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Der Fechner-Helmholtz‘sche Satz über negative Nachbilder und seine Analogien

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{"created":"2022-01-31T14:27:26.265705+00:00","id":"lit4475","links":{},"metadata":{"alternative":"Philosophische Studien","contributors":[{"name":"Wirth, Wilhelm","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Philosophische Studien 16: 465-567","fulltext":[{"file":"p0465.txt","language":"de","ocr_de":"Der Fechner-Helmholtz\u2019sche Satz \u00fcber negative Nachbilder und seine Analogien.\nVon\nWilhelm Wirth.\nMit 9 Figuren im Text und Tafel TTT\nEinleitung.\nA. Historisch-Kritisches.\n1. Die vorliegende Arbeit umfasst eine gr\u00f6\u00dfere Anzahl von Versuchen, in denen der Marhe\u2019sche Rotationsapparat, der eine Ver\u00e4nderung der Sectorenstellung w\u00e4hrend der Rotation gestattet, zur quantitativen Bestimmung negativer Nachbilder1) herangezogen wurde. Es handelt sich also dabei ausschlie\u00dflich um die Messung jener Erregbarkeitsver\u00e4nderungen des Sehorgans, die nach l\u00e4ngerer Fixation farbloser oder farbiger Objecte erkennbar werden, im Gegensatz zu den Nachempfindungen, die auf kurzdauernde Reizung folgen und als \u00bbpositive Nachbilder\u00ab bezeichnet zu werden pflegen. Als quantitative Bestimmung dieser Erscheinungen bewegen sich die vorliegenden Versuche in einer Richtung, deren Litteratur in den letzten Decennien bereits einen gewissen Umfang erreicht hat. Dabei denke ich nat\u00fcrlich an die pr\u00e4gnante Bedeutung dieser Bestimmungsweise un Sinne einer exacten Messung; denn Gr\u00f6\u00dfenbestimmungen allgemeiner Art sind wohl fast in allen Abhandlungen \u00fcber die Nachbilder enthalten und reichen daher weit vor die eben angegebene Zeit zur\u00fcck. Es liegt dies ja auch schon im Wesen des Gegenstandes\n1) In diese Bezeichnung darf in dieser allgemeinen Bedeutung nat\u00fcrlich keine Beziehung zur absoluten Helligkeit des prim\u00e4ren Objectes und \u00fcberhaupt keine absolute Qualit\u00e4t der im Nachbild vorhandenen Empfindung hineingelegt werden. Sie bedeutet nur die bekannte eigenth\u00fcmliche Inversion der gegenseitigen Verh\u00e4ltnisse des Urbildes bei Projection des Nachbildes auf einfarbige Fl\u00e4chen.\nWundt, Philos. Studien. XVI.\t31","page":465},{"file":"p0466.txt","language":"de","ocr_de":"466\nWilhelm Wirth.\nselbst begr\u00fcndet. Denn einerseits mussten sich dem Beobachter von Anfang an die messbaren Factoren der Reizintensit\u00e4t und -dauer als wichtige Entstehungsbedingungen aufdr\u00e4ngen, und anderseits tritt die Erscheinung selbst in einem mehr oder weniger typischen Verlauf von Intensit\u00e4tsabstufungen zu Tage. Vor allen hat bekanntlich schon Fechner vor mehr als 60 Jahren \u00fcber den Intensit\u00e4tsund Qualit\u00e4tsverlauf der Nachbilder je nach der Anfangsintensit\u00e4t und Reizdauer die sorgf\u00e4ltigsten Einzelbestimmungen gemacht, die bei jener allgemeinen Sch\u00e4tzungsmethode \u00fcberhaupt m\u00f6glich waren1). Man denke nur z. B. an die Bestimmungen \u00fcber den Einfluss der Farben-und Helligkeitsverh\u00e4ltnisse innerhalb des ganzen Sehfeldes, welche in neuerer Zeit besonders G. Martius wieder in Erinnerung gebracht hat2).\nZu Anfang verlangte man aber eigentlich auch gar nichts weiter als solche allgemeine Bestimmungen, aus denen sich die Theorie vorl\u00e4ufig in ihren allgemeinen Umrissen hinreichend entwickeln konnte. Erst im weiteren Ausbau derselben und im Wettstreit der verschiedenen Theorien wuchs auch das Interesse f\u00fcr genauere Messungen. Ohne jene allgemeinsten Vorkenntnisse w\u00e4re ja auch \u00fcberhaupt keine zweckm\u00e4\u00dfige Anordnung f\u00fcr genauere Bestimmungen m\u00f6glich gewesen. So ist also zun\u00e4chst nicht vielleicht die thats\u00e4chliche Schwierigkeit quantitativer Bestimmungen auf diesem Gebiete der alleinige Grund f\u00fcr das fr\u00fchere Unterbleiben derselben gewesen. Das andere Gebiet subjectiver Farben- und Helligkeitsver\u00e4nderungen, das meistentheils mit den negativen Nachbildern zusammen behandelt zu werden pflegt, der simultane Contrast, wurde ja erst noch viel sp\u00e4ter nach exacteren Messungsmethoden untersucht. Und doch sind bei ihm exacte Versuche weit einfacher zu bewerkstelligen, falls \u00fcberhaupt einmal die Absicht hierzu aufgekommen ist. Seine psychologische Erkl\u00e4rung durch v. Helmholtz hat wohl die exacte Messung hier so lange aufgeschoben, bis auch auf diesem psychologischen Gebiete die quantitativen Bestimmungen h\u00e4ufiger wurden. Die negativen Nachbilder waren hingegen schon ziemlich allgemein zu nerv\u00f6sen Vorg\u00e4ngen m n\u00e4here Beziehung gesetzt und daher einem Gebiete zugerechnet worden, auf welchem die exacteren Messungen schon l\u00e4ngst zu Hause waren. Nachdem aber einmal das Interesse f\u00fcr quantitative Bestimmungen\n1)\tFechner, Poggend. Annalen 1838, XLIV, S. 513ff. und 1840, L.\n2)\t(t. Martius, Beitr\u00e4ge zur Psychologie und Philosophie. I, 1. S. 44.","page":466},{"file":"p0467.txt","language":"de","ocr_de":"Der Fechner-Helmholtz\u2019sche Satz \u00fcber negative Nachbilder und seine Analogien. 467\nnegativer Nachbilder, vor allem durch v. Helmholtz\u2019 Verdienst, erwacht war, hlieb es offenbar nur in Folge der Schwierigkeit solcher Versuche mit den damaligen Mitteln noch eine Zeit lang erfolglos. Am deutlichsten zeigt sich dies noch in Auhert\u2019s \u00bbPhysiologie der Netzhaut\u00ab aus dem Jahre 1865. Dort wurde noch der unfreiwillige Verzicht auf die genaueren quantitativen Bestimmungen ausdr\u00fccklich betont1). Aubert beschr\u00e4nkte sich daher noch auf die Angabe \u00bbder Momente, welche die Dauer und die Intensit\u00e4t der negativen Nachbilder beg\u00fcnstigen und ver\u00e4ndern\u00ab.\n2. Aber schon im n\u00e4chsten Jahre enthielt C. F. M\u00fcller\u2019s2) Dissertation \u00fcber den Verlauf der Netzhauterm\u00fcdung den ersten Versuch, die Herabminderung der subjectiven Helligkeit wei\u00dfer Fl\u00e4chen bei l\u00e4ngerer Fixation zahlenm\u00e4\u00dfig zu bestimmen. M\u00fcller pr\u00fcfte die Abh\u00e4ngigkeit dieses Helligkeitsverlustes von der Beleuchtungsst\u00e4rke und der Reizdauer und suchte au\u00dferdem noch den Einfluss festzustellen, welchen die Helligkeitsadaptation hei Beginn der Versuche und die Stimmung des Auges zu den verschiedenen Tageszeiten aus\u00fcbe. Er fixirte durch eine innen geschw\u00e4rzte R\u00f6hre eine kleine wei\u00dfe Fl\u00e4che neben einer ebenso gro\u00dfen Oeffnung eines dunklen Kastens, die als ann\u00e4hernd lichtlos betrachtet werden konnte. Nach einer bestimmten Fixationszeit wurde dann vor die schwarze Oeffnung rasch ein graues Papier gebracht und bei Fortsetzung der Fixation mit der modificirten Helligkeit des wei\u00dfen Papieres verglichen. Aus einer gr\u00f6\u00dferen Reihe grauer Papiere von verschiedener Helligkeit3) konnte in dieser Weise hei h\u00e4ufiger Wiederholung des Versuches diejenige objective Helligkeit herausgefunden werden, welche der sog. \u00bberm\u00fcdeten\u00ab Auffassung des Wei\u00df gleich erschien. Von einer Aus-\n1)\tA. a. O. S. 366.\n2)\tCarl Friedrich M\u00fcller, Versuche \u00fcber den Verlauf der Netzhauterm\u00fcdung, Z\u00fcrich 1866.\n3)\tDas Helligkeitsverh\u00e4ltniss dieser grauen Papiere zu dem verwendeten Wei\u00df hat M\u00fcller bereits auf eine ganz \u00e4hnliche Weise bestimmt, wie sie sp\u00e4ter von Kirschmann zur Bestimmung der Helligkeit des Pigmentschwarz bei der geringen Verbreitung, welche diese Dissertation gefunden hat, neu erfunden werden musste. (Wundt, Philos. Studien, V, 1889, S. 292). Auch M\u00fcller verglich n\u00e4mlich das graue Papier am Farbenkreisel mit einer Mischung aus Wei\u00df und absolutem Schwarz, das durch einen sectorenf\u00f6rmigen Ausschnitt des wei\u00dfen Papieres bei seinem Vorbeigehen vor der Oeffnung jenes Dunkelkastens gesehen wurde.\n31*","page":467},{"file":"p0468.txt","language":"de","ocr_de":"468\nWilhelm Wirth,\nnutzung eines einzigen Versuches zu einer Messung musste hei der langsamen Variationsm\u00f6glichkeit der Vergleichsreize abgesehen werden. Die Abstufung der Reizintensit\u00e4t geschah durch Oeffnen und \u2022Schlie\u00dfen von Fensterl\u00e4den. Trotz dieser einfachen H\u00fclfsmittel hat M\u00fcller die Abh\u00e4ngigkeit von der Reizintensit\u00e4t und vor allem von der Fixationszeit so bestimmt nachgewiesen, dass von da an die Messbarkeit der negativen Nachbilder ein f\u00fcr allemal dargethan war. Er fand eine Unabh\u00e4ngigkeit der relativen Nachbild Wirkung von der Beleuchtungsst\u00e4rke, also eine directe Proportionalit\u00e4t zur Reizintensit\u00e4t, und ferner eine anfangs rasche, sp\u00e4ter immer langsamer fortschreitende Herabsetzung der scheinbaren Helligkeit hei Steigerung der Fixationszeit, so dass eine gro\u00dfe Aehnlichkeit der entsprechenden Curve mit der Curve f\u00fcr die Zunahme der allgemeinen Adaptation des Sehorganes zu erkennen ist. Die relative Herabminderung der Helligkeit war ferner um so geringer, je l\u00e4nger das Auge vorher schon Lichtreizen ausgesetzt war. Seine anstrengenden Versuche nach vollkommener Dunkeladaptation sind in dieser Weise \u00fcberhaupt noch nicht wieder aufgenommen worden. Endlich hat er auch bereits die specielle Frage in die Discussion seiner Resultate hineingezogen, welche in meinen eigenen Untersuchungen die Hauptfrage bildet. Ich meine denjenigen Gesichtspunkt, der zum ersten Male in Fechner\u2019s \u00bbParallelgesetz\u00ab zum psychophysischen Grundgesetz in seiner Anwendung auf Gesichtsreize ins Auge gefasst worden war1).\n2a. Fechner erkannte es als eine nothwendige Folgerung seines allgemeinen Gesetzes, dass bei Herabsetzung der Empfindlichkeit die n\u00e4mlichen objectiven Reizunterschiede zu einer ehenmerklichen Verschiedenheit erforderlich seien. Was die Gesichtsreize anhelangt, sa schloss er dabei ausdr\u00fccklich die extremen F\u00e4lle eines Ueberganges zwischen Hell- und Dunkeladaptation aus, in denen die Anomalien des oberen und unteren Reizgebietes zur Geltung kommen2). Er dachte vielmehr besonders an die Herabsetzung der Helligkeit einer helleren Fl\u00e4che auf dunklerem Grunde bei dauernder Fixation, die er auch beim Beginne seiner diesbez\u00fcglichen Ausf\u00fchrungen wieder anf\u00fchrt. F\u00fcr eine solche gleichm\u00e4\u00dfig \u00bberm\u00fcdete\u00ab Stelle sollte sein\n1)\tFechner, Elemente der Psychophysik, I, S. 300ff.\n2)\tA. a. O. S. 325.","page":468},{"file":"p0469.txt","language":"de","ocr_de":"Der Fechner-Helmholtz\u2019sche Satz \u00fcber negative Nachbilder und seine Analogien. 469\nParallelgesetz gelten. Fechner hat aber nun nicht etwa einen solchen Fall quantitativ nachpr\u00fcfen lassen; er machte vielmehr vor allem nur Gewichts versuche und beschr\u00e4nkte sich bei der Discussion des Parallelgesetzes f\u00fcr den Lichtsinn auf die Abwehr der Einw\u00e4nde> welche aus der Vergleichung der Unterschiedsempfindlichkeit von verschiedenen Gesamtadaptationen, d. h. von Hell- und Dunkeladaptation erwachsen k\u00f6nnen. Da es ihm nur darauf ankam, die allgemeineren Thatsachen der Unterschiedsempfindlichkeit festzustellen, so konnten ihm allerdings auch genauere Versuche auf einem einzigen Gebiete gen\u00fcgen. Ja, er konnte von hier aus sogar die erw\u00e4hnten Einw\u00e4nde aus dem Gebiete des Lichtsinnes gewisserma\u00dfen deductiv zur\u00fcckzuweisen versuchen. H\u00e4tte es ihm hingegen der Zustand seines Sehverm\u00f6gens noch erlaubt, die Reizdifferenz bei eben merklicher Verschiedenheit f\u00fcr eine solche relativ \u00bberm\u00fcdete\u00ab Stelle des Sehfeldes mit seiner gewohnten Exactheit nachzupr\u00fcfen, so h\u00e4tte man hierin nun nicht blo\u00df einen exacten Nachweis seines Parallelgesetzes f\u00fcr den Lichtsinn besessen. Von einem allgemeineren Gesichtspunkte aus w\u00e4re darin vielmehr zugleich ein experimenteller Beweis f\u00fcr die stets mitgedachte Voraussetzung seines Parallelgesetzes zu erblicken gewesen, dass jene sog. Erm\u00fcdung des Sehorganes thats\u00e4ch-lich f\u00fcr alle ohjectiven Lichtreize den gleichen Abstrich an Empfindungswirkung mit sich bringe. Denn das Gesetz \u00fcber die Unterschiedsempfindlichkeit \u00fcberhaupt bedeutet eine allgemeiner fundirte Thatsache, die eventuell als Glied in einer deduc-tiven Schlusskette verwendet werden k\u00f6nnte. Eine solche Ableitung w\u00fcrde insbesondere f\u00fcr denjenigen eine gewisse Beweiskraft besessen haben, der im Fechner\u2019schen Gesetze eine f\u00fcr alle Vergleichs-urtheile geltende psychologische Thatsache erblickt, die ihrer Natur nach von einer relativ peripher begr\u00fcndeten Erregbarkeitsver\u00e4nderung unabh\u00e4ngig bestehen bleibt. Die Unterschiedsschwellen einer erm\u00fcdeten Stelle k\u00f6nnen unter dieser Voraussetzung mit denjenigen einer unerm\u00fcdeten Stelle nur dann ann\u00e4hernd \u00fcbereinstimmen, wenn auf jener ersteren die Erregungen thats\u00e4chlich alle um einen proportionalen Theil herabgesetzt sind. Denn nur in diesem Falle stehen die zu den Unterschiedsschwellen geh\u00f6rigen ebenmerklichen Reizdifferenzen in dem n\u00e4mlichen Verh\u00e4ltnis zu den Gesamtreizen, wie im unerm\u00fcdeten Zustande. Fechner glaubte aber \u00fcberhaupt","page":469},{"file":"p0470.txt","language":"de","ocr_de":"470\nWilhelm Wirth.\nnicht erst aus etwaigen Experimenten \u00fcber das Parallelgesetz einen Nachweis dar\u00fcber erlangen zu m\u00fcssen, dass die Herabminderung der Erregung in Folge der Erm\u00fcdung dem objectiven Reize proportional sei. Diese Beziehung setzte er vielmehr als selbstverst\u00e4ndlich voraus, nachdem er die hier gemeinte Modification der Empfindung \u00fcberhaupt einmal als Erregbarkeitsver\u00e4nderung betrachten und von dem \u00bbpositiven\u00ab Theile der Nachempfindung trennen zu d\u00fcrfen glaubte. In jenen allgemeiner gehaltenen Quantit\u00e4tsbestimmungen, denen er diese Unterscheidung verdankte, lagen ja auch schon Erfahrungen \u00fcber diese Beziehung zwischen Erm\u00fcdungsverlust und absoluter \u00bbreagircn-der\u00ab Reizh\u00f6he enthalten. Er sah das negative Nachbild gegen\u00fcber dem positiven um so deutlicher hervortreten, je heller die Projections-fl\u00e4che war1).\nv. Helmholtz hatte nun die Annahme einer solchen Proportionalit\u00e4t ebenfalls in dieser aprioristischen Weise von Fechner her\u00fcbergenommen und in seiner \u00bbphysiologischen Optik\u00ab auch bekanntlich mathematisch formulirt2). Dabei wurden vor allem die Ver\u00e4nderungen der Helligkeit ins Auge gefasst. Er f\u00fchrte hierzu den Begriff des \u00bbreagirenden\u00ab Lichtes f\u00fcr denjenigen Lichtreiz ein, der auf eine Sehfeldstelle nach der Modification ihrer Erregbarkeit einwirkt, und erl\u00e4uterte das Auftreten eines positiven oder negativen Nachbildes je nach der Helligkeit der reagirenden Fl\u00e4che eben durch Beiziehung jenes Proportionalit\u00e4tsgesetzes f\u00fcr die negativen Nachbilder. Die letzteren lassen die Empfindungsgr\u00f6\u00dfe a der normalen Helligkeitsauffassung als a a erscheinen, wobei a < 1 als Er-m\u00fcdungscoefficient bezeichnet wird, w\u00e4hrend die positiven Nachbilder von der sonstigen Reizung unabh\u00e4ngig und rein additiv hinzutretend gedacht werden. Doch fehlt auch bei ihm noch der genauere experimentelle Beweis f\u00fcr seine Auffassung von dem jeweiligen Werthe des negativen Nachbildes. Er f\u00fcgte nur der erw\u00e4hnten Ableitung Fechner\u2019s noch die genauere Beobachtung hinzu, dass die negativen Nachbilder nicht nur bei intensivem reagirendem Lichte schneller hervortreten, sondern auch in denjenigen Helligkeitsstufen am deutlichsten sind, in welchen eben ein proportionaler Gewinn oder Ver-\n1)\tFechner, Poggend. Ann., L.\n2)\tv. Helmholtz, Physiologische Optik, 2. Auf!., S, 508f.","page":470},{"file":"p0471.txt","language":"de","ocr_de":"Der Fechner-Helmholtz'sche Satz \u00fcber negative Nachbilder und seine Analogien. 471\nlust neben der vollen Reizwirkung am besten hervorzutreten pflegt, v. Kries hat in seiner sp\u00e4ter zu erw\u00e4hnenden Abhandlung diese Gesetzm\u00e4\u00dfigkeit, welche eigentlich weiter nichts ist als eine Umschreibung des Erfahrungsbegriffes der Erregbarkeitsver\u00e4nderung, als Helmholtz\u2019schen Satz bezeichnet. Aus den fr\u00fcher erw\u00e4hnten Gr\u00fcnden wird man ihn aber doch wohl als Fechner-Helmholtz-schen Satz f\u00fcr negative Nachbilder bezeichnen m\u00fcssen.\nAuch C. F. M\u00fcller hatte also, wie schon angedeutet, auf Grund seiner Untersuchungen zu dieser bisher als selbstverst\u00e4ndlich hingenommenen Gesetzm\u00e4\u00dfigkeit Stellung zu nehmen versucht und eine Best\u00e4tigung derselben darin zu finden geglaubt, dass der Helligkeitsverlust sich bei den verschiedenen Beleuchtungen w\u00e4hrend der Versuche relativ gleich blieb.\n3. Im Jahre 1874 erschien nun die Arbeit von Schoen \u00fcber den \u00bbEinfluss der Erm\u00fcdung auf die Farbenempfindung\u00ab *), in welcher der Verfasser speciell von einer Discussion desFechner-schen Parallelgesetzes ausging und durch \u00e4hnliche Experimente wie C. F. M\u00fcller zu einem Schl\u00fcsse hier\u00fcber zu gelangen suchte. Schoen arbeitete im Unterschiede von M\u00fcller mit Spectralfarben. Durch die obere H\u00e4lfte eines Spaltes, der in seiner Breite oben und unten verschieden eingestellt werden konnte, kam zuerst das \u00bberm\u00fcdende\u00ab Farbenlicht. Die untere H\u00e4lfte, die w\u00e4hrend der Erm\u00fcdungszeit durch eine geeignete Vorrichtung abgeblendet war, bot dann unmittelbar daneben unter Beibehaltung der Fixation das Vergleichslicht dar. Es kam darauf an, durch Variation der unteren Spaltbreite diejenige Intensit\u00e4t einer Spectralfarbe ausfindig zu machen, welche der l\u00e4nger fixirten Intensit\u00e4t des oberen Spaltes eben gleich erschien. (F\u00fcr Gasbeleuchtung und Himmelslicht war bei dieser Einstellung auf Gleichheit der Helligkeit auch S\u00e4ttigungsgleichheit vorhanden.) Die Resultate \u00fcber die Abh\u00e4ngigkeit der Nachbildwirkung von der erm\u00fcdenden Intensit\u00e4t stimmten nun mit denjenigen von O. F. M\u00fcller gut \u00fcberein. Es zeigte sich der sog. Erm\u00fcdungscoefficient f\u00fcr alle erm\u00fcdenden Reizintensit\u00e4ten gleich. Schoen wies aher nun darauf hin, dass in diesem Resultate nicht eine Best\u00e4tigung, sondern eher eine Widerlegung jener Proportionalit\u00e4t zwischen Erm\u00fcdungscoeffi-\n1) Schoen, Archiv f\u00fcr Ophthalmologie, XX, 2, S. 273fF.","page":471},{"file":"p0472.txt","language":"de","ocr_de":"472\nWilhelm Wirth.\ncient und reagirender Reizh\u00f6he enthalten sei. Der F.-H.\u2019sche Satz erfordert ja, dass hei gleichen Erm\u00fcdungsreizen diese Oonstanz des Erm\u00fcdungscoefficienten f\u00fcr die verschiedenen reagirenden Helligkeiten vorhanden sei. Bei den M\u00fcller\u2019schen und Schoen\u2019schen Versuchen waren aber ja verschiedene Erm\u00fcdungsreize verwendet worden. Es durfte also der Erm\u00fcdungscoefficient bei den verschiedenen Intensit\u00e4tsstufen nicht constant sein, falls man an dem Satze soll festhalten k\u00f6nnen. Denn bei der G\u00fcltigkeit des letzteren h\u00e4tte sonst eine h\u00f6here Intensit\u00e4tsstufe als reagirender Reiz f\u00fcr die Nachbildwirkung eines weniger intensiven Reizes die n\u00e4mliche Einbu\u00dfe erlitten, als wenn sie seihst erm\u00fcdender Reiz gewesen w\u00e4re.\n4. v. Kries glaubte aber nun aus den bisherigen Versuchen die Oonstanz des Erm\u00fcdungscoefficienten bei verschiedenen Erm\u00fcdungsreizen schon deshalb nicht mit Sicherheit entnehmen zu k\u00f6nnen, weil der erm\u00fcdende Reiz theils nicht exact genug, theils in zu geringem Umfange variirt worden sei. Seine eigenen Versuche aus dem Jahre 1877 bezogen sich daher haupts\u00e4chlich auf eine genaue Nachpr\u00fcfung der Abh\u00e4ngigkeit des Erm\u00fcdungscoefficienten von Reizdauer und Intensit\u00e4t, und zwar unter m\u00f6glichst umfangreicher und exacter Variation der Erm\u00fcdungsintensit\u00e4t *). Dabei verwendete er zum ersten Male hei diesen Messungen den gew\u00f6hnlichen Farbenkreisel. Die Scheibenfl\u00e4che desselben bestand aus einer constant wei\u00dfen Kreisfl\u00e4che innerhalb eines breiten Ringes, der in seiner Helligkeit nach dem bekannten Maxwell\u2019schen System variirt werden konnte. W\u00e4hrend der Fixationszeit zur Entstehung der Nachbildwirkung war die variable Randzone durch eine ebenfalls ringf\u00f6rmig ausgeschnittene Scheibe von tiefschwarzer Farbe verdeckt, so dass die mittlere wei\u00dfe Kreisfl\u00e4che zun\u00e4chst in schwarzer Umgebung fixirt wurde. Nach Wegnahme der Deckfl\u00e4che wurde dann die Randzone mit einer beliebigen Helligkeit neben der wei\u00dfen Mittelfl\u00e4che ebenso sichtbar, wie bei M\u00fcller das graue Papier oder hei Scho en das vorher abgehlendete untere Spaltbild. Die erm\u00fcdende Helligkeit der mittleren Kreisfl\u00e4che wurde durch die verschiedene Entfernung der Petroleumlampe variirt.\nDazu f\u00fcgte er noch eine zweite Versuchsanordnung. Die Vergleichshelligkeiten, die zun\u00e4chst ebenfalls immer abgeblendet waren,\n1) v. Kries, Archiv f\u00fcr Ophthalmologie, XXIII, 2. S. Iff.","page":472},{"file":"p0473.txt","language":"de","ocr_de":"Der Feclmer-Helmholtz\u2019sche Satz \u00fcber negative Nachbilder und seine Analogien. 473\nwurden dabei in der Weise hergestellt, dass ein Kalkspath durch seine Doppelbrechung das Wei\u00df und Schwarz von zwei nebeneinander angebrachten Fl\u00e4chen mischte, und ein davor befindlicher Nikol je nach seiner Stellung nur das Wei\u00df der einen Fl\u00e4che oder das Schwarz der anderen oder eine Graumischung von bestimmter Helligkeit aus jener Mischungszone hindurchlie\u00df. Auch hier wurden die Erm\u00fcdungsintensit\u00e4ten durch eine wei\u00dfe Fl\u00e4che dargeboten, die sich \u00fcber jener schwarz-wei\u00dfen Fl\u00e4che befand, und ebenfalls durch Nikol und Kalkspath hindurch gesehen wurde. Die verschiedene Entfernung der Petroleumlampe variirte auch hierbei die Intensit\u00e4ten. Die Versuchsresultate zeigen in den Curven \u00fcber die Abh\u00e4ngigkeit der Erm\u00fcdung von der Reizdauer einen anfangs raschen, sp\u00e4ter fortschreitend verlangsamten Abfall der Erregung, wie es auch M\u00fcller und Scho en ann\u00e4herungsweise gefunden hatten. Auch \u00fcber den Gang der Erholung hat v. Kries zum ersten Mal messende Versuche angestellt und die auch schon von M\u00fcller ausgesprochene Vermuthung best\u00e4tigt gefunden, dass die r\u00fcckl\u00e4ufige Ver\u00e4nderung einen \u00e4hnlichen Verlauf nehme wie die Entstehung der Wirkung selbst. Bez\u00fcglich der Abh\u00e4ngigkeit des Erm\u00fcdungscoefficienten von der Intensit\u00e4t des Erm\u00fcdungsreizes weichen aber seine Resultate wesentlich von denjenigen seiner Vorg\u00e4nger ab. Er fand, dass der Erm\u00fcdungscoefficient bei Erh\u00f6hung der Reizintensit\u00e4t hinter der directen Proportionalit\u00e4t zuerst wenig, dann aber immer mehr zur\u00fcckbleibt. Vom Standpunkte Sc ho en\u2019s aus-w\u00e4re in diesem Ergebniss allerdings keine Beseitigung, sondern eher eine Steigerung seiner Bedenken gegen den F.-H.\u2019schen Satz enthalten gewesen, v. Kries betonte aber ausdr\u00fccklich mit Recht, dass weder in seinen, noch in den fr\u00fcheren Versuchen ein directer Beweis f\u00fcr oder wider enthalten sein k\u00f6nne. Ueberall sei das erm\u00fcdende Licht zugleich das reagirende gewesen, und niemals habe man gemessen, welche Ver\u00e4nderung die verschiedenen Helligkeitsstufen unter constanten Erm\u00fcdungsbedingungen erleiden. Der F.-H.\u2019sche Satz sei also \u00bbweder best\u00e4tigt noch widerlegt\u00ab.\n5. Das reagirende Licht wurde nun zum ersten Male bei constanten Erm\u00fcdungsbedingungen in solchen Versuchen variirt, in denen es sich um die Erregbarkeits\u00e4nderung hinsichtlich des Farbentones handelte. Schon Helmholtz hatte fr\u00fcher einen Spectralapparat f\u00fcr","page":473},{"file":"p0474.txt","language":"de","ocr_de":"474\nWilhelm Wirth.\nderartige Untersuchungen eingerichtet1). Die Farben des Spectral-apparates, welche als reagirende Farben nach Entstehung eines negativen Nachbildes verwendet werden sollten, waren f\u00fcr das Auge zun\u00e4chst durch ein Stahlspiegelchen vor dem Ocular des Apparates verdeckt, welches seinerseits irgend ein von der Seite eintretendes homogenes Licht dem Auge als Erm\u00fcdungsreiz darbot. Nach Entfernung des Spiegels konnte also eine beliebige Spectralfarhe des Apparates auf ihre qualitative Ver\u00e4nderung hin untersucht werden. Nat\u00fcrlich gestattet diese Methode nur sehr allgemein gehaltene Bestimmungen. Das n\u00e4mliche gilt wohl auch noch f\u00fcr die Versuchsanordnung, mit welcher Exner den relativen Grad feststellte, in welchem sich die verschiedenen Spectralfarhen als reagirende Reize nach einer bestimmten \u00bbErm\u00fcdung\u00ab ver\u00e4ndert zeigen. Das erm\u00fcdende und reagirende Licht wurde dabei so hingenommen, wie es in ein und dem n\u00e4mlichen Spectrum enthalten ist. Bei der Projection des Nachbildes von einem Ausschnitt des Spectrums auf einen anderen wurde dabei das Auge mehr angen\u00e4hert, damit neben der erm\u00fcdeten Auffassung auch die unerm\u00fcdete zum Vergleich gegeben sei. C. Hess, der in seiner Arbeit von den Helmholtz\u2019sehen und Exner\u2019schen Versuchen ausgeht, verbesserte die bisherige Methode vor allem dadurch bedeutend, dass er die Helligkeitsverh\u00e4ltnisse ber\u00fccksichtigte und die gro\u00dfen Differenzen vermied, welche innerhalb eines Spectrums bestehen2). Dies gelang durch die bekannte Verbindung von zwei Collimatoren mit einem Fernrohr, welche bei mittlerer Stellung des Fernrohres die beiden H\u00e4lften des Gesichtsfeldes mit verschiedenen Spectralfarhen von variirbarer Helligkeit erf\u00fcllen. Die erste Versuchsanordnung gestattete allerdings, abgesehen von jener Ber\u00fccksichtigung der Helligkeit, keine wesentlich genaueren Bestimmungen wie die Helmholtz\u2019sehe und Exner\u2019sehe. Zur Erm\u00fcdung war das Fernrohr zun\u00e4chst ganz auf die Farbe des einen Collimators gerichtet, worauf es dann zur theilweisen Aufnahme der reagirenden Farbe aus dem zweiten Collimator etwas um seine Verticalaxe gedreht wurde. Das Nachbild war also wieder nur theilweise auf die neue Farbe\n1)\tv. Helmholtz, a. a. O. S. 520.\n2)\tC. Hess, Ueber die Ton\u00e4nderung der Spectralfarhen durch Erm\u00fcdung der Netzhaut mit homogenem Lichte. Archiv f\u00fcr Ophth. XXXVI, 1. 1890. S. Iff-","page":474},{"file":"p0475.txt","language":"de","ocr_de":"Der Fechner-Helmholtz'sche Satz \u00fcber negative Nachbilder und seine Analogien. 475\nprojicirt, so dass die letztere theilweise mit noch unerm\u00fcdeten Stellen gesehen wurde. Die Ver\u00e4nderung der reagirenden Farbe gegen\u00fcber der unerm\u00fcdeten wurde also wieder nur gesehen und gesch\u00e4tzt, aber nicht gemessen. Zugleich ist in dieser Differenz der Auffassung nicht blo\u00df die Erregbarkeitsver\u00e4nderung auf Grund des negativen Nachbildes enthalten, sondern es erscheint dieser Unterschied noch durch den Simultancontrast in bestimmter \"Weise ver\u00e4ndert.\nIn wirklich exacter Weise wurde aber nun von Hess die Ver\u00e4nderung der reagirenden Farbe in einer zweiten Anordnung zu messen versucht. Das Fernrohr stand hier fest, und das Auge fixirte w\u00e4hrend des ganzen Versuches einen durchscheinenden Punkt in der Mitte eines Steges, welcher das Gesichtsfeld des Fernrohres halbirte. Von den beiden Collimatoren trug diesmal der eine zwei Spalte, von denen zun\u00e4chst w\u00e4hrend der Erm\u00fcdung der eine zugleich mit dem Spalt des anderen Collimators verschlossen war. Es wurde also zun\u00e4chst nur die eine Seite des Gesichtsfeldes mit einem homogenen Lichte gereizt, welches dem ge\u00f6ffneten Spalte des zweispaltigen Collimators entstammte. Nach Verschluss dieses Spaltes und Oeffnung der beiden anderen (seitens eines Geh\u00fclfen) gab nun der zweispaltige Collimator ein beliebiges reagirendes Licht an der Stelle des Erm\u00fcdungsreizes, w\u00e4hrend aus dem anderen Collimator nun die andere H\u00e4lfte des Gesichtsfeldes mit einer Vergleichsfarbe erf\u00fcllt wurde, die nun durch Ausprobiren im Verlauf mehrerer Versuche (ebenso wie bei den fr\u00fcheren Messungen der farblosen und farbigen Helligkeitsnachbilder) der reagirenden Farbe subjectiv gleich gemacht werden konnte. Hess betont allerdings, dass er im allgemeinen keine vollst\u00e4ndige Gleichheitseinstellung erzielen konnte, und dass meist noch gro\u00dfe S\u00e4ttigungsdifferenzen bestanden. Aus theoretischen Gr\u00fcnden war es ihm aber vor allem \u00fcberhaupt nur um die Ver\u00e4nderungen des Farbentones zu thun. Das rein ph\u00e4nomenologische Ergehniss seiner Versuche, abgesehen von aller theoretischen Verwerthung desselben, bestand darin, dass alle homogenen Farben hei ihrer Reaction auf eine bestimmte Erm\u00fcdungswirkung ann\u00e4hernd in gleicher Weise sehr bedeutend nach der Complement\u00e4rfarhe des Erm\u00fcdungsreizes abgelenkt wurden.\n6. Innerhalb der bisher besprochenen Arbeiten hatte \u00fcber das allgemeinste Wesen der negativen Nachbilder Einigkeit geherrscht.","page":475},{"file":"p0476.txt","language":"de","ocr_de":"476\nWilhelm Wirth.\nMan glaubte es mit Unterschieden der einzelnen Sehfeldbezirke hinsichtlich ihrer Farben- und Helligkeitserregbarkeiten zu thun zu haben, gleichviel ob man sich die Art und Richtung dieser Ver\u00e4nderung nach der Helmholtz\u2019schen Erm\u00fcdungstheorie zurecht legte, wie alle zuerst genannten Autoren, oder im Sinne der Hering\u2019schen Theorie der Gegenfarben, wie 0. Hess. Diese Erregbarkeitsver\u00e4nde-rungen haben nach dieser Auffassung ihren bestimmten Verlauf; aber w\u00e4hrend der ganzen Zeit ihres Bestehens m\u00fcssen sie jede Gesichtsempfindung modificiren, welche der betreffenden Netzhautstelle entstammt. Dieser Anschauungsweise trat nun im Jahre 1894 G. Mar-tius in seinen \u00bbBeitr\u00e4gen zur Philosophie und Psychologie\u00ab mit einer relativ neuen Auffassung vom allgemeinsten Wesen der negativen Nachbilder entgegen, die er auch sogleich f\u00fcr eine quantitative Bestimmungsmethode fruchtbar zu machen suchte1). Er ging von der Thatsache aus, dass die Nachbilder bei Bewegung des Auges und bei Ablenkung der Aufmerksamkeit als solche unsichtbar sind und erst bei ruhiger Fixation und Hinlenkung der Aufmerksamkeit wieder hervortreten. Es schienen ihm alle bereits versuchten Mittel zu versagen, diese Erscheinung mit der Annahme einer Empfindungsver\u00e4nderung in Einklang zu bringen, welche mit der Erregbarkeits\u00e4nderung unmittelbar verbunden sei, und so erkl\u00e4rte er die Nachbilder f\u00fcr secun-d\u00e4re Erregungsmomente, welche die normale Th\u00e4tigkeit der Netzhaut als selbst\u00e4ndige Componenten unver\u00e4ndert bestehen lassen und nur unter g\u00fcnstigen Umst\u00e4nden als besondere Factoren hinzutreten, um den Gesamteindruck nach einer festen Gesetzm\u00e4\u00dfigkeit mit zu bestimmen. Die etwaige Ver\u00e4nderung der Helligkeit, welche in diesem letzteren Falle entsteht, bezeichnet Martius als den \u00bbHelligkeitswerth der negativen Nachbilder\u00ab. Diese Theorie h\u00e4tte ich hier noch eben so wenig ber\u00fchrt, wie die theoretischen Er\u00f6rterungen im Anschluss an die bisherigen Versuchsergebnisse seitens jener fr\u00fcheren Autoren, falls sie sich, wie dort, nur an Messungen nach dem bisherigen Grundschema angeschlossen h\u00e4tten. Hier ist jedoch die ganze Messungsmethode \u00fcberhaupt nur im Anschluss an jene Theorie verst\u00e4ndlich. Martius verglich n\u00e4mlich einfach die Wahrnehmung in demjenigen\n1) Gr. Martius, Das Gesetz des Helligkeitswerthes der negativen Nachbilder, a. a. 0. S. 17 ff.","page":476},{"file":"p0477.txt","language":"de","ocr_de":"Der Fechner-Helmholtz'sche Satz \u00fcber negative Nachbilder und seine Analogien. 477\nZustande, in welchem die negative Nachbildwirkung zur Gleitung kommt, mit einem solchen Stadium, in welchem sie nach seiner Theorie in Folge der ung\u00fcnstigen Bedingungen vollst\u00e4ndig in Wegfall kommt. Der erste Zustand ist f\u00fcr ihn nach l\u00e4ngerer Fixation des Erm\u00fcdungsreizes bei Festhaltung dieser Fixation vorhanden, der zweite wird hingegen dadurch herbeigef\u00fchrt, dass man nach l\u00e4ngerer \u00bb Erm\u00fcdungszeit \u00ab (im fr\u00fcheren Sinne des Wortes) rasch auf eine andere Fl\u00e4che hin\u00fcberblickt. Das Nachbild ist im letzteren Stadium des Versuches zur\u00fcckgetreten, und man sieht die normale Qualit\u00e4t der Fl\u00e4che. Diese zweite Fl\u00e4che wird nun eben so wie der Vergleichsreiz in den fr\u00fcheren Versuchen in einer Reihe von Einzelversuchen so lange variirt, bis sie in ihrer (nach Martius\u2019 Theorie) normalen Auffassung der modificirten Qualit\u00e4t des ersten Objectes gleich kommt und die Gr\u00f6\u00dfe dieser Modification aus ihrer Differenz von der Erm\u00fcdungsscheibe unmittelbar erkennen l\u00e4sst. Martius ma\u00df ausschlie\u00dflich farblose Helligkeitsnachbilder. Als Erm\u00fcdungsreiz diente eine kleine Rotationsscheibe mit schwarzen und wei\u00dfen Sectoren, die vor einem gleichm\u00e4\u00dfig farblosen Hintergrund von bestimmter Helligkeit stand. Nach dem Wegziehen des letzteren er\u00f6ffnete sich der Blick auf eine gr\u00f6\u00dfere Rotationsscheibe von gleicher Art, die nun als jener Vergleichsreiz diente, welchem man den directen Blick zuwandte. Auf diese Weise wurde zun\u00e4chst wieder die Abh\u00e4ngigkeit des Helligkeitswerthes von der Fixationszeit bestimmt, und stehen hier die Resultate mit den bisherigen in gutem Einklang. Vor allem ging aber nun Martius dazu \u00fcber, die Helligkeit der Hintergr\u00fcnde f\u00fcr die Erm\u00fcdungsscheibe zu variiren, w\u00e4hrend die fr\u00fcheren Bestimmungen alle mit einander den Erm\u00fcdungsreiz auf schwarzem Grunde dargeboten hatten. Er suchte somit den Helligkeitswerth des Nachbildes ganz allgemein als Function der Differenz zwischen Scheibe und Grund zu bestimmen, w\u00e4hrend bisher immer nur die speciellen Differenzen ins Auge gefasst worden waren, in welchen der eine Werth gleich Null ist. An Stelle der Abh\u00e4ngigkeit des Nachbildwerthes von der absoluten Erm\u00fcdungsintensit\u00e4t, welche bei M\u00fcller, Schoen und v. Kries angenommen wurde, setzte er eine eben so eindeutige Abh\u00e4ngigkeit von der Differenz des Erm\u00fcdungsreizes und seiner Umgebung.\n6 a. Es muss nun offenbar gleich von Anfang an zu dieser Methode, bezw. zu der ihr zu Grunde liegenden Theorie Stellung genommen","page":477},{"file":"p0478.txt","language":"de","ocr_de":"478\nWilhelm Wirth.\nwerden, da sowohl ihre Annahme als auch ihre Ablehnung f\u00fcr alle weiteren Nachbildmessungen von hoher Bedeutung ist. Die Auffassung von Martius selbst hat dabei rein formell von Anfang an einen schweren Stand. Sie legt das Hauptgewicht auf Momente, in welchen den n\u00e4heren Versuchsbedingungen gem\u00e4\u00df eine Concentrirung der Aufmerksamkeit erschwert ist. Das eigentliche Erlebniss ist dabei in seinen Einzelheiten, abgesehen vom Giesamteindruck einer gewissen Helligkeit des Vergleichsreizes, so unklar und undeutlich, dass es einer Analyse schwerer Stand h\u00e4lt und auch bei scheinbar gelungener Analyse seiner intellectuellen Seite nach dauernd minderwerthig erscheinen muss. Doch darf dies nat\u00fcrlich niemals schon als sachlicher Einwand angesehen werden. Es ermahnt im Gegentheil auch f\u00fcr eine etwaige Polemik gerade zur Vorsicht.\nDer Werth dieser Methode h\u00e4ngt nun offenbar davon ab, oh in ihr thats\u00e4chlich die Ver\u00e4nderung in Folge der Nachbildwirkung an einem so festen Ma\u00dfstab gemessen wird, wie ihn die \u00bbnormale Leistungsf\u00e4higkeit\u00ab des Sehorgans als normale Helligkeit der Vergleichsscheibe in dem Augenblicke darhieten soll, wo man vom Erm\u00fcdungsreiz weg auf dieselbe hinblickt. Es k\u00f6nnte ja z. B. auch die scheinbare Helligkeit der Vergleichsscheibe hei diesem raschen Hinsehen eine ganz complicirte Function der normalen Helligkeit sein und nur eben in der Richtung nach der normalen Helligkeit hin von der scheinbaren Helligkeit der vorher fixirten Scheibe abweichen. In diesem Falle w\u00fcrde sich auch eine ganz bestimmte Einstellungsdifferenz im n\u00e4mlichen Sinne ergeben. Aber Niemand verm\u00f6chte dieser Differenz zun\u00e4chst irgend einen h\u00f6heren theoretischen Werth gegen\u00fcber denjenigen Messungen zuzu-gestehen, welche nach den alten Methoden bei ruhendem Auge in der Weise angestellt wurden, dass man die Scheibe mit ihrer Umgebung subjectiv gleich zu machen suchte. Man h\u00e4tte vielmehr nur ein besonderes Ph\u00e4nomen einer Abweichung vom normalen Sehen mehr, das seihst erst wieder eine besondere Erkl\u00e4rung f\u00fcr sich erheischte. Es k\u00f6nnte sogar einer solchen wohl erst dann theilhaftig werden, wenn man \u00fcber die Abweichung der zuerst fixirten Scheibe vom normalen Sehen, vielleicht auf Grund von Messungen nach der alten Art, hinreichenden Aufschluss erlangt h\u00e4tte. Die in Frage stehende Helligkeit der Vergleichsscheibe war ja eben \u00fcberhaupt erst","page":478},{"file":"p0479.txt","language":"de","ocr_de":"Der Fechner-Helmholtz\u2019schc Satz \u00fcber negative Nachbilder und seine Analogien. 479\nim Verh\u00e4ltniss zu der scheinbaren Helligkeit der urspr\u00fcnglich fixirten Scheibe bestimmt worden. Ueber diese letztere sagt aber h\u00f6chstens noch die alte Methode etwas Unmittelbares hinsichtlich der quantitativen Verh\u00e4ltnisse aus. Diese M\u00f6glichkeit einer beliebigen Helligkeitsabweichung von der vollen Nachbildwirkung m\u00fcsste also selbstverst\u00e4ndlich von vornherein ausgeschlossen sein.\nDie geforderte Beweisf\u00fchrung wird aber auch noch durch andere Umst\u00e4nde besonders' erschwert. Der Begriff der \u00bbnormalen Function\u00ab ist beim Sehorgan an und f\u00fcr sich kein so eindeutiger wie auf anderen G-ebieten, z. B. beim Geh\u00f6rorgan. Auch Martius gesteht doch wohl zu, dass es eine Gesamtadaptation des Sehorgans gibt, die nach l\u00e4ngerer Erregung oder Erholung die n\u00e4mlichen ohjectiven Lichtreize verschiedene Empfindungen ausl\u00f6sen l\u00e4sst, wenn auch in Ermangelung bestimmter Grenzen innerhalb des Sehfeldes hier nicht von Nachbildern gesprochen werden kann. Diese Adaptation denkt sich doch wohl Martius nicht ebenfalls als eine selbst\u00e4ndige Componente, die nur bei g\u00fcnstigen Auffassungsbedingungen zu einer irgendwie zu bestimmenden Normalauffassung dann und wann hinzutritt. Sonst m\u00fcssten ja in jedem besonderen Adaptationszustande alle Gegenst\u00e4nde beim gew\u00f6hnlichen Hin- und Herblicken fortgesetzt Farbe und Helligkeit nach jener Normalauffassung hin wechseln, auch ohne dass ein besonderes Nachbild im engeren Sinne des Wortes entstanden w\u00e4re. Die Bedingungen zu einer Ver\u00e4nderung der Gesamtadaptation sind aber nun wohl auch dann gegeben, wenn man nach einer gew\u00f6hnlichen mittleren Gesamtadaptation Wei\u00df oder Schwarz in gewisser Ausdehnung auf Grau fixirt. Es m\u00fcsste also mindestens noch angenommen werden, dass sich die \u00bbnormale\u00ab Helligkeit der Vergleichsscheibe wenigstens im Sinne dieser Adaptation ver\u00e4ndere, welche in den Bedingungen f\u00fcr die Entstehung des Nachbildes mit enthalten Hegt. Sie kann schon hei farblosen, noch viel mehr aber bei farbigen Nachbildern zu ganz bedeutenden Differenzen mit der Auffassung hei Beginn des Versuches f\u00fchren. Es soll aber zun\u00e4chst auch noch von dieser Schwierigkeit abgesehen werden, welche in dem Versuch der Lostrennung der Nachbildwirkung von dieser Gesamtadaptation enthalten liegt.\nAm einfachsten st\u00e4nde ja die Sache sowohl f\u00fcr die Theorie der Martius\u2019sehen Methode als auch f\u00fcr die Contrast- und Nachbild-","page":479},{"file":"p0480.txt","language":"de","ocr_de":"480\nWilhelm Wirth.\nWissenschaft \u00fcberhaupt, wenn das absolute G-ed\u00e4chtniss f\u00fcr Lichtqualit\u00e4ten im allgemeinen nicht so wenig ausgebildet w\u00e4re, wie es thats\u00e4chlich selbst nach langer Uebung in solchen Vergleichsurtheilen noch immer zu bleiben pflegt. Dann k\u00f6nnte man nat\u00fcrlich sofort sagen, in welchem Verh\u00e4ltniss die scheinbare Helligkeit der Vergleichsscheibe zu den sonstigen Empfindungen des n\u00e4mlichen objec-tiven Reizes stehe. In Ermangelung eines solchen Ged\u00e4chtnisses kann man nun aber meistentheils nur f\u00fcr Unterschiede innerhalb des momentanen Sehfeldes selbst ein genaueres Ma\u00df angeben. Entsteht also aus irgend welchen Gr\u00fcnden ein Unterschied z. B. hinsichtlich der Helligkeitsauffassung, so vermag man zwar ein Ma\u00df f\u00fcr die relative Differenz anzugehen, welche hierdurch in einem objectiv gleichartigen Blickfeld entstanden ist. Unser \u00fcrtheil w\u00fcrde aber versagen, wenn wir genauer angeben sollten, in welchem Grade sich die verschiedenen Theile des Sehfeldes jeder f\u00fcr sich gegen\u00fcber der fr\u00fcheren Auffassung ge\u00e4ndert haben, damit jene subjective Differenz zu Stande kam. Die Ver\u00e4nderung l\u00e4sst sich ja in der Weise steigern, dass f\u00fcr die verschiedenen Theile des Sehfeldes wenigstens ihre Richtung ziemlich sicher heurtheilt und ihre Gr\u00f6\u00dfe doch ann\u00e4herungsweise gesch\u00e4tzt werden kann. Dies erm\u00f6glicht aber nat\u00fcrlich nur jene zu Anfang der Abhandluug erw\u00e4hnte allgemeine Sch\u00e4tzung, die event, zu den Grundz\u00fcgen der Theorie, keineswegs aber zu genaueren quantitativen Bestimmungen f\u00fchren kann. W\u00e4re es aber nun thats\u00e4chlich einmal m\u00f6glich, eine Vorstellung von einer Normalhelligkeit, bezw. von der anf\u00e4nglichen Helligkeit der fixirten Scheibe festzuhalten, so w\u00e4re ja das rasche Hinblicken auf eine andere Scheibe \u00fcberhaupt nicht mehr nothwendig. Die Schwierigkeit einer solchen Bestimmung steht aber zugleich auch jedem directen Beweis f\u00fcr die Richtigkeit der Martius\u2019 sehen Theorie im Wege. Die einzige St\u00fctze der Methode besteht also zun\u00e4chst nur in einer Hypothese auf Grund jener Erscheinung, dass die Nachbilder hei Bewegung und Ablenkung der Aufmerksamkeit zur\u00fccktreten und verschwinden. Aus dem Zur\u00fccktreten des subjectiven Unterschiedes, in welchem die Nachbildwirkung erkannt wird, soll man ohne weiteres erschlie\u00dfen, dass nun der \u00bbnormale\u00ab Zustand da sei.\nEs scheint mir jedoch, als ob wenigstens mit der alten Methode, die mit Fortsetzung der Fixation arbeitet, ein indirecter Beweis","page":480},{"file":"p0481.txt","language":"de","ocr_de":"Der Fechner-Helmholtz'sche Satz \u00fcber negative Nachbilder und seine Analogien. 481\nf\u00fcr die Voraussetzungen der Martius\u2019sehen Methode versucht werden k\u00f6nnte. Die Ergebnisse der alten Methode k\u00f6nnen jedenfalls von allen Hypothesen unabh\u00e4ngig formulirt werden. Zugleich besitzt diese Methode den Vortheil, dass sie eine Simultan-Vergleichung in ruhiger Haltung und unter den g\u00fcnstigsten Bedingungen f\u00fcr eine Concentration der Aufmerksamkeit einschlie\u00dft. Mag man also \u00fcber den Werth der festgestellten Gr\u00f6\u00dfen vorl\u00e4ufig denken, wie man will, jedenfalls werden sie der ganzen Anordnung entsprechend mindestens die gleiche, wenn nicht eine gr\u00f6\u00dfere Pr\u00e4cision erreichen k\u00f6nnen, wie die Resultate nach der Martius\u2019schen Methode. Ihre Ergebnisse m\u00fcssen aber nun auch in der Martius\u2019schen Theorie untergebracht werden k\u00f6nnen, und zwar in der Weise, wie sich Martius eben die Ver\u00e4nderungen des Sehfeldes in jenem abnormen Zustande denkt, in welchem das Nachbild bei den fr\u00fcheren Messungen zur Geltung kommt. Die ph\u00e4nomenologischen Verh\u00e4ltnisse sind dabei nach seiner Auffassung so beschaffen, dass sich das Dunkle in hellerer Umgehung aufhellt, das Hellere in dunkler Umgebung hingegen verdunkelt Um jene Schwierigkeit im Begriff des \u00bbNormalen\u00ab auszuschlie\u00dfen, soll hier nur auf die Helligkeitsauffassung hei Beginn des Versuches R\u00fccksicht genommen werden. Es werde also z. B. eine wei\u00dfe Scheibe von der urspr\u00fcnglichen Helligkeit a vor einem dunkleren Hintergrund von der Helligkeit b zur Entstehung des Nachbildes fixirt. Das letztere kann hierauf zun\u00e4chst nach der alten Methode, etwa nach v. Kries, gemessen werden. Es brauchte f\u00fcr diesen Fall z. B. nur der von v. Kries verwendete schwarze Ring, welcher zun\u00e4chst die Umgebung des wei\u00dfen Kreises bildete und die Vergleichshelligkeiten der Randzone verdeckte, durch einen solchen von der Helligkeit b ersetzt zu werden1).\nDie objective Helligkeit b' soll nun diejenige Intensit\u00e4t sein, welche nach Entstehung des Nachbildes bei Festhaltung der Fixation an die Stelle von b treten muss, um dem Wei\u00df eben subjectiv gleich zu erscheinen ; a \u2014 b' = d w\u00e4re also das Ma\u00df der Nachbildwirkung nach der alten Methode. Diese Differenz m\u00fcsste sich nun vom Martius\u2019schen Standpunkte aus in die Aufhellung der Umgebung einerseits und die Verdunkelung der Scheibe anderseits zerlegen lassen (s. Eig. 1). Bezeichnet\n1) Vgl. S. 8.\nWundt, Philos. Studien. XVI.\n32","page":481},{"file":"p0482.txt","language":"de","ocr_de":"482\nWilhelm Wirth.\nman mit a den Coefficientcn f\u00fcr diese Verdunkelung, mit \u00df denjenigen f\u00fcr jene Aufhellung, so w\u00e4re also a \u2014 b' = d \u2014 [a \u2014 au) + (b'\u00df \u2014 b')} wobei a < 1 und /?> 1 w\u00e4re. Die Gr\u00f6\u00dfe a a w\u00e4re hierin gleich b'\u00df und bezeichnete diejenige objective Helligkeit, welche normal gesehen der abnormen subjectiven Helligkeit des a oder b', also der Gleichheitseinstellung nach der alten Methode gleich erscheinen m\u00fcsste. Entspr\u00e4che also die scheinbare Helligkeit der \u00bbVergleichsscheibe\u00ab in\nFig.l.\nCU\n\tF i i i\tI i ace*\u2019 h' fr\t;\t\t\t\tCU\"\t\n!\tb'\t\u2014-r j\tf\tb\u2019\tf \t|\t1 1\t\t1\n1 r i r i i i 1\ti i i i i i i\ti i i i i CU\t1\t\t1 1 1 i 1 \u00bb 1 1\t1 1 1 * 1 1 \u00bb 1\t\t1 \\ \\ \\ 1 \\\ni i b\u00df\ti !\tl t\th \u00df\t1 1 1\t1 1 !\t\tb\"\t1 i 1\n; h\t\t\\\t\tb\tl\t1\t\t1\n\u25a0 \u00ab \u2022 \u00bb i i i \u2022 \u2022\ti i i \u00ab \u00bb \u00bb \u00bb !\ti i t f \\ \\ i \u00bb !\t\tI 1 \u00bb 1 \u00ab l \u00bb 1\tT 1 f ! 5 } 1 1\t\t1 1' 1 1 \\ 1 i I\ni \u2022 i i ! i 1 \\\t1 ! 1 l i \\ \\ i\tI 1 i \u00bb 1 , i Helligkeit - 0\tJ\t\t\\ 1 t 1 \u00bb J 1 1\t1 1 ) 1 1 1 1 \t4\t\t\ti l i i i i \u00bb \u00bb L\nFl\u00e4che der Erm\u00fcdungsscheibe\t\u2022\tFl\u00e4che der Vergleichs-\n\u2014\u2713\t1scheibe ndMartius\u2019sdm\nFl\u00e4che der Umgebung mit den Vergleichs-Helligkeiten nach, den alten Methode.\nder Martius\u2019sehen Methode thats\u00e4chlich einer normalen Auffassung, so m\u00fcsste sich die n\u00e4mliche Differenz a \u2014 V = d mit H\u00fclfe dieser Methode auf einem anderen Wege ableiten lassen. Es m\u00fcsste n\u00e4mlich d aus den beiden Summanden a \u2014 a a und b'\u00df \u2014 V zusammengesetzt werden k\u00f6nnen, welche beide f\u00fcr sich ableitbar w\u00e4ren. Der erstere Summand a \u2014 aa erg\u00e4be sich unmittelbar aus der Art und Weise, wie Martius selbst seine Methode angewendet hat. Er entspr\u00e4che eben der Differenz zwischen der Vergleichsscheibe und der fixirten Scheibe bei ihrer subjectiven Gleichheit. Bezeichnet man die","page":482},{"file":"p0483.txt","language":"de","ocr_de":"Der Fechner-Helmfioltz\u2019sche Satz \u00fcber negative Nachbilder und seine Analogien. 483\nhierbei vorhandene Helligkeit der Yergleichsscheibe mit a\", so w\u00e4re also a \u2014 a a \u2014 a \u2014 a\". Aber auch b' \u00df \u2014 b' m\u00fcsste ganz auf die n\u00e4mliche Methode gefunden werden k\u00f6nnen, wenn man mit derselben anstatt der Scheibe nun auch deren Hintergrund hinsichtlich seiner Ver\u00e4nderung durch die Nachbildwirkung, d. h. also hier hinsichtlich seiner Aufhellung, messen wollte. Man brauchte ja hierzu nur die rasch angeblickte Vergleichsscheibe mit der eben noch wahrgenommenen Helligkeit des Hintergrundes zu vergleichen. W\u00e4re die subjective Gleichheit zwischen beiden etwa bei der Helligkeit b\" der Vergleichsscheibe erreicht, so enthielte also b\" \u2014 b das Ma\u00df der,. Aufhellung des Hintergrundes. Letzteres k\u00f6nnte sich aber von der Gr\u00f6\u00dfe V \u00df \u2014 b\u2019 nur um so viel unterscheiden, als eben die n\u00e4mlichen Nachbildwirkungen in den verschiedenen reagirenden Helligkeitsstufen b und V von einander verschieden sind. Auch Martius muss ja nat\u00fcrlich eine irgendwie bestimmte Function f\u00fcr diese Abh\u00e4ngigkeit von der reagirenden Helligkeit annehmen, welche sich experimentell mit beliebiger Genauigkeit feststellen lassen wird. Nehmen wir hier einstweilen die G\u00fcltigkeit des F.-H.\u2019schen Satzes der Einfachheit halber an, so w\u00e4re also:\n[b\" \u2014 b):[b'\u00df \u2014 b\u2019) = b:b'.\nDie bei der alten Methode nothwendige Vergleichshelligkeit b' der Umgebung w\u00e4re also von hier aus in der Weise zu finden, dass man diejenige objective Helligkeit bestimmt, welche von der scheinbaren Helligkeit der Scheibe (\u2014aa) nach unten hin relativ so viel abweicht, wie b von b\".\nDa in der obigen Gleichung b' \u00df = a a \u2014 a!' ist, so w\u00e4re also (b\" \u2014 b) : [cf \u2014 b') = b: b' = b\" : a\". dnb\nHieraus berechnet sich b' = -p- .\nIn der letzten Gleichung ist also die Beziehung der Einstellung b' nach der alten Methode zu den beiden Einstellungen a\" und b\" nach der Martius\u2019schen Methode ausgedr\u00fcckt f\u00fcr den Fall, dass die zu Grunde liegende Theorie zu Hecht besteht. Ganz entsprechend w\u00fcrde sich nat\u00fcrlich die Formel gestalten, wenn die Einstellung nach der alten Methode nicht die Umgebung der Scheibe subjectiv\n32*","page":483},{"file":"p0484.txt","language":"de","ocr_de":"484\nWilhelm Wirth.\ngleich macht, sondern umgekehrt die Scheibe in einer objectiven Helligkeit \u00e4 der constant auf b erhaltenen Umgebung. Es erg\u00e4be\nsich dann a! \u25a0\nb\" a\na\nDie liier unter Voraussetzung der G\u00fcltigkeit des P.-H.\u2019sehen Satzes durchgef\u00fchrte Berechnung lie\u00dfe sich nat\u00fcrlich auch f\u00fcr jede beliebige andere Function ausf\u00fchren. Jedenfalls aber k\u00f6nnte erst nach einer solchen Controlle daran gedacht werden, die Resultate nach der neuen Methode in einem bestimmten Sinne zu verwerthen. Nur auf solche Weise k\u00f6nnte z. B. auch der schon von Martius ber\u00fchrte Einwand abgewiesen werden, dass die subjective Helligkeit der Vergleichsscheihe nicht blo\u00df deshalb nach der normalen Seite hin verschoben erscheine, weil sie vor der Herstellung einer sicheren Fixation mit unerm\u00fcdeten Stellen gesehen worden sei. Es m\u00fcsste sich wenigstens ergehen:\na > b'.\nSelbstverst\u00e4ndlich k\u00f6nnte auch ein widersprechendes Ergehniss nur dann gegen die Martius\u2019sehe Theorie verwendet werden, wenn sich Jemand der Martius\u2019sehen Methode mit voller Objectivit\u00e4t unterzogen und vor allem eine gro\u00dfe Uehung in derselben erlangt h\u00e4tte.\n6h) Es erscheint also ziemlich schwierig, direct oder auch nur indirect einen Beweis f\u00fcr die normale Auffassung der Vergleichsscheibe beizubringen und die Hypothese zu rechtfertigen, welche allein eine so bedingungslose Anwendung der Methode erm\u00f6glichen w\u00fcrde. Um so leichter d\u00fcrften aber nun vielleicht die Anh\u00e4nger der alten Betrachtungsweise vom Wesen der negativen Nachbilder sich dasjenige auf ihre Weise zurechtlegen k\u00f6nnen, was an der Grundlage f\u00fcr die Martius\u2019sehe Methode nicht Hypothese, sondern unmittelbar gegebene Erscheinung ist. Diese Methode w\u00fcrde nach einer solchen Erkl\u00e4rungsweise allerdings den Charakter des Zuf\u00e4lligen, Schwankenden und Alogischen *) annehmen, der ihre Verwendung abgesehen von jener zuletzt erw\u00e4hnten Controlle \u00fcberhaupt niemals, und auch nach derselben nur sehr bedingt zulassen w\u00fcrde. Das momentane Verschwinden der Nachbilder hat schon von jeher diejenigen besch\u00e4ftigt, welche an der Theorie derselben arbeiteten. Bekanntlich haben unter\n1) Dem Gebiete der optischen T\u00e4uschung Nahestehenden.","page":484},{"file":"p0485.txt","language":"de","ocr_de":"Der Fechner-Helmholtz\u2019sche Satz \u00fcber negative Nachbilder und seine Analogien. 485\nanderen schon Exner1) und Hering2) diese Erscheinung nach ihrer allgemeinen psychologischen Seite hin behandelt und das Verschwinden der negativen Nachbilder mit dem normalen Uebersehen vieler entoptischer Ph\u00e4nomene zusammen unter einen Gesichtspunkt gebracht. Bei der bekannten Gef\u00e4\u00dfschattenfigur beruht ja allerdings die gew\u00f6hnliche Unsichtbarkeit vor allem darauf, dass vorhandene Beizunterschiede durch die Verschiedenheit der Erregbarkeit, d. h. also durch eine dem negativen Nachbild entsprechende Wirkung, wieder ausgeglichen werden. (Sie k\u00f6nnte also nur insofern gegen Martius angef\u00fchrt werden, als hier eine Art von negativer Nachbildwirkung gerade f\u00fcr gew\u00f6hnlich im Sehfeld zur Geltung kommt, obgleich die Aufmerksamkeit der Natur der Sache entsprechend hier so viel als m\u00f6glich ahgelenkt bleibt.) Die psychologische Erkl\u00e4rung kommt hingegen vor allem f\u00fcr das Verschwinden derjenigen entop-tischen Erscheinungen in Betracht, welche bei g\u00fcnstigen psychologischen, und zwar apperceptiven Bedingungen hervortreten. W\u00e4hrend die Hering\u2019 sehe Auffassung \u00fcber diesen Punkt auch in meiner eigenen Anschauung ebenfalls mit enthalten sein wird, kann ich der Exner-schen wenigstens in ihrer thats\u00e4chlichen Formulirung nicht beistimmen. Nach derselben soll alles \u00fcbersehen werden, was man in Folge seiner Mitbewegung f\u00fcr suhjectiv oder zum Organ geh\u00f6rig halten m\u00fcsse, gem\u00e4\u00df der allgemeineren Thatsache, dass man im letzten Grunde nur f\u00fcr die objectiven Gegenst\u00e4nde ein nat\u00fcrliches Interesse besitze. Diese Darstellung d\u00fcrfte doch als etwas zu intellectualistisch und constructor erscheinen. Dieser Eindruck soll ja zwar dadurch gemildert werden, dass auf unbewusste Processe und vererbte Dispositionen zu einer solchen Ignorirung der als suhjectiv erkannten Ph\u00e4nomene zur\u00fcckgegriffen wird. Eine solche Wirkung der Gew\u00f6hnung w\u00e4re aber doch h\u00f6chstens nur f\u00fcr diejenigen entoptischen Erscheinungen einigerma\u00dfen denkbar, welche innerhalb des Sehfeldes ein f\u00fcr allemal fest localisirt sind, wie z. B. die vorhin erw\u00e4hnte Gef\u00e4\u00dfschattenfigur, der gelbe Fleck etc. Gerade hier ist aber eine psychologische Erkl\u00e4rung wegen der bereits erw\u00e4hnten peripheren Wirkung weniger dringend.\n1)\tBxner, Das Verschwinden der Nachbilder bei Augenbewegungen. Zeitschr. f. Psychol. I, S. 47 ff.\n2)\tHering, Ueber Erm\u00fcdung und Erholung des Sehorganes. Grr\u00e4fe\u2019s Archiv f. Ophthalm. XXXVII, 3, S. Iff.","page":485},{"file":"p0486.txt","language":"de","ocr_de":"486\nWilhelm Wirth.\nDie anderen Erscheinungen hingegen, welche ganz beliebig localisirt oder gar beweglich sind, w\u00fcrden bei jedem neuen Auftreten einen neuen, mindestens theilweise bewussten psychischen Akt erfordern, um in ihrer Mitbewegung als ein subjectives und der Ignorirung w\u00fcrdiges Phantom erkannt zu werden. Es w\u00e4re in jedem Momente wieder eine v\u00f6llig neue Situation gegeben, und die psychische Disposition, die als Gegenstand des unbewussten Eliminationsprocesses construirt werden m\u00fcsste, geh\u00f6rte doch wohl einer etwas zu hohen Abstractionsstufe an, als dass man sie derartig im ganzen als >angeboren\u00ab annehmen k\u00f6nnte. Die negativen Nachbilder, welche dieser letzteren Kategorie zugeh\u00f6ren, m\u00fcssten hiernach also zun\u00e4chst jederzeit als solche zum Bewusstsein kommen, falls sie den sonstigen psychologischen Bedingungen entsprechend \u00fcberhaupt jemals ohne weiteres als solche aufgefasst werden k\u00f6nnten.\nH\u00e4lt man sich in der Beschreibung des Thatbestandes nur an die Nachbilder, so scheint es mir nun, dass vor aller Erkl\u00e4rung ihres relativen Zur\u00fccktretens zwei sehr verschiedene Erscheinungsweisen derselben aus einander gehalten werden m\u00fcssen, n\u00e4mlich erstens die Ver\u00e4nderungen der Gesichtsempfindungen auf Grund der Nachbildwirkung \u00fcberhaupt und zweitens die Auffassung des negativen Nachbildes als eines gesonderten, dem prim\u00e4ren Object analogen El\u00e4chenst\u00fcckes. Diese Auffassung des Nachbildes scheint nur unter besonders g\u00fcnstigen Bedingungen vorzukommen. Eine modificirende Wirkung \u00fcberhaupt d\u00fcrfte hingegen immer vorhanden sein, solange nur der Werth des Nachbildes nicht v\u00f6llig verschwunden ist. E\u00fcr die Unterscheidung der beiden Gesichtspunkte sind allerdings gerade die farblosen Nachbilder im allgemeinen weniger geeignet, als die farbigen, falls sie nicht von gr\u00f6\u00dferen prim\u00e4ren Differenzen nach l\u00e4ngerer Fixationszeit entnommen sind. Wenn ein farbloses Nachbild von m\u00e4\u00dfigem Helligkeitswerth, d. h. hier von mittlerer Erregbarkeitsdifferenz, nicht in seinen Umrissen aufgefasst wird, so findet man h\u00e4ufig auch keine besondere Helligkeitsmodification der Fl\u00e4che mehr heraus. Nicht als ob sie hier \u00fcberhaupt nicht mehr vorhanden w\u00e4re ; aber sie springt eben keineswegs in die Augen, weil der Ueber-gang zwischen verschiedenen Helligkeitsstufen des Grau weniger auff\u00e4llt als derjenige zwischen Farbe und Farblosigkeit oder gar zwischen Complement\u00e4rfarben.","page":486},{"file":"p0487.txt","language":"de","ocr_de":"Der Fechner-Helmholtz\u2019sche Satz \u00fcber negative Nachbilder und seine Analogien. 487\nWas nun zun\u00e4chst die Auffassung des Nachbildes als eines besonderen subjectiven Wahmehmungsobjectes anbelangt, so ist dieselbe offenbar niemals mit dem blo\u00dfen Vorhandensein von Erregbarkeits-Unterschieden auf der Netzhaut bereits eindeutig mitgegeben. Denn bei keinem Objecte unserer Wahrnehmung ist diese Auffassung als eines gesonderten Objectes mit dem blo\u00dfen Vorhandensein von Empfindungsunterschieden identisch. Ein Fehlen dieser gesonderten Auffassung kann also von vornherein niemals den Schluss rechtfertigen, dass die Nachbilder \u00fcberhaupt nicht auf Unterschieden der Erregungen, bezw. der ihnen zu Grunde hegenden Erregbarkeiten beruhen. Denn die letzteren bewirken eben zun\u00e4chst nur Unterschiede der subjectiven Qualit\u00e4ten des Sehfeldes \u00fcberhaupt. Das Erkennen eines Nachbildes besteht aber wie alles Erkennen von Gegenst\u00e4nden erst in einer besonderen Apperception dieser Unterschiede. Erst hierin bebt sich im Bewusstsein eine qualitativ besonders geartete Fl\u00e4che als ein selbst\u00e4ndiges Ganze von dem Hintergr\u00fcnde ab, und nur ein solches Er-lebniss meint man mit dem \u00bbSehen eines Nachbildes\u00ab.\nF\u00fcr diese apperceptive Heraushebung der Nachbilder liegen aber nun schon bei ruhendem Auge die Bedingungen viel ung\u00fcnstiger als bei objectiven Gegenst\u00e4nden. Wir k\u00f6nnen die Oonturen des Nachbildes nicht nach einander ins Centrum des Blickfeldes bringen, das nun eben einmal in Folge einer besonderen Disposition zugleich mit den g\u00fcnstigsten Apperceptionsbedingungen zusammenf\u00e4llt. Somit ist also je nach der Ausdehnung des Nachbildes schon eine gewisse Ge\u00fcbtheit im indirecten Sehen erforderbch, damit wir dieselben \u00fcberhaupt als solche auffassen k\u00f6nnen. Wer im indirecten Sehen weniger ge\u00fcbt ist, erkennt diese Schwierigkeit der \u00bbindirecten\u00ab Apperception von Nachbildern daran, dass er sich die klare Erfassung durch den Versuch einer Hinf\u00fchrung seiner centralen Blicksph\u00e4re zu erleichtern strebt. Nat\u00fcrlich kann dieses Mittel \u00fcber die eigentliche Schwierigkeit nicht hinweg helfen, im Gegentheil, sie erschwert die Auffassung nur noch durch das gleichzeitige Entfliehen ihres Objectes von derjenigen Stelle, auf welche sich die Apperception eben beziehen will. Diese Erscheinungen sind bekanntlich schon von Fechner ausf\u00fchrlich beschrieben worden1).\n1) Fechner, Poggend. Annalen, XL.","page":487},{"file":"p0488.txt","language":"de","ocr_de":"488\nWilhelm Wirth.\nHierin zeigt sich denn auch bereits der erste Hauptgrund daf\u00fcr, dass die Auffassung der Nachbilder, die im ruhenden Auge schon h\u00e4ufig nicht zur rechten Klarheit durchdringt, nach Ausf\u00fchrung einer Augenbewegung noch bedeutend complicirter ist. Die Schwierigkeiten sind hier oft schon so gro\u00df, dass je nach der Ge\u00fcbtheit k\u00fcrzere oder l\u00e4ngere Zeit verstreicht, bis' man \u00fcberhaupt das Nachbild wieder sieht. Aber auch hier haben die betreffenden Empfindungsdifferenzen nicht vielleicht im Sehfeld \u00fcberhaupt gefehlt. Vielmehr war die Apperception nur auf eine falsche Stelle gerichtet, und die richtige Stelle wurde \u00fcberhaupt keiner genaueren Analyse unterzogen. Das erhellt unmittelbar daraus, dass man beim endlichen Wiederauffinden in diesen F\u00e4llen das Bewusstsein erlebt, man habe das Nachbild an der betreffenden Stelle und in der thats\u00e4chlichen Form und Qualit\u00e4t momentan gar nicht vermuthet. Jedes Nachbild, das wir als besonderen Gegenstand appercipirt haben, befindet sich f\u00fcr uns stets an einer Stelle des Raumes, und k\u00f6nnen wir bei ihm ebenso wenig wie bei irgend einer entoptischen Erscheinung diese dreidimensionale Localisation aufheben. Es erscheint also gew\u00f6hnlich als eine F\u00e4rbung einer irgendwie localisirten Projectionsfl\u00e4che. Das Nachbild ist also von vornherein ein von uns ebenso unabh\u00e4ngiger, selbst\u00e4ndiger Gegenstand, wie alle anderen r\u00e4umlichen Gegenst\u00e4nde auch. Es \u00fcbertragen sich in Folge dessen zun\u00e4chst alle Erfahrungen, die man hinsichtlich der Ver\u00e4nderungen im Sehfeld bei Augenbebewegungen gemacht hat, unmittelbar auch auf die Nachbilder. Auf Grund dieser Erfahrungen wissen wir aber nun s\u00e4mtliche objective Wahrnehmungsgegenst\u00e4nde nach einer Augenbewegung in bestimmter Weise innerhalb des Sehfeldes verschoben, und unsere Apperception richtet sich von vorne herein nach dem richtigen Orte im Sehfeld, sobald \u00fcberhaupt die Existenzfrage irgend eines dieser Wahrnehmungsobjecte auftaucht. Bei Uebertragung dieser Erfahrungen auf die gegenst\u00e4ndlich aufgefassten Nachbilder muss man nat\u00fcrlich nach einer Augenbewegung zun\u00e4chst glauben, das Nachbild sei verschwunden. Denn es befindet sich nicht mehr da, wo es sich als jener selbst\u00e4ndige Gegenstand befinden m\u00fcsste, falls er \u00fcberhaupt noch als solcher existirte. Dieser Fall wird nat\u00fcrlich vor allem auch bei'jenem zuerst genannten Versuch eintreten, die indirect allzu schwierig zu appercipirenden Conturen unwillk\u00fcrlich durch eine Augenbewegung","page":488},{"file":"p0489.txt","language":"de","ocr_de":"Der Fechner-Helmholtz\u2019sche Satz \u00fcber negative Nachbilder und seine Analogien. 489\nins Blickfeld zu bringen. Au\u00dfer den scheinbaren Ortsver\u00e4nderungen geh\u00f6ren auch die scheinbaren Gr\u00f6\u00dfenver\u00e4nderungen hierher, die bei hinreichendem Umfang ebenfalls h\u00e4ufig das Nachbild f\u00fcr den ersten Augenblick aus der Apperception verlieren lassen. Man erkennt hierbei am allerdeutlichsten, dass ein Nachbild nicht vielleicht schon mit der blo\u00dfen Empfindungsdifferenz gegeben zu sein braucht, sondern dass man auch wissen muss, wo und in welcher Form sich diese Differenzen als Fl\u00e4chenconturen befinden, damit man sich eines Nachbildes bewusst werden k\u00f6nne. So findet man bekanntlich ein Nachbild, das man auf einer bestimmt gelegenen Projectionsfl\u00e4che sogar schon ganz deutlich erfasst haben kann, auf viel entfernteren Fl\u00e4chen nicht gleich wieder. Denn das mit der Projectionsfl\u00e4che gegenst\u00e4ndlich verbunden gedachte Nachbild wird bei gr\u00f6\u00dferer Entfernung dieser Fl\u00e4che eher unter einem viel kleineren Gesichtswinkel erwartet, w\u00e4hrend in Wirklichkeit der constant erhaltene Gesichtswinkel bei Entfernung der Projectionsfl\u00e4che sogar einer Vergr\u00f6\u00dferung entspricht. Erst die Apperception der umfassenderen Oonturen, die bei geringerer Qualit\u00e4tsdifferenz eine ziemliche Weile dauern kann, l\u00e4sst das Nachbild wiederfinden. Es ist ja eine der bekanntesten psychologischen Thatsachen, dass die gebotenen Objecte viel auffallender sein m\u00fcssen, wenn wir sie ohne sicheres Vorherwissen \u00fcber ihre Erscheinungsweise appercipiren sollen. Wer also die Nachbilder nicht gerade auf einen bestimmten Projectionseffect hin studirt hat, wird niemals in der Weise auf das Kommende gefasst sein, dass ihm das Nachbild nach einer fortschreitenden Augenbewegung wie ein objectiver Gegenstand sofort wieder \u00bbklar vor Augen st\u00fcnde\u00ab, wenn dieser Ausdruck f\u00fcr Nachbilder gestattet ist.\nAm meisten werden diese Schwierigkeiten, ein Nachbild nach einer raschen Bewegung wieder aufzufinden, durch die Bedingungen der gew\u00f6hnlichen binocularen Gesichtswahrnehmungen gesteigert. Nimmt man nach Entstehung eines Nachbildes bei binocu-larer Fixation alle m\u00f6glichen Projectionsfl\u00e4chen durch, so gibt es offenbar eine gro\u00dfe Mehrheit von F\u00e4llen, in denen die Conturen der beiden Einzelnachbilder nicht auf solchen Stellen liegen, die f\u00fcr die neue Projectionsfl\u00e4che den n\u00e4mlichen objectiven Punkten entsprechen. Es wird sich also bei besonders gro\u00dfer Abweichung \u00fcberhaupt","page":489},{"file":"p0490.txt","language":"de","ocr_de":"490\nWilhelm Wirth.\nkein einheitliches und klares G-egenstandshild als Nachbild ergeben.\nAus allen diesen Gr\u00fcnden wird also schon die Wiederauffindung eines Nachbildes nach Eintritt einer neuen Ruhelage des Auges erschwert, was bei der Martius\u2019schen Methode ebenfalls bereits in Betracht kommt. Noch viel ung\u00fcnstiger werden aber nat\u00fcrlich die Apperceptionshedingungen w\u00e4hrend der Bewegung selbst. Dies gilt nat\u00fcrlich in gleicher Weise auch f\u00fcr die Auffassung aller ob-jectiven Verh\u00e4ltnisse. Hier unterscheidet man nur meistentheils weniger zwischen demjenigen, was man w\u00e4hrend der Augenbewegung von den Gegenst\u00e4nden wirklich sieht, und demjenigen, was man nur von ihnen wei\u00df und daher zu sehen glaubt, ohne dass es wirklich in den Inhalten der Empfindungserregungen enthalten w\u00e4re. Den besten Beleg geben ja hierf\u00fcr die experimentellen Untersuchungen \u00fcber die Apperceptionserlehnisse w\u00e4hrend des Lesens. Auch hier f\u00e4llt in die Momente der Augenbewegung keine klare Auffassung derjenigen Theile des Feldes, \u00fcber welches der Blickpunkt hinweg eilt. Man k\u00f6nnte glauben, dass hei den ohjectiven Gegenst\u00e4nden dieser Mangel an klarer Auffassung w\u00e4hrend der Augenbewegung nur auf dem raschen Wechsel der Netzhauterregungen beruhe, welcher bei den Nachbildern doch gerade nicht vorhanden sei. Bei ruhendem Auge d\u00fcrfte aber vielleicht ein viel rascherer Wechsel noch hinreichend klar appercipirt werden, nur eben mit den Modificationen, welche durch den Verlauf der Netzhauterregung bedingt sind. Die Apperception ist vielmehr vor allem durch den Bewegungsimpuls selbst in ihrer Leistungsf\u00e4higkeit beschr\u00e4nkt. Beim Zur\u00fccktreten der Nachbilder w\u00e4hrend der Bewegung sieht man also wegen der Ausgeschlossenheit jenes ersteren Grundes nur die Wirkung dieser Hemmung der Apperception im Verein mit den fr\u00fcher besprochenen Gr\u00fcnden, die speciell f\u00fcr die Nachbilder in Betracht kommen. Dem Auffassen einzelner objectiver Gegenst\u00e4nde in den kurzen unwillk\u00fcrlichen Ruhepausen ausgedehnterer Bewegungen geht aber auch ein sprunghaftes Auftauchen der Nachbilder w\u00e4hrend der Bewegung parallel.\nDer eigentliche Gegenstand der Apperception w\u00e4hrend der Bewegung seihst, der bis zu einem gewissen Grade von jener allgemeinen Unklarheit ausgenommen ist, besteht doch bekanntlich in dem Ziele der Augenbewegung selbst, d. h. in dem Gegenst\u00e4nde, welcher ins","page":490},{"file":"p0491.txt","language":"de","ocr_de":"Der Fechner-Helmholtz'sche Satz \u00fcber negative Nachbilder und seine Analogien. 491\nCentrum des Sehfeldes gelangen soll. Nachbilder k\u00f6nnen aber aus den oben erw\u00e4hnten Gr\u00fcnden niemals solche appercipirte Zielpunkte von Augenbewegungen werden, ohne dass sie eben in Folge der Bewegung sofort aus dem Bereiche der momentanen Apperception entrissen werden. Somit f\u00e4llt also auch dieser einzige Grund weg, der einen objectiven Gegenstand w\u00e4hrend der Bewegung seihst eine apperceptive Stellung einnehmen lassen kann. In allen F\u00e4llen endlich, in denen die Bewegungen nicht durch das Streben nach Fixation eines zun\u00e4chst indirect gesehenen Gegenstandes ausgel\u00f6st werden, sondern durch das Erstreben der entsprechenden Bewegungsempfindungen \u00fcberhaupt fallen s\u00e4mmtliche Gegenst\u00e4nde des Sehfeldes im Momente der Bewegung aus dem Mittelpunkte der Apperception heraus.\nDiese Thatsache, dass eine auf der Netzhaut constant fixirte Beizdifferenz unter solchen Bedingungen ebenso wenig wie ein Nachbild appercipirt wird, l\u00e4sst sich nat\u00fcrlich nur schwer experimentell nachweisen. - Denn es m\u00fcsste hierzu ein Gegenstand fortw\u00e4hrend mit dem auf ihn gerichteten Sehstrahl sich fortbewegen. Nur in ann\u00e4hernder Weise l\u00e4sst es sich mit der bekannten Anordnung von Orchansky zur Begistrirung von Augenbewegungen erreichen. Hier bewegt sich der Stift, welcher aus der auf den Augapfel aufzusetzenden Kugelschale herausragt, thats\u00e4chlich ungef\u00e4hr mit dem Sehstrahl. Herr Almy, der gerade mit jenem Apparat arbeitet, hatte die G\u00fcte, gelegentlich einige Beobachtungen \u00fcber die Erscheinung des Stiftes w\u00e4hrend der Augenbewegungen und in der Buhelage anzustellen. Nach Aussage von Herrn Almy hat sich denn auch wirklich eine gro\u00dfe Undeutlichkeit des Stiftes bei der Bewegung ergeben, w\u00e4hrend hingegen im ruhenden Auge derselbe sehr klar und bestimmt gesehen werden kann. Jedenfalls sind aber die von jenem Stifte ausgehenden Erregungen keine besonderen Componenten der Wahrnehmung, die neben einer normalen Netzhautth\u00e4tigkeit bald zur Geltung kommen und bald zur\u00fccktreten.\nDass allein jene apperceptiven Momente in Frage kommen, ergibt sich schlie\u00dflich auch daraus, dass die Ein\u00fcbung auf das m\u00f6glichst ununterbrochene Sehen von Nachbildern in allen m\u00f6glichen Projec-tionen auf nichts anderes auszugehen braucht, als eben auf die Ausschaltung der bisher angef\u00fchrten Gr\u00fcnde. Von der Ein\u00fcbung im indirecten Sehen wurde schon gesprochen. Ebenso m\u00fcssen aber nun","page":491},{"file":"p0492.txt","language":"de","ocr_de":"492\nWilhelm Wirth.\nauch die Erfahrungen \u00fcber die Lagever\u00e4nderungen der stets objecti-virten Nachbilder im Raum sozusagen ebenso in Fleisch und Blut \u00fcbergehen, wie die Kenntniss von der Lage der wirklichen Gegenst\u00e4nde im Sehfelde. \"W\u00e4hrend diese letzteren, also die wirklichen Inhalte des Raumes, von den Augenbewegungen gerade als unabh\u00e4ngig und ruhend vorgestellt werden m\u00fcssen, haben die Nachbilder in ihrem eigenth\u00fcmlichen Mitgehen und in ihrer gleichzeitigen Form-und Farhen\u00e4nderung immer gel\u00e4ufiger zu werden. Man muss ebenso wie bei den objectiven Gegenst\u00e4nden jederzeit wissen, wo und wie man sie zu erwarten hat. Weit entfernt, dass also dasjenige, was fortw\u00e4hrend mit der Blickrichtung geht, zun\u00e4chst jemals aus der Apperception ausgeschieden zu werden brauchte, m\u00fcssen wir vielmehr mit dieser eigenth\u00fcmlichen Art von Gegenstandsbewegungen erst besonders vertraut werden, um jene Gegenst\u00e4nde \u00fcberhaupt als dauernde Wahrnehmungsohjecte auffassen zu k\u00f6nnen. Dass aber zun\u00e4chst die objectiven Gegenst\u00e4nde uns besch\u00e4ftigen, und die Erfahrung in der beschriebenen Hinsicht auf sie eingerichtet ist, und nicht vielleicht auf die Nachbild\u00e9r und entoptischen Erscheinungen, beruht eben auf der gr\u00f6\u00dferen Eindrucksf\u00e4higkeit ihrer Bilder. Es w\u00e4re ein schlechter Sehapparat, bei welchem diese Nebenerscheinungen an und f\u00fcr sich auff\u00e4lliger w\u00e4ren als die den objectiven Gegenst\u00e4nden entsprechenden Empfindungsdifferenzen. Im letzteren Falle w\u00fcrde keine absichtliche Ignorirung jemals zum Uehersehen derselben f\u00fchren k\u00f6nnen. Andererseits kann allerdings die eben geschilderte Ein\u00fcbung auf das Sehen von Nachbildern die Apperceptionsbedingungen trotz dieser nat\u00fcrlichen Hindernisse so g\u00fcnstig gestalten, dass man \u00fcberall Nachbilder sieht, obgleich die quantitativen Verh\u00e4ltnisse nicht merklich ver\u00e4ndert sind. Die Unannehmlichkeit und Sch\u00e4dlichkeit eines solchen Zustandes kann wenigstens bei quantitativen Messungen vermieden werden, wenn man dieselben wie hei allen bisher geschilderten Methoden von einem Erkennen des Nachbildes als solchen unabh\u00e4ngig macht. Dies f\u00fchrt uns auf die an zweiter Stelle genannte, allgemeinere Daseinsweise der Nachbilder <).\n1) Dabei wurde in allen bisherigen Darlegungen nur an solche F\u00e4lle gedacht, in welchen nicht etwa die Erregungsdifferenz auf Grund der negativen Nachbildwirkung durch Hereinwirken eines positiven Nachbildes herabgesetzt oder aus-","page":492},{"file":"p0493.txt","language":"de","ocr_de":"Der Fechner-Helmholtz'sche Satz \u00fcber negative Nachbilder und seine Analogien. 493\nIn allen F\u00e4llen, in denen man kein Nachbild als gesondertes Fl\u00e4chenst\u00fcck heraus erkennt, ist es trotzdem nicht absolut psychisch nicht vorhanden. Es geht eben nur als Eigenschaft, bezw. als Modification derselben in diejenigen Gegenst\u00e4nde ein, die gem\u00e4\u00df den vorhandenen Apperceptionsbedingungen gesondert aufgefasst werden. Man ist sich dabei allerdings in Ermangelung von Vergleichsobjecten nicht bewusst, dass dieser oder jener Fl\u00e4chentheil am Gegenst\u00e4nde anders aussehe als ohne solche Nachhildwirkung. Liegt aber auf einer anderen Stelle des Sehfeldes mit einer hiervon verschiedenen Erregbarkeit ein Vergleichsgegenstand vor, so kommt die Modification der Empfindung als solcher auch ohne Auffassung eines besonderen Nachbildes irgendwie zur Geltung. Ein Beispiel hierf\u00fcr ist eben gerade in dem Idealfall der alten Messungsmethode gegeben. Eine hellgraue Scheibe werde auf schwarzem Grunde fixirt, und zwar nicht l\u00e4nger, als dass die absolute Ver\u00e4nderung von Scheibe und Grund bei der Mangelhaftigkeit des absoluten Helligkeitsged\u00e4chtnisses nicht unmittelbar als Modification erkannt wird. Bei Unge\u00fcbten darf die Fixationszeit dabei sogar relativ lange w\u00e4hren. Alsdann wird der Beobachter also nichts von einem Nachbild wissen; er w\u00fcsste also gar nicht, wie er seine Aufmerksamkeit auf etwas anderes richten sollte als eben auf die Scheibe und den Grund. Dennoch wird er sowohl die unmittelbar wahrgenommene Differenz zwischen Scheibe und Grund, als auch das Verh\u00e4ltniss zu irgend einer neuen Vergleichshelligkeit bei Fortsetzung der Fixation im Sinne des Nachbildes beurtheilen. Bei meinen Versuchen, welche das Vergleichsprincip der alten Methoden festhielten, fragten mich einige Versuchspersonen nach l\u00e4ngerer Zeit, wann denn eigentlich einmal die Messung von Nachbildwirkungen beginnen w\u00fcrde, sie h\u00e4tten ja noch niemals ein Nachbild zu sehen bekommen. Und doch hatten sie selbst schon viele gute Vergleichsurtheile bezw. Einstellungen auf subjective Gleichheit im Sinne des Nachbildes geliefert.\ngeglichen wird. In solchen F\u00e4llen brauchte man nat\u00fcrlich zur Rechtfertigung der alten Anschauung \u00fcberhaupt kein besonderes H\u00fclfsmittel aus dem Gebiete der -Psychologie. Die Erkl\u00e4rung dieser Ausgleichung, welche \u00fcbrigens sehr h\u00e4ufig allein der Grund f\u00fcr ein sp\u00e4teres Hervortreten des negativen Nachbildes ist, bildete f\u00fcr v. Helmholtz ja gerade den Anlass zur mathematischen Formulirung des Erregbarkeitsbegriffs nach der alten Auffassung.","page":493},{"file":"p0494.txt","language":"de","ocr_de":"494\nWilhelm Wirtb.\nGanz analog wird sich aber nun die Sache verhalten, wenn Jemand nach rascher Bewegung das Nachbild nicht mehr wiederfindet, weil er es in anderer Form und Lage wieder erwartet, oder \u00fcberhaupt noch nicht beachtet hat. Auch hier w\u00fcrde doch in einem Vergleichsurtheil die Modification der Fl\u00e4che zur Geltung kommen, weil die Empfindung an sich betrachtet eine andere geblieben ist. Auch wenn in Folge allzu rascher Augenbewegungen keine Auffassung eines klaren Bildes mehr m\u00f6glich ist, wird das Nachbild in einer ganz besonderen Modification des Gesammteindruckes zur Geltung kommen, den die \u00fcberblickte Fl\u00e4che w\u00e4hrend der Bewegung bietet. Er wird im allgemeinen ein anderer sein k\u00f6nnen, als wenn kein Nachbild vorhanden gewesen w\u00e4re. Insbesondere zeigt sich dies, wie schon einmal erw\u00e4hnt, bei farbigen Nachbildern besser als bei farblosen. Es entsteht dabei ein gemischter Eindruck in \u00e4hnlicher Weise, wie bei raschem Wechsel \u00e4u\u00dferer Beize; nur ist es hier nat\u00fcrlich keine Mischung peripherer Erregungsvorg\u00e4nge, wie bei der Betrachtung eines rotirenden Farbenkreisels, sondern das Ergebniss eines raschen Wechsels von Empfindungsqualit\u00e4ten, die alle in unklarer und ungesonderter Folge an einer objectiven Fl\u00e4che appercipirt wurden. Um diesen Eindruck am besten hervorzurufen, darf man nicht etwa w\u00e4hrend der Augenbewegungen selbst gleichzeitig nach den Nachbildern suchen, weil dadurch die Bewegung ruckweise unterbrochen wird; man muss vielmehr die ungezwungenen Augenbewegungen sich vollziehen lassen, welche bei der nat\u00fcrlichen Betrachtungsweise als Umherschweifen des Blickes auf dem objectiven Gegenstand ganz von selbst erfolgen. Bei farbigen Nachbildern glaubt man dabei auf einer m\u00f6glichst indifferenten Fl\u00e4che ein eigenartig schillerndes, verwaschenes Gemisch zu sehen.\nBei farblosen Nachbildern scheint aber f\u00fcr die vom Blickpunkt \u00fcberstrichene Fl\u00e4che thats\u00e4chlich wieder ein ann\u00e4hernd einheitlicher Helligkeitseindruck zu entstehen, und deshalb wird bei hinreichender Ausdehnung ein solches Nachbild ganz abgesehen von der geringeren Eindrucksf\u00e4higkeit farbloser Helligkeitsdifferenzen viel eher \u00fcbersehen werden k\u00f6nnen. Es ist ja nun allerdings nicht leicht, zu einem sicheren Urtheil dar\u00fcber zu kommen, welche ruhend gesehene Helligkeit diesem Helligkeitseindruck zu vergleichen sei, der im bewegten Ueberblick \u00fcber eine Fl\u00e4che gewonnen wurde. Wenn man aber vor","page":494},{"file":"p0495.txt","language":"de","ocr_de":"Der Fechner-Helmholtz\u2019sche Satz \u00fcber negative Nachbilder und seine Analogien. 495\neiner Ausf\u00fchrung ausdr\u00fccklich hierauf bez\u00fcgliche Experimente, die bisher unterblieben sind, eine Vermuthung hier\u00fcber aussprechen d\u00fcrfte, so sollte man glauben, dass sie in der That als so etwas wie eine \u00bbnormale\u00ab Helligkeit im Martius\u2019sehen Sinne gesehen werden m\u00fcssten. L\u00e4sst man die bisher nur ganz allgemein erwiesene Annahme zu, dass die kleine Scheibe mehr ver\u00e4ndert wird als die ausgedehntere Umgebung und im umgekehrten Sinne wie diese, so dass also der eine Theil sich relativ aufhellt, der andere sich relativ verdunkelt, so muss das Scheibennachhild mehr vom \u00bbNormalen\u00ab abweichen als das Nachbild der Umgehung, wenn man diesen Ausdruck f\u00fcr den Eindruck an Stelle der fr\u00fcheren Umgehung gebrauchen darf. Gleichzeitig wird aber nun hei jenen Augenbewegungen \u00fcber eine Fl\u00e4che hin jeder Punkt der Projectionsfl\u00e4che \u00f6fter einen Theil des ausgedehnteren Nachbildes der Umgebung auf sich liegen haben, als das kleinere Nachbild der Scheibe. F\u00fcr den Fall, dass wirklich eine solche apperceptive Mischung des Helligkeitseindruckes f\u00fcr jede Stelle der Projectionsfl\u00e4che zu Stande kommt, wird also auf jeder Stelle die gr\u00f6\u00dfere Abweichung vom Normalen, welche dem kleinen Scheibennachhild entspricht, im kleineren Yerh\u00e4ltniss in den Gesamteindruck eingehen, als die geringere Abweichung vom Normalen, welche dem Nachbild der ausgedehnteren Umgebung entstammt. Der Gesamteindruck m\u00fcsste sich also thats\u00e4chlich der normalen Auffassung, d. h. der Empfindung bei einer mittleren Erregbarkeit ann\u00e4hern, von der aus sich die Erregbarkeiten der beiden Fl\u00e4chenst\u00fccke in bestimmten Verh\u00e4ltnissen in entgegengesetzter Eichtung entfernt haben.\nJene erste Thatsache, dass die qualitative Modification auf Grund der Nachbildwirkung im Urtheil zur Geltung kommt, ohne dass man das Nachbild als solches \u00fcberhaupt als besonderen Gegenstand apper-cipiren kann, spricht also zun\u00e4chst gegen den Grundgedanken der Martius\u2019schen Hypothese, dass \u00fcberhaupt eine besondere psychische Stellung des Nachbildes zum Dasein der suhjectiven Qualit\u00e4tsver\u00e4nderung nothwendig sei. Die zuletzt besprochene M\u00f6glichkeit f\u00fcr die Entstehung eines dem Normalen angen\u00e4herten Gesamteindruckes l\u00e4sst hingegen eine einfache Auslegung des thats\u00e4chlichen ph\u00e4nomenalen Thatbestandes zu, welcher in der Martius\u2019schen Methode gegeben ist. Nur m\u00fcsste eben zugegeben werden, dass heim Hinblick","page":495},{"file":"p0496.txt","language":"de","ocr_de":"496\nWilhelm Wirth.\nauf die Yergleichsscheibe im kritischen Moment thats\u00e4chlich noch keine absolute Buhe der Fixation, sondern ein gewisses Schwanken des Blickes gegeben war. Die Yergleichsscheibe braucht ja hierzu nicht etwa nur mit den vorher von der Umgebung aus gereizten Netzhautstellen, aber doch eben auch mit denselben gesehen worden zu sein. Bei der Hinbewegung selbst wird ja die Yergleichsscheibe zun\u00e4chst sogar nur mit solchen der Umgehung entsprechenden Stellen gesehen. Gerade dieses zun\u00e4chst indirect appercipirte Ziel unserer Augenbewegung ist aber nach den fr\u00fcheren Ausf\u00fchrungen dasjenige, was allein schon w\u00e4hrend der Bewegung selbst einer genaueren Auffassung theilhaftig werden kann. So wird das hier Gesehene das Urtheil sicher mit beeinflussen, wenn wir dasselbe m\u00f6glichst bald nach Erreichung der zweiten Scheibe zu f\u00e4llen trachten. Wenn man aber nun nach einer schnellen Bewegung den entsprechenden Fixationspunkt, etwa die Mitte der Scheibe, gl\u00fccklich erreicht hat, so ist eine so ruhige Haltung, wie sie bei der ersten Scheibe nach l\u00e4ngerer Buhe stattfand, \u00fcberhaupt gar nicht gleich m\u00f6glich. Man wird ganz unwillk\u00fcrlich zun\u00e4chst noch kleine Schwankungen mit dem Blicke ausf\u00fchren. Zumal wenn der Gegenstand, von dem man herkam, f\u00fcr das Yergleichsurtheil eine so gro\u00dfe Wichtigkeit besitzt, ist eine Tendenz, nach ihm zur\u00fcckzublicken, f\u00fcr die ersten Augenblicke ganz nat\u00fcrlich. Nun sind aber ja die eigentlichen Hauptversuche von Martius gar nicht mit ganz entsprechender Fixation einer v\u00f6llig gleichartigen Yergleichsscheibe angestellt worden, die sich ungef\u00e4hr in einer entsprechenden Lage zu den Augen befand wie die prim\u00e4re Scheibe. Die Yergleichsscheibe stand vielmehr etwas entfernter, war auch noch gr\u00f6\u00dfer als die prim\u00e4re Scheibe und das Urtheil wurde in einem freien directen Blick auf diese gr\u00f6\u00dfere Scheibe abgegeben. Es wurde also thats\u00e4chlich in freier Bewegung auf eine Projections-fl\u00e4che hingesehen und der Helligkeitseindruck konnte wirklich einer solchen Mischung entsprechen, wie wir sie oben in ihrer Ann\u00e4herung an den normalen Eindruck zu analysiren versuchten. Dass Martius seine eigentlichen Messungsversuche \u00fcberhaupt mit einem solchen freien Blick nach der Yergleichsscheibe hin ausf\u00fchrte und nicht hei exacter Fixation einer ganz entsprechenden Scheibe, l\u00e4sst vermuthen, dass diese scheinbar normale Auffassung hierbei noch pr\u00e4gnanter","page":496},{"file":"p0497.txt","language":"de","ocr_de":"Der Fechner-Helmholtz\u2019sehe Satz \u00fcber negative Nachbilder und seine Analogien. 497\nzum Ausdrucke kam, was mit dieser Erkl\u00e4rung des Thatbestandes gut \u00fcbereinstimmen w\u00fcrde1).\nDiese Auslegung der Martius\u2019schen Methode wird auch noch dadurch wahrscheinlicher, dass eine genaue Fixation einer nach Gr\u00f6\u00dfe und Lage ganz entsprechenden Vergleichsscheibe gerade die sichersten Bedingungen f\u00fcr eine sofortige Apperception und Erkenntniss des Nachbildes als solchen in sich geschlossen h\u00e4tte. W\u00e4hrend n\u00e4mlich, wie oben erw\u00e4hnt, bei fortgesetzter genauer Fixation der prim\u00e4ren Scheibe au\u00dfer der objectiven Grenze keine besonderen Oonturen im Sehfeld vorzukommen brauchen, kann bei seitlicher Projection auf eine Scheibe von gleicher Art die Grenze des Nachbildes mit der Scheibengrenze nicht mehr zusammenfallen. Die binoculare Fixation unter Drehung des Kopfes wird diesen Effect am meisten hervorrufen. Sie ist aber zugleich der complicirteste Fall, und die zum Endresultate beitragenden Factoren lassen sich daher am besten schon bei den einfacheren Versuchsbedingungen auffinden, in welchen sie relativ isolirt Vorkommen. Schon bei monocularer Fixation wird nat\u00fcrlich das Nachbild die zweite Scheibe nicht vollkommen decken. Der Contrast l\u00e4sst dabei die Conturen wie immer noch mehr hervortreten. Bei binocularer Fixation, zun\u00e4chst unter Beibehaltung der n\u00e4mlichen Kopflage, werden die prim\u00e4re und die Vergleichsscheibe zu beiden Augen eine unsymmetrische Lage besitzen. Es wird also eine noch gr\u00f6\u00dfere Verschiebung jedes einzelnen Doppelbildes zur Scheibengrenze eintreten. L\u00e4sst man schlie\u00dflich noch eine nat\u00fcrliche Kopfhaltung hei der Entstehung des Nachbildes und seiner Projection zu, wie dies bei Martius der Fall gewesen zu sein scheint, so ergibt sich in Folge der verschiedenen Kopflagen\n1) Dass nicht etwa die Augenbewegung als solche durch eine periphere physiologisch-mechanische Wirkung in den Verlauf der Nachbildwirkung in der Weise eingreift, wie es zu einem sofortigen Normalsehen nothwendig w\u00e4re, ist bereits in jener bekannten Discussion \u00fcber die Fick-G\u00fcr her\u2019sehe Hypothese von Hering sorgf\u00e4ltig experimentell nachgewiesen worden (Hering, Ueber Erm\u00fcdung und Erholung des Sehorganes, v. Grae[fe\u2019s Archiv f\u00fcr Ophthalmologie, XXXVII, 3, S. 1 ff.) Es zeigte sich dabei, dass die Augenbewegung nicht einmal den gew\u00f6hnlichen Phasenverlauf der Nachbilder st\u00f6ren, geschweige ihr Dasein \u00fcberhaupt auf heben kann. Die hierdurch zur\u00fcckgewiesene Auffassung w\u00e4re ja auch gar nicht im Sinne von M artius gelegen, der an einen psychologischen Grund des Zur\u00fccktretens denkt.\nWundt, Philos. Studien. XVI.\n33","page":497},{"file":"p0498.txt","language":"de","ocr_de":"498\tWilhelm Wirth.\neine noch gr\u00f6\u00dfere Differenz zwischen dem Bild der Vergleichsscheibe und dem Nachbild der prim\u00e4ren Scheibe in jedem Auge. Der Wettstreit der Sehfelder wird ja hierbei noch gewisse Complicationen herbeif\u00fchren, die sich nur schwer im einzelnen angeben lassen. Jedenfalls kann er aber den Eindruck, der in jedem Einzelbilde die Lostrennung des Nachbildes als solchen von der Vergleichsscheibe hei wirklich fester Fixation besonders beg\u00fcnstigt, nicht principiell umgestalten. Bei sofortiger Erreichung einer festen Fixation der Vergleichsscheibe sind also die g\u00fcnstigsten Bedingungen f\u00fcr die Auffassung des Nachbildes als solchen vorhanden1). Wer noch dazu im Sehen von Nachbildern \u00fcberhaupt eine gro\u00dfe Uebung besitzt, wird daher hei einem derartigen Versuch sofort das Nachbild deutlich erfassen k\u00f6nnen und unter Umst\u00e4nden ohne eine besondere Ein\u00fcbung einer freieren Augenhewegung f\u00fcr die Martius\u2019sche Methode unbrauchbar sein. Umgekehrt l\u00e4sst aber das v\u00f6llige Ausbleiben dieser Wirkung auf das Fehlen jener noth wendigen Vorbedingung f\u00fcr eine solche Aufdringlichkeit des Nachbildes als solchen schlie\u00dfen, d. h. eben auf das Fehlen einer festen Fixation. Sind aber nun einmal solche Blickschwankungen kurz nach dem U\u00ebbergang auf den neuen Fixationspunkt nicht auszuschlie\u00dfen, so werden alle bereits erw\u00e4hnten Gr\u00fcnde f\u00fcr eine gesonderte Auffassung des Nachbildes als solchen nun gerade die Gemischtheit des Gesammteindruckes in Folge jener apperceptiven Vertheilung auf die verschiedenen Punkte des Blickfeldes noch mehr beg\u00fcnstigen. Denn einerseits sind die vermischten Einzelbilder inhaltlich viel schillernder, und anderseits wechseln die qualitativen Differenzen eben nach all den verschiedenen Hinsichten, welche hei der binocularen Auffassung in den verschiedenen Divergenzstellungen der Blickschwankungen eintreten. Aehnliches kann man ja auch schon bei der alten Methode beobachten. Wenn man hierbei die\n1) Es w\u00fcrde zu weit f\u00fchren, wenn ich die einzelnen Schemata, welche ich zu meiner eigenen Instruction f\u00fcr die beiden letzten complicirten F\u00e4lle anlegte, hier noch anf\u00fchren und erkl\u00e4ren wollte. F\u00fcr die experimentelle Pr\u00fcfung dieser Situationen eignen sich au\u00dferdem (noch besser als Scheiben) mehrere gleichartige und parallele farbige Streifen: auf andersartigem, z. B. schwarzem Grund. Hier l\u00e4sst sich besonders die'immer klarere Trennung des Nachbildes von dem Vergleichsstreifen gut- beobachten, indem man nach l\u00e4ngerer Fixation eines beliebigen Streifens nach entsprechenden Fixationspunkten immer entfernterer Streifen fortschreitet.","page":498},{"file":"p0499.txt","language":"de","ocr_de":"/\nDer Fechner-Helmholtz\u2019sche Satz \u00fcber negative Nachbilder und seine Analogien. 499\nUmgebung der Scheibe so eingestellt hat, dass sie der Scheibe unter genauer Einhaltung der Fixation subjectiv gleich erscheint, so gen\u00fcgen kleine Schwankungen des Blickes, um den Eindruck der Gleichheit zwischen Scheibe und Grund zu zerst\u00f6ren und die Auffassung des beiderseitigen Yerh\u00e4ltnisses dem normalen Zustande anzun\u00e4hern.\nKommt aber das Nachbild bei der Fixation einer anderen Scheibe thats\u00e4chlich ganz genau wieder so zu liegen wie auf der prim\u00e4ren Scheibe, so zeigt es in der quantitativen Bestimmung nach der alten Methode nur die entsprechende Abnahme durch die Erholung, ohne dass eine Ausschaltung seiner Wirkung stattf\u00e4nde. Bei Anwendung einer besonderen Vergleichsscheibe w\u00e4re diese genaue Deckung nat\u00fcrlich immer nur ann\u00e4hernd zu erreichen. Es m\u00fcsste die Ebene beider Scheiben zu der beiderseitigen Fixationsrichtung senkrecht stehen, und auch sonst die Form und Lage der Scheiben vollst\u00e4ndig \u00fcbereinstimmen. Das Einfachste bleibt also immer die erneute Fixation der n\u00e4mlichen Scheibe nach einer beliebigen Abschweifung des Blickes oder Schlie\u00dfung der Augen. Schon v. Kries hat bekanntlich, wie schon erw\u00e4hnt, solche Versuche angestellt, als er den Gang der Netzhauterholung bestimmte1). Nach vollst\u00e4ndiger Herstellung der alten Fixationslage konnte ebenfalls wieder eine Nachbildwirkung von bestimmter St\u00e4rke gemessen werden.\nDie Erscheinungen, von denen aus Martius zu seiner Theorie \u00fcber das selbst\u00e4ndige Wesen der Nachbilder gegen\u00fcber der Normalempfindung gelangt, k\u00f6nnen also auch nach der alten Anschauung erkl\u00e4rt werden, wonach die Nachbilder auf Erregbarkeitsdifferenzen beruhen und immer in der Empfindung als solche enthalten sind. Selbst wenn also in der oben angedeuteten Weise der positive Beweis erbracht w\u00e4re, dass uns die Vergleichsscheibe im ersten Momente wirklich den normalen Helligkeitseindruck macht, w\u00fcrde man trotzdem bei der alten Anschauung beharren k\u00f6nnen.\nGewisse allgemeinere Gesichtspunkte d\u00fcrften indessen schlie\u00dflich ganz und gar f\u00fcr die Festhaltung der letzteren entscheiden. Zun\u00e4chst unterliegt es wohl auf Seiten der Psychophysiologie gro\u00dfen Schwierigkeiten, die Erscheinungen der Gesamtadaptati\u00f6n als principiell ver-\n1) Meine eigenen Versuche hier\u00fcber sind auf S, 68 u. 85 ff. beschrieben.\n33*","page":499},{"file":"p0500.txt","language":"de","ocr_de":"500\nWilhelm Wirth.\nschiedene Vorg\u00e4nge von den gew\u00f6hnlichen negativen Nachbildern (oder den localen Adaptationsprocessen) loszutrennen. Es m\u00fcsste dies aber geschehen, weil dieselben nach den fr\u00fcheren Ausf\u00fchrungen kaum der Martius\u2019schen Auffassung \u00fcber das Wesen der Nachbilder untergeordnet werden k\u00f6nnen. Anderseits scheinen die psychologischen Thatsachen, zu welchen die Nachbilder nach der Martius\u2019schen Anschauung in Parallele stehen sollen, mit der alten Auffassung sogar noch besser zusammen geordnet werden zu k\u00f6nnen. Ich will dies nur f\u00fcr die als Analogie herangezogenen Obert\u00f6ne kurz anzudeuten versuchen. Wie man diese nur zeitweise, je nach den besonderen Apperceptionsbedingungen, herauszuh\u00f6ren pflegt, ebenso sollen auch die Nachbilder nur manchmal psychisch zur Geltung kommen und im \u00fcbrigen dem normalen Sehen Platz machen. Die Obert\u00f6ne sind aber doch nicht etwas, das in dem Falle, wo die Apperception sie nicht gesondert auffasst, \u00fcberhaupt nicht in der Gesamtempfindung vorhanden w\u00e4re, wie es hei den Nachbildern nach Martius der Fall sein soll. Beim Fehlen ihrer gesonderten Auffassung sind sie vielmehr in dem einheitlichen Tonganzen des Klanges mit seiner bestimmten Klangfarbe mit vertreten. Damit die Parallele zwischen der selbst\u00e4ndigen Auffassung der Obert\u00f6ne einerseits und der Nachbilder anderseits richtig hergestellt werden kann, d\u00fcrfen wir also auch bei den Nachbildern nicht etwas durch die Apperception her-vorzaubem lassen, das in der Empfindung vorher \u00fcberhaupt gar nicht gegeben gewesen w\u00e4re. Die Apperception l\u00f6st vielmehr in beiden F\u00e4llen nur ein Verschmelzungsproduct, n\u00e4mlich dort den unanaly-sirten Klang und hier die unanalysirte Erfahrung \u00fcber die Projec-tionsfl\u00e4che in ihre Theile auf. Dort kommt es hierdurch zu gesonderten T\u00f6nen, hier zu gesonderten Fl\u00e4chenst\u00fccken, und ebenso wie dort nicht etwa die Qualit\u00e4ten sich \u00e4ndern, sondern gerade in ihrer Constanz zu ihrem thats\u00e4chlichen Erfolg in der Verschmelzung und in der Analyse bef\u00e4higt sind, bleiben auch hier die Farben- und Helligkeitsempfindungen den n\u00e4mlichen Beizen gegen\u00fcber constant.\nAuch die verschiedenen Wirkungen, welche je nach der Qualit\u00e4t der reagirenden Projectionsfl\u00e4che im Nachbild zu Tage treten und im F.-H.\u2019sehen Satze im allgemeinen vorl\u00e4ufig bestimmt sind, lassen sich kaum jemals als die Variationen ansehen, welche eine selbst\u00e4ndige psychische Componente je nach ihrer Verschmelzung","page":500},{"file":"p0501.txt","language":"de","ocr_de":"Der Fechner-Helmholtz'sche Satz Aber negative Nachbilder und seine Analogien. 501\nmit anderen Erregungen durchmacht. Wenigstens w\u00e4re hier nicht leicht eine Analogie aufzufinden. Bei verschiedenen reagirenden Beizen sind hier vielmehr bereits verschiedene Empfindungserregungen gegeben, die in dieser Modification seihst die letzten selbst\u00e4ndigen Componenten f\u00fcr Verschmelzungsvorg\u00e4nge ausmachen.\nTrotzdem man aber f\u00fcr den scheinbaren Ausfall der Nachbildwirkung keiner besonderen Theorie zu bed\u00fcrfen scheint, so wird es doch jederzeit ein unbestreitbares Verdienst bleiben, diese Besonderheiten in der Nachbildauffassung \u00fcberhaupt einmal mit Nachdruck hervorgehoben und sie f\u00fcr die Methode versuchsweise beigezogen zu haben. K\u00f6nnte in der angegebenen Weise eine thats\u00e4chliche Ann\u00e4herung ihrer Ergebnisse an die \u00bbnormale\u00ab Auffassung nachgewiesen werden, so w\u00e4re sie auch f\u00fcr die bisherige Auffassung vom Wesen der Nachbilder h\u00f6chst werthvoll. Ja dieser Werth w\u00fcrde sogar relativ erhalten bleiben, falls nur \u00fcberhaupt eine feste Beziehung zu dieser Auffassung herausgefunden werden k\u00f6nnte.\nSchlie\u00dflich bin ich selbst f\u00fcr die ganze Anregung zu meiner eigenen Arbeit Herrn Professor Marti us zu Danke verpflichtet. Durch die Lect\u00fcre seiner Arbeit wurde ich n\u00e4mlich \u00fcberhaupt erst auf die quantitative Bestimmung negativer Nachbilder hingewiesen und durch die gewonnenen Resultate zu eigenen Messungen ermuthigt, w\u00e4hrend ich mich fr\u00fcher nur mit den allgemeiner gehaltenen Untersuchungen der bekannten wichtigsten Theorien besch\u00e4ftigt hatte. Erst durch diese Anregung hin ich dann auch auf die fr\u00fchere Litteratur der exacten Nachhildmessung zur\u00fcckgegangen.\nB. Fragestellung.\nDie bisher dargelegten Erw\u00e4gungen lie\u00dfen also zun\u00e4chst die weitere Ausbildung der alten Messungsmethode als den geeignetsten Weg zum Fortschritt der quantitativen Nachbildbestimmungen erscheinen. Auch die Rechtfertigung der Martius\u2019schen Methode, bezw. die Einordnung ihrer Resultate k\u00f6nnte ja ebenfalls nur mit gelungenen Versuchen nach dem alten Princip in Angriff genommen werden. Zur Vervollkommnung des letzteren erschien mir nun der von Herrn Dr. Marbe im Jahre 1894 erfundene Rotationsapparat besonders geeignet, der in der bekannten Weise zur Mischung von","page":501},{"file":"p0502.txt","language":"de","ocr_de":"502\nWilhelm Wirth.\nFarben und Helligkeiten dient und die Ver\u00e4nderung der zu mischenden Sectoren w\u00e4hrend der Kotation selbst gestattet. Dieser werth-volle Apparat, der in keinem physiologischen oder psychologischen Institut fehlen sollte, erm\u00f6glicht durch jenen haupts\u00e4chlichsten Vorzug eine so reichhaltige Variation der Versuchsanordnungen, dass er fast f\u00fcr jedes Problem der psychologischen Optik wesentliche Vortheile in die Behandlung einf\u00fchren d\u00fcrfte. Es ist dabei zu ber\u00fccksichtigen, dass er nicht nur f\u00fcr Pigmentscheiben, sondern auch ebenso vortheilhaft, ja sogar noch mit besonderen Vorz\u00fcgen, als Episkotister verwendet werden kann, und zwar sowohl f\u00fcr farblose als auch f\u00fcr farbige Qualit\u00e4ten. Die Behandlung des Apparates ist dabei f\u00fcr den einigerma\u00dfen Ge\u00fcbten sehr bequem und sicher, und werden die Exemplare im mechanischen Institut von E. Zimmermann in Leipzig sehr dauerhaft hergestellt. Nachdem ich die ganze Arbeit von ann\u00e4hernd tausend Nachbildmessungen mit dem ersten Modelle durchgef\u00fchrt habe, welches beil\u00e4ufig bemerkt von den neueren Modellen noch in manchen Einzelheiten \u00fcbertroffen wird, besitzt dasselbe wohl noch die n\u00e4mliche Leistungsf\u00e4higkeit wie im Anf\u00e4nge.\nDie relative Einfachheit, mit welcher dieser Apparat die Nachbildmessungen auszuf\u00fchren gestattet, erm\u00f6glichte nun vor allem einmal eine bequeme Untersuchung der wichtigen Function, die den empirischen Sinn des Begriffes der Erregbarkeitsver\u00e4nderung eigentlich erst wirklich an die Hand gibt, d. h. also eine Untersuchung \u00fcber die Abh\u00e4ngigkeit des negativen Nachbildes vom rea-girenden Beize. Der Versuch einer exacten Messung dieser Funcr tion, die im F.-H.\u2019sehen Satze bekanntlich auf Grund allgemeinerer Beobachtungen vorl\u00e4ufig festgelegt worden war, musste schon deshalb am n\u00e4chsten liegen, weil erst nach einer solchen Bestimmung die Messungen verschiedener Nachbildwirkungen in verschiedenen reagirenden Keizstufen miteinander vergleichbar werden. Nach der Einsichtnahme in die Literatur der Nachbildmessungen fand ich dann auch, dass diese Frage auch abgesehen von den Fechner\u2019schen und v. Helmholtz\u2019schen Ausf\u00fchrungen schon mehrfach im Anschluss an quantitative Bestimmungen discutirt worden ist und dass v. Kries auf den Mangel eines experimentellen Beweises f\u00fcr jenen F.-H.\u2019schen Satz als auf eine L\u00fccke dieses Wissenszweiges ausdr\u00fccklich hingewiesen hat. Die technischen Schwierigkeiten bei den fr\u00fcheren H\u00fclfe-","page":502},{"file":"p0503.txt","language":"de","ocr_de":"Der fechner-Helmholtz\u2019sche Satz \u00fcber negative Nachbilder und seine Analogien. 503\nmittein d\u00fcrften wohl die Hauptursache f\u00fcr diese Unterlassung gewesen sein. Nach Erlangung besserer Mittel durfte aber dann auch nicht blo\u00df bei den farblosen Nachbildern und farblosen reagirenden Reizen stehen geblieben werden, und so versuchte ich ganz allgemein die analogen Beziehungen zwischen negativen Nachbildern und reagirenden Reizen auch hei farbigen Nachbildern festzustellen, soweit es die angewend\u00e9te Messungsmethode erlaubte.\nGleichzeitig sollte die neue Methode nach m\u00f6glichst vielen Seiten hin ausgestaltet und durchgepr\u00fcft werden, und so wird zun\u00e4chst dieser rein methodisch-technische Theil vielleicht manchem Leser etwas zu ausgedehnt Vorkommen. Es h\u00e4tte sich vielleicht, rein \u00e4u\u00dferlich betrachtet, viel vortheilhafter ausgenommen, ein einzelnes Gebiet mit einer einzigen Variation dieser Methode m\u00f6glichst vollst\u00e4ndig durchzunehmen. Dennoch stehen ganz naturgem\u00e4\u00df bei solchen neuen H\u00fclfsmitteln nicht gleich von Anfang an s\u00e4mmtliche Variationsm\u00f6glichkeiten so klar vor Augen, dass die exacteste von ihnen sofort ausgew\u00e4hlt werden k\u00f6nnte. Dieselbe wird selbst erst im Laufe der Versuche herausgefunden und kann die ganze Arbeit selbst schlie\u00dflich nur als ein erster Versuch bezeichnet werden, allm\u00e4hlich zu exacteren Anordnungen auf diesem Gebiete durchzudringen.\nDie Durchf\u00fchrung der Arbeit war nat\u00fcrlich \u00fcberhaupt nur dadurch m\u00f6glich geworden, dass sich Herr Geheimrath Wundt des Planes annahm und denselben am psychologischen Institut mit allen verf\u00fcgbaren H\u00fclfsmitteln ausf\u00fchren He\u00df. Zudem ist die ganze Ausdehnung der Arbeit auf die Episkotister-Versuche, welche f\u00fcr die Entwicklung der Methode ebenso wie f\u00fcr die Ergebnisse selbst von hoher Bedeutung wurden, ausschlie\u00dflich seiner Anregung entsprungen. Ich ergreife daher auch an dieser Stelle die Gelegenheit, meinen tiefgef\u00fchltesten Dank auszusprechen.","page":503},{"file":"p0504.txt","language":"de","ocr_de":"504\nWilhelm Wirth.\nErstes Capitel.\nPr\u00fcfung des Fechner-Helmholtz\u2019schen Satzes f\u00fcr den Helligkeitswerth farbloser Nachbilder durch Pigmentversuche.\nA. Die Versuchsanordnung.\nBei dieser ersten Hauptgruppe musste also eine Nachbildwirkung durch Fixation einer bestimmten Helligkeitsdifferenz innerhalb einer Versuchsreihe constant hervorgerufen und dann in ihrer Entfaltung auf Fl\u00e4chen von verschiedener Helligkeit gemessen werden. Dabei kamen in diesem ersten Abschnitt nur farblose Helligkeitsdifferenzen in Betracht. Diese Fragestellung h\u00e4tte nach den fr\u00fcheren Methoden nur schwer in exacter Weise in Angriff genommen werden k\u00f6nnen. Wollte man z. B. in der v. Kries\u2019sehen Anordnung (s. o. S. 8) an Stelle der \u00bberm\u00fcdenden\u00ab Helligkeit verschiedene reagirende Helligkeiten treten lassen, so durfte nat\u00fcrlich von vornherein nicht mehr ein Theil des Farhenkreisels als Erm\u00fcdungsreiz ben\u00fctzt werden, wie es in der Verwendung der mittleren Scheibenfl\u00e4che zu diesem Zwecke geschah. Denn der gew\u00f6hnliche Kreisel l\u00e4sst nicht pl\u00f6tzlich eine Aenderung seiner Helligkeit zu. Es m\u00fcsste also auch das zur Erm\u00fcdung dienende Wei\u00df in einer Bedeckung des Farhenkreisels bestehen, und h\u00e4tte das Nachbild also \u00fcberhaupt durch Fixation einer festen schwarzen Fl\u00e4che mit einer wei\u00dfen Kreisfl\u00e4che in der Mitte entstehen m\u00fcssen. Durch Wegziehen dieser Fl\u00e4che w\u00e4re dasselbe erst auf den Kreisel projicirt worden. Dieser h\u00e4tte in seinem Centrum dann eine beliebige Helligkeit enthalten k\u00f6nnen, welche auf das Nachbild der wei\u00dfen Scheibe reagirte, und die Helligkeit der Bandzone w\u00e4re im Verlauf mehrerer Versuche wieder so lange variirt worden, bis sie unter Festhaltung der Fixation dem neuen reagirenden Centrum subjectiv gleich erschienen w\u00e4re. Aber nat\u00fcrlich h\u00e4tte ein solches Verfahren an vielen M\u00e4ngeln gelitten. Vor allem w\u00e4re eine hinreichende Uebereinstimmung der Conturen des Nachbildes mit der Grenze des mittleren Kreises am Mischungskreisel nur schwer zu erreichen gewesen. Au\u00dferdem h\u00e4tte aber auch das centrale Blickfeld","page":504},{"file":"p0505.txt","language":"de","ocr_de":"Der Fechner-Helmholtz\u2019schc Satz \u00fcber negative Nachbilder und seine Analogien. 505\ndurch Wegziehen der geschlossenen Deckfl\u00e4che allzu gro\u00dfe St\u00f6rungen f\u00fcr eine ruhige Fortsetzung der Fixation erlitten, und die Folgen dieser M\u00e4ngel sind in den fr\u00fcheren Ausf\u00fchrungen hinreichend dargelegt worden.\nMg. 2.\nDer Marhe\u2019sche Apparat.\n1. Diese Schwierigkeiten k\u00f6nnen nun unter Verwendung des Marbe\u2019sehen Rotationsapparates, in Verbindung mit einer besonderen Versuchsanordnung, vollst\u00e4ndig beseitigt werden. F\u00fcr die Einzelheiten des Apparates erlaube ich mir auf die Beschreibung durch den Erfinder selbst zu verweisen1), glaube aber doch die Grundz\u00fcge, welche in der Versuchsanordnung von Wichtigkeit sind, kurz angeben zu sollen. Die Figur 2 zeigt den Apparat in der verbesserten Construction, in welcher er von E. Zimmermann in Leipzig hergestellt wird. Auf der Rotationsscheibe von ca. 11 cm Durchmesser kann ein einarmiger Hebel in radialer Lage mit dem Drehpunkt im Scheibencentrum parallel zur Fl\u00e4che herumgef\u00fchrt werden. An dem Peripherie-Ende dieses Hebels ist das eine Ende einer Darmsaite befestigt, welche von hier aus um den \u00e4u\u00dferen Rand der Scheibe \u00fcber R\u00e4dchen einmal heruml\u00e4uft und dann ins Innere nach der hohlen Axe der Scheibe geht. Hier biegt sie um ein R\u00e4dchen in die Richtung der Rotationsaxe seihst um und gelangt ins Freie. Sie endigt in dem Kopfe einer kleinen gleichgerichteten Axe, die mit dem diesseits jenes R\u00e4dchens befindlichen Theile der Saite in der Fortsetzung der Drehungsaxe der Scheibe liegt und deren Lager sich in einem\n1) Marbe, Vorrichtung zur successiven Variirung der Sectoren rotirender Scheiben und zur Ablesung der Sectorenverh\u00e4ltnisse w\u00e4hrend der Rotation. Physiol. Centralblatt 1894, Heft 25, S. 811 (zugleich D. R.-Patent).","page":505},{"file":"p0506.txt","language":"de","ocr_de":"506\tWilhelm Wirth.\nkleinen Schlitten befindet, der in Richtung der Axe verschoben werden kann. Durch Fortschieben des Schlittens von der Scheibe nach r\u00fcckw\u00e4rts wird in Folge dessen die Saite aus der Scheibe allm\u00e4hlich herausgezogen, wobei sie den am anderen Ende befestigten Hebel um die Scheibe herumf\u00fchrt. Die Zur\u00fcckverschiebung des Hebels wird dadurch herbeigef\u00fchrt, dass eine starke Uhrfeder den Hebel jeder Zeit so weit in seine Ausgangslage zur\u00fcckdreht, als die Darmsaite durch Ann\u00e4herung des Schlittens an die Scheibe ihr wieder nachgibt. An jenem Hebel ist nun die eine Scheibe eines Maxwell\u2019sehen Scheihenpaares befestigt, welche sich hei der Drehung des Hebels gegen die andere, am Apparat befestigte Scheibe in der bekannten Weise verschiebt, wie es beim gew\u00f6hnlichen Mischungskreisel in der Ruhelage des Apparates mit der Hand vorgenommen werden muss. Da hier alle f\u00fcr die Verschiebung in Betracht kommenden Theile sich theils in und an der Rotationsscheibe befinden, theils selbst drehbar in der Fortsetzung der Drehungsaxe liegen, so functionirt der Mechanismus zur gegenseitigen Verschiebung der Scheiben w\u00e4hrend der Rotation ebenso wie in der Ruhelage und gestattet somit z. B. bei Verwendung einer schwarzen und einer wei\u00dfen Scheibe eine continuirliche Variation der Helligkeit.\n2. Man kann also z. B. sogleich die v. Kries\u2019sehen Versuche in der Weise nachpr\u00fcfen, dass man vor die Mitte einer Maxwell-schen Scheibencombination von Wei\u00df und Schwarz eine kleinere wei\u00dfe Scheibe aufsetzt, hinter der die Verschiebung des Scheihenpaares ungehindert vor sich gehen kann, und die Mischung auf reines Schwarz einstellt. W\u00e4hrend der Rotation sieht man dann zun\u00e4chst wieder einen wei\u00dfen Kreis auf schwarzem Grunde. Hat man einen bestimmten Punkt des Ganzen eine Zeit lang fixirt, so kann das Schwarz des Randes ohne weitere Verschiebungen der Conturen im Sehfeld dem Wei\u00df des Centrums beliebig weit angen\u00e4hert werden, indem man den Schlitten bis zu einem bestimmten Punkt seiner Gleitbahn verschiebt. Zun\u00e4chst k\u00f6nnte man dabei ebenso wie v. Kries nach der Methode der Minimal\u00e4nderungen verfahren und den Versuch mit pl\u00f6tzlicher Herstellung einer bestimmten Vergleichshelligkeit des Randes oftmals wiederholen, bis die Stelle voller subjectiver Gleichheit ausprobirt worden ist. Ein gew\u00f6hnliches Laufgewicht einer Stimmgabel kann zu diesem Zwecke den Schlitten an einer beliebigen","page":506},{"file":"p0507.txt","language":"de","ocr_de":"Der Fechner-Helmholtz\u2019sche Satz \u00fcber negative Nachbilder und seine Analogien. 507\nStelle seiner Bahn auf halten. Wenn es wirklich darum zu thun ist, wie gro\u00df die Nachbildwirkung im allerersten Momente ist, wird man auch niemals anders verfahren d\u00fcrfen. Es ist aber nun ein Haupt-vortheil des Marbe\u2019schen Apparates, dass er die Erzielung einer ann\u00e4hernd exacten Nachbildmessung auch mit H\u00fclfe eines einzigen Versuches m\u00f6glich macht, ein Vorzug, der hei der ohnehin schon vorhandenen Langwierigkeit eines einzigen Versuches nicht hoch genug anzuschlagen ist. Dazu geh\u00f6rt dann nat\u00fcrlich erst eine kleine H\u00fclfsvorrichtung, welche es der beobachtenden Person selbst erm\u00f6glicht, die Stellung des Schlittens mit hinreichender Schnelligkeit und Bequemlichkeit zu ver\u00e4ndern, ohne irgendwie in der Fixation gest\u00f6rt zu werden. Diese Selbsteinstellung der Scheibe bezw. des Schlittens war hei meiner Versuchsanordnung in sehr einfacher Weise durch zwei F\u00e4den erm\u00f6glicht, die vom Beobachter wie zwei Z\u00fcgel gehandhabt wurden. Sie liefen von seinen H\u00e4nden aus durch je eine Bolle und einen Bing an die entgegengesetzten Enden der Gleitbahn des Schlittens und griffen von beiden Seiten aus den Schlitten als antagonistische Zugkr\u00e4fte an. Durch Anziehen an der einen Schnur und Nachlassen der anderen konnte also der Beobachter jede beliebige Schlittenstellung rasch und bequem herbeif\u00fchren. Der gesammte Spielraum des Schlittens betr\u00e4gt ca. 30 cm und dies war somit die gr\u00f6\u00dftm\u00f6gliche Differenz der Handlage, wenn man vom vollen Schwarz zum reinen Wei\u00df oder umgekehrt \u00fcbergehen wollte. Beibung war dabei sehr wenig zu \u00fcberwinden, da der Schlitten bei der Zuverl\u00e4ssigkeit jener antagonistischen Eixirung auf eine relativ leichte Beweglichkeit eingestellt werden konnte. Eine gleichzeitige Kopfbewegung wurde dadurch vermieden, dass jeder Zeit mit einer Kinn-\u2019 st\u00fctze gearbeitet wurde. Durch die Uebung erreichte man sehr bald auch eine vollst\u00e4ndige Unabh\u00e4ngigkeit der Fixation von der Einstellungsbewegung. Auch associirte sich die Bichtung der Helligkeitsver\u00e4nderung so fest mit der Zugrichtung, dass die entsprechende Einstellungsbewegung bald fast ganz automatisch ausgef\u00fchrt wurde und die optische Beflexion den ganzen Bewegungsvorgang ausschlie\u00dflich beherrschen konnte. Dabei wurden aber doch die H\u00e4nde vielleicht nicht immer in gleicher Weise an die Z\u00fcgel gelegt; die letzteren waren vielmehr absichtlich ohne jede Markirung und wurden vor jedem Versuch in ganz freier, ungezwungener Weise ergriffen. Nur nahm","page":507},{"file":"p0508.txt","language":"de","ocr_de":"508\nWilhelm Wirth.\ndabei die rechte Hand immer denjenigen Z\u00fcgel, welcher gem\u00e4\u00df der urspr\u00fcnglichen Differenz yon Scheibe und Grund zun\u00e4chst die allgemeinste Ann\u00e4herung herbeif\u00fchren, also entweder aufhellen oder verdunkeln musste1). Dadurch war eine v\u00f6llige Unwissentlichkeit des Verfahrens vorhanden, die wenigstens dann einen Hauptvorzug dieser Selbsteinstellung vor der zuerst erw\u00e4hnten pl\u00f6tzlichen Einstellung in Verbindung mit Minimal\u00e4nderung bildete, wenn der Experimentator allein arbeitete.\n3. Kann somit der Marbe\u2019sche Apparat f\u00fcr die raschere Nachpr\u00fcfung der fr\u00fcheren Arbeiten ohne jede Zuthat verwendet werden, so bedarf es zur Untersuchung der Abh\u00e4ngigkeit einer bestimmten Nachbildwirkung von der reagirenden Helligkeit zun\u00e4chst noch einer weiteren H\u00fclfsvorrichtung, wenigstens f\u00fcr den Fall, dass man mit Pigmentfarben und mit m\u00f6glichstem Ausschluss st\u00f6render Contraste, also bei m\u00f6glichster Gleichm\u00e4\u00dfigkeit des \u00fcbrigen Sehfeldes arbeiten will. Zu diesem Zwecke muss ja sowohl die Scheibe als auch die Umgebung in ihrem ganzen Umfange variirt werden. Die Scheiben des Apparates k\u00f6nnen aber h\u00f6chstens 30 cm im Durchmesser betragen, und m\u00fcsste zur Verwendung gr\u00f6\u00dferer Scheiben erst ein besonders kr\u00e4ftiges Modell gebaut werden. Sollen dagegen mit den gew\u00f6hnlichen kleinen Apparaten solche Versuche mit Pigmentfarben angestellt werden, so muss die Umgebung der Scheibe \u00fcberhaupt nicht von einer Botationsscheibe, sondern von einer m\u00f6glichst gro\u00dfen und ebenen Papierfl\u00e4che gebildet werden2).\n1)\tEine kleine Einschr\u00e4nkung muss hier nur f\u00fcr diejenigen F\u00e4lle hinzugef\u00fcgt werden, wo die Einstellung voraussichtlich eine sehr gro\u00dfe Ver\u00e4nderung der Helligkeit erforderte. Hier wurde dann nat\u00fcrlich mit der rechten Hand von Anfang an etwas weiter ausgeholt. Doch war auch hier die Handlage im \u00fcbrigen v\u00f6llig frei und ungezwungen.\n2)\tDie Gr\u00f6\u00dfenfrage bildet aber auch den einzigen Anlass hierzu. Es liegt nicht vielleicht daran, dass mit dem Marbe\u2019sehen System nicht die Mittelfl\u00e4che und der Rand der Scheibe in dem Sinne ver\u00e4ndert werden k\u00f6nnten, dass gleichzeitig eine neue reagirende Helligkeit in der Mitte und eine dazugeh\u00f6rige Helligkeit in der Randzone entsteht, welche subjectiv mit der Mitte gleich hell erscheint. Es wird vielmehr in dem sp\u00e4teren Theile \u00fcber eine solche Anordnung berichtet werden k\u00f6nnen, in welcher eben dann nur 'die Umgebung in beschr\u00e4nktem Umkreise variirt werden konnte. Ferner ist die gemeinte H\u00fclfsvorrichtung nur f\u00fcr die Anordnung mit Pigmentfarben m\u00f6glich und auch nur hierf\u00fcr nothwendig, da sich die analoge Aufgabe f\u00fcr Episkotisterversuche in ganz anderer Weise \u00fcberwinden l\u00e4sst, wie sich sp\u00e4ter zeigen wird. (S. 82 ff.)","page":508},{"file":"p0509.txt","language":"de","ocr_de":"Der Fechner-Helmholtz'sche Satz \u00fcber negative Nachbilder und seine Analogien. 509\nSobald nun die Wirkung des Nachbildes auf einer reagirenden Fl\u00e4che von anderer Helligkeit untersucht werden soll, muss nat\u00fcrlich diese urspr\u00fcngliche Umgebung durch eine andere Helligkeit ersetzt werden. Diese Ver\u00e4nderung darf aber wom\u00f6glich nicht in der Weise vor sich gehen, dass die urspr\u00fcngliche Umgebung nun eine darunter befindliche Randzone der Rotationsscheibe selbst frei werden l\u00e4sst; sonst w\u00fcrde ja die neue Umgebung doch wieder nicht von einer m\u00f6glichst einheitlichen Ausf\u00fcllung des ganzen Sehfeldes gebildet. Es muss vielmehr diese neue Umgebung selbst wieder in einer gro\u00dfen Papierfl\u00e4che von anderer Helligkeit bestehen. Man musste sich also eine Reihe gro\u00dfer, gleichm\u00e4\u00dfig grauer Papierfl\u00e4chen von verschiedenen Helligkeitsstufen verschaffen. Im Handel ist ja allerdings eine solche Stufenfolge indifferent grauer Papiere kaum zu erhalten. Doch lassen sich dieselben durch Bestreichung wei\u00dfen Aquarollpapieres mit verschieden ges\u00e4ttigten L\u00f6sungen von reinem (Pariser) Schwarz verh\u00e4ltnism\u00e4\u00dfig einfach hersteilen *). Die kleine mittlere Variation der einfachen Helligkeitsbestimmungen der grauen Papiere, die in den sp\u00e4teren Tabellen angegeben sind, d\u00fcrften den besten Beweis f\u00fcr die Gleichm\u00e4\u00dfigkeit des erzielten Helligkeitseindruckes abgeben. Als urspr\u00fcngliche Umgebung der Scheibe, in welcher das Nachbild selbst gewonnen wurde, verwendete ich hingegen ein fertig gekauftes Aquarellpapier, welches fast vollst\u00e4ndig indifferent grau war und h\u00f6chstens ganz unmerklich ins Blaugraue spielte1 2). Dieses Grau, das ich k\u00fcnftighin als Normalgrau bezeichnen will, brauchte ich als constanten Ausgangspunkt nat\u00fcrlich in gr\u00f6\u00dferem Vorrath und durfte es daher nicht auf die angegebene Art selbst hersteilen. Denn hierdurch h\u00e4tte man h\u00f6chstens ein paar Quadratmeter auf einmal gewinnen k\u00f6nnen; bei verschiedenen Herstellungen konnte man hingegen zwar hinreichend\n1) Mit H\u00fclfe des Druckes lie\u00dfe sich ja diese Abstufung mit gro\u00dfer Exact-heit herstellen, wenn auch nur unter entsprechendem Kostenaufwand. Aber auch mit der Hand l\u00e4sst sich ein .gutes Aquarellpapier in sehr gro\u00dfen Fl\u00e4chen recht gleichm\u00e4\u00dfig grau bemalen. Man muss nur bekanntlich einen recht breiten Pinsel benutzen und das Papier vorher sorgf\u00e4ltig mit Wasser gleichm\u00e4\u00dfig pr\u00e4pariren und ausspannen, wobei nat\u00fcrlich auch das Malbrett in entsprechender Gr\u00f6\u00dfe v\u00f6llig ebenm\u00e4\u00dfig sein muss.\n2) Dieses unter vielen Mustern ausgew\u00e4hlte Grau erhielt ich bei Nestmann in Leipzig als Aquarellpapier Nr. 905b/22.","page":509},{"file":"p0510.txt","language":"de","ocr_de":"510 \u2022\nWilhelm Wirth.\nverschieden abgestufte, kaum aber jemals wieder ganz die n\u00e4mlichen Helligkeiten treffen.\nF\u00fcr die vorliegende Frage war es im allgemeinen v\u00f6lbg gleichg\u00fcltig, welche Helligkeit diese urspr\u00fcngliche Umgebuug besa\u00df, in der die Scheibe zur Entstehung des Nachbildes fixirt wurde. Es handelte sich nur darum, dass die Scheibe noch stark genug von ihr abwich, um eine kr\u00e4ftige Nachbildwirk\u00fcng zu erzielen. Dabei war ein allzu starker Contrast nicht einmal w\u00fcnsclienswerth. Es ist ja eine allgemeine Thatsache, dass die psychophysischen Gesetzm\u00e4\u00dfigkeiten in den mittleren Intensit\u00e4tsgraden am reinsten zu Tage treten, und dass alle Extreme durch Steigerung st\u00f6render Nebeneinfl\u00fcsse mehr oder weniger abweichende Grenzf\u00e4lle hervorbringen. Zum mindesten wollte ich also nicht Wei\u00df auf schwarzem Grund oder das Umgekehrte als Ausgangslage w\u00e4hlen. In die M\u00fcller\u2019sehe und v. Kries\u2019sche Anordnung spielten ja noch gleichzeitig theoretische Voraussetzungen hinein, dass eine rein schwarze Umgehung nach v\u00f6lliger Erholung des Auges wegen der Constanz ihrer Erregbarkeit gewisserma\u00dfen als das \u00bbNormale\u00ab einen festen Halt abgeben w\u00fcrde. Die gefundenen Differenzen der- Gleichheitseinstellung glaubte man in diesem Falle ganz auf Rechnung der kleinen, anfangs wei\u00df gesehenen Fl\u00e4che setzen zu k\u00f6nnen. Diese Auffassung lag ja bei ihnen im BegrifE der \u00bberm\u00fcdeten\u00ab und \u00bbunerm\u00fcdeten\u00ab Stellen enthalten. Die Untersuchung \u00fcber die G\u00fcltigkeit des F.-H.\u2019sehen Satzes ist aber nat\u00fcrlich von solchen Voraussetzungen v\u00f6llig unabh\u00e4ngig. Auch im Sinne der erw\u00e4hnten Theorie muss dieser Satz oder ein anderer, der an seine Stelle zu treten h\u00e4tte, f\u00fcr alle Erregbarkeits\u00e4nderungen und daher auch f\u00fcr alle Differenzen benachbarter Erregbarkeiten gelten, gleichg\u00fcltig, welche von ihnen sich w\u00e4hrend der Fixation erh\u00f6ht, erniedrigt oder relativ constant erhalten haben. Gleichzeitig wollte ich das Nachbild, das auf den verschiedenen reagirenden Fl\u00e4chen gemessen werden sollte, wenigstens auf zwei verschiedene Arten gewinnen. Es sollte in ein und der n\u00e4mlichen Umgebung einmal eine wesentlich dunklere und das andere Mal eine wesentlich hellere Scheibe fixirt werden, damit die etwa gefundene Regelm\u00e4\u00dfigkeit ausdr\u00fccklich von dem gegenseitigen Verh\u00e4ltnis der benachbarten Erregbarkeitsver\u00e4nde-rungen unabh\u00e4ngig zu Tage trete, welches z. B. nach der Hering-schen Auffassung von den negativen Helligkeitsnachbildem sogar eine","page":510},{"file":"p0511.txt","language":"de","ocr_de":"I\nDer Fechner-Helmholtz\u2019sche Satz \u00fcber negative Nachbilder und seine Analogien. 511\nverschiedene Richtung jener Aenderung bedeutet. Somit war also um so mehr eine mittlere Helligkeit des Normalgrau erw\u00fcnscht. Denn in diesem Falle stand die Scheibe hei ihrer Einstellung auf volles Schwarz und auf volles Wei\u00df zu diesem Normalgrau in einem hinreichenden und doch nicht \u00fcbertriebenen Contrast und hatte in beiden F\u00e4llen einen ann\u00e4hernd gleichen Helligkeitsabstand in entgegengesetzter Richtung.\n3 a. Die normalgraue Umgehung, welche die contrastirende Scheibe hei der Entstehung des Nachbildes unmittelbar umschloss, durfte nun nach der entsprechenden Fixationszeit nat\u00fcrlich nicht in beliebiger Weise weggenommen und durch eine andere Fl\u00e4che ersetzt werden, wenn es sich um die Messung des Nachbildes auf einer anderen als der normalgrauen Helligkeitsstufe handelte. Bei der Gr\u00f6\u00dfe der Fl\u00e4che, welche zugleich eine solidere Befestigung derselben nothwendig machte, w\u00e4ren dadurch die gr\u00f6\u00dften St\u00f6rungen in der Fixationsrichtung eingetreten. So musste man sich denn gleich von vornherein zur Herstellung eines zweckm\u00e4\u00dfigen Mechanismus entschlie\u00dfen, der mit m\u00f6glichster Schnelligkeit die normalgraue Umgebung ohne Passi-rung der Fixationslinie entfernte und eine bequeme Ausl\u00f6sung zulie\u00df. Die Einrichtung war kurz die folgende (s. Fig. 3 und 4). Vor dem hohen Tische (T), auf dem der Marbe\u2019sche Apparat (A) in Augenh\u00f6he des sitzenden Beobachters stand, war auf der dem Beobachter zugekehrten Seite ein glattes Brett (B) von ca. 2 m H\u00f6he und 1 m Breite lotrecht auf gestellt. Seine Vorderfl\u00e4che bildete m\u00f6glichst genau eine Ebene mit der Scheibe des Rotationsapparates, die in einem quadratischen Ausschnitt inmitten des Brettes hinreichenden Spielraum besa\u00df. Auf der Vorderseite des Brettes wurde nun diejenige Papierfl\u00e4che, die nach Wegnahme des Normalgrau die neue Umgebung der Scheibe bilden sollte, mit Rei\u00dfn\u00e4geln befestigt. Sie bedeckte das Brett in seinem ganzen Umfange. Inmitten dieser Papierfl\u00e4che befand sich ein kreisrunder Ausschnitt, der sehr sorgf\u00e4ltig mit der Drehungsaxa der Scheibe centrirt war. Diese Centri-rung war hei jeder neuen Befestigung des Papieres leicht wieder aufzufinden. Denn der Rotationsapparat kam niemals aus seiner mit Schraubzwingen fixirten Lage, und die Papierfl\u00e4chen konnten in Folge einer genauen Markirung rasch wieder die alte Lage auf dem Brette erhalten. Der Rand des Kreisausschnittes war im Papier m\u00f6glichst","page":511},{"file":"p0512.txt","language":"de","ocr_de":"512\nWilhelm Wirth.\nKg. 3.\tEig. 4.\nscharf und zackenlos hergestellt und lag sehr glatt auf der Papier-scheibe des Rotationsapparates auf. Letztere war im Radius 1 cm gr\u00f6\u00dfer als der Kreisausschnitt mit 5,5 cm Radius und schleifte also noch mit einem 1 cm breiten Rande concentrisch hinter der Papier-","page":512},{"file":"p0513.txt","language":"de","ocr_de":"Der Fechner-Helmhoitz\u2019sche Satz \u00fcber negative Nachbilder und seine Analogien. 513\nfl\u00e4che der Umgebung auf. Es war somit eine sehr pr\u00e4cise Oontur zwischen Scheibe und Umgebung ohne jeden El\u00e4chenunterschied erreicht, welch letzterer ja das Helligkeitsurtheil ganz besonders zu st\u00f6ren pflegt. Der in Folge der Schleifung polirte Rand der Scheibe kam bei der guten Oentrirung nicht zum Vorschein, und ebenso wenig litt der Rand des Kreisausschnittes.\nUm das auf dieser unteren Papierfl\u00e4che zun\u00e4chst aufliegende Normalgrau ohne Passirung der Fixationslinie zu entfernen, musste dasselbe aus zwei Halbfl\u00e4chen (M und N) bestehen, welche in einer horizontalen Linie (a a) in H\u00f6he des Scheibencentrums aneinander grenzten. Beide H\u00e4lften trugen nat\u00fcrlich an ihren gegen\u00fcberliegenden R\u00e4ndern zwei halbkreisf\u00f6rmige Ausschnitte, welche in der Ausgangslage sich zu einer exacten Begrenzung der Scheibe erg\u00e4nzten und ganz genau auf den Kreisausschnitt der darunter liegenden Papierfl\u00e4che passten. Die Oontur bei Entstehung des Nachbildes war also ganz genau die n\u00e4mliche, wie bei der Messung in einer anderen Helligkeitsstufe. Die obere H\u00e4lfte (M) konnte sich von dieser horizontalen Mittellinie rasch nach oben, die untere (N) ebenso schnell nach unten entfernen, wodurch also rings um die Scheibe selbst die neue Umgebung vom ersten Augenblick der Bewegung an freigelegt wurde, und zwar geschah dies auf folgende Weise. Die obere normalgraue Papierh\u00e4lfte war mit ihrem oberen Rande, der durch eine Querleiste (b) aus Holz gesteift war, an zwei Schn\u00fcren (c) aufgeh\u00e4ngt. Diese Schn\u00fcre liefen \u00fcber je eine von zwei Rollen (d), die ca. 1 m \u00fcber jeder der beiden oberen Brettecken an St\u00e4ben (S) angebracht waren, und endigten auf der R\u00fcckseite des Brettes in je einer 1 m langen Spiralfeder (e) mit gro\u00dfem elastischen Spielraum, welche mit ihrem unteren Ende (etwa 40 cm vom Fu\u00dfboden entfernt) auf der R\u00fcckseite des Brettes befestigt war. (Siehe Fig. 4.) Diese Federn waren am meisten ausgespannt, sobald die Holzleiste so weit herabgezogen war, dass sich die an ihr h\u00e4ngende Papierfl\u00e4che in ihrer richtigen Lage als Umgebung der Rotationsscheibe befand (Vorderansicht). Sie hatten also die Tendenz, diese Fl\u00e4che mittels der \u00fcber die Rollen laufenden Schn\u00fcre emporzurei\u00dfen. Die Fl\u00e4che wurde zun\u00e4chst nur dadurch in ihrer urspr\u00fcnglichen Lage festgehalten, dass zwei von der Querleiste des Papieres nach unten h\u00e4ngende Schlingen (/*) von je einem glatten Stifte (g) gefangen waren. Wurden beide Schlingen\nWundt, Philos. Studien. XVI.\t34","page":513},{"file":"p0514.txt","language":"de","ocr_de":"514\nWilhelm Wirth.\ngleichzeitig \u00fcber diese Stifte abgestreift, so schnellte die obere H\u00e4lfte der normalgrauen Bedeckung pl\u00f6tzlich um ca. 1,25 m empor und gab die Unterlage frei. Nat\u00fcrlich durfte man nicht die volle, ungehemmte Federkraft wirken lassen, weil diese sonst die Querleiste samt dem Papier oben hart angeprellt h\u00e4tte. Es waren daher von der Querleiste noch zwei kr\u00e4ftige Gummischn\u00fcre (h) nach unten gespannt und dort am Brette befestigt. (Nur in der Vorderansicht). War das Papier in seiner richtigen Ausgangslage, so waren diese Gummischn\u00fcre fast vollst\u00e4ndig entspannt, und die Spiralfedern setzten daher nach Ausl\u00f6sung der Schlingen mit voller Wucht ein. Je h\u00f6her aber die Querleiste emporgezogen wurde, um so st\u00e4rker wurde der Gegenzug der Gummischn\u00fcre und um so weniger wurde die Spannung der Federn. Durch Ausbalancirung der Zugkr\u00e4fte erzielte man schlie\u00dflich eine pl\u00f6tzlich einsetzende und sehr schnell, aber v\u00f6llig ruhig abschlie\u00dfende Bewegung der oberen Papierh\u00e4lfte1).\nDie untere H\u00e4lfte der normalgrauen Fl\u00e4che wurde in ihrer Ausgangslage nur durch zwei ca. 4 cm breite Holzleisten (L) zu beiden L\u00e4ngsseiten des Brettes an dessen Vorderfl\u00e4che angedr\u00fcckt. Diese Holzleisten, die in dieser Lage auch die obere Papierh\u00e4lfte glatt andr\u00fcckten, konnten durch Drehung um einen Drehpunkt (i), der an ihrem unteren Ende gelegen war, vom Brette um so viel entfernt werden, dass die Papierfl\u00e4che eben bequem durchgleiten konnte. Das Eigengewicht der letzteren war durch Befestigung eines horizontalen Querstahes (k) am unteren Ende so vermehrt worden, dass sie bei jener Aufhebung der Anpressung rasch nach unten fiel. Zwei Schn\u00fcre mit kleinen Spiralfedern (l) fingen zugleich diesen herabgleitenden Querstah ger\u00e4uschlos kurz \u00fcber dem Fu\u00dfboden auf. Das Anpressen der beiden Holzleisten geschah durch zwei Hebel (m), welche von Spiralfedern (n) an das Brett fest angezogen wurden. Beide Hebel waren an einer gemeinsamen, auf der E\u00fcckseite des Brettes horizontal durchlaufenden Drehungsaxe (o) befestigt, so dass ein Zur\u00fcckziehen des einen Hebels vom Brette zugleich den anderen sich zur\u00fcck-\n1) Die Vorrichtung mit den Spiralfedern ist einem Emporziehen der oberen Fl\u00e4che durch Gewichte sehr vorzuziehen. Denn letztere greifen gerade umgekehrt anfangs nur sehr langsam an, besitzen zuletzt ihre schnellste Bewegung und beendigen daher bei der hierzu erforderlichen Schwere den ganzen Vorgang mit einer sehr starken Ersch\u00fctterung des ganzen Apparates.","page":514},{"file":"p0515.txt","language":"de","ocr_de":"Der Fechner-Helmholti\u2019sche Satz \u00fcber negative Nachbilder und seine Analogien. 515\ndrehen lie\u00df, worauf beide Holzleisten gleichzeitig das Papier frei gaben. Durch dieses Zur\u00fcckgehen der beiden Holzleisten vom Brette wurden nun in Folge einer einfachen Vorrichtung (p) zugleich die beiden Schlingen, welche die obere Papierh\u00e4lfte in ihrer Ausgangslage festhielten, von ihren Stiften abgestreift. Ein kleiner Zug an dem einen Hebel befreite also in einem Augenblicke ein 2 qm gro\u00dfes Feld von bestimmter Helligkeit von der normalgrauen Bedeckung, ohne dass die Fixationslinie unterbrochen wurde. (Siehe Fig. 4.) Damit dieser Vorgang vom Beobachter selbst ausgel\u00f6st werden konnte, f\u00fchrte eine Schnur (q) vom Hebel aus \u00fcber eine feste Bolle (r) nach einem Pedal am Platze des Beobachters, der sich an einem kleinen Tischchen, mit dem Auge 1 m vom Scheibencentrum entfernt, befand. Auf der Tischplatte, die mit normalgrauem Papier \u00fcberkleidet war, befand sich au\u00dfer der Kinnst\u00fctze auch noch eine einfache Vorrichtung, um die Z\u00fcgel nach einer bestimmten Schlitteneinstellung fixiren zu k\u00f6nnen. Nachdem mir Herr Professor Wundt auch noch einen Elektromotor zur Verf\u00fcgung stellte, welcher die Betheiligung eines Geh\u00fclfen zur Drehung des Botationsapparates un-n\u00f6thig machte, konnte der ganze Mechanismus vom Beobachter allein gehandhabt werden, ein Vortheil, der bei Nachbildmessungen ebenfalls sehr hoch anzuschlagen ist. Derartige Versuche sind ja allein schon wegen der gro\u00dfen Pausen zur Erholung des Auges eine sehr zeitraubende Sache, und gr\u00f6\u00dferes Material kann nur dadurch gewonnen werden, dass eine Person Tag f\u00fcr Tag mehrere Stunden darauf verwendet. Hierzu wird man aber nur in den seltensten F\u00e4llen eine Versuchsperson bereit finden, ja nicht einmal Geh\u00fclfen werden immer im g\u00fcnstigsten Augenblicke zur Verf\u00fcgung stehen. Bei Theilnahme anderer Personen kann man ja immer noch gewisse Vereinfachungen eintreten lassen. Insbesondere habe ich z. B. die Ausl\u00f6sung jenes Scenenwechsels niemals einem anderen Beobachter zugemuthet, da er bei der geringeren Einge\u00fcbtheit hierdurch vielleicht doch im Ver-gleichsurtheil und in der Einstellungsbewegung behindert worden w\u00e4re. In diesem Falle zog ich nach einem bestimmten Vorbereitungs-signal jederzeit selbst den Hebel aus einer gewissen Entfernung zur\u00fcck. Mir selbst war nach kurzer, aber eben wenig unterbrochener Ein\u00fcbung die Benutzung des Pedales so gel\u00e4ufig geworden, dass keine St\u00f6rung der Fixation hiermit verbunden war. An das kurze Ger\u00e4usch\n34*","page":515},{"file":"p0516.txt","language":"de","ocr_de":"516\nWilhelm Wirth.\nbei Auswechselung der Umgebung hatte sich aber jeder sehr rasch gew\u00f6hnt. Durch die symmetrische Entfernung beider El\u00e4chenh\u00e4lften von der Scheibe war ja auch kein Bewegungsantrieb f\u00fcr die Blickrichtung nach oben oder unten bevorzugt.\nDurch die sonstigen Umst\u00e4nde wurde mir indessen noch eine ziemlich ung\u00fcnstige Versuchsbedingung recht unfreiwillig aufgen\u00f6thigt. Die ganze Ausf\u00fchrung der Experimente war n\u00e4mlich leider von einem gewissen L\u00e4rm begleitet. Das Ger\u00e4usch des freistehenden Marbe-schen Apparates ist ja verschwindend klein; aber das Aufschleifen der rotirenden Papierscheibe auf der gro\u00dfen Papierfl\u00e4che bewirkte einen eigentli\u00fcmlicli rasselnden und trommelnden Laut. Derselbe war allerdings v\u00f6llig gleichf\u00f6rmig und daher f\u00fcr die Versuchsperson bei der geringsten Gew\u00f6hnung v\u00f6llig unsch\u00e4dlich. Leider st\u00f6rte er aber in den benachbarten B\u00e4umen doch noch so sehr, dass der Apparat in einem relativ isolirt liegenden Zimmer aufgeschlagen werden musste, da eine Ab\u00e4nderung wesentliche Vortheile h\u00e4tte aufgeben m\u00fcssen. Das Zimmer lie\u00df jedoch hinsichtlich der Beleuchtung bei seiner Westlage etwas zu w\u00fcnschen \u00fcbrig und konnte nicht verdunkelt werden. Dennoch glaube ich auch diese Schwierigkeit durch sorgf\u00e4ltige Auswahl der Versuchszeit einigerma\u00dfen \u00fcberwunden zu haben. Zum Gl\u00fcck f\u00fcr diese Versuche war auch das vorige Fr\u00fchjahr ziemlich reich an Tagen mit gleichm\u00e4\u00dfig bedecktem Himmel, bei dem sich die Westlage nicht so unangenehm bemerkbar macht, zumal da das Zimmer sehr hell ist. Auch hierbei kam mir nat\u00fcrlich sehr zu statten, dass ich durch meine Versuchsanordnung nur auf mich selbst gestellt war.\nB. Die Versuche und ihr Ergebniss.\n1. Zun\u00e4chst wurde also jedesmal durch Fixation der schwarzen oder wei\u00dfen Scheibe in der normalgrauen Umgebung eine ganz bestimmte Nachbildwirkung erzeugt. Hierauf wurde die Scheibe unter genauer Einhaltung der Fixation entweder sofort zu diesem Normalgrau selbst subjectiv gleich eingestellt, oder es erfolgte zuerst jene Auswechselung der Umgebung, worauf die Scheibe ebenfalls ohne Zeitverlust der neuen Umgebung von beliebig anderer Helligkeit subjectiv gleich gemacht wurde. Als Fixationspunkt diente in dieser Hauptgruppe immer der Mittelpunkt der Botationsscheibe, welcher an","page":516},{"file":"p0517.txt","language":"de","ocr_de":"Der Fechner-Helmholtz\u2019sche Satz \u00fcber negative Nachbilder und seine Analogien. 517\ndem m\u00f6glichst verkleinerten und entsprechend gef\u00e4rbten Schraubenkopf deutlich markirt war. Diese Lage erschien geeigneter als ein Punkt des Randes, da sonst bei der Auswechselung der Hintergr\u00fcnde Blickschwankungen unvermeidlich gewesen w\u00e4ren, w\u00e4hrend die Mitte an jenem Vorgang v\u00f6llig unbetheiligt war. Da der Scheibenradius nur 5 cm betrug, so war die Grenzlinie von der Mitte nur um einen Gesichtswinkel von 3\u00b0 entfernt, wenn man wie hier aus einer Entfernung von 1 m fixirte. Die Helligkeitsvergleichung war daher noch absolut sicher, und das Nachbild besa\u00df gleichzeitig eine v\u00f6llig symmetrische Lage zur Mitte des Sehfeldes. Zur Contr\u00f4le habe ich auch noch wenigstens auf Normalgrau selbst verschiedene Messungen nach Verlegung des Fixationspunktes auf die Grenze vorgenommen. Hier war ja keine Auswechselung nothwendig und jene St\u00f6rung infolgedessen ausgeschlossen. Die Resultate zeigten eine vollkommene ITebereinstimmung mit den sonstigen Ergebnissen, die hei Fixation der Mitte vorgenommen waren.\nF\u00fcr die Genauigkeit der Resultate kam es nun vor allem darauf an, f\u00fcr ein und die n\u00e4mliche Helligkeitsstufe m\u00f6glichst viele Einzelmessungen mit einer constant gehaltenen Nachhildwirkung zu erlangen. Dieser thats\u00e4chlich eingehaltene Weg war wenigstens der zun\u00e4chstliegende gegen\u00fcber dem anderen, dass man f\u00fcr ein und die n\u00e4mliche Nachbildwirkung nur eine geringere Zahl von Messungen vornimmt und daf\u00fcr lieber die Nachbild Wirkung in gr\u00f6\u00dferem Umfange variirt (etwa durch verschiedene Fixationsdauer, wie dies v. Kries bei Messung der Abh\u00e4ngigkeit von der Reizintensit\u00e4t gethan hat). Die beliebige Wahl der Fixationszeit kann ja nicht als Fehlerquelle betrachtet werden, welche durch Combination mit anderen Fixationszeiten aufgehoben werden m\u00fcsste. Bei jeder bestimmt eingehaltenen Fixationszeit muss sich eine eindeutige Function hinsichtlich jener Abh\u00e4ngigkeiten von der reagirenden Helligkeit etc. ergeben. Es muss nur durch H\u00e4ufung der Versuche die Ungenauigkeit in der Einhaltung dieser einmal ausgemachten Zeit und in der Einstellung \u00fcberhaupt ausgeglichen werden. Etwaige Variationen der Function mit dem Wechsel der Fixationszeit m\u00fcssten erst wieder nach hinreichend sicherer Feststellung der einzelnen Functionen gepr\u00fcft werden. Als Fixationsdauer wurde in dieser ersten Hauptgruppe die Zeit von 20 Secunden eingehalten, welche eine gen\u00fcgend starke Wirkung","page":517},{"file":"p0518.txt","language":"de","ocr_de":"518\nWilhelm Wirth.\nabgab und dabei doch die ruhige Fortsetzung der Fixation und die Sicherheit des Auges bei der schlie\u00dflichen Gleichheitseinstellung in keiner Weise beeintr\u00e4chtigte.\nZwischen den einzelnen Versuchen einer zusammenh\u00e4ngenden Reihe wurden durchg\u00e4ngig mindestens zehn Minuten tause eingeschaltet, ein Zeitraum, den ich ebenso wie v. Kries zum Vergehen der vorhergehenden Wirkung f\u00fcr hinreichend befand. Die fortgesetzt gleichm\u00e4\u00dfige Variation der Resultate nach oben und unten zeigte wenigstens deutlich, dass keine Steigerung oder irgendwelche Ver\u00e4nderung der Wirkung eintrat. Da ich bei Helladaptation arbeitete, so bestand f\u00fcr mich auch kein Grund, w\u00e4hrend dieser Pausen etwa die Augen zu verschlie\u00dfen; ja es w\u00e4re ein solches Verhalten geradezu fehlerhaft gewesen. Kur eine m\u00f6glichst ungezwungene Bewegung des Blickes auf vorwiegend normalgrauem Grunde konnte eine gleichm\u00e4\u00dfige Gesamtadaptation erhalten; zugleich erschienen auch die Augen im allgemeinen durch ein solches Verhalten in der Pause f\u00fcr den neuen Versuch am besten erholt, so dass die Ruhe und Sicherheit der Fixation und die sonstige Ausdauer fortgesetzt erhalten blieb, w\u00e4hrend nach ganz kurzer Dunkeladaptation bereits eine gewisse Unsicherheit eintrat.\nDie entstandene Nachbild Wirkung wurde nun im ganzen auf acht verschiedenen Helligkeitsstufen gemessen. Au\u00dfer dem Normalgrau kamen dabei noch drei geringere und vier h\u00f6here Helligkeitsstufen zur Verwendung. Als unterste und oberste Stufe dienten die Qualit\u00e4t^ der beiden am Rotationsapparat verwendeten Maxwell\u2019schen Scheiben. Als Schwarz benutzte ich dabei ein schwarzes Aquarellpapier, das noch mit Pariser Schwarz \u00fcbermalt worden war. Als Wei\u00df diente wei\u00dfer Karton, dessen Helligkeit zu der des Schwarz im mittleren Verh\u00e4ltniss wie 41,4:1 stand. Dasselbe war nach der bekannten Kirschmann\u2019sehen Methode (vergl. S. 3, Anm. 3) berechnet worden und ist in den Tabellen auf 41 : 1 vereinfacht. In der gro\u00dfen Papierfl\u00e4che, die als reagirende Umgebung benutzt wurde, war allerdings das Schwarz ein klein wenig heller ausgefallen, wie sich aus der (sp\u00e4ter in der Tabelle beigef\u00fcgten) Messung ergab. Auch f\u00fcr diese einfachen Helligkeitsbestimmungen der gro\u00dfen Papierfl\u00e4chen brachte nat\u00fcrlich der Marbe\u2019sche Apparat eine gro\u00dfe Erleichterung mit sich. Man brauchte ja nur die Papiere in ihre oben beschriebene","page":518},{"file":"p0519.txt","language":"de","ocr_de":"Der Fechner-Helmholtz\u2019sche Satz \u00fcber negative Nachbilder und seine Analogien. 519\nLage auf dem Gestell zu bringen und dann unter sorgf\u00e4ltiger Vermeidung von Fixation die gew\u00f6hnliche Gleichheitseinstellung vorzunehmen. Die geringe mittlere Variation dieser Bestimmungen, die nat\u00fcrlich mit der absoluten Beizh\u00f6he in bestimmtem Verh\u00e4ltniss zunimmt, zeigt die hinreichende Sicherheit dieser Bestimmung. Nat\u00fcrlich konnten die gemalten Helligkeitsstufen nicht in gleichen Helligkeitsabst\u00e4nden hergestellt werden, doch zeigen sie immerhin eine gen\u00fcgende Vertheilung innerhalb des ganzen Intervalles zwischen Schwarz und Wei\u00df. Auf die ganze Versuchsperiode waren im ganzen 70 Einzelbestimmungen der objectiven Helligkeit dieser Projectionsfl\u00e4chen zerstreut, wozu noch 30 Controllbestimmungen durch Versuchspersonen traten.\nDie ganze Hauptgruppe zerf\u00e4llt also nach der zweifachen Qualit\u00e4t der innerhalb einer Abtheilung constant erhaltenen Nachbildwir- . kung in zwei Unterabtheilungen. In der ersten entstand das Nachbild durch Fixation der rein schwarzen Scheibe, in der zweiten durch Fixation der zu i/i schwarzen, zu 3/4 wei\u00dfen Scheibe in normalgrauer Umgebung. Nat\u00fcrlich konnten nicht alle reagirenden Helligkeiten f\u00fcr jede der beiden Abtheilungen in Frage kommen. In der ersten war die Erregbarkeit auf der Scheibenstelle gegen\u00fcber der Umgebung so sehr gesteigert, dass die Ersetzung der Umgebung durch Dunkelgrau, die n\u00e4chst tiefere Stufe nach dem Normalgrau, fast schon v\u00f6llige Gleichheit zur rein schwarzen Scheibe herbeif\u00fchrte. Die n\u00e4chsttiefere Stufe erschien bereits bedeutend dunkler. So konnten also hier zun\u00e4chst nur die sechs oberen Helligkeitsstufen zur Verwendung kommen. Nur durch ann\u00e4herungsweise Berechnung konnte man auch noch die zweitunterste Stufe hereinziehen. Ich bestimmte die Fixationszeit, welche noth wendig war, um das Schwarz der Scheibe nach Entfernung der normalgrauen Umgebung jener hellschwarzen eben gleich erscheinen zu lassen. Dieses Stadium ergab sich aus mehreren Versuchen nach einer 9 Secunden langen Fixationszeit. Nun bestimmte ich die Nachbildwirkung, die nach 9 Secunden auf der normalgrauen Helligkeitsstufe selbst vorhanden war, und berechnete diejenige Gr\u00f6\u00dfe, welche sich zu der nach 20 Secunden auf Normalgrau vorhandenen Nachbildwirkung ebenso verh\u00e4lt, wie die auf Hellschwarz nach 9 Secunden vorhandene Wirkung zu derjenigen auf Normalgrau nach der n\u00e4mlichen Fixationszeit. Die auf solche Weise berechnete Nachbildwirkung, die in der Tabelle in Klammern bei-","page":519},{"file":"p0520.txt","language":"de","ocr_de":"520\nWilhelm Wirth.\ngef\u00fcgt ist, passt nun so gut zu den \u00fcbrigen Resultaten, dass hieraus zugleich ein Schluss auf die Richtigkeit der Voraussetzung gezogen werden kann, dass die Function in der That yon der Fixationszeit relativ unabh\u00e4ngig sei. Anderseits konnten aber nat\u00fcrlich in der zweiten Abtheilung die obersten Helligkeitsstufen keine Verwendung mehr finden. Denn die hier urspr\u00fcnglich fast wei\u00dfe Scheibe war in ihrer Erregbarkeit hinter der Umgebung um so viel zur\u00fcck, dass ihr reines Wei\u00df eben noch etwas heller war als das unterste Hellgrau, das somit die h\u00f6chste verwendbare Helligkeitsstufe abgab. Daf\u00fcr konnten aber nun von den beiden untersten Stufen vollwerthige Resultate gewonnen werden, so dass sich beide Abtheilungen auch in dieser Hinsicht in werthvoller Weise gegenseitig erg\u00e4nzen.\nIn der ersten Abtheilung ist nun die mittlere Variation des 'Nachbildwert!)es auf allen Stufen relativ gering und der absoluten Helligkeit der reagirenden Fl\u00e4che ziemlich gut proportional. Ich erachtete dieselbe daher schon bei einer relativ geringeren Zahl von 03 eigenen Versuchen f\u00fcr hinreichend durchgef\u00fchrt. Die zweite Abtheilung zeigte hingegen bei ungef\u00e4hr gleicher Gr\u00f6\u00dfe der Nachbildwirkung eine gr\u00f6\u00dfere mittlere Variation und zugleich keine solche Stetigkeit in dem Fortschritt derselben nach oben hin. Es wurden hier in Folge dessen fast doppelt so viele Einzelversuche, n\u00e4mlich 113 Beobachtungen von mir selbst ausgef\u00fchrt. Beide Zahlen vertheilen sich ann\u00e4hernd gleichm\u00e4\u00dfig auf die verschiedenen reagirenden Stufen. Wenn nun auch die entscheidende Versuchszahl von meinen eigenen Beobachtungen stammt, so habe ich doch von mehreren Herren im ganzen ein hinreichendes Controllmaterial erhalten. Es betheiligten sich dabei die Herren Privatdocent Dr. St\u00f6hr aus Wien, H\u00e4nig, Loveday, Pflaum und W. Scott, denen ich hiermit zugleich an dieser Stelle meinen verbindlichsten Dank ausspreche. Relativ die meisten Zahlen lieferte Herr Loveday, dessen Resultate in der zweiten Abtheilung zu einer vollst\u00e4ndigen Controllcurve ausreichten. Im allgemeinen treffen 33 Controllversuche auf s\u00e4mmtliche Stufen in ziemlich gleichm\u00e4\u00dfiger Vertheilung.\n2. Die Resultate beider Abtheilungen sind nun in den beigef\u00fcgten zwei Tabellen (I und n) zusammengestellt, denen zugleich je eine Curve als graphische Darstellung entspricht (s. Fig. 5, 6 und 6 a). Die Ergebnisse der Controllversuche sind zur einfacheren Vergleichung","page":520},{"file":"p0521.txt","language":"de","ocr_de":"Tabelle I. (Erste Abtheilung der Pigmentversuche.)\nSchwarze Scheibe (360\u00b0 S.) auf Normalgrau 203 fixirt. (48,56 absolute Helligkeitsdifferenz zur Entstehung des Nachbildes).\nnoA\tuen t|\nHelligkeit des Schwarz (S.) = t\u2014- = 3,6.\tHelligkeit des Wei\u00df (3U0\u00b0 W.) = \u2014j\u2014\u2014 - 147,6.\nDer Fechner-Helmholtz'sche Satz \u00fcber negative Nachbilder und seine Analogien. 521\nco \u00abT GO^\n\nu o\nX b\u00df\nSt: Dr. St\u00f6hr L: Loveday Sc: Scott Pfl: Pflaum","page":521},{"file":"p0522.txt","language":"de","ocr_de":"522\nWilhelm Wirth,\n00 o\no'CO\n\u00b0 ^\n05\nZ' d fa\u00df g R\nO <\u00fc\nSt: Dr. St\u00f6hr L: Loveday Sc: Scott","page":522},{"file":"p0523.txt","language":"de","ocr_de":"Us\nDer Fechner-Helmholtz\u2019sche Satz \u00fcber negative Nachbilder und seine Analogien. 523\n\u00fcberall sogleich in Klammem mit Angabe des Anfangsbuchstabens der betreffenden Herren beigef\u00fcgt. In der graphischen Darstellung\nFig. 5.\n( Tabelle I.)\nFig. 6.\nFig. 6 a.\nentsprechen diesen vereinzelten Controllzahlen Meine Kreuzchen, die bei der zweiten Abtheilung f\u00fcr L. zu einer ganzen Nebencurve","page":523},{"file":"p0524.txt","language":"de","ocr_de":"524\nWilhelm Wirth.\n(Fig. 6 a) verbunden sind. Die einzelnen Verticalreihen der Tabellen entsprechen je einer reagirenden Helligkeitsstufe, welche als Ueber-schrift in allgemeiner Weise bezeichnet ist. Die erste Horizontalreibe enth\u00e4lt die objectiven Helligkeitswerthe der verwendeten Papierfl\u00e4chen die jenen einfachen Helligkeitsbestimmungen entstammen. Die zweite Horizontalreihe bringt dann den objectiven Helligkeitswerth der Rotationsscheibe, \"welcher in Folge der Nachbild Wirkung der in jener Verticalcolumne verzeichneten Umgebung subjectiv gleich erschien. Man braucht also nur beide Werthe einer Columne voneinander zu subtrahiren, um das eigentliche Ma\u00df der Nachbildwirkung auf den verschiedenen Helligkeitsstufen eben in jenen Differenzen zu erhalten, die in der dritten Horizontalreihe angef\u00fchrt sind.\nDiese Differenzen bilden dann auch die Ordinaten in den beiden Ourven, welche die Abh\u00e4ngigkeit jenes Nachbildwerthes von der reagirenden Helligkeit veranschaulichen. Die Abscissen werden von den objectiven Helligkeitswerthen jeder Stufe, also von der ersten Horizontalreihe, bestimmt. Man h\u00e4tte ja ebenso gut die Werthe der Scheiben in ihrer Einstellung auf subjective Gleichheit nach Entstehung des Nachbildes als Abscissen w\u00e4hlen k\u00f6nnen. In der wirklichen Ableitung der Resultate bilden aber doch eben nicht diese letzteren, sondern jene ersteren Werthe den zun\u00e4chst gegebenen Ausgangs- und Zielpunkt f\u00fcr die Einstellung auf subjective Gleichheit, sodass deren Wahl als Abscissen naturgem\u00e4\u00df am n\u00e4chsten lag. Zur besseren Erkennbarkeit der Eigenth\u00fcmlichkeiten unserer Curven ist der Ma\u00dfstab f\u00fcr die Ordinaten gegen\u00fcber den Abscissen verdoppelt. Das gegenseitige Yerh\u00e4ltniss der Curvenrichtungen zwischen den einzelnen Punkten ist auch in der vierten Horizontalreihe der Tabelle noch zahlenm\u00e4\u00dfig angegeben, und zwar als Tangente und Bogenma\u00df des Neigungswinkels gegen die Abscissenaxe. Eine f\u00fcnfte Horizontalreihe enth\u00e4lt schlie\u00dflich noch das Gr\u00f6\u00dfenverh\u00e4ltniss des Nachbildwerthes zur absoluten H\u00f6he der reagirenden Helligkeit.\n3. Diese letzte Reihe enth\u00e4lt also unmittelbar die Antwort auf die Frage, inwieweit der F.-H.\u2019sche Satz G\u00fcltigkeit besitzt. Man erkennt sofort, dass in einer breiten Mittelzone der Werth des Nachbildes in dem oben bezeichneten Sinne thats\u00e4chlich zur absoluten Helligkeit der reagirenden Fl\u00e4che in einem","page":524},{"file":"p0525.txt","language":"de","ocr_de":"Der Fechner-Helmholtz\u2019sche Satz \u00fcber negative Nachbilder und seine Analogien. 525\nann\u00e4hernd constanten Verh\u00e4ltniss steht. F\u00fcr diese Region, welche in der ersten Abtheilung noch etwas weiter hinaufreicht als in der zweiten, steht also die jeweilige Nachbildwirkung mit jenem Satze in bester Uebereinstimmung.\nZuf\u00e4llig betr\u00e4gt dieses Verh\u00e4ltniss in beiden Abtheilungen ann\u00e4hernd den n\u00e4mlichen \"VVerth ca. 0,5, so dass beide Ourven in diesen mittleren Regionen fast parallel laufen. Das h\u00e4ngt nat\u00fcrlich nur von der zuf\u00e4lligen Gleichheit der Nachbild wer the \u00fcberhaupt ab und hat f\u00fcr den F.-H.\u2019schen Satz keine weitere Bedeutung. Doch l\u00e4sst sich dieses Verh\u00e4ltniss der Werthe aus beiden Ahtheilungen wenigstens beil\u00e4ufig zu einer Controlle des Martius\u2019sehen Satzes \u00fcber das Verh\u00e4ltnis des Nachbildwerthes zur Differenz der fixirten Helligkeiten verwenden. Hiernach m\u00fcsste der Verlust oder Gewinn der Helligkeit ungef\u00e4hr zu dieser Differenz proportional sein. Nach der Hering-Martius-schen Annahme w\u00e4re nun jeder der gemessenen Werthe aus Verlust und Gewinn zusammengesetzt, insofern die relativ hellere Fl\u00e4che verliert, die dunklere gewinnt1). Es m\u00fcsste nach Martius also \u00fcberhaupt der gemessene Werth zur fixirten Differenz proportional sein. Obgleich die letztere in der ersten Abtheilung aber um 11 Einheiten kleiner ist als in der zweiten, bleibt der Nachbildwerth nicht hinter der zweiten Abtheilung zur\u00fcck, sondern ist eher noch etwas gr\u00f6\u00dfer. Sein Vorsprung wird noch vermehrt, wenn wir den nunmehr bewiesenen F.-H.\u2019schen Satz seihst beiziehen. Die objective Helligkeit der Scheibe in der Einstellung auf subjective Gleichheit ist bei der ersten Abtheilung stets kleiner als bei der zweiten, weil dort die Erregbarkeit vor der Umgebung im Vorsprung ist, hier aber hinter ihr zur\u00fccksteht. Der absolute Werth der tieferen Stufe hat also an sich schon eine h\u00f6here Bedeutung. Somit m\u00fcsste also au\u00dfer jener Differenz der fixirten Helligkeiten zum mindesten noch die mittlere Stufe derselben in Betracht gezogen werden. Dass die Nachbild Wirkung nach oben hin ung\u00fcnstiger gestellt ist, scheint \u00fcbrigens ganz allgemein, auch nach den v. Kries\u2019sehen Resultaten, g\u00fcltig zu sein und wird bei der\n1) Auch f\u00fcr die v. Helmholtz'sehe Theorie tr\u00e4fe das n\u00e4mliche wenigstens f\u00fcr die erste Abtheilung zu, da ja die Versuche bei Helladaptation vorgenommen wurden, so dass die Schwarz-Scheibe w\u00e4hrend der Fixation relativ an Helligkeit zunehmen musste.","page":525},{"file":"p0526.txt","language":"de","ocr_de":"526\nWilhelm Wirth.\nn\u00e4heren Pr\u00fcfung der Function f\u00fcr den F.-H.\u2019schen Satz ebenfalls zur Geltung kommen.\nDie genauere Betrachtung der gewonnenen Curven zeigt nat\u00fcrlich zun\u00e4chst schon in der mittleren Zone keine ideale Geradlinigkeit, also keine absolut genaue Proportionalit\u00e4t zwischen Nachbild und reagirender Helligkeit. In der ersten Ahtheilung nimmt das Gr\u00f6\u00dfen-verh\u00e4ltniss zwischen beiden nach unten hin stetig zu, in der zweiten Abtheilung l\u00e4sst sich diese Steigung des Werthes f\u00fcr die vierte oder f\u00fcnfte Horizontalreihe nur bis Dunkelgrau verfolgen; unterhalb desselben besteht ein Wendepunkt, von welchem an die Wirkung nach unten hin verh\u00e4ltnissm\u00e4\u00dfig wieder abnimmt. Eine gewisse Steigung nach unten hin wird nun wahrscheinlich zum Wesen der Function selbst geh\u00f6ren, wie gleich weiter unten genauer ausgef\u00fchrt werden soll. Sie w\u00fcrde also eine untere Abweichung vom F.-H.\u2019schen Satze bedeuten. Dagegen muss dann in der zweiten Abtheilung offenbar noch eine besondere Ursache vorhanden sein, welche jenem Zuwachs an Helligkeitswirkung nach unten hin wieder entgegenwirkt und sogar die Wirkung hinter der reinen Proportionalit\u00e4t etwas Zur\u00fcckbleiben l\u00e4sst. Vielleicht d\u00fcrfte hier die positive Nachbildwirkung der hellen Scheibe zur Erkl\u00e4rung beizuziehen sein, die in der untersten Region des Schwarz trotz der langen Fixationszeit noch in gewissem Grade zur Geltung kommt. Jede gr\u00f6\u00dfere Helligkeit in einem sonst dunkleren Gesichtsfeld erzeugt doch bereits eine Art Blendungswirkung, f\u00fcr welche die positive Nachbildwirkung von besonderer Bedeutung ist. In der ersten Ahtheilung w\u00fcrde ja allerdings ein Beiziehen der positiven Wirkung des Normalgrau, welches dort die gr\u00f6\u00dfere Helligkeit ausmachte, der in jener Ahtheilung gefundenen Steigung ebenfalls entgegenwirken m\u00fcssen; doch d\u00fcrfte dieselbe den n\u00e4heren Bedingungen gem\u00e4\u00df einen viel geringeren Werth besitzen.\nDass nach unten hin der Helligkeitswerth des Nachbildes relativ immer mehr die reine Proportionalit\u00e4t zur reagirenden Reizh\u00f6he \u00fcbersteigen muss, l\u00e4sst sich schon nach der allgemeineren Beobachtung mit Bestimmtheit erwarten, die von Hering als Thatsache des \u00bbLichthofes\u00ab seinerzeit ausf\u00fchrlich beschrieben worden ist. Mag der\n\u00f4\t,\ngemessene Nachbildwerth nur aus Differenzen benachbarter Helhg-keitsverluste oder aus Verlust einerseits und Gewinn anderseits zusammengesetzt sein, jedenfalls w\u00e4re die reine Proportionalit\u00e4t des","page":526},{"file":"p0527.txt","language":"de","ocr_de":"Der Fechner-Helmholtz\u2019sehe Satz \u00fcber negative Nachbilder und seine Analogien. 527\nNachbildwerthes zur reagirenden objectiven Helligkeit damit identisch, dass f\u00fcr absolute Dunkelheit \u00fcberhaupt keine subjective Differenz im Sinne eines negativen Nachbildes vorhanden sein d\u00fcrfte. Nun ist aber nach Fixation einer Helligkeitsdifferenz bekanntlich eine sehr deutliche Helligkeit an der vorher dunkleren Stelle im v\u00f6llig verdunkelten R\u00e4ume zu sehen, und m\u00fcsste sich durch eine geeignete Vorrichtung eine Messung dieser Differenz im bisherigen Sinne anstellen und ein endlicher Nachbildwerth f\u00fcr die reagirende Helligkeit = 0 finden lassen '). Die Deutung dieser Einstellungsdifferenz, die nach den Darlegungen Hering\u2019s bekanntlich als Aufhellung der vorher dunklen Stellen aufzufassen ist, kann uns an dieser Stelle ganz gleichg\u00fcltig sein, da die gemessenen Differenzen niemals unmittelbar in ihre den benachbarten Stellen zugeh\u00f6rigen Summanden zerlegt werden k\u00f6nnen. Jedenfalls muss aber die Curve nach der unteren Grenzregion hin die volle Proportionalit\u00e4t immer mehr \u00fcbersteigen, um \u00fcberhaupt f\u00fcr den Nullpunkt der Abscisse nicht seihst auf Null, sondern auf einem endlichen Werth angelangen zu k\u00f6nnen. Denn es ist doch wahrscheinlich, dass diese Abweichung ebenfalls allm\u00e4hlich eintritt. Ich habe bis jetzt diese unterste Region, f\u00fcr welche nat\u00fcrlich eine andere, der sp\u00e4ter zu beschreibenden \u00e4hnliche Versuchsanordnung nothwendig w\u00e4re, noch nicht besonders untersucht. Aus der Betrachtung der mittleren Region, in welcher der F.-H.\u2019sche Satz thats\u00e4chlich gilt, einerseits und des untersten Endpunktes hei voller Dunkelheit anderseits scheint mir dieser Verlauf mit Sicherheit hervorzugehen, was zun\u00e4chst die bei Helladaptation gewonnenen Nachbilder anbelangt. Auch die besondere Deutlichkeit dieser Abweichung in der ersten und ihr Fehlen in der zweiten Ahtheilung w\u00fcrde hiermit gut \u00fcbereinstimmen. Denn auch der Lichthof wird gerade hei Beg\u00fcnstigung der positiven Nachhildwirkung, die hei l\u00e4ngerer Fixationszeit nur durch Blendungswirkung zu erzielen ist,\n1) Dass in diesem Falle die Helligkeit der vorher dunkleren Stelle von der Grenze der vorher helleren Stelle ab nach au\u00dfen hin rasch abnimmt, ist nat\u00fcrlich f\u00fcr eine solche Messung v\u00f6llig belanglos. Auch in den h\u00f6heren Stufen zeigt sich oft eine solche allm\u00e4hliche Aenderuug der Helligkeit nach der Peripherie zu. Die Messung ist jederzeit vollendet, wenn die Continuit\u00e4t an der Grenze hergestellt ist. Als solche Bestimmungen des Werthes an der Grenze sind auch alle Messungen unmittelbar vergleichbar.","page":527},{"file":"p0528.txt","language":"de","ocr_de":"528\nWilhelm Wirth.\nnicht so deutlich gesehen, w\u00e4hrend hei einer \u00e4hnlichen Anordnung wie in der ersten Abtheilung (mit Fixation einer kleinen dunklen Scheibe auf hellerem Grunde) die Differenz im dunklen Gesichtsfeld am besten hervortritt.\nOberhalb jener mittleren Region, in welcher der F.-H.\u2019sche Satz ann\u00e4hernd ideale G\u00fcltigkeit besitzt, zeigt sich aber nun in beiden Ahtheilungen gleichm\u00e4\u00dfig ein immer weiteres Zur\u00fcckbleiben hinter der vollen Proportionalit\u00e4t. Dies liegt wohl ebenfalls im Wesen der Nachbilder seihst begr\u00fcndet. Die hohe Erregung, welche zugleich den gr\u00f6\u00dften absoluten Werth der Erregungsdifferenz mit sich bringt, scheint zugleich die intensivste Gegenwirkung in sich zu tragen. Die Differenz kommt also entweder von vornherein nicht in ihrer vollen Gr\u00f6\u00dfe zu Stande oder sie vergeht schneller als auf anderen reagiren-den Reizh\u00f6hen. Dies f\u00fchrt somit auf die wichtige Discussion der Bedeutung unseres Nachbildma\u00dfes innerhalb des gesammten, zeitlich irgendwie ablaufenden Processes der Nachbildwirkung \u00fcberhaupt1).\n4. Der hier gemessene Unterschied zwischen Scheibe und Umgehung hei subjectiver Gleichheit stellt nat\u00fcrlich nicht die Nachbildwirkung des allerersten Momentes am Beginn der 21. Secunde dar. Dieses letztere Stadium kann wohl \u00fcberhaupt niemals mit vollst\u00e4ndiger Exactheit ermittelt werden, weil eben nach Aufhebung der urspr\u00fcnglichen Reizverh\u00e4ltnisse immer eine gewisse Zeit bis zur Herstellung jener neuen Situation vergeht, welche wie hier in einer Einstellungsdifferenz ein Ma\u00df der Wirkung in sich schlie\u00dfen kann, ganz abgesehen von der bereits durch v. Kries hervorgehobenen Schwierigkeit, die in dem verschiedenartigen Ansteigen der neuen Erregungen nach dem Exner\u2019schen Principe enthalten liegt. Die volle Ver\u00e4nderung, die durch eine Fixation von Farben- und Helligkeitsdifferenzen in einer bestimmten Zeit hervorgebracht wird, kommt also in Wirklichkeit nur in den Qualit\u00e4ten der Ausgangslage selbst zur Geltung. Sie kann im allgemeinen wieder nur gesehen und gesch\u00e4tzt, aber nicht gemessen werden. In einer Einstellung auf subjective Gleichheit kann daher das volle Ma\u00df der Wirkung nur f\u00fcr\n1) Die Ver\u00e4nderungen der Adaptation beim Wechsel der reagirenden Helligkeit konnte nat\u00fcrlich die Erscheinung der Function nicht wesentlich f\u00e4lschen, da ja doch die objectiven Differenzen von Scheibe und Umgebung hierdurch selbst proportional ver\u00e4ndert aufgefasst werden.","page":528},{"file":"p0529.txt","language":"de","ocr_de":"Der Feclmer-Helmholtz\u2019sche Satz \u00fcber negative Nachbilder und seine Analogien. 529\nden ganz speciellen Fall vorhanden sein, dass diese subjective Gleichheit ausschlie\u00dflich durch die .Nachbildwirkung selbst herbeigef\u00fchrt worden ist, d. h. nur dann, wenn die Fixation bis zur v\u00f6lligen Ausgleichung der Differenz angedauert hat, was ja bekanntlich bei kleineren Differenzen sehr leicht zu beobachten ist. Bei einem solchen Versuchsprincip w\u00e4re aber nat\u00fcrlich die Fixationszeit sozusagen nicht mehr als v\u00f6llig unabh\u00e4ngige Variable behandelt, und es best\u00e4nde Vergleichbarkeit nur zwischen denjenigen F\u00e4llen, wo eben dieses allerletzte Endergebniss der Fixation zuf\u00e4llig nach genau gleich langer Zeit eintritt. F\u00fcr unsere Frage nach dem Verh\u00e4ltniss der Wirkung zur reagirenden Helligkeit und Farbe w\u00e4re au\u00dferdem ein solches Princip der Messung von vornherein unm\u00f6glich. Denn falls eine Scheibe nach langer Fixation etwa dem Normalgrau subjectiv gleich erscheint, m\u00fcsste sie doch erst entsprechend anders eingestellt werden, um nun irgend einer anderen Umgebung ebenfalls wieder gleich zu erscheinen. Auch f\u00fcr irgend welche andere Messungen w\u00e4re der Zeitpunkt der v\u00f6lligen Ausgleichung schwierig zu verwenden, weil derselbe meistentheils h\u00f6chstens in einem ungef\u00e4hren Mim'rmim bestimmt werden kann.\nAber man k\u00f6nnte nun wenigstens versuchen, die Zeit f\u00fcr die Einstellung der Scheibe auf eine andere Helligkeit m\u00f6glichst zu beschleunigen, wie es schon vor der Darlegung der Selbsteinstellung (S. 42) angegeben wurde. In diesem Falle w\u00fcrde doch der Abfall der Wirkung als verschwindend klein betrachtet werden k\u00f6nnen. Zun\u00e4chst darf man sich aber nat\u00fcrlich die Grenze der Exactheit hierbei nicht nur von der Schnelligkeit der Einstellung abh\u00e4ngig denken, da ja doch auch die Beurtheilung der Situation erst nach einer gewissen Dauer der neuen Lage in Frage kommen kann. Trotzdem steht so viel fest, dass diese Beurtheilung einer Einstellung mit einiger Sicherheit schon viel fr\u00fcher m\u00f6glich ist, als die Zeit f\u00fcr die Selbsteinstellung in allen bisher erw\u00e4hnten Versuchen betr\u00e4gt. F\u00fcr die letztere vergehen doch selbst bei Ge\u00fcbteren immer 2\u20145 Secunden, und bei den weniger Ge\u00fcbten kann es noch ein paar Secunden l\u00e4nger dauern. In Anbetracht der Erzielung m\u00f6glichst exacter Resultate w\u00e4re nat\u00fcrlich der au\u00dferordentliche Mehraufwand an Zeit v\u00f6llig belanglos, der f\u00fcr diese Methode der pl\u00f6tzlichen Einstellung in Verbindung mit Minimal\u00e4nderungen nothwendig w\u00e4re. Dabei w\u00e4re aber\nWundt, Philos. Studien. XVI.\t35","page":529},{"file":"p0530.txt","language":"de","ocr_de":"530\nWilhelm Wirth.\nnat\u00fcrlich vor allem vorausgesetzt, dass der Beobachter gerade f\u00fcr den allerersten Moment in seiner Beurtheilung des Helligkeitsver-h\u00e4ltnisses vollst\u00e4ndig ungest\u00f6rt ist. Wenn man jedoch allein arbeitet, so lassen sowohl die Ausl\u00f6sung des \u00bbScenenwechsels\u00ab als auch der Impuls zur Einstellungsbewegung wenigstens im allerersten Moment selbst f\u00fcr den Ge\u00fcbtesten leicht kleine Blickscbwankungen entstehen, wodurch nach dem fr\u00fcher Gesagten ein v\u00f6llig sicheres Urtheil \u00fcber das Helhgkeitsvei\u2019h\u00e4ltniss im Sinne der Nachbildwirkung ausgeschlossen ist. Ganz das n\u00e4mliche gilt sogar bei der blo\u00dfen Ausl\u00f6sung der Ver\u00e4nderung durch einen Geh\u00fclfen, sobald der Beobachter selbst nur hier und da in der Woche sich an den Vorgang gew\u00f6hnen kann. Es ist also ein stetiges Zusammenarbeiten von zwei Personen wenigstens f\u00fcr die hier verwendete Anordnung unbedingt erforderlich, wenn diese Methode der pl\u00f6tzlichen Einstellung wirkhch einen wesentlich fr\u00fcheren Moment herausgreifen soll wie die Selbsteinstellung. Die verh\u00e4ltnism\u00e4\u00dfig geringe Zeit, die ich mit anderen Herren Zusammenarbeiten konnte, wollte ich eher auf die Nachpr\u00fcfung meiner eigenen Resultate mit der n\u00e4mlichen Methode verwenden, ganz abgesehen davon, dass sie zu hinreichend sicheren Resultaten nach der anderen Methode nicht ausgereicht h\u00e4tte. Insbesondere ist hierzu auch eine absolut zuverl\u00e4ssige Beleuchtung erforderlich, da sonst nat\u00fcrlich die verschiedenen Einzelversuche einer Reihe minimaler Aenderungen nicht einmal einer einzigen Selbsteinstellung entsprechen w\u00fcrden. So w\u00fcnschenswerth es mir aber auch erscheint, dass solche Oontrolversuche nach der anderen Methode sp\u00e4ter thats\u00e4chlich einmal mit einer gro\u00dfen Anzahl von Einzelversuchen angestellt werden, glaube ich doch mit den reducirten Werthen der Selbsteinstellung die G\u00fcltigkeit des F.-H.\u2019schen Satzes mit jenen besonderen Abweichungen hinreichend sicher nachgewiesen zu haben. Es bestehen n\u00e4mlich ausreichende Gr\u00fcnde daf\u00fcr, dass in jenen reducirten Werthen wenigstens die Proportionalit\u00e4t der urspr\u00fcnglichen Nachbildwirkung zu den reagirenden Reizen unverf\u00e4lscht wiedergegeben ist.\nEs liegt die Sache allerdings nicht so einfach, dass man blo\u00df auf die durchschnittliche Gleichheit der Einstellungszeit f\u00fcr die verschiedenen Endresultate zu verweisen brauchte. Es ist ja zwar anzunehmen, dass die Function f\u00fcr die Abh\u00e4ngigkeit der Nachbildwirkung vom reagirenden Reiz f\u00fcr die gleichen Zeitpunkte des Verschwindens","page":530},{"file":"p0531.txt","language":"de","ocr_de":"Der Fechner-Helmholtz\u2019sche Satz \u00fcber negative Nachbilder und seine Analogien. 531\njener Wirkung sich unter sonst gleichen Bedingungen ebenso gleich bleibt, wie nach den fr\u00fcheren Ausf\u00fchrungen f\u00fcr die verschiedenen Momente der Entstehung, d. h. also nach verschiedener Fixations-dauer, keine Aenderung der Function als solcher zu erwarten ist. F\u00fcr die einzelnen Zeitpunkte der Entstehung sind nun die sonstigen Bedingungen abgesehen von eben dieser Fixationszeit v\u00f6llig eindeutige. Das Verschwinden eines bestimmten Nachbildes kann jedoch, abgesehen von der Zeit nach Aufhebung der Entstehungsursachen, noch in der Besonderheit der reagirenden Fl\u00e4che wechselnde Bedingungen f\u00fcr den Verlauf des Nachbildes in sich enthalten. Auch f\u00fcr die Selbsteinstellung k\u00f6nnte also nur dann aus der durchschnittlichen Gleichheit der Einstellungszeit ein unmittelbarer Schluss auf die unverf\u00e4lschte Wiedergabe der fraglichen Function gezogen werden, wenn man zun\u00e4chst w\u00e4hrend dieser Einstellungszeit jederzeit ein und die n\u00e4mliche reagirende Helligkeit gehabt h\u00e4tte und dann pl\u00f6tzlich auf die eigentlich zu untersuchende Helligkeit der verschiedenen Stufen \u00fchergegangen w\u00e4re. In Wirklichkeit ist hingegen bei dieser Methode vom Ende der 20. Secunde ab regelm\u00e4\u00dfig sofort in die n\u00e4chste N\u00e4he der jeweils zu untersuchenden Helligkeitsstufe fortgegangen worden, so dass also die kurze Dauer bis zur Vollendung der Einstellung jedesmal verschiedene Bedingungen enthielt, was zun\u00e4chst allein die reagirenden Reize f\u00fcr die bereits vorhandene Wirkung anbelangt. Trotz dieser Unm\u00f6glichkeit einer so einfachen Rechtfertigung der Methode w\u00e4re aber nat\u00fcrlich der Schluss voreilig, dass nun die Resultate auch in entsprechender Weise entstellt sein m\u00fcssten. Eine Analyse der einzelnen Momente, welche im Verlauf der Selbsteinstellung in Betracht kommen, wird vielmehr zeigen, dass der Re-ductionsfactor f\u00fcr s\u00e4mmtliche reagirende Reizh\u00f6hen wegen der sonstigen Versuchsbedingungen als ann\u00e4hernd constant angenommen werden darf.\nZun\u00e4chst wurden Versuche \u00fcber das allm\u00e4hliche Verschwinden des Nachbildes unter den verschiedenen Entwicklungsbedingungen angestellt. Schon v. Kries hat diesen Gang der \u00bbErholung\u00ab auf seine Methode untersucht. Doch hat er dabei die Entwicklungsbedingungen, d. h. die reagirende Helligkeit, w\u00e4hrend des Verschwindens noch nicht variirt. Er schloss nur immer nach Entstehung des Nachbildes eine Zeit lang die Augen, worauf die Messung nach\n35*","page":531},{"file":"p0532.txt","language":"de","ocr_de":"532\nWilhelm Wirth.\na\n. 13\nd\n00 & \u00a7>ja\n'll\n\u2019\u0153 O\nrd b \u00b0\nb 'd d \u00d6 ni pj\n-0Q\n:d\nfi\nfi\nd\no\n>\nO\ng\nd\no\nO\nbc\nni\n\u00a7..\n13 \u00dc 0'S !> *\u00a3\nrd r\u00ff\nO\u00bb i\u201d\na3 \u00ceZi\n\u25a0a.\n\u00e23\nbc d . d\nd M\n*\u201c\u2022 KJ\n13 O\n13\nM\nbe --a S\no '*\n:a ta\nPh i\n*o\na\n+\nN\n\u25a08\nd\n+\n1\t1\ndD xO\t' v\u00f6llig ver- I schwunden /\nCO\t(kleiner alsl 10\u00b0\nCO CM\tO . lO \u00abT\nCO\to' T \u00a75 \u00ab rr\" CO ^ \u00e0\n\u00f4o\t\u00abb osW rr r \u00e0\nSo\tS\u201c' 0 S\u00bbl> Q0 1\n\u00f4\tT* OO 05\t. 1\nZwischenzeit u. s. w.\tS g \"a 60 a a l\u00e0 a 1-a \u201c'I -s^ \u00b0 P d2 . o fci d 0/ |-y rtf A CS ci g","page":532},{"file":"p0533.txt","language":"de","ocr_de":"Tabelle IIIc. R\u00fcckgang der Naclibildwirkung bei fortgesetzter Aufrechterhaltung einer subjectiven Ausgleichung\nder Nachbildwirkung (sonst wie in a und b).\nDer Fechner-IIelmholtz\u2019sche Satz \u00fcber negative Nachbilder und seine Analogien. 533\n\to\nCO\too\nUO\t\u25a0^T1\n\to\nco\tCO\ncs\tlO\n\to\nCO\t00\n\tt-\n\to\n\to\n\tGO\n\to\n\tcO\n\t05\n\t\u00d6\n\t\u00a9\n\t5=1\n\t\u00a9\n\u00a3\t. Pi b\u00df\nm\tc5 Pi rS 2\n0\ts-a\n-4-3\t>'\u00a3\n\t\u00fc r-j\n\u00d6\t\n\t\n\u00a9 CO\t\nN\tC\u00db\n\tc3\n\tg\nOeffnung der Augen in gewohnter Weise vorgenommen wurde. Mit einer neuen Anordnung, die ich des Zusammenhanges halber erst weiter unten beschreiben werde, habe ich nun eine constant erzeugte Nachbildwirkung sowohl nach einer Projection des Nachbildes auf Dunkel als auch auf Hell in verschiedenen Zeitahst\u00e4nden gemessen. Im ersten Falle wurde also nach Entstehung des Nachbildes die Projectionsfl\u00e4clie eine gewisse Zeit ann\u00e4hernd vollst\u00e4ndig verdunkelt und erst hierauf eine Gleichheitseinstellung in einer constanten Helligkeitsstufe vorgenommen. Die Resultate dieser Versuche sind in Tabelle HI a mit der dazugeh\u00f6rigen Curve (Fig. 7) zusammengestellt, wobei f\u00fcr letztere nat\u00fcrlich diesmal die Abscissen von den Zeitstrecken zwischen dem Abschluss der Entstehung des Nachbildes und seiner Messung gebildet werden. Nach der verschieden langen Entwicklung des Nachbildes in Schwarz ergab sich nun hier eine ganz analoge Curve wie bei v. Kries. In der zweiten Reihe wurde hingegen das Nachbild vor seiner Messung immer erst eine verschieden lange Zeit hindurch auf eine gleichm\u00e4\u00dfig helle Fl\u00e4che projicirt. Aus der einschl\u00e4gigen Tabelle Illb mit ihrer graphischen Darstellung, die zum besseren Vergleich mit der anderen combinirt ist, ergibt sich nun hier ein viel rascherer Abfall der Wirkung. Zwischen der 40. und 50. Secunde nach der Entstehungszeit ist hier \u00fcberhaupt nichts mehr von einer Nachbildwirkung zu erkennen gewesen, ohne dass auch sp\u00e4ter wieder irgend eine solche auftauchte.\nAus diesen Ergebnissen kann aber nat\u00fcrlich nicht etwa geschlossen werden, dass nun auch w\u00e4hrend derDauer bis zur gelungenen Selbsteinstellung auf den h\u00f6heren Helligkeitsstufen eine relativ st\u00e4r-","page":533},{"file":"p0534.txt","language":"de","ocr_de":"534\nWilhelm Wirth.\nkere Reduction stattfinden w\u00fcrde, als auf den niederen. Dies w\u00fcrde ja nur dann aus jenen Ergebnissen folgen, wenn eine objectiv gleichm\u00e4\u00dfig hellere oder dunklere Fl\u00e4che so lange fixirt worden w\u00e4re, bis die Einstellung fertig war. Wie gesagt, geht aber die Einstellung sofort bis nahe an die subjective Gleichheit heran, um dann in den n\u00e4chsten paar Secunden die kleinen Correcturen vorzunehmen, welche von dieser rohen Einstellung bis zur vollst\u00e4ndigen Gleichheit noth-\nFig. 1-\n{ Tabelle Ma-cJ\nwendig sind. Hieraus folgen aber wieder v\u00f6llig andere Bedingungen f\u00fcr den Verlauf der Nachbildwirkung wie in den beiden anderen Reihen. Der Effect derselben kann nur dadurch genauer untersucht werden, dass man das Sinken der Wirkung unter fortw\u00e4hrender Aufrechterhaltung einer m\u00f6glichst vollst\u00e4ndigen Gleichheitseinstellung messend beobachtet. Ich habe dies nun f\u00fcr die n\u00e4mliche Helligkeitsstufe vorgenommen, auf welcher vorher nach l\u00e4ngerer Projection auf Dunkel oder Hell die Gleichheitseinstellung bewerkstelligt worden war. Nach Entstehung der Nachbildwirkung","page":534},{"file":"p0535.txt","language":"de","ocr_de":"Der Fechner-Helmholtz\u2019sclie Satz \u00fcber negative Nachbilder und seine Analogien. 535\nwurde sofort subjective Gleichheit hergestellt und dann in den einzelnen Versuchen zu verschiedenen Zeitpunkten nachgesehen, welcher Werth bei fortgesetzter Einhaltung der subjectiven Gleichheit noch vorhanden war. Die reagirende Helligkeit war also in allen diesen Versuchen ebenso hoch wie diejenige, auf welche fr\u00fcher (in Tabelle IHb) das Nachbild zur Beobachtung seines R\u00fcckganges im Hellen proji-cirt worden war. Nur war eben hier die Nachbildwirkung durch Verdunkelung der zuerst (bei Entstehung des Nachbildes) dunkleren Fl\u00e4che zu subjectiver Gleichheit compensirt. Es zeigte sich nun, dass jetzt die Wirkung sogar sehr viel langsamer gefallen war, als selbst im vollst\u00e4ndigen Dunkel. Ein Vergleich der einschl\u00e4gigen Tabelle nie mit den beiden anderen HI a und Hlb, (bzw. ein Vergleich der drei in einer Figur enthaltenen graphischen Darstellungen mit den drei Ourven\u00e4sten a, b und c) l\u00e4sst erkennen, dass bei Einhaltung subjectiver Gleichheit z. B. nach 55 Secunden erst die H\u00e4lfte der Wirkung verloren gegangen ist, w\u00e4hrend sie nach gleich langer Projection auf objectiv gleichm\u00e4\u00dfiges Dunkel bereits nur noch den dritten Theil auf weisen kann, und nach Projection auf Hell \u00fcberhaupt ganz verschwunden erscheint1). Vor allem zeigte sich aber nun, dass die Curve vom Zeitpunkt der Vollendung einer gew\u00f6hnlichen Selbsteinstellung an (d. h. also etwa von der dritten Se-cunde nach Entstehung des Nachbildes an) bis zur zehnten Se-cunde ann\u00e4hernd parallel zur Abscissenaxe mit geringer Neigung verlief. Es ergab sich also, dass die Methode der Selbsteinstellung in sich selbst ein ganz besonderes Moment enth\u00e4lt, das die Messung des Nachbildwerthes in specieller Weise beg\u00fcnstigt.\nAu\u00dferdem lie\u00df sich aber nun auch erkennen, dass dieses relativ constante Stadium, welches eben auch in den Messungen nach der Methode der Selbsteinstellung enthalten ist, f\u00fcr die verschiedenen reagirenden Helligkeiten thats\u00e4chlich eine Reduction um einen ann\u00e4hernd constanten Factor bedeutet. Es ergab sich dies aus einigen\n1) Damit hier nicht vielleicht angenommen werde, im letzteren Falle habe die conservirende \"Wirkung nur auf der Festhaltung der Fixation beruht, die bei der fortgesetzten Erhaltung subjectiver Gleichheit stattgefunden habe, will ich nur erw\u00e4hnen, dass auch in den beiden anderen Reihen III a und IHb bei so und so vielen Messungen die gleichm\u00e4\u00dfig dunkle oder helle Fl\u00e4che in der Zwischenzeit bis zur Einstellung starr fixirt worden ist.","page":535},{"file":"p0536.txt","language":"de","ocr_de":"536\nWilhelm Wirth.\nBestimmungen des N achbildwefthes mit pl\u00f6tzlicher Einstellung in der oben beschriebenen Weise. In der graphischen Darstellung zu Tabelle lila\u2014c ist der hierbei gefundene Werth als h\u00f6chstes Stadium der Wirkung sogleich nach Entstehung des Nachbildes eingetragen, welcher den Werth der gew\u00f6hnlichen Selbsteinstellung ungef\u00e4hr um ein Viertel desselben \u00fcbertrifft. Dieser Abfall um ungef\u00e4hr ein F\u00fcnftel der urspr\u00fcnglichen Wirkung bis zur Vollendung einer Selbsteinstellung wurde aber nun auch in den wenigen Versuchen gleicher Art auf anderen Helligkeitsstufen gefunden. Der rasche R\u00fcckgang im allerersten Moment um einen bestimmten Factor scheint also ebenfalls im Wesen der Nachbildwirkung seihst begr\u00fcndet zu sein, wie es seinen verschiedenen Entfaltungen auf den einzelnen Helligkeiten als gemeinsames Agens zu Grunde liegt, so dass er schon um dessentwillen f\u00fcr die Abh\u00e4ngigkeit von der reagirenden Helligkeit keine andere Function herbeif\u00fchren kann. Die Sonderstellung jenes ersten Stadiums ersieht man auch schon daraus, dass die Erhaltung auf subjectiver Gleichheit hier v\u00f6llig machtlos gegen diese Abfallstendenz ist. Mag man auf irgend einer Helligkeitsstufe noch so rasch eine v\u00f6llige subjective Gleichheit herbeigef\u00fchrt haben, die Wirkung geht trotzdem jedesmal mit anscheinend gleicher Schnelligkeit auf ihr niedrigeres Niveau des zweiten Stadiums \u00fcber, das unter jenen besonderen Umst\u00e4nden eine Zeit lang relativ constant bleibt. Der Gegensatz der beiden Stadien wird auch sozusagen schon im Verlauf des ganzen Vorganges unmittelbar anschaulich. Man sieht nach einer solchen pl\u00f6tzlichen Gleichheitseinstellung die benachbarten Helligkeiten sich rasch voneinander entfernen und dann pl\u00f6tzlich in einer gewissen Distanz innehalten. Der weitere R\u00fcckgang erfolgt unter diesen Bedingungen eben in einem ganz anderen Tempo, das f\u00fcr die allgemeine, nicht messende Betrachtung als relativer Ruhezustand erscheinen muss. Wenn also die Methode der Seihsteinstellung auch jenen schnellen R\u00fcckgang um einen constanten Proportionaltheil der Gesammtwirkung nicht verhindern kann, so fallen doch alle gelungenen Einstellungen sicher in jenes ann\u00e4hernd constante Stadium, das sich in seiner Anfangsh\u00f6he bei Aufrechterhaltung ann\u00e4hernder Gleichheit durch mehrere Secunden hindurchzieht. Die mittlere Variation der Messungen ist denn auch viel geringer, als sie bei dem thats\u00e4chlichen Spielraum der Einstellungszeiten sein","page":536},{"file":"p0537.txt","language":"de","ocr_de":"Der Fechner-Helmholtz'sche Satz \u00fcber negative Nachbilder und seine Analogien. 537\nm\u00fcsste, falls die Wirkung in jenem Stadium nicht ann\u00e4hernd constant w\u00e4re, sondern etwa in der Weise ahfiele, wie hei Projection auf eine objectiv gleichm\u00e4\u00dfig helle Fl\u00e4che in den verschiedenen Reizh\u00f6hen.\nMan wird \u00fcbrigens diese Unabh\u00e4ngigkeit der conservirenden Wirkung einer suhjectiven Gleichheitseinstellung von der reagirenden Helligkeit ganz begreiflich finden, wenn man das besondere Verh\u00e4lt-niss der Factoren ber\u00fccksichtigt, welche dabei einerseits fortw\u00e4hrend noch auf die Fortsetzung einer gleichartigen Nachbildwirkung hinzielen und anderseits den R\u00fcckgang derselben anstreben. Auf einer h\u00f6heren Helligkeitsstufe scheint nach den fr\u00fcher erw\u00e4hnten Resultaten zwar thats\u00e4chlich ein schnellerer R\u00fcckgang zu erfolgen, wenn innerhalb der benachbarten Reizverh\u00e4ltnisse kein Antrieb zu einer verschiedenen Gestaltung der Erregbarkeitsverh\u00e4ltnisse mehr vorhanden ist. Daf\u00fcr wirkt aber auch diesem rascheren Abfall in den h\u00f6heren Helligkeitsstufen hei einer suhjectiven Gleichheitseinstellung eine um so gr\u00f6\u00dfere Differenz der ohjectiven benachbarten Reize entgegen, die fortgesetzt noch im gleichen Sinne voneinander abweichen wie bei Entstehung der Wirkung. Dieses Yerh\u00e4ltniss folgt eben gerade aus dem F.-H.\u2019schen Satze seihst. Man braucht z. B. nur in jener ersten Hauptgruppe nach Fixation von Schwarz auf Normalgrau eine Einstellung auf das untere Hellgrau vorzunehmen, so fixirt man dabei w\u00e4hrend der Einstellung fortgesetzt noch ungef\u00e4hr die objective Helligkeitsdifferenz = 49,40, die sogar noch etwas gr\u00f6\u00dfer ist als die urspr\u00fcngliche = 48,56. Bei der Gleichheitseinstellung auf Wei\u00df aber betr\u00e4gt diese Differenz sogar fast das Doppelte = 82,52.\nDie Gr\u00f6\u00dfe dieser Differenz erscheint dann noch dadurch vermehrt, dass man doch nicht gleich auf die volle Gleichheit vorgeht, sondern eher noch ein klein wenig hinter ihr zur\u00fcckbleibt. Auch dieser besondere Zuwachs wird aber zur absoluten Helligkeit der reagirenden Fl\u00e4che etwa proportional sein, und zwar diesmal aus bekannten psychologischen Gr\u00fcnden. Die allgemeine Ann\u00e4herung, die im ersten Moment kurz vor der vollen suhjectiven Gleichheit inne halten l\u00e4sst, ist eben eine solche, dass man von ihr immer ungef\u00e4hr den gleichen Ann\u00e4herungsgrad erreicht glaubt. Diese Distanzen, die in den verschiedenen Reizh\u00f6hen ann\u00e4hernd den gleichen Eindruck","page":537},{"file":"p0538.txt","language":"de","ocr_de":"538\nWilhelm Wirth.\nmachen, sind aber eben diesen Reizh\u00f6hen ungef\u00e4hr direct proportional.\nGewisse Erfahrungen scheinen sogar daf\u00fcr zu sprechen, dass die erhaltende Kraft einer ann\u00e4hernden Gleichheitseinstellung durch die besondere \"Wirkungsf\u00e4higkeit kleinerer Differenzen im Sehfeld noch beg\u00fcnstigt wird. Falls die Nachbildwirkung jederzeit nur proportionale Bruchtheile der urspr\u00fcnglichen Differenzen aufheben w\u00fcrde (sei es nun durch verschieden gro\u00dfe beiderseitige Herabsetzung oder durch gegenseitige Ann\u00e4herung der Nachbar-Qualit\u00e4ten), so m\u00fcsste die vollst\u00e4ndige Ausgleichung f\u00fcr alle Differenzen gleich lange Zeit erfordern. Nun scheint aber diese Ausgleichung bei kleineren Differenzen rascher einzutreten und \u00fcberhaupt um so eher zu erfolgen, je mehr sie bereits ihrem Zielpunkt angen\u00e4hert ist, so dass gr\u00f6\u00dfere Differenzen zur\u00fcckzustehen scheinen, zumal doch, abgesehen von dieser Ann\u00e4herung an die Ausgleichung, die Wirkung mit der Zeit um so langsamer fortschreitet. Diese zuletzt genannten Bedingungen m\u00fcssten allerdings selbst erst einmal besonders untersucht werden, wof\u00fcr ebenfalls der Mar be\u2019sehe Apparat sehr geeignet w\u00e4re. Auch das v. Kries\u2019sche Resultat, dass die Nachbildwirkung einer Helligkeit auf Schwarz hinter der Proportionalit\u00e4t zu ihrer Intensit\u00e4t nach oben immer mehr zur\u00fcckbleibt, k\u00f6nnte theilweise unter diesem Gesichtspunkt zu betrachten sein. Einstweilen f\u00fcge ich dieses Moment nur als allgemeinere Erfahrung den exacter nachgepr\u00fcften Thatsachen beil\u00e4ufig hinzu.\nSollte aber nun bei alledem trotz der raschen Einstellung auf ann\u00e4hernd subjective Gleichheit auf den verschiedenen Helligkeitsstufen nicht blo\u00df jene Reduction um einen ann\u00e4hernd constanten Factor stattfinden, so w\u00e4re doch anzunehmen, dass diese Abweichung eine sehr geringe sei und dass sie selbst ebenso zur reagirenden Helligkeit in einem einfachen Verh\u00e4ltnis stehen m\u00fcsse. Denn das letztere gilt ja auch von allen Wirkungen und Gegenwirkungen, die w\u00e4hrend der kurzen Einstellungszeit in Betracht kommen. Somit w\u00fcrde sich also h\u00f6chstens noch eine niedrig verlaufende und relativ einfache Curve zur Hauptcurve hinzuaddiren, bezw. von ihr abziehen. Es m\u00fcsste nun aber doch wohl der gr\u00f6\u00dfte Zufall walten, wenn durch solche Reductionen eine vorher complicirte Curve erst zu einer solchen Einfachheit compensirt w\u00fcrde, wie sie sich thats\u00e4chlich ergeben hat.","page":538},{"file":"p0539.txt","language":"de","ocr_de":"Der Fechner-IIelmholtz\u2019sche Satz \u00fcber negative Nachbilder und seine Analogien. 539\nZu diesem Erfolge m\u00fcssen vielmehr einerseits die Reductionen that-s\u00e4chlich eine sehr einfache Proportionalit\u00e4t befolgen, anderseits muss aber die Nachbildwirkung auch ohne jene Herabsetzung ein einfachstes Verh\u00e4ltniss zur reagirenden Helligkeit einhalten.\nZweites Capitel.\nEpiskotister - Versuche.\nA. Eine neue Yersuchsanordnung.\n1. Die in ihren Resultaten bereits erw\u00e4hnten Versuche \u00fcber den R\u00fcckgang der Nachbildwirkung unter den verschiedenen Entwicklungsbedingungen waren nun mit einer besonderen Anordnung durchgef\u00fchrt worden, die ich erst in der letzten Periode meiner Arbeit ausgehildet habe. Das Princip der Nachbildmessung stimmt mit dem bisherigen vollkommen \u00fcberein, sodass die Ergebnisse \u00fcber den Verlauf der Wirkung unmittelbar mit den fr\u00fcheren Ergebnissen verglichen werden konnten, was die farblosen Helligkeitsnachbilder anbelangt. W\u00e4hrend aber jene erste Anordnung nur f\u00fcr Pigmentfarbe berechnet war, ist diese neue Methode nur durch Verbindung des Marbe\u2019sehen Apparates mit einem Episkotister m\u00f6glich. Sie gestattet ebenfalls vor allem auch eine ann\u00e4hernd gleichm\u00e4\u00dfige Erhellung des ganzen Sehfeldes hei allen Verwandlungen der reagirenden Helligkeit, besitzt aber nun den Hauptvortheil, dass sowohl diese Verwandlung des gesammten Sehfeldes als auch die Einstellung auf subjective Gleichheit gleichzeitig durch die Ver\u00e4nderung am Marbe\u2019schen Apparate seihst erzielt wird. Es braucht also nicht noch ein besonderer Mechanismus f\u00fcr diese Auswechslung der reagirenden Umgebung hinzuzutreten. Diese Vereinfachung der Einstellungsth\u00e4tigkeit f\u00fcr alle reagirenden Helligkeitsstufen macht diese Anordnung auch f\u00fcr eine etwaige Nachpr\u00fcfung nach der Methode der pl\u00f6tzlichen Einstellung (in Verbindung mit allm\u00e4hlicher Ausprobirung des Gleichheitspunktes) viel geeigneter als den bisherigen Mechanismus. Hierbei zeigt sich also erst die gro\u00dfe Variations-","page":539},{"file":"p0540.txt","language":"de","ocr_de":"540\nWilhelm Wirth.\nM\u00f6glichkeit in der Verwendung des Marbe\u2019sehen Apparates im besten Lichte.\nDer leitende Gesichtspunkt dieser Anordnung (s. Fig. 8) besteht nun darin, dass der mit einem Episkotister*) versehene Rotations-apparat [\u00c4] mit einer elektrischen Projectionslampe (P) combinirt wird, wie sie h\u00e4ufig zu Demonstrationszwecken verwendet zu werden\nFig. 8.\npflegt. Die Episkotisterscheiben (S)> welche auf den Rotationsapparat aufgesetzt werden, m\u00fcssen dabei nach einer geeigneten Stellung des Apparates zwischen der Projectionslinse (L) und der Lampen\u00f6ffnung ( 0)\n1) Der Episkotister besteht bekanntlich in einer sectorenf\u00f6rmig durchbrochenen Scheibe aus undurchsichtigem Material, die eine Variation der offenen Sectoren zul\u00e4sst. Die hier verwendete Vorrichtung stimmt nat\u00fcrlich nur in ihrem Endzweck mit der von Aubert zum ersten Male beschriebenen (Physiologie der Netzhaut, S. 33f.) Anordnung \u00fcberein. Sie kann also nur ip einem allgemeineren Sinne des Wortes \u00bbEpiskotister\u00ab genannt werden.","page":540},{"file":"p0541.txt","language":"de","ocr_de":"Der Fechner-Helmholtz\u2019sche Satz \u00fcber negative Nachbilder und seine Analogien. 541\nin derjenigen Ebene vorbeirotiren, in welcher bei der sonstigen Verwendung des Projectionsapparates die Glasscheiben mit dem Bildobjecte eingeschoben liegen. Man stellt nun auch einen gro\u00dfen Papierschirm (T) genau senkrecht zur Axe des Lichtkegels auf, so-dass ein m\u00f6glichst gleichm\u00e4\u00dfig erhellter Lichtkreis entworfen wird, und sorgt, abgesehen von der richtigen Gr\u00f6\u00dfe dieses Kreises, auch daf\u00fcr, dass die einzelnen Sectoren des Episkotisters m\u00f6glichst scharf begrenzte Bilder auf dem Schirme erscheinen lassen. Bei der [Rotation der Scheibe wird nun jeder Punkt der erleuchteten Schirmfl\u00e4che in dem n\u00e4mlichen Tempo nacheinander verdunkelt und belichtet, in welchem an dem conjugirten Punkte auf der anderen Seite der Projectionslinse undurchsichtige und durchsichtige Sectoren des Episkotisters wechseln. Bei hinreichender Drehungsgeschwindigkeit wird also die Schirmfl\u00e4che ebenso gleichm\u00e4\u00dfig in einer beliebig variir-baren Helligkeit erscheinen, wie wenn man einen sehr gro\u00dfen Episko-tister, der unmittelbar vor einer gleichm\u00e4\u00dfig erleuchteten Fl\u00e4che vor-beirotirt, durch einen Kreisausschnitt betrachtet.\nFertigt man den Projectionsschirm aus einem guten farblosen Transparentpapier, so kann man nun die ganze Erscheinung von der entgegengesetzten Seite des Schirmes aus betrachten, ohne dass sich ein wesentlicher Helligkeitsverlust bemerklich macht. Die v\u00f6llig unged\u00e4mpfte Gesammthelligkeit erscheint sogar bei der gew\u00f6hnlichen Betrachtung einer wei\u00dfen Projectionsfl\u00e4che von der Vorderseite viel zu blendend. (Die Projectionslampe ist nat\u00fcrlich bei all diesen Versuchen als einzige Lichtquelle im sonst dunklen Baume vorausgesetzt. Da bei dieser Anordnung die Botationsscheibe ohne Beibung an anderen Fl\u00e4chen frei l\u00e4uft, so kommt nat\u00fcrlich auch jener L\u00e4rm in Wegfall, der fr\u00fcher die Benutzung des Dunkelzimmers um der benachbarten B\u00e4ume willen ausgeschlossen hatte. Es konnte also diese Anordnung im Dunkelzimmer selbst eingerichtet werden.) Die Verwendung des Transparentschirmes bietet aber nun auch noch den besonderen Vortheil, dass eine symmetrische Placirung des Beobachters zur beleuchteten Kreisfl\u00e4che erm\u00f6glicht wird. Jener Schirm verdeckt dann zugleich die ganze \u00fcbrige Anordnung, so dass die Beobachtung noch ungest\u00f6rter ist als bisher1).\n1) Der Marbe\u2019sche Apparat bedurfte nat\u00fcrlich wegen seines niedrigen Untergestelles eines kleinen h\u00f6lzernen Unterbaues, um mit einer Scheibe von","page":541},{"file":"p0542.txt","language":"de","ocr_de":"542\nWilhelm Wirth.\nDer Rotationsapparat war ebenfalls wieder durch eine Z\u00fcgel-vorrichtung, die vom Tische des Beobachters (M) unter dem Schirm hindurchf\u00fchrte und am Schlitten des Apparates angriff, zur Selbsteinstellung eingerichtet. Auch die Entfernung des Beobachters vom Projectionsschirm war als 1 m beibehalten worden. Der Lichtkreis betrug 1,70 m im Durchmesser und erf\u00fcllte somit den gr\u00f6\u00dften Theil des Sehfeldes. Einen gro\u00dfen Vortheil brachte zugleich die Leichtigkeit, mit welcher sich ein geeigneter Eixationspunkt in beliebiger Lage unmittelbar innerhalb der Projectionsfl\u00e4che anbringen lie\u00df. Bei den Pigmentversuchen, sowie bei den im sp\u00e4teren Theile zu besprechenden Transparentversuchen mit direct durchfallendem Lichte musste hingegen der Eixationspunkt jeder Zeit sehr complicirt auf einem Faden oder Draht in der Luft schwebend angebracht werden, falls man ihn nicht gerade im Scheibencentrum haben wollte.\n2. Es handelte sich nun vor allem um die Herstellung solcher Scheiben, welche die Variation der durchsichtigen und undurchsichtigen Partien w\u00e4hrend der Rotation leicht erm\u00f6glichten. Ihr Halbmesser war durch die oben erw\u00e4hnte gr\u00f6\u00dfere Entfernung der Axe von der Lampen\u00f6ffnung vorgeschrieben und betrug 13 cm. Bei dieser Gr\u00f6\u00dfe musste nat\u00fcrlich auch das undurchsichtige Material so leicht gew\u00e4hlt werden, als es mit einer gen\u00fcgenden Dichtigkeit vereinbar war, da sonst eine Ueberlastung des Apparates stattgefunden h\u00e4tte. Es wurde also hierzu ein kr\u00e4ftiges dunkles Aquarellpapier verwendet, welches diesen Anforderungen vollkommen gen\u00fcgte. Selbstverst\u00e4ndlich konnte das Papier aber nun nicht etwa wie Metallblech einfach mit sectorenf\u00f6rmigen Ausschnitten ohne irgend welche Ausf\u00fcllung versehen werden, weil bei dieser Gr\u00f6\u00dfe die leicht biegsamen Ecken und Kanten w\u00e4hrend der schnellen Rotation hin- und hergeschleudert und\nm\u00e4\u00dfiger Gr\u00f6\u00dfe den Strahlenkegel v\u00f6llig abschlie\u00dfen zu k\u00f6nnen, welcher aus der gew\u00f6hnlich etwas h\u00f6her gelegenen Lampen\u00f6ffnung herausdringt. Dabei ist es auch nicht m\u00f6glich, den langen r\u00fcckw\u00e4rtigen Theil des Apparates wie bei der vorigen Anordnung nach r\u00fcckw\u00e4rts zu nehmen, weil sonst die Rotationsaxe ebenfalls zu weit seitlich von der Oeffnung entfernt werden m\u00fcsste, und weil zu gro\u00dfe Scheiben erforderlich w\u00e4ren. Diese Umkehrung w\u00e4re nat\u00fcrlich vollst\u00e4ndig gleichg\u00fcltig gewesen, wenn nicht das \u00e4u\u00dferste Ende der Schlittenbahn am Apparat noch etwas in den periphersten Theil des Lichtkegels hineingereicht h\u00e4tte. Die kleine Schattenecke verschwand jedoch f\u00fcr einen nach der Mitte gerichteten Blick fast vollst\u00e4ndig in der Peripherie des Sehfeldes.","page":542},{"file":"p0543.txt","language":"de","ocr_de":"Der Fechner-Helmholtz\u2019sche Satz \u00fcber negative Nachbilder und seine Analogien. 543\nzerrissen worden w\u00e4ren. Die Ausschnitte mussten vielmehr mit einem durchsichtigen Medium ausgef\u00fcllt werden, und erwiesen sich hierbei aufgeklebte Sectoren aus farbloser Gelatine wegen der minimalen Vermehrung des Gesammtgewichtes als das geeignetste Mittel. Die mittlere Fl\u00e4che der Scheibe konnte dabei immer aus undurchsichtigem Material bestehen; sie lag ja vor der festen Scheibe des Apparates, welche selbstverst\u00e4ndlich nicht als Episkotister verwendet werden kann. Die Ausdehnung dieses v\u00f6llig undurchsichtigen Centrums betrug 5,8 cm im Radius. Es gab zugleich den festen Halt, um den sich die \u00fcbrige Scheibenfl\u00e4che gruppirte. Die Variation der durchsichtigen Sectorengr\u00f6\u00dfe h\u00e4tte nun zun\u00e4chst wieder in der Weise versucht werden k\u00f6nnen, dass zwei Scheiben mit durchsichtigen Sectoren nach Art der Max-well\u2019schen Anordnung ineinander geschoben worden w\u00e4ren. Die eine von beiden w\u00e4re wieder an der Apparatscheibe, die andere am frei beweglichen Hebel befestigt worden. Nun ist aber schon die hier nothwendige einseitige Befestigung hei radial aufgeschnittenen Scheiben von solcher Gr\u00f6\u00dfe f\u00fcr deren sichere Lage w\u00e4hrend der Rotation ung\u00fcnstig. Ferner bringen Scheiben von der beschriebenen Zusammensetzung wegen der gr\u00f6\u00dferen Dicke und Unebenheit sehr leicht Hemmungen bei so naher Aneinanderlagerung mit sich. Endlich sind viele Anordnungen, in welchen die eine der beiden Scheiben ringsherum vollst\u00e4ndig durchsichtig sein muss, bei dieser radialen Durchschneidung nur h\u00f6chst mangelhaft durchzuf\u00fchren. Man muss hierbei also gerade den gro\u00dfen Vortheil ausn\u00fctzen, dass es bei einer Episkotisteranordnung \u00fcberhaupt nicht darauf ankommt, ob diese oder jene Theile beider Scheiben obenauf zu hegen kommen. Es m\u00fcssen nur eben \u00fcberhaupt die durchsichtigen Sectoren der einen Scheibe neben den durchsichtigen, bezw. undurchsichtigen Sectoren der anderen Scheibe so gelagert sein, dass die gesammte Scheibencomhination die richtige Ausdehnung transparenter Stellen besitzt. Man wird also beide Scheiben \u00fcberhaupt nicht radial aufschneiden und ineinander stecken, sondern v\u00f6llig getrennt gegeneinander verdrehen. Dadurch wird die Verschiebung so hemmungslos, dass man nun in der Scheiben-construction viel freier verfahren kann. Nat\u00fcrlich kann hei dieser Anordnung die an der Apparatscheibe befestigte Scheibe, die kurz als \u00bbfeste\u00ab Scheibe bezeichnet werden soll, nicht wie bei der Maxwell\u2019sehen Combination auf der n\u00e4mlichen Seite wie die bewegliche","page":543},{"file":"p0544.txt","language":"de","ocr_de":"544\nWilhelm Wirth.\nScheibe aufgesetzt werden. Der bewegliche Hebel f\u00fcr die Drehung der letzteren liegt ja unmittelbar auf der Apparatscheibe auf und greift sogar noch mit einem Ansatzwinkel oben auf den Rand der Scheibe \u00fcber. Es kann also zwischen der am Hebel befestigten (beweglichen) Scheibe und der Apparatscheibe nichts mehr eingef\u00fcgt werden. Die feste Scheibe war daher bei all diesen Versuchen auf der R\u00fcckseite der Apparatscheibe befestigt, w\u00e4hrend die bewegliche Scheibe wie gew\u00f6hnlich vorne auf den Zapfen an der Hauptaxe aufgesetzt wurde1 * * 4). Zu ihrer Befestigung am drehbaren Hebel war auf den letzteren ein d\u00fcnnes Gewinde aufgeschraubt, welches die Scheibe durchstach und nach Aufschrauben einer Schraubenmutter sicher festhielt. Diese einfache Fixirung, welche insbesondere einen sehr raschen Wechsel der Scheiben gestattet, w\u00e4re nat\u00fcrlich bei der Maxwell-schen Anordnung wegen der entstehenden Unebenheit ebenfalls nicht verwendbar gewesen.\n3. Diese Combination zweier Scheiben wird nat\u00fcrlich niemals eine so umfangreiche Ver\u00e4nderung der Helligkeit zulassen, dass vom tiefsten Dunkel der v\u00f6llig undurchsichtigen Combination zur gr\u00f6\u00dftm\u00f6glichen Helligkeit der vollen Lichtwirkung des Projectionskreises \u00fcbergegangen werden k\u00f6nnte, welch letztere nur bei vollkommener Durchsichtigkeit der Combination m\u00f6glich w\u00e4re. Soll \u00fcberhaupt bei irgend einer Stellung beider Scheiben zu einander volle Undurchsichtigkeit vorhanden sein, so m\u00fcssen an beiden Scheiben zusammen mindestens 360 Bogengrade undurchsichtiger Sectoren Vorkommen. Die gr\u00f6\u00dftm\u00f6gliche Helligkeit kann dann aber h\u00f6chstens die H\u00e4lfte der Gesammthelligkeit betragen. Sie ist offenbar dann vorhanden, wenn die undurchsichtigen Partien beider Scheiben gleich gro\u00df und gerade vollst\u00e4ndig zur Deckung gebracht sind. Bei einer Summe der undurchsichtigen Partien beider Scheiben von 360\u00b0 ergibt sich also die gr\u00f6\u00dfte Helligkeit bei gleichm\u00e4\u00dfiger Vertheilung auf beide Scheiben\n1) Dagegen lie\u00dfe sich allerdings auch auf das vordere Ende der Axe ein\ngr\u00f6\u00dferes Gewinde aufschrauben, welches die feste Scheibe nun wenigstens un-\nmittelbar vor der beweglichen anbringen l\u00e4sst. Hierdurch w\u00fcrde sogar noch eine kleine Ungenauigkeit beseitigt, die bei der r\u00fcckw\u00e4rtigen Befestigung der festen Scheibe besteht. In letzterem Falle k\u00f6nnen die beiden Scheiben nat\u00fcrlich nicht unmittelbar aneinander liegen, weil die ca. 1 cm dicke Apparatscheibe dazwischen liegt. Doch scheint diese kleine Ungenauigkeit hei der geringen Distanz\nzwischen beiden Scheiben ohne Schaden vernachl\u00e4ssigt werden zu k\u00f6nnen.","page":544},{"file":"p0545.txt","language":"de","ocr_de":"Der Fechner-Helmholtz\u2019sche Satz \u00fcber negative Nachbilder und seine Analogien. 545\nzu je 180\u00b0. Die obige Kegel zeigt au\u00dferdem, dass eine solche Ver-theilung zugleich immer noch den gr\u00f6\u00dften Spielraum f\u00fcr die Helligkeitsvariation \u00fcberhaupt zul\u00e4sst. Jede Erh\u00f6hung des Helligkeitsmaximums ist nur durch Herabsetzung der undurchsichtigen Fl\u00e4che der Scheiben zu erreichen. Dadurch wird aber unmittelbar der Umfang herabgemindert, in welchem nun von dem Helligkeitsmaximum nach abw\u00e4rts gegangen werden kann. Denn der Umfang ist f\u00fcr jede derartige Scheibencombination bei g\u00fcnstigster, d. h. eben hier gleichm\u00e4\u00dfiger Yertheilung der undurchsichtigen Fl\u00e4che auf beide Scheiben jederzeit nur so gro\u00df, dass von einem Helligkeitsmaximum zur Verdoppelung der in ihm noch enthaltenen undurchsichtigen Sectoren herabgegangen werden kann. Aus dem schon fr\u00fcher erw\u00e4hnten Grunde ist nun die Herabminderung des Helligkeitsmaximums, welche bei unserer Anordnung zu einer m\u00f6glichst gro\u00dfen Variation nothwendig ist, keineswegs als ein Nachtheil zu betrachten. Die volle Helligkeit des elektrischen Bogenlichtes wirkt auch bei so gro\u00dfer Ausdehnung des Projectionskreises noch so blendend, dass erst mit einer starken Herabsetzung dieser gr\u00f6\u00dftm\u00f6glichen Helligkeit jener st\u00f6rende Blendungsfactor ausgeschlossen erscheint.\nDie Gesammtausdehnung der durchsichtigen Fl\u00e4che wurde nun zur besseren Verschmelzung der Helligkeitsempfindung bei der Ko-tation auf zwei gleiche Sectoren vertheilt, welche durch gleich gro\u00dfe undurchsichtige Partien getrennt waren. Da diese Vertheilung der verschiedenen Qualit\u00e4ten in beiden Scheiben in ganz entsprechender Weise geschah, so war der Wechsel des Transparenteffectes bei der gegenseitigen Verdrehung der Scheiben ganz der n\u00e4mliche, als wenn die verschiedenen Qualit\u00e4ten einer Scheibe in j& einem einzigen Sector vereinigt gewesen w\u00e4ren. Neben dem Vortheil einer leichteren Verschmelzung besitzt diese Zerlegung in mehrere gleiche Einzelsectoren allerdings den Nachtheil, dass die manuelle Einstellung auf eine bestimmte Helligkeit nicht mehr die n\u00e4mliche Genauigkeit besitzt. Bei dieser Halbirung der verschiedenen Sectoren reicht schon eine nur halb so gro\u00dfe Drehung hin, um vom Minimum der Helligkeit zum Maximum fortzuschreiten, und die n\u00e4mliche Erh\u00f6hung des Drehungseffectes gilt nat\u00fcrlich auch f\u00fcr Bruchtheile dieser Verdrehung. Allerdings f\u00e4llt die Genauigkeit der Einstellung nicht etwa direct proportional mit dieser Erh\u00f6hung des Drehungseffectes. Denn die\nWundt PMlos. Studien. XVI\t36","page":545},{"file":"p0546.txt","language":"de","ocr_de":"546\nWilhelm Wirth.\nwillk\u00fcrlichen Bewegungen sind ja doch hier von den Gesichtswahrnehmungen abh\u00e4ngig, und die unmittelbare Erfahrung \u00fcber die gr\u00f6\u00dfere Wirksamkeit der Bewegung wird die relative Sorgfalt derselben erh\u00f6hen, so dass hierdurch der gr\u00f6\u00dfere Einfluss der motorischen Eehler durch deren Herabminderung wieder einigerma\u00dfen ausgeglichen wird. E\u00fcr die Methode der pl\u00f6tzlichen Einstellung mit allm\u00e4hlicher Ausprobirung des Gleichheitspunktes w\u00fcrde diese rasche Variation hei mehrfacher Theilung sogar noch einen besonderen Vortheil bieten, da es hier auf besonders rasche Ver\u00e4nderung ankommt. Anderseits w\u00fcrden die Einstellungsfehler hier wegen der ganz bestimmten Fixi-rung des Enderfolges der Bewegung viel weniger in Betracht kommen. F\u00fcr beide Methoden treffen aber nat\u00fcrlich diejenigen Nachtheile gleichm\u00e4\u00dfig zu, welche bei der mehrfachen Theilung der Sectoren in den unvermeidlichen Herstellungsfehlem und Ablesungsfehlern bestehen. Jede neue Grenzlinie der Sectoren bringt solche Herstellungsfehler hinzu, ganz abgesehen von den Ungleichm\u00e4\u00dfigkeiten der Licht-und Farbenwirkung, welche an diesen Grenzen der transparenten und undurchsichtigen Theile niemals zu vermeiden sind, und abgesehen von der Erh\u00f6hung dieses Fehlers in unserer Anordnung durch die allerdings geringe Entfernung beider Scheiben voneinander. Da ferner hier keine wesentliche Erh\u00f6hung der Messungssicherheit mit der Verkleinerung der Strecken in Betracht kommt, so wird auch die Nothwendigkeit einer mehrfachen Ablesung nur die Fehler mehren. Dies alles sind hinreichende Gr\u00fcnde f\u00fcr eine Beschr\u00e4nkung der. Zerlegung auf das nothwendigste Ma\u00df. Dennoch muss die M\u00f6glichkeit einer solchen Zerlegung \u00fcberhaupt ebenfalls als ein besonderer Vortheil der Episkotister-Anordnung hervorgehoben werden, der mit der Verwendung des Maxwell\u2019schen Scheibenpaares am Marbe\u2019schen Apparat bei Pigmentfarben nicht vereinbar ist.\n4. Was bisher \u00fcber die Construction der Scheiben gesagt wurde, bezog sich nur ganz allgemein auf die Variation der Helligkeit \u00fcberhaupt. Um der Einfachheit willen war dabei von einer gleichm\u00e4\u00dfigen Aenderung des gesammten Projectionskreises die Bede, wozu man nur in sich gleichartige Sectoren ben\u00f6thigt, die im ganzen durchsichtig oder undurchsichtig sind. Bei der Nachbildmessung handelt es sich aber nat\u00fcrlich \u00fcberall um Contraste innerhalb des Sehfeldes, die sp\u00e4ter in subjective Gleichheit \u00fcbergef\u00fchrt werden m\u00fcssen. Es","page":546},{"file":"p0547.txt","language":"de","ocr_de":"Der Fechner-Helmholtz\u2019sclie Satz \u00fcber negative Nachbilder und seine Analogien. 547\nbedarf also einer ganz bestimmten Gliederung der Projectionsfl\u00e4che, bezw. der Scbeibencombination. Selbstverst\u00e4ndlich gibt es bei dieser Anordnung keine solche Ghederung, die w\u00e4hrend der Rotation eine kleine, mit der sonstigen Projectionsfl\u00e4che contrastirende Scheibenfl\u00e4che auf dem Schirme erscheinen und selbst\u00e4ndig gegen\u00fcber der Umgebung sich ver\u00e4ndern he\u00dfe, wie es bei den Pigmentversuchen gesehen wurde. Aber nat\u00fcrlich ist es f\u00fcr die ganz allgemeine Fragestellung, wie die Nachbildwirkung sich zur reagirenden Helligkeit verh\u00e4lt, zun\u00e4chst ziemlich gleichg\u00fcltig, welche Form die contrastiren-den Fl\u00e4chen einnehmen. Letzteres kommt h\u00f6chstens bei Specialfragen hinsichtlich des Einflusses der Ausdehnungsverh\u00e4ltnisse und der Lage im Sehfelde in Betracht. Man konnte daher mit denjenigen Formen der contrastirenden Fl\u00e4chen vorheb nehmen, die sich mit einer Pro-jectionslampe und einem Marbe5schen Rotationsapparat allein her-stellen lassen. Dies sind aber ausschlie\u00dflich segment- und streifenf\u00f6rmige Fl\u00e4chen, die von der Peripherie des Projectionskreises selbst und von denjenigen Kreisb\u00f6gen begrenzt werden, welche von der Projection der concentrischen Ringe auf den Episkotisterscheiben herr\u00fchren. Die einzelnen homogenen Fl\u00e4chenst\u00fccke sind also jederzeit Projectionen von Ausschnitten aus Kreisringen der Episkotisterscheiben. Bei unserer Aufstellung der Apparate wird z. B. die Halbirung des Sehfeldes (durch eine mittlere Grenzlinie von der beschriebenen Art) die linke H\u00e4lfte von der Sectoreneintheilung eines inneren Kreisringes der Scheiben abh\u00e4ngig sein lassen, w\u00e4hrend die rechte H\u00e4lfte von der Eintheilung des \u00e4u\u00dferen Kreisringes bestimmt wird.\nDie Variation der Helligkeiten dieser Fl\u00e4chenst\u00fccke muss also in der Weise bewerkstelligt werden, dass alles, was oben \u00fcber die ganzen Sectoren gesagt worden ist, auf die Sectorenausschnitte innerhalb eines Kreisringes \u00fcbertragen wird. Wenn sich nun die Helligkeitsvariation immer nur zwischen vollst\u00e4ndiger Dunkelheit und halber Gesammthelligkeit oder einem noch geringeren Helligkeitsmaximum zu bewegen braucht, so k\u00f6nnen s\u00e4mmtliche Streifen der Projectionsfl\u00e4che, wie sie einzeln einem Kreisringe der Episkotister-scheibe entsprechen, nach einer gewissen Drehung der einen Scheibe gegen die andere von einer beliebigen Ausgangshelligkeit zu einer beliebigen Endhelligkeit \u00fcbergef\u00fchrt werden. Dabei\n36*","page":547},{"file":"p0548.txt","language":"de","ocr_de":"548\nWilhelm Wirth.\nbraucht noch dazu nur die eine der beiden Scheiben in ihren Kreisringen verschieden beschaffen zu sein. Die andere Scheibe darf hingegen in ihrem ganzen f\u00fcr die Projection in Betracht kommenden Binge eine einheitlich durchgehende Sectoreneintheilung tragen. Soll das Helligkeitsmaximum in der halben Gesammthelligkeit bestehen, so muss diese letztere Scheibe also eine durchsichtige Fl\u00e4che von 180\u00b0, bezw. zur besseren Verschmelzung eine Quadranteneintheilung mit abwechselnden Qualit\u00e4ten tragen. (F\u00fcr geringere Maxima braucht nat\u00fcrlich die Gesammtsummc ihrer durchsichtigen Sectoren nur entsprechend geringer sein.) Diese letztere einfach eingetheilte Scheibe mit homogenen Sectoren soll weiterhin die \u00bbfeste Scheibe\u00ab hei\u00dfen. Da sie f\u00fcr diese Anordnung constant bleiben durfte, solange ihr Helligkeitsmaximum zureichte, wurde sie n\u00e4mlich zur festen, r\u00fcckw\u00e4rtigen Scheibe gew\u00e4hlt, die nicht so leicht auszuwechseln ist wie die vordere bewegliche Scheibe. Als letztere wurde die complicirtere Scheibe genommen, die von einem Versuch zum anderen wechselte. Die Theile dieser beweglichen Scheibe, die gerade hinter den durchsichtigen Sectoren der festen Scheibe stehen, k\u00f6nnen nun hinsichtlich des Helligkeitswerthes der einzelnen concentrischen Binge ganz beliebig beschaffen sein; jedenfalls ist hinter dem mindestens gleich gro\u00dfen undurchsichtigen Sector der festen Scheibe gerade so viel Platz, lim ihn durch eine Viertelsdrehung oder weniger v\u00f6llig dahinter verschwinden und vor den durchsichtigen Sectoren der festen Scheibe durch einen benachbarten Theil vertreten zu lassen, der wieder in jedem einzelnen Binge ganz beliebig beschaffen sein kann. Innerhalb der angegebenen Variationsgrenzen ist also in dieser VV eise offenbar thats\u00e4chlich je nach Beschaffenheit der beweglichen Scheibe die beliebige Anfangssituation mit einer beliebigen Endsituation zu vertauschen.\nDiese Variationsm\u00f6glichkeit reicht allerdings nicht zur Messung einer Nachbildwirkung aus, die aus einer ganz beliebigen Combination von Helligkeiten auf beliebig vielen Nachbarstreifen des Projections-kreises entsteht, wenn die Nachbildmessung in einem einzigen Versuch (nach der Methode der Selbsteinstellung) vollzogen werden soll. Hierzu w\u00e4re ja eine Einstellung auf subjective Gleichheit innerhalb des ganzen Sehfeldes erforderlich. Nun kann zwar von jener beliebigen Combination auf eine objective Gleichheit des ganzen Fel-","page":548},{"file":"p0549.txt","language":"de","ocr_de":"Der Fechner-Helmholtz\u2019sche Satz \u00fcber negative Nachbilder und seine Analogien. 549\ndes in jeder beliebigen Helligkeitsstufe (zwischen den fr\u00fcher erw\u00e4hnten Grenzen) \u00fcbergegangen werden. Die Ann\u00e4herung an diese objective Gleichheit geschieht aber nat\u00fcrlich nicht in der Weise, dass in irgend einer Zwischenstellung die noch vorhandenen objectiven Differenzen aller Einzelstreifen die zugeh\u00f6rigen Erregbarkeitsdifferenzen alle miteinander gleichzeitig ausgleichen w\u00fcrden. Es w\u00fcrde vielmehr wohl im allgemeinen immer nur f\u00fcr zwei benachbarte Streifen subjective Gleichheit eintreten. Erst in mehreren Einzelmessungen k\u00f6nnten also nacheinander s\u00e4mmtliche Streifenpaare durchgenommen sein, falls man sich jedesmal auf bestimmte Paare zu concentriren verm\u00f6chte. Diese M\u00f6glichkeit ist nun offenbar f\u00fcr eventuelle sp\u00e4tere Untersuchungen \u00fcber das Zusammenwirken mehrfacher Differenzen immerhin von ziemlicher Bedeutung. Sind jedoch \u00fcberhaupt nur zwei verschiedene Ausgangshelligkeiten vorhanden, so dass es sich auch nur um eine einzige Erregbarkeitsdifferenz handelt, so wird sich dieser Vorgang nat\u00fcrlich auf die Messung eines einzelnen Nachbildes auf beliebigen reagirenden Helligkeiten vermittelst eines einzigen Versuches wie bisher vereinfachen.\nB. Anordnung zur Untersuchung des R\u00fcckganges der Nach-bildwirknng unter verschiedenen Bedingungen.\nBei den schon fr\u00fcher erw\u00e4hnten Erholungsversuchen wurde nun zun\u00e4chst die Nachbildwirkung jedesmal nur auf ein und der n\u00e4mlichen Helligkeitsstufe gemessen, da es ja hier \u00fcberhaupt nicht unmittelbar auf die Untersuchung des F.-H.\u2019sehen Satzes ankam. Das Nachbild entstand hierbei aus dem Contrast von nur einem Drittel der Gesammthelligkeit mit reinem Schwarz, damit die Ausschlie\u00dfung allzu gro\u00dfer Contraste beibehalten w\u00fcrde. Jede Qualit\u00e4t erf\u00fcllte die H\u00e4lfte des Projectionskreises, und befand sich der Pixationspunkt auf der mittleren Grenzlinie. Zur Messung wurde dann die vorher dunkle Fl\u00e4che jedesmal der hellen, constant erhaltenen subjectiv gleich gemacht. Die feste Scheibe trug also zwei durchsichtige Sextanten, d. h. Sectoren zu je 60\u00b0, die sich als Scheitelwinkel gegen\u00fcberlagen. Die bewegliche Scheibe war vollst\u00e4ndig durchsichtig mit Ausnahme zweier Ringausschnitte von mehr als 60\u00b0, welche die innere H\u00e4lfte zweier gegen\u00fcberhegender Sectoren undurchsichtig","page":549},{"file":"p0550.txt","language":"de","ocr_de":"550\nWilhelm Wirth.\nmachten. Die auf Tafel III beigef\u00fcgten Abbildungen zeigen in Fig. 1 und 2 beide Scheiben nebeneinander in derjenigen Stellung, dass sie, durch eine Parallelverschiebung zur Deckung gebracht, die Ausgangslage darstellen, deren gesammter Transparentwerth in Pig. 3 zu sehen ist. Nun wurde durch eine 15 Secunden lange Fixation des zugeh\u00f6rigen Projectionshildes dieser Ausgangslage das Nachbild erzeugt. Durch die Verdrehung der beweglichen Scheibe konnten hierauf die undurchsichtigen Eingsectoren derselben immer mehr aus dem Bereich der durchsichtigen Sextanten der festen Scheibe entfernt und durch transparente Partien ersetzt werden. Die linke, vorher dunkle H\u00e4lfte des Projectionskreises hellte sich also immer mehr auf, bis subjective Gleichheit bei einer bestimmten restirenden Differenz der objectiven Helligkeiten eintrat.\nSollte nun ferner die Wirkung erst nach einer bestimmten Erholungszeit im Dunkeln in gleicher Weise gemessen werden, so wurde die Oeffnung des Projectionsapparates nach der 15. Secunde von einem Geh\u00fclfen durch eine Pappscheibe verschlossen und erst nach einer bestimmt verabredeten Erholungszeit wieder ge\u00f6ffnet, worauf sofort unter Festhaltung des alten Fixationspunktes die Einstellung wie vorhin erfolgte. Man h\u00e4tte zur Noth auch ohne Geh\u00fclfen auskommen k\u00f6nnen, falls man sich einer anderen beweglichen Scheibe bedient h\u00e4tte, wie sie in Fig. 4 skizzirt ist. An die beiden Eingsectoren h\u00e4tten sich auf entsprechenden Seiten zwei v\u00f6llig undurchsichtige Sectoren von mindestens 60\u00b0 Bogenweite anschlie\u00dfen m\u00fcssen. Durch Drehung dieser beweglichen Scheibe um 60\u00b0 in Eichtung des gegebenen Pfeiles w\u00e4re dann zun\u00e4chst eine v\u00f6llige Verdunkelung entstanden-, indem die beigef\u00fcgten undurchsichtigen Sectoren der beweglichen Scheibe die Sextanten der festen Scheibe ganz verdeckt h\u00e4tten. Eine weitere Drehung nach der Erholungszeit h\u00e4tte dann \u00fcber objective Gleichheit des Sehfeldes hinweg rasch zu der fr\u00fcheren Gleichheitseinstellung gef\u00fchrt.\nIn entsprechender Weise wurde nun der Verlauf des Nachbildes gemessen, welcher bei Einschiebung der Betrachtung einer (objectiv) gleichm\u00e4\u00dfig hellen Fl\u00e4che eintritt. Hier war nicht einmal eine besondere Scheibe f\u00fcr diesen Zweck erforderlich. Nach Entstehung des Nachbildes entfernte eine rasche Drehung um mindestens 60\u00b0 die undurchsichtigen Eingsectoren der beweglichen Scheibe von den Sex-","page":550},{"file":"p0551.txt","language":"de","ocr_de":"Der Fechner-Helmholtz\u2019sche Satz \u00fcber negative Nachbilder und seine Analogien. 551\ntanten der festen Scheibe, wodurch sich das Sehfeld auch auf der vorher dunklen H\u00e4lfte bis zur vollen objectiven Gleichheit mit der (constant erhaltenen) hellen H\u00e4lfte ver\u00e4nderte.\nHach einer bestimmten Wartezeit, in welcher diese helle Fl\u00e4che betrachtet, bezw. fixirt wurde, erfolgte dann durch weitere Drehung in der n\u00e4mlichen Richtung die n\u00e4mliche Nachbildmessung wie fr\u00fcher. Die undurchsichtigen Ringsectoren kamen n\u00e4mlich von der anderen Seite her wieder herein und glichen die subjective Aufhellung der vorher dunkleren H\u00e4lfte aus, so weit eine solche noch vorhanden war.\nJene Verdrehung bis zu einer objectiven Gleichheit im Dunkeln oder Hellen erfordert nat\u00fcrlich ohne Geh\u00fclfen noch eine besondere Vorrichtung, um mit hinreichender Schnelligkeit ausgef\u00fchrt werden zu k\u00f6nnen. Soll dabei von dieser Einstellung aus in der n\u00e4mlichen Richtung zur darauffolgenden subjectiven Gleichheitseinstellung weitergegangen und nicht vielleicht mit der selbstth\u00e4tigen R\u00fcckw\u00e4rtsbewegung das Nachbild gemessen werden, was um der geringeren Raschheit dieser Bewegung willen im allgemeinen zu vermeiden ist, so darf nat\u00fcrlich der Endpunkt f\u00fcr jene erste Einstellung nicht durch eine absolut feste Marke, wie bei der Methode der pl\u00f6tzlichen Einstellung, festgelegt sein. Es muss vielmehr in die Schlittenbahn ein Widerhalt eingef\u00fcgt werden, der einen raschen Anprall sicher aufh\u00e4lt und doch einem weiteren constanten Zug auch wiederum nachgibt. Als bestes H\u00fclfsmittel hierzu erschien ein Holzschlitten geeignet, der in das n\u00e4mliche Geleise wie der Apparatschlitten hinter denselben eingesetzt wurde und sioh etwas schwerer verschieben lie\u00df. Man stellte nun diesen Holzschlitten zun\u00e4chst so ein, dass er den Apparatschlitten bis zur Herstellung objectiver Gleichheit kommen lie\u00df. Dabei f\u00fchlte die Hand augenblicklich jenen Moment des Anschlages heraus, zumal der Apparatschlitten auf leichteste Beweglichkeit gestellt war, und hielt zun\u00e4chst inne. Ein kleines Hinausgehen \u00fcber den Punkt war bei der Ausdehnung des durchsichtigen Sectors der beweglichen Scheibe sogar g\u00e4nzlich belanglos. Ein nur wenig kr\u00e4ftigeres Weiterziehen schob dann sp\u00e4ter beide Schlitten hintereinander beliebig weiter ').\n1) Je geringer also bei dieser Anordnung die Ausdehnung der durchsichtigen Sectoren in der festen Scheibe ist, um so \u00f6fter kann das Sehfeld in allen seinen Theilen nach Farbe und Helligkeit (innerhalb des \u00fcberhaupt noch vorhandenen Umfanges der Intensit\u00e4tsvariation) beliebig ver\u00e4ndert werden.","page":551},{"file":"p0552.txt","language":"de","ocr_de":"552\nWilhelm Wirth.\nDie Ergebnisse dieser Anordnung sind schon bei der Theorie der Selbsteinstellung (S. 531 ff.) hinreichend discutirt worden, wie ja ihre Zuordnung zu den fr\u00fcheren Resultaten bei der Gleichartigkeit des Princips der Methode v\u00f6llig berechtigt ist. Auch hier wurde nicht etwa mit Dunkeladaptation gearbeitet, schon deshalb, weil dieselbe bei Verwendung einer gleichm\u00e4\u00dfigen Helligkeit des Sehfeldes mit einer sehr gro\u00dfen Blendung und Sch\u00e4digung des Auges verbunden gewesen w\u00e4re. Das Zimmer war vielmehr w\u00e4hrend der Pausen, die ebenfalls wieder etwas mehr als 10 Minuten betrugen, hinreichend und constant erhellt, so dass die folgende Helligkeit der fixirten Combi-bination niemals als Blendung empfunden wurde. Dass hierin zugleich die besten Bedingungen f\u00fcr ein Verschwinden der fr\u00fcheren Nachbilder gegeben sind, geht eben aus dem Resultat dieser Versuche selbst am besten hervor, welche bei Ausf\u00fcllung der Erholungszeit mit Helligkeit einen viel schnelleren R\u00fcckgang der Wirkung zeigen als bei Dunkelheit. Was die Adaptation anbelangt, so handelt es es sich ja f\u00fcr diese Bestimmungen immer nur um die relative Con-stanz derselben, und diese letztere war eben bei dieser Anordnung immer erf\u00fcllt. Kurz vor Beginn der Fixation wurde die \u00fcbrige Beleuchtung des Zimmers w\u00e4hrend der Pause ausgeschaltet und gleichzeitig die Projectionslampe ge\u00f6ffnet. F\u00fcr die Unterst\u00fctzung bei diesen Erholungsversuchen bin ich auch Herrn E. D\u00fcrr zu Danke verpflichtet, der jene exactere Art der Messung des Verlaufes der Nachbildwirkung im Dunkeln erm\u00f6glichte und hierf\u00fcr au\u00dferdem selbst mehrere Controllversuche lieferte, die in Tabelle HI a und der zugeh\u00f6rigen Curvendarstellung beigef\u00fcgt sind und eine hinreichende Uebereinstimmung zeigen. Ich kann noch hinzuf\u00fcgen, dass die Messung des Nachbildes w\u00e4hrend seines R\u00fcckganges bei fortw\u00e4hrender Erhaltung der subjectiven Gleichheit (Tabelle HIc) viel eingehender und bequemer untersucht werden kann, wenn nicht f\u00fcr jeden Zeitpunkt des R\u00fcckganges die Einstellung nach Abbruch des Versuches an der Sectorenstellung abgelesen wird. Ein Geh\u00fclfe k\u00f6nnte vielmehr auch fortlaufend die Schlittenstellungen notiren, bei denen nach Angabe der Versuchsperson noch subjective Gleichheit besteht.1) Somit k\u00f6nnte\n1) Dieser Vortheil des Apparates ist ja vom Erfinder selbst in die Ueber-schrift seiner eigenen Beschreibung (a. a. 0.) aufgenommen werden (s. S. 505).","page":552},{"file":"p0553.txt","language":"de","ocr_de":"Der Fechner-Helmholtz\u2019sche Satz Aber negative Nachbilder und seine Analogien. 553\neine einzige Nachbildwirkung in dieser Weise zur Untersuchung des ganzen Vorganges ausreichen, der hei Vermehrung solcher Versuche viel eher in allen seinen Punkten festgestellt werden w\u00fcrde. Auch f\u00fcr die sonstigen Erholungsbedingungen lassen sich hieraus gewisse Analogien f\u00fcr eine mehrfache Ausn\u00fctzung eines Versuches ableiten.\n0. Vergleichung eines farbigen Helligkeitsnachbildes mit dem Nachbilde einer entsprechenden farblosen Helligkeitsdifferenz.\n1. Die n\u00e4mliche Anordnung wurde nun ferner dazu verwendet, um den E.-H.\u2019schen Satz auch f\u00fcr das Nachbild eines farbigen Helligkeitsunterschiedes wenigstens an einem m\u00f6glichst einfachen Beispiel zu erproben. Der Helligkeitscontrast, welcher ebenfalls 15 Secunden lang fixirt wurde, bestand hierbei aus Gr\u00fcn neben Wei\u00df zu je einer H\u00e4lfte des Projectionskreises. Der Eixations-punkt lag wieder auf der Grenze. Man braucht sich also nur das Schwarz der vorigen Erholungsversuche durch Gr\u00fcn ersetzt zu denken. Die feste Scheibe war die n\u00e4mliche wie dort mit zwei farblos durchsichtigen Sextanten, und ebenso war die bewegliche Scheibe zun\u00e4chst in analoger Weise vollst\u00e4ndig durchsichtig, mit Ausnahme zweier aus gr\u00fcner Gelatine bestehender Bingsausschnitte von je 90\u00b0 auf dem inneren Kreisringe ihrer Transparentfl\u00e4che. Die Eig. 5 d. Taf. zeigt diese Scheibe mit Angabe ihrer Lage zu der festen Scheibe in der Ausgangssituation, welcher das Nachbild entstammte. Die feste Scheibe ist dabei ebenso, wie es bereits in Eig. 4 geschehen ist, durch die stark ausgezogenen B\u00f6gen markirt, welche die ahgehildete bewegliche Scheibe umfassen und die Lage der undurchsichtigen Sectoren der festen Scheibe angehen. Diese Darstellungsweise wird auch im sp\u00e4teren Theile f\u00fcr die Scheiben zu farbigen Nachbildern immer wiederkehren. Das Gr\u00fcn ist durch schr\u00e4ge Schraffirung gekennzeichnet, w\u00e4hrfend alle undurchsichtigen Partien ein f\u00fcr alle mal schwarz oder gleichf\u00f6rmig grau angegeben sind.\nAnmerkung. Die Technik dieser Farbenscheiben soll gleich an dieser Stelle n\u00e4her beschrieben werden, obgleich sp\u00e4ter bei den complicirteren Scheiben nochmals genauer darauf zur\u00fcckzukommen ist. Die farbige Gelatine, die beil\u00e4ufig viel feiner ist als die farblos durchsichtige Gelatine der festen Scheibe, durfte nat\u00fcrlich nicht etwa einfach auf eine Scheibe aus fester Gelatine aufgeklebt","page":553},{"file":"p0554.txt","language":"de","ocr_de":"554\nWilhelm Wirth.\nwerden. Dadurch w\u00e4re ihr S\u00e4ttigungs- und Helligkeitscharakter an den Klebstellen wesentlich ver\u00e4ndert worden. Ein Ankleben war immer nur an denjenigen Stellen m\u00f6glich, die nicht zur projicirten Transparentfl\u00e4che geh\u00f6ren, d. h. also, an der inneren und \u00e4u\u00dferen Grenze des Transparentringes. Kamen solche Grenzen jedoch innerhalb des letzteren in radialer Richtung oder als concentrische Kreislinien Vor, so war ein Ankleben ausgeschlossen. Damit nun die hier freiliegenden Grenzen w\u00e4hrend der Rotation genau ihre Lage beibehielten, wurde der ganze zur Projection gelangende Transparentring auf beiden Seiteh von farblosen Gelatinefl\u00e4chen umgeben, die innen auf dem undurchsichtigen Centrum und an der \u00e4u\u00dferen Peripherie des Transparentringes an einander festgeklebt waren. Zu dieser beiderseitigen Bedeckung diente eine besonders feine Sorte farbloser Gelatine. So ergaben sich dauerhafte Scheiben, die an ihrer Oberfl\u00e4che v\u00f6llig glatt waren und dem Luftwiderstand bei der Rotation keinen Anhaltspunkt gaben, von dem aus eine Zerrei\u00dfung h\u00e4tte stattfinden k\u00f6nnen. Die Conturen innerhalb der H\u00fclle lagen dabei w\u00e4hrend der Rotation ebenso genau wie in der Ruhelage; vor allem mussten nat\u00fcrlich die concentrischen Grenzlinien von vorn herein sehr genau gearbeitet sein, weil diese die Exactheit der Grenzen innerhalb der Pro-jectionsfl\u00e4che bestimmten. Die genaue Centrirung der Scheibe zur Axe wurde trotz mehrfacher Auswechselung durch eine besondere Steifung der Durchbohrung im Centrum aufrecht erhalten. Die ganze Herstellung war \u00fcbrigens ziemlich m\u00fchevoll und zeitraubend. In Fig. 5 a ist ein Modell zur Anfertigung mit Angabe der Klebestreifen beigef\u00fcgt.\nWurde nun die bewegliche Scheibe nach Entstehung des Nachbildes in Eichtung des Pfeiles verdreht, so wurde der gr\u00fcne Eing-sector von dem durchsichtigen Sextanten der festen Scheibe allm\u00e4hlich weggezogen und durch farblose Scheibentheile ersetzt. Diese anfangs gr\u00fcne H\u00e4lfte des Sehfeldes wurde also immer heller und weniger ges\u00e4ttigt, bis wenigstens hinsichtlich der Helligkeit subjective Gleichheit mit der farblosen H\u00e4lfte vorhanden war, wobei der Farbenton \u00fcberhaupt nicht mehr sehr ausgesprochen erschien. Die objective Beschaffenheit der anfangs gr\u00fcnen H\u00e4lfte enthielt bei dieser subjectiven Ausgleichung der Helligkeit noch ein relativ ges\u00e4ttigtes Gr\u00fcn, das der anderen H\u00e4lfte an Helligkeit bedeutend nachstand. Durch diese Differenz war also das farbige Helligkeitsnachbild ausgeglichen, bezw. gemessen worden, welches sich bei Projection auf eine gleichm\u00e4\u00dfige farblose Fl\u00e4che als hellr\u00f6thliches Bild von der dunkleren Nachbarschaft abhebt. Dabei war diese Messung auf der n\u00e4mlichen reagirenden Helligkeitsstufe erfolgt, welche auf der urspr\u00fcnglich wei\u00dfen H\u00e4lfte des Sehfeldes zur Entstehung des Nachbildes beigetragen hatte. D. h. es reagirte diese objective Helligkeit auf der auch urspr\u00fcnglich wei\u00dfen Fl\u00e4che, und da f\u00fcr die Herstellung der Abh\u00e4ngigkeitsbeziehung doch wieder bei einer Sehfeld-","page":554},{"file":"p0555.txt","language":"de","ocr_de":"Der Fechner-Helmholtz\u2019sche Satz \u00fcber negative Nachbilder und seine Analogien. 555\nstelle geblieben werden muss, soll wieder die urspr\u00fcnglich wei\u00dfe Fl\u00e4che dazu ausgew\u00e4hlt werden. Sie ist sowohl hier als in den folgenden Messungen auf anderen Helligkeitsstufen die fest gegebene Helligkeit und entspricht der \u00bbUmgebung\u00ab in den Pigmentversuchen, w\u00e4hrend die zur Ausgleichung hinzugeh\u00f6rige Intensit\u00e4t der fr\u00fcher gr\u00fcnen H\u00e4lfte des Sehfeldes erst durch die Einstellung selbst aufgefunden wird und insofern der Intensit\u00e4t der Scheibe bei den Pigmentversuchen entspricht.\nSollte das n\u00e4mliche Nachbild auf einer geringeren reagirenden Helligkeitsstufe gemessen werden, so bedurfte es nur einer neuen beweglichen Scheibe, die bei der Drehung (in Eichtung des Pfeiles) je einen undurchsichtigen Sector von bestimmter Ausdehnung vor die durchsichtigen Sextanten der festen Scheibe vorschiebt, sodass hierdurch im gesammten Sehfeld die Helligkeit um gleich viel herabgesetzt wird. In Fig. 6 der Tafel ist eine solche Scheibe abgebildet, die je einen undurchsichtigen Sector von 30\u00b0 vor die Sextanten der festen Scheibe vorschieben l\u00e4sst, nachdem anfangs wieder ein innen gr\u00fcner und au\u00dfen farbloser Sextant davor gestanden hat. Nach der urspr\u00fcnglichen Fixation von Gr\u00fcn neben Wei\u00df l\u00e4sst also hier ein rasches Anziehen bis zu einem gewissen Punkte zun\u00e4chst nur eine Herabsetzung der Helligkeit des gesammten Sehfeldes auf die H\u00e4lfte der bisherigen bewirken. Verdreht man hierauf die bewegliche Scheibe in der n\u00e4mlichen Eichtung noch weiter, so beh\u00e4lt die anfangs wei\u00dfe Fl\u00e4che ihre herabgesetzte Helligkeit bei, weil ja hinter dem undurchsichtigen Sector von 30\u00b0 wieder farblose Sectoren nachfolgen. Die andere H\u00e4lfte des Sehfeldes aber, die durch das erste Stadium der Verdrehung ihren Gr\u00fcnwerth zur H\u00e4lfte durch Ersetzung der gr\u00fcnen Gelatine durch Schwarz verloren hat, n\u00e4hert sich dabei infolge der Ersetzung des noch \u00fcbrigen Gr\u00fcn durch farblose Gelatine immer mehr der ersteren H\u00e4lfte an, und schlie\u00dflich ergibt sich auch auf dieser geringeren Helligkeitsstufe eine subjective Ausgleichung, in welcher der Helligkeitswerth des farbigen Nachbildes in dieser Eeiz-lage gemessen wird.\nNat\u00fcrlich braucht man f\u00fcr diese Messungen auf anderen Helligkeitsstufen nicht immer wieder besondere Gelatinescheiben herzustellen. Vielmehr unterschieden sich die hierzu nothwendigen beweglichen Scheiben von jener ersten in Fig. 5 der Tafel nur durch jenen un-","page":555},{"file":"p0556.txt","language":"de","ocr_de":"556\nWilhelm Wirth.\ndurchsichtigen Doppelsector, der sich yon rechts her an die gr\u00fcnen Kingsectorcn anschlie\u00dft und in der Ausgangstage eben noch hinter dem durchsichtigen Sextanten der festen Scheibe versteckt liegt. Dieser Doppelsector kann nun in der angegebenen Form (Fig. 6 a) f\u00fcr sich aus starkem Carton gearbeitet und dann auf die bewegliche Scheibe oben aufgesetzt werden. Er muss nur m\u00f6glichst glatt gearbeitet sein, um gut anzuliegen und bei der Eotation nicht umgebogen zu werden, und wird ebenfalls auf das am Hebel befindliche Schraubengewinde aufgesteckt, welches die Scheibe selbst durchbohrt. Die aufgesetzte Schraubenmutter h\u00e4lt dann beide Theile fest zusammen1). Durch Verwendung von drei solchen Doppelsectoren zu je 2 \u2022 15\u00b0, 2 \u2022 30\u00b0 und 2 \u25a0 40\u00b0 wurde also das farbige Helligkeitsnachbild auf drei Helligkeitsstufen gemessen, welche fortschreitend dunkler waren als die urspr\u00fcngliche Helligkeit der wei\u00dfen H\u00e4lfte des Sehfeldes.\nAu\u00dferdem wurde aber auch noch eine gr\u00f6\u00dfere Helligkeit als die Ausgangsstufe beigezogen. Zu diesem Zweck war nat\u00fcrlich auch eine neue feste Scheibe erforderlich, da ja f\u00fcr die bisherige die Ausgangshelligkeit der wei\u00dfen Fl\u00e4che zugleich das Helligkeitsmaximum der Variation enthielt. Es wurde also eine feste Scheibe mit durchsichtigen Sectoren zu 90\u00b0, also mit jener f\u00fcr den Variationsumfang g\u00fcnstigsten Quadranteneintheilung aufgesetzt. Als bewegliche Scheibe konnte hingegen wieder die bisherige G-elatinescheibe zur Verwendung kommen. Hur musste noch einer jener Doppelsectoren von mindestens 2 \u2022 30\u00b0 in der Weise angef\u00fcgt werden, dass er in der Ausgangsstellung von den beiden durchsichtigen Quadranten der festen Scheibe je 30\u00b0 verdeckte und nur zwei Sextanten freilie\u00df, vor denen die innen gr\u00fcnen und au\u00dfen farblosen Sextanten der beweglichen Scheibe ebenso standen, wie es zur Entstehung des n\u00e4mlichen Nachbildes noth-wendig war. Fig. 7 d. Taf. zeigt diese Combination, wobei die Stellung zur festen Scheibe wieder durch die au\u00dfen angesetzten B\u00f6gen (vergl. S. 553) markirt ist, wie in Fig. 5. Durch eine Drehung der be-\n1) Auch ist es nothwendig, das innerste Centrum dieses Doppelsectors herauszunehmen und durch d\u00fcnneres, aber haltbares Papier zu ersetzen, damit der Zapfen an der Axe vom nicht zuviel Spielraum f\u00fcr die aufgesetzte Schraubenmutter verliert. Die sichere Befestigung der letzteren muss n\u00e4mlich ein Herausschnellen der im Apparat enthaltenen gespannten Feder verhindern.","page":556},{"file":"p0557.txt","language":"de","ocr_de":"Der Fechner-Helmholtz\u2019sche Satz \u00fcber negative Nachbilder und seine Analogien. 557\ngeglichen Scheibe um 30\u00b0 in Richtung des Pfeiles verschwand dann zun\u00e4chst der undurchsichtige Doppelsector der beweglichen Scheibe hinter dem undurchsichtigen Quadranten der festen Scheibe und ersetzte sich von der anderen Seite her durch farblose Gelatine. Die reagirende Helligkeit der urspr\u00fcnglichen wei\u00dfen H\u00e4lfte des Sehfeldes stieg somit von einem Drittheil auf die H\u00e4lfte der unvermischten Lichtwirkung. Auf dem inneren Kreisringe, welcher der urspr\u00fcnglich gr\u00fcnen H\u00e4lfte des Sehfeldes entsprach, befanden sich zun\u00e4chst noch 60\u00b0 Gr\u00fcn mit 30\u00b0 farbloser Gelatine. Durch die weitere Drehung verschwand auch das Gr\u00fcn mehr und mehr aus dem Bereich des durchsichtigen Quadranten der festen Scheibe vor der nachfolgenden farblosen Gelatine, w\u00e4hrend die andere H\u00e4lfte constant auf der erh\u00f6hten Helligkeitsstufe erhalten blieb. Endlich stellte sich auch auf dieser h\u00f6heren Helligkeitsstufe subjective Gleichheit hinsichtlich der Helligkeit ein. Die reagirende Qualit\u00e4t war also in allen Versuchen auf die denkbar einfachste Weise hinsichtlich ihrer Helligkeit variirt worden. Es h\u00e4tte ja z. B. auch anstatt der undurchsichtigen Partien gr\u00fcne Gelatine eingef\u00fchrt werden k\u00f6nnen. Doch musste sich die Abh\u00e4ngigkeit des Helligkeitswerthes jenes farbigen Nachbildes von der reagirenden Qualit\u00e4t auch in diesen m\u00f6glichst farblosen Helligkeiten zeigen. Ja es bestand hierbei sogar noch der besondere Vortheil, dass die Herabsetzung der Farbenqualit\u00e4t und die hiermit verbundene Herabsetzung der Farbendifferenz die Einstellung auf subjective Gleichheit hinsichtlich der Helligkeit bei verschiedenem Farbencharakter noch mehr erleichterte.\n2. Die Resultate dieser Versuche sind in Tabelle IVa zusammen gestellt, wozu die mit a bezeichnete Curvenlinie der graphischen Darstellung (Text-Fig. 9) hinzugeh\u00f6rt. Die Versuche wurden nur von mir selbst ausgef\u00fchrt und enthalten nur eine geringere Zahl von Einzelversuchen. Doch berechtigte die geringe mittlere Variation zu dieser Beschr\u00e4nkung. Gleichzeitig sollte hiermit nur einmal vor allem die Methode ausgebildet werden, nach welcher man um des theoretischen Interesses dieser Frage willen complicirtere Combina-tionen in gr\u00f6\u00dferer Zahl vornehmen m\u00fcsste. Trotz jener Erleichterung der Helligkeitsvergleichung in den Einstellungsregionen, die auf der geringeren Farbendifferenz beruht, ist nat\u00fcrlich f\u00fcr das Gelingen der Versuche einige Uebung in der ausschlie\u00dflichen Helligkeitsver-","page":557},{"file":"p0558.txt","language":"de","ocr_de":"Tabelle IV. Vergleichung eines farbigen Helligkeitsnachbildes mit dem entsprechenden\nfarblosen.\nHelligkeitsverh\u00e4ltniss des verwendeten Gr\u00fcn: 120\u00b0 Gr\u00fcn + 240\u00b0 S. = 39,2\u00b0 W. + 320,8\u00b0 S. (m. V. 2,96\u00b0).\n558\nWilhelm Wirth.\nOs CO\nOL\ns\n\nO &D\n\ndurchsichtige Sectoren undurchsichtige S. gr\u00fcne S.","page":558},{"file":"p0559.txt","language":"de","ocr_de":"Tab. IV b. Helligkeit\u00dfnachb il d des Grau (von gleicher Helligkeit wie Gr\u00fcn) neben Wei\u00df 2 \u2022 19,6\u00b0 W. + 2 \u2022 160,4\u00b0 S. neben 2.60\u00b0 W. + 2.120\u00b0 S. 15B*C- fixirt.\nDer Fechner-Helmholtz\u2019sche Satz \u00fcber negative Nachbilder und seine Analogien. 559\ns: o 2\nCO \u00c7\u00a9\n:c3 O\n> bC,\ngleichung zwischen Farben oder wenigstens zwischen Farben und ziemlich farblosen Helligkeiten erforderlich, worin ich durch fr\u00fchere Versuche einige Gel\u00e4ufigkeit erlangt hatte. Dabei ist hier \u00fcberall thats\u00e4chlich nur auf die Helligkeitsverh\u00e4ltnisse\nFig. 9.\n(Tabelle ITa&b )\nR\u00fccksicht genommen worden, weil die Farbenwerthe der Nachbilder in dem sp\u00e4teren Theile der Arbeit ihre gesonderte Betrachtung finden werden.\nIn Tabelle IVa enth\u00e4lt also die erste Horizontalreihe die reagirenden Helligkeiten der urspr\u00fcnglich wei\u00dfen Fl\u00e4che, die bei der zuerst beschrie-","page":559},{"file":"p0560.txt","language":"de","ocr_de":"560\nWilhelm Wirth.\nbenen einfachen Einstellung zugleich reagirende Helligkeit war. (Diese Ausgangshelligkeit selbst steht dabei mit 2 \u2022 60\u00b0 Wei\u00df + 2 \u2022 120\u00b0 8 erst in der vierten Yerticalreihe.) Die zweite Horizontalreihe bringt die objectiven Werthe.der urspr\u00fcnglich gr\u00fcnen Fl\u00e4che, welche dies\u00ean Heizen der ersten Horizontalreihe subjectiv gleich erschienen, mit Angabe ihrer mittleren Variationen. Sie sind den bisherigen Darlegungen entsprechend mit Wei\u00df -j- Gr\u00fcn + Schwarz angegeben, wobei der Schwarzwerth demjenigen der ersten Horizontalreihe nat\u00fcrlich gleich ist. Die dritte Horizontalreihe enth\u00e4lt dann das Ma\u00df der Nachbildwirkung in den verschiedenen Stufen zun\u00e4chst in Graden von Gr\u00fcn ausgedr\u00fcckt. Die Werthe der vierten Horizontalreihe kommen erst sp\u00e4ter zur Besprechung.\nMan kann schon hieraus ganz allgemein ersehen, ob der Helligkeitswerth des Nachbildes den reagirenden Beizh\u00f6hen proportional geht. Hierzu ist ja gar nicht erforderlich, dass man den absoluten Helligkeitswerth der gr\u00fcnen Gelatine selbst kennt. Die Bogenl\u00e4nge des gr\u00fcnen Bingsectors in der dritten Horizontalreihe muss ja der absoluten Helligkeitsdifferenz der Einstellung proportional gehen. Bei dieser Betrachtung findet man nun, dass in der That eine sehr gute Uebereinstimmung mit dem F.-H.\u2019sehen Satze vorhanden ist. In der beigef\u00fcgten Curve IYa, in welcher die Or-dinaten als Ma\u00df der Nachbildwirkung eine Verdoppelung der absoluten Helligkeitswertlie dieser Einstellungsdifferenzen darstellen, tritt diese Proportionalit\u00e4t am deutlichsten in einer sehr gro\u00dfen Ann\u00e4herung an die gerade Linie hervor, die, beil\u00e4ufig bemerkt, erst nach Abschluss der Versuche selbst festgestellt worden ist.\n3. Nun fragt es sich aber, ob sich das Nachbild einer farbigen Helligkeitsdifferenz auch hinsichtlich seines absoluten Werthes ebenso verh\u00e4lt, wie ein Nachbild, das durch die Fixation einer Differenz entsprechender farbloser Helligkeiten entstanden ist. Erst durch Auffindung einer solchen Uebereinstimmung w\u00e4re die allgemeinere Begel f\u00fcr diejenigen Thatsachen gegeben, die bereits Martius zum Ausgangspunkt f\u00fcr seine Methode zur Bestimmung der Helligkeit der Farbe genommen hat. Nat\u00fcrlich durfte ich hierbei zur Feststellung der entsprechenden farblosen Helligkeit nicht schon zu einer solchen Nachbildmethode greifen, welche die absolute Helligkeit der Farben danach bemisst, ob dieselben ein aufhellendes","page":560},{"file":"p0561.txt","language":"de","ocr_de":"Der Fecfiner-Helmholtz\u2019sche Satz \u00fcber negative Nachbilder und seine Analogien. 561\noder verdunkelndes Nachbild erzeugen, wenn sie inmitten einer Umgebung von bestimmter absoluter Helligkeit fixirt werden. Es w\u00e4re ja sonst der Helligkeitswerth der farbigen Nachbilder doch schon irgendwie den farblosen Nachbildern entsprechend vorausgesetzt gewesen, was erst allgemeiner zu beweisen war. Die Helligkeit desjenigen Grau, welches zum Vergleich der farbigen und farblosen Nachbildwirkung an Stelle von Gr\u00fcn mit Wei\u00df zusammengestellt werden musste, konnte also nur im unmittelbaren Vergleich des Gr\u00fcn mit farblosen Helligkeiten nach der gew\u00f6hnlichen Methode festgestellt werden. Um diese Aufsuchung eines Grau von gleicher Helligkeit wie jenes Gr\u00fcn unter ganz den n\u00e4mlichen Versuchsbedingungen zu vollziehen, wurde die bisher verwendete bewegliche Scheibe selbst (Eig. 5 der Tafel) mit einer anderen Scheibe aus schwarzem Carton in gleicher Weise wie fr\u00fcher mit den Doppelsectoren verbunden. Die Cartonscheibe, die in Eig. 8 in ihrer Verbindung mit der Gelatinescheibe abgebildet ist, trug zwei ringf\u00f6rmige Ausschnitte von je 90\u00b0, welche bei der Combination mit der Gelatinescheibe gerade auf die gr\u00fcnen Bingsectoren passten, und neben diesen Ausschnitten nach der Peripherie zu noch zwei kleinere Ausschnitte von nur je 40\u00b0 Bogenma\u00df, eine Ausdehnung, die nach einigen Vorversuchen weit \u00fcber das zur gleich hellen Graumischung n\u00f6thige Ma\u00df farbloser Helligkeit hinausging. Bei genauer Deckung der ersteren Bingsectoren mit dem Gr\u00fcn der Gelatinescheibe, welche in Fig. 8 mit Angabe der Ausgangsstellung zu den undurchsichtigen Sectoren der festen Scheibe von je 120\u00b0 dargestellt ist, entstand also bei der Botation auf der einen H\u00e4lfte des Sehfeldes das n\u00e4mliche Gr\u00fcn, wie bisher zur Entstehung des Nachbildes; auf der andern H\u00e4lfte sah man hingegen ein zun\u00e4chst wesentlich helleres Grau. Durch Verdrehung der (mit jener Cartonscheibe combinirten) beweglichen Scheibe in Richtung des Pfeiles konnte das Grau verdunkelt werden, indem nun immer mehr von den durchsichtigen Eingausschnitten zu je 40\u00b0 hinter den undurchsichtigen Theilen der festen Scheibe verschwand. Die gr\u00fcne H\u00e4lfte blieb jedoch constant, weil die gr\u00fcnen Ringsectoren von 90\u00b0 die Sextanten der festen Scheibe bis zu einer Verdrehung von 30\u00b0 immer noch mit Gr\u00fcn besetzt hielten. Dieser Umfang der Verdrehung f\u00fchrte jedoch bereits auf ein sehr wesentlich dunkleres Grau. Durch h\u00e4ufige Selbsteinstellung in gr\u00f6\u00dferen Pausen unter m\u00f6glichster Vermeidung\nWundt, Philos. Studien. XVI.\t37\n\\","page":561},{"file":"p0562.txt","language":"de","ocr_de":"562\nWilhelm Wirth.\nvon Fixation wurde die Helligkeit des Grau, welche derjenigen des Gr\u00fcn (mit 2 \u2022 60\u00b0 Gr\u00fcn) gleich erschien, als 2 \u2022 19,6\u00b0 Wei\u00df ermittelt. Die mittlere Variation war verh\u00e4ltnissm\u00e4\u00dfig gering und betrug 2,96\u00b0, ein Beweis f\u00fcr die Bestimmtheit des Helligkeitseindruckes, welchen das Gr\u00fcn hervorrief, das trotz seiner D\u00e4mpfung durch den Episkotister noch sehr gut ges\u00e4ttigt erschien.\n4. Ein Grau von dieser Helligkeit wurde nun an der Stelle jenes Gr\u00fcn neben dem Wei\u00df (von einem Drittel der Gesamthelligkeit) ebenfalls 15 Secunden lang fixirt, worauf die Nachbildwirkung auf den n\u00e4mlichen reagirenden Helligkeitsstufen wie vorhin heim farbigen Nachbild gemessen wurde. Zu diesem Zwecke war nur die bewegliche Gelatinescheibe mit den gr\u00fcnen Bingsectoren durch eine solche mit undurchsichtigen Bingsectoren von je 19,6\u00b0 an der n\u00e4mlichen Stelle ersetzt worden. Die feste Scheibe trug f\u00fcr die Messung auf den vier unteren Helligkeitsstufen wieder zwei durchsichtige Sextanten, f\u00fcr die oberste Helligkeitsstufe zwei durchsichtige Quadranten. Auch die Doppelsectoren wurden f\u00fcr die entsprechenden Helligkeitsstufen in analoger Weise aufgesetzt wie bei der Messung des farbigen Nachbildes. Fig. 9 a der Tafel zeigt die Ausgangslage der einfachen beweglichen Scheibe f\u00fcr die Einstellung auf der Ausgangshelligkeit der urspr\u00fcnglichen wei\u00dfen H\u00e4lfte selbst, d. h. also f\u00fcr die vierte Stufe von unten her. In Fig. 9 b ist der Doppelsector von 30\u00b0 aufgesetzt, der nach Entstehung des Nachbildes durch die Verdrehung in Bichtung des Pfeiles die Messung auf der zweituntersten Helligkeitsstufe erm\u00f6glicht. Endlich sieht man wieder in Fig. 9 c die Combination mit einem Doppelsector von mindestens 30\u00b0, welche nothwendig ist, um die Messung auf einer h\u00f6heren Helligkeitsstufe als der Ausgangshelligkeit ausf\u00fchren zu k\u00f6nnen. Die au\u00dfen angesetzten Kreisb\u00f6gen, welche jederzeit in der Darstellung die Stellung der undurchsichtigen Sectoren der festen Scheibe angeben, zeigen hier die Quadranteneintheilung, von welcher zun\u00e4chst in Folge einer entsprechenden Befestigung der Doppelsectoren der beweglichen Scheibe wieder nur je 60\u00b0 zur Geltung kommen. Die Verdrehung in Bichtung des Pfeiles l\u00e4sst dann wieder eine Gleichheitseinstellung zu, bei der die reagirende Helligkeit der urspr\u00fcnglichen Fl\u00e4che um die H\u00e4lfte gestiegen ist.\nDie Besultate dieser Versuche, die im Anschluss an die eigene","page":562},{"file":"p0563.txt","language":"de","ocr_de":"Der Fechner-Helinholtz\u2019sche Satz \u00fcber negative Nachbilder und seine Analogien. 563\nMessung des farbigen Nachbildes nat\u00fcrlich ebenfalls nur von mir selbst ausgef\u00fchrt zu werden brauchten, sind in Tabelle IYb zusammengestellt. Dieselbe ist in analoger Weise wie IYa ausgef\u00fcllt. Die obere Horizontalreihe enth\u00e4lt die n\u00e4mlichen Werthe wie dort, wegen der Ueher-einstimmung der reagirenden Helligkeiten (der urspr\u00fcnglich wei\u00dfen H\u00e4lfte des Sehfeldes) mit den damaligen Helligkeitsstufen. Die zweite Horizontalreihe zeigt den objectiven Werth der urspr\u00fcnglich grauen H\u00e4lfte des Sehfeldes in den verschiedenen Stufen der Gleichheits-einstellung, w\u00e4hrend'die dritte Horizontalreihe das Ma\u00df des Hellig-keitswerthes der Nachbildwirkung als Differenz der beiden anderen Reihen enth\u00e4lt. Die geringen mittleren Variationen lassen auch hier eine hinreichende Genauigkeit der Messungen unter den gegebenen Bedingungen annehmen.\nAus diesen Resultaten sind aber nat\u00fcrlich die absoluten Hellig-keitswerthe der Projectionsfl\u00e4che, in welchen man das Nachbild jeweils ausg\u00fcch, nicht so unmittelbar abzuleiten wie bei den fr\u00fcheren Pigmentversuchen durch Bestimmung des Helligkeitsverh\u00e4ltnisses zwischen dem schwarzen und wei\u00dfen Pigment nach der Kirschmann\u2019schen Methode. Bei kleinen Episkotister-Vorrichtungen, wie sie bisher gew\u00f6hnlich zur Verwendung kamen, ist zwar bei v\u00f6lligem Ausschluss anderer Lichtquellen und m\u00f6glichster Herabsetzung der Reflexion im Raum die Annahme zul\u00e4ssig, dass die Helligkeit der undurchsichtigen Sectoren verschwindend klein ist. Die absolute Helligkeit der Mischung kann also in diesem Palle unmittelbar in der Gr\u00f6\u00dfe der durchsichtigen Sectoren angegeben werden. Da jedoch bei unserer Anordnung die Wirkung des Episkotisters auf einer sehr gro\u00dfen Fl\u00e4che sich entwickelte, und au\u00dferdem der Raum nicht von lauter schwarzen, reflexionslosen Fl\u00e4chen begrenzt war, so kommt zur h\u00f6heren-Helligkeitsstufe immer noch der nach oben hin gleichfalls wachsende Zuschuss hinzu, welcher aus dem reflectirten Licht der h\u00f6heren Intensit\u00e4t resultirt.\nDie objectiven Helligkeitsdifferenzen, welche die Nachbildwirkung in den verschiedenen Stufen ausgleichen, werden allerdings von diesem Zuschuss nicht beeinflusst, da ja kein Grund f\u00fcr die Annahme besteht, dass die beiden H\u00e4lften des Sehfeldes wesentlich verschieden vom reflectirten Lichte erhellt werden. Nur die reagirenden Helligkeiten, auf die sich jene Differenzen als zugeh\u00f6riger Nach-\n37*","page":563},{"file":"p0564.txt","language":"de","ocr_de":"564\nWilhelm Wirth.\nbildwerth beziehen, m\u00fcssen nach oben hin ungef\u00e4hr dem arithmetischen Mittel der Helligkeiten beider Sehfeldh\u00e4lften proportional vergr\u00f6\u00dfert werden. Durch diese Rectificirung derjenigen Werthe, welche in der zugeh\u00f6rigen Curve die Abscissen bilden, wird aber nat\u00fcrlich nur der relative Ma\u00dfstab der Abscissen gegen\u00fcber den Ordinaten ge\u00e4ndert, welcher f\u00fcr die Erkenntniss der G\u00fcltigkeit des F.-H.\u2019schen Satzes belanglos ist. Die Linie w\u00fcrde also gegen die Abscissenaxe etwas flacher verlaufen m\u00fcssen, als sie bei Verwendung der ersten Horizontalreihe als Abscissenwerth mit Verdoppelung der Ordinaten in unserer Darstellung thats\u00e4chlich verl\u00e4uft. Die gro\u00dfe Ann\u00e4herung dieser Curve an die Gerade bliebe also erhalten, und man kann daher auch aus diesen Versuchen eine sch\u00f6ne Best\u00e4tigung der fr\u00fcheren Resultate mit Pigmentfarben entnehmen1). Alles, was an jener Stelle sonst noch zur Discussion der Werthe gesagt ist, gilt nat\u00fcrlich bei der principiellen Uebereinstimmung der Methode auch hier.\n5. Rechnet man nun (ohne weitere Rectificirung der Tabellen-werthe) die Helligkeitswerthe des Nachbildes von Gr\u00fcn neben Wei\u00df nach der Gleichung, die vorher f\u00fcr die Helligkeit des Gr\u00fcn durch Vergleichung mit Grau gewonnen wurde, in die absoluten Helligkeitswerthe um, so erkennt man sofort die gute Uebereinstimmung derselben mit denjenigen Werthen, die zuletzt f\u00fcr das Nachbild von der entsprechenden farblosen Helligkeitsdifferenz abgeleitet wurden. Diese absoluten Helligkeitswerthe des farbigen Helligkeitsnachbildes, welche der dritten Horizontalreihe in Tabelle IVb entsprechen, sind nun in der vierten Horizontalreihe von Tabelle IVa eingetragen. Zur besseren Veranschaulichung dieser gro\u00dfen Aehnlichkeit der entsprechenden Werthe sind beide Curven nach gleichem Helligkeitsma\u00df in das n\u00e4mliche System eingezeichnet, wodurch dem pr\u00fcfenden Blick anderseits auch wiederum nicht die gegenseitigen Abweichungen unterschlagen sind. Bei der Genauigkeit, die vorl\u00e4ufig erreicht worden ist, kann nat\u00fcrlich kein absolutes Zusammenfallen beider Curven erwartet werden, auch wenn die Wirkungen selbst thats\u00e4chlich vollkommen zusammenfielen. Schon die Herstellung des\n1) Jedenfalls sind diese Messungsfehler f\u00fcr die Vergleichung des farbigen und farblosen Helligkeitsnachbildes v\u00f6llig belanglos. Denn in beiden Reihen ist die Menge des reflectirten Lichtes f\u00fcr die n\u00e4mlichen reagirenden Helligkeitsstufen die gleiche.","page":564},{"file":"p0565.txt","language":"de","ocr_de":"Der Fechner-Helmholtz\u2019sche Satz \u00fcber negative Nachbilder und seine Analogien. 565\nundurchsichtigen Sectors, der ein Grau von ganz der n\u00e4mlichen Helligkeit wie diejenige des Gr\u00fcn mischen lassen soll, ist von vornherein gewissen Ungenauigkeiten unterworfen. Die Zuf\u00e4lligkeit der Abweichungen, welche hei Steigerung der Genauigkeit und der Versuchszahl eine wachsende Uebereinstimmung erwarten l\u00e4sst, ersieht man vor allem aus der wechselnden positiven und negativen Abweichung der Einzelversuche, die hierbei verrechnet wurden. Au\u00dferdem scheint die Curve des farbigen Nachbildes noch etwas genauer dem F.-H.\u2019sehen Satze zu folgen und die Hauptrichtung zu bestimmen, von welcher die Curve des farblosen Nachbildes nach oben und unten ahweicht. Nachdem aber durch fr\u00fchere Versuche f\u00fcr die farblose Nachbildwirkung ebenfalls die genauere Befolgung des F.-H.-schen Satzes mit zahlreichen Versuchen nachgewiesen ist, kann man ziemlich sicher annehmen, dass sie sich auch hier der vom farbigen Nachbild eingehaltenen Geraden in Wirklichkeit ebenfalls noch mehr ann\u00e4hert. Eine H\u00e4ufung der Versuchszahl in der zweiten Gruppe m\u00fcsste allerdings zuerst auch wieder eine H\u00e4ufung der Versuche f\u00fcr das Nachbild von Gr\u00fcn um der vollen Vergleichbarkeit der Besultate willen voraussetzen.\nDiese nahe Uebereinstimmung des Helligkeitswerthes eines farbigen Nachbildes mit dem Nachbild einer entsprechenden farblosen Helligkeitsdifferenz, die hier an einem ganz beliebigen Falle eingehender nachgewiesen worden ist, bildet zugleich eine wichtige Best\u00e4tigung f\u00fcr die Selbst\u00e4ndigkeit des Helligkeitsfactors in der Lichterregung \u00fcberhaupt, welche in allen neueren Farbentheorien auf Grund allgemeinerer Erfahrungen angenommen worden ist. Auch findet hier jene Selbst\u00e4ndigkeit nicht etwa in der blo\u00dfen M\u00f6glichkeit und Sicherheit einer gesonderten Helligkeitsvergleichung ohne R\u00fccksicht auf die anderen Farbeneigenth\u00fcmlichkeiten ihren Ausdruck, sondern in einer besonderen Wirkung, die sich an diesen Helligkeitsfactor anschlie\u00dft und v\u00f6llig unabh\u00e4ngig von der urspr\u00fcnglichen Farbenqualit\u00e4t eine besondere Messung zul\u00e4sst. Dabei ist jene Messung sogar noch viel eindeutiger als jene unmittelbare Helligkeitsvergleichung der urspr\u00fcnglichen Farben, da hei den beschriebenen Gleichheitseinstellungen der Farbencharakter (durch die Herabsetzung der urspr\u00fcnglich fixirten Farbe einerseits und durch die gleichfarbige Induction der anderen Sehfeldh\u00e4lfte anderseits) in beiden Vergleichsobjecten viel weniger differirt.","page":565},{"file":"p0566.txt","language":"de","ocr_de":"566\nWilhelm Wirth.\nEs geht auch nicht an, diese selbst\u00e4ndig messbare Wirkung in der Weise in die chromatische Componente der Erregung mit hineinzunehmen, dass man nach Art der Helmholtz\u2019schen Farbentheorie die entstandenen Differenzen der Helligkeitserregbarkeit aus den ver\u00e4nderten Erregbarkeiten der einzelnen Grundfarben abzuleiten sucht. Es werde z. B. ein Theil des Sehfeldes mit schwachem, der Grundfarbe m\u00f6glichst entsprechendem Gr\u00fcn erf\u00fcllt, ein anderer hingegen mit m\u00f6glichst reinem Both von gr\u00f6\u00dferer Intensit\u00e4t. Man w\u00fcrde alsdann ein dunkles Gr\u00fcn neben einem helleren Both fixiren und infolgedessen ein Helligkeitsnachbild erhalten, welches das vorher gr\u00fcne Feld heller, das urspr\u00fcnglich rothe Feld dunkler sehen lie\u00dfe, und zwar um ganz bestimmte Helligkeitseinheiten, die f\u00fcr alle reagiren-den Beize \u00fcbereinstimmen m\u00fcssten. Auch f\u00fcr reines Gr\u00fcn als rea-girende Fl\u00e4che m\u00fcsste dies zutreffen. Das ohjectiv gleichm\u00e4\u00dfige Gr\u00fcn m\u00fcsste also auf der vorher von reinem Both getroffenen Stelle dunkler gesehen werden, als auf der schon vorher fortw\u00e4hrend von reinem Gr\u00fcn gereizten Stelle, wenn es diesem subjectiv helleren Gr\u00fcn auch hinsichtlich seiner S\u00e4ttigung \u00fcberlegen ist. Nur hei Projection des Nachbildes auf reines Both w\u00fcrde die vorher fortw\u00e4hrend schon von Both gereizte Stelle nicht nur die weniger ges\u00e4ttigte, sondern auch die dunklere Fl\u00e4che sein. Der Vorsprung hinsichtlich der Helligkeit, (fed hei Projection auf reines Gr\u00fcn an der von Gr\u00fcn \u00bberm\u00fcdeten\u00ab Stelle stattfindet, w\u00e4re auch nicht etwa mit Beiziehung des Eigenlichtes zu erkl\u00e4ren, da ja an der einen Stelle Gr\u00fcn und Violett sich ebenso erholen konnte wie das Both und Violett an der anderen. Es w\u00e4re also h\u00f6chstens an die gr\u00f6\u00dfere Erm\u00fcdung durch die bekanntlich ebenfalls beigezogene gr\u00f6\u00dfere Miterregung an der urspr\u00fcnglich intensiver erregten Stelle zu denken. Von der letzteren darf aber deshalb wiederum kein Gebrauch gemacht werden, weil sonst die gr\u00f6\u00dfere S\u00e4ttigung des (zwar dunkleren) Gr\u00fcn auf der urspr\u00fcnglich mit Both gereizten Stelle nicht mehr erkl\u00e4rt werden k\u00f6nnte. Diese selbst\u00e4ndigen Erregbarkeitsver\u00e4nderungen hinsichtlich der Helligkeit und des Farhengrades werden uns nat\u00fcrlich auch bei der Anordnung zu dem Nachweis analoger Gesetzm\u00e4\u00dfigkeiten auf dem Gebiete des Farbenwerthes der farbigen Nachbilder noch n\u00e4her zu besch\u00e4ftigen haben, denen die weiteren Abschnitte dieser Arbeit gewidmet sind.","page":566},{"file":"p0567.txt","language":"de","ocr_de":"Der Fechner-Helmholtz\u2019sche Satz \u00fcber negative Nachbilder und seine Analogien. 567\nWie schon erw\u00e4hnt, geb\u00fchrt Gr. Martins1) das Verdienst, diese Selbst\u00e4ndigkeit des farbigen Helligkeitsnachbildes zu einer Methode der indirecten Helligkeitsbestimmung von Farben verwerthet zu haben, und bilden meine Versuche dieses letzten Abschnittes zugleich eine volle Best\u00e4tigung derselben von einem allgemeineren Gesichtspunkte aus. Auch diese (mit gro\u00dfer Genauigkeit ausf\u00fchrbare) quantitative Bestimmung der farblosen Helligkeitsnachbilder kann nat\u00fcrlich sogleich zu einer solchen indirecten Bestimmungs- oder Controllmethode verwendet werden2), wenn nur erst einmal m\u00f6glichst viele farblose Helligkeitsdifferenzen nach den angegebenen Methoden auf die Quantit\u00e4t ihres Nachbildes hin genauer untersucht worden sind.\n1)\tGr. Martius, Beitr\u00e4ge zur Psychologie und Philosophie, a. a. 0.\n2)\tDabei d\u00fcrfte dann nat\u00fcrlich das farbige Helligkeitsnachbild nicht mit farbiger Gelatine ausgeglichen werden, deren Helligkeitswerth erst gesucht werden soll. Die Ausgleichung m\u00fcsste vielmehr mit Schwarz, bezw. Wei\u00df erfolgen\n(Schluss folgt.)","page":567}],"identifier":"lit4475","issued":"1900","language":"de","pages":"465-567","startpages":"465","title":"Der Fechner-Helmholtz\u2018sche Satz \u00fcber negative Nachbilder und seine Analogien","type":"Journal Article","volume":"16"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T14:27:26.265711+00:00"}

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