u00e4\u00dfigen Distanzen von einander geschrieben waren. Wegen dieser Unregelm\u00e4\u00dfigkeit, behauptete sie, w\u00e4re es","page":253},{"file":"p0254.txt","language":"de","ocr_de":"254\nMargaret Keiver Smith.\nunm\u00f6glich gewesen, sch\u00f6ne Gruppirungen zu machen. Sie sei ge-n\u00f6thigt gewesen, manchmal drei, manchmal zwei Silben in eine Gruppe zu fassen.\nAm neunten Tage wurde das Lesen mit jambischem Rhythmus fortgesetzt. Als nach der Pr\u00fcfung die neuen Reihen zur Vorbereitung gelesen wurden, entdeckte die Versuchsperson pl\u00f6tzlich die Unregelm\u00e4\u00dfigkeit der Distanzen zwischen diesen Silben. Sie h\u00f6rte auf und sagte nach kurzem Nachdenken: \u00bbNun muss ich morgen eine neue Gruppirung \u00fcberlegen, sonst kann ich mit hundertmaligem Lesen diese Reihe nicht lernen\u00ab. Darauf wurden trotz der Unregelm\u00e4\u00dfigkeiten die Reihen jambisch gelesen. W\u00e4hrend der letzten vier Tage war das Lesen nie unrhythmisch; es geschah aber eher unregelm\u00e4\u00dfig anap\u00e4stisch als jambisch. Jede Silbe wurde f\u00fcr sich ausgesprochen, bis eine gewisse Bekanntschaft damit gewonnen war; dann wurden Gruppen von je drei Silben gebildet, in denen die letzte einen Accent erhielt.\nSchlussbemerkungen zu den Ged\u00e4chtnissversuchen.\nIn Beantwortung der Frage, was durch diese zw\u00f6lft\u00e4gige Untersuchung gewonnen worden sei, ist zu sagen:\n1.\tDie Vermuthung, dass die Einrichtung von Silben in gleichen Distanzen von einander mit regelm\u00e4\u00dfigen Rotationen des Cylinders beim Lesen einem bestimmten Rhythmus entspreche, welcher fr\u00fcher oder sp\u00e4ter in irgend ein Versma\u00df fallen muss, wurde best\u00e4tigt. Dies in Zusammenhang mit der rhythmischen Tendenz der menschlichen Stimme beim Articuliren macht es schwer, den Rhythmus zu vermeiden.\n2.\tDer Rhythmus wird aber vermieden, so lange die Aufmerksamkeit auf die Schwierigkeit der Aussprache gerichtet ist. Beim Lesen spielt er keine Rolle, bis eine gewisse Gel\u00e4ufigkeit gewonnen wird.\n3.\tBei der Arbeit wird der Rhythmus keine Quelle f\u00fcr Lustgef\u00fchle, bis ein bestimmter Grad der Geschicklichkeit erreicht ist.\n4.\tZwischen gewissen Grenzen ist der Rhythmus eine H\u00fclfe zur Erreichung des Arbeitszieles.","page":254},{"file":"p0255.txt","language":"de","ocr_de":"Rhythmus und Arbeit.\n255\n5. Der Rhythmus ist von der Regelm\u00e4\u00dfigkeit oder Gleichheit der Zeitintervalle zwischen den Bewegungen nicht absolut abh\u00e4ngig. Es w\u00e4re w\u00fcnschenswert, diese Untersuchung in Hinsicht auf die Grenzen der Unregelm\u00e4\u00dfigkeit der Zeitintervalle und Bewegungen, zwischen welchen der Rhythmus noch geschaffen werden kann, weiter fortzuf\u00fchren.\nAm Ende jeder Reihe wurden jeder Versuchsperson (au\u00dfer Herrn Bon.) eine Reihe von Fragen gestellt, die sich auf alle Beobachtungen w\u00e4hrend der Versuche erstreckten. Diese Fragen wurden von den Versuchspersonen schriftlich beantwortet. Die Fragen mit den Antworten lauteten wie folgt:\nI.\tWelche Bedeutung hat der Rhythmus f\u00fcr die Schwierigkeit des Lernens der sinnlosen Silben?\n1.\t\u00bbDie Aufmerksamkeit wird durch den Rhythmus in gleichm\u00e4\u00dfiger Intensit\u00e4t erhalten, dadurch wird gleichm\u00e4\u00dfiges Auffassen und Behalten der Silben erm\u00f6glicht. Dazu k\u00f6nnen sich in Folge des Rhythmus die Innervationen heim leisen Mitsprechen in gleichem Tempo vollziehen. H. Mar.\n2.\tDer Rhythmus erleichtert das Erlernen der Buchstabenreihe. Der zweisilbige Versfu\u00df, also Jambus und Troch\u00e4us, scheint mir der geeignetste zum Auswendiglernen der Reihen zu sein. Doch hat der dreisilbige Rhythmus den Vortheil, dass er der Wortassociation gr\u00f6\u00dferen Spielraum l\u00e4sst. A. Eb.\n3.\ta) Der Rhythmus verbindet einzelne sinnlose Silben zu einem Ganzen, so dass die ganze Reihe aus weniger Einheiten besteht, und darum k\u00fcrzer zu sein scheint, w\u00e4hrend das nicht-rhythmische Lesen jede Silbe einzeln erscheinen l\u00e4sst, so dass die Nicht-Verbindung das Gef\u00fchl einer langen Reihe ergibt.\nb)\tEinzelne Silben lassen nur selten eine Association aufkommen, w\u00e4hrend beim rhythmischen Lernen \u00f6fter H\u00fclfsassociationen auftreten.\nc)\tDas nicht-rhythmische Lernen hat daher als fast einzige H\u00fclfe die Localisation, d. h. die Einpr\u00e4gung der Stelle in der Reihe, das rhythmische Lernen aber beruht auf Association und Localisation.\nd)\tNicht alle Rhythmen sind f\u00fcr mich gleich g\u00fcnstig; f\u00fcr das Aufsagen ist am g\u00fcnstigsten der Daktylus (nur 4 Zeilen in einer","page":255},{"file":"p0256.txt","language":"de","ocr_de":"256\nMargaret Keiver Smith.\nReihe) und der Troch\u00e4us. F\u00fcr die Reproduction heim Trefferverfahren sind Troch\u00e4us und Jambus am g\u00fcnstigsten.\u00ab1) Wi.\n4.\tDie rhythmisch gelesenen Reihen pr\u00e4gten sich mir leichter ein, und zwar deshalb, weil dabei die Reihen in Gruppen zu 2 oder zu 3 Silben zerlegt wurden. Je leichter nun die Silben einer Gruppe verbunden werden konnten, desto g\u00fcnstiger schien der betreffende Rhythmus. Hieraus erkl\u00e4rt sich zum Theil die ganz verschiedene Schwierigkeit verschiedener Reihen bei gleichem Rhythmus. Dabei spielt ein Zufall eine nicht geringe Rolle; wenn n\u00e4mlich der Accent zuf\u00e4llig auf sinnvolle Silben fiel, mit deren Inhalt die \u00fcbrigen derselben Gruppe leicht sinnvoll verbunden werden konnten, so wurde die Einpr\u00e4gung einer solchen Reihe besonders leicht. Fand das Lesen im einfachen Rhythmus statt, d. h. wurden die Silben in gleichen Intervallen gesprochen, so stellte sich die Reihe als ein nicht leicht \u00fcbersehbares Ganzes dar, und war auf diese Weise schwer einzupr\u00e4gen. H. Re.\n5.\t\u00bbDer Rhythmus der Betonung spielt keine so gro\u00dfe Rolle wie Gruppirung oder Theilungen.\u00ab Ste.\nII. Was ist der Einfluss des Rhythmus auf:\na)\tdie Gef\u00fchle?\nb)\tdie Aufmerksamkeit?\n1.\ta) \u00bbDie Gleichm\u00e4\u00dfigkeit aller Vorg\u00e4nge beim ganzen Versuche erzeugt jedenfalls ein angenehmes Gef\u00fchl. Bei schlechter Disposition der Versuchsperson allerdings konnte der Rhythmus auch ein unangenehmes Gef\u00fchl erzeugen, weil er die Versuchsperson immer vorw\u00e4rts trieb, w\u00e4hrend die psychophysischen Vorg\u00e4nge hei schlechter Disposition wahrscheinlich langsam von statten gehen.\nb) Die Aufmerksamkeit wird durch den Rhythmus unterst\u00fctzt.\u00ab H. Mar.\n2.\t\u00bbRhythmus erzeugt Lustgef\u00fchl, weil er ein ruhiges Gleiten von einem Laut zum anderen zur Folge hat, f\u00fcr die Sprachorgane weniger Anstrengung erfordert und f\u00fcr das Ohr einen immer wiederkehrenden harmonischen Laut erzeugt.\n1) Anfangs beachteten alle Versuchspersonen nur den Versrhythmus, sp\u00e4ter erkannten einige unter ihnen spontan, dass es einen einfachen Rhythmus g\u00e4be.","page":256},{"file":"p0257.txt","language":"de","ocr_de":"Rhythmus und Arbeit.\n257\nWas den Einfluss des Rhythmus auf die Aufmerksamkeit betrifft, so glaube ich sagen zu k\u00f6nnen, dass derselbe die Aufmerksamkeit zuerst steigert und dann durch die unausbleibliche Einf\u00f6rmigkeit, die durch l\u00e4ngere Anwendung des Rhythmus erfolgt, ein Erlahmen der Aufmerksamkeit bewirkt.\u00ab A. Eb.\n3.\t\u00bbDer Rhythmus, wenn er das Lernen beg\u00fcnstigt, erzeugt Lustgef\u00fchle, deren Intensit\u00e4t proportional der Leichtigkeit der geistigen Arbeit ist. Mit den Lustgef\u00fchlen schwankt auch die Aufmerksamkeit; da aber der Rhythmus allgemein Silben verbindet, ist ein Abschweifen der Gedanken auch nicht so oft m\u00f6glich, als beim nichtrhythmischen Lesen und Lernen.\u00ab Wi.\n4.\t\u00bbDer zwei- und dreitheilige Rhythmus erleichtert das Einpr\u00e4gen, weshalb sich dabei ein Lustgef\u00fchl einstellt. Auf die Aufmerksamkeit wirkt der Rhythmus, weil er die Versuchsperson mit fortrei\u00dft, und sie deshalb vor Zerstreuung bewahrt.\u00ab Re.\n5.\t\u00bbBeim rhythmischen Lesen kann entweder Lust oder Unlust erweckt werden, z. B. Theilung in Paaren ist nicht so angenehm wie in drei. Accent auf der ersten Silbe ist nicht so angenehm wie auf der letzten. Das Tempo aber zwingt zur Arbeit und auf diese Weise ist die Aufmerksamkeit wach. Die Aufmerksamkeit war aber sch\u00e4rfer angespannt bei den Reihen ohne Rhythmus (3.\u20147. Mai S. 116), weil man nicht wusste, wann die Silbe k\u00e4me, so dass man immer aufmerksam sein musste.\u00ab Ste.\n6.\tDas rhythmische Lesen war anfangs mit einem angenehmen Gef\u00fchl verbunden, wurde aber mit der Zeit ganz mechanisch und schlie\u00dflich fast einschl\u00e4fernd, so dass sich die Aufmerksamkeit mit einer leichten Anstrengung auf die Silben zur\u00fcckzwingen musste, einmal hatte sich der Rhythmus so festgesetzt, dass ich nach Schluss der Uebung den Puls im gegebenen Takt z\u00e4hlte.\nDer Rhythmus an und f\u00fcr sich hatte keinen besonderen Einfluss auf das Gef\u00fchl, wohl aber das erleichterte Lernen. Die Aufmerksamkeit wurde auf die Dauer abgestumpft.\u00ab A. He.\nin. Wirkt der Rhythmus mehr auf das Ohr oder auf das Auge ?\n1. \u00bbDie Silben wurden mir immer vorgelesen, aber wie drei Punkte sich mit einem Blick \u00fcbersehen lassen, so erscheinen auch drei Silben als leicht zu erfassende akustische Einheit.\u00ab H. Mar.","page":257},{"file":"p0258.txt","language":"de","ocr_de":"258\nMargaret Keiver Smith.\n2. Der Rhythmus wirkt bei mir immer nur auf das Ohr, nicht auf das Auge, dagegen vielleicht auf die Sprachorgane. R.\nIV.\tWelche Rolle spielt der Rhythmus beim Reproduciren?\n1.\tBeim Reproduciren spielt der Rhythmus dieselbe Rolle wie heim Auf fass en; wird die eine Silbe reproducirt, die mit einer oder mehreren anderen zu einer associativen Einheit verbunden war, und zwar inhaltlich und zugleich durch die begleitenden Innervationen, so kommen auch die anderen Silben, welche zur Einheit geh\u00f6ren. H. Mar.\n2.\tAuf die Reproduction der Silben hatte der Rhythmus nicht den erwarteten Einfluss, denn h\u00e4ufig stellten sich Silben nicht in dem rechten Moment ein, sondern erst nach l\u00e4ngerem Nachdenken. R.\n3.\t\u00bbBeim Reproduciren spielt der Rhythmus direct keine Rolle. \u00ab Ste.\nV.\tWas ist der Ursprung der Tendenz zur Gruppirung?\n1.\tDie Tendenz zur Gruppirung r\u00fchrt her von dem Bestreben, die anfangs un\u00fcbersichtliche Reihe von 12 Silben in mehrere \u00fcbersichtliche Einheiten zu zerlegen. Man sucht dadurch die zu leistende Gesammtarbeit g\u00fcnstiger zu vertheilen. H. Mar.\n2.\tDas Gruppiren der Laute wird durch die Bequemlichkeit hervorgerufen; denn es erfordert eine viel gr\u00f6\u00dfere Muskelanstrengung, jeden einzelnen Laut f\u00fcr sich staccato auszusprechen, als eine Reihe von zwei oder mehr Lauten zu gruppiren, \u00fcber die die Stimme ruhig von einem zum anderen ohne merkliche Anstrengung gleitet.\nWo hei der Vier-Gruppe (vier in einer Gruppe) nur ein Ansatz n\u00f6thig ist, sind beim staccato vier bestimmte Ans\u00e4tze erforderlich.\nDie Zahl der gruppirten Silben h\u00e4ngt von der Beschaffenheit der einzelnen Laute ah, z. B. 1, m, n, p bilden eine nat\u00fcrliche \"Vier-Gruppe, dagegen j, g, z, y eher zwei Gruppen von je zwei Lauten. A. Eh.\n3.\tDie Neigung Gruppen zu bilden entsprang dem Bestreben, irgend welche Anhaltspunkte zu finden, die das Lernen der Silben erm\u00f6glichten. In Gruppen zerlegt wurde die Reihe \u00fcbersichtlich, was sie sonst nicht war. A. He.\nVI.\tWas sind die Eigenschaften der Reihen, die Sie als schwer bezeichnen?\n1. a) Als schwer erschienen Silben, die recht ungew\u00f6hnliche","page":258},{"file":"p0259.txt","language":"de","ocr_de":"Rhythmus und Arbeit.\n259\nConsonantenverbindungen aufwiesen \u2014 die Sprecbschwierigkeit war also zugleich Schwierigkeit f\u00fcr das Lernen und die Reproduction.\nh) Schwer waren Silbenreihen, die sich schwer mit einem Inhalte verbinden lie\u00dfen. H. Mar.\n2.\tSchwer sind diejenigen Silben, die sich mit den Vorg\u00e4ngern oder Nachfolgern nicht zu Associationen vereinigen lassen; dann auch diejenigen, die verm\u00f6ge ihrer gr\u00f6\u00dferen Verschiedenheit von den gewohnten Buchstabenverbindungen der deutschen Sprache schwer auszusprechen sind. W i.\n3.\tDie Einpr\u00e4gung einer Reihe fiel mir schwer, wenn die erw\u00e4hnten associativen Verbindungen sich nicht ohne weiteres hersteilen lie\u00dfen, wenn z. B. Umstellungen oder complicirte Aenderungen vorgenommen werden mussten oder beides zugleich. Je mehr dies n\u00f6thig war, desto schwerer wurde die Einpr\u00e4gung einer Reihe. Erschwerend wirkte auch eine f\u00fcr den Deutschen ungewohnte Zusammenstellung von Buchstaben; bisweilen war aber eine solche Silbe deswegen auffallend, was dann die Einpr\u00e4gung erleichterte. H. R.\n4.\ta) Die Silben, in welchen die mehr complicirten Buchstaben erschienen, waren schwer.\nDie Complicirtheit in Ton und Aussprache spielt eine bedeutende Rolle in Bezug auf die Schwierigkeit der Silben.\nb) Bekannte Buchstaben machen eine Silbe leicht, z. B. sch ist bekannt und leicht, ch ist nicht so bekannt und deshalb schwerer, j in Verbindung mit Vocalen meistens unbekannt und schwer. Ste.\n5.\tSchwer zu behalten waren die Silben, die aus drei Buchstaben bestanden und die leicht auszusprechen waren und deshalb wenig auffielen. So stellte z. B. maasch mehr vor als jen oder n\u00e4s, weil es auf dem Papier mehr Raum einnahm und sich deshalb einpr\u00e4gte. Die kurzen leichten Worte schienen mir charakterlos und machten keinen Eindruck. Nur wenn der Wechsel der Articulation zu gi'o\u00df und zu rasch war, wenn ein Theil der Aufmerksamkeit, die der Einpr\u00e4gung der Silben zukommen sollte, auf die genaue Aussprache verwendet werden musste, verwischten sich auch diese Worte f\u00fcr das Gred\u00e4chtniss. A. He.\nVH. Haben Sie beim Lesen der Silben Associationen gemacht\na) nach dem akustischen Eindruck?","page":259},{"file":"p0260.txt","language":"de","ocr_de":"260\nMargaret Keiver Smith.\nb)\tnach dem Inhalt?\nc)\tnach der Lage auf dem Papier?1)\n1.\ta) In einigen Silben lagen selbst\u00e4ndige W\u00f6rter vor, z. B. mez, rach, keil, die eine Association ohne weiteres hervorrufen.\nb)\tAndere Silben erinnerten stark an selbst\u00e4ndige W\u00f6rter.\nc)\tOft lie\u00df sich ein verbindender Gedanke ohne weiteres durchf\u00fchren, und zwar durch s\u00e4mmtliche 12 Silben.\nd)\tHin und wieder stellten mehrere Gedanken, die aber eng verwandt waren, die Verbindung her ; fast niemals blieben solche Associationen ganz aus. H. Mar.\n2.\ta) Der Klang der Silben \u00e4u\u00dfert einen Einfluss beim nichtrhythmischen Lesen und es hilft zur [Reproduction aufeinanderfolgender Silben bald die Reihenfolge der Anfangsconsonanten im Alphabet, bald die Aehnlichkeit resp. Verschiedenheit derselben im Klange.\nb)\tDer Inhalt der Silben ist beim nicht-rhythmischen Lesen bei mir nur von secund\u00e4rer Bedeutung, und diese \u00e4u\u00dfert sich nur in den F\u00e4llen, wo die einzelne Silbe eine kleinere oder gr\u00f6\u00dfere Aehnlichkeit mit einem bekannten Worte hat. Eine gr\u00f6\u00dfere Rolle spielt er beim rhythmischen Lesen, bei dem Silbencomplexe mit einem Anklang an sinngem\u00e4\u00dfe W\u00f6rter oder Wortgruppen nicht nur zu ihrer eigenen Reproduction g\u00fcnstig beitragen, sondern auch als Eixirpunkte f\u00fcr die Reproduction benachbarter Silben functioniren.\nc)\tDie Localisation ist bei schwierigen Silben und Silbenreihen th\u00e4tig; ausgiebig beim nicht-rhythmischen Lesen, aber auch beim rhythmischen Lesen, sofern sich keine bequemen Associationen bilden. Die Localisation vollzieht sich folgenderma\u00dfen: Die Silben werden auf einem Papierstreifen in senkrechter Ordnung fixirt gedacht, wobei man die Stelle jeder Silbe gleichsam sieht. Beim Reproduciren tritt dann derjenige Theil der Reihe ins geistige Blickfeld, der gerade reproducirt werden soll, entsprechend der Art des Erlernens, bei dem auch nur je eine Silbe zum Vorschein kam. Wi.\n3.\tDie Associationen entstanden sehr selten auf Grund der Silbenform; wenn es geschah, so merkte ich nur, dass z. B. auf eine auf-\n1) Ausdr\u00fccklich sei bemerkt, dass alle diese Fragen erst nach Beendig\u00ab11?\nder Versuche gestellt wurden, um nicht k\u00fcnstlich Fehler zu z\u00fcchten.","page":260},{"file":"p0261.txt","language":"de","ocr_de":"Rhythmus und Arbeit.\n261\nfallend lange Silbe eine lange oder eine kurze Silbe folgte oder umgekehrt.\nDie Associationen wurden gew\u00f6hnlich so vollzogen, dass der Inhalt der Silben zu einander in Beziehung gesetzt wurde; dabei wurden nicht selten an den Silben kleine Ver\u00e4nderungen oder Umstellungen vorgenommen. Auf diese Weise entstanden entweder mehrsilbige W\u00f6rter oder ganze S\u00e4tze.\nDie Stellung der Silbe hatte beim Lesen einer Reihe, wenn dabei jeder Rhythmus vermieden wurde, d. h. in gleichen Intervallen gelesen wurde, nur geringe Bedeutung; in diesem Falle traten die erste und die letzte Silbe manchmal sch\u00e4rfer hervor. Wurde dagegen rhythmisch gelesen, so wurden die accentuirten Silben gewisserma\u00dfen zu Associationspfeilern, an die sich die nicht accentuirten mehr oder weniger leicht anschlossen. Es wurde stets versucht, die Silben einer Gruppe miteinander zu verbinden, mochte der Accent auf der ersten oder auf der letzten Silbe einer Gruppe hegen. Diese Verbindung bezog sich entweder auf den Inhalt (das war die leichteste und sicherste), oder auf \u00e4u\u00dfere Merkmale. Re.\n4. Die sinnlosen Silben riefen stets die Vorstellung einer Sache oder einer Person hervor, wobei meistens das Wort in der Weise zu erg\u00e4nzen war, dass zur ersten auf dem Cyhnder gegebenen Silbe eine zweite blos gedachte hinzukam. Zum Hauptwort trat \u00f6fters eine n\u00e4here Bezeichnung, ein Eigenschaftswort. Ganze S\u00e4tze entstanden selten, doch wie ich noch genau wei\u00df, einmal ein Imperativsatz, der mit drei einsilbigen W\u00f6rtern richtig construirt war. Hatten eine oder zwei Silben einen Bedeutungsinhalt bekommen, so bildeten sich die weiteren Vorstellungen auf demselben oder auf verwandtem Gebiete. Bezeichnete eine Silbe ein Thier, so fanden sich meistens weitere Thiernamen bis zu f\u00fcnf in einer Reihe. Ich hatte Thierkreise, dann eine Spielkarte, und einmal eine Reihe von Kleidungsst\u00fccken. Kaum einmal aber war die Liste der associirten W\u00f6rter ausschlie\u00dflich in einer Sprache gehalten. Die Bezeichnungen stellten sich ein auf Deutsch, auf Englisch und auf Franz\u00f6sisch. Auch die deutschen Mundarten und die alten Sprachstufen mussten herhalten ; ecstere besonders thaten es in ausgiebiger Weise; zu \u00bbmaus\u00ab trat das englische \u00bbbat\u00ab (Fledermaus). \u00bbWes\u00ab wurde zu \u00bbWespe\u00ab erg\u00e4nzt, \u00bbgab\u00ab wurde \u00bbgep\u00ab (la gu\u00eape).","page":261},{"file":"p0262.txt","language":"de","ocr_de":"262\nMargaret Keiver Smith.\nSehr oft waren es Personennamen, die mir einfielen, und diese gruppirten sich nach den St\u00e4dten, in denen die betreffenden Leute wohnen.\nAls ich wieder ohne Rhythmus lesen musste (d. h. ohne Versma\u00df), schienen sich, wenigstens hei den ersten zwei Reihen, die Associationen weniger leicht einzustellen. Da suchte ich Anhaltspunkte in den Silben seihst, \u00bbpal\u00ab, \u00bbm\u00fct\u00ab, \u00bbn\u00e4s\u00ab blieben sofort im Ged\u00e4chtnis, weil 1, m, n, in der Ordnung sich folgen, wie sie im Alphabet stehen. Als diese Association gefunden war, suchte ich in derselben Weise weiter und fand \u00bbsaak\u00ab, \u00bbtanz\u00ab (s, t), aber diese waren durch eine kurze Silbe \u00bbjen\u00ab getrennt, saak und tanz nahmen das kleine \u00bbjen\u00ab in die Mitte und so haftete die ganze Gruppe.\nKonnte ich mit den Consonanten nichts mehr anfangen, so nahm ich die Vocale durch und merkte mir neben den Aehnlichkeiten (a folgt auf \u00e4, au auf u) besonders auch die Stellung der Worte zu einander. Ich suchte die Ordnung und die Reihenfolge der Diphthonge, dann der umgelauteten Vocale im Ged\u00e4chtniss zu behalten, das weitere schloss sich an.\nDie Associationen ergaben sich ganz von seihst aus dem Bilde der Silbe unterst\u00fctzt durch den Klang, oft gab der Klang den Ausschlag. Die Silbengruppe, hei der ich mir etwas denken konnte, blieb leicht im Ged\u00e4chtniss und an diese schloss sich das Weitere. War ein Theil der Reihe ziemlich sicher, so \u00fcberlie\u00df ich der mechanischen Wiederholung die endg\u00fcltige Befestigung und stellte die Aufmerksamkeit scharf ein auf das Erlernen des Unsicheren. Wiederholte ich jedes Wort mit voller Aufmerksamkeit, so kam es vor, dass ich ganz nach der zuf\u00e4lligen Anordnung der Silbenreihen, einmal am Anfang, einmal am Ende, einmal in der Mitte zu lernen anfing. Beim rhythmischen Lesen jedoch kamen mir die letzten Silben wie eine Art Refrain vor, der verh\u00e4ltnissm\u00e4\u00dfig leicht im Ged\u00e4chtniss blieb. A. He.\nVIH. Was war der Einfluss der Bewegung des Cylinders beim Lesen ?\n1. Der sich drehende Cylinder \u00fcbte eine ahlenkende Wirkung auf mich aus, die sich besonders bemerkbar machte beim Lesen der letzten Aufgabe und meine Aufmerksamkeit theilte.","page":262},{"file":"p0263.txt","language":"de","ocr_de":"Rhythmus und Arbeit.\n263\nIch bemerkte die Zahl der Drehungen. Der Rhythmus machte es m\u00f6glich, dass ich sogar vor dem gegebenen Termin die Reihe f\u00fcr mich hersagen konnte. A. Eb.\n2.\tDie Bewegung des Cylinders hat mich stets beunruhigt und deshalb gest\u00f6rt, weil ich f\u00fcrchtete, die Silben k\u00f6nnten mir entgehen. H. Re.\n3.\tAnfangs war die Bewegung des Cylinders erm\u00fcdend und unangenehm. Sp\u00e4ter, durch die Anpassung, ist sie ganz ohne Einfluss gewesen. N. Ste.\n4.\tDie Bewegung der Trommel erzeugte stets eine unangenehme Bewegungst\u00e4uschung, indem der Ausschnitt im Schirm nach unten zu sinken schien, w\u00e4hrend die Trommel sich scheinbar mit verminderter Geschwindigkeit nach oben drehte. Behielt ich die Augen offen, wenn der Cylinder hielt, so steigerte sich diese Scheinhewegung des Diaphragmas lebhaft, und es stellte sich heftiger Gesichtsschwindel ein. M.\nZusammenfassung der Resultate der Ged\u00e4chtnissversuche.\nAls Zusammenfassung der Resultate der Ged\u00e4chtnissversuche in ihrer Beziehung zum Rhythmus bleibt zu berichten, dass beim Lesen und Lernen der articulirbaren Elemente (Buchstaben und sinnlose Silben) der Rhythmus fast nie vermieden worden ist, au\u00dfer im Falle von Herrn Bon. w\u00e4hrend der ersten vier Tage seiner Versuchsreihe, und vielleicht im Falle von Herrn Ste. w\u00e4hrend der letzten vier Tage seines Versuchs. In den beiden F\u00e4llen wurde die Unregelm\u00e4\u00dfigkeit des Erscheinens der Silben absichtlich eingerichtet, um die Empfindung des Rhythmus zu verhindern. Dieses Hinder-niss hat der Herr Bon. \u00fcberwunden, obgleich die Unregelm\u00e4\u00dfigkeiten blieben, und er hat endlich nicht nur rhythmisch, sondern mit muem bestimmten Versma\u00df gelesen.\nW\u00e4hrend der Zeit, wo scheinbar kein Rhythmus entstand, haben beide Versuchspersonen, um zu lernen, die Silben nach der Zeit ihres Erscheinens gruppirt. Dieses Zeitelement, in Zusammenhang mit der Bewegung des Sprachorgans, ergab die Basis zur Wahrnehmung eines Rhythmus. Der endliche Erfolg von Herrn Bon.\u2019s rhythmischem Lesen liefert Grund f\u00fcr die Vermuthung, dass die Unregelm\u00e4\u00dfigkeiten\nWundt, Philos. Studien. XVI.\t1 o","page":263},{"file":"p0264.txt","language":"de","ocr_de":"264\nMargaret Keiver Smith.\nnicht gen\u00fcgend waren, um die Perception des Rhythmus unm\u00f6glich zu machen, ebenso eine Best\u00e4tigung der vorhergewonnenen und vorhererw\u00e4hnten Ueberzeugung, dass weder die absolute Gleichheit der wiederholten Bewegungen noch der Zeitintervalle, die zwischen diesen Bewegungen Hegen, zum Empfinden des Rhythmus absolut nothwendig ist.\n2.\tBei allen Versuchen haben die Versuchspersonen eine Tendenz gezeigt, von dem einfachen Rhythmus zu einer Art von Versma\u00df \u00fcberzugehen und dabei zu bleiben. Das Versma\u00df war f\u00fcr alle zum Auswendiglernen g\u00fcnstiger als der einfache Rhythmus, gerade weil es die Gruppirung erlaubt, und so die Anzahl der Einzelglieder verminderte. Der Accent des Versma\u00dfes lieferte einen neuen Impuls zur Erneuerung der Aufmerksamkeit.\n3.\tDasselbe Versma\u00df war nicht f\u00fcr alle Versuchspersonen gleich g\u00fcnstig. Am g\u00fcnstigsten z. B. war der Troch\u00e4us f\u00fcr die 3 Theil-nehmer Eb., Wi., Re.; der Jambus f\u00fcr He., Ma. und Bon. Bei Herrn Mar. und Herrn Ste. schienen die dreif\u00fc\u00dfigen Versma\u00dfe angenehmer als die anderen zu wirken. Bei Herrn Mar. waren die Resultate mit Anap\u00e4st am besten, obgleich er sagte, dass der Daktylus ihm am nat\u00fcrhchsten erschien. Im Ganzen aber hat er keinen bestimmten Vorzug f\u00fcr irgend ein Versma\u00df gezeigt. Seine Tendenz, immer in drei zu theilen, hat dem dreif\u00fc\u00dfigen Versma\u00df den Vorzug gegeben.\nBei Herrn Ste. sind die Resultate mit dem Daktylus im Ganzen besser als mit den anderen Rhythmen, obgleich er behauptete, den Vorzug dem Anap\u00e4st geben zu m\u00fcssen.\n4.\tBei allen Versuchspersonen hat der Rhythmus einen starken motorischen Charakter gezeigt.\nHerr Mar. hat nicht gelesen, sondern immer zugeh\u00f6rt, doch berichtet er, dass er immer still nachgesprochen, oder wenigstens die Kehlkopfinnervationen ausge\u00fcbt habe. Herr Ma. hatte die Tendenz, im Takt mit der Hand auf den Tisch zu schlagen.\nHerr Re. bewegte oft die rechte Hand oder den rechten Eu\u00df im Takt zum Aussprechen.\nHerr Ste. that dasselbe, besonders wenn die Reihe schwer war. Mehrere Theilnehmer bewegten rhythmisch den Oberk\u00f6rper oder den Kopf, die Finger, die rechte Hand.","page":264},{"file":"p0265.txt","language":"de","ocr_de":"Rhythmus und Arbeit.\n265\nVon den Herren hat Herr Wi. die Tendenz, den K\u00f6rper im Takt mit dem Sprechen zu bewegen, am wenigsten gezeigt, doch hat er oft mit dem Kopf im Takt genickt. Eine Dame hat die Finger bewegt; eine andere den Accent mit der rechten Schulter markirt.\nBei der Beproduction durch das Trefferverfahren hatten alle Versuchspersonen, die vom Cylinder lasen, die Tendenz, die Silbe, welche ihnen gezeigt wurde, erst auszusprechen, ehe sie die n\u00e4chste reproducirten. Bei den Buchstaben war dieses besonders zu bemerken.\n5.\tMit einer Ausnahme hat der Bhythmus hei allen Versuchspersonen w\u00e4hrend des Lesens angenehmes Gef\u00fchl erregt.\n6.\tIn den meisten F\u00e4llen schien der Bhythmus beim Lesen eine St\u00fctze der Aufmerksamkeit zu sein. In zwei F\u00e4llen traten alle Zeichen einer leichten Hypnose ein. In einigen F\u00e4llen hat dieser Zustand eine kurze Zeit nach der Uebung angehalten. Die Willens-th\u00e4tigkeit schien herabgesetzt, w\u00e4hrend sonst der Bhythmus erregend auf das Wollen wirkte. Bei einer Person war diese Erscheinung besonders bemerkbar.\n7.\tWegen der Tendenz zu Associationen war die reine Wirkung des Bhythmus auf das Ged\u00e4chtniss bei diesen Versuchen nicht zu sehen.\n8.\tDie verschiedenen Meinungen der Versuchspersonen \u00fcber den speciellen Dienst des Bhythmus lauten:\na)\tDer Bhythmus ist ein Mittel zur Vereinigung der einzelnen Oomponenten, also zur Verminderung der Zahl der Einheiten. Er erleichtert dadurch die Auffassung der ganzen Beihe.\nb)\tEr unterst\u00fctzt die Aufmerksamkeit, indem er ihr durch den Takt immer einen neuen Impuls gibt.\nc)\tDie Wirkung des Bhythmus auf das Gef\u00fchl ist f\u00fcr das Lernen g\u00fcnstig', indem er eine Bereitschaft f\u00fcr das Kommende bewirkt.\nAnhang.\nNachdem der Versuchsleiter \u00fcberzeugt war, dass beim Lesen und Lernen von articulirbaren Elementen der Bhythmus nicht zu vermeiden sei, richtete Professor Meumann eine Beihe von Versuchen ein, deren Zweck war, zu finden, ob unter denselben Um-\n18*","page":265},{"file":"p0266.txt","language":"de","ocr_de":"266\nMargaret Keiver Smith.\nst\u00e4nden wie beim Lernen der sinnlosen Silben das Auswendiglernen allein visuell m\u00f6glich w\u00e4re, und ob bei diesem Lernen der Rhythmus eine Rolle spiele.\nBei dieser Untersuchung bestand der Stoff aus einfachen Figuren, deren Elemente gerade und geschwungene Linien in mehrfacher Combination waren. Bekannte geometrische Figuren wurden vermieden, um Associationen auszuschlie\u00dfen, aber zum Vergleich auch Reihen aus lauter geometrischen Figuren hergestellt.\nJede Figur war ungef\u00e4hr zwei Centimeter hoch und zwei Centimeter breit. Zw\u00f6lf von diesen Figuren wurden in einer Reihe auf einen Streifen Papier gezeichnet. Wie bei den sinnlosen Silben wurde der Streifen auf die Kymographiontrommel geklebt; es konnte immer nur eine Figur von der Versuchsperson gesehen werden. S\u00e4mmt-liche Figuren waren nach dem gleichen Principe construirt, indem in je einer Reihe stets nur zwei lineare Elemente in mannigfaltiger Abwechselung verwendet wurden. So bestand z. B. eine Reihe nur aus einem verticalen 2 cm langen Strich mit kurzen Winkelhaken, die rechts oder links oben, in der Mitte oder unten angesetzt wurden:\nDer best\u00e4ndige Wechsel der\nH\u00e4kchen in der Lage, Richtung und der rechten und linken Seite machte eine Wortbezeichnung w\u00e4hrend des Lernens unm\u00f6glich. Die Versuchspersonen waren zu rein visuellem Lernen gezwungen.\nEine Rotation des Cylinders vollzog sich in zehn Secunden, und da die Figuren ungef\u00e4hr 2 Centimeter von einander standen, wurde jede Figur w\u00e4hrend einer Rotation ungef\u00e4hr 2/5 Secunde lang gesehen. Die Figuren wechselten unregelm\u00e4\u00dfig.\nDie erste Versuchsperson f\u00fcr diese Reihe war Professor M. Die Versuche fanden jeden Abend um halb sieben statt. Die Reproduction bestand in dem Zeichnen entweder der ganzen Reihe der reproducirten Figuren, oder es wurde wie bei dem Trefferverfahren eine Figur gezeigt, und die Versuchsperson hatte die ihr n\u00e4chstfolgende zu zeichnen. Beim Lernen der Figuren sowohl als bei der Reproduction und beim Zeichnen derselben wurde kein Wort gesprochen.\nDas Schema des Verfahrens war im wesentlichen dasselbe wie bei den sinnlosen Silben. Daf\u00fcr ein Beispiel.","page":266},{"file":"p0267.txt","language":"de","ocr_de":"Rhythmus und Arbeit.\n267\nI.\tTag.\n1.\tRi von heute, 30 Wiederholungen.\nSofort, Reproduction der ganzen Reihe.\n2 Min. Pause.\n2.\tR2 von heute, 30 Wiederholungen.\nSofort, Pr\u00fcfung heim Trefferverfahren.\nH. Tag.\n1.\tR2 von gestern, 20 nothwendige Wiederholungen zum Auswendiglernen.\nSofort, Reproduction der ganzen Reihe.\n2 Min. Pause.\n2.\tRt von gestern, 20 Wiederholungen.\nSofort, Pr\u00fcfung (Treffer).\n2 Min. Pause.\n3.\tR[ von heute, 30 Wiederholungen.\nSofort, Reproduction der ganzen Reihe.\n2 Min. Pause.\n4.\tR2 von heute, 30 Wiederholungen.\nSofort, Pr\u00fcfung (Treffer).\nITT. Tag.\n1.\tR2 von gestern, N. W.4)\nSofort, Reproduction der ganzen Reihe.\n2 Min. Pause.\n2.\tRj von gestern, 20 Wiederholungen.\nSofort, Pr\u00fcfung (Treffer).\n2 Min. Pause.\n3.\tR, von heute, 30 Wiederholungen.\nSofort, Pr\u00fcfung (Treffer).\n2 Min. Pause.\n4.\tR-2 von heute, 30 Wiederholungen.\nSofort, Reproduction der ganzen Reihe.\nDie Wiederholungen zur Vorbereitung wurden in drei Gruppen (10 Wiederholungen in einer Gruppe) getheilt. Die Versuchsperson versuchte energisch Associationen irgend einer Art zu vermeiden. Die Resultate von 9 Tagen sind auf der folgenden Tafel zu sehen.\n1) N. W. bezeichnet hier und im Folgenden das Verfahren, die Versuchsperson so lange wiederholen zu lassen, bis sie das Bewusstsein des Auswendigk\u00f6nnens hat.","page":267},{"file":"p0268.txt","language":"de","ocr_de":"268\nMargaret Keiver Smith.\nResultate der visuellen G-ed\u00e4chtnissversuche. Versuchsperson: Herr Prof. M.\nTage\t1899\tReihen\tWiederholungen\t\t\tPause\tReproductionen\t\t\t\n\t\t\tZur Vorbe- reitung\tZum Auswendiglernen\tBe- stimmte\t\tZeichnen der ganzen Reihe\t\tTreffer\t\n\tJuni\t\t\t\t\t\t\t\t\t\n1\t15\tRt\t30\t\u2014\t\u2014\tSofort\t\t4\t\t\n1\t15\tRs\t30\t\u2014\t\u2014\t\u00bb\t\t\t0\t\n2\t16\tR3 (15)\t\u2014\t40\t\u2014\t\u00bb\t\t4\t\t\n2\t16\tR| (15)\t\u2014\t\u2014\t20\t\u00bb\t\t\t\t\n2\t16\tRi\t30\t\u2014\t\u2014\tT>\t\t\t\t\n2\t16\t\u25a0R>2\t30\t\u2014\t\u2014\t\u00bb\t\t6\t\t\n3\t17\tR2 (16)\t\u2014\t40\t\u2014\t\u00bb\t\t6\t\t\n3\t17\tRi (16)\t\u2014\t\u2014\t20\t\u00bb\t\t\t\t\n3\t17\tRi\t30\t\u2014\t\u2014\t\u00bb\t\t\t1\t\n3\t17\tR2\t30\t\u2014\t\u2014\t\u00bb\t\t7\t\t\n4\t18\tR2 (17)\t\u2014\t\u2014\t20\t\u00bb\t\t\t\t1\n4\t18\tRi (17)\t\u2014\t40\t\u2014\t\t\t5\t\t\n4\t18\tRi\t30\t\u2014\t\u2014\t\u00bb\t\t6\t\t\n4\t18\tR2\t30\t\u2014\t\u2014\t\u00bb\t\t\t\t1\n5\t19\tR-2 (18)\t\u2014\t40\t\u2014\t\u00bb\t12\t\t\t\n5\t19\tR, (18)\t\u2014\t\u2014\t20\t\u00bb\t\t\t0\t\n5\t19\tRi\t30\t\u2014\t\u2014\t\u00bb\t\t\t4,5\t\n5\t19\tR2\t30\t\u2014\t\u2014\t\u00bb\t\t9\t\t\n6\t20\tRa (19)\t\u2014\t\u2014\t20\t\u00bb\t\t\t\t5\n6\t20\tRi (19)\t\u2014\t20\t\u2014\t\u00bb\t12\t\t\t\n6\t20\tRi\t30\t\u2014\t\u2014\t\u00bb\t10\t\t\t\n6\t20\tr2\t30\t\u2014\t\u2014\t\u00bb\t\t\t2,5\t\n7\t21\tR2 (19)\t\u2014\t30\t\u2014\t\u00bb\t\t6\t\t\n7\t21\tRi (19)\t\u2014\t\u2014\t20\t\u00bb\t\t\t4,5\t\n7\t21\tRi\t30\t\u2014\t\u2014\t\u00bb\t\t\t\t5\n7\t21\tR2\t30\t\u2014\t\u2014\t\u00bb\t\t9\t\t-\n8\t22\tR2 (20)\t\u2014\t\u2014\t10\t\u00bb\t\t\t6\t\n8\t22\tRi (20)\t\u2014\t20\t\u2014\t\u00bb\t\t7\t\t\n8\t22\tRi\t30\t\u2014\t\u2014\t\u00bb\t12\t\t\t\n8\t22\tR2\t30\t\u2014\t\u2014\t\u00bb\t\t\t3,5\t\n\t\t\t480\t230\t130\t\tN. Vor.\tN.24St.\tN. Vor.\tN.24St.\n\t\t\t\t\t\t\t63\t62\t21,5\t28,5","page":268},{"file":"p0269.txt","language":"de","ocr_de":"269\nRhythmus und Arbeit.\nResultate der visuellen Ged\u00e4chtnissversuche. Versuchsperson: Herr Prof. M.\n\t\tReihen\t\"Wiederholungen\t\t\tPause\tReproductionen\t\t\t\nTage\t1899\t\tZur Vorbe- reitung\tZum Auswendiglernen\tVomLei-ter bestimmte\t\tZeichnen der ganzen Reihe\t\tTreffer\t\n\tJuni\t\t\t\t\t\t\t\t\t\n9\t23\tR2 (22)\t\u2014\t10\t\u2014\tSofort\t11\t\t\t\n9\t23\tRl (22)\t\u2014\t\u2014\t15\t\u00bb\t\t\t\t5\n9\t23\tRt\t30\t\u2014\t\u2014\t>\t\t\t\tS\n9\t23\tJR>2\t30\t\u2014\t\u2014\t\u00bb\t12\t\t\t\n10\t24\tR2 (23)\t\u2014\t\u2014\t10\t\u00bb\t\t\t\t6\n10\t24\tR, (23)\t\u2014\t10\t\u2014\t\u00bb\t12\t\t\t\n\t\t\t\t\t\t\tN.Vor.\tN. 24 St.\tN.Vor.\tN.24St.\n\t\t\t60\t20\t25\t\t12\t23\t6\t11\n\u201cV\tron Seite 137 =\t\t480\t230\t130\t\t63\t62\t21,5\t28,5\n\t\t\t540\t250\t155\t\t75\t85\t27,5\t39,5\nDurchschnittliche Resultate f\u00fcr jede Reihe.\n\tReproductionen\t\tWieder-\tWieder- holungen, bestimmte, nach 24 Stunden\tReproductionen\t\n\"Wiederholungen zur Vorbereitung\tder ganzen Reihe direct nach der Vorbereitung\tTreffer direct nach der Vorbereitung\tholungen zum Auswendiglernen nach 24 Stunden\t\tZeichnen der ganzen Reihe nach 24 Stunden\tTreffer nach 24 Stunden\n30\t8,33\t3,05\t27,77 \u00ff\t17,22\t9,44\t4,38\nDie Zahl der Wiederholungen zur Vorbereitung f\u00fcr jede Reihe war 30. Die Reproduction direct nach der Vorbereitung war f\u00fcr jede Reihe im Durchschnitt zu 8,33 richtige Figuren.\nDie Treffer direct nach der Vorbereitung waren f\u00fcr jede Reihe 3,05.\nDie Wiederholungen zum Auswendiglernen nach 24 Stunden betragen im Durchschnitt f\u00fcr jede Reihe 27,77.\nDie bestimmten Wiederholungen nach 24 Stunden waren im Durchschnitt f\u00fcr jede Reihe 17,22.","page":269},{"file":"p0270.txt","language":"de","ocr_de":"270\nMargaret Keiver Smith.\nDie Reproduction direct nach dem Auswendiglernen gab f\u00fcr jede Reihe 9,44 richtige Figuren.\nDie Treffer f\u00fcr jede Reihe direct nach den bestimmten \"Wiederholungen waren 4,38.\nNach 9 Tagen wurde die Versuchsreihe geschlossen. Schon w\u00e4hrend dieser kurzen Zeit war der Einfluss der Uebung unverkennbar, so dass es m\u00f6glich war, die Zahl der bestimmten Wiederholungen zu vermindern. Die Resultate zeigten, dass diese Aenderung keinen ung\u00fcnstigen Einfluss gehabt hatte.\nDie Versuchsperson berichtete, dass, obgleich der Stoff zum Sehen allein eingerichtet war, sie am Anfang das Sprechen kaum habe unterdr\u00fccken k\u00f6nnen.\nDie Natur der Figuren selber verhinderte das Benennen derselben. Die Versuchsperson war aber geneigt, die verschiedene Lage der Elemente der Figuren in Worten auszudr\u00fccken, z. B. \u00bbnach oben\u00ab, \u00bbnach unten rechts\u00ab, \u00bbMitte nach unten links\u00ab u. s. w., doch waren diese Bezeichnungen so complicirt, dass sie mehr st\u00f6rend als unterst\u00fctzend wirkten. Am 4. Tage berichtete sie, dass diese Bezeichnung der Figurentheile durch Worte unterdr\u00fcckt wurde.\nAn diesem Tage hat sie unzweifelhaft eine rein visuell-associative Aneinanderreihung der Figuren bemerkt. Am f\u00fcnften Tage geschah dasselbe, und von da datirte eine Erleichterung des Lernens.\nDurchg\u00e4ngig hat die Versuchsperson nach ihrer Aussage ohne jeden Rhythmus gelernt. In vieler Hinsicht war dieses visuelle Lernen dem Lernen der sinnlosen Silben \u00e4hnlich. So wurden die zwei ersten und die zwei letzten Glieder der Reihe zuerst behalten, und zwar mit weniger Wiederholungen (2\u20144) als andere. Die sp\u00e4teren Wiederholungen und bei weitem die gr\u00f6\u00dfte Zahl davon waren f\u00fcr die Mitte der Reihe nothwendig. Es geschah oft, dass nach einer bestimmten Zahl von Wiederholungen die meisten der Glieder besser reproducirt wurden als nach einer gr\u00f6\u00dferen. Das trat jedenfalls deshalb ein, weil nach einer bestimmten Zeit die Aufmerksamkeit nachlie\u00df. Es wurden daher bessere Resultate erzielt, wenn die Reproduction nach einer gewissen, vom Leiter festgesetzten Zahl von Wiederholungen erfolgte, als wenn die Versuchsperson so lange wiederholte, bis sie v\u00f6llig sicher zu sein glaubte. Die Versuchsperson selbst gab folgende Beobachtungen zu Protokoll:","page":270},{"file":"p0271.txt","language":"de","ocr_de":"Rhythmus und Arbeit.\n271\nBeobachtungen bei den visuellen Ged\u00e4chtnissversuchen.\nVersuchsperson M. machte folgende Selhstbeobachtungen.\nA. Beobachtungen \u00fcber die Association (das Lernen). Das Lernen war von Anfang bis zu Ende ganz unrhythmisch. Es kam vor, dass Gruppen gebildet wurden zwischen je zwei, drei oder vier Figuren, diese waren dann aber stets durch anderweitige associative H\u00fclfen\nbedingt und hatten nichts mit Rhythmus zu thun; z. B.:\nj die beiden\nZeichen schlossen sich zu einer Gruppe zusammen, weil sie sich geometrisch erg\u00e4nzten. (Vgl. unten die Bemerkungen \u00fcber associative H\u00fclfen.) Auch die Gleichheit der Zeiten, in denen die Figuren auftauchen, bringt keinen rhythmischen Eindruck hervor. F\u00fcr den Lernenden sind die Zeiten nicht gleich, denn je nach der Com-plicirtheit oder Einfachheit der Figuren verweilt die Aufmerksamkeit bei den einzelnen Figuren sehr verschieden lange.\nVerhalten der Aufmerksamkeit heim Lernen. Die Aufmerksamkeit ist sehr ungleich th\u00e4tig. Anfangs besteht gew\u00f6hnlich ein Ueberma\u00df von Spannung, es wird in Folge dessen schlecht gelernt. Die verf\u00fcgbare Energie wird ganz zur Perception der einzelnen Figuren (ihrem geometrischen Verst\u00e4ndniss) verbraucht. Dann folgt eine beste Periode; das Lernen geht rasch von statten, die Reihe wird oft besser gewusst als sp\u00e4ter. Dann folgt ein Nachlassen, das stets dadurch eingeleitet wird, dass man sich ausschlie\u00dflich mit den unsicheren Stellen der Reihe besch\u00e4ftigt, wobei man den \u00fcbrigen Theil der Reihe wieder vergisst. Darauf wird der vorher schon besser gelernte Teil der Reihe wieder aufgenommen und mit den unsicheren Stellen wieder erlernt, bis die Reihe ganz bekannt ist.\nGang des Lernens.\nDas \u00bb Auswendig-Wissen \u00ab (die Association) der einzelnen Figuren f\u00e4ngt stets an einer oder zwei beschr\u00e4nkten Gruppen an, die besonders leicht geometrisch zusammenzufassen sind. Es schreitet von hier aus nach vorw\u00e4rts oder r\u00fcckw\u00e4rts weiter. Meist bilden sich sofort mehrere solcher Krystallisationspunkte, zwischen denen dann \u00bbBr\u00fccken\u00ab gebildet werden.\nMeistens sind Anfang und Ende der Reihe zuerst bekannt, die Mitte wird zuletzt erlernt. Die Ursache daf\u00fcr liegt darin, dass","page":271},{"file":"p0272.txt","language":"de","ocr_de":"272\nMargaret Keiver Smith.\nman w\u00e4hrend des Auftauchens der folgenden Figuren noch mit den vorigen besch\u00e4ftigt ist; daher widmet man anfangs immer der folgenden Figur jedesmal etwas weniger Zeit und Aufmerksamkeit. Die Lernzeiten schieben sich \u00fcber die Perceptionszeiten. In der Mitte der Reihe angekommen, hat man dann (anfangs) den Faden v\u00f6llig verloren, man setzt mit dem Lernen ganz ab und beginnt gegen Ende wieder von neuem. Daher wird nun das Ende wieder schneller bekannt als die Mitte.\nArt der Association. Es ist f\u00fcr mich nothwendig, heim Lernen zu wissen, ob die Contr\u00f4le des Experimentators nach der Treffermethode ausgef\u00fchrt wird, oder mittelst der Gesammtreproduction. Darnach wird die Bildung der Association eine ganz verschiedene. Wenn mir die Treffermethode vorschweht, bilde ich Gruppen zu 2 Figuren, ab bc cd u. s. w.\nIm andern Falle wird die ganze Reihe zu einem Vorstellungs-Ganzen zusammengeschlossen.\nDie Tendenz der Association ist im allgemeinen die: dass mittelst des geometrischen Verst\u00e4ndnisses der Figuren ein (logischer und) sachlicher, d. h. geometrischer Zusammenhang zwischen ihnen geschaffen wird, in diesen werden die einzelnen Figuren eingereiht. Z. B. : die ganze Reihe 1 !\" u. s. w. wird in Zusammenhang gebracht durch den Gedanken: \u00bbWelche Variationen sind vorhanden in dem Zusammenschluss eines H\u00e4kchens und eines senkrechten Striches?\u00ab\nSo oft dieser Zusammenhang nicht gewonnen werden kann, treten secund\u00e4re associative H\u00fclfen auf.\nDiese spielen eine gro\u00dfe Rolle. Ich kann folgende aufz\u00e4hlen:\n1.\tBenennen der Figuren mit ihren Hamen.\n2.\tBenennen einzelner Theile der Figuren und ihrer Lage (\u00bbNotenkopf oben rechts\u00ab u. s. w.).\n1 und 2 wurden allm\u00e4hlich ganz unterdr\u00fcckt.\n3.\tGruppenhildungen nach geometrischen Zusammenh\u00e4ngen.\nN\u00bb\nZ. B. j _V_ \"p wird zu \"j\" u. s. w. Diese \u00bbH\u00fclfe\u00ab blieb\nbis zum Schluss bestehen und bildete das Hauptmittel des Lernens. Stets herrscht dabei die Tendenz, symmetrische\n's\nErg\u00e4nzungen in den Figuren zu finden: j .","page":272},{"file":"p0273.txt","language":"de","ocr_de":"Rhythmus und Arbeit.\t273\n4.\tNachzeichnen der Figuren durch kurze, ruckweise in Gedanken ausgef\u00fchrte Bewegungen.\n5.\tAugenbewegungen, die ruckweise dem Wechsel mancher Linien folgen, und diesen dadurch einpr\u00e4gen.\n6.\tKopfnicken, Kehlkopfinnervationen u. s. w.\nApperceptiver Charakter des Lernens. Sobald man einige Gruppen\ngebildet hat, eilt das Reproduciren dem Wieder-\u00bbLesen\u00ab der Figuren voraus. Man pr\u00fcft dann, ob die schon gebildete Association sich auch wirklich an den Figuren best\u00e4tigt. Man verwandelt dadurch das successive Lernen in ein simultanes.\nB. Art der Reproduction. Die Reproduction beth\u00e4tigt sich \u2014 versuchsweise \u2014 immer schon w\u00e4hrend des Lernens. Die endg\u00fcltige Reproduction ist nur eine letzte Beth\u00e4tigung dieser ersteren, welche man best\u00e4ndig aus\u00fcbt.\nMan unterscheidet deutlich ein \u00bbunmittelbares Behalten\u00ab von dem dauernden Behalten. Unmittelbar nach Beendigung des Lernens kann man bisweilen die Reihe sofort zeichnen, mit dem Bewusstsein, sie so schnell als m\u00f6glich reproduciren zu m\u00fcssen, wenn nicht Fehler eintreten sollen. Je \u00f6fter die Reihe wiederholt wurde, desto weniger tritt diese Erscheinung auf.\nDieselbe Reihe von Versuchen wurde mit Herrn Ste. als Versuchsperson gemacht. Die Umst\u00e4nde der Versuche waren m\u00f6glichst mit den vorhergehenden bei Prof. M. identisch. Die Zeit der Uebung war dieselbe. Ein Unterschied in der geistigen Verfassung der Versuchspersonen war der, dass Prof. M. vor seiner Uebung Vorlesung hielt, w\u00e4hrend Herr Ste. vor seiner Uebung dieser Vorlesung zuh\u00f6rte.\nAm Anfang wurde dieselbe Zahl von Wiederholungen zur Vorbereitung (30 Wiederholungen) gebraucht. Es wurde aber gefunden, dass 20 Wiederholungen f\u00fcr diesen Zweck gen\u00fcgend waren. Mit der Zeit wurden daher die nothwendigen Wiederholungen wegen des Einflusses der Uebung vermindert, w\u00e4hrend die bestimmten Wiederholungen vielmehr den Charakter von nothwendigen Wiederholungen Annahmen. Der Grund daf\u00fcr war, dass die Versuchsperson nach einer Zahl von Wiederholungen immer die Ueberzeugung hatte, die Reihe zu beherrschen, und dass nach dieser Ueberzeugung weitere Wiederholungen keine H\u00fclfe leisteten.","page":273},{"file":"p0274.txt","language":"de","ocr_de":"274\nMargaret Keiver Smith.\nDie Zahl von Wiederholungen, die diese Ueberzeugung lieferte, war nicht constant, doch war sie immer geringer als die bestimmte Zahl. Aus diesem Grunde sind alle Wiederholungen unter die Rubrik von N. W. gestellt worden.\nBeim Aufh\u00f6ren der Bewegung des Cylinders wurde die Versuchsperson immer etwas gest\u00f6rt, und nicht selten sind einige Glieder der Reihe dabei verschwunden, obgleich die Versuchsperson im Augenblicke vorher dieselbe vollkommen sicher wusste. Diese Eigenth\u00fcm-lichkeit war auch hei ihrem Lernen der sinnlosen Silben immer zu bemerken.\nDie Resultate der t\u00e4glichen Hebung sowohl als die durchschnittlichen Resultate f\u00fcr jede Reihe w\u00e4hrend 9 Tage sind auf der folgenden Tafel zu sehen.\nResultate der visuellen Ged\u00e4chtnissversuche.\nVersuchsperson: Herr Ste.\nTage\t1899\tReihen\tWiederholungen\t\tPause\tReproductionen\t\t\n\t\t\tZur Vorbereitung\tZum Auswendiglernen\t\tZeichnen der ganzen Reihe\tTreffer\t\n\tJuni\t\t\t\t\t\t\t\n1\t26\tRi\t30\t\u2014\tSofort\t\u2014\t2\t\n1\t26\tR-2\t30\t\u2014\t\u00bb\t8\t\t\n2\t27\tr2\t\u2014\t13\t\u00bb\t\u2014\t4\t\n2\t27\tRi\t\u2014\t10\t\u00bb\t10,5\t\t\n2\t27\tR,\t30\t\u2014\t\u00bb\t11\t\t\n2\t27\t\t30\t\u2014\t\u00bb\t\u2014\t\t\n3\t28\tB-2\t\u2014\t20\t\u00bb\t7\t\t\n3\t28\tRi\t\u2014\t10\t\u00bb\t\u2014\t6\t\n3\t28\tBi\t20\t\u2014\t\u00bb\t\u2014\t1\t\n3\t28\tR-2\t20\t\u2014\t\u00bb\t6\t\t\n4\t29\tR2\t\u2014\t9\t\u00bb\t\u2014\t\t1\n4\t29\tRi\t\u2014\t12\t\u00bb\t5\t\t\n4\t29\tRi\t20\t\u2014\t\u00bb\t6\t\t\n4\t29\tr2\t20\t\u2014\t*\t\u2014\t4,5\t\n\t\t\t200\t74\t\u00bb\t53,5\t2i, 5\t\n\t\t\t\t\t\tN.Vor.|N.24St.\tN.Vor.\tN.24S*.\n\t\t\t\t\t\t31\t22,5\t85\t13","page":274},{"file":"p0275.txt","language":"de","ocr_de":"Rhythmus und Arbeit.\n275\nResultate der visuellen Ged\u00e4chtnissversuche. Versuchsperson: Herr Ste.\n<v 'a\u00df cS H\t1899\tReihen\tWiederholungen\t\tPause\tReproduetionen\t\t\t\n\t\t\tZur Vorbereitung\tZum Auswendiglernen\t\tZeichnen der ganzen Reihe\t\tTreffer\t\n\tJuni\t\t\t\t\t\t\t\t\n5\t30\tR.\t\u2014\t5\tSofort\t11,5\t\t\t\n5\t30\tR,\t\u2014\t4\t\u00bb\t\t\t\t4,5\n5\t30\tRi\t20\t\u2014\t\u00bb\t\t\t\t5,5\n5\t30\tr2\t20\t\u2014\t\u00bb\t\t7,5\t\t\n\tJuli\t\t\t\t\t\t\t\t\n6\t1\tRe\t\u2014\t11\t\u00bb\t\t\t\t5\n6\t1\tR,\t\u2014\t9\t\u00bb\t12\t\t\t\n6\t1\tR,\t20\t\u2014\t\u00bb\t12\t\t\t\n6\t1\t-R\"2\t20\t\u2014\t\u00bb\t\t\t\t1\ni\t2\tRe\t\u2014\t30\t\u00bb\t11\t\t\t\n7\t2\tR,\t\u2014\t5\t\u00bb\t\t\t\t6\n7\t2\tRi\t20\t\u2014\t\u00bb\t\t\t\t6\n7\t2\tr2\t20\t\u2014\t\u00bb\t10\t\t\t\n8\t3\tR2\t\u2014\t0\t\u00bb\t\t\t\t6\n8\t3\tRi\t\u2014\t5\t\u00bb\t12\t\t\t\n8\t3\tR,\t20\t\u2014\t\u00bb\t12\t\t\t\n8\t3\tr2\t20\t\u2014\t\u00bb\t\t\t\t5\n9\t4\tR2\t\u2014\t6\t\u00bb\t\t9\t\t\n9\t4\tRi\t\u2014\t5\t\u00bb\t\t\t\t5\n9\t4\tR,\t20\t\u2014\t\u00bb\t\t\t\t5\n9\t4\tR-2\t20\t\u2014\t-\t10\t\t\t\n10\t5\tH-2\t\u2014\t8\t\u00bb\t\t\t\t6\n10\t5\tR,\t\u2014\t9\t\u00bb \u25a0\t12\t\t\t\n\t\t\t200\t97\t\u00bb\t119\t\t55\t\nVon Seite\t\t143 =\t200\t74\t\u00bb\t53,5\t\t21,5\t\n\t\t\t400\t171\t\u00bb\t172,5\t\t76,5\t\n\t\t\t\t\t\tN. Vor.\tN.24St.\tN.Vor.\tN.24St.\n\t\t\t\t\t\t82,5\t90\t31\t45,5\nIm Durchschnitt waren zur Vorbereitung f\u00fcr jede Reihe n\u00f6thig\n22,22 W.","page":275},{"file":"p0276.txt","language":"de","ocr_de":"276\tMargaret Keiver Smith.\nDurchschnittliche Resultate f\u00fcr jede Reihe.\nWiederholungen zur Vorbereitung\tReproductionen direct nach Vorbereitung\t\tWiederholungen zum Auswendiglernen\tReproductionen direct nach Auswendiglernen\t\n\tZeichnen der ganzen Reihe\tTreffer\t\tZeichnen der ganzen Reihe\tTreffer\n22,22\t9,16\t3,44\t9,5\t10\t5,05\nDie Reproduction direct nach der Vorbereitung ergab f\u00fcr jede Reihe 9,16 richtige Figuren. Die Zahl der Treffer direct nach der Reproduction war f\u00fcr jede Reihe 3,44. Die durchschnittliche Zahl der Wiederholungen, die zum Auswendiglernen nach 24 Stunden nothwendig waren, war 9,5. Die Reproduction der ganzen Reihe direct nach dem Auswendiglernen ergab im Durchschnitt f\u00fcr jede Reihe 10 richtige Figuren, das Trefferverfahren dagegen f\u00fcr jede Reihe direct nach dem Auswendiglernen 5,05.\nIn Bezug auf das Sprechen w\u00e4hrend der Wiederholungen hat die Versuchsperson berichtet, dass sie die Figuren nicht benannt, auch keine \u00f6rtliche Bestimmung der Elemente vorgenommen habe. Beim Ansehen aber sei sie immer geneigt gewesen, die Figuren der Reihe wiederholt zu z\u00e4hlen, z. B. \u00bbeins zwei\u00ab, \u00bbdrei vier\u00ab, \u00bbeins zwei\u00ab, \u00bbdrei vier\u00ab. Diese Tendenz habe sie aber soweit wie m\u00f6glich unterdr\u00fcckt.\nNicht eliminirt aber wurde von Herrn Ste. eine eigent\u00fcmliche einfache Kehlkopf innervation ungef\u00e4hr in Form eines \u00bbhm\u00ab, die sich einstellte, sobald eine Figur in der Oeffnung erschien. Dadurch wurde sie etwas markirt und isolirt.\nWegen dieser Kehlkopf innervation konnte die Versuchsperson nicht sagen, dass sie rein visuell gelernt habe. Sie berichtete auch, das Auf tauchen der Figuren mit der Vorstellung einer Bewegung der Figur begleitet zu haben.\nDes Rhythmus heim Lernen ist sich die Versuchsperson immer bewusst gewesen. Wahrscheinlich lieferte die wiederholte Kehlkopfinnervation einen Rhythmus. Rhythmische Bewegungen des K\u00f6rpers wie heim Lernen sinnloser Silben traten jedoch nicht ein.\nUebrigens wusste Herr Ste. nicht, dass diese Versuchsreihe ebenfalls den Rhythmus betraf. Er betrachtete den Rhythmus, der sich bei ihm einstellte, als erlaubte Begleiterscheinung des Lernens.","page":276},{"file":"p0277.txt","language":"de","ocr_de":"Rhythmus und Arbeit.\n277\nAndere Associationen hat die Versuchsperson immer gemacht, z. B. sie hat die Figuren gruppirt, gew\u00f6hnlich vier in einer Gruppe. Ferner fand immer eine Association nach der Zeit (Succession) statt.\nAuch war eine Association durch Symmetrie oder Erg\u00e4nzung vorhanden, d. h. wenn eine Figur offen oder unvollkommen war, hat die Versuchsperson dieselbe durch imagin\u00e4re Linien erg\u00e4nzt. Die Erg\u00e4nzung einer Figur geschah manchmal durch eine vorhergehende. Dies war der Fall, wenn die Elemente der einen mit den Elementen der anderen systematisch zusammen kamen, wenn, wie die Versuchsperson sagte, \u00bbdie Figuren ineinander fl\u00f6ssen\u00ab. Bei einer geschlossenen Figur war dies nicht der Fall. Eine geschlossene Figur war leichter zu reproduciren als eine offene.\nDieser Versuchsperson war die Reproduction der ganzen Reihe leichter als die Reproduction beim Trefferverfahren. Die Verbindung der gegebenen Figur mit der zu reproducircnden betrachtete Herr Ste. als Jambus. Die Leichtigkeit der Analyse der Figuren bedingte die Leichtigkeit des Lernens und zwar der Reproduction.\nEs war auch dieser Versuchsperson wichtig zu wissen, ob auf das Lernen die Reproduction der ganzen Reihe oder das Trefferverfahren folge.\nFiguren mit Curven boten gr\u00f6\u00dfere Schwierigkeit als geradlinige.\nDie Versuchsperson bemerkte in den Figuren eine scheinbare Bewegungstendenz, die wahrscheinlich den Muskelempfindungen des Auges zuzuschreiben war.\nSchlussbemerkungen.\nDie beschriebenen visuellen Versuche sind zu unvollst\u00e4ndig, um entscheidende Urtheile zu gestatten. Sie sind hier behandelt worden, um zu zeigen, dass die M\u00f6glichkeit rein visuellen Lernens vorhanden ist. Der Versuchsleiter ist der Meinung, dass es f\u00fcr eine Versuchsperson, welche die sinnlosen Silben auf dem Cylinder gelernt hat, unm\u00f6glich ist, den Rhythmus beim Lernen der Figuren auf dem Cylinder zu vermeiden. F\u00fcr eine Versuchsperson, die, wie Professor M-, keine Uehung mit den Silben gehabt hat, kommt der Rhythmus bei den Figuren nicht in Betracht. \"Weitere Untersuchungen m dieser Richtung w\u00e4ren w\u00fcnschenswerth, denn es steht eine Reihe principieller Fragen vorl\u00e4ufig noch offen.","page":277},{"file":"p0278.txt","language":"de","ocr_de":"278\nMargaret Keiver Smith.\nY.\nDeutung der Versuchsergebnisse und theoretische Discussion des Rhythmus.\nDer Zweck der verschiedenen Versuche war immer derselbe, n\u00e4mlich den Rhythmus in Verbindung mit der Arbeit objectiv zu studiren.\nBei der ergographischen Untersuchung und bei den Schreib\u00fcbungen lag das Ziel der Arbeit in der Leistung der Finger und der Hand; bei den Gewichtshebungen war es nicht in der k\u00f6rperlichen Leistung, sondern im richtigen Urtheile zu suchen, w\u00e4hrend es bei den Ged\u00e4chtnissversuchen in der Leistung des Ged\u00e4chtnisses selbst bestand. Wir haben es also mit zwei Arten von Arbeit zu thun, n\u00e4mlich k\u00f6rperlicher und geistiger Arbeit, richtiger gesagt: mit einer vorwiegend physischen bezw. vorwiegend geistigen Leistung. Im Falle der Schreib\u00fcbungen sind die Resultate mit dem Auge zu sehen, und hier, wie hei der Arbeit am Ergographen, ist die Innervation und Contr\u00f4le der Bewegungen die Hauptsache. Die Aufmerksamkeit wird auf die wirklichen Bewegungen gerichtet, die nothwendig sind, um die Arbeit fertig zu bringen, und die Resultate dieser Bewegungen hat der Arbeiter immer vor sich, so dass jede vorangehende Leistung als Mittel zur Verbesserung der n\u00e4chsten Leistung dienen kann. Zwar wird ein gewisser Grad von geistiger Th\u00e4tigkeit immer dabei erforderlich sein, er ist aber immer gering und muss es sein. Wenn die ergographischen Versuche und die Schreib\u00fcbungen als Typus der k\u00f6rperlichen Arbeit dienen, so k\u00f6nnen die Ged\u00e4chtniss- und Gewichts\u00fcbungen als Typus der geistigen Arbeit gelten. Bei den Ged\u00e4chtnissversuchen wird die Aufmerksamkeit auf die Perceptionen des Auges oder Ohres gerichtet mit dem Zweck, die Silben so gr\u00fcndlich und so schnell wie m\u00f6glich einzupr\u00e4gen, damit sie zur richtigen Zeit reproducirt werden k\u00f6nnen. Die Bewegungen der Augen und der Sprachorgane, welche nothwendig sind, um die percipirten Empfin-dungscomplexe herbeizuf\u00fchren, sind Momente von secund\u00e4rer Wichtigkeit und k\u00f6nnen endlich fast au\u00dferhalb des Feldes der Aufmerksamkeit bleiben, d. h. automatisch werden, damit die ganze Kraft der letzteren sich auf die Wahrnehmungsinhalte concentriren kann-","page":278},{"file":"p0279.txt","language":"de","ocr_de":"Rhythmus und Arbeit.\n279\nIn diesem Falle wird die Arbeit ganz \u00bbgeistig\u00ab, obgleich dabei keine sehr complicirte Art von geistiger Tb\u00e4tigkeit verlangt wird.\nBei den Gewichtsversuchen wird die geistige Arbeit etwas com-plicirter.\nAbgesehen davon, dass die Bewegungen nie ganz automatisch werden k\u00f6nnen, m\u00fcssen zwei Empfindungscomplexe im Bewusstsein behalten werden, auf deren Unterschied sich die Aufmerksamkeit zu richten hat. Weil das Urtheil eine so complicirte Th\u00e4tigkeit beansprucht, scheinen die Gewichts\u00fcbungen einen bedeutend h\u00f6heren Grad geistiger Arbeit zu repr\u00e4sentiren, als die zwei anderen Arten von Th\u00e4tigkeit.\nAlle drei Arten von Arbeit aber haben dieses Moment gemein, dass ein vorgeschriebenes Ziel verwirklicht werden muss. Um die Th\u00e4tigkeit wirkliche Arbeit nennen zu k\u00f6nnen, muss erstens das Ziel immer im Auge behalten werden, und zweitens m\u00fcssen die Mittel zur Erreichung dieses Zieles zweckm\u00e4\u00dfig, bezw. nach Vorschrift gebraucht werden. Wenn die Aufmerksamkeit nicht auf eine bestimmte Leistung gerichtet ist, wird die psychische Activit\u00e4t als Spiel betrachtet. Ihr entspricht auf rein geistigem Gebiete die Tr\u00e4umerei. Bei allen Arten von Arbeit kommen fast endlose Wiederholungen regelm\u00e4\u00dfiger Bewegungen oder Vorg\u00e4nge vor. Die Monotonie dieser gleichm\u00e4\u00dfigen Wiederholungen erzeugt Langweile, die, um ertragen zu werden, bedeutende Energie erfordert.\nEin vielleicht compensirendes Resultat der immer wiederkehrenden Bewegungen ist eine gewisse (bis jetzt nur unvollkommen an-gebbare) Wirkung derselben auf den K\u00f6rper, welche, wenn wir sie subjectiv betrachten, als empfundener oder wahrgenommener Rhythmus zu bezeichnen ist. Ohne Zweifel sind schon in den Bewegungen des menschlichen K\u00f6rpers, die zur Erhaltung desselben dienen, die Bedingungen des Rhythmus vorhanden, ganz besonders in der Bewegung der Gangmusculatur und der Athmung. Es ist aber zweifelhaft, ob man den Rhythmus bemerkt hat, ehe man eine bestimmte zweckvolle Th\u00e4tigkeit unternahm.\nNach der Erfahrung bei den Versuchen l\u00e4sst sich vermuthen, dass der Rhythmus in allen F\u00e4llen einen directen Einfluss auf die Aufmerksamkeit und die Gef\u00fchle hat, und eben deswegen d\u00fcrfte die Beobachtung eines Rhythmus speciell mit zweckvoller Th\u00e4tigkeit\nWumdt, Philos. Studien. XVI.\t<n","page":279},{"file":"p0280.txt","language":"de","ocr_de":"280\nMargaret Keiver Smith.\nZusammenh\u00e4ngen. So verschiedenartig die oben beschriebenen Versuche waren, so liefern sie doch wegen dieses gemeinsamen Momentes eine Anzahl \u00fcbereinstimmender Resultate.\nAls erstes Moment dieser Uebereinstimmung kann die Wirkung der Schnelligkeit des Taktes erw\u00e4hnt werden. Bei den Schreib- und Gewichts\u00fcbungen zeigte sich, dass ein verh\u00e4ltnissm\u00e4\u00dfig schneller Takt besser geeignet ist, eine genaue Bewegung oder ein bestimmtes Urtheil zu sichern, als ein langsamer. Auch ist dann das begleitende Gef\u00fchl angenehmer. Diese Regel gilt nat\u00fcrlich nur bis zu einem bestimmten Ma\u00dfe der Beschleunigung. Innerhalb dieser Grenze aber wirkt es g\u00fcnstiger auf die Arbeit, wenn das Tempo, welches die Versuchsperson von Hause aus zu gebrauchen geneigt ist, k\u00fcnstlich beschleunigt, als wenn es k\u00fcnstlich verlangsamt wird.\nBeim Lernen von sinnlosen Silben war es unm\u00f6glich, einen Vergleich zwischen verschiedenen Tempi anzustellen, da die Zeit des Lesens und Sprechens durch die Augen und die Sprachorgane mehr oder weniger begrenzt und bestimmt wurde. In allen F\u00e4llen au\u00dfer einem war die Zeit des Lesens von 12 Elementen zu 10 Secunden bestimmt, wenn das Sprechen des Elements ungef\u00e4hr ein Zehntel Secunde brauchte. Beim Lesen der Buchstaben war die Zeit des Sprechens von einem Elemente ungef\u00e4hr neunhundertstel (9/100) Secunde. Wie vorher gesagt, wurde dieses langsame Tempo gew\u00e4hlt \u2014 wegen der Neigung der Versuchsperson zu Schwindel hei schnellerer Rotation.\nBei den Gewichtsversuchen haben die Resultate sowohl als die Meinungen der Versuchspersonen gezeigt, dass ein Tempo von 80 bis 100 Schl\u00e4gen per Minute am g\u00fcnstigsten war. Bei zwei von den Versuchspersonen entsprach dieses Tempo % oder 3/5, bei den andern jedoch s/8 oder 3/10 Secunde f\u00fcr jede Hebung und jedes Niedersetzen des Gewichtes, doch waren die Urtheile der letzteren gar nicht weniger richtig als bei den zwei ersteren. Diese Beiden behaupteten oft, sie h\u00e4tten besser urtheilen k\u00f6nnen, wenn die Zeit der Hebung verk\u00fcrzt worden w\u00e4re. Beim langsameren Tempo wurde Gelegenheit f\u00fcr den Eintritt fremder Vorstellungen im Bewusstsein geboten. Ein Tempo schneller als 100 Schl\u00e4ge per Minute (3/10 Secunde f\u00fcr eine Bewegung) aber nahm die Aufmerksamkeit so in Anspruch, dass das Ziel der Arbeit verloren ging.\nBei den Schreib\u00fcbungen wurde am Anfang ein Tempo von","page":280},{"file":"p0281.txt","language":"de","ocr_de":"Rhythmus und Arbeit.\n281\n60 Schl\u00e4gen per Minute gew\u00e4hlt. Die Erfahrung hat aber gezeigt, dass dasselbe auf 80 Schl\u00e4ge per Minute ohne Schaden der Leistung erh\u00f6ht weiden k\u00f6nnte. Das Schreiben blieb immer hinter dem Heben zur\u00fcck wegen der Nothwendigkeit, im ersteren Falle Auge und Hand immer Zusammenarbeiten zu lassen.\nBei gew\u00f6hnlicher k\u00f6rperlicher Arbeit, wo der Rhythmus eine nicht ung\u00fcnstige Rolle spielt, entsprechen die regelm\u00e4\u00dfigen Bewegungen des Arbeiters selten einem Tempo \u00fcber 90 oder 100 Schl\u00e4ge per Minute. In dieser Beziehung hatte die Verfasserin Gelegenheit, die Arbeit von mehreren Steinmetzen ein paar Wochen zu beobachten. Die h\u00f6chste Zahl von Schl\u00e4gen, die ein Arbeiter mit einem Hammer von ungef\u00e4hr einem Kilo Schwere ausf\u00fchrte, war 92 Schl\u00e4ge in der Minute, die gew\u00f6hnliche Zahl aber 84 Schl\u00e4ge per Minute, w\u00e4hrend das langsamste Tempo von einem Arbeiter ungef\u00e4hr 70\u201480 Schl\u00e4ge per Minute ergab. Der Rhythmus, der durch diese Bewegungen hergestellt wurde, war vom einfachsten Charakter, und diente nur zur Zeitahgrenzung der Schl\u00e4ge. Als zwei Arbeiter zusammen arbeiteten, entstand jedoch ein complicirterer Rhythmus, der zwei Bedingungen entsprach, n\u00e4mlich der Zeitabgrenzung und abwechselnden Betonung der Schl\u00e4ge. Hier wurden ungef\u00e4hr 140 bis 160 Schl\u00e4ge per Minute ausgef\u00fchrt, und die Bewegungen von jedem Arbeiter schienen dem Ohr des Beobachters mehr in der Minute, als wenn einer allein arbeitete. In Wirklichkeit aber wurde durch Z\u00e4hlen der Schl\u00e4ge von beiden gefunden, dass jeder seine Bewegungen etwas verlangsamt hatte und weniger Schl\u00e4ge per Minute machte, als wenn er allein arbeitete. In keinem Fall hat unter diesen Umst\u00e4nden ein Arbeiter mehr als 80 Schl\u00e4ge per Minute gemacht, und die gew\u00f6hnlich erreichte Zahl lag in der N\u00e4he von 70\u201476.\nBeim Gehen ist eine \u00e4hnliche Zahl von Bewegungen zu consta-tiren. Beim gew\u00f6hnlichen Gehen eines erwachsenen Menschen von mittlerer Gr\u00f6\u00dfe werden 130 bis 160 Schritte per Minute ausgef\u00fchrt. Hier vollziehen sich aber zwei verschiedene Bewegungen von zwei verschiedenen Gliedern, so dass sich f\u00fcr jedes ungef\u00e4hr 66 bis 80 Bewegungen per Minute ergehen. Dieses Tempo kann verz\u00f6gert oder beschleunigt werden, aber nicht viel und nicht f\u00fcr lange Zeit, ohne den Charakter des Rhythmus zu \u00e4ndern, wobei das angenehme Gef\u00fchl verloren geht.\n19*","page":281},{"file":"p0282.txt","language":"de","ocr_de":"282\nMargaret Keiver Smith.\nDer Erfahrung und Beobachtung nach l\u00e4sst sich sagen, dass jede Person ihr eigenes Tempo hei k\u00f6rperlichen Bewegungen hat, das nur zwischen geringen Grenzen ver\u00e4nderlich ist. Wegen der Aehnlichkeit im K\u00f6rperbau muss jedoch ein ziemlich constantes Durchschnittstempo der Bewegungen existiren, von welchem sich die pers\u00f6nlichen Differenzen nicht weit entfernen. Es ist durch die obigen Versuche wahrscheinlich gemacht worden, dass jedes Glied des K\u00f6rpers sein eigenes g\u00fcnstigstes Tempo zur Bewegung hat, und dass ein mathematisches Verh\u00e4ltniss zwischen den verschiedenen Tempi der verschiedenen Glieder zu deren L\u00e4nge und Masse gefunden werden kann. Vorl\u00e4ufige Versuche mit graphischer Begistrirung einzelner Gliedbewegungen best\u00e4tigten dies. Doch wurden diese heim Abschluss der gegenw\u00e4rtigen Abhandlung noch nicht beendigt.\nBei den Schreib- und Gewichts\u00fcbungen sowohl als bei den Ge-d\u00e4chtnissversuchen zeigte sich, dass die Bewegungen immer einen rhythmischen Charakter annahmen. In der That scheint es, dass in jedem Zustand, wo regelm\u00e4\u00dfige Bewegungen von gleicher oder ann\u00e4hernd gleicher Dauer nach gleichen oder ann\u00e4hernd gleichen Zeitintervallen von hinreichender K\u00fcrze wiederholt werden, die Bedingungen des Rhythmus vorhanden sind, der von einer Person von normaler Empfindlichkeit empfunden wird, und ebenso dass dabei ein Zwang zum Rhythmisiren der Bewegungen eintritt. Es gibt also ebenso einen Zwang zu motorischer Rhythmisirung fortgesetzter Bewegungen, wie zum subjectiven Rhythmisiren von Schalleindr\u00fccken, die in gleichen kurzen Zeiten (weniger als 2 Secunden) aufeinanderfolgen.\nBei den Versuchen wurden die wiederholten Bewegungen taktm\u00e4\u00dfig, und alle Versuchspersonen au\u00dfer zwei hab.en den Einfluss des empfundenen Rhythmus mehr oder weniger gezeigt. Von diesen zwei Personen war eine physisch krank, w\u00e4hrend der anderen die F\u00e4higkeit die Aufmerksamkeit zu beherrschen fehlte.\nBei dem viert\u00e4gigen Versuche mit Herrn Ka., als die Gewichte mehrmals gehoben wurden, zeigt sich keine Spur von Rhythmus. Der Grund daf\u00fcr lag wohl darin, dass von Herrn Ka. keine regelm\u00e4\u00dfigen Hebungen gefordert wurden. Versucht man, bei lange Zeit fortgesetzten einf\u00f6rmigen Bewegungen absichtlich den Rhythmus zu vermeiden, so wirkt diese Absicht \u00e4u\u00dferst erm\u00fcdend, ja f\u00f6rmlich","page":282},{"file":"p0283.txt","language":"de","ocr_de":"Rhythmus und Arbeit.\n283\nangreifend. Der Zwang zum Rhythmisiren der Bewegungen macht sich schlie\u00dflich \u00fcberm\u00e4chtig geltend. Die Verfasserin m\u00f6chte daher vermuthen, dass eine Bedingung der Erhaltung des Organismus in der Regelm\u00e4\u00dfigkeit der Bewegungen aller Glieder und in der Regelm\u00e4\u00dfigkeit der Ruheintervalle zwischen den Bewegungen liegt. Die instinctive Tendenz des K\u00f6rpers ist, das Unregelm\u00e4\u00dfige regelm\u00e4\u00dfig zu machen, und der resultirende geistige Zustand, den wir Rhythmus nennen, ist ein subjectives Anzeichen f\u00fcr das richtige Wirken aller bewegten Theile des Organismus. Das Lustgef\u00fchl ist, wenn nicht ein Theil, wenigstens eine constante Begleiterscheinung des Rhythmus. Wenn dieses Gef\u00fchl nicht vorhanden ist, oder wenn es durch ein Unlustgef\u00fchl verdr\u00e4ngt wird, dann verschwindet der Rhythmus und man wird sich der unzweckm\u00e4\u00dfigen Arbeitsweise der Glieder peinlich bewusst. Der Rhythmus des K\u00f6rpers ist ein Zeichen des Wohlseins in allen seinen Beziehungen. Um den Vortheil dieses g\u00fcnstigen Zustandes des K\u00f6rpers auszunutzen, m\u00fcssen sich die Bewegungen der k\u00f6rperlichen Arbeit nach dem nat\u00fcrlichen Tempo des K\u00f6rpers bezw. der betreffenden K\u00f6rpertheile richten.\nBei den Schreib- und Hebe\u00fcbungen richtete sich die Untersuchung im weiteren auf den Unterschied zwischen der Wirkung des selbstgew\u00e4hlten Rhythmus, der allein durch k\u00f6rperliche Bewegung verursacht wird, und des gegebenen Rhythmus, der durch den angewendeten Takt des Metronoms der Versuchsperson aufgezwungen wird. Der Zweck des angewendeten Taktes war, die g\u00fcnstigsten Bewegungszeiten und die besten Zeitintervalle zwischen den Bewegungen zu bestimmen. Die Aufmerksamkeit wurde auf die Schallempfindung gerichtet, w\u00e4hrend die Empfindung der k\u00f6rperlichen Bewegung von secund\u00e4rer Bedeutung war.\nIn seinem Einfluss auf die emotionellen Verh\u00e4ltnisse ist der gegebene Takt von dem selbstgew\u00e4hlten bedeutend verschieden, ausgenommen den Fall, wo der gegebene Rhythmus dem nat\u00fcrlichen gerade entspricht oder nur wenig schneller ist als dieser. In diesem Falle zeigt sich angenehmes Gef\u00fchl. Der selbstgew\u00e4hlte Takt kann nach dem nat\u00fcrlichen Tempo oder der Stimmung des Individuums wechseln. Der gegebene Takt aber ist ein Zwang, nach dem das Individuum sich immer bewegen","page":283},{"file":"p0284.txt","language":"de","ocr_de":"284\nMargaret Keiver Smith.\nmuss, und gerade deswegen ist der dabei erzeugte Rhythmus geeignet, die Tr\u00e4gheit und die Erm\u00fcdung zu compensiren, indem er immer die Quantit\u00e4t der Leistung garantirt. Der Arbeiter darf keine Pause machen, bis der Takt auf h\u00f6rt. Auf diese Weise ist der Takt hezw. der Rhythmus der Bewegungen ein Mittel zur Zeitersparnis, da durch ihn eine Arbeitsleistung in k\u00fcrzerer Zeit erm\u00f6glicht wird, als bei regelloser Bewegung. Bei dem selbstgew\u00e4hlten Takte wird der Arbeiter, wenn Erm\u00fcdung eintritt, geneigt, das Tempo zu verlangsamen und die Bewegung zu verz\u00f6gern oder, was viel h\u00e4ufiger ist, die ganze Th\u00e4tigkeit abzubrechen. In beiden F\u00e4llen geht die Zeit verloren, und die Leistung einer bestimmten Zeit muss geringer werden, als wenn der Arbeiter zu fortgesetzter Th\u00e4tigkeit gezwungen ist. Aus diesem Grunde aber ist der gegebene Takt mehr als der selbstgew\u00e4hlte geeignet, ersch\u00f6pfend auf den K\u00f6rper zu wirken, gerade weil er vielleicht die nothwendigen Pausen nicht erlaubt, und weil sich das Tempo nicht immer in Uebereinstimmung mit der normalen Yelocit\u00e4t der k\u00f6rperlichen Bewegungen befindet. Unter solchen Umst\u00e4nden m\u00fcssen die Bewegungen f\u00fcr den physischen Organismus immer mehr oder weniger sch\u00e4digend wirken. Wenn der Effect desselben nicht auf k\u00f6rperlicher Seite zu sehen ist, so zeigt er sich nicht selten im Gef\u00fchlszustand des Arbeiters. Das unangenehme Gef\u00fchl, das wir so. oft bei dem Takt des Metronoms fanden, ist wahrscheinlich ein Zeichen des Mangels in der Harmonie zwischen den Bewegungszeiten, die f\u00fcr die Arbeit gefordert werden, und den normalen organischen Bewegungsze'iten. Einen n\u00e4heren Beweis hierf\u00fcr bringen die im Anhang mitgetheilten ergographischen Versuche. Die obigen Beobachtungen legen die Frage nahe, ob nicht ein Theil der Unzufriedenheit der Fabrikarbeiter der Wirkung.der Maschinerie auf die rhythmischen Bewegungen des menschlichen K\u00f6rpers zuzuschreiben ist.\nDie Bewegungen der Maschine sind den normalen Bewegungen des K\u00f6rpers so au\u00dferordentlich an Gleichma\u00df \u00fcberlegen, dass die constante Anstrengung des Arbeiters, seine Bewegungen nach denen der Maschine einzurichten, in hohem Grade ersch\u00f6pfend wirken muss. Unter diesen Umst\u00e4nden muss der K\u00f6rper einen au\u00dferordentlich hohen Grad von Ausdauer besitzen, um den dabei an ihn gestellten Anforderungen zu gen\u00fcgen. Auch sind die Pausen in der Th\u00e4tigkeit,","page":284},{"file":"p0285.txt","language":"de","ocr_de":"Rhythmus und Arbeit.\n285\ndie dem K\u00f6rper nothwendig sind, bei der Maschine nicht vorhanden, und die physische und geistige Unruhe wird durch den Rhythmus vermehrt. Alle Gef\u00fchle beanspruchen einen gro\u00dfen psychophysischen Energieverbrauch; wirken aber die Gef\u00fchlsreize fort, wenn die zur emotionellen Erregung erforderliche Energie nicht mehr vorhanden ist, so wirken die Gef\u00fchlsreize abstumpfend. Man kann daher beobachten, dass die sich selbst \u00fcberlassenen Arbeiter bei rhythmischer Arbeit einerseits best\u00e4ndig das Tempo nach der Schwierigkeit der Arbeit und der Erm\u00fcdung ver\u00e4ndern, anderseits sehr oft Pausen eintreten lassen. Man behauptet freilich, dass die moderne Arbeit einen andern Rhythmus habe, als die der Vergangenheit. Dies ist vielleicht wahr, aber bevor der gew\u00f6hnliche Arbeiter demselben mit angenehmem Gef\u00fchl folgen kann, muss er einen viel h\u00f6heren Grad von physischer Anpassungsf\u00e4higkeit besitzen, als sein K\u00f6rper bis jetzt erreicht hat. Ein weiterer Grund f\u00fcr die ersch\u00f6pfende Wirkung des zwangsweise gegebenen Taktes Hegt in der Thatsache, dass durch ihn der K\u00f6rper mindestens zweifach afficirt wird. Erstens wird das H\u00f6rorgan erregt, und zweitens wird der Theil des K\u00f6rpers, der sich mit Widerwillen nach dem vorgeschriebenen Takte bewegt, motorisch innervirt. Dieser rhythmischen Bewegung entspricht dann wieder eine neue Empfindung, die den Zustand des bewegten K\u00f6rpers zum Bewusstsein bringt. Wenn dann die Bewegungszeiten dem Wohlsein des K\u00f6rpers entsprechen, wird der empfundene Rhythmus von angenehmen Gef\u00fchlen (Gef\u00fchlen der Lust) begleitet, wenn nicht, von Gef\u00fchlen der Unlust.\nBeim Zustande des unangenehmen Gef\u00fchls entsteht instinctiv die Neigung, die Bewegung einzustellen. Der Takt aber zwingt immer vorw\u00e4rts, und dadurch steigt das Gef\u00fchl bis zum Aerger. Anders ist es beim selbstgew\u00e4hlten Takte, sobald hier das unangenehme Gef\u00fchl entsteht, kann der Arbeiter die Umst\u00e4nde modificiren; entweder wird die Th\u00e4tigkeit abgebrochen, oder das Tempo ge\u00e4ndert, und sofort ist die Anstrengung vorbei, wie das beim Begleiten der Arbeit mit Gesang geschieht. Beim selbstgew\u00e4hlten Takte kommt ferner nur die Empfindung der Bewegung und ihr begleitendes Gef\u00fchl zum Bewusstsein, so dass die Anstrengung der Aufmerksamkeit gar nicht so gro\u00df ist als beim \u00e4u\u00dferhch gegebenen Takt.","page":285},{"file":"p0286.txt","language":"de","ocr_de":"286\nMargaret Keiver Smith.\nBei jeder k\u00f6rperlichen Arbeit aber, die einen hoben Grad von Genauigkeit und Ausdauer erfordert, ist der \u00e4u\u00dferbch gegebene Takt werthvoll, gerade weil er den Zustand strenger Aufmerksamkeit sichert. Daher l\u00e4sst sich in der Geschichte der Arbeit finden, dass man fast von Anfang der Industrie an den Werth des Rhythmus erkannt hat. Die Quantit\u00e4t, und meist auch die Qualit\u00e4t der Leistung scheint dabei vermehrt und verbessert zu sein. Als Mittel zur Herstellung des dazu nothwendigen Taktes wurde in fr\u00fcheren Zeiten die menschliche Stimme gebraucht, entweder zum Z\u00e4hlen, zum Schreien oder zum Singen, und auch jetzt ist dieser Gebrauch der Stimme nicht unbekannt. Als Beispiel des Gebrauches von \u00e4u\u00dferlichem Takt, um Qualit\u00e4t und Quantit\u00e4t der Arbeit zu vermehren, f\u00fchren wir einen Artikel \u00fcber die V\u00f6lker Nubiens von Oapit\u00e4n J. O. S. Speedy an. (Harper\u2019s Magazine Fase. 1899, \u00bbA Glimpse of Nubia\u00ab). In seiner Beschreibung der Methode dieses Volkes, die Herden zu tr\u00e4nken, sagt der Verfasser: \u00bbAn der Seite des Brunnens wird ein Trog von Thon gebaut, und die Art und Weise des Anf\u00fcllens desselben ist geistreich. Ein Mann steigt in den Schacht hinab. Er f\u00fcllt einen Eimer mit Wasser und wirft ihn seinem Kameraden zu, der am Brunnenrande steht. Der Kamerad ergreift den Eimer, ohne einen Tropfen \u00fcberflie\u00dfen zu lassen, und sobald er ihn in den Trog geleert hat, wirft er ihn seinem Kameraden wieder zur\u00fcck, damit er wieder gef\u00fcllt werde. W\u00e4hrend der ganzen Arbeit singen die M\u00e4nner, um Genauigkeit beim Werfen zu erreichen, abwechselnd in wild musikalischen T\u00f6nen, die, obgleich etwas unheimlich, doch angenehm sind. Wieder und wieder singen sie folgendes:\n0 geliebte Kuh, komm nah und trink!\nGott ist Macht!\n0 Kamel stark, so hoch und flink,\nGott ist Macht!\n0 holde Zieg\u2019 so sch\u00f6n und sanft,\nGott ist Macht!\nBei demselben Volk, erz\u00e4hlt dieser Verfasser weiter, ist es Sitte, beim Fechten einander mit Peitschen zu schlagen. Regelm\u00e4\u00dfigkeit und Genauigkeit der Schl\u00e4ge werden durch Musik bestimmt, die immer ein Duett begleitet. (Andere Beispiele bei B\u00fccher und Grosse a. a. O.).","page":286},{"file":"p0287.txt","language":"de","ocr_de":"Rhythmus und Arbeit.\n287\nWenn das Gef\u00fchl, welches durch taktm\u00e4\u00dfige Bewegungen erregt wird, nicht angenehm ist, dann ist der Rhythmus (wie wir das Wort gew\u00f6hnlich verstehen) nicht vorhanden, sondern vielmehr ein Bewusstsein von Disharmonie und Unbequemlichkeit.\nDurch seinen Einfluss auf das Gef\u00fchl und die Aufmerksamkeit scheint der Rhythmus indirect auf die Empfindlichkeit des Individuums zu wirken. Wie schon gesagt, entspricht ein constantes angenehmes Gef\u00fchl von mittlerer Intensit\u00e4t dem Bewusstsein k\u00f6rperlichen Wohlseins. Die nat\u00fcrliche Tendenz des Individuums ist, diesen Zustand zu verl\u00e4ngern und zu erh\u00f6hen. Der Rhythmus betont das Gef\u00fchl und verst\u00e4rkt diese Tendenz; dabei steigert sich die Aufmerksamkeit zur Erwartung, die einem Zustand von Bereitschaft entspricht, in welchem zugleich erh\u00f6hte Arbeitsf\u00e4higkeit vorhanden zu sein scheint. Die rhythmische Succession erleichtert auch die Coordination der k\u00f6rperlichen Bewegungen und wird ein Mittel zum willk\u00fcrlichen (oder instinctiven) Unificiren derselben.\nBillroth in seinem Artikel, \u00bbWer ist musikalisch?\u00ab (Deutsche Rundschau 1894\u201495) sagt: \u00bbFast alle Menschen und Thiere werden von regelm\u00e4\u00dfigen wiederholten Bewegungen ber\u00fchrt, und dabei wird der K\u00f6rper mehr oder weniger in Bewegung gesetzt.\u00ab\nDer Gebrauch der Trommel und der Musik heim Marschiren und in der Schlacht ist ihrem rhythmischen Effect zu verdanken. Hier wird nicht nur dem Unificiren der Kr\u00e4fte des Individuums entsprochen, sondern der Einfluss des Rhythmus erstreckt sich auch auf die Gesammtheit, und bewirkt Einheit und Gleichm\u00e4\u00dfigkeit der Bewegungen, so dass der Truppenk\u00f6rper wirkt wie ein Mann. Die Musik braucht complicirte Rhythmen, die noch besser als der ver-h\u00e4ltnissm\u00e4\u00dfig einfache Rhythmus der Trommel geeignet sind, die verschiedenen Elemente zu einem Ganzen zu verbinden.\nDas psychophysiologische Gesetz der Tendenz zur Mitempfindung und Mitbewegung, welche durch den Rhythmus verursacht sind, hat nach Billroth\u2019s Meinung in der gesammten animalischen Welt eine universale Verbreitung und ist von so eminenter Bedeutung f\u00fcr die ganze sociale und ethische Cultur, dass es den Eindruck eines fundamentalen Naturgesetzes f\u00fcr die gesammte organisirte Materie macht.","page":287},{"file":"p0288.txt","language":"de","ocr_de":"288\nMargaret Keiver Smith.\nBillroth gebraucht dahei die Ausdr\u00fccke \u00bbMitempfindung\u00ab und \u00bbMitbewegung\u00ab immer in der etwas ungew\u00f6hnlichen Bedeutung, dass sich eine Bewegung oder eine Empfindung durch sinnliche Wahrnehmung von einem Individuum auf das andere \u00fcbertr\u00e4gt, er bezeichnet also damit einen psychophysischen Vorgang. Billroth meint ferner, dass dieses Mitempfinden und Mitbewegen sowohl durch gesehenen als durch geh\u00f6rten Rhythmus verursacht werden k\u00f6nne. In Bezug auf das Sehen scheint dies etwas zweifelhaft zu sein. Es ist wahr, dass wir beim H\u00f6ren von T\u00e4nzen die H\u00e4nde oder die F\u00fc\u00dfe oder den ganzen K\u00f6rper taktm\u00e4\u00dfig zu bewegen anfangen. Wenn wir aber das Tanzen nur sehen (ohne zu h\u00f6ren oder ohne die Vibrationen auf irgend eine Weise empfinden zu k\u00f6nnen), ist es sehr zweifelhaft, oh die Bewegungen des Tanzens irgend einen rhythmischen Effect auf uns haben. Nach Versuchen von Professor Meumann ist es unm\u00f6glich, den Zeitrhythmus blo\u00df gesehener elektrischer Funken zu erkennen, wenn man keine Innervationen von Bewegungen zu H\u00fclfe nimmt. Ebenso bemerkt man bei diesem Versuche nicht den geringsten Zwang zu rhythmischen Bewegungen. Man hat dabei den bestimmten Eindruck, dass ein rein visueller Rhythmus nicht existirt. Es scheint, dass das Geh\u00f6rorgan in engerer Verbindung mit den motorischen Centren steht als das Sehorgan, da durch Reizen des ersteren Bewegungen viel leichter verursacht werden als beim Reizen der letzteren Organe.\nEs ist aber eine psychologisch nothwendige Annahme, dass, wenn das Auge und Ohr zusammen durch rhythmische Bewegungen gereizt worden sind, und der K\u00f6rper dahei in Mitbewegung gewesen ist, nachher durch einen Reiz des Auges allein die rhythmischen Associationen reproducirt werden k\u00f6nnen. Daher mag es kommen, dass man glauben kann, Rhythmus zu sehen.\nDie Verfasserin hofft Gelegenheit zur Untersuchung des Empfindens des Rhythmus durch das Auge allein sp\u00e4ter haben zu k\u00f6nnen.\nBillroth behauptet, die F\u00e4higkeit zum Rhythmus in Menschen und Thieren, wie die F\u00e4higkeit zu Raum- und Zeit-Auffassungen, sei bei den Menschen angeboren, obgleich verschiedene Individuen diese F\u00e4higkeit in verschiedenen Graden besitzen. Wir leugnen die M\u00f6glichkeit von angeborenen Dispositionen nicht, wir m\u00fcssen aber sagen, dass die Disposition zur Auffassung des Rhythmus von der","page":288},{"file":"p0289.txt","language":"de","ocr_de":"Rhythmus und Arbeit.\n289\nDisposition zur Auffassung von Raum und Zeit ganz verschieden zu sein scheint. Der Beweis daf\u00fcr liegt darin, dass Individuen, welche rhythmisch sehr schlecht veranlagt sind, eine sehr genaue Auffassung von Raum- und Zeitstrecken haben k\u00f6nnen. Dies beobachteten wir bei zwei Versuchspersonen, welche gleichzeitig mit den obigen Versuchen bei Zeitsinnversuchen betheiligt waren. Dagegen zeigten diese Personen einen gewissen Mangel an motorischer Geschicklichkeit und ihre Bewegungen folgten dem Metronom nur ungenau. Ferner muss man unterscheiden zwischen der Bef\u00e4higung zur Perception complicirterer rhythmischer Gebilde und der blo\u00dfen F\u00e4higkeit, die Gef\u00fchlswirkungen des Rhythmus zu erfahren. Nur die letztere scheint sich bei Kindern, auch hei sehr tief stehenden Idioten zu finden. Ihre Auffassung des Rhythmus aber ist nur das Bewusstsein eines angenehmen Gef\u00fchls, welches sie durch die Wiederholung der Bewegungen zu steigern und fortzusetzen versuchen. Man kann auch Zeichen von \u00e4hnlichen Gef\u00fchlen als Resultat von rhythmischen Bewegungen bei Thieren sehen.\nMit R\u00fccksicht auf diese nat\u00fcrlichen Tendenzen zur Auffassung des Rhythmus ist es kaum zu verstehen, worin die Schwierigkeit liegt, einen bestimmten neuen Rhythmus zu lernen. In diesem Falle ist es zweifelhaft, ob der Rhythmus wirklich empfunden wird, ehe ein bestimmter Grad von Gel\u00e4ufigkeit oder Geschicklichkeit in den Bewegungen gewonnen ist. Bis dieser Grad erreicht ist, hat der Rhythmus keine Wirkung, weder auf die Quantit\u00e4t noch auf die Qualit\u00e4t der Leistung.\nBei einigen Individuen k\u00f6nnen trotz des nat\u00fcrlichen Rhythmus neue bestimmte Rhythmen nie erworben werden, wie bei solchen Soldaten, die nie marschiren lernen k\u00f6nnen, auch hei Personen, die beim Singen oder Spielen nie Takt halten, obgleich die Stimme beim Sprechen und die gew\u00f6hnlichen Bewegungen des K\u00f6rpers normal eoordinirt erscheinen. Die Zahl von solchen Individuen ist aber verh\u00e4ltnissm\u00e4\u00dfig klein. (Vgl. Billroth\u2019s Beobachtungen.)\nWenn ein neuer Rhythmus deutlich wahrgenommen wird, erregt er sichtlich eine Leichtigkeit und dabei eine Ausdauer in den Bewegungen, die f\u00fcr die Quantit\u00e4t der Leistung sehr g\u00fcnstig ist.\nBei den erw\u00e4hnten Steinmetzen war die Ausdauer bei der Arbeit durch den Rhythmus, der durch zwei Arbeiter hergestellt wurde,","page":289},{"file":"p0290.txt","language":"de","ocr_de":"290\nMargaret Keiver Smith.\nstark beeinflusst. Wenn ein Mann allein arbeitete, war die Zahl der Hammerschl\u00e4ge mehr per Minute als die Zahl der Schl\u00e4ge per Minute f\u00fcr jeden Mann, wenn zwei zusammenarbeiteten. Ein Arbeiter allein machte 80 bis 90 Schl\u00e4ge in der Minute. Diese Schl\u00e4ge erzeugten einen distincten einfachen Rhythmus. Der Arbeiter hat aber selten mehr als eine Minute ohne Pause gearbeitet. Meistens wurden 20 bis 30 Schl\u00e4ge ausgef\u00fchrt, und dann kam eine Pause von 15 bis 30 Secunden. Wenn aber zwei M\u00e4nner zusammenarbeiteten, waren, obgleich jeder weniger schlug, die Perioden der Arbeit bedeutend l\u00e4nger. Einmal haben zwei M\u00e4nner w\u00e4hrend 10 Minuten ohne Pause abwechselnd gearbeitet. Die gew\u00f6hnlichen Perioden der Einzelarbeit aber waren zwei bis vier Minuten. Dieses Verfahren entsprach einer viel gr\u00f6\u00dferen Leistung f\u00fcr jeden Mann, als wenn jeder allein arbeitete.\nBei dieser letzten Arbeit war der Rhythmus von dem der ersten deutlich verschieden. Im ersten Falle war er ohne Accent und wenig mehr als ein Mittel, um den Schall der Schl\u00e4ge von einander zu trennen. Im zweiten Falle hatte der Rhythmus einen musikalischen Charakter angenommen. Der zweite Schlag schien immer accentuirt zu sein, so dass ein Jambus entstand. Als Mittel zur Zeitersparniss war dieser bedeutend g\u00fcnstiger als der einfache Rhythmus.\nAls Mittel zur Verbesserung der Qualit\u00e4t der Arbeit ist der Einfluss des Rhythmus nicht so klar zu sehen. Dieser Einfluss scheint indirect zu sein. Gewiss macht die durch den Rhythmus gewonnene Aufmerksamkeit und Geschicklichkeit f\u00fcr die Qualit\u00e4t der Arbeit etwas aus. Manchmal aber wird diese Geschicklichkeit die Ursache der Vernachl\u00e4ssigung in Bezug auf die Qualit\u00e4t der Arbeit. So lange die Aufmerksamkeit auf die Qualit\u00e4t gerichtet ist, wird der Rhythmus entweder v\u00f6llig au\u00dfer Acht gelassen, oder durch die Ablenkung der Aufmerksamkeit bedeutend verletzt (was bei unsern graphischen Registrirungen der Gewichtsbewegungen ebenso hervortrat wie hei der Arbeit der Steinmetzen), so dass die Quantit\u00e4t der Leistung dabei leidet. Bis jetzt haben die Resultate der Experimente keine directe Verbesserung der Qualit\u00e4t der Arbeit durch den Rhythmus gezeigt. Das Gegen-theil zeigte sich bei den Schreibversuchen einzelner Personen.\nEs kann vielleicht gesagt werden, dass bei den einfacheren Arten von Arbeit der Rhythmus auf die Quantit\u00e4t und vielleicht","page":290},{"file":"p0291.txt","language":"de","ocr_de":"Rhythmus und Arbeit.\n291\nindirect auf die Qualit\u00e4t der Leistung g\u00fcnstig wirkt. Bei den complicirteren Th\u00e4tigkeiten aber wirkt er als g\u00fcnstiger Factor f\u00fcr die Quantit\u00e4t, er ist dagegen eher geeignet, durch das Automatisiren der Bewegungen und das Gleichma\u00df der Zeiten, welche auf die wechselnde Schwierigkeit der Arbeit keine R\u00fccksicht nimmt, die Qualit\u00e4t zu sch\u00e4digen1). Wundt behandelt den Rhythmus, psychologisch betrachtet, als Ursache schnell abwechselnder Zust\u00e4nde von Erwartung und Befriedigung, also als einen Affectverlauf. (\u00bbMenschen- und Thierseele\u00ab, Hamburg und Leipzig 1897, Seite 433.) Er sagt: \u00bbDas Gef\u00fchl des Rhythmus, das neben Harmonie und Disharmonie das haupts\u00e4chlich Wirksame beim musikalischen Kunstwerk, das einzig wirksame beim Tanz ist, setzt sich aus Erwartung und Befriedigung zusammen\u00ab. \u2014 Der Rhythmus ist daher ein Affectverlauf, bei dem Erwartung und Befriedigung regelm\u00e4\u00dfig abwechseln.\nIhrer Erfahrung nach ist die Verfasserin geneigt zu sagen, dass hier Wundt in ein paar Worten die beste Erkl\u00e4rung des psychologischen Wesens des Rhythmus, die wir bis jetzt haben, gegeben hat, eine Erkl\u00e4rung, die f\u00fcr die Industrie, wie f\u00fcr die Kunst, d. h. sowohl f\u00fcr den Arbeiter als auch f\u00fcr den K\u00fcnstler gilt, nur dass bei der Arbeit der Einfluss auf die Affecte etwas begrenzt ist, weil das Ziel der Arbeit best\u00e4ndig die Aufmerksamkeit anspannt und dabei die Affecte best\u00e4ndig gehemmt werden. Man darf daher den Rhythmus als einen Affect bezeichnen, dessen motorische (und damit zum Theil auch die vasomotorischen) Aeu\u00dfe-rungen und Entladungen sich nicht vollkommen frei ergehen k\u00f6nnen, wie beim gew\u00f6hnlichen Affectverlauf, sondern dessen Ausdrucksbewegungen nach einem bestimmten Schema zeitlich und intensiv geregelt sind. Der Rhythmus\n1) Bei den italienischen Steinhauern, die in Z\u00fcrich in gro\u00dfer Zahl an den Niederlagen von Baumaterialien besch\u00e4ftigt sind, beobachtet man regelm\u00e4\u00dfig, dass die Arbeiter, welche eine qualitativ schwierige Leistung zu verrichten haben, wie das Ausmei\u00dfeln von S\u00e4ulentrommeln, von feineren ornamentalen oder fig\u00fcrlichen Sculpturen, niemals im Takt schlagen, sondern jeden Schlag nach der wechselnden Schwierigkeit der Arbeit richten, obgleich sie dicht nebeneinander stehen, und sich durch den Klang ihrer H\u00e4mmer und Mei\u00dfel unzweifelhaft gegenseitig st\u00f6ren. Das Ueberwiegen der qualitativen Anforderung hei der Arbeit \u00fcber das Arbeitsquantum bedingt hierbei ein v\u00f6lliges Aufgeben des Rhythmus.","page":291},{"file":"p0292.txt","language":"de","ocr_de":"292\nMargaret Keiver Smith.\nist (so modificirte Herr Professor Meumann die Ansicht Wundt\u2019s) ein Affect, der sich in geordneten Bewegungen entladet. Die Ordnung erstreckt sich dabei direct auf die Zeiten des Bewegungs-Eintritts und -Ablaufs, auf die Bewegungspausen, auf die Abstufung der Impulsst\u00e4rken und den Gang der Acte der Aufmerksamkeit. Die Versuche von Lehmann und Mentz, sowie allgemeine physiologische Ueberlegungen legen die Annahme nahe, dass damit auch eine Ordnung in den vasomotorischen Vorg\u00e4ngen eintritt. Zu der gleichen Annahme n\u00f6thigt die Theorie des Gef\u00fchlsausdrucks, wenn man ber\u00fccksichtigt, dass beim Anh\u00f6ren oder Ausf\u00fchren eines Rhythmus contrastirende Gef\u00fchlszust\u00e4nde, wie Erwartung und Befriedigung, Spannung und L\u00f6sung regelm\u00e4\u00dfig mit einander wechseln.\nDer Rhythmus h\u00e4ngt haupts\u00e4chlich von der Regelm\u00e4\u00dfigkeit der Wiederholung der Bewegungen, und nebenbei von der relativen Gleichheit der Dauer der verschiedenen Bewegungen und der Zeitintervalle zwischen den Bewegungen ab. Die Erwartung ist auf die R\u00fcckkehr der Bewegung gerichtet, w\u00e4hrend die Befriedigung durch diese wirkliche R\u00fcckkehr entsteht. Bei den Steinmetzen, die zusammen arbeiteten, war dieser Zustand der Erwartung immer zu merken, und gerade hier lag scheinbar der Grund der verminderten Zahl der Schl\u00e4ge jedes Mannes per Minute im Vergleich mit der Zahl, wenn jeder f\u00fcr sich arbeitete. Jeder Mann h\u00e4tte schneller schlagen k\u00f6nnen, jeder aber hat sichtlich auf den Schlag des anderen instinctiv gewartet. Sein Schlag war immer ein Responsum auf den Schlag des Mitarbeiters und wurde der Grund der neuen Erwartung und Befriedigung.\nWundt sagt: \u00bbder Rhythmus f\u00fchrt nie zu intensiver Spannung, er ist wenigstens, wenn er dieses thut, schlechter Rhythmus\u00ab. Wahrscheinlicher aber ist, dass, sobald die Spannung entsteht, der Rhythmus aufh\u00f6rt. Es gibt keinen schlechten Rhythmus. Es kann sein, dass die physischen Bedingungen zum Rhythmus vorhanden sind, aber wegen Mangels irgend einer Art in den psychophysischen Verh\u00e4ltnissen wird der Rhythmus nicht empfunden und in solchem Falle entsteht unangenehmes Gef\u00fchl. Die psychologische Bedingung des Rhythmus \u00fcberhaupt ist die schnelle L\u00f6sung der Erwartung. Wo diese L\u00f6sung \u00fcber eine kurze Zeit (vielleicht 2 bis 4 Secunden) hinausgeschoben wird, ist der Rhythmus (psychologisch) verschwunden, obgleich die regelm\u00e4\u00dfige Succession der Eindr\u00fccke bleibt.","page":292},{"file":"p0293.txt","language":"de","ocr_de":"Rhythmus und Arbeit.\n293\nDer Verfasser sagt weiter: \u00bbBeim gef\u00e4lligen Rhythmus folgen vielmehr die L\u00f6sungen m\u00f6glichst rasch nach einander\u00ab. Dieses \u00bbm\u00f6glichst rasch\u00ab darf nicht missverstanden werden. In der That muss ein auffassbares Zeitintervall zwischen Erwartung und L\u00f6sung existiren. Bei verschiedenen Personen ist die Dauer dieses Zeitintervalles verschieden. In F\u00e4llen, wo die L\u00f6sungen zu rasch folgen, sind die Erwartung und Befriedigung nicht von einander zu unterscheiden, und dann h\u00f6rt der Rhythmus ebenfalls auf, und anstatt einer angenehmen, bestimmten Auffassung des Rhythmus entsteht ein Zustand von geistiger Aufregung und Verwirrung, bei welchem das Individuum nicht mehr wei\u00df, was geschieht. Es entsteht ein hochgradiger Affect, bei welchem die Th\u00e4tigkeit fortgesetzt wird, w\u00e4hrend die k\u00f6rperlichen Bewegungen aus der Gewalt des Willens gerathen sind. Die Th\u00e4tigkeit kann nicht aufh\u00f6ren, bis die Kraft ersch\u00f6pft ist. Bei der Arbeit ist es kaum m\u00f6glich, dass dieser Zustand entsteht, weil es hier immer einen Zweck zu erreichen gibt, und die intellectuelle Th\u00e4tigkeit (n\u00e4mlich der Wille) den Affects-verlauf beherrschen muss. Im Falle, wo das Tempo der Bewegungen so schnell ist, dass das Individuum nicht mehr richtig reagiren und zur selben Zeit seinen Zweck erf\u00fcllen kann, h\u00f6rt entweder die Arbeit auf oder der Arbeiter nimmt ein brauchbares Tempo an und f\u00e4hrt darin fort. Bei der Arbeit muss der Rhythmus immer zu Diensten stehen. Wegen des Zieles muss die Vernunft die Affecte beherrschen.\nBei der Kunst aber ist die Sache anders. Hier ist das Ziel nicht mehr eine Leistung von bestimmter Quantit\u00e4t und Qualit\u00e4t mit m\u00f6glichst gro\u00dfer Ersparniss der Zeit und Kraft, sondern es ist, allgemein gesagt, Vermehrung angenehmer Gef\u00fchle, wozu der Rhythmus direct dienen kann.\nBei der Poesie, der Musik und dem Tanz sehen wir nicht selten das rhythmische Gef\u00fchl sich zum Affect steigern, bis das Bewusstsein von Th\u00e4tigkeit und Umgebung verloren geht, und damit auch das Bewusstsein von Gef\u00fchl und Rhythmus.\nUnter den Negern in den s\u00fcdlichen Staaten von Nord-Amerika wird zu Zeiten religi\u00f6ser Aufregung ein Tanz aufgef\u00fchrt, der ein Beispiel des Vorhergehenden liefert. Der T\u00e4nzer f\u00e4ngt mit langsamem Tempo eine Reihe von rhythmischen Bewegungen an, an welchen F\u00fc\u00dfe, Beine, Schultern und H\u00e4nde Theil nehmen. Allm\u00e4hlich","page":293},{"file":"p0294.txt","language":"de","ocr_de":"294\nMargaret Keiver Smith.\nwird das Tempo beschleunigt. Der T\u00e4nzer bewegt sich schneller und schneller, und endlich kann er nicht mehr aufh\u00f6ren. Scheinbar ist er f\u00fcr \u00e4u\u00dferliche Zust\u00e4nde nicht mehr empfindlich. Der Tanz dauert Stunden lang, bis der T\u00e4nzer endlich ohnm\u00e4chtig zu Boden f\u00e4llt. Die Verfasserin hat einmal einen \u00e4hnlichen Zustand bei einem Kinde von elf Jahren beim Freispringen gesehen. (Aehnliche T\u00e4nze f\u00fchren die Derwische und \u00fcbrigens auch zahlreiche Naturv\u00f6lker auf.)\nEs ist m\u00f6glich, dass die milit\u00e4rische Musik einen \u00e4hnlichen Einfluss auf die Soldaten hat. Der Gedanke an die Gefahr tritt zur\u00fcck, w\u00e4hrend die gr\u00f6\u00dfte k\u00f6rperflehe Th\u00e4tigkeit entfaltet wird; ohne Frage ist manche Heldenthat auf dem Schlachtfelde der rhythmischen Aufregung zu verdanken.\nIn Bezug auf die Frage, ob die Einwirkung des Khythmus auf die Arbeit mehr als physiologische oder psychologische zu betrachten sei, ist die Verfasserin der Erfahrung nach geneigt, folgendes zu sagen:\nErstens: Der Ursprung des Bhythmus ist \u00fcberhaupt physiologisch, d. h. die regelm\u00e4\u00dfig wiederholten k\u00f6rperlichen Bewegungen sind die physiologischen Reize, deren geistiges Product der Rhythmus ist.\nDie Verfasserin hat es besser gefunden, das Wort \u00bbRhythmus\u00ab als Name des geistigen Zustandes zu brauchen und den Ausdruck \u00bbTakt\u00ab f\u00fcr die \u00e4u\u00dferen Bedingungen desselben zu behalten. Die Anwendung des Rhythmus zur Regulirung der Bewegungen, deren Resultat wir Arbeit nennen, scheint aber in ihrem Ursprung rein psychisch begr\u00fcndet zu sein. Sie ist n\u00e4mlich scheinbar ein directiver Act des Verstandes oder besser des Wollens. Bei dieser Anwendung wird ein hoher Grad der Aufmerksamkeit in Anspruch genommen.\nDie psychische Wirkung des Rhythmus besteht ferner darin, dass der Takt eine Art von St\u00fctze, ein Mittel zur Erneuerung des Willensimpulses und der Aufmerksamkeit sein kann, und auf diese Weise kann die Ausdauer des Individuums verl\u00e4ngert, und dabei die Leistung vermehrt werden. Auf keine andere Weise aber ist es wahrscheinlich, dass der Gebrauch des Rhythmus ein bedeutendes Mittel zur Zeitersparniss sei. Noch unwahrscheinlicher ist es, dass der Rhythmus ein Mittel zur Ersparniss der menschlichen Kraft sei. Sein G\u00e9brauch entspricht im Gegentheil einem gr\u00f6\u00dferen","page":294},{"file":"p0295.txt","language":"de","ocr_de":"Rhythmus und Arbeit.\n295\nAufwande der physischen Kraft, indem erstens ein gr\u00f6\u00dferer Theil des Nervensystems dabei auf einmal in Anspruch genommen wird und sodann die Erm\u00fcdung durch den unabl\u00e4ssigen Antrieb eben so wie durch den andauernden Affect bedeutend vermehrt werden muss. Der Gewinn liegt scheinbar und vor\u00fcbergehend in dem dabei erregten, angenehmen Gef\u00fchle, in Folge dessen das Individuum seine Kraft williger anwendet. Es wird f\u00fcr den betreffenden Fall ein bereitwilliger Arbeiter. Das angenehme Gef\u00fchl, das durch die regelm\u00e4\u00dfige Th\u00e4tigkeit des K\u00f6rpers verursacht wird, steigt \u00fcber die Empfindung der Anstrengung und beherrscht f\u00fcr diese Zeit die Bewegungen.\nBei den Steinmetzen (als sie abwechselnd arbeiteten) war der Einfluss dieses angenehmen Gef\u00fchls klar zu sehen. Es war nicht nur eine gr\u00f6\u00dfere Aufregung, als wenn jeder allein arbeitete, zu bemerken , sondern auch eine bestimmte Munterkeit. Die M\u00e4nner lachten gutm\u00fcthig, sprachen fr\u00f6hlich mit einander und schlugen nicht schneller, sondern scheinbar mit mehr Kraft und wahrscheinlich auch mit mehr Genauigkeit. Ein Grund f\u00fcr das Aufh\u00f6ren des doppelten Taktes war immer der, dass ein Mann den Takt verlor. Er hatte scheinbar weniger Kraft als der andere, und gab immer ein wenig nach, bis er endlich auf h\u00f6ren musste und der andere den Takt allein fortsetzte. Gerade hier beschleunigte dieser Arbeiter die Bewegungen, als oh er den verfehlten Takt seines Kameraden ersetzen wollte. Wenn die wirkliche Aenderung des Rhythmus klar empfunden wurde, so h\u00f6rten seine Bewegungen auch auf.\nEs ist der Verfasserin nie gelungen, zwei M\u00e4nner von gleicher Kraft oder von gerade gleichem Takte zusammen arbeiten zu sehen; auch hat sie nie sehen k\u00f6nnen, dass die Verwendung der k\u00f6rperlichen Kraft durch den Rhythmus vermindert worden w\u00e4re, sondern dass dieselbe freiwilliger aufgewendet wurde. (Zwar bei dem doppelten Takte war die Ausdauer l\u00e4nger, als wenn jeder f\u00fcr sich arbeitete, hei den Pausen jedoch war die Erm\u00fcdung scheinbar entsprechend gr\u00f6\u00dfer.)\nIn Bezug auf den Unterschied des Taktes, d. h. des Tempo der zwei Arbeiter muss gesagt werden, dass der Rhythmus nicht dabei merklich gest\u00f6rt wurde. Dies hat eine fr\u00fchere hei den Ged\u00e4chtnissund Gewichtsversuchen gemachte Beobachtung best\u00e4tigt, n\u00e4mlich dass\nWundt, Philos. Studien. XYI.\t20","page":295},{"file":"p0296.txt","language":"de","ocr_de":"296\nMargaret Keiver Smith.\nabsolute Gleichheit der Zeitintervalle zwischen den Bewegungen zur Empfindung des Rhythmus nicht unbedingt nothwendig ist. Auch wird eine gewisse Ungleichheit in der Dauer der Bewegungen die Empfindung des Rhythmus nicht verletzen. Bei dem nat\u00fcrlichen primitiven Rhythmus sind Unregelm\u00e4\u00dfigkeiten in Bewegungen und Zeit wahrscheinlich immer vorhanden.\nBei der Kunst aber (n\u00e4mlich bei der Poesie, der Musik und auch vielleicht hei dem Tanz), wo der Rhythmus mathematisch bestimmt wird, ist eine viel gr\u00f6\u00dfere Regelm\u00e4\u00dfigkeit und Genauigkeit zu finden. Es ist aber eine Frage, ob der Effect auf das Individuum im letzten Falle gerade so angenehm wie im ersten ist und gerade so vortheil-haft f\u00fcr den K\u00f6rper.\nUnter Ber\u00fccksichtigung des Rhythmus als eines elementaren k\u00fcnstlerischen Darstellungsmittels werden die K\u00fcnste in zwei Classen getheilt, n\u00e4mlich:\n1.\tdie K\u00fcnste der Zeit und der Bewegung, z. B. der Tanz, die Musik, und die Poesie, deren Grundprincip der Rhythmus ist, und\n2.\tdie K\u00fcnste des Raumes und der Ruhe, z. B. Sculptur, Architektur und Malerei, die in keiner Beziehung zu den rhythmischen Formen stehen. (Schipper: Grundriss der englischen Metrik, Leipzig 1895.)\nObgleich man gew\u00f6hnlich in dieser Ansicht einig ist, finden wir doch hier und da Jemand, der von ruhendem Rhythmus spricht, d. h. der meint, einen Rhythmus in der Sculptur, der Architektur und auch in der Malerei zu erkennen. Schipper leugnet \u00fcberhaupt die M\u00f6glichkeit des Empfindens des Rhythmus au\u00dfer durch die Bewegungen und den Geh\u00f6rsinn. Er meint, die Bewegungen des Tanzes seien f\u00fcr einen, der nur sehe und kein Ger\u00e4usch h\u00f6re, ganz ohne Rhythmus. (Grundriss der englischen Metrik. S. 2.)\nAuch Meyer (Beitr\u00e4ge zur deutschen Metrik, Marburg 1897. S. 37) leugnet die M\u00f6glichkeit, durch den Gesichtssinn eine unmittelbare Empfindung des Rhythmus zu erhalten. Auch meint er, es sei unm\u00f6glich, dass Geh\u00f6rseindr\u00fccke allein Empfindungen des Rhythmus erwecken. Nach ihm kann nur der Tanzende den wirklichen Rhythmus des Tanzes empfinden; der Rhythmus k\u00f6nne also nur durch die k\u00f6rperlichen Bewegungen direct empfunden werden. Die Verfasserin verweist in diesem Punkte auf die vorher erw\u00e4hnten Versuche von","page":296},{"file":"p0297.txt","language":"de","ocr_de":"Rhythmus und Arbeit.\n297\nProf. Meumann, obwohl sie glaubt, dass die bisherigen Versuche und Beobachtungen nicht gen\u00fcgend sind, um ein entscheidendes Ur-theil \u00fcber diese Frage zu erlauben, doch ist sie, soweit die Erfahrung reicht, theilweise geneigt mit diesen Ansichten \u00fcbereinzustimmen, besonders in Bezug auf den Gesichtssinn. Der Geh\u00f6rsinn scheint f\u00fcr den Rhythmus viel empfindlicher zu sein, als der Gesichtssinn, wegen der mechanischen Natur des Organs, und vielleicht auf Grund anatomischer Verbindungen der Geh\u00f6rscentren mit niederen motorischen und vasomotorischen Oentren. Das beweist die Tendenz des Individuums, beim H\u00f6ren von rhythmischen Tonfolgen und Ger\u00e4uschen, z. B. instrumentaler Musik, Singen, Marschiren, Tanzen, den K\u00f6rper in Mitbewegung zu setzen. Beim Sehen der Bewegungen allein geschieht dies nicht, au\u00dfer wenn etwa vorher der K\u00f6rper zur Zeit des Sehens diese Bewegungen gemacht hat, in welchem Falle die Gesichtsempfindungen vielleicht gen\u00fcgen, die Vorstellungen der k\u00f6rperlichen Bewegungen zu reproduciren.\nDie Empfindung von Rhythmus, die man beim H\u00f6ren von Singen oder Tanzen oder Lesen bekommt, ist ganz verschieden von der Empfindung von Rhythmus, die man bekommt, wenn man selber singt, tanzt, liest u. s. w. Es scheint wirklich, dass der Grund des Rhythmus in n\u00e4herer Beziehung zu dem Functioniren der allgemeinen Organe des K\u00f6rpers steht als zu den speciellen (Sinnesorgane). Eben deswegen ist der Rhythmus geeignet, als Arbeits-, Kampf- und bis zu gewissen Grenzen auch als Kunstmittel zu dienen.\nFr\u00fcher entsprachen die K\u00fcnste der Poesie, der Musik und des Tanzes den k\u00f6rperlichen Mitbewegungen des Genie\u00dfenden und es ist eine Frage, ob die wirkliche Freude an diesen K\u00fcnsten, einfach und unvollkommen wie sie waren, nicht f\u00fcr die ethische Natur des Menschen g\u00fcnstiger war als zur gegenw\u00e4rtigen Zeit, wo die h\u00f6here Civilisation verlangt, dass man alles in einem Zustande der Ruhe genie\u00dfe. Heute tanzt man von einem gewissen Alter an nicht mehr, sondern betrachtet etwa das Ballet auf der B\u00fchne, und um den Genuss der Musik zu haben besucht man das Conzert, die Oper. Oder man h\u00f6rt, um rhythmische Poesie, rhetorische Leistungen genie\u00dfen zu k\u00f6nnen, dem Schauspieler, dem Declamator zu. Ein Grund zu der Annahme, dass man den Rhythmus durch Ansehen und Zuh\u00f6ren allein nicht empfinden kann, hegt in der Thatsache, dass man andere Anforderungen\n20*","page":297},{"file":"p0298.txt","language":"de","ocr_de":"298\nMargaret Keiver Smith.\nals die des Rhythmus an diese K\u00fcnste stellt, obgleich urspr\u00fcnglich der Rhythmus das Fundament von allen dreien war. Der Erfolg der Ballett\u00e4nzerin von heute beruht nicht so sehr auf dem Rhythmus ihrer Bewegungen, als auf ihrer Bekleidung, ihrer Figur, ihrer turnerischen Leistung und ihren auffallenden Bewegungen. Derjenige, welcher sich f\u00fcr diese Eigenschaften nicht interessirt, findet das Ballet langweilig.\nAuch macht die Musik von heute viel weniger Anspr\u00fcche an den Rhythmus als an die Harmonie und Melodie. Es ist schwer zu sagen, worin der Werth vieler moderner Compositionen bestehe. Es ist m\u00f6glich, dass ein intellectuelles Vergn\u00fcgen ganz unabh\u00e4ngig von den k\u00f6rperlichen Empfindungen vorliegt, aber gewiss ist, dass den Personen, die an rhythmische Musik gew\u00f6hnt sind, dieses Vergn\u00fcgen fehlt.\nDie Poesie von heute wird viel mehr nach dem Inhalte als nach der Form gesch\u00e4tzt, deswegen ist der Rhythmus nicht mehr eine absolute Bedingung derselben.\nBei allen diesen K\u00fcnsten ist unter den heutigen Verh\u00e4ltnissen zu bemerken, dass das Vergn\u00fcgen des gro\u00dfen Publikums ebenso viel von den Nebenbedingungen als von dem Wesentlichen der Kunst, abh\u00e4ngt, ein Beweis vielleicht, dass das Grundprincip derselben nicht mehr aufgefasst wird.\nAuch in der Armee ist der Rhythmus als Kampfmittel, vielleicht auch als Unificirungsmittel, nicht mehr nothwendig. Mit der modernen Maschinerie des Krieges kann ein Mann die Arbeit eines Regiments leisten, und wenn die heutigen Gewehre vervollkommnet werden, wird es den Menschen nicht mehr m\u00f6glich sein, die Rolle von Helden auf dem Schlachtfelde zu spielen. Dann wird der Rhythmus vom Querpfeife und Trommel nur zum Commando oder zur Erfrischung und Erheiterung dienen k\u00f6nnen.\nAuch im Gebiete der Industrie spielt der Rhythmus nicht mehr seine fr\u00fchere Rolle. Durch die Anwendung der Maschine wird die wirkliche Arbeit aus den H\u00e4nden des Menschen genommen, so dass er den Rhythmus seiner eigenen k\u00f6rperlichen Bewegungen nicht mehr empfinden kann. Der Rhythmus der Maschine steht \u00fcber seiner Empfindungsf\u00e4higkeit und kann dem menschlichen K\u00f6rper gef\u00e4hrlich werden.","page":298},{"file":"p0299.txt","language":"de","ocr_de":"Rhythmus und Arbeit.\n299\nDie Verfasserin hat keine Gelegenheit gehabt, diese Hypothese durch Beobachtungen zu best\u00e4tigen, sie hat aber z. B. durch Mittheilung erfahren, dass die Arbeiter in einer Nagelf ah rik durch das Ger\u00e4usch der Maschinerie schwerh\u00f6rig wurden, oder dass sie f\u00fcr alle T\u00f6ne oder Ger\u00e4usche au\u00dferhalb der Fabrik taub wurden, w\u00e4hrend sie f\u00fcr die Ger\u00e4usche der Maschinerie noch empfindlich blieben. Versuche zur Messung der Erm\u00fcdung an jugendlichen Fabrikarbeitern, die Dr. Chary in hiesigen Fabriken ausf\u00fchrte, ergaben durchweg eine hochgradige Erm\u00fcdung hei Kindern, deren Arbeit rhythmischen Charakter trug.\nDas Erkennen eines \u00bbRhythmus* bei den ruhenden K\u00fcnsten (Sculptur, Architektur, Malerei) ist schon erw\u00e4hnt worden (S. 165). Billroth nimmt die Existenz des ruhenden Rhythmus an, und bezeichnet denselben als die \u00bbSymmetrie\u00ab, Gliederung des Raumes, wie der bewegte Rhythmus Gliederung der Zeit ist, und zur Best\u00e4tigung dieser Hypothese hat er die Ansicht von Aristoxenos erw\u00e4hnt. (Westphal, Griechische Rhythmik S. 47.) Aber gerade Billroth\u2019s Analyse zeigt, dass dieser sogenannte ruhende Rhythmus viel mehr eine logische Construction als eine Sache des Empfindens ist, eine Uebertragung zeitlicher Verh\u00e4ltnisse auf das r\u00e4umliche Nebeneinander. Er sagt, die Symmetrie, die mit ruhendem Rhythmus identisch ist, h\u00e4ngt wesentlich mit der Empfindung und Vorstellung von Gleichgewicht zusammen. Den Sitz des specifischen Gleichgewichtsgef\u00fchls verlegt er in die halbzirkelf\u00f6rmigen Can\u00e4le des inneren Ohres, durch welche wir Kenntniss vom Gleichgewicht des K\u00f6rpers bekommen. Diese Kenntniss scheinen wir aber nur in sehr geringem Grade zu besitzen. Wir kommen erst durch Selbstbeobachtung und Erfahrung zu den Vorstellungen von Symmetrie. Die Thiere aber, und besonders die Vierf\u00fc\u00dfler, bauen instinctiv symmetrisch, und bei den rhythmischen Bewegungen erhalten sie leicht ihr Gleichgewicht. Die Beobachtung dieses symmetrischen Baues und dieser rhythmischen Bewegungen ist n\u00f6thig, um die Auffassung der Symmetrie und des Gleichgewichts zu erm\u00f6glichen, zu entwickeln.\nDurch die Erfahrung, z. B. beim Bauen, wird diese Auffassung erweitert und vertieft, bis die Kenntniss von Gesetzen entsteht. Der Mond und der menschliche Sch\u00e4del liefern Beispiele von symmetrischen runden Formen. Durch solche Beobachtungen und Erfahrungen,","page":299},{"file":"p0300.txt","language":"de","ocr_de":"300\nMargaret Keiver Smith.\nmeint Billroth, komme der Mensch zum Begriff des ruhenden Rhythmus, d. h. der Symmetrie. Diese ganze Analyse des \u00bbruhenden Rhythmus\u00ab beruht offenbar auf vagen Analogien, auf metaphorischen Bezeichnungen der genannten Naturobjecte. Das Wort Rhythmus bezeichnet dabei nicht mehr jenes charakteristische psychische Erleb-niss, welches der Mensch bekommt durch seine eigene Bewegung und durch Ger\u00e4usche, die das Geh\u00f6rorgan afficiren, sondern ein r\u00e4umliches Nebeneinander. Nur in \u00fcbertragenem Sinne kann man von ruhendem Rhythmus reden. Hier sei noch eine andere blo\u00df bildliche Verwendung des Wortes Rhythmus erw\u00e4hnt, die manchmal mit der Auffassung des wirklichen Rhythmus verwechselt wird. Es ist die Bezeichnung von periodischen Naturvorg\u00e4ngen als \u00bbrhythmisch\u00ab eintretenden Vorg\u00e4ngen, z. B. den Bewegungen des Meerwassers, den Bewegungen einer Flamme, den Vibrationen der Luft, den Oscillationen des Aethers, den Bewegungen der siderischen K\u00f6rper etc. Alles das hat mit dem Rhythmus als psychischem Erlebniss nichts zu thun1).\nDie Regelm\u00e4\u00dfigkeit der Wiederholungen dieser Bewegungen sind zwar nicht zu leugnen, aber meistens ist der menschliche Geist nicht einmal im Stande, sie als rhythmisch zu empfinden, da er an sehr enge zeitliche Grenzen in der Aufeinanderfolge von Eindr\u00fccken, bezw. von Spannung und L\u00f6sung gebunden ist (circa 2 Secunden). Niemand spricht vom Rhythmus der unorganischen Natur, der \u00fcber den Rhythmus seiner eigenen Bewegungen nachgedacht hat, und wenn es geschieht, so handelt es sich wohl um eine Uebertragung von bewussten Zust\u00e4nden auf unbewusste Verh\u00e4ltnisse. (Vgl. kritisch Bolton a. a. O. S. 147 ff.).\nNachtrag.\nDie Verfasserin hat mehrfach zwei Versuchsreihen erw\u00e4hnt, die beim Abschluss der vorliegenden Abhandlung noch nicht beendet waren.\nDie erste dieser Versuchsreihen betrifft die Frage, wie sich der\n1) Meumann ist der Ansicht, dass man h\u00f6chstens an den regelm\u00e4\u00dfigen Wechsel der Perceptionsacte und Blickbewegungen denken k\u00f6nne, wenn etwa der Blick \u00fcber eine Reihe S\u00e4ulencapit\u00e4le gleitet, oder die Schlusssteine in den Fenstern einer Fassade abstreift. (Ph\u00fcos. Stud. X., S. 261 f.)","page":300},{"file":"p0301.txt","language":"de","ocr_de":"Rhythmus und Arbeit.\n301\nEinfluss des Rhythmus auf die Arbeit am Ergographen gestaltet, wenn man dieser Arbeit zugleich den Charakter einer qualitativ schwierigen Leistung gibt. Um dies zu pr\u00fcfen, lie\u00df Herr Prof. Meumann die Hebung des Gewichtes so ausf\u00fchren, dass ca. 2 cm (in manchen Versuchen auch 1 cm) \u00fcber dem tiefsten Stande des Registrirhebels auf der beru\u00dften Kymographiontrommel eine 1 mm breite wei\u00dfe Horizontallinie gezogen wurde. Das Gewicht sollte nun nur so hoch gehoben werden, bis der Registrirhebel jene Linie erreichte. Bei diesem Versuche wird der Finger nicht einfach mit gr\u00f6\u00dfter Kraft contrahirt, sondern die Arbeit hat zugleich eine gewisse Qualit\u00e4t, indem es durchaus nicht leicht ist, die Hubh\u00f6hen jedesmal genau bis zu einem vorgezeichneten Strich auszuf\u00fchren. Diese Leistung kann noch erschwert werden durch 2 Momente, erstens dadurch, dass man den Arbeitsstrich (wie man ihn kurz bezeichnen kann) verschieden nahe an den tiefsten Stand des Registrirhebels heranbringt ; zweitens dadurch, dass man das Arbeitstempo ver\u00e4ndert. Es ist um so schwieriger, von Hebung zu Hebung den Strich zu erreichen, bezw. nicht zu \u00fcberschreiten, je gr\u00f6\u00dfer die vorgeschriebene Arbeitsgeschwindigkeit ist.\nBei diesen Versuchen wurde nun in folgender Weise gearbeitet. Die Versuchsperson arbeitete zun\u00e4chst in der gew\u00f6hnlichen Weise mit 5 kg und 60 Metronomschl\u00e4gen in der Minute, also im Zwei-secundentakt, bis zur momentanen Erm\u00fcdung1 *). Die hierbei erhaltene Arbeitscurve galt als Normalcurve, mit der die anderen verglichen werden. Darauf wurden nach etwa 3/4 Stunde Pause wiederum 5 kg bis zum Arheitsstrich gehoben. Die Versuchsperson muss nat\u00fcrlich bei allen Versuchen die Trommel ansehen, um den Erfolg ihrer Arbeit controliren zu k\u00f6nnen. Bei den Versuchen bis zum Arbeitsstrich wird auch bis zur vollen momentanen Erm\u00fcdung gearbeitet, der Versuch wird also auch fortgesetzt, wenn die Hubh\u00f6hen den Arheitsstrich nicht mehr erreichen, damit die volle Arbeitsleistung in allen F\u00e4llen verglichen werden kann.\nBei dem Heben des Gewichtes bis zu einer durch den Arheitsstrich vorgeschriebenen H\u00f6he wurden 4 verschiedene Arbeitszeiten verwendet. Einmal das von der Versuchsperson selbst gew\u00e4hlte Tempo,\n1) Es ist richtiger von momentaner als von totaler Erm\u00fcdung des Muskels\nzu sprechen.","page":301},{"file":"p0302.txt","language":"de","ocr_de":"302\nMargaret Keiver Smith,\n\u2022wobei sie den Auftrag erhielt, den Strich m\u00f6glichst correct zu treffen (qualitativer Bestandteil der Arbeit), und gleichzeitig das denkbar schnellste Tempo einzuhalten; d. h. es sollte dasjenige Tempo ausfindig gemacht werden, welches noch gerade eine qualitativ vollkommene Arbeit gestattete; endlich war die Arbeit bis zu voller momentaner Erm\u00fcdung durchzuf\u00fchren (quantitativer Theil der Arbeit); sodann die Zeiten von 60, 120 und 180 Metronomschl\u00e4gen in der Minute. Die Resultate dieser an drei Personen ausgef\u00fchrten Versuche waren folgende:\n1.\tJede Versuchsperson macht bei dem selbstgew\u00e4hlten Tempo zuerst ein l\u00e4ngeres Stadium des Prohirens durch, wobei das g\u00fcnstigste Tempo erst gesucht wird, und Hand und Auge auf die richtige Ausf\u00fchrung der beschr\u00e4nkten Hebung einge\u00fcbt werden. W\u00e4hrend dieser Zeit geht die Arbeit unregelm\u00e4\u00dfig, ohne correct eingehaltenen Rhythmus und in einem relativ langsamen Tempo von statten. Die Zahl der Hebungen, welche diesem Stadium entsprechen, betr\u00e4gt bei relativ leichter Erreichung des Arbeitsstrichs etwa 6\u20148, in schwierigeren F\u00e4llen ist sie individuell sehr verschieden. Auch bei vorgeschriebenem Tempo wird dieses Stadium des Probirens beobachtet; die Fehler (die als Ueberschreitungen oder zu kurze Bewegungen gemessen werden k\u00f6nnen) sind in diesem Stadium sehr viel gr\u00f6\u00dfer als sp\u00e4ter.\n2.\tSobald die Versuchspersonen die Arbeit correct ausf\u00fchren k\u00f6nnen, qualitativ beherrschen, geht die unregelm\u00e4\u00dfige Arbeit in rhythmische (mit schnellerem Tempo) \u00fcber. Der Uebergang ist meist ein ganz pl\u00f6tzlicher.\n3.\tDie Art und Weise, wie die Versuchspersonen das Gewicht bei beschr\u00e4nkter Hubh\u00f6he heben, ist eine auffallend verschiedene. Die eine versuchte den Arbeitsstrich in einem Zuge zu erreichen. Bei den andern macht der ansteigende Schenkel einer Hubcurve vor Erreichung der Arbeitslinie stets einen kleinen Knick, die Versuchspersonen hemmen die Beugebewegung kurz vor Erreichung der Arbeitslinie und setzen noch eine kleine Contraction zu, mit der sie die Linie erreichen. Die letztere Arbeitsweise scheint das g\u00fcnstigere Resultat zu ergeben. Die Arbeitslinie wird nicht so oft \u00fcberschritten.\n4.\tDer Einfluss des Metronomtaktes auf die Arbeitscurve zeigt sich in folgender Weise. Bei selbstgew\u00e4hltem Arbeitsrhythmus ist die Arbeit qualitativ sehr viel besser als bei irgend einem","page":302},{"file":"p0303.txt","language":"de","ocr_de":"Rhythmus und Arbeit.\n303\nvorgeschriebenen Takt, d. h. die Hebungen erreichen, von dem ersten Probiren abgesehen, die Arbeitslinie sehr correct, w\u00e4hrend sie bei vorgeschriebenem Rhythmus die Arbeitslinie h\u00e4ufiger \u00fcberschreiten oder nicht erreichen. Die Quantit\u00e4t der Leistung ist aber geringer als bei manchen vorgeschriebenen Takten.\n5.\tIn den meisten F\u00e4llen, in welchen durch die beschr\u00e4nkte Hebung eine qualitativ schwierigere Arbeit ausgef\u00fchrt wird, ist die Gesammtleistung jeder Versuchsperson sehr viel geringer, als heim gew\u00f6hnlichen ergographischen Versuch, in welchem der Finger einfach vollst\u00e4ndig gebeugt wird. Als Ursache f\u00fcr diese geringere Arbeitsleistung gehen die Versuchspersonen bisweilen an, dass die Erm\u00fcdung der Aufmerksamkeit bei den ersteren Versuchen mitwirke, doch wird h\u00e4ufig auch eine irgendwie bemerkbare Erm\u00fcdung der Aufmerksamkeit verneint. Es scheint aber f\u00fcr jedes Gewicht ein Tempo der Hebungen zu existiren, in welchem ein Maximum der Arbeit erreicht wird. Dieses ist bisweilen, auch hei beschr\u00e4nkter Hebung, gr\u00f6\u00dfer als die maximale Leistung mit unbeschr\u00e4nkter Hebung.\n6.\tDas Quantum der Arbeit stellt sich bei allen Versuchspersonen folgenderma\u00dfen. Die gr\u00f6\u00dfte Arbeitsleistung wird in der Regel erreicht hei dem gew\u00f6hnlichen ergographischen Versuch: Gewicht 5 kg, Metronom 60, m\u00f6glichst vollst\u00e4ndige Beugung des Mittelfingers.\nDie zweitgr\u00f6\u00dfte Arbeitsleistung tritt ein bei beschr\u00e4nkter Hebung und einem ganz bestimmten, individuell sehr verschiedenen Arbeitstempo, bei welchem jede Person die ihrer Muskelkraft, ihrem Temperament und ihrer gewohnten Arbeitsgeschwindigkeit genau entsprechende Succession der Hebungen inne h\u00e4lt. Trifft man dieses individuell passende Arbeitstempo, so wird das Arbeitsquantum sogar in einzelnen F\u00e4llen bei beschr\u00e4nkter Hebung gr\u00f6\u00dfer, als bei der gew\u00f6hnlichen Arbeit mit unbeschr\u00e4nkter Hebung. Als Beispiel m\u00f6gen dienen einige Zahlen von der Versuchsperson Re.\nVersuchsperson Re.\nArbeits- bedingungen\tMetronom 60 ohne Beschr\u00e4nkung\tMetronom 60 bis zum Arbeitsstrich\tselbstgew\u00e4hltes Tempo bis zum Arbeitsstrich\tMetronom 180 bis zum Arbeitsstrich\nHebungen Summe d. Hub-\t55\t59\t54\t143\nh\u00f6hen in mm\t1437,3\t1035\t1203,5\t1655","page":303},{"file":"p0304.txt","language":"de","ocr_de":"304\nMargaret Keiver Smith.\n7. Das selbstgew\u00e4hlte Tempo ist bei allen Versuchspersonen schneller als das gew\u00f6hnlich verwendete Zweisecundentempo der ergographischen Versuche. Herr Re. w\u00e4hlte durchschnittlich 70 Hebungen in der Minute; rechnet man das Stadium des Probirens ab, so ergeben sich sogar etwa 90\u201492 Hebungen in der Minute. In ungef\u00e4hr demselben Tempo arbeitete Herr Mar. bei selbstgew\u00e4hltem Rhythmus der Hebungen.\nDiese Ergebnisse best\u00e4tigen fast in allen Punkten die Beobachtungen, die \u00fcber den Einfluss des Rhythmus auf die Arbeit bei den fr\u00fcheren Versuchen gemacht wurden. Sie lassen sich etwa so zusammenfassen. Der vorgeschriebene Takt ist unmittelbar nur geeignet die Quantit\u00e4t der Arbeitsleistung zu erh\u00f6hen. Der quantitativ g\u00fcnstigste Erfolg wird erreicht, wenn das Tempo der Arbeit den Kr\u00e4ften des Arbeitenden und der Qualit\u00e4t der Arbeit genau entspricht, und immer erst dann, wenn die Arbeit qualitativ beherrscht wird. So lange das \u00bbStadium des Probirens\u00ab andauert, wird die Arbeit correcter ausgef\u00fchrt, wenn der Arbeitende das Tempo selbst w\u00e4hlt, als wenn es vorgeschrieben ist. Der Rhythmus wirkt also sch\u00e4digend auf die Qualit\u00e4t der Arbeit, so lange der Arbeitende diese nicht v\u00f6llig beherrscht und die Bewegungen automatisch geworden sind.\nEine zweite Versuchsreihe, auf welche im Vorigen \u00f6fter Bezug genommen wird, galt der graphischen Messung der Hebungszeiten bei den Versuchen mit Vergleichung gehobener Gewichte. Die com-plicirte Einrichtung, durch welche die Zeiten der Handbewegungen genau gemessen wurden, wird Herr Prof. Meumann sp\u00e4ter ver\u00f6ffentlichen. F\u00fcr die Zwecke der vorliegenden Untersuchung kommen nur folgende Resultate dieser Messungen in Betracht:\n1. Die Handbewegungen beim Vergleichen gehobener Gewichte nach der fr\u00fcher beschriebenen Anordnung lassen sich in sieben Stadien zerlegen : Aufheben des ersten Gewichts, Anliegen der Hand an der Schnur (an dem Schnurcontact), Niedersetzen des ersten Gewichts, Uebergang zum zweiten Gewicht, Hebung des zweiten Gewichts, Anliegen der Hand an der Schnur, Niedersetzen des zweiten Gewichts; dazu kam als achte gemessene Zeit die Reactionszeit des Urtheils. Diese acht Zeiten ordnen sich bei Begleitung der Hebungen mit dem Metronom dem vorgeschriebenen Tempo ein, nur die Urtheilszeit bleibt davon in gewissem Ma\u00dfe unbeeinflusst.","page":304},{"file":"p0305.txt","language":"de","ocr_de":"Rhythmus und Arbeit.\n305\n2.\tDie Genauigkeit, mit welcher die Handbewegungen dem vorgeschriebenen Tempo folgen, ist sehr verschieden, je nach Individuum und Tempo. H\u00e4ufig glauben die Personen genau im vorgeschriebenen Tempo zu arbeiten, wenn dies in Wahrheit keineswegs zutrifft.\n3.\tDie Hauptahweichung der Hehungszeiten von den Metronomzeiten besteht darin, dass die einzelnen Metronomzeiten gleich sind, die einzelnen Hebungszeiten dagegen stets gewisse constante Ungleichheiten aufweisen. Die l\u00e4ngsten beiden Zeiten pflegen die der Hebung selbst zu sein, die k\u00fcrzesten sind die des Niedersetzens. Sehr variabel ist die Zeit des Handanliegens. Sie ist der des Niedersetzens zumeist gleich oder l\u00e4nger als diese.\n4.\tAuch wenn die Versuchspersonen im Metronomtakte zu arbeiten glauben, richtet sich die Hebungszeit wesentlich nach der Schwierigkeit des Urtheilens, indem bei unsicherem Urtheil die Hebung verz\u00f6gert wird, ganz gleichg\u00fcltig, oh das beurtheilte Gewicht leichter oder schwerer ist.\nDie rhythmische Arbeit h\u00e4lt also die vorgeschriebene Taktzeit nur in sehr freier Weise ein, auch ohne dass der Arbeitende sich dessen bewusst wird.\nHierdurch wird wohl \u00fcberhaupt allein eine qualitativ schwierigere Arbeit mit vorgeschriebenen Bewegungszeiten erm\u00f6glicht.\nEine Verwerthung der erw\u00e4hnten Versuche zu psychophysischen Zwecken beh\u00e4lt Herr Prof. Meumann sich vor.\nliteratur-V erzeichniss.\nBillroth, Wer ist musikalisch? Deutsche Rundschau. Oct. 1894 u. Sept. 1895. Bolton, Rhythm. Americ. Journal of Psych. VL 1894.\nB\u00fccher, Arbeit und Rhythmus. Leipzig 1896. Zweite Auflage 1899. Ebbinghaus, Ueber das Gfed\u00e4chtniss. Leipzig 1885.\nGro\u00dfe, Anf\u00e4nge der Kunst. 2. Aufl. Freiburg und Leipzig 1896.\nGroos, Die Spiele der Menschen. Jena 1899.\nKussmaul, Die St\u00f6rungen der Sprache. Leipzig 1885.\nLanier, Science of English Verse. New York 1888.\nMartin, Rhythmic Movements of the Human Body, p. 393. New York 1890. Meumann, Aesthetik des Rhythmus. Wundt\u2019s Philos. Studien. X. 1894. Meyer, Beitr\u00e4ge zur deutschen Metrik. Marburg 1897.\nM\u00fcller und Schumann, Untersuchung \u00fcber das Ged\u00e4chtniss. Hamburg und Leipzig 1893.\nSchipper, Englische Metrik. Wien und Leipzig 1895.\nWestphal, Elemente des musikalischen Rhythmus. Jena 1872.\nWundt, Menschen- und Thierseele. 3. Aufl. Leipzig 1897.","page":305}],"identifier":"lit4472","issued":"1900","language":"de","pages":"197-305","startpages":"197","title":"Rhythmus und Arbeit, Schluss","type":"Journal Article","volume":"16"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T14:26:03.531462+00:00"}