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{"created":"2022-01-31T14:28:21.279110+00:00","id":"lit4505","links":{},"metadata":{"alternative":"Philosophische Studien","contributors":[{"name":"Wirth, Wihelm","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Philosophische Studien 18: 563-686","fulltext":[{"file":"p0563.txt","language":"de","ocr_de":"Der Fechner-Helmholtz\u2019sehe Satz \u00fcber negative Nachbilder und seine Analogien.\nVon\nWilhelm Wirth.\n(Fortsetzung und Schluss.)\nMit 7 Figuren im Text.\nDie Reaction homogener Farben auf Ilelligkeits-und Farbennachbilder.\n1. Einleitung.\n1. Der zweite Theil der bisherigen Untersuchung1), der den Betrag der negativen Farbennachbilder, sowohl der reinen, als auch der nut Helligkeitsnachbildern combinirten, in seiner Abh\u00e4ngigkeit von dem Tone, der S\u00e4ttigung und Helligkeit der reagirenden Farben darzustellen hatte, bedarf vor allem noch nach zwei Seiten hin einer ausf\u00fchl liehen Erg\u00e4nzung. Da beide Fragen die Verwendung m\u00f6glichst homogener Farbenreize und somit die n\u00e4mliche Umgestaltung der gesammten Anordnung erforderlich machten, so sollen sie hier als Nachtrag und werthvolle Controlle f\u00fcr alles Bisherige gemeinsam behandelt werden. Nach der Feststellung der directen Proportionalit\u00e4t des Nachbildwerthes zu der reagirenden Intensit\u00e4t \u00fcberhaupt blieb zun\u00e4chst noch eine gewisse Schwierigkeit hinsichtlich des Helligkeitsverh\u00e4ltnisses derjenigen Quantit\u00e4ten der verschiedenen Farbent\u00f6ne, welche auf ein gegebenes Nachbild mit dem n\u00e4mlichen Werthe reagiren, d. h. welche die gleiche Beimischung der urspr\u00fcnglich fixirten Reize f\u00fcr die entsprechenden Stellen des Sehfeldes ver-\n*) Philos. Studien XVII, S. 311 ff.\nWundt, Philos. Studien. XVIII.\n37","page":563},{"file":"p0564.txt","language":"de","ocr_de":"564\nWilhelm Wirth.\nlangen, wenn eine subjective Ausgleichung des Nachbildes erfolgen soll. Es war mir bei der Messung der Earbennaclibilder auf verschiedenen Reactionsfarben zum ersten Male aufgefallen, dass der gleiche Nachbildwerth nicht einfach denjenigen Reizquantit\u00e4ten zuf\u00e4llt, welche bei unmittelbarer Vergleichung gleich hell erscheinen. Die hinsichtlich ihres Nachbildwerthes \u00bb\u00e4quivalente\u00ab Helligkeit f\u00fcr reagirendes Roth und Gelb erschien vielmehr bei unmittelbarer Vergleichung gr\u00f6\u00dfer als diejenige f\u00fcr Gr\u00fcn und Blau. Es fragt sich nun, ob sich diese Abweichungen zwischen \u00bbscheinbarer\u00ab und \u00bb\u00e4quivalenter\u00ab Helligkeit nur auf Farbennachbilder beziehen, also auf das Ma\u00df der Verschiebung von Farbenton und S\u00e4ttigung nach Fixation von Farbendifferenzen, oder ob die f\u00fcr Farbennachbilder \u00e4quivalenten Intensit\u00e4ten verschiedener Wellenl\u00e4nge auch, f\u00fcr Helligkeitsnachbilder mit gleichen Werthen reagiren, so dass also z. B. nach Fixation von Wei\u00df auf schwarzem Grunde ein hierauf betrachteter blauer Grund zur subjectiven Ausgleichung des Nachbildes mehr von dem Wei\u00df zugemischt erhalten muss, als eine gelbe Fl\u00e4che von gleicher \u00bbscheinbarer\u00ab Helligkeit. Sobald das Aequivalenzverh\u00e4ltniss der verschiedenen Wellenl\u00e4ngen einer bestimmten mittleren Intensit\u00e4tsstufe f\u00fcr die Reaction auf jedes beliebige Farben- oder Helligkeitsnachbild G\u00fcltigkeit besitzt, ist u. a. auch mit einem Male der vermeintliche Widerspruch beseitigt, der sich unter der Voraussetzung einer Uebereinstimmung von Aequiva-lenz und Gleichheit der scheinbaren Helligkeit f\u00fcr Helligkeitsnachbilder aus der Thatsache ergeben h\u00e4tte, dass das gleichzeitige Helligkeitsnachbild z. B. nach Fixation eines Gelb neben Blau in einem f\u00fcr das Farbennachbild \u00e4quivalenten Verh\u00e4ltnisse auf reagirendem Gelb und Blau durch den n\u00e4mlichen Ueberschuss an Gelb, bezw. Blau ausgeglichen wurde (bezw. zugleich mit dem Farbennachbild verschwand, insofern bei geringeren Differenzen ein Zerfall von Hellig-keits- und Farbeneinstellung \u00fcberhaupt nicht zu beobachten war). Meine fr\u00fcheren Messungen \u00fcber farbige Helligkeitsnachbilder, welche zun\u00e4chst einmal die G\u00fcltigkeit des Fecliner-Helmholtz\u2019schen Satzes \u00fcberhaupt auch nach dieser Seite hin feststellen sollten, reichten zu einer Entscheidung in dieser Specialfrage nicht aus, da die Versuchsbedingungen im einzelnen f\u00fcr die zun\u00e4chst noch nicht actuelle Einzelfrage nicht die g\u00fcnstigsten waren. Dies gilt vor allem von","page":564},{"file":"p0565.txt","language":"de","ocr_de":"Der Eeclmer-Helmholtz\u2019sche Satz \u00fcber negative Nachbilder u. s. w. 565\nder ersten Gruppe, im ersten Theile der Arbeit1), wo das Nachbild von Gr\u00fcn neben Wei\u00df auf verschiedenen Intensit\u00e4tsstufen des Wei\u00df gemessen und mit einem Nachbild eines \u00bbscheinbar\u00ab gleich hellen Grau neben dem n\u00e4mlichen Wei\u00df verglichen wurden. Allerdings h\u00e4tte bei idealer Genauigkeit der Messungen der auf gleiches Hellig-keitsma\u00df reducirte Proportionalit\u00e4tsfactor f\u00fcr das Nachbild von Gr\u00fcn-Wei\u00df ein andrer, und zwar ein kleinerer sein m\u00fcssen als f\u00fcr Grau-Wei\u00df, wenn die f\u00fcr das Nachbild wirksame Intensit\u00e4t des Gr\u00fcn relativ untersch\u00e4tzt w\u00fcrde. Denn die wirksame Differenz Gr\u00fcn-Wei\u00df w\u00fcrde in diesem Falle kleiner sein, w\u00e4hrend die reagirenden Intensit\u00e4ten die n\u00e4mlichen bleiben. Indessen ist der relative Unterschied zwischen den das Nachbild bewirkenden Differenzen Gr\u00fcn-Wei\u00df und Grau-Wei\u00df bei einer bestimmten Abweichung der \u00e4quivalenten Intensit\u00e4ten des scheinbar gleich hellen Grau von Gr\u00fcn um so geringer, je dunkler Grau und Gr\u00fcn beide im Yerh\u00e4ltniss zu Wei\u00df sind. Dieses Verh\u00e4ltniss betrug nun seinerzeit ca. 1 : 10 und war somit gro\u00df genug, um die einzig m\u00f6gliche Wirkung der in Frage stehenden Abweichung, die bei der Projection auf die n\u00e4mliche Reactionsfarbe h\u00e4tte vorhanden sein k\u00f6nnen, hinreichend zur\u00fccktreten zu lassen. Ein besseres Hervortreten einer etwaigen Differenzirung der wirksamen Intensit\u00e4ten der verschiedenen Farbent\u00f6ne sollte man allerdings dann erwarten, wenn man die von gleichen scheinbaren Helligkeitsdifferenzen gewonnenen Nachbilder Gr\u00fcn-Wei\u00df, Roth-Wei\u00df u. s. w. nicht auf der n\u00e4mlichen reagirenden Intensit\u00e4tsstufe, sondern auf den verschiedenen zu vergleichenden Farbenintensit\u00e4ten selbst misst. So ist in der ersten Horizontalreihe von Tab. XVI des zweiten Theiles das Nachbild von Gr\u00fcn-Wei\u00df auf Gr\u00fcn, das von Roth-Wei\u00df auf Roth u. s. w. verzeichnet. Hierbei werden aber nun wegen der technischen Einfachheit ebenso wie bei jenem Vergleich Grau-Wei\u00df und Gr\u00fcn-Wei\u00df auf die verschiedenen Farben auch immer wieder andere Nachbilder projicirt, und die Richtung ihrer Unterschiede m\u00fcsste bei der fraglichen Abweichung offenbar die von der Verschiedenheit der reagirenden Intensit\u00e4ten abh\u00e4ngigen Differenzen der Nachbildwerthe f\u00fcr die verschiedenen Farben wenigstens tlieilweise wieder compensiren. Trotzdem scheint gerade diese erste Horizontalreihe noch am ehesten der\nb Philos. Studien XVI, S. 553.","page":565},{"file":"p0566.txt","language":"de","ocr_de":"566\nWilhelm Wirth.\nvermutheten Abweichung zwischen den einzelnen Farben zu entsprechen. Im \u00fcbrigen sollte aber auch diese ganze Versuchsgruppe, wie schon seinerzeit erw\u00e4hnt, nur zu einer Vergleichung der Mittel werthe farbiger Helligkeitsnachbilder mit farblosen Verwerthung finden, um zu zeigen, dass die Combination des Helligkeits- mit einem Farbennachbild die n\u00e4mlichen Helligkeitswerthe ergibt, als wenn \u00fcberhaupt nur farblose Helligkeitsdifferenzen von gleichem Werthe fixirt wurden. Gerade diese \u00fcberall vorhandene Verbindung eines Farben- mit einem Helligkeitsnachbild macht aber jene Anordnung f\u00fcr die jetzige Frage wenig geeignet. Wenn der Proportionalit\u00e4tsfactor der verschiedenen reagirenden Farben f\u00fcr ein Helligkeitsnachbild \u00fcberhaupt in Frage kommt, so ist ein reines Helligkeitsnachbild vorzuziehen, wie es durch Fixation von Wei\u00df auf schwarzem Grunde entsteht. In 'diesem Falle muss ja ebenfalls f\u00fcr alle reagirenden Farben eine subjective Ausgleichung des Nachbildes durch Beimischung eines bestimmten Quantums Wei\u00df an der urspr\u00fcnglich wei\u00dfen Stelle m\u00f6glich sein. Es fallen dann die Schwierigkeiten der Einstellung bei der Verbindung mit einem Farbennachbilde hinweg, die gerade f\u00fcr die relativ brauchbarsten Messungen der genannten Tabelle in der ersten und dritten Horizontalreihe, wo das Nachbild auf der Farbe selbst gemessen wird, am .st\u00f6rendsten wirken und f\u00fcr eine kleinere Versuchszahl feinere Unterschiede nicht zur Geltung kommen lassen. Bei einem reinen Helligkeitsnaehbilde von Wei\u00df neben Schwarz wird aber auch au\u00dferdem f\u00fcr alle Messungen das n\u00e4mliche Nachbild verwendet und dieses ist bei der Vergr\u00f6\u00dferung der urspr\u00fcnglich fixirten Helligkeitsdifferenz auch noch ausgepr\u00e4gter als dasjenige von Wei\u00df-Farbe.\nDer wichtigste Gesichtspunkt bei dieser Erw\u00e4gung der M\u00f6glichkeit einer Differenz zwischen der bei Nachbildern wirksamen Intensit\u00e4t und der beim unmittelbaren Vergleich hervortretenden Helligkeit musste jedoch offenbar darin bestehen, das Verh\u00e4ltniss einer etwaigen Abweichung zu der Unterscheidung der reinen und der sog. specifischen Helligkeit von Farben nach der Hering-Hille-brand\u2019schen Definition zu pr\u00fcfen, welche wenigstens eine Abweichung nach der n\u00e4mlichen Richtung darstellen w\u00fcrde. Warschon im zweiten Theil \u2018) darauf hingewiesen worden, dass die quantitativen\nl) Philos. Studien XVII, S. 424.","page":566},{"file":"p0567.txt","language":"de","ocr_de":"Der Feolmer-Helmlioltz\u2019sohe Satz \u00fcber negative Nachbilder u.s.w. 567\nUnterschiede dieser Abweichungen f\u00fcr die verschiedenen Farben in unserem Falle viel kleinere seien, so konnte doch immer noch der directe Beweis verlangt werden, dass man die Abh\u00e4ngigkeit der Nach-bildwerthe nun thats\u00e4chlich f\u00fcr diejenigen reagirenden Farben untersuchte, deren Helligkeit von der specifischen am unabh\u00e4ngigsten erscheine. Es musste also der Untersuchung f\u00fcr eine mittlere Helladaptation, wie sie zun\u00e4chst zum Vergleiche mit den bisherigen Resul-taten nothwendig war, eine solche bei Dunkeladaptation hinzugef\u00fcgt werden. Da die Dunkeladaptation eine besonders gro\u00dfe Verschiebung der Intensit\u00e4tsverh\u00e4ltnisse f\u00fcr gleich hell erscheinende Farben mit sich bringt und insbesondere die bei Helladaption relativ st\u00e4rker reagirende brechbarere Seite des Spektrums zur Herstellung subjectiver Helligkeitsgleichheit ganz unverh\u00e4ltnism\u00e4\u00dfig abzuschw\u00e4chen n\u00f6thigt, so w\u00fcrde andererseits eine auch nur ann\u00e4hernde Erhaltung der bei Helladaptation gefundenen Verh\u00e4ltnisse der Nach-bildwerthe auf den verschiedenen gleich hellen Farben immerhin die Verwandtschaft der wirksamen Intensit\u00e4ten mit den \u00bbscheinbaren\u00ab Helligkeiten und damit den Werth der directen HelligkeitsVergleichungen gro\u00df genug erscheinen lassen. Insbesondere diese Vergleichung der verschiedenen Adaptationslagen machte aber nun schon f\u00fcr diese erste Gruppe der neuen Versuche die Verwendung m\u00f6glichst homogener Farben nothwendig, womit dann zugleich ein weiteres Hinderniss, das der Verwerthung jener fr\u00fcheren Versuche f\u00fcr unsere Specialfrage im Wege stand, die mangelnde Differenzirung der verschiedenen Reac-tionsfarben, aufgehoben wurde.\n1 a. Es ist ferner selbstverst\u00e4ndlich, dass auch nur diese quantitative Bestimmung des Helligkeitsnachbildes auf den verschiedenen Farben selbst und nicht irgendwelche indirecte Bestimmung die Frage des AequivalenzVerh\u00e4ltnisses f\u00fcr die Reaction auf Nachbilder zu l\u00f6sen vermag. So kann also z. B. auch die Pr\u00fcfung der Messungen der \u00bbscheinbaren\u00ab Helligkeit ges\u00e4ttigter Farben durch den Vergleich der unmittelbaren Helligkeitsbestimmung eines aus diesen ges\u00e4ttigten Farben gemischten Grau einerseits mit dem aus den Componenten berechneten Werthe andererseits nicht hinter die Abweichung von \u00e4quivalenter und scheinbarer Helligkeit f\u00fchren. Denn erstens braucht der reagirende Nachbildwerth f\u00fcr das Grau nicht nach der n\u00e4mlichen","page":567},{"file":"p0568.txt","language":"de","ocr_de":"568\nWilhelm Wirth.\neinfachen Mischungsregel aus den Nachbildwerthen f\u00fcr die Compo-nenten ableitbar zu sein; zweitens aber w\u00fcrde wenigstens bei der vermutheten Abweichung des Eoth und Gelb einerseits und des Gr\u00fcn und Blau andererseits in entgegengesetzter Richtung sogar diese Berechnung des Nachbildwerthes aus denjenigen der Componenten mit dem f\u00fcr die Mischung unmittelbar gemessenen Nachbildwerth \u00fcbereinstimmen, da dieser thats\u00e4chlich zwischen denjenigen der Comple-ment\u00e4rfarben in der Mitte liegt.\nSelbst wenn man die Martius\u2019sche Methode der indirecten Helligkeitsvergleichung ges\u00e4ttigter Farben verschiedenen Tones anwendet, wonach man nicht die Farben selbst, sondern ihre weniger ges\u00e4ttigten Nachbilder auf einer gleichm\u00e4\u00dfig grauen Fl\u00e4che auf ihre Helligkeit hin vergleicht und somit bereits die quantitativen Verh\u00e4ltnisse der Helligkeitsnachbilder selbst beizieht, wird man nicht auch schon a priori behaupten k\u00f6nnen, die reinen Aequivalenzverh\u00e4ltnisse an Stelle der scheinbaren Helligkeiten aufgefunden zu haben, weil man eben doch noch nicht ein und das n\u00e4mliche Helligkeitsnachbild auf den verschiedenen Farben selbst durch subjective Ausgleichung gemessen, sondern wiederum Helligkeiten von verschiedenem, wenn auch wenig ges\u00e4ttigtem Farbentone, miteinander unmittelbar verglichen hat. \"Wenn die \u00e4quivalenten Intensit\u00e4ten der Complemen-t\u00e4rfarben wirklich in entgegengesetzter Richtung von der scheinbaren Helligkeitsgleichheit abweichen, wird ja die Sch\u00e4tzung des complemen-t\u00e4ren Nachbildes gerade in entgegengesetzter Richtung von der \u00e4quivalenten Helligkeit abweichen. Dabei kann die Abweichung von der \u00bbscheinbaren\u00ab Helligkeitsgleichheit auf Grund der verschiedenen F\u00e4rbung beider Seiten des Nachbildes durch die Ver\u00e4nderung der absoluten Helligkeit auf Grund des Nachbildes gerade ausgeglichen sein, so dass also wirklich ein \u00e4quivalentes Helligkeitsverh\u00e4ltniss im Urbild zur Erzielung der von Martius gesuchten scheinbaren Helligkeitsgleichheit im Nachbilde nothwendig w\u00e4re, oder es kann die letztere Gleichheit auch wiederum gerade bei der \u00bbscheinbaren\u00ab Helligkeitsgleichheit im Urbilde eintreten, oder endlich kann auch ein Mittleres aus beidem zutreffen. Auch hier kann keine Probe durch Mischungen, sondern eben nur die Vergleichung der Werthe mit den beiden anderen in ihrer Weise gewonnenen Werthen entscheiden. Da in dieser Arbeit nur \u00bb\u00e4quivalente\u00ab und \u00bbscheinbare\u00ab Helligkeiten ver-","page":568},{"file":"p0569.txt","language":"de","ocr_de":"Der Feehner-Helmholtz\u2019sche Satz \u00fcber negative Nachbilder u. s. w. 569\nglichen werden sollen, sind \u00fcberhaupt noch keine Messungen nach der Martius\u2019schen Methode ausgef\u00fchrt worden. Mit dieser Abgrenzung ist nat\u00fcrhch gar nichts gegen die Brauchbarkeit und Feinheit der Methode selbst eingewandt. Die erstere wird wie gesagt bei einer thats\u00e4chlichen Abweichung von \u00bbscheinbarer\u00ab und f\u00fcr Nachbild-reactionen \u00bb\u00e4quivalenter\u00ab Helligkeit durch eine Feststellung des Verh\u00e4ltnisses der Werthe nach der Martius\u2019schen Methode zu diesen beiden anderen durch ausdr\u00fccklich hierauf bez\u00fcghche Versuche vervollst\u00e4ndigt werden k\u00f6nnen. Die Pr\u00e4cision aber h\u00e4ngt nur von der relativen Deutlichkeit und Eindeutigkeit ab, niit welchei sich dei spe-cielle dieser Methode zugeordnete Werth aus den benachbarten Hellig-keitsstufen heraushebt, und diese sichere Abgrenzung ist durch die bisherigen Versuche von Martius selbst bereits hinreichend dai-gethan worden.\n2. Neben dieser ersten Aufgabe einer Bestimmung der \u00e4quivalenten Helligkeitsverh\u00e4ltnisse der verschiedenen m\u00f6glichst homogen gew\u00e4hlten Farben f\u00fcr Helligkeitsnachbilder bei Hell- und Dunkeladaptation steht aber nun als ZAveites ungleich schwierigeres Problem der Abschluss der Untersuchung \u00fcber den Betrag des negativen Farbennachbildes nach \u00bbErm\u00fcdung\u00ab durch eine homogene Farbe, wenn beliebige andere homogene Farben von einer bestimmten Intensit\u00e4tsstufe reagiren, also die Ausarbeitung der Analogie zum Fechner-Helmholtz\u2019schen Satze f\u00fcr die Abh\u00e4ngigkeit des farbigen Nachbildes von der reagirenden Wellenl\u00e4nge. Hier war zun\u00e4chst erst noch die Vorfrage endg\u00fcltig zu entscheiden, ob das Farbennachbild auf einem von der Erm\u00fcdungsfarbe beliebig verschiedenen Farbentone nur als constante Beimischung existirt oder nach dem Fechner-Helmholtz\u2019schen Satze eine der reagirenden Intensit\u00e4tsstufe proportionale Verschiebung bedeutet. Es waren also zun\u00e4chst noch weiterhin verschiedene Intensit\u00e4ten einer von der Erm\u00fcdungsfarbe selbst und ihrem Oomplemente gleich entfernten Farbe beizuziehen, was bisher nur durch Messung eines Nachbildes von Blau auf verschiedenen Stufen des Roth geschehen war1). Au\u00dferdem mussten aber dann auch die Nachbilder ihrem absoluten \u2022 Werthe nach auf einer bestimmten Intensit\u00e4tsstufe m\u00f6glichst vieler homogener\n*) Philos. Studien XVII, S. 406.","page":569},{"file":"p0570.txt","language":"de","ocr_de":"570\nWilhelm Wirth.\nFarben bestimmt werden, um zu entscheiden, ob die vielleicht f\u00fcr die eine oder die andere bei der Erm\u00fcdung unbetheiligte Farbe wirklich aufgefundene Befolgung des Fechner-Helmholtz\u2019schen Satzes nicht doch blo\u00df auf zuf\u00e4lligen unvermeidlichen Beimischungen der bei der Erm\u00fcdung selbst betheiligten Farbe bezw. ihrer \u00bbGegenfarbe\u00ab beruhe, in welchem Falle f\u00fcr eine von der Erm\u00fcdungsfarbe und ihrem Complemente gleich weit entfernte Beac-tionsfarbe ein betr\u00e4chtlich geringerer Betrag des zur reagirenden Intensit\u00e4t proportionalen Werthes zu erwarten w\u00e4re. Hierin ber\u00fchrt sich dieses Problem aber dann auch wiederum mit dem vorigen, das sich auf die \u00e4quivalenten Helligkeitsverh\u00e4ltnisse bezog. Es fragt sicli n\u00e4mlich, welche Intensit\u00e4tsverh\u00e4ltnisse der verschiedenen Wellenl\u00e4ngen f\u00fcr jene Vergleichung des Betrages der farbigen Nachbilder als \u00e4quivalent\u00ab zu betrachten sind, und werden sich die entsprechenden Folgerungen auch hier am besten dadurch ergeben, dass f\u00fcr s\u00e4mmt-liche reagirende Farben der verschiedenen Wellenl\u00e4ngen wiederum durchweg das n\u00e4mliche Verh\u00e4ltnis der \u00bbscheinbaren\u00ab Helligkeits-gleichheit beibehalten wird. Dabei war denn auch diese Frage hinsichtlich des farbigen Nachbildes ebenso f\u00fcr beide Adaptationsarten zu untersuchen.\nIn einem wesentlichen Punkte musste ich allerdings hinter dem noch im zweiten Theile ausgesprochenen Plane Zur\u00fcckbleiben. L\u00e4ngere Vorversuche, welche sogar die Fortsetzung dieses dritten Theiles einigerma\u00dfen mit verz\u00f6gern halfen, hatten die urspr\u00fcnglich hergestellte Uebertragung der Versuchsanordnung auf objectiv projicirte Spektralfarben als unzweckm\u00e4\u00dfig erscheinen lassen, da nicht nur die Ausdehnung der homogenen und gleichm\u00e4\u00dfig hellen Fl\u00e4chen, sondern auch die Reinheit der einzelnen Stellen bei hinreichender Intensit\u00e4t der Einzelfarben eine zu geringe war. Die subjective Beobachtung war hingegen bei der zeitlichen Ausdehnung solcher Versuche f\u00fcr das Auge allzu angreifend. Demgegen\u00fcber kam der gro\u00dfe Vortheil in Betracht, den eine beliebige Ausdehnung der gleichm\u00e4\u00dfig hellen farbigen Fl\u00e4chen und ihre pr\u00e4cise Aneinanderf\u00fcgung bei Verwendung von Strahlenfiltern vor der elektrischen Projectionslampe darbietet, endlich auch die Leichtigkeit einer entsprechenden, das Auge wenig-erm\u00fcdenden Anordnung zu objectiver Beobachtung der projicirten Farben. Dabei bew\u00e4hrte sich insbesondere eine Fortbildung der","page":570},{"file":"p0571.txt","language":"de","ocr_de":"Der Feeliner-Helmlioltz\u2019sche Satz \u00fcber negative Nachbilder u. s. w. 571\nbisher noch allzu wenig ausgen\u00fctzten Verwendung von Gelatine-combinationen nach Kirschmann zugleich unter Einbeziehung farbiger Gl\u00e4ser und fl\u00fcssiger Medien, bei gr\u00f6\u00dfter Freiheit in der Combination in Folge des Verzichts auf die Aufnahme dieser, Objecte in die Fpiskotister, die in diesem Falle ausschlie\u00dflich die vom Strahlenfilter bereits gef\u00e4rbten Lichter abzud\u00e4mpfen hatten. Die beliebige Auswahl der Stellen des Spektrums ist damit nat\u00fcrlich einigerma\u00dfen beschr\u00e4nkt und wird eine solche ohne Verzicht auf die hinreichende Ausdehnung der Farbenfelder \u00fcberhaupt nur noch von der an sich ja wohl m\u00f6glichen Uebertragung der Methode auf eine Anordnung mit subjectiv betrachteten Spektralfarben erreicht werden k\u00f6nnen, welche nach dem hier gebotenen ausf\u00fchrlichen Ueberblick \u00fcber das gesammte Gebiet speciellere Einzelfragen ohne Ueberanstrengung des Auges wird controlliren k\u00f6nnen. Die Hauptfrage, die uns hier indessen besch\u00e4ftigt, oh eine etwaige Einschr\u00e4nkung der dem Fech-ner-Helmholtz\u2019schen Satze folgenden Farbenverschiebungen auf einen engeren Bezirk um die erm\u00fcdende Farbe u. dergl. besteht, sowie die Frage nach den besonderen Reactionsconstanten im Falle einer Ausdehnung \u00fcber das gesammte Spektrum, muss ja schlie\u00dflich auch bei der Verwendung beliebiger Stellen innerhalb des Spektrums gel\u00f6st werden k\u00f6nnen, wenn nur diese Stellen weder bei der Er-m\u00fcdungs- noch hei der Reactionsfarbe im einzelnen nicht \u00fcber eine zu gro\u00dfe Strecke ausgedehnt sind und von den Grund- oder Urfarben, f\u00fcr welche eine gegenseitige Unabh\u00e4ngigkeit in Frage kommen k\u00f6nnte, wenigstens nicht allzu weit abliegen, und wenn diese Farben au\u00dferdem noch mit ebenso eng begrenzten Stellen verglichen werden, die von solchen Theorien ausdr\u00fccklich als Zwischenfarben anerkannt werden. Eine in dieser Weise \u00fcber das ganze Spektrum passend vertheilte Reihe erm\u00fcdender und reagirender Farben wird die von uns gesuchten Functionen einstweilen hinreichend genau \u00fcberblicken lassen. Nachdem \u00fcbrigens der erste Theil dieser zweiten Frage einmal in bestimmtem Sinne beantwortet war, erschien diese ganze Frage der Auswahl bestimmter Stellen des Spektrums in einem ganz anderen Lichte, und handelte es sich neben der oben charakteri-sirten Auswahl m\u00f6glichst homogener Farbent\u00f6ne vor allem nur noch um die genaue Einhaltung bestimmter Intensit\u00e4tsstufen. F\u00fcr diese letzteren aber wurden nach Erreichung einer gro\u00dfen Uebung","page":571},{"file":"p0572.txt","language":"de","ocr_de":"572\nWilhelm Wirth.\nin der Helligkeitsvergleichung sehr sichere Werthe gewonnen, die auch durch die ganze Arbeit hindurch v\u00f6llig constant erhalten werden konnten. Dabei kam es weniger auf den absoluten Betrag dieser ein f\u00fcr alle Mal festgehaltenen Intensit\u00e4tsstufe, als eben auf die sichere Bestimmung des gegenseitigen Verh\u00e4ltnisses an. Bei den fr\u00fcheren Messungen negativer Farbennachbilder, z. B. denjenigen von 0. Hess, war stets die Erm\u00fcdungsfarbe auf dunklem Grunde fixirt, und dann die reagirende Farbe an der erm\u00fcdeten Stelle und ihrer Nachbarschaft dargehoten worden, um die erm\u00fcdete und eine unerm\u00fcdete Stelle miteinander auszugleichen. Wie schon fr\u00fcher erw\u00e4hnt wurde, war hierdurch nat\u00fcrlich kein reines Farbennachbild, sondern ein aus Helligkeits- und Farbenver\u00e4nderung comhinirtes Nachbild entstanden, w\u00e4hrend bei meinen eigenen ersten Versuchen reine Farbennachbilder durch Fixation der Farbe neben einem gleich hellen grauen oder andersfarbigen Felde erzeugt worden waren. Besondere Versuche hatten aber gezeigt, dass auch bei der Ausgleichung des Nachbildes, welches von der Farbe auf schwarzem Grunde abgeleitet worden war, im allgemeinen eine einheitliche Helligkeitsund Farbenausgleichung gefunden wurde, wenn das Nachbild auf der Farbe selbst mit ihrer an sich stets nur mittleren Helligkeitsstufe gemessen wurde. Nur bei der Projection auf Wei\u00df war der Zerfall der Helligkeits- und Farbenausgleichung besonders deutlich. Wegen der Einfachheit der Anordnung f\u00fcr die Erzeugung und Messung des Nachbildes von der in dunkler Umgebung betrachteten Farbe wurden daher auch diesmal die farbigen Nachbilder in den meisten Beihen in dieser Weise hergestellt. Dabei entschied die Erwartung, dass z. B. jene in Frage stehende Herabsetzung des Farbennachbildes hei der Beaction der an der Entstehung der Erm\u00fcdung zun\u00e4chst unbetheiligten Farben auch trotz des gleichzeitigen Helligkeitsnachbildes, das nat\u00fcrlich auf jeder beliebig gef\u00e4rbten Helligkeit proportional ihrer St\u00e4rke zur Geltung kommen musste, darin zu Tage treten m\u00fcsste, dass eben im Gegensatz zu der Messung auf der Erm\u00fcdungsfarbe selbst ein deutliches Auseinanderfallen von Helligkeits- und Farbenausgleichung erfolgen m\u00fcsste. F\u00fcr die reinen Helligkeitsnachbilder war diese Entstehung ja ohnehin selbstverst\u00e4ndlich, da sie ja durch Fixation von Wei\u00df in schwarzer Umgehung abgeleitet werden sollten. Trotzdem wurde die ganze Frage","page":572},{"file":"p0573.txt","language":"de","ocr_de":"Der Fechner-Helmholtz\u2019sche Satz \u00fcber negative Nachbilder u. s, w. 573\nf\u00fcr die farbigen Nachbilder wenigstens f\u00fcr den einen Haupttbeil der Untersuchung bei Helladaptation noch einmal besonders f\u00fcr reine Farbennachbilder abgeleitet, wobei also wiederum in der ganzen Ausdehnung des zur Messung beigezogenen reagirenden Feldes vom Anfang der Fixation an gleiche Helligkeit herrschte, indem die \u00bberm\u00fcdende\u00ab Farbe mit Grau oder ihrer Complement\u00e4rfarbe combinirt wurde.\nDass alle Messungen, \u00fcber welche in diesem abschlie\u00dfenden Tbeile berichtet ist, ausschlie\u00dflich von mir selbst ausgef\u00fchrt wurden, wird nach allem, was ich fr\u00fcher \u00fcber solche Nachbildbestimmungen ausgef\u00fchrt habe, kaum als ein Nachtheil der Arbeit betrachtet werden. Wer wei\u00df, dass eine brauchbare Ausf\u00fchrung derartiger Messungen subjectiver Erscheinungen eine fortw\u00e4hrende gro\u00dfe Uehung erfordert, wie sie einem Theilnehmer von einigen Wochenstunden noch dazu bei stetigem Uebergang zu neuen Theilen der Arbeit seitens des inzwischen stets weiter arbeitenden Experimentators niemals zur Verf\u00fcgung steht, wird das Gef\u00fchl der Sicherheit niemals durch solche gelegentliche fremde Controllen, sondern nur durch stets erneute eigene Nachpr\u00fcfung zu steigern suchen, wie denn auch die meisten Versuche einer dreimaligen Durchpr\u00fcfung mit jeweils vielen Einzelversuchen entstammen. Als gleichwerthige Controlle seitens fremder Personen k\u00f6nnen daher f\u00fcr derartige Versuche immer nur ebenso ausgedehnte Beobachtungen von einer Person betrachtet werden.\n2. Die Versuchsanordnung.\nBei der bisherigen Verwendung von rotirenden Gelatinescheiben vor der Projectionslampe konnte die Messung eines Farbennachbildes leicht in der n\u00e4mlichen reagirenden Intensit\u00e4tsstufe erfolgen, in welcher das Nachbild selbst entstanden war. Es brauchte hierzu nur die erm\u00fcdende und die reagirende Farbe von gleicher Helligkeit in der seinerzeit ausf\u00fchrlich beschriebenen Weise auf verschiedene Sectoren der Scheibe vertheilt zu werden, die am Marbe\u2019schen Bo-tationsapparate mit einem Episkotister combinirt war, vor dessen constanter Oeffnung je nach ihrer Verdrehung gegen ihn die Farben in verschiedenen Ausdehnungsverh\u00e4ltnissen zu stehen kamen. Sobald jedoch zur Herstellung m\u00f6glichst homogenfarbiger Medien compli-cirtere Strahlenfilter zur Verwendung kommen, die nicht mehr","page":573},{"file":"p0574.txt","language":"de","ocr_de":"574\nWilhelm Wirth.\nnebeneinander auf dem Rotationsapparat selbst angebracht werden k\u00f6nnen, vollzieht man die subjective Ausgleichung des Nachbildes auf der neuen reagirenden Farbe am besten in der Weise, dass man \u00fcber das ganze zur Messung beigezogene Feld die neue reagirende Farbe gleichm\u00e4\u00dfig vertheilt und zugleich an jeder Stelle den gleichen entsprechend auszuw\u00e4hlenden Bruchtheil der bei der Erm\u00fcdung daselbst wirksam gewesenen Farbe, bezw. farblosen Helligkeit superponirt. Wie schon im Anfang und weiteren Verlauf des zweiten Theiles erw\u00e4hnt wurde, kann ja auf diesem Wege f\u00fcr jede beliebige Ausf\u00fcllung des Sehfeldes bei der Entstehung und Entwicklung des Nachbildes (wenigstens innerhalb eines kleineren Feldes und ohne allzu gro\u00dfe Abweichungen von der urspr\u00fcnglichen Intensit\u00e4tsstufe) eine vollst\u00e4ndige Ausgleichung der subjectiven Differenzen erfolgen. Diese Superposition eines durch die Messung selbst erst zu ermittelnden Bruch-theiles der bisherigen Erm\u00fcdungsfarben wurde am einfachsten dadurch bewerkstelligt, dass vor die gesammte Lichtquelle f\u00fcr die erm\u00fcdende Farbencombination ein Episkotister am Marbe\u2019schen Rotationsapparat gestellt wurde, dessen Sectoren\u00f6ffnungnach dem Abschluss der Erm\u00fcdung und der Projection der reagirenden Farbe auf das ganze Feld unter Festhaltung der Fixation des Auges bis zur subjectiven Ausgleichung des Nachbildes variirt wurde. Wenn die reagirende Intensit\u00e4tsstufe die erm\u00fcdende nur wenig \u00fcbertrifft, wird diese Ausgleichung des Nachbildes immer mit einer Herabsetzung der erm\u00fcdenden Farbe, also mit einer Verminderung der bisherigen Sec-toren\u00f6ffnung des Episkotisters erreicht werden k\u00f6nnen, wie es in allen unseren Versuchen m\u00f6glich war. Uebertrifft jedoch die erm\u00fcdende Intensit\u00e4t die reagirende zu sehr, so wird eine zu kleine Oeffnung nothwendig, welche die Differenzen unter den verschiedenen Versuchsbedingungen nicht mehr hinreichend hervortreten l\u00e4sst. Bei der ungef\u00e4hren Gleichheit der erm\u00fcdenden und reagirenden Intensit\u00e4t konnten hinreichend gro\u00dfe Sectoren\u00f6ffnungen zur Ausgleichung des Nachbildes erreicht werden. Der Episkotister bestand aus zwei Kartonscheiben mit je zwei undurchsichtigen Sectoren von 90\u00b0. In der Ausgangsstellung des Einstellungshebels am Marbe\u2019schen Apparate deckten sich die undurchsichtigen Sectoren beider Scheiben genau und lie\u00dfen somit zun\u00e4chst immer die H\u00e4lfte der gesammten Licht-","page":574},{"file":"p0575.txt","language":"de","ocr_de":"Der Fechner-Helmlioltz\u2019sche Satz \u00fcber negative Nachbilder n. s. w. 575\nmenge als erm\u00fcdende Intensit\u00e4t nach der vom Beobachter fixirten Projectionsfl\u00e4che hindurchgehen. Zur Erzielung m\u00f6glichst homogenen Lichtes war aber vor allem auch die m\u00f6glichst starke und wei\u00dfe Lichtquelle der elektrischen Bogenlampe nothwendig, welche m\u00f6glichst viel Glas, Gelatine und Fl\u00fcssigkeiten mit verschiedenen Absorptionsspektren ohne ein Herabsinken der Lichtst\u00e4rke unter die gew\u00fcnschte Intensit\u00e4t m\u00f6glich machte. Au\u00dferdem musste aber sowohl f\u00fcr das erm\u00fcdende, wie f\u00fcr das reagirende Licht m\u00f6glichst viel Freiheit in\nFig. 1.\nder Anordnung der Strahlenfilter erlangt werden und vor allem auch jene zuerst geschilderte Episkotister-Yomchtung f\u00fcr das erm\u00fcdende Licht in bequemster Weise angebracht werden k\u00f6nnen. Beides wurde am vollkommensten dadurch erreicht, dass f\u00fcr das erm\u00fcdende und f\u00fcr das reagirende Licht je eine besondere elektrische Bogenlampe verwendet wurde. Der Grundriss der ganzen Anordnung, Fig. 1, zeigt im Schema mit dem Ma\u00dfstahe 1: 20 auf dem Tische T die beiden Bogenlampen Ei und E2 je in einem bis auf eine einzige Oeffnung v\u00f6llig lichtdichten Kasten Kt und IC2 verschlossen. Die Differentiallampe Ej, die frei auf ihrer im Grundriss angedeuteten Brettunterlage","page":575},{"file":"p0576.txt","language":"de","ocr_de":"576\nWilhelm Wirth.\nstand, wurde f\u00fcr das erm\u00fcdende Liclit verwendet, die geschlossene Pro-jectionslampe E2, die schon in meinen fr\u00fcheren Anordnungen vorkam, f\u00fcr das reagirende. Der Beobachter befand sich an der Kinnst\u00fctze K an der Seite des Tisches T, und sah nach dem wei\u00dfen Papierschirm PP. Auf die dem Beobachter zugekehrte Vorderseite des Schirmes wurde das reagirende Licht aus Lampe E2 projicirt, das erm\u00fcdende Licht schien hingegen von r\u00fcckw\u00e4rts durch das Papier von PP hindurch. Zu diesem Zwecke war das Papier \u00fcber einen geschw\u00e4rzten Karton gespannt, in welchen vor der Oeffnung o des Kastens E1 ein kleines rechteckiges Fenster von 2 X 3 cm eingeschnitten war, dessen R\u00e4nder unmittelbar am wei\u00dfen Papier auflagen, so dass das durchscheinende Licht mit ganz scharfen Oonturen begrenzt war. In der Mitte des linken Randes war ein kleines Kreuz als Fixationsmarke angebracht. Das Fenster befand sich gerade in Augenh\u00f6he des Beobachters. Wie die Figur zeigt, war die Lampe Et mit ihrem Lichtbogen in F m\u00f6glichst nahe an die Wand ihres Kastens A, und den unmittelbar an der Wand anliegenden Schirm heranger\u00fcckt, um ohne weitere Concentration ihrer Strahlen auf dem Fenster in P noch hinreichend stark zu leuchten. Doch war auch in dieser geringen Entfernung das kleine Feld ganz gleichm\u00e4\u00dfig erleuchtet. Vor der Oeffnung o des Kastens A, war ein kleiner Rahmen aus Pappe befestigt, in welchen die Strahlenfilter eingeschoben werden konnten. Dabei kamen f\u00fcr das erm\u00fcdende Licht ausschlie\u00dflich Trockenfilter zur Verwerthung, welche nur einen relativ schmalen Raum einnehmen. Unmittelbar hinter der Oeffnung o innerhalb des Kastens Aj rotirten die Scheiben ss des Episkotisters am Marbe\u2019schen Rotationsapparate M, der gleich neben den S\u00e4ulen der Lampe auf einem eigens hierzu ausgeschnittenen Brette angebracht war, damit die Scheibe ohne eine allzu gro\u00dfe Ausdehnung die Oeffnung o vollst\u00e4ndig abschlie\u00dfen konnte. Die ganze Vorrichtung war mitsammt der Transmission t und dem Elektromotor R zum Betrieb des Episkotisters in den Kasten A, aufgenommen, der zu diesem Zwecke besonders gro\u00df gew\u00e4hlt und \u00fcber das Tischbrett von T hinaus mit einer besonderen Brettunterlage versehen war. Besonders f\u00fcr die Versuche bei Dunkeladaptation war dieser vollkommen lichtdichte Abschluss der ganzen Anordnung bei der St\u00e4rke der eingeschlossenen Lichtquelle unerl\u00e4sslich. Den r\u00fcckw\u00e4rtigen Verschluss des Kastens bildete ein gef\u00fctterter, v\u00f6llig","page":576},{"file":"p0577.txt","language":"de","ocr_de":"Der Fecliner-Helmlioltz\u2019sche Satz \u00fcber negative Nachbilder u. s. w. 577\nlichtdichter, aber doch leicht zur\u00fcckschlagbarer Vorhang, der jederzeit im Inneren des Kastens bequem hantiren und die Ablesungen am Episkotister vornehmen lie\u00df. Letztere erfolgten sehr bequem unter der Beleuchtung der Lampe Ej selbst, die nach r\u00fcckw\u00e4rts gegen den Ablesenden durch den Blechschirm S abgeblendet war. Die Z\u00fcgelvorrichtung f\u00fcr die Selbsteinstellung des Marbe\u2019sehen Rotationsapparates f\u00fchrte durch m\u00f6glichst enge und mit Tuch weiterhin abgeblendete Oeffnungen an dem unteren Rande des Kastens heraus nach dem Platze des Beobachters in N, wo sie durch eine Schraubenvorrichtung in jeder beliebigen Einstellung bequem fixirt werden konnte. An der Vorderseite des Kastens f\u00fcr das reagi-rende Licht befand sich zun\u00e4chst noch vor der \u00e4u\u00dferen Projections-linse L, die ebenfalls durch einen lichtdichten Schacht mit der Oeff-nung des Kastens verbunden war, das Diaphragma DD, dessen rechteckige Oeffnung in allen vier R\u00e4ndern beliebig verschiebbar war, so dass das Projectionsbild seiner Oeffnung auf dem Schirm PP ohne sonstige Verschiebung der Apparate innerhalb eines gr\u00f6\u00dferen Bezirkes beliebig mit stets genauen Conturen eingestellt werden konnte. Die Strahlenfilter konnten au\u00dfen vor die Linse L aufgesetzt werden. Dabei waren hier auch sehr ausgedehnte fl\u00fcssige Strahlenfilter zu verwerthen, und konnte zur Erzielung eines m\u00f6glichst homogenen Gelb um die D-Linie eine Variation des Lippich-schen Strahlenfilters in einem l\u00e4ngeren schwarzen Kasten unmittelbar vor der Linse L angebracht werden. Der projicirte Strahlenkegel konnte bei seiner Concentration in dieser Gegend bei einer Oeffnung dieses Kastens 5 X 5 cm ungehindert und ohne Reflexion an den Seitenw\u00e4nden der Glastr\u00f6ge s\u00e4mmtliche Medien in einer Ausdehnung von ca. 20 cm passiren. Au\u00dferdem konnte vor die ganze Projections-vorrichtung noch ein besonderer Episkotister D gestellt werden, welcher die Intensit\u00e4t des reagirenden Lichtes beliebig abzustufen erlaubte. Diese neben ihrer Genauigkeit gleichzeitig bequemste Anordnung, welche zugleich bei Dunkeladaptation benutzt wurde, soll sp\u00e4terhin als Anordnung A citirt werden. Vor der hier beschriebenen Stellung des Mar be\u2019sehen Rotationsapparates innerhalb des Kastens Kr war derselbe in einer Versuchsgruppe, wo es in der Tabelle besonders angegeben sein wird, vor dem Projectionsschirm P zur Verwendung gekommen, wobei zugleich f\u00fcr die Lampe E1 nur ein ganz kleiner","page":577},{"file":"p0578.txt","language":"de","ocr_de":"578\nWilhelm Wirth.\nKasten noting war. Der Apparat befand sich dann nat\u00fcrlich in der umgekehrten Stellung, die als M1 in Fig. 1 schraffirt ist. Dabei war die Scheibe des Episkotisters selbst zugleich Projectionsfl\u00e4che f\u00fcr das reagirende Licht aus der Lampe \u00c6>. Die beiden undurchsichtigen Quadrantenscheiben waren mit dem n\u00e4mlichen wei\u00dfen Papier \u00fcberzogen, wie der Schirm P, vor dem sie bei der Rotation unmittelbar ganz glatt ohne Schatten aufschleiften, und war somit die Stellung des Episkotisters f\u00fcr das reagirende Licht ganz gleichg\u00fcltig. Dieses wurde stets von einer durchaus wei\u00dfen Papierfl\u00e4che reflectirt und kamen die Unebenheiten, die bei ruhendem Episkotister vorhanden gewesen w\u00e4ren, bei seiner Rotation w\u00e4hrend des ganzen Versuches in Wegfall. Das erm\u00fcdende Licht wurde jedoch ebenso wie bei der zuerst beschriebenen Stellung des Episkotisters hinter dem Papierschirm jederzeit der Stellung der Sectoren entsprechend abged\u00e4mpft. Hinsichtlich der Reizqualit\u00e4ten stimmte also diese weiterhin als Anordnung B bezeichnete Vorrichtung mit der vorhin geschilderten vollkommen \u00fcberein, doch war die Anbringung einer sehr auff\u00e4lligen (schwarzen) Eixationsmarke auf dem Papierschirme P nothwendig, die auch noch bei der zur Ausgleichung des Nachbildes vorhandenen Sectoren\u00f6ffnung hindurchgesehen werden konnte. Au\u00dferdem war die reagirende Helligkeit bei Anordnung B um ungef\u00e4hr ein Drittel derjenigen bei Anordnung A vermehrt, da eine st\u00e4rker concentrirende Linse mit gr\u00f6\u00dferer Oeffnung an Stelle von L zur Verwendung kam. Das Verh\u00e4ltnis der beiderseitigen mittleren Intensit\u00e4ten lie\u00df sich aus demjenigen der entsprechenden Nachbild wer the selbst ermitteln.\nDie fortw\u00e4hrend neben den Versuchen zur Controlle parallel gehenden Helligkeitsbestimmungen der reagirenden Farben waren in Anordnung B deshalb nicht auf dem beim Versuche selbst reflectirenden Papiere des rotirenden Episkotisters m\u00f6glich, weil das auf die rotirende Scheibe projicirte Bild nicht durch hinreichend scharfe Conturen gegen das durchscheinende, zugleich als Photometer dienende Feld abgegrenzt war, wie es ja zwar zur Nachbildmessung bei der Verwendung des reagirenden Feldes in seiner ganzen Breite v\u00f6llig unn\u00f6thig, f\u00fcr die Helligkeitsbestimmungen aber unbedingt erforderlich war. Zu diesen letzteren wurde daher bei dieser Anordnung B ein besonderer, ebenfalls mit Fenster versehener und mit dem n\u00e4mlichen Papier \u00fcberzogener Schirm vor die zur Projection verwendete Seite des Rota-","page":578},{"file":"p0579.txt","language":"de","ocr_de":"Der Fechner-Helmholtz\u2019sche Satz \u00fcber negative Nachbilder u. s. \\v.\t579\ntionsapparates geschoben und der letztere dann wiederum nur als einfacher Episkotister f\u00fcr das variable Vergleichslicht verwendet. Das erm\u00fcdende wei\u00dfe Licht wurde also zugleich als Vergleichslicht gebraucht. Bei der an erster Stelle beschriebenen Anordnung A war hingegen die zum Helligkeitsvergleich nothwendige scharfe Oontur zwischen dem projicirten und durchscheinenden Felde ohne irgend eine weitere Ab\u00e4nderung zu erreichen, als dass man die eine Seite des Diaphragmas etwas weiter hineinschob, so dass das Bild eben nicht mehr das Fenster in PP \u00fcberdeckte, und an Stelle des Strahlenfilters vor der Lampe Kt so viel Milchglas einsetzte, dass dieses Vergleichslicht weit genug abged\u00e4mpft wurde, um hinreichend gro\u00dfe Sectoreneinstellungen am Marbe \u2019sehen Apparate f\u00fcr die Herstellung eines der reagirenden Farbe gleich hellen Grau zu ergeben. Es waren dann f\u00fcr die Angleichung s\u00e4mmtlicher Reactionsfarben an das n\u00e4mliche Grau die g\u00fcnstigsten Bedingungen f\u00fcr den Vergleich zweier unmittelbar benachbarter Felder gegeben. Und \u00e4hnlich konnte umgekehrt zur Sch\u00e4tzung der Intensit\u00e4t des erm\u00fcdenden Lichtes verfahren werden. Das gesammte Bild der reagirenden Farbe, welches f\u00fcr die Nachbildmessung beigezogen wurde, war hierbei nicht gr\u00f6\u00dfei; gew\u00e4hlt worden, als dass es das kleine Nachbildfenster bei o eben \u00fcberdeckte und nach der linken Seite vom Beobachter aus gerechnet zu einem doppelt so breiten Rechteck erg\u00e4nzte. Hierdurch war dann vor allem auch f\u00fcr die Helligkeitsbestimmungen der Vortheil erreicht, dass man bei Verwendung des Fensters in P als Vergleichslicht zun\u00e4chst keine Herabminderung des Feldes f\u00fcr die reagirende Farbe vorzunehmen brauchte, um die Vergleichung nicht durch ungleiche Gr\u00f6\u00dfe der Fl\u00e4chen zu erschweren, und dass diese Bestimmungen unter ganz den n\u00e4mlichen Bedingungen, besonders bei der n\u00e4mlichen Gesammtausdehnung des gleich hellen Feldes auf dunklem Grunde vorgenommen wurden, wie sie auch f\u00fcr die Nachbildmessung selbst gegeben waren.\nDie \u00fcbrige Einrichtung f\u00fcr eine exacte Abgrenzung der Fixationszeit zur Entstehung des Nachbildes und das gleichzeitige Auftreten der reagirenden Farbe war der im zweiten Theile beschriebenen Anordnung unter Zuh\u00fclfenahme des Contactapparates U mit den Elementen A| A.2 ganz analog, so dass ich hier nur auf jene fr\u00fcheren Ausf\u00fchrungen zu verweisen brauche. Die Oeffnung des ersten Con-\nWun dt, Philos. Studien. XVIII.\t3g","page":579},{"file":"p0580.txt","language":"de","ocr_de":"580\nWilhelm Wirth.\ntactes nach dem vorangegangenen Signal lie\u00df die Blende vom Magneten Hi vor dem Schirme PP herabfallen, so dass das erm\u00fcdende Licht sichtbar wurde. Nach Unterbrechung des zweiten Contactes l\u00f6ste sich dann die als einarmiger Hebel drehbare Blende B2 vom Magneten H2, die je nach der Ausdehnung der Strahlenfilter auch weiter von der Linse L entfernt aufgestellt werden konnte, und lie\u00df das reagirende Licht auf den Schirm P fallen, womit zugleich ohne weiteres das Signal zur Ausgleichung des Nachbildes gegeben war.\nDie ganze Anordnung stand ' nun im Dunkelzimmer und waren auch alle Theile der Anordnung wom\u00f6glich schwarz gef\u00e4rbt, so dass sowohl die verwendeten Farbenreize ausschlie\u00dflich an den gew\u00fcnschten Stellen in den gew\u00e4hlten Ma\u00dfen zur Geltung kamen, als auch wenn noting eine vollkommene Dunkeladaptation erreichbar war. Die mittlere Helligkeitsadaptation wurde durch die gew\u00f6hnliche Beleuchtung des Zimmers mit elektrischen Gl\u00fchlampen erreicht, nachdem man sich einige Zeit in dem Zimmer aufgehalten hatte, und wurde w\u00e4hrend der ganzen Yersuchszeit strenge festgehalten. Bei Helladaptation war also zugleich eine etwas nach Gr\u00fcnblau hin verschobene Gesammt-stimmung des Auges vorhanden. Zwischen je zwei Versuchen einer Leihe waren mindestens 10 Minuten Pause eingehalten und etwaige Beste farbiger Adaptationen durch die reagirenden Farben durch fortw\u00e4hrenden Wechsel derselben innerhalb der Beihe gegenseitig ausgeglichen, was hei der ganzen Versuchsanordnung, die auf m\u00f6glichst leichte Vertauschbarkeit der Strahlenfilter angelegt war, besonders einfach m\u00f6glich war. Die erm\u00fcdende Farbe wurde hingegen jeweils w\u00e4hrend einer ganzen Beihe mit dreimaliger Durchpr\u00fcfung aller reagirenden Farben unver\u00e4ndert beibehalten.\nDie Strahlenfilter f\u00fcr die verschiedenen Farben, deren Gelatineschichten stets zwischen zwei Gl\u00e4sern in luftdichter Papierumrahmung ausgespannt waren, wurden in \u00e4hnlicher Weise combinirt, wie es nun schon mehrfach vom Leipziger Institut aus ver\u00f6ffentlicht wurde. Man kann jedoch bei der Nachahmung solcher Zusammenstellungen niemals einfach wiederum die angegebenen Farben zusammenstellen, sondern muss dieselben wegen der niemals v\u00f6llig exacten Gleichheit der in den Handel kommenden Gl\u00e4ser und Gelatine von gleicher Bezeichnung jederzeit selbst\u00e4ndig bis zur Erzielung der gew\u00fcnschten Streifen im Spektrum neu combiniren. Deshalb will ich hier nur das","page":580},{"file":"p0581.txt","language":"de","ocr_de":"Der Fechner-Helmholtz\u2019sche .Satz \u00fcber negative Nachbilder u. s. w. 581\njeweils erreichte Endziel einer jeden Combination in der beim Versuch herrschenden Beleuchtung bei gro\u00dfer Spaltbreite von 9 mm anf\u00fchren und nur f\u00fcr den zum ersten Male verwendeten Trockenfilter f\u00fcr Gelb noch erw\u00e4hnen, dass bei ihm vor allem ein blaugrlines Glas und purpurfarbige Gelatine entscheidend war, wobei jenes alle Strahlen des sonst schwer zu beseitigenden \u00e4u\u00dferen Rothes, dieses aber alles Gr\u00fcn herausnahm. Orange beseitigte vor allem das Blau, w\u00e4hrend gegen Violett alle Medien zusammenwirkten. Im einzelnen bestand er aus dem\ngr\u00fcnen Glas (1 Scheibe),\n1\tLage Purpur-Gelatine,\n4 Lagen Orange-Gelatine,\n2\tLagen Gelbgr\u00fcn,\nso dass der Trockenfilter schlie\u00dflich einen ganz schmalen Streifen um die D- Li nie von circa 589 bis 566 u Wellenl\u00e4nge hindurchlie\u00df, woran sich auf Seiten des Gr\u00fcngelb eine im Verh\u00e4ltniss zur Helligkeit des Hauptstreifens sehr dunkle Region bis circa 546 jit und nach Orange ein schwacher Saum bis nur circa 592 anschloss. Damit war die Variation des Lippich\u2019schen Filters mit einer Fl\u00fcssigkeitsschicht Kalium-Dichromat von 10 cm, und Urano-Sulfat von 1,5 cm, der \u00fcbrigens auch bei dieser Dicke der Schichten zu einer auch nur ann\u00e4hernden Erreichung des Trockenfilters noch dessen gr\u00fcnen Glases zur Herausnahme des allerdings sehr schwachen \u00e4u\u00dfersten Rothes bedarf, in dem Hauptspektrum mindestens erreicht. Der ganze Streifen ist auch noch etwas symmetrischer zum reinen Gelb gelagert, in der Gesammtqualit\u00e4t aber von demselben kaum zu unterscheiden. Der Fl\u00fcssigkeitsfilter f\u00fcr Gelb mit Einschr\u00e4nkung des Spektrums auf circa 589 bis 566 /< mit dunklen R\u00e4ndern von circa 604 bis 554 \u00ab kam nur unter den reagirenden Farben zur Verwendung, weil hier der Trockenfilter wenigstens f\u00fcr die bei Helladaptation verwendete Gesammtintensit\u00e4t etwas zu dunkel war und nur im unmittelbar durchscheinenden Lichte hinter dem Papierschirm PP hell genug erschien. Eine Herstellung f\u00fcr gr\u00f6\u00dfere Helligkeitsstufen wird indessen leicht bei Verwendung eines ganz schwach gef\u00e4rbten gr\u00fcnen Glases von der hier nothwendigen Art m\u00f6glich sein, welches allerdings im Handel noch nicht zu haben ist, wie \u00fcberhaupt gerade diese Sorte bl\u00e4ulich-gr\u00fcnen Glases selten ist. Bei Dunkeladaptation konnte der Trockenfilter\n38*","page":581},{"file":"p0582.txt","language":"de","ocr_de":"582\nWilhelm Wirth.\nwegen der hier geringeren Gesammtintensit\u00e4t auch als reagirendes Licht Verwendung finden, was die Auswechslung der reagirenden Farben im Dunkeln bedeutend erleichterte. F\u00fcr die Tabellen und Curven ist weiterhin \u00fcberall der K\u00fcrze halber nur der Mittelwerth der Wellenl\u00e4ngen des gleichm\u00e4\u00dfig hellen Hauptstreifens angef\u00fchrt und derselbe f\u00fcr Gelb mit 578 p bezeichnet.\nDie \u00fcbrigen Farben wurden nun ebenfalls in 2 Serien einmal als erm\u00fcdende und als reagirende Farben hergestellt. Da f\u00fcr die Ver-gl\u00e9ichung eines und des n\u00e4mlichen Nachbildes auf den verschiedenen Farben vor allem alle reagirenden Farben von gleicher, nicht zu geringer Helligkeit sein mussten, so wurde hier die Einengung des Absorptionsspektrums zu Gunsten der gleichen Helligkeit eingeschr\u00e4nkt und der Fl\u00fcssigkeitsstrahlenfilter f\u00fcr Gelb mit je einer Lage Gelb und Gr\u00fcngelb in Gelatine als Ausgangspunkt genommen. Doch war die Verst\u00e4rkung der Intensit\u00e4t nur f\u00fcr Blau mit der Hinzunahme eines entlegenen Farbenrestes verbunden, wo ein \u00e4u\u00dferstes, wenn auch schwaches Roth mitgenommen wurde.\nDie reagirenden Farben waren im einzelnen:\n1)\tRoth (vom Anfang bis circa 604 p). in den Curven als 650 p angegeben.\n2)\tOrange circa 620 bis 580 p (Mitte circa 600 p).\n3)\tGelb (s. o.).\n4)\tGr\u00fcngelb circa 554 bis 539 p (vorher von circa 566 an dunkler Rand), Mitte circa 547 p.\n5)\tGr\u00fcn circa 530 bis 492 ft (R\u00e4nder bis 539, bezw. 480 p), Mitte circa 511 p.\n6)\tBlau (circa 700 bis 662 p dunkel), au\u00dferdem 500 bis 440 p, Haupthelligkeit 470 bis 450 p, also Mitte circa 460 p.\nF\u00fcr die Helladaptation war die Gleichheit der reagirenden Helligkeiten thats\u00e4chlich ohne Hinzunehmen eines Episkotisters ausschlie\u00dflich durch den Filter selbst erreicht worden, im Nothfalle unter Hinzunehmen farbloser Gl\u00e4ser und Gelatine. F\u00fcr die Dunkeladaptation wurden die in dieser Weise gewonnenen Filter unver\u00e4ndert verwerthet und kamen nur noch der Episkotister D sowie eine oder mehrere Lagen wei\u00dfen Transparentpapieres in drei St\u00e4rken vor der Projectionslampe E2 hinzu. (Das Papier war nat\u00fcrlich zwischen der","page":582},{"file":"p0583.txt","language":"de","ocr_de":"Der Fechner-Helmholtz\u2019sche Satz \u00fcber negative Nachbilder u. s. w. 588\nunmittelbar vor dem Bogenlicht befindlichen Linse und dem Diaphragma DD angebracht, zur Erhaltung der genauen Conturen im Projectionsbilde auf dem Schirme PP.) Es war also der oben genannte Strahlenfilter combinirt bei:\n1)\tRoth (ohne Transparenteinlage) mit 22\u00b0 Sectoren\u00f6ffnung.\n2)\tOrange mit 1 Lage feinem Transparentpapier und 180\u00b0 Oeff-nung.\n3)\tGelb (ohne Transparenteinlage) mit 32\u00b0 Oeffnung.\n4)\tGelbgr\u00fcn mit 1 Lage feinem Transparentpapier und 112\u00b0 Oeffnung.\n5)\tGr\u00fcn mit 1 Lage starkem Transparentpapier ohne Episko-tister.\n6)\tBlau mit 1 Lage starkem Transparentpapier und 120\u00b0 Epi-skotister\u00f6ffnung.\nF\u00fcr beide Adaptationslagen kam endlich auch noch ein indifferentes Grau von der n\u00e4mlichen Helligkeitsstufe als reagirende Helligkeit zur Verwendung. F\u00fcr die Anordnung zur Helladaptation kam vor die hier gr\u00f6\u00dftm\u00f6gliche Oeffnung des Diaphragmas DD eine Milchglasplatte und nach Wegnahme der Linse L ein 40 cm langer leerer Kastenschacht mit zwei verstellbaren Diaphragmen auf beiden Seiten. Das am n\u00e4chsten am Projectionsschirm PP gelegene Diaphragma diente zur Einschr\u00e4nkung der Ausdehnung des reagirenden Feldes. Mit dem anderen Diaphragma unmittelbar vor DD aber regulirte ich die mit gro\u00dfer Genauigkeit erreichbare Einstellung der Helligkeit, indem von der diffus leuchtenden Milchglasplatte aus je nach der Gr\u00f6\u00dfe ihrer freigelegten Fl\u00e4che der Schirm PP in verschiedener St\u00e4rke gleichm\u00e4\u00dfig grau beleuchtet wurde. F\u00fcr Dunkeladaptation wurde jedoch in der gew\u00f6hnlichen Anordnung A mit der vorderen Linse L die richtige Helligkeit des reagirenden Grades einfach mit H\u00fclfe des Episkotisters (mit 22\u00b0 Oeffnung) gewonnen, nachdem eine dreifache Papierlage noch hinter dem Diaphragma DD unmittelbar vor der Oeffnung des Lampenkastens von E2 eingef\u00fcgt war.\nF\u00fcr die Erm\u00fcdungsfarbe wurde die Einfachheit des Spektrums noch weiter durchgef\u00fchrt, und deshalb nur ann\u00e4hernde Gleichheit der Helligkeit angestrebt. Die Arbeit sollte ja zun\u00e4chst nicht etwa \u00fcber die quantitativen Beziehungen der in verschiedener Weise entstan-","page":583},{"file":"p0584.txt","language":"de","ocr_de":"584\nWilhelm Wirth.\ndenen Nachbilder eine Entscheidung bringen, sondern nur \u00fcber das Verh\u00e4ltnis der einzelnen reagirenden Farben zu einem vor allem nur hinsichtlich des Farben tones bestimmten Nachbilde. Dass f\u00fcr den n\u00e4mlichen Ton der Erm\u00fcdungsfarbe die Ver\u00e4nderung von deren Intensit\u00e4t, abgesehen von der Verschiebung der absoluten Nachbildwerthe, das allgemeine Verh\u00e4ltnis \u2019zwischen den verschiedenen Reactionsfarben im wesentlichen unver\u00e4ndert l\u00e4sst, war auch bereits durch besondere Versuche entschieden worden. Eine Herabsetzung der Intensit\u00e4t bei gleichzeitiger Steigerung der S\u00e4ttigung hatte dabei zugleich den eine absolut geringere Nachwirkung compensirenden Vortheil f\u00fcr die Differenzirung der als Nachbildma\u00df verwendeten Episkotister\u00f6ffnungen, dass die Wirkung hier eine relativ st\u00e4rkere ist, wie v. Kries schon f\u00fcr die farblosen Helligkeitsnachbilder feststellte. Das Nachbild wurde au\u00dferdem hier stets durch eine bestimmte Quantit\u00e4t der fixirten Farbe seihst ausgeglichen und h\u00e4tte daher auch eine weniger intensive Erm\u00fcdungsfarbe sogar schon bei der relativ gleich starken Wirkung die n\u00e4mliche Episko-tister\u00f6ffnung beansprucht. Aus diesem Grunde sind auch die absoluten Episkotistergrade f\u00fcr die verschiedenen Erm\u00fcdungsfarben im Folgenden nicht ohne weiteres unter sich zu vergleichen, sondern nur die f\u00fcr jede Erm\u00fcdungsfarbe bestehenden Verh\u00e4ltnisse der Werthe auf den verschiedenen reagirenden Farben. Gem\u00e4\u00df dem Absorptionsspektrum der einzelnen Erm\u00fcdungsfarben reicht\n1)\tRoth (aus blauem Glas und Gelatine in Roth, Karmin, Violett) vom \u00e4u\u00dfersten Ende des Spektrums bis circa 674 p ;\n2)\tGelb (s. o. den Trockenfilter);\n3)\tGr\u00fcn (s. o.);\n4)\tBlau von 470 bis 460 u mit dunkleren Nebenregionen von circa 484 bis 440 /i hier also ohne jegliches Roth.\nAls farbloser Erm\u00fcdungsreiz diente eine Combination von Milchglas sowie complement\u00e4rer Gelatine aus Roth und Gr\u00fcn. Die Helligkeit betrug ungef\u00e4hr das dreifache der Helligkeit der reagirenden und deshalb also auch der erm\u00fcdenden Farben. W\u00e4hrend die Intensit\u00e4t der homogenen Farben \u00fcberhaupt nicht st\u00e4rker zu erlangen war, brauchte nicht auch die Messung der reinen Helligkeitsnachbilder auf diese geringe lntensit\u00e4tsstufe der Erm\u00fcdungshelligkeit herabgedr\u00fcckt zu werden. Zur Helligkeitsgleichheit der letzteren","page":584},{"file":"p0585.txt","language":"de","ocr_de":"Der Fechner-Helmholtz\u2019sohe Satz \u00fcber negative Nachbilder u. s. w. 585\nwurde dieses Wei\u00df vor der Lampe in der oben beschriebenen Weise zugleich als Photometer verwendet und waren alle Reactions-farben (nach der Helligkeit des fl\u00fcssigen Strahlenfilters f\u00fcr Gelb) auf 66\u00b0 Episkotister\u00f6ffnung vor dieser farblosen Helligkeit abgestimmt, welche mit der w\u00e4hrend der Eixationszeit vorhandenen Episkotister\u00f6ffnung von 180\u00b0 (s. o. S. 576) als farbloser Erm\u00fcdungsreiz fixirt wurde. F\u00fcr Dunkeladaptation wurde die nur mit einer Lage Transparentpapier abged\u00e4mpfte Helligkeit des reagirenden Gr\u00fcn als Norm festgehalten und entsprach dieselbe nur einer Episkotister\u00f6ffnung von 48\u00b0 vor demjenigen Lichte, die bei Dunkeladaptation als farblose erm\u00fcdende Helligkeit verwendet wurde. Letztere war also hier beinahe das vierfache der reagirenden Helligkeit. Die homogenen Erm\u00fcdungsreize mussten nat\u00fcrlich den ver\u00e4ndernden Adaptationsbedingungen ebenfalls angepasst werden. Roth und Gelb kam dabei ganz in der n\u00e4mlichen ohjectiven Intensit\u00e4t- zur Verwendung wie bei Helladaptation. F\u00fcr Gr\u00fcn und Blau musste hingegen die Beleuchtung zur Wiederherstellung ann\u00e4hernder Helligkeitsgleichheit durch Einlagen bedeutend herabgesetzt werden.\nDiese Verh\u00e4ltnisse gelten nun nicht nur f\u00fcr die Fixation einer einzigen Erm\u00fcdungsfarbe auf dunklem Grunde, sondern auch f\u00fcr die Combination der Farbe mit einem gleich hellen Grau, sowie der Farbenpaare Roth-Gr\u00fcn und Gelb-Blau, welch letztere wenigstens f\u00fcr Helladaptation beigezogen wurden. Nur musste in diesen Farbenpaaren zur Erzielung der Helligkeitsgleichheit f\u00fcr Blau und Gr\u00fcn wiederum etwas von der Einengung des Spektrums preisgegeben werden. Das Grau wurde auch hier durch Verbindung von Milchglas mit complement\u00e4r-farbigen Gelatinen und Transparentpapier hergestellt. Auch wurde der Genauigkeit in der gegenseitigen Abgrenzung der benachbarten Felder des Erm\u00fcdungsfeldes eine besondere Sorgfalt gewidmet. Gleichzeitig war durch Vergr\u00f6\u00dferung des transparenten Fensters im Papierschirm PP eine Ausdehnung der Erm\u00fcdungsfl\u00e4che auf 3,5 cm vorgenommen, wovon jeder der combinirten Farben je die H\u00e4lfte zu-getheilt war. Der Fixationspunkt befand sich mitten auf der Grenze. Durch entsprechende Einstellung des Diaphragmas DD wurde zugleich die reagirende Farbe ganz genau der erm\u00fcdenden Farbenfl\u00e4che angepasst, sodass die Gleichheitseinstellung das Bild einer vollst\u00e4ndigen gleichm\u00e4\u00dfig gef\u00e4rbten reagirenden Fl\u00e4che auf dunklem","page":585},{"file":"p0586.txt","language":"de","ocr_de":"586\nAVillielm Wirth.\nGrunde ergab. Die Nachwirkung eines m\u00f6glichst homogenen Blau neben Grau war bei der Dunkelheit des Filters zu schwach, um auf der einmal gew\u00e4hlten Intensit\u00e4tsstufe eine genauere Messung zuzulassen. Da diese Versuche \u00fcberhaupt nur zur Oontrolle jener einfacheren nach einer Fixation einer einzigen Farbe auf Schwarz vorgenommen wurden und in den ungef\u00e4hr feststellbaren Werthen die n\u00e4mliche Richtung der Abweichung zwischen den verschiedenen reagi-renden Farben zu erkennen war, wurde eine erneute Ableitung unter Aenderung aller Intensit\u00e4tsverh\u00e4ltnisse der verschiedenen Farben, welche man nat\u00fcrlich nicht einfach durch die n\u00e4mlichen Episkotister-grade erreichen kann, nicht mehr f\u00fcr n\u00f6thig erachtet.\nNach den fr\u00fcheren Ausf\u00fchrungen \u00fcber die specielle Methode der subjectiven Ausgleichung des entstandenen Nachbildes braucht auch kaum etwas Neues zur Vertheidigung daf\u00fcr angef\u00fchrt zu werden, dass in allen hier angef\u00fchrten Versuchen nicht die zwar zu etwas gr\u00f6\u00dferen Werthen f\u00fchrende, aber ungleich zeitraubendere Methode der pl\u00f6tzlichen mechanischen Einstellung, sondern die einfache Selbsteinstellung angewandt wurde, deren Resultat unter sonst gleichen Bedingungen zwar nicht die absoluten Werthe im ersten Moment nach Abschluss der Erm\u00fcdungszeit wiedergeben, aber doch die f\u00fcr die verschiedenen reagirenden Farben vorhandenen Abweichungsrichtungen mit hinreichender Treue erkennen lassen. Auf die letzteren kam es mir ja bei diesen Fragestellungen zun\u00e4chst ganz allein an. Indessen wurden wenigstens die verschiedenen Neigungen, die f\u00fcr die einfache Selbsteinstellung bestehen k\u00f6nnen, n\u00e4mlich die Einstellung auf die oberste und unterste Unterschiedsschwelle neben der ohne besondere Absicht einfach auf subjective Gleichheit \u00fcberhaupt abzielenden Einstellung in kritischen F\u00e4llen besonders zu compensiren gesucht, wobei dann in der einen Reihe ausdr\u00fccklich die obere, in der andern ausdr\u00fccklich die untere Schwelle gesucht wurde, d. h. die nach Erreichung einer entgegengesetzten Differenz zur subjectiven Gleichheit eben zur\u00fcckkehrende Einstellung. Der Einfachheit halber ist in diesen F\u00e4llen in den folgenden Tabellen einfach das arithmetische Mittel verrechnet worden, da die Differenzen beider Einstellungen im Verh\u00e4ltnis zum Gesammtwertli stets nur verschwindende Bruchtheile ausmachten. Jedenfalls wird aber die ganze Gewinnung von Differenzen der Nachbildwerthe auf den ver-","page":586},{"file":"p0587.txt","language":"de","ocr_de":"Der Fechner-Holmholtz\u2019sche Satz \u00fcber negative Nachbilder u. s. w. 587\nschiedenen reagirenden Farben von der Frage der Unterschiedsschwelle vollkommen unabh\u00e4ngig, sofern nicht etwa, wegen der hierdurch bedingten Leichtigkeit der Einstellung \u00fcberhaupt, in mittelbarer Weise die Gr\u00f6\u00dfe des gemessenen Werthes mitbestimmt ist. F\u00fcr die Unterst\u00fctzung bei den Versuchen mit Dunkeladaptation, in denen ich die Bedienung des Apparates nicht seihst \u00fcbernehmen konnte, bin ich Herrn Dr. D\u00fcrr und Herrn Dr. Churchill zu Danke verpflichtet.\n3. Die Resultate.\nA. Farblose Helligkeitsnachbilder.\nNach der vorl\u00e4ufigen Trennung der beiden Fragestellungen in der Einleitung sollen auch hier die Messungen des farblosen Helligkeitsnachbildes auf den reagirenden Reizen von verschiedener Wellenl\u00e4nge und gleicher Helligkeit zuerst betrachtet werden. Die Curve f\u00fcr das reine Helligkeitsnachbild in seiner Abh\u00e4ngigkeit von der reagirenden Wellenl\u00e4nge ist jedoch der Einfachheit halber jedesmal sogleich in die graphische Darstellung der unter sonst gleichen Bedingungen abgeleiteten farbigen Nachbilder eingef\u00fcgt. In einer Versuchsreihe nach Anordnung A wurde das oben beschriebene wei\u00dfe Feld auf schwarzem Grunde als einzige Helligkeit in dem sonst v\u00f6llig dunklen Raume sogleich nach Ausschaltung der gew\u00f6hnlichen Zimmerbeleuchtung, also nach mittlerer Helladaptation 5 Se-cunden lang fixirt, ein Zeitma\u00df, welches f\u00fcr s\u00e4mmtliche Versuche dieser Arbeit einheitlich festgehalten und in der fr\u00fcher beschriebenen Weise vom Contactapparat exact abgegrenzt wurde. Die folgende Tabelle zeigt die Werthe f\u00fcr die vier reagirenden Hauptfarben von den in Capitel 2 angegebenen Wellenl\u00e4ngen in Graden der Episkotister\u00f6ffnung vor der erm\u00fcdenden farblosen Helligkeit, welche zur reagirenden Farbe f\u00fcr die subjective Ausgleichung des Nachbildes noch hinzuzuf\u00fcgen war.","page":587},{"file":"p0588.txt","language":"de","ocr_de":"588\nWilhelm Wirth.\nTabelle I (Helladaptation).\nAnordnung A. Wei\u00df auf schwarzem Grunde fixirt, Projection des Nachbildes\nauf Farben.\nBezeichnung der reagirenden Farbe\tBoth\tGelb (fl\u00fcss. Filt.)\tGr\u00fcn\tBlau .\nWerth des farblosen Helligkeitsnachbildes\t40,6 (m. Y. 5,8)\t26,6 (m. Y. 2,2)\t42 (m. V. 4)\t43,6 (m. V. 1,6)\nDiese Werthe nach Anordnung A stimmen nun mit den folgenden aufs beste \u00fcberein, welche unter sonst ganz gleichen Bedingungen mit der Variation der Anordnung B (vergl. Oapitel 2) zugleich unter Hinzunahme zweier Uebergangsfarben und der n\u00e4mlichen farblosen reagirenden Helligkeit abgeleitet wurden, und zwar unter den n\u00e4mlichen Bedingungen wie die Werthe f\u00fcr die verschiedenen Farbennachbilder. Die Ma\u00dfe nach Tabelle H sind deshalb zugleich in die Fig. 2 in der links vorne mit W hezeichneten Curve mit aufgenommen.\nTabelle H.\nAnordnung B, gr\u00f6\u00dfere Helligkeit der reagirenden Farben.\nBezeichnung der reagirenden Farbe\tBoth\tOrange\tGelb (fl. F.)\tGelbgr\u00fcn\tGr\u00fcn\tBlau\tGrau\nWerth des farblosen Helligkeitsnachbildes\t68,6 (m. V. 7)\t40,4 (m. V. 3,4)\t39,0 (m. Y. 0,5)\t45,0 (m. V. 3)\t61,2 (m. V. 3,2)\t71 (m. V. 8,2)\t40,4 (m.V. 0,25)\nEtwas kleinere Differenzen des Proportionalit\u00e4tsfactors traten in einer Seihe bei viel geringerer reagirender Helligkeit hervor, die anfangs bei einer viel weiteren Entfernung der Lampe E-, vom Schirme PP von der n\u00e4mlichen erm\u00fcdenden Helligkeit f\u00fcr die vier Hauptfarben unter besonderer Herstellung der Helligkeitsgleichheit aller Farben erlangt wurde und, wie schon aus dem Verh\u00e4ltniss der (mittleren Nachbilder zu ersehen ist, ungef\u00e4hr den vierten Theil der","page":588},{"file":"p0589.txt","language":"de","ocr_de":"Der Fechner-Helmholtz\u2019sche Satz \u00fcber negative Nachbilder u. s. w. 589\nsonst verwendeten Helligkeit besa\u00df. Da jedoch wenigstens im allgemeinen die Richtungen der Abweichungen zwischen den verschiedenen vier Farben \u00fcbereinstimmen, die absoluten Werthe jener Pro-portionalit\u00e4tsfactoren in jenen ersten beiden Tabellen aber einstweilen doch nur approximativ g\u00fcltig erscheinen k\u00f6nnen, so glaube ich die folgende Tabelle S. 590 als ziemlich gleichwertig betrachten zu k\u00f6nnen.\nBL Ge-\n- 40\u00b0\n. 10\u00b0\nDiese Resultate zeigen nun einstweilen f\u00fcr die gew\u00e4hlte Helladaptation mit aller Deutlichkeit, dass thats\u00e4chlich eine Abweichung zwischen der \u00bbscheinbaren\u00ab und \u00bb\u00e4quivalenten\u00ab Helligkeit in dem in der Einleitung dargelegten Sinne besteht, da gleich hell erscheinende Farben mit verschieden gro\u00dfen Nachbildwerthen reagiren. Au\u00dferdem stimmt aber auch die Richtung der gefundenen AbAveichung insofern mit der bereits fr\u00fcher","page":589},{"file":"p0590.txt","language":"de","ocr_de":"590\nWilhelm Wirth.\nTabelle III (Helladaptation).\nAnordnung B. Farbloses Helligkeitsnachbild wie in Tabelle H, Intensit\u00e4t der reagirenden Farben auf ca. 1/4 herabgesetzt.\nBezeichnung der reagirenden Farbe\tBoth\tGelb\tGr\u00fcn\tBlau\nWerth des farblosen Helligkeitsnachbildes\t20 (m. Y. 0)\t15,2 (m. Y. 2,2)\t18 (m. V. 1,2)\t21 (m. V. 1,5)\nf\u00fcr die Farbennachbilder abgeleiteten Differenz \u00fcberein, als hier wie dort f\u00fcr Gelb ein geringerer Proportionalit\u00e4tsfactor besteht als f\u00fcr Blau und Gr\u00fcn. Indessen reagirt hier Gelb \u00fcberhaupt mit dem relativ geringsten Werthe. Das am wenigsten brechbare Ende des Spektrums zeigt hingegen schon wiederum eine bedeutende Steigerung des Factors, der sich sogar mit demjenigen f\u00fcr Gr\u00fcn einigerma\u00dfen die Wage h\u00e4lt. Der f\u00fcr die Reaction auf Nachbilder \u00e4quivalente Helligkeitswerth ist also hiernach f\u00fcr das reine Roth ungef\u00e4hr demjenigen von Gr\u00fcn gleich, w\u00e4hrend Blau und Gelb zwei hiervon etwa gleich abweichende Extreme bilden. Dieses Ergebniss scheint nun zun\u00e4chst von dem Verh\u00e4ltnisse abzuweichen, das sich auf Grund der fr\u00fcheren Versuche \u00fcber farbige Nachbilder f\u00fcr die Vergleichung von reagirendem Roth und Gr\u00fcn ergeben hatte. Indessen ist hier vielleicht zu ber\u00fccksichtigen, dass die ehemalige Verwendung der einfachen oder doppelten Gelatinelagen in der roth aussehenden Farbe die seinerzeit viel h\u00f6here Intensit\u00e4tsstufe fast ganz auf Kosten des noch durchgelassenen Orange und Gelb steigerte, f\u00fcr welche gerade hier mit den homogenen Filtern der relativ geringste Nachbildwerth festgestellt wurde, w\u00e4hrend die gr\u00fcn aussehende Gelatine vor allem zugleich die blauen Strahlen passiren l\u00e4sst. Ein sicheres Urtheil \u00fcber das Verh\u00e4ltniss zu den entsprechenden Resultaten \u00fcber Farbennachbilder wird sich aber jedenfalls aus den sp\u00e4ter beschriebenen Versuchen mit homogenen Filtern ergeben, denen gegen\u00fcber sich dann die Erkl\u00e4rung etwaiger Abweichungen bei nicht homogenen Farben stets als eine ganz secund\u00e4re Frage erweist. Dass die gelbe Farbe\ns","page":590},{"file":"p0591.txt","language":"de","ocr_de":"Der Fechtier-Helmholtz\u2019sche Satz \u00fcber negative Nachbilder u. s. w. 591\nindessen auch schon in den fr\u00fcheren Versuchen ohne Verwendung einer homogenen Combination mit relativ geringen Werthen reagirte, stimmt damit \u00fcberein, dass hier das Gelb auch innerhalb des gesummten Absorptionsspektrums den Hauptbeitrag zur Gesammtintensi-t\u00e4t leistet. F\u00fcr diese Erkl\u00e4rung der fr\u00fcheren Resultate w\u00e4re dann freilich \u00fcberall schon als wahrscheinlich vorausgesetzt, dass der Nachbildwerth f\u00fcr eine Mischung aus denjenigen f\u00fcr die Componenten ableitbar sei oder den je nach der scheinbaren Helligkeit der Componenten berechneten \"VVerthen wenigstens nahe stehe, wor\u00fcber hinreichende Versuche noch nicht vorliegen. Die Zwischenfarhen Orange und Gr\u00fcngelb zeigen eine zwar geringe, aber doch mit der aus der Nachbarschaft zu erwartenden Richtung \u00fcbereinstimmende Ver\u00e4nderung des Werthes im Vergleich mit Gelb, und zwrar Gr\u00fcngelb noch deutlicher als Orange, wie es mit der am besten aus der Fig. 2 ersichtlichen Lage beider Farben im Spektrum gut. zusammenpasst.\nAuff\u00e4llig ist auch der relativ geringe Werth des Grau im Gegensatz zu den Farben. Bei Helladaptation tr\u00e4gt nun zwar thats\u00e4chlich der Theil des Spektrums von Orange bis Gelbgr\u00fcn mit seinem geringen Aequivalenzwerth ganz besonders zur Gesammtintensit\u00e4t des Grau bei. Indessen k\u00f6nnte dies doch von dem relativ gr\u00f6\u00dferen Werthe f\u00fcr die brechbareren Strahlen wieder ausgeglichen werden. Au\u00dferdem w\u00e4re vielleicht auch noch an die verschiedenen Einstellungsbedingungen zu denken, da ja Grau als empfindlichste Farbe auch am schwersten als ausgeglichen erscheinen wird. Daneben best\u00fcnde noch die M\u00f6glichkeit, dass die relative S\u00e4ttigung rein als solche gleichzeitig einen gewissen Einfluss auf die Gr\u00f6\u00dfe des Werthes aus\u00fcben k\u00f6nnte. Dies liegt deshalb besonders nahe, weil die ganze Reihe der Aequivalenzwerthe, wie fr\u00fcher hervorgehoben wurde, zu derjenigen der S\u00e4ttigungswerthe, wie sie in der Farbentafel dargestellt werden, in einer gewissen Beziehung steht. Es k\u00e4me also dann f\u00fcr den Aequivalenzwerth einer Mischung nicht blo\u00df auf die Werthe der Componenten an, weil ja dann Grau stets eine mittlere Stellung einnehmen m\u00fcsste, sondern noch einmal besonders auf die resultirende S\u00e4ttigung. Nur wenn die S\u00e4ttigung nicht erheblich beeintr\u00e4chtigt wird, wie bei der Mischung der unmittelbar benachbarten Theile des Spektrums im Strahlenfilter, k\u00f6nnen einfach die Aequivalenzwerthe der Componenten verrechnet werden, wrie es","page":591},{"file":"p0592.txt","language":"de","ocr_de":"592\nWilhelm Wirth.\noben beim Vergleich der Resultate mit den fr\u00fcheren und den jetzigen Glelatinecombinationen geschah. Auch bleiben die Componenten selbst unter allen Umst\u00e4nden insofern von prim\u00e4rer Bedeutung, als ja Grau sonst \u00fcberhaupt den relativ geringsten Werth besitzen m\u00fcsste, wenn die resultirende S\u00e4ttigung als solche bei gleicher Helligkeit dem Aequivalenz werth proportional w\u00e4re. Doch w\u00e4ren f\u00fcr diese Frage noch weitere Untersuchungen zu den meinigen hinzuzuf\u00fcgen. Unten kommen wir \u00fcbrigens nochmals auf diese Frage zur\u00fcck. Das wichtigste Resultat dieser Versuche bleibt also einstweilen erst noch das eine, dass trotz gleicher \u00bbscheinbarer\u00ab Helligkeit Differenzen der Werthe f\u00fcr reine Helligkeitsnachbilder \u00fcberhaupt existiren und eine hinreichend deutliche Regelm\u00e4\u00dfigkeit derselben festgestellt werden kann.\nla. Besonders werthvoll ist aber nun die Vergleichung der bisherigen Resultate mit denjenigen, die nach Einf\u00fchrung vollkommener Dunkeladaptation (20 Minuten Adaptationszeit) f\u00fcr die unter diesen neuen Bedingungen gleich hell erscheinenden Reactionsfarben abgeleitet wurden. Die Zahlen sind aus der folgenden Tabelle zu ersehen, die graphische Darstellung ist in Fig. 3 unter den Curven f\u00fcr die farbigen Nachbilder bei Dunkeladaptation als Curve 1 mit der Bezeichnung W links vorne zu finden.\nTabelle IV (Dunkeladaptation).\nWei\u00df auf schwarzem Grunde 5\" fixirt.. Gleiche Helligkeit der reagirenden Farben f\u00fcr Dunkeladaptation.\nBezeichnung der reagirenden Farben\tBoth\tOrange\tGelb (Trocken- Filter)\tGelbgr\u00fcn\tGr\u00fcn\tBlau\tGrau\nWerth des farblosen Helligkeitsnachbildes\t20 (m.y. 2)\t20,2 (m.Y. 3)\t22 (m.y. 4)\t24,4 (m. V. 4,4)\t39,8 (m. V. 6,8)\t39,8 (m. V. 4,6)\t28 (m. W 2,6)\nDie Differenzen der Naclibildwerthe zwischen den bei dieser Adaptationslage gleich hell erscheinenden Reactionsfarben sind also nicht etwa kleiner geworden oder gar ganz verschwunden, wie es unter Umst\u00e4nden von der Anschauung aus erwartet werden k\u00f6nnte,","page":592},{"file":"p0593.txt","language":"de","ocr_de":"Der Fechner-Helmholtz\u2019sche Satz Uber negative Nachbilder u. s. w. 593\ndass gerade bei I) unkeladaptation die gleich wirksamen Helligkeits-werthe der Farben m\u00f6glichst exact auch schon im unmittelbaren Vergleich zur Geltung kommen w\u00fcrden. Der allgemeine Charakter der Curve mit ihren kr\u00e4ftigen Niveauunterschieden ist vielmehr vollkommen erhalten geblieben. Das Maximum scheint das Minimum sogar eher noch etwas mehr zu \u00fcbertreffen als bei Helladaptation. Dabei ist die S\u00e4ttigung s\u00e4mmtlicher Farben so viel herabgesetzt, dass die Helligkeitsvergleichung der Farben mit Grau mit besonderer Leichtigkeit vor sich gehen konnte. Auch wurden hier die Farben bei der\nBestimmung ihrer Helligkeit niemals l\u00e4nger als ein paar Secunden betrachtet und das Auge dann erst circa Minute erholt, auch war die Helligkeit der Farben unter den in Cap. 2 n\u00e4her angegebenen Bedingungen eine so geringe, dass aus all diesen Gr\u00fcnden auch nicht etwa die Dunkeladaptati\u00f6n w\u00e4hrend der Vergleichung aufgehoben werden konnte. Die sicherste Controlle f\u00fcr die richtige Einhaltung der Adaptation war ja der au\u00dferordentliche Unterschied zwischen den objectiven Intensit\u00e4tsverh\u00e4ltnissen im Vergleich zur Dunkeladaptation, wie er das charakteristische Merkmal der verschiedenen Stimmungen ausmacht, und au\u00dfer dieser objectiven quan-","page":593},{"file":"p0594.txt","language":"de","ocr_de":"594\nWilhelm Wirth.\ntitativen Controlle die Ann\u00e4herung s\u00e4mmtlicher Farben an eine fast vollkommen farblose Helligkeit. Die Einstellung auf subjective Gleichheit nach Entstehung des Nachbildes war wegen dieser minimalen S\u00e4ttigung aller homogenen Farben ebenfalls f\u00fcr s\u00e4mmtliche Farben viel einheitlicher und durch eine sehr geringe Unterschiedsschwelle verfeinert. Andererseits erzwingt auch wiederum die geringere centrale Sehsch\u00e4rfe gr\u00f6\u00dfere Vorsicht bei der Ausgleichung.\nDie wesentlichste Abweichung von den Resultaten bei Helladaptation besteht aber nun darin, dass hier reagirendes Rot den relativ geringsten \"Wertli aufzeigt, und somit noch etwas unter Gelb herab-gcdr\u00fcckt ist, w\u00e4hrend es seinerzeit bei den h\u00f6heren Intensit\u00e4ten in Helladaptation sogar nahe an Blau heranger\u00fcckt war. Dass hier bei Dunkeladaptation keine zuf\u00e4lligen Abweichungen vorliegen, erhellt dabei gleichzeitig aus der entsprechenden Verschiebung der Ueber-gangsfarbe Orange, welche nun ihrerseits bereits ebenfalls einen etwas geringeren Werth wie Gelb besitzt, w\u00e4hrend Gelbgr\u00fcn das Steigen nach Gr\u00fcn hin anzeigt. Auff\u00e4llig ist ferner auch, dass Gr\u00fcn nun vollst\u00e4ndig zum Blau hinaufger\u00fcckt ist. Zur Erkl\u00e4rung hiervon ist zun\u00e4chst zu ber\u00fccksichtigen, dass der Charakter des Farbenfilters bei seinem z. B. gerade f\u00fcr Gr\u00fcn nach der brechbareren Seite hin weniger eingeengten Absorptionsspektrum hinsichtlich seiner Bedeutung f\u00fcr Dunkeladaptation nicht allein nach der einzigen seiner Ge-sammtf\u00e4rbung entsprechenden Linie innerhalb des Spektrums beurtheilt werden darf, sondern nach dem Verh\u00e4ltnis der einzelnen Theile innerhalb der ganzen Breite des Spektrums. Es wird also z. B. wegen der besonderen relativen Helligkeitssteigerung der bl\u00e4ulicheren Theile des Gr\u00fcn auch schon um deswillen ein engerer Anschluss des Gr\u00fcnwerthes an den Blauwerth zu erwarten sein. Das Blau seinerseits repr\u00e4sentirt hingegen mit den in ihm vor allem vertretenen Strahlen schon an sich das thats\u00e4chliche Maximum des Werthes, so dass die Dunkeladaptation mit Steigerung der Helligkeit dieser Hauptbestandteile keine Verschiebung des Werthes mehr herbeif\u00fchren kann. In \u00e4hnlicher Weise werden aber nun auch alle anderen weniger brechbaren Farben einen \u00e4hnlichen Nachbildwerth erhalten wie die nach der brechbareren Seite hin unmittelbar benachbarten Farben, falls nur der Aequivalenzwerth einer jeden homogenen Farbe zu der scheinbaren, je nach der Adaptation relativ verschiedenen","page":594},{"file":"p0595.txt","language":"de","ocr_de":"Der Fechner-Helmholtz\u2019sche Satz \u00fcber negative Nachbilder u. s.w. 595\nHelligkeit in einem festen Verh\u00e4ltniss steht und der Nachbild-werth der Mischung, also auch der resultirenden Farbe des Filters, wie oben erw\u00e4hnt, aus den Aequivalenzwerthen der Componenten berechnet werden kann. In dem Absorptionsstreifen f\u00fcr Gelb werden die gr\u00fcnlichen, in denen f\u00fcr Orange und \u00dfotli die gelblichen Theile in ihrem An theile an dem gesammten constant erhaltenen Ma\u00df der \u00bbscheinbaren\u00ab Helligkeit relativ gesteigert werden. Diese Verh\u00e4ltnisse lassen also gerade bei einer eindeutigen Gr\u00f6\u00dfenbeziehung zwischen Aequivalenzwerth und scheinbarer Helligkeit einen etwas verschiedenen Verlauf der Curve f\u00fcr Hell- und Dunkeladaptation erwarten, sobald nicht mit ideal homogenen Farben aus einer einzigen Linie des Spektrums gearbeitet wird. Abgesehen von diesen Verschiebungen des \u00bbscheinbaren\u00ab Helligkeitsantheiles der verschiedenen homogenen Farben an der resultirenden Farbe des Strahlenfilters je nach der Adaptationslage w\u00e4ren dann nat\u00fcrlich auch noch gewisse Farbenton\u00e4nderungen zu ber\u00fccksichtigen, welche den einzelnen homogenen Reizwirkungen selbst je nach der Adaptation widerfahren, da ja doch eine wirklich vom Farbenton abh\u00e4ngige Charakterisirung des Aequivalenzwerthes sich jederzeit nach der sub-jectiven Farbenwirkung richten muss. Bei der einstweilen erreichten Genauigkeit der Messungen d\u00fcrfte indessen eine detaillirte Ausdeutung kleiner Differenzen der beiden Reihen in diesem Sinne noch verfr\u00fcht erscheinen. Es gen\u00fcgt zun\u00e4chst die Feststellung, dass die Resultate f\u00fcr Dunkeladaptation mit den anderen hinreichend \u00fcbereinstimmen, um die oben n\u00e4her bezeichnete Reihenfolge der subjectiven Farbent\u00f6ne hinsichtlich ihres Aequivalenzwerthes als von der Adaptation im allgemeinen unabh\u00e4ngig erscheinen zu lassen. Auch die Stellung des Grau zu den reagirenden Farben ist etwas ver\u00e4ndert. Sein Nachbildwerth liegt zwar immer noch in der unteren H\u00e4lfte der ganzen Reihe, er ist jedoch bedeutend mehr in die Mitte ger\u00fcckt. Dies stimmt aber mit den ver\u00e4ndernden S\u00e4ttigungsverh\u00e4ltnissen bei der neuen Adaptationslage ebenfalls \u00fcberein, Wenn die Herabsetzung der S\u00e4ttigung wirklich eine Verminderung des Aequivalenzwerthes der Mischung herbeif\u00fchrt, wird Grau auch hier zwar zu. den geringeren Werthen geh\u00f6ren m\u00fcssen, insofern die S\u00e4ttigung der \u00fcbrigen Farben doch noch nicht ganz auf Null reducirt ist. Es ist indessen doch nur eine minimale S\u00e4ttigung der \u00fcbrigen Reactionsfarben vor-\nWundt, Philos. Studien. XVIII.\t39","page":595},{"file":"p0596.txt","language":"de","ocr_de":"596\nWilhelm Wirtli.\nhanden, welche auch f\u00fcr Grau den gem\u00e4\u00df seinen Farbencomponen-ten vorhandenen Aequivalenzwerth viel reiner zu Tage treten l\u00e4sst, der an und f\u00fcr sich schon nach dem oben Gesagten eine mittlere Stellung herbeif\u00fchrt. Diese Erkl\u00e4rung des scheinbaren Widerspruchs zu den fr\u00fcheren Resultaten \u00fcber Grau gilt \u00fcbrigens auf Grund der ver\u00e4nderten S\u00e4ttigungsverh\u00e4ltnisse \u00fcberhaupt, gleichg\u00fcltig ob dieselben den Nachbildwerth an sich herabsetzen, wie es wahrscheinlich der Fall ist, oder nur durch die Ver\u00e4nderung der subjectiven Einstellungsbedingungen die Lage ver\u00e4ndern. Auch in letzterer Hinsicht w\u00e4re dann Grau in Dunkeladaptation den \u00fcbrigen Farben ungef\u00e4hr gleich gestellt.\nNeben all diesen speciellen Abweichungen zwischen den verschiedenen Farben, welche durch Vermehrung der Versuche mit immer homogeneren Farben und immer gr\u00f6\u00dferer Steigerung der Uebung in der Helligkeitsbestimmung dieser Farben vielleicht noch mannigfache Correcturen erfahren m\u00f6gen, hebt sich sonach als Hauptresultat die Thatsaclie heraus, dass die in der unmittelbaren Vergleichung gemessene scheinbare Helligkeit der reagirenden Farben sich wirklich in einer festen Beziehung zu dem au\u00dferdem noch vom Farbenton mitbestimmten Nachbildwerthe steht, und zwar im wesentlichen wenigstens unabh\u00e4ngig von der Adaptationslage. Die relativ beste Uebereinstimmung der \u00e4quivalenten und scheinbaren Helligkeit aber scheint eher noch f\u00fcr eine mittlere Helladaptation als f\u00fcr Dunkeladaptation vorhanden zu sein, weil hier die Abweichungen zwischen den gleich hell erscheinenden Farben am geringsten sind.\nB. Nachbilder homogener Farben.\n1) Die erste Hauptfrage auf diesem Gebiete bezog sich, wie schon im zweiten Theil der Einleitung ausgef\u00fchrt wurde, auf die Abh\u00e4ngigkeit des Nachbildwerthes von der Intensit\u00e4t solcher reagirender Farben, welche nicht nur der erm\u00fcdenden Farbe selbst, sondern auch deren Oomplement\u00e4rfarbe ferne liegen. Diese letztere bedeutet ja z. B. nach der Hering\u2019sehen Theorie einen Vorgang in dem n\u00e4mlichen Substrate wie die erm\u00fcdende Farbe selbst und m\u00fcsste man also f\u00fcr sie als Reactionsfarbe schon von dieser Theorie aus sicher eine Befolgung des Fechner-Helmholtz\u2019schen Satzes erwarten, wie","page":596},{"file":"p0597.txt","language":"de","ocr_de":"Der Feohner-Helmholtz\u2019sche Satz \u00fcber negative Nachbilder u. s. w. 597\nes in den fr\u00fcheren Versuchen bereits als sicher nachgewiesen wurde. Nachdem auch f\u00fcr die Untersuchung der von der Erm\u00fcdungsfarbe und ihren Complementen gleich fernliegenden Reactionsfarben wenigstens das reine Earbennachbild eines blauen neben einem gleich hellen Grau gesehenen Gemisches auf reagirendem homogenem Roth von verschiedener Intensit\u00e4t gemessen worden war, soll hier das Nachbild von homogenem Roth neben gleich hellem Grau und dasjenige von homogenem Gr\u00fcn neben Grau auf verschiedenen Intensit\u00e4tsstufen eines homogenen Gelb gemessen werden. Die vier benutzten Intensit\u00e4tsstufen werden dabei durch v\u00f6llige Dunkelheit und Abd\u00e4mpfung des El\u00fcssigkeitsfilters durch einen Episkotister von der Oeffnung 90\u00b0 und 180\u00b0 und den \u00fcberhaupt nicht verdunkelten Filter des Gelb dargestellt. Au\u00dferdem besitzen auch die in den verschiedenen Reihen neben Grau fixirten Erm\u00fcdungsfarben Roth und Gr\u00fcn, welche zu diesem Zwecke besonders hergestellt waren, genau die n\u00e4mliche Helligkeit, so dass hier auch die beiden Reihen f\u00fcr erm\u00fcdendes Roth und Gelb unmittelbar miteinander verglichen werden k\u00f6nnen. In Fig. 4 sind auch die zugeh\u00f6rigen Curven zusammengestellt, welche der folgenden Tabelle V entnommen sind. Die Projection des Nachbildes auf Gelb hatte noch den besonderen Vortheil, dass Gelb trotz seines relativ geringsten\nTabelle V (Helladaptation).\nAnordnung A. 5\" Fixation von Rotli bezw. Gr\u00fcn neben Grau von gleicher Helligkeit in dunkler Umgebung. Messung des Nachbildes auf vier Intensit\u00e4tsstufen des Gelb.\nBezeichnung der Intensit\u00e4tsstufe des reagirenden Gelb\t0\u00b0\t90\u00b0\to O CO T-I\t360\u00b0\nNachbildwerthe nach Fixation von Roth neben Grau\tca. 2 (m. Y. 0)\t12,6 (m. V. 2,2)\t22 (m. V. 0)\t40,4 (m. Y. 6,4)\nN achbildwerthe nach Fixation von Gr\u00fcn neben Grau\tca. 5 (m. V. 0)\t8 (m. Y. 0)\t18,6 (m. Y. 1,8)\t32,4 (m. Y. 4,4)\n39*","page":597},{"file":"p0598.txt","language":"de","ocr_de":"598\nWilhelm Wirth.\nNachbild wertlies unter allen Farben auch in h\u00f6heren Intensit\u00e4tsstufen kleine Beimischungen erkennen l\u00e4sst, w\u00f9e sie aus den an sich schw\u00e4cheren Nachbildern von der Farbe neben Grau resultiren. Es gab daher auch die volle Helligkeit noch eine ganz sichere Einstellung .\nWie aus Tabelle und Curve wiederum mit gleicher Sicherheit hervorgeht, zeigt der Nachbildwerth mit der vollkommensten Genauigkeit, wie sie hei der Einrechnung aller \u00fcberhaupt erhaltenen Einstellungen niemals besser erwartet werden kann, die G\u00fcltigkeit des Fechner-Helmholtz\u2019schen Satzes auch f\u00fcr diese der Erm\u00fcdungsfarbe und ihren Complementen gleich\nfernliegende Re-actionsfarbe. Dabei kann auch nicht etwa ein gleichzeitiges Helligkeitsnachbild f\u00fcr diese Ueberein-stimmung mit dem Satze verantwortlmh gemacht werden, wie es selbstverst\u00e4ndlich von der reagirenden Intensit\u00e4t abh\u00e4ngig\nist, da eben die f\u00fcr die Messung in Betracht kommende Fl\u00e4che \u00fcberhaupt keine Helligkeitsdifferenzen aufzuweisen hatte. Die Einstellung f\u00fcr die unterste reagirende Helligkeit f\u00fchrt stets nur zu geringerer sub-jectiver Sicherheit der Ausgleichung, weil hier die Unterschiedsschwelle von den Einstellungsfehlern weit \u00fcbertroffen wird, und nur dies ist mit dem Zusatz des ca angedeutet. Die Einstellungswerthe selbst liegen dabei eben wegen der Feinheit der Unterscheidung noch weniger weit auseinander als sonst, so dass die bei der gew\u00e4hlten Angabe nach halben Graden angebbare mittlere Variation doch wieder nur als 0\u00b0 bezeichnet werden kann. Beide Curven, insbesondere diejenige f\u00fcr Roth, verlaufen fast vollst\u00e4ndig geradlinig, die geringere Steilheit der Gr\u00fcn-Curve kann wohl zum Theil auf das Purkinje\u2019sehe Ph\u00e4nomen zur\u00fcckgef\u00fchrt werden, welches die unteren Intensit\u00e4tsstufen des Gr\u00fcn mit relativ h\u00f6heren Werthen zur Geltung kommen l\u00e4sst. In beiden F\u00e4llen\n\t\t\t\t50\u00b0\n\t\t\t\t. 40\u00b0\n\t\t\t\t. 30\u00b0\n\t\t\t\t- 30\u00b0\n\t\t\t\tIO\u00b0\nR >\t\t\t\u25a0\u25a0 \u25a0 1\t\u25a0! I... 1 .. . Il !. \u2014U\t.\t, ,,\to\u00b0\n0'\" rcarj.Jrct. 90\u00b0\nFig. 4.","page":598},{"file":"p0599.txt","language":"de","ocr_de":"Der Fechner-Helmholtz\u2019sche Satz \u00fcber negative Nachbilder u. s. w. 599\nzeigt sich ferner die stetige kleine Zunahme des Proportionalit\u00e4tsfactors nach unten hin, wie sie uns von fr\u00fcher her gel\u00e4ufig ist. Nach dieser vollkommenen Best\u00e4tigung der schon fr\u00fcher an der Hand jenes einfacheren Beispiels ausgesprochenen Vermuthung kann also nun wohl mit Sicherheit behauptet werden, dass der Werth eines negativen Farbennachbildes auf jeder beliebigen Farbe als eine zur reagirenden Intensit\u00e4t proportionale Wirkung zu betrachten ist, der in der jeweiligen absoluten Gr\u00f6\u00dfe nur f\u00fcr die bestimmte Intensit\u00e4tsstufe zutrifft und nicht einfach als constante Beimischung einer positiven Erregung zu erkl\u00e4ren ist.\n2. An zweiter Stelle sind nun die Nachbildwerthe, die nach dem soeben Gesagten jedenfalls f\u00fcr jede einzelne Beactionsfarbe aufzufinden sind, auf ihre Abh\u00e4ngigkeit von dem reagirenden Farbenton hin zu vergleichen. Denn nachdem sich das negative Nachbild seinem ganzen Wesen nach von der Gesammtquantit\u00e4t des reagirenden Processes abh\u00e4ngig gezeigt hat, ist kaum mehr zu erwarten, dass nun auch die Proportionalit\u00e4tsfactoren der verschiedenen gleich hell erscheinenden Reactionsfarben unter sich v\u00f6llig \u00fcbereinstimmen. Auch hier ist der Wirkung der Reactionsfarben diejenige auf einem Grau von gleicher Helligkeit an die Seite gestellt. Tabelle VI gibt eine Uebersicht \u00fcber die Werthe, die nach Anordnung B auf s\u00e4mmtlichen \u00fcberhaupt benutzten Reactionsfarben f\u00fcr die vier als Erm\u00fcdungsreiz verwendeten Hauptfarben bei Helladaptation abgeleitet wurden. Zun\u00e4chst wurden hierbei die Farben auf schwarzem Grunde fixirt, so dass hier Farben- und Helligkeitsnachbild zugleich gemessen werden, ein Verfahren, dessen Zul\u00e4ssigkeit in unserer Frage bereits oben begr\u00fcndet wurde. In zwei Reihen ist aber auch ein reines Farbennachbild von Roth-Gr\u00fcn und von Blau-Gelb gemessen. Die Curve Fig. 2 enth\u00e4lt die Werthe der Tabelle in den Linien 1 bis 7 mit Bezeichnung der einzelnen Curven nach den Enn\u00fcdungsfarben links vorn am Beginne jedes Linienzuges. Wie ebenfalls schon fr\u00fcher begr\u00fcndet wurde, k\u00f6nnen hier die absoluten Werthe der Nachbilder von verschiedenen Erm\u00fcdungsfarben unter sich nicht unmittelbar verglichen werden, sondern stets nur das verschiedene Verh\u00e4ltnis der einzelnen Werthe innerhalb der verschiedenen Ourven.\nWie es schon nach jener Messung des reinen Farbennachbildes von Roth und von Gr\u00fcn auf Gelb zu erwarten war, zeigen s\u00e4mnit-","page":599},{"file":"p0600.txt","language":"de","ocr_de":"Tabelle VI (Helladaptation).\nMessung des Nachbildes von verschiedenen Erm\u00fcdungsfarben auf sieben gleich hellen Reactionsfarben.\n600\nWilhelm Wirth.\nMittelwerthe der Earbennachbilder der Erm\u00fcdunngsfarben\tCO cd~\t00 i\u00df\tCO i\u00df\tCD CO*' CD\tt>^ \u2022tH CO\tCO i\u00df- CO\ttH CO i\u00df\nGelb neben Blau\t43,4 (m. Y. 11,4)\to .\t29 (m. V. 2)\ti\u00df 03 \u00a7 r* \u00a3\t02\t65 (m. V. 5)\t35,4 (m. y. 4,4)\nRoth neben Gr\u00fcn\t43,6 (m. V. 6,4)\t41,2 (m. y. 3)\t41,2 (m. V. 4,4)\t49 (m. V. 3)\t81,2 (m. y. 0,8)\t76 (m. y. 11,2)\t40 (m. V. 0)\n3 03 s\t62,6 (m. V. 3,8)\t40 (m, y. 0)\t33,6 (m. V. 2,4)\t40 (m. V. 0!\t52 (m. y. 5,2)\t61 (m. y. 8,4)\tT\u20141 CO \u25ba> CO . \u00fc\n\u00d6 :e\t107,4 (m. Y. 8,4)\t68,8 (m. y. 8)\t03 \u00e7\u00a3> 03 03 . CD \u00e9\t73,4 (m. y. 10,2;\t0Q 03 tH cd' . \u00e4\t106,6 (m. y. 9,8;\t75 (m. V. 2)\nrO\tCD O o T\u2014i\tO 02\t86,4 (m. V. 8,4)\to 02\t100 (m. y. 10)\t107,2 (m. y. 7)\tCD 02\nr\u00df -+-> o Ph\t110,8 (m. y. 14,2)\t\u25a0 68 (m. y. 10,6)\t71,2 (m. y. 4)\t88,4 (m. V. 8,4)\t102,2 (m. V. 12,8)\t104 (m. V. 14,6)\t66,4 (m. V. 3,6)\nBezeichnung der Erm\u00fcdungsfarben\to\tOrange\tGelb (fl. E.)\tGelbgr\u00fcn\t\u00d6 :s cs\t0 cJ s\t&\n\tuiapnaaiSuM jne\tjoq\t\t\t\t\t\t","page":600},{"file":"p0601.txt","language":"de","ocr_de":"Der Feclmer-Helmlioltz\u2019sche Satz \u00fcber negative Nachbilder u. s. w. 601\njiche Erm\u00fcdungsfarben auf allen gleich hell aussehenden Reactionsf arben Wirkungen von eben so verwandter Gr\u00f6\u00dfe, wie sie schon f\u00fcr die Messung des Helligkeitsnachbildes auf allen Farben gefunden worden war. Die Pro-portionalit\u00e4tsfactoren, mit denen beliebige Farben ihrer Intensit\u00e4t entsprechend auf ein Farbennachbild reagiren, schwanken zwischen keiner weiteren Grenze als beim Helligkeitsnachbild, f\u00fcr welch letzteres doch ganz sicher jede einzelne Farbe trotz jener Verschiedenheiten der absoluten Werthe genau dem Fechner-Helmholtz\u2019schen Satze entsprach. Ja man kann sagen, im allgemeinen ist die Differenz sogar relativ kleiner, als die gr\u00f6\u00dfte Differenz zwischen dem kleinsten Helligkeitsnachbild auf Gelb und dem gr\u00f6\u00dften auf Blau. Besonders wichtig ist es aber nun auch, dass die sogen. Aequivalenzverh\u00e4ltnisse, die fr\u00fcher f\u00fcr nicht homogene Farben zuerst gefunden und dann auch hei den reinen Helligkeitsnachbildern wieder erkannt worden waren, auch bei Verwendung homogener Farben ihre Bedeutung heibehalten. Am eindringlichsten zeigt sich diese That-sache, wenn man f\u00fcr jede einzelne Beactionsfarbe den Mittelwerth aus den Nachbildern von s\u00e4mmtlichen Erm\u00fcdungsfarben ableitet. Diese Mittelwerthe sind in der Tabelle in der letzten Verticalieihe zusammengestellt und ebenso in die graphische Darstellung (als schraf-firte Linie) eingetragen. Vergleicht man nun diese Reihe mit den Wer then f\u00fcr das reine Helligkeitsnachbild aus Tabelle II, so zeigt sich mit aller Deutlichkeit das analoge Verh\u00e4ltniss der \u00bbAequi-valenzwertlie \u00ab f\u00fcr das Helligkeitsnachbild und der mittleren Ae qui valenz wer the f\u00fcr das Farbennachbild. Am sch\u00f6nsten \u00fcberblickt man dieses Verh\u00e4ltniss beim Vergleich der zuletzt genannten Curve der Mittelwerthe M und der mit 1 hezeichneten IF-Curve in Fig. 2, die beide nahezu parallel verlaufen, und zwar in Uebereinstimmung mit dem sonstigen Gr\u00f6\u00dfenverh\u00e4ltniss beider Arten von Nachbildern mit gr\u00f6\u00dferen Ordinaten f\u00fcr das Farbennachbild. Besonders auff\u00e4llig ist auch die zuf\u00e4llig sogar vollst\u00e4ndige Uebereinstimmung hinsichtlich des Werthes f\u00fcr reagirendes Grau, der in beiden F\u00e4llen mit reagirendem Orange bis auf weniger als den halben Grad zusammentrifft, welch letzteres Verh\u00e4ltniss oben bereits ausf\u00fchrlicher discutirt wurde. Nur f\u00fcr Roth stimmt das Verh\u00e4ltniss insofern nicht ganz \u00fcberein, als es beim Helligkeitsnachbild","page":601},{"file":"p0602.txt","language":"de","ocr_de":"602\nWilhelm Wirth.\ndas Gr\u00fcn wenigstens in Tabelle II und III noch \u00fcbertrifft. Es gen\u00fcgt aber f\u00fcr die Uebereinstimmung, dass \u00fcberhaupt ein gr\u00f6\u00dferer Werth f\u00fcr reagirendes Roth vorhanden ist, wie es zu .den Ergebnissen bei Dunkeladaptation in Gegensatz steht. Zeigt ja doch schon z. B. Tabelle I auch f\u00fcr Helladaptation einen etwas gr\u00f6\u00dferen Werth f\u00fcr Gr\u00fcn, so dass das beiderseitige Yerh\u00e4ltniss zun\u00e4chst h\u00f6chstens als ungef\u00e4hre Gleichheit bezeichnet werden kann. Dadurch wird also das schon oben hervorgehobene Resultat noch sicherer gestellt, dass die Curve der Aequivalenzwerthe nur ein Minimum in der N\u00e4he des Gelb aufweist, w\u00e4hrend nach dem reinen vollges\u00e4ttigten Both hin, wie es freilich nur bei Helladaptation in dieser \u00bbscheinbaren\u00ab Helligkeit zu erreichen ist, wieder eine Ann\u00e4herung an die Werthe auf der entgegengesetzten Seite des Spektrums vorhanden ist. Den absoluten Gr\u00f6\u00dfen der Mittelwerthe darf nat\u00fcrlich wegen der Verschiedenheit der Bedingungen bei jeder einzelnen Erm\u00fcdungsfarbe noch kein allzu gro\u00dfer Werth beigelegt werden. Dennoch wird man erst durch ihn von den besonderen Abweichungen des Earbennachbildes je nach dem Farbentone der Erm\u00fcdungsfarbe einigerma\u00dfen unabh\u00e4ngig, welche neben jener Uebereinstimmung der mittleren Aequivalenzwerthe mit dem Helligkeitsnachbild unstreitig vorhanden sind und f\u00fcr jede einzelne Erm\u00fcdungsfarbe den von dem Aequivalenzwerthe der Farbe als solchem abh\u00e4ngigen Verlauf der Curve compliciren. Hinsichtlich dieser Verschiedenheiten der einzelnen Curvenformen f\u00fcr die verschiedenen Erm\u00fcdungsfarben ist insbesondere die Regelm\u00e4\u00dfigkeit nicht zu verkennen, mit welcher eine jede reagirende Farbe jederzeit dann die g\u00fcnstigste Stellung im Verh\u00e4ltniss zu den \u00fcbrigen Reactionsfarben besitzt, wenn die n\u00e4mliche Farbe zugleich Erm\u00fcdungsfarbe gewesen ist. Am auff\u00e4lligsten tritt dies f\u00fcr Gelb hervor, das bei allen anderen Erm\u00fcdungsfarben eine fr\u00fche Einsenkung der Curve darstellt, bei Curve 3 hingegen, d. h. f\u00fcr Gelb selbst als Erm\u00fcdungsfarbe, von den \u00fcbrigen Reactionsfarben verh\u00e4ltnissm\u00e4\u00dfig nur wenig abweicht. Man muss ja hierbei zugleich die absolute H\u00f6he der Werthe ber\u00fccksichtigen, die hier eine ziemlich hohe ist, so dass die vorhandene Differenz nur wenig in Betracht kommt. Aehnliches gilt aber auch f\u00fcr Roth, Blau und Gr\u00fcn. F\u00fcr die Complement\u00e4rfarbe und die von beiden gleich weit entfernten Farben ist ein deutlich ausgepr\u00e4gtes Verh\u00e4ltniss kaum nachzuweisen.","page":602},{"file":"p0603.txt","language":"de","ocr_de":"Der Fechner-Helmholtz\u2019sche Satz \u00fcber negative Nachbilder u. s.w. 603\nGerade diese feste Abh\u00e4ngigkeit der Abweichungen, die vom Tone der Erm\u00fcdungsfarbe abh\u00e4ngen, bringt es nun mit sich, dass in einem Mittelwerth, der aus s\u00e4mmtlichen Werth en f\u00fcr die verschiedenen, gleichm\u00e4\u00dfig \u00fcber das Spektrum vertheilten Erm\u00fcdungsfarben abgeleitet ist, diese vom qualitativen Verh\u00e4ltniss zwischen der reagirenden und der erm\u00fcdenden Farbe abh\u00e4ngigen Differenzen der Werthe zur\u00fccktreten und in der oben dargelegten Weise ausschlie\u00dflich die allgemeinen Aequivalenzverh\u00e4ltnisse der verschiedenen Reactionsfarben f\u00fcr Nachbilder \u00fcberhaupt \u00fcbrig bleiben, wie wir sie schon bei den reinen Helligkeitsnachbildern kennen gelernt haben.\nEs ist indessen bei diesen relativ hohen reagirenden und erm\u00fcdenden Intensit\u00e4ten hei Helladaptation auch f\u00fcr jede Erm\u00fcdungsfarbe im einzelnen eine gr\u00f6\u00dfere Ann\u00e4herung der Curve an die allgemeine Form der reinen Aequivalenzcurve vorhanden, also ein kleinerer Einfluss der Earbentoneinfl\u00fcsse, als wir sie sogleich unter anderen Bedingungen kennen lernen werden. Die Abh\u00e4ngigkeit vom Earbenton kommt nur als eine kleine Modification dieser allgemeinen Aequivalenzcurve zur Geltung. Es scheint also, dass nach Fixation der Farbe auf schwarzem Grunde unter den genannten Bedingungen das mit dem Earbennachbilde hier stets verbundene Helligkeitsnachbild selbst\u00e4ndiger zur Geltung kommt, f\u00fcr welches eben ganz unabh\u00e4ngig vom erm\u00fcdenden Farbenton jenes allgemeine Verh\u00e4ltnis zutrifft. Einen viel weitergehenden Einfluss gewinnt das qualitative Verh\u00e4ltniss zwischen reagirendem Farbenton aber nun bei dem reinen Farbennachbild, wie es durch Fixation der Farbe neben Grau entsteht. Die Zusammenstellung ann\u00e4hernd complement\u00e4rer Farben von gleicher Helligkeit hingegen scheint durch die Mitwirkung der beiden so verschiedenen Farbent\u00f6ne zum Gesammtwerthe des Nachbildes ebenfalls gewisse Compensationen der vom Farbenton abh\u00e4ngigen Abweichungen herbeizuf\u00fchren, so dass wiederum mehr das reine Aequi-valenzverh\u00e4ltniss hervortritt. Allerdings besteht bei Curve 6 und 7 der Figur f\u00fcr das Nachbild von Rotli-Gr\u00fcn und Blau-Gelb eine dem Verh\u00e4ltniss bei Dunkeladaptation \u00e4hnliche Form, indem wiederum Roth seinem geringen Werthe nach weit hinter Gr\u00fcn und Blau zur\u00fccksteht. Diese Angaben best\u00e4tigen sich auch in weiteren Untersuchungen nach Anordnung A,' in denen aber dann neben den Nachbildern von Roth-Gr\u00fcn und Blau-Gelb vor allem auch reine Helligkeitsnachbilder ein-","page":603},{"file":"p0604.txt","language":"de","ocr_de":"604\n\"Wilhelm \"Wirth.\nf\u00e2cher homogener Farben durch Fixation von Roth, Gelb und Gr\u00fcn je neben Grau abgeleitet wurden. Die Reactionsfarben sind zu diesem Zwecke allerdings \u00fcberall etwas in ihrer Intensit\u00e4t herabgesetzt, weil die Deutlichkeit der Farbe bei der Superposition der erm\u00fcdenden und der reagirenden Farbencombination, und damit die Sicherheit und Sch\u00e4rfe der Messung des Nachbildes bei Zumischung der Farbe neben Grau von gleicher Helligkeit au\u00dferdem eine zu geringe w\u00e4re. Die Herabsetzung der reagirenden Intensit\u00e4t ungef\u00e4hr um die H\u00e4lfte, nat\u00fcrbch mit neuer Herstellung des gleich hellen Aussehens, ergab also zwar entsprechend geringere Werthe, vermehrte aber daf\u00fcr ihre\nSicherheit. In Tabelle VII und Fig. 5 sind die entsprechenden Werthe nach dem n\u00e4mlichen Schema wie bisher zusammengestellt. Dabei kam vor Einf\u00fchrung des fl\u00fcssigen Strahlenfilters f\u00fcr Gelb zun\u00e4chst f\u00fcr die ersten Reihen dieser Tabelle Orange als vierte Reactionsfarbe zur Verwendung.\nDie Mittelwerthe aus den verschiedenen Nachbildern f\u00fcr jede einzelne Reactionsfarbe haben hier wegen der Unvollst\u00e4ndigkeit dieser Controllreihen nicht ganz die Bedeutung wie oben. Doch ist auch hier die Ann\u00e4herung an die Curve der reinen Aequivalenzverh\u00e4ltnisse unverkennbar. Allerdings stellt sich der Werth f\u00fcr Roth relativ etwas geringer, als sonst bei Helladaptation, ohne dass jedoch die Ann\u00e4herung an den Werth f\u00fcr Gr\u00fcn zu \u00fcbersehen w\u00e4re. Zudem w\u00fcrde hier schon die geringere Intensit\u00e4tsstufe die volle Vergleichbarkeit mit jenen Tabellen bei voller Inten-","page":604},{"file":"p0605.txt","language":"de","ocr_de":"Der Fechner-Helmholtz\u2019sche Satz \u00fcber negative Nachbilder u, s. w. 005\nTabelle VII (Helladaptation).\nMessung reiner Farbennachbilder auf gleich hellen Eeactionsfarben.\n\t\tRoth neben Grau\tBezeichnur Gelb neben Grau\tlg der Erm\u00fcc Gr\u00fcn neben Grau\tungsfarhen Roth neben Gr\u00fcn\tGelb neben Blau\tMittel- werth\n\"Werth des Nachbildes auf\t]\tRoth\t43,4 (m. Y. 1,4)\t34\t13,4 (m. Y. 0,6)\t27 (m. V. 3)\t21 (m. V. 2,8)\t27,7\n\tOrange\t33,4 (m. V. 3,4)\t\u2014\t16,2 (m. V. 0,8)\t22 (m. V. 2)\t\u2014\t| 25,1\n\tGelb\t\u2014\t34\t\u2014\t\u2014\t20,2 (m. Y. 1)\t\n\tGr\u00fcn\t32,4 (m. V. 4,4)\t36\t26,4 (m. V. 0,4)\t31,4 (m. V. 0,6)\t31,4 (m. V. 7)\t31,5\n\t. Blau\t38,4 (m. V. 1,4)\t42\t29,4 (m. Y. 3,4)\t38,4 (m. V. 0,4)\t43,4 (m. V. 8,4)\t38,1\nsit\u00e4t und Helladaptation etwas beeintr\u00e4chtigen. Im wesentlichen aber behalten die Aequivalenzverh\u00e4ltnisse ihre Bedeutung bei und dies entspricht ja vollkommen der Thatsache, dass sie \u00fcberhaupt bei den reinen Farbennachbildern im zweiten Theile dieser Arbeit zu allererst aufgefallen waren. Au\u00dferdem ist aber hier nun doch vor allem der Einfluss des qualitativen Verh\u00e4ltnisses zwischen erm\u00fcdender und rea-girender Farbe an den Werthen f\u00fcr die verschiedenen Erm\u00fcdungsfarben viel deutlicher zu erkennen als bisher. Die Curve f\u00fcr Gelb z. B. verl\u00e4uft ann\u00e4hernd parallel zur Abscissenaxe und zeigt erst nach Gr\u00fcn und Blau hin eine kleine Steigung. F\u00fcr Gelb neben Blau hingegen ist diese letztere Steigung sehr deutlich. Sehr markant ist im gleichen Sinne der Unterschied des Nachbildes von Gr\u00fcn neben Grau einerseits und Roth neben Grau anderseits, w\u00e4hrend das Nachbild von Roth neben Gr\u00fcn einen mittleren Verlauf zeigt. Bei Erm\u00fcdung durch Gr\u00fcn reagirt Roth relativ am geringsten, Gelb mehr und es ist ein deutliches Ansteigen nach Gr\u00fcn und Blau zu erkennen. F\u00fcr Erm\u00fcdung durch Roth hingegen hebt sich der Werth f\u00fcr reagirendes Roth sogar deutlich als der relativ gr\u00f6\u00dfte heraus. Es zeigt sich also wiederum wie bei der Untersuchung der Aequivalenzverh\u00e4ltnisse f\u00fcr Helligkeitsnachbilder bei Dunkeladaptation ein gewisser Gegensatz","page":605},{"file":"p0606.txt","language":"de","ocr_de":"606\nWilhelm Wirth.\nzwischen den beiden Theilen des Spektrums. In der relativen Beg\u00fcnstigung oder Benachtheiligung seitens einer bestimmten Erm\u00fcdungswirkung geh\u00f6ren hier nicht etwa die Complement\u00e4rfarben zusammen, so dass z. B. hei Erm\u00fcdung durch Roth die Werthe f\u00fcr Roth und Gr\u00fcn gegen\u00fcber denen von Blau und Gelb bevorzugt w\u00fcrden. Vielmehr ist hei Erm\u00fcdung durch Gr\u00fcn Blau sowohl als Gr\u00fcn besonders g\u00fcnstig gestellt gegen\u00fcber Roth und Gelb, w\u00e4hrend beide kalten Farben hinter Roth zur\u00fccktreten und Gelb wenig \u00fcbertreffen, wenn durch Roth erm\u00fcdet wurde. Gerade diese reinen Farbennachbilder d\u00fcrften aber \u00fcber die Zusammengeh\u00f6rigkeit der reagirenden Farben am meisten entscheiden. Die ganz \u00e4hnliche Wirkung auf der zwischen der Erm\u00fcdungsfarbe und ihrer Oomplement\u00e4rfarbe gelegenen Nachbarfarbe, die noch zur \u00bbwarmen\u00ab oder \u00bbkalten\u00ab Seite des Spektrums mit hinzugeh\u00f6rt, scheint also in der Form der Abh\u00e4ngigkeit des Werthes vom Verh\u00e4ltniss des reagirenden und erm\u00fcdenden Reizes einen integrirenden Bestandtheil zu bilden, und dies zeigt am allerdeutlichsten, dass die Zusammengeh\u00f6rigkeit der Complement\u00e4rfarben Blau-Gelb, bezw. Roth-Gr\u00fcn niemals mit einer Einschr\u00e4nkung der Nachbildwirkung, die von einer der beiden als Erm\u00fcdungsfarbe herstammt, gleichbedeutend sein kann. Die Wirkung ist vielmehr hier in einer sehr stetigen Ver\u00e4nderung durch das ganze Spektrum hindurch abgestuft.\nTrotz des gleichzeitigen Hinzutretens eines Helligkeitsnachbildes, wie es bei Fixation der Farbe auf dunklem Grunde unvermeidlich ist, scheint der Unterschied der Curvenform bei den verschiedenen Erm\u00fcdungsfarben auch schon bei etwas geringerer Intensit\u00e4t der Reactionsfarben deutlicher hervorzutreten. Wenigstens scheint mir eine Reihe darauf hinzuweisen, welche diese vom reinen Aequivalenz-verh\u00e4ltniss abweichende Curvenform gerade an dem markantesten Fall auf finden lie\u00df, wo das im Mittel mit dem geringsten Aequivalenz-werth reagirende Gelb zugleich Erm\u00fcdungsfarbe war. Die folgende kleine Tabelle VIII stellt die Werthe f\u00fcr die vier Hauptfarben in ihrer um das Vierfache herabgesetzten Intensit\u00e4t dar, wie sie oben schon einmal in Tabelle IH auf das reine Helligkeitsnachbild reagirten. Die Hebung des Nachbildwerthes f\u00fcr reagirendes Gelb und die hierdurch herbeigef\u00fchrte Ann\u00e4herung an einen parallelen Verlauf der Curve, wie er in Fig. 3 zu Tabelle VII f\u00fcr die Er-","page":606},{"file":"p0607.txt","language":"de","ocr_de":"Der Fechner-Helmholtz\u2019 sehe Satz \u00fcber negative Nachbilder u. s. w. 607\nm\u00fcdungsfarbe Gelb gefunden wurde, ist hier ebenso deutlich zu erkennen.\nTabelle VIII (Helladaptation).\nDas Nachbild von Gelb auf Schwarz auf den vier Hauptfarben von je */4 Intensit\u00e4t gemessen.\nDie reagirenden Farben\tRoth\tGelb (fiiiss. Filt.)\tGr\u00fcn\tBlau\n\u201cWerth des Nachbildes von Gelb auf Schwarz\t24 (m. Y. 4)\t26\t26\t26,6 (m. V. 4)\nAm klarsten treten aber diese Unterschiede bei verschiedenen Erm\u00fcdungsfarben und die Zusammengeh\u00f6rigkeit der kalten und warmen Farben trotz gleichzeitigen Helligkeitsnachbildes, d. h. trotz Fixa tion der Erm\u00fcdungsfarbe auf schwarzem Grunde, bei Dunkeladaptation hervor, obgleich hier gerade das charakteristische Moment der Farbentonempfindung, die S\u00e4ttigung, sehr herabg setzt und die Helligkeitserregbarkeit sehr gesteigert ist. Doc ist ja auch hier die reagirende Intensit\u00e4t bedeutend herabgesetzt, welche nach Tabelle VHI f\u00fcr die Erkenntniss dieser Differenzen besonders g\u00fcnstig zu sein scheint- Diese Versuche hei Dunkeladaptation in der im 2. Kapitel beschriebenen Weise registrirt Tabelle IX mit den Ourven Fig. 3, aus denen fr\u00fcher schon das reine Helligkeitsnachbild behandelt wurde.\nZun\u00e4chst zeigt sich ebenso wie bei jenen Versuchen bei Helladaptation eine gute Uebereinstimmung des Verh\u00e4ltnisses der aus allen Farbennachbildern gewonnenen Mittel-werthe f\u00fcr die verschiedenen Reactionsf arben und der entsprechenden Werthe f\u00fcr das reine Helligkeitsnachbild, wobei dem Unterschiede von Hell- und Dunkeladaptation entsprechend auch wiederum Roth noch etwas ung\u00fcnstiger als Gelb, gestellt ist. Auch hier ist der Vergleich am besten in der Fig. 3 auszuf\u00fchren, in welcher beide Curven besonders gekennzeichnet sind. Auch verl\u00e4uft die Farbencurve wieder entsprechend h\u00f6her als diejenige des reinen Helligkeitsnachbildes. Doch ist auch hier die Ableitung","page":607},{"file":"p0608.txt","language":"de","ocr_de":"608\nWilhelm Wirth.\nTabelle IX (Dunkeladaptation).\nDas Nachbild nach Fixation der Erm\u00fcdungsfarbe auf Schwarz wird auf vier gleich hellen Farben gemessen.\nBezeichnung der reagirenden Farben\tWerthe f\u00fcr die Erm\u00fcdungsfarben\t\t\t\tMittelwerthe aus allen Nachbildern\n\tRoth\tGelb\tGr\u00fcn\tBlau\t\nRoth\t28 (m. Y. 2)\t50 (m. V. 6,6)\t40 (m. V. 4)\t20 (m. V. 2)\t34,5\nGelb (trockener Filter)\t22 (m. V. 2)\t50 (m. Y. 10)\t44 (m. V. 0)\t30 (m. V. 2)\t36,5\nGr\u00fcn\t24 (m. V. 2)\t50 (m. V. 0)\t82 (m. Y. 8)\t50 (m. Y. 4,8)\t51,5\nBlau\t27 (m. Y. 3)\t49 (m. Y. 5)\t82 (m. V. 10)\t67 (m. Y. 3)\t56,2\nder Mittelwerthe in Ermangelung einer v\u00f6lligen Vergleichbarkeit der verschiedenen Curven hinsichtlich ihrer absoluten Werthe nur ein grobes Mittel, um in allen Curven neben der Verschiedenheit je nach der Erm\u00fcdungsfarbe die gemeinsam vorhandene Auspr\u00e4gung des reinen Aequivalenzverh\u00e4ltnisses f\u00fcr Dunkeladaptation mit seinem von Gelb bis Gr\u00fcn mit gro\u00dfer Geschwindigkeit fortschreitenden Ansteigen nach Blau hin erkennen zu lassen.\nElir die einzelnen Erm\u00fcdungsfarben ist aber nun hier besonders stark die engere Zusammengeh\u00f6rigkeit der beiden H\u00e4lften des Spektrums ausgepr\u00e4gt. Nach Erm\u00fcdung durch Roth und durch Gelb (Curve 2 u. 3) ist ein ann\u00e4hernd paralleler Verlauf der Curven vorhanden, besonders bei Gelb, und ist hierdurch die in dem allgemeinen Aequivalenzverh\u00e4ltniss gegebene Steigung der Werthe nach der Blauseite hin durch die Beg\u00fcnstigung der ganzen warmen Seite des Spektrums ann\u00e4hernd compensirt. In Curve 4 und 5, welche der Erm\u00fcdung durch Gr\u00fcn und Blau entspricht, ist hingegen umgekehrt die f\u00fcr jede Reactionsfarbe vorhandene Abweichung vom Mittel, welche sich auf das qualitative Verh\u00e4ltnis zur Erm\u00fcdungsfarbe gr\u00fcndet, zu der Abweichung auf Grund des allgemeinen Aequivalenzverh\u00e4ltnisses gleichgerichtet und sie steigert hier daher besonders stark das steile Ansteigen nach der Gr\u00fcn-Blau-Seite hin.","page":608},{"file":"p0609.txt","language":"de","ocr_de":"Der Feehner-Heknholtz\u2019sche Satz \u00fcber negative Nachbilder u. s.w. fc>09\nWeitere Beziehungen der Ourvenformen zum qualitativen Verh\u00e4ltniss der reagirenden und erm\u00fcdenden Farben (z. B. eine wiederum relativ noch gr\u00f6\u00dfere Beg\u00fcnstigung einer der beiden Farben innerhalb der warmen oder kalten Zone, wenn die Erm\u00fcdungsfarbe zum n\u00e4mlichen Gegenfarbenpaare hinzugeh\u00f6rt) sind auch bei Dunkeladaptation zum mindesten nicht in eindeutiger Weise aufzufinden. Nur eine Beg\u00fcnstigung des Werthes f\u00fcr die zugleich reagirende Erm\u00fcdungsfarbe ist auch hier noch als drittes Moment neben den beiden anderen des allgemeinen Aequivalenzverh\u00e4lt-nisses einerseits und der engeren Zusammengeh\u00f6rigkeit der beiden Nachbarfarben jeder H\u00e4lfte des Spektrums andererseits nachzuweisen, wie auch schon bei den Versuchen mit Helladaptation im Anschluss an Tabelle VI hervorgehoben wurde. In diesen drei Momenten sind aber nun zugleich s\u00e4mmtliche Factoren nochmals zusammengefasst, welche f\u00fcr die Abh\u00e4ngigkeit des Nach-bildwerthes von der reagirenden Farbe und von ihrem Verh\u00e4ltniss zur erm\u00fcdenden mit einiger Sicherheit abgeleitet werden konnten. Aus diesen specielleren Formulirungen l\u00e4sst sich wiederum da s allgemeinste und wichtigste Besultat herausheben, dass ein jedes Nachbild, gleichg\u00fcltig, von welcher Fixationsfarbe es herstammt, auf s\u00e4mmtlichen Beactionsfarben eine Gr\u00f6\u00dfe besitzt, die im allgemeinen nur wenig von dem f\u00fcr alle Nachbildwirkungen g\u00fcltigen Aequivalenz-verh\u00e4ltnisse abweicht und der reagirenden Intensit\u00e4t gem\u00e4\u00df dem Fechner-Helmholtz\u2019schen Satze proportional ist. In diesem Satze mit den genannten secund\u00e4ren Momenten ist aber dann auch die allgemeinste Gesetzm\u00e4\u00dfigkeit f\u00fcr die gesammten Erscheinungsformen der negativen Nachbilder unter den hier ben\u00fctzten Entstehungsbedingungen ausgesprochen, insofern auch f\u00fcr die reinen Helligkeitsnachbilder nach unseren jetzigen Untersuchungen das allgemeine Aequivalenzverh\u00e4ltniss seine G\u00fcltigkeit beh\u00e4lt, w\u00e4hrend nat\u00fcrlich die vom erm\u00fcdenden Farbenton abh\u00e4ngigen Differenzirungen wegen der Indifferenz der Erm\u00fcdungsfarbe von selbst in Wegfall kommen. Es bleibt also hier nur noch die fr\u00fcher ausf\u00fchrlicher behandelte besondere Constante hinzuzuf\u00fcgen, um welche das Helligkeitsnachbild seinem relativen Werth nach stets hinter den Farbennachbildern zur\u00fccksteht.","page":609},{"file":"p0610.txt","language":"de","ocr_de":"610\nWilhelm Wirth.\n4. Zur Abweichung der \u00e4quivalenten Intensit\u00e4ten der reagirenden Farben von d,er gleichen Helligkeit.\nBevor die besonderen Gesetzm\u00e4\u00dfigkeiten der farbigen Nachbilder in ihrer theoretischen Bedeutung zur Sprache kommen, muss zun\u00e4chst noch jene allgemeinste Form der Abh\u00e4ngigkeit des Nachbild-werthes von der reagirenden Farbenintensit\u00e4t einigerma\u00dfen verst\u00e4ndlich gemacht werden, welche darin besteht, dass die reagirende Intensit\u00e4t, welche zu dem gleichen Nachbildwerthe f\u00fchrt, je nach den Farbent\u00f6nen verschieden hell erscheint, und zwar ungef\u00e4hr in dem Sinne, dass das \u00e4u\u00dferste Rot und Gr\u00fcn etwa gleichwerthig sind, w\u00e4hrend ein gleich stark reagirendes, also nach der obigen Terminologie \u00e4quivalentes Blau eine geringere, ein \u00e4quivalentes Gelb aber eine gr\u00f6\u00dfere Helligkeit besitzt und die Zwischenfarben einen continuirlichen Uebergang vermitteln. Dass der Begriff der sog. specifischen. Helligkeiten hier nicht kl\u00e4rend wirken kann, wurde bereits fr\u00fcher erw\u00e4hnt. Man k\u00f6nnte aber bei meinen Angaben, die allerdings nur die allgemeine Reihenfolge charakterisiren, auch an das scheinbare Helligkeitsverh\u00e4ltniss denken, welches die betreffenden Farben einhalten, wenn sie paarweise zu einem gleich hell erscheinenden Grau gemischt werden. Ebenso wie innerhalb des antagonistischen Processes der Aufhebung des Farbencharakters bestimmte Intensit\u00e4tsverh\u00e4ltnisse als gleichwerthig erscheinen; k\u00f6nnte diese Leistungsf\u00e4higkeit auch f\u00fcr die Entwicklung des negativen Nachbildes in Betracht kommen. Diese Ueberlegung verliert indessen ihre Tragweite durch die Abh\u00e4ngigkeit der f\u00fcr den Antagonismus \u00e4quivalenten Intensit\u00e4tsverh\u00e4ltnisse von der Adaptationslage. Denn die f\u00fcr das Nachbild \u00e4quivalenten Intensit\u00e4ten der verschiedenen Farbent\u00f6ne scheinen nach den mitgetheilten Beobachtungen f\u00fcr Hell- und Dunkeladaptation eine ganz \u00e4hnliche Stufenreihe einzuhalten, sie sind also ein f\u00fcr alle Mal an den Farbenton fest gebunden. Mit ihrem Yerli\u00e4ltniss stimmt aber die Curve der zu Grau sich aufhebenden Farbenintensit\u00e4ten nur in der He 11 adaptation ann\u00e4hernd \u00fcberein. F\u00fcr Dunkeladaptation weicht diese letztere jedoch bekanntlich nach dem Purkinje\u2019schen Ph\u00e4nomen bedeutend von dieser auch hier f\u00fcr die Nachbilder g\u00fcltigen Reihenfolge ab. Au\u00dferdem w\u00e4re aber mit dieser Analogie, auch wenn sie","page":610},{"file":"p0611.txt","language":"de","ocr_de":"Der Fechner-Helmlioltz\u2019sche Satz \u00fcber negative Nachbilder u. s. w. \u00dfll\ndurchzuf\u00fchren w\u00e4re, an und f\u00fcr sich noch nichts f\u00fcr die Verdeutlichung gewonnen, weil eben das gefundene Aequivalenzverh\u00e4ltniss nicht nur f\u00fcr die Farbennachbilder als typischer Grundzug neben allen Abweichungen hervortritt, sondern insbesondere f\u00fcr die Helligkeitsnachbilder am ungetr\u00fcbtesten zur Geltung kommt. F\u00fcr diese letzteren ist aber nach dem Fechner-Helmholtz\u2019schen Satze \u00fcberall die reagirende Helligkeit entscheidend und w\u00fcrde diese Auffassung wegen der anderweitig hinreichend gesicherten Hypothese einer Abtrennung des Helligkeits- vom Farbenprocesse nur um so schwerer aufzugeben sein. Selbst wenn man also auch der Farbenerregung, die aus dem Antagonismus frei hervorgegangen ist, eine von ihrem Tone abh\u00e4ngige specifische Wirksamkeit in einem ganz neuen Sinne zuschreiben wollte, wonach der actuelle Gelb-process den selbst\u00e4ndigen Helligkeitsprocess in allen Adaptationslagen noch mehr steigern, Blau denselben herabsetzen w\u00fcrde, gegen\u00fcber derjenigen Wirkung auf den Wei\u00dfprocess, die man den \u00e4u\u00dferen Reizen allein zuschreiben w\u00fcrde, so w\u00e4re damit eben nur der durch seine Quantit\u00e4t f\u00fcr das Helligkeitsnachbild entscheidende Vorgang im Ganzen ver\u00e4ndert, und m\u00fcsste die scheinbare Helligkeit und der Nachbildwerth doch wieder gleichzeitig im n\u00e4mlichen Sinne ver\u00e4ndert worden sein. Denn es w\u00e4re nicht abzusehen, wie nur ein Theil des Helligkeitsprocesses f\u00fcr das Nachbild zur Geltung kommen sollte.\nDie beste Vereinigung mit dem subjectiven Thatbestande d\u00fcrfte also wohl dadurch erreicht werden, dass man die scheinbare Helligkeit, wie sie im unmittelbaren Vergleichsurtheil zur Geltung kommt, im allgemeinen auf zwei Factoren zur\u00fcckf\u00fchrt, von denen nur der eine, wesentlichere dem selbst\u00e4ndigen Helligkeitsprocesse entspricht und somit auch im Ganzen gleichm\u00e4\u00dfig f\u00fcr die Berechnung des Helligkeitsnachbildes in Betracht kommt, w\u00e4hrend der andere nur wegen seines psychologischen Empfindungscharakters dem subjectiven Correlate des selbst\u00e4ndigen Helligkeitsprocesses verwandt ist und deshalb nur in dem Vergleichsurtheil eine \u00e4hnliche Function wie dieses Correlat auszu\u00fcben im st\u00e4nde ist. F\u00fcr den peripherphysiologischen Process des Nachbildes k\u00e4me er einfach deshalb nicht noch einmal besonders in Betracht, weil er nur in der Qualit\u00e4t des Farbenprocesses seine peripher-physiologische Grundlage besitzt, auf welche sich das Helligkeitsnachbild nicht bezieht. Eine Differenz\nWund t, Pliilos. Studien. XVIII.\t4Q","page":611},{"file":"p0612.txt","language":"de","ocr_de":"612\nWilhelm Wirth.\nim Sehfelde, welche bei Gleichheit der benachbarten reinen Hellig-keitsprocesse ausschlie\u00dflich in einem Unterschiede hinsichtlich dieses besonderen Charakters der neben einander fixirten Farben besteht, w\u00fcrde also auch z. B. kein in dem Substrat der Helligkeitsprocesse begr\u00fcndetes Helligkeitsnachbild, sondern ausschlie\u00dflich ein reines Farbennachbild erzeugen k\u00f6nnen. Nach dieser Auffassung m\u00fcsste also der Farbencharakter des Gelb an und f\u00fcr sich bei gleichem Werthe des gleichzeitigen Helligkeitsprocesses den n\u00e4mlichen Eindruck machen wie eine gr\u00f6\u00dfere farblose Helligkeit, \u00e4u\u00dferstes Bot und Gr\u00fcn k\u00f6nnte als indifferent betrachtet werden, w\u00e4hrend Blau sogar den Eindruck der Quantit\u00e4t des reinen Helligkeitsprocesses herabzumindern im st\u00e4nde w\u00e4re. Die Wirkung einer gemischten Farbe m\u00fcsste dann bei der Continuit\u00e4t derVer\u00e4nderung des ma\u00dfgebenden Farbencharakters aus derjenigen der Componenten ann\u00e4hernd zu berechnen sein. Hinsichtlich der Abh\u00e4ngigkeit von der relativen S\u00e4ttigung bleibt bei dieser Auffassung freilich auch eine gewisse Schwierigkeit bestehen, insofern ja die charakteristische Bedeutung des Farbentones f\u00fcr die Helligkeitssch\u00e4tzung auch bei Dunkeladaptation mit ann\u00e4hernd den n\u00e4mlichen Constanten f\u00fcr die Abweichung wirkt, obgleich hier die S\u00e4ttigung eine geringe ist. Allerdings war auch hier die reagirende Intensit\u00e4t noch gro\u00df genug, um den Farbenton deutlich erkennen zu lassen. Au\u00dferdem sind aber gerade psychologische Nebenwirkungen zur Quantit\u00e4t der urs\u00e4chlichen Qualit\u00e4t nicht immer proportional. Auch diese Auffassung m\u00fcsste aber freilich, \u00e4hnlich wie diejenige von den specifischen Helligkeiten, f\u00fcr v\u00f6llige Farblosigkeit bei den niedrigsten Intensit\u00e4ten v\u00f6llige Uebereinstinunung erwarten. Nur wenn sich aucli dies nicht best\u00e4tigen w\u00fcrde, w\u00e4re eine im \u00fcbrigen noch v\u00f6llig unerkl\u00e4rbare Nebenwirkung der Wellenl\u00e4nge als solcher erwiesen, wie sie am ehesten noch zu dem auch im \u00fcbrigen noch freieren Hypothesensystem des 6. Capitels passen k\u00f6nnte. Bei Zul\u00e4nglichkeit jener psychologischen Erkl\u00e4rung k\u00e4me dann die eigenartige Uebereinstimmung der Aequivalenzverh\u00e4ltnisse mit den Helligkeitsverh\u00e4ltnissen der zu Grau sich aufhebenden Oom-plement\u00e4rfarben nur zuf\u00e4llig gerade bei Helladaptation zu st\u00e4nde, weil hier die S\u00e4ttigungsverh\u00e4ltnisse, zu denen die im complement\u00e4ren Antagonismus. gleichwerthigen Quantit\u00e4ten in umgekehrter Proportion stehen, zuf\u00e4llig auch zu dem charakteristischen Helligkeitseindruck","page":612},{"file":"p0613.txt","language":"de","ocr_de":"Der Fechner-Helmholtz\u2019sche Satz \u00fcber negative Nachbilder u. s. w. 613\nder Farben indirect proportional sind. Die universale Bedeutung der f\u00fcr die Helligkeitsnachbilder gleichwertigen Intensit\u00e4tsverh\u00e4ltnisse f\u00fcr alle negativen Nachbilder \u00fcberhaupt, also auch f\u00fcr die farbigen, w\u00fcrde nun je nach der Erkl\u00e4rung des negativen Farbennachbildes als einer blo\u00dfen Erregbarkeitsver\u00e4nderung der normalen Substrate oder einer selbst\u00e4ndigen Beimischung verschieden ausfallen k\u00f6nnen, wie aber erst nach einer eingehenderen Behandlung der beiden Theorien im n\u00e4chsten und \u00fcbern\u00e4chsten Capitel jeweils beigef\u00fcgt werden kann.\n5. Der Fechner-Helmholtz\u2019sche Satz und der v. Kries\u2019sche Satz in ihrer Bedeutung f\u00fcr die Erkl\u00e4rung der negativen Farbennachbilder als blo\u00dfer Erregbarkeitsver\u00e4nderungen.\n(Ohne Annahme von Miterregungen secund\u00e4rer Kestsubstrate u. s. w.)\nA. Die Hering-Hess\u2019sche Widerlegung einer solchen Erkl\u00e4rung im Sinne der Dreifarbentheorie.\nSchon in den fr\u00fcheren Ausf\u00fchrungen wurde \u00f6fters erw\u00e4hnt, dass eine theoretische Erkl\u00e4rung der negativen Nachbilderscheinungen jederzeit auf zwei principiell verschiedenen Wegen versucht werden k\u00f6nne. Man kann zun\u00e4chst einmal annehmen, dass einfach die beim Sehen ohne Nachbild actuellen Substrate durch die einseitige Beth\u00e4tigung in einer bestimmten Bichtung ihre Erregbarkeit gegen\u00fcber den \u00e4u\u00dferen Reizen ver\u00e4ndert h\u00e4tten, dass also die Vorg\u00e4nge im abnormen Zustande qualitativ mit den gew\u00f6hnlichen Reactionen auf die \u00e4u\u00dferen Reize vollst\u00e4ndig \u00fcbereinstimmen und auch im einzelnen ganz den n\u00e4mlichen Reizqualit\u00e4ten entsprechen, und dass nur eine proportionale Herabsetzung bezw. Steigerung des Quantums bei einer oder mehreren von diesen Qualit\u00e4ten den n\u00e4mlichen Reizen gegen\u00fcber eingetreten sei. Der l\u00e4ngst vor allen quantitativen Bestimmungen vermuthete Fechner-Helmholtz\u2019sche Satz f\u00fcr die proportionale Ver\u00e4nderung der Helligkeitsauffassung, die Grundform aller Adaptation, ist die einfachste Veranschaulichung dieser Neugestaltung, die sich nun auf jedes \u00fcberhaupt erregbare Substrat mit beliebigen qualitativen Leistungen beziehen kann. An zweiter Stelle kann man aber das negative Nachbild auch als Beimischung einer selbst\u00e4ndigen Erregung auffassen, die sich zu den vielleicht sogar\n40*","page":613},{"file":"p0614.txt","language":"de","ocr_de":"614\nWilhelm Wirth.\nganz nach alten Ma\u00dfverh\u00e4ltnissen erfolgenden normalen Erregungen hinzuaddirt, etwa auf Grund von Regenerationsvorg\u00e4ngen oder wegen der Entstehung secund\u00e4rer Restsubstrate durch die vorhergehende einseitige Erregung der normalen Substrate u. dergl. Die Form der quantitativen Erscheinungsweise solcher Beimischungen braucht dabei nicht nothwendig f\u00fcr alle reagirenden Erregungen einen auch nur ann\u00e4hernd constanten Werth zu besitzen, wie es in der Helmholtz-schen Formel f\u00fcr das positive Nachbild in seiner Unterscheidung vom negativen angenommen wird. Sobald z. B. secund\u00e4re Restbest\u00e4nde sozusagen als neues abnormes Farbenempfindungssubstrat hinzutreten, wird, hei entsprechender Zuordnung ad\u00e4quater Reizmomente f\u00fcr dieses neue Substrat auch wiederum eine Proportionalit\u00e4t zur Intensit\u00e4t solcher Reize abgeleitet werden k\u00f6nnen. Immer m\u00fcssen aber nat\u00fcrlich die Qualit\u00e4ten der hypothetischen Substrate und ihre Erregbarkeitsver\u00e4nderungen mit den thats\u00e4chlichen qualitativen und quantitativen Verh\u00e4ltnissen der Nachbilder auf allen reagirenden Farben im Einkl\u00e4nge sein. Schlie\u00dflich k\u00f6nnte auch eine Verbindung beider Momente versucht werden.\nDurch den Nachweis der Ausdehnung der Grundform desFechner-Helmholtz\u2019schen Satzes \u00fcber alle negativen Nachbilderscheinungen \u00fcberhaupt haben nun alle bisher dargelegten Versuchsresultate zun\u00e4chst nur die Unm\u00f6glichkeit dargethan, mit constanten Beimischun- <\u25a0 gen nach Art der positiven Nachbilder, also ohne Abh\u00e4ngigkeit von einem im vollen Sinne des Wortes reagirenden Reiz auszukommen. Sie fordern jedoch an sich keineswegs alle diese zur reagirenden Intensit\u00e4t proportionalen Verschiebungen mit blo\u00dfen Erregbarkeits-Ver\u00e4nderungen in dem seiner qualitativen Constitution nach unver\u00e4nderten Gesammtsubstrat aller Farbenempfindung zu erkl\u00e4ren. Diese Erkl\u00e4rung w\u00e4re ja gewiss die denkbar einfachste und systematisch wohlgef\u00e4lligste. Die beschriebenen Versuchsresultate haben indessen gerade durch die gleichzeitige Ausdehnung des Gebietes der reagirenden Erregungen, die alle thats\u00e4chlich eine dem Fechner-Helm-holtz\u2019schen Satze folgende Verschiebung erleiden, eine bedeutende Erschwerung der Aufgabe herbeigef\u00fchrt, das negative Nachbild aus einer rein quantitativen Verschiebung der Wirkungen der reagirenden Reize auf das alte System von Farhensuhstraten abzuleiten. Je mehr an sich neue Erscheinungsm\u00f6glichkeiten ein abnormer Vorgang","page":614},{"file":"p0615.txt","language":"de","ocr_de":"Der Fechner-Helmholtz\u2019sche Satz \u00fcber negative Nachbilder u. s. w. 615\nin sich schlie\u00dft, um so schwieriger wird ja seine Reduction auf rein quantitative Ver\u00e4nderungen der alten Dispositionen. Diese Schwierigkeit besteht zun\u00e4chst in besonderem Ma\u00dfe f\u00fcr die Componenten-theorien1) im eigentlichen Sinne des Wortes, welche drei bestimmten subjectiven \u00bbGrundfarben\u00ab oder zwei Urfarbenpaaren eben so viele von einander relativ unabh\u00e4ngige Substanzen als Substrate zu Grunde legen, deren gleichzeitige Erregungen in verschiedenen Verh\u00e4ltnissen dann auch alle \u00fcbrigen Farbenempfindungen fundiren. Denn als einfache Erregbarkeitsver\u00e4nderung innerhalb dieses Systems von Substraten m\u00fcsste das Nachbild naturgem\u00e4\u00df auf das bestimmte Substrat beschr\u00e4nkt bleiben, dessen Erregbarkeit gerade durch die Erm\u00fcdung, bezw. Erholung absolut und in einem bestimmten Verh\u00e4ltnis zur Umgebung ver\u00e4ndert worden ist. Nur damit bleibt ja auch die qualitative Grundbestimmung des negativen Nachbildes vereinbar, dass es stets eine Verschiebung aller reagirenden Farben nach einer einzigen Qualit\u00e4t hin, der Complement\u00e4rfarbe zur Erm\u00fcdungsfarbe, bedeutet. Man k\u00f6nnte also die Aufgabe, alles aus rein quantitativen Verschiebungen der normalen Reiz Wirkungen zu erkl\u00e4ren, selbstverst\u00e4ndlich nicht vielleicht in der Weise mit einer etwaigen directen Proportionalit\u00e4t des Nachbildwertbes zu der Intensit\u00e4t eines der Erm\u00fcdungsfarbe v\u00f6llig fremden reagirenden Reizes in Einklang bringen, dass man eine gleichzeitige Modification der Erregbarkeit dieser fremden Substanz annimmt. Denn es ist eben eine besondere Thatsache f\u00fcr sich, dass das negative Nachbild keine verschiedene Richtung der Modification, sondern jederzeit eine Verschiebung nach der Complement\u00e4rfarbe zur fixirten Farbe hin bedeutet. Nach Fixation von Roth wird z. B. objectives Gelb nicht in seinem Empfindungserfolg als Gelb gesteigert oder herabgesetzt, wie es einer Modification der charakteristischen Erregbarkeit des dem Gelb specifischen Substrats entspr\u00e4che, sondern nach Gr\u00fcn verschoben2). Aber auch die Wundt\u2019scbe Farbentheorie,\n1)\tWundt, Physiologische Psychologie. 5. Aull. S. 233.\n2)\tHierin liegt sogleich einer der wichtigsten Einw\u00e4nde gegen die Ausgestaltung der Erkl\u00e4rung des Nachbildes aus blo\u00dfen Erregbarkeitsver\u00e4nderungen im Sinne der Dreifarbentheorie, die ihrerseits zur Annahme eines auf Erregbarkeitsver\u00e4nderungen beruhenden Nachbildes auf diesen unabh\u00e4ngigen Farben gezwungen w\u00fcrde, wie es thats\u00e4chlich nicht","page":615},{"file":"p0616.txt","language":"de","ocr_de":"616\nWilhelm Wirth.\nwelche sich von der Hypothese der specifischen Sinnesenergien und mehrerer von einander unabh\u00e4ngig pr\u00e4formirter Substrate frei h\u00e4lt und die Gestaltung der speciellen Farbensubstrate aus einem zu qualitativ verschiedenen Spaltungsproducten bef\u00e4higten Substrate den jeweiligen Heizen \u00fcberl\u00e4sst, k\u00f6nnte eine ausschlie\u00dfliche Erkl\u00e4rung der negativen Nachbilder aus Erregbarkeitsver\u00e4nderungen des hinsichtlich der qualitativen Beizeffecte unver\u00e4nderten Substrates nur durch eine \u00e4hnliche Einschr\u00e4nkung der Nachwirkung auf bestimmte Seiten der Actionsf\u00e4higkeit dieses einheitlichen Substrates versuchen, die auch wiederum nur ganz bestimmten Beizmomenten ad\u00e4quat sind. Die mit aller Sicherheit nachgewiesene Ausdehnung der zur reagi-renden Intensit\u00e4t proportionalen Verschiebung nach der Comple-ment\u00e4rfarhe der erm\u00fcdenden Farbe auf beliebige reagirende Beize kann also auch f\u00fcr diese Theorie die einfache Zur\u00fcckf\u00fchrung auf rein quantitative Ver\u00e4nderungen der normalen Beizeffecte nicht ohne weiteres versuchen lassen. Zu allem Ueberfluss kommt aber nun noch ein weiterer seit l\u00e4ngerer Zeit bekannter Kreis von Thatsachen zu dem ganzen Material des Fechner-Helmholtz\u2019schen Satzes hinzu, der erst unten in seiner ganzen Bedeutung f\u00fcr unsere Frage zur Sprache gebracht werden soll. Dieser complicirt im Verein mit jenem den Versuch einer so einfachen Erkl\u00e4rung der negativen Nachbilder noch von einer ganz anderen Seite her und l\u00e4sst ihn, so viel ich zu sehen glaube, ohne Bettung seitens weiterer Hiilfshypothesen als aussichtslos erscheinen. Die Ausgestaltung der zweiten Hypothese einer\naufgefunden werden kann. Es m\u00fcsste n\u00e4mlich von ihr eine S\u00e4ttigungssteigerung der unbetheiligten Grundfarben erwartet werden. Ist z. B. Both auf gleich hellem grauem Grunde fixirt und erm\u00fcdet worden, so m\u00fcsste die Betrachtung eines rein gr\u00fcnen oder rein violetten Feldes ein hinreichend deutliches, quantitativ gleich-wertliiges Nachbild sehen lassen, wie die Betrachtung eines rothen oder grauen Feldes, welches aber keine Verschiebung zur Complement\u00e4rfarbe von Both bedeutet, sondern eben eine Steigerung des Gr\u00fcn und Violett in seiner Eigenart. Denn Gr\u00fcn und Violett w\u00e4ren ja eben so stark erholt, als Both erm\u00fcdet ist. Wie aber eben erw\u00e4hnt, liegt es gerade im Wesen des negativen Farbennachbildes, nicht eine Modification von bestimmter vergleichbarer Quantit\u00e4t \u00fcberhaupt, sondern eine qualitativ ganz besonders gerichtete, d. h. eben hier nach dem'zu Both complement\u00e4ren Blaugr\u00fcn hinstrebende Modification jeder reagirenden Farbe zu bedeuten. Au\u00dferdem k\u00f6nnte ja auch das Nachbild nicht, wie es thats\u00e4chlich der Fall ist, durch die Beimischung der fixirten Farbe, sondern nur durch das zur reagirenden Farbe selbst jeweils complement\u00e4re Licht ausgeglichen werden.","page":616},{"file":"p0617.txt","language":"de","ocr_de":"Der Fechncr-Helmholtz\u2019sche Satz \u00fcber negative Nachbilder u. s.w. 617\nrelativ selbst\u00e4ndigen Erregungsbeimischung auf Grund secund\u00e4rer Substrate oder im Regenerationsvorgang selbst gelegener Dispositionen, aber in Abh\u00e4ngigkeit von beliebigen reagirenden Helligkeitsreizen, wird daher als die im allgemeinen zun\u00e4chst wahrscheinlichste Auffassung zu betrachten sein, womit freilich die theoretische Bedeutung der negativen Nachbilder, die mitunter schon als Kriterien zwischen Theorien dienen sollten, bedeutend herabgesetzt erscheint. Es ist indessen auf Grund ganz besonderer formaler Beziehungen doch auch m\u00f6glich, wenigstens die Vierfarbentheorie durch besondere H\u00fclfshypothesen, die im Grundgedanken von Hering bereits hervorgehoben worden sind, in der Weise auszugestalten, dass sie alle qualitativen und quantitativen Eigenth\u00fcmlichkeiten der negativen Farbennachbilder auf beliebigen reagirenden Reizen widerspruchslos als blo\u00dfe Erregbarkeitsver\u00e4nderungen der normalen Substrate gegen\u00fcber den normalen Reiztendenzen zu erkl\u00e4ren vermag, allerdings nur in der Weise, dass von vorn herein die Beziehung zwischen Reiz und Substrat in einem neuen Lichte erscheint. Was diesem ganzen System noch ein besonderes Interesse verleiht, ist die M\u00f6glichkeit, jene H\u00fclfshypothesen durch die Darstellung der Vierfarbentheorie als einfachsten Specialfalles der Wundt\u2019schen Stufentheorie relativ am nat\u00fcrlichsten erscheinen zu lassen. Die hier in Kurzem angedeutete Entwicklung soll sich jedoch erst einer mehr historischen Betrachtung der Zuspitzung des ganzen Problems anschlie\u00dfen, welche zugleich wichtige der bisherigen Aufgabe ferner gelegene Gesichtspunkte beizuziehen hat. Es lag nahe, dass auch diese Seite des Problems der negativen Nachbilder in seiner Bedeutung f\u00fcr die Auffassung von den Erregbarkeitsver\u00e4nderungen der Farbensubstrate zum ersten Male von Seiten der Helmholtz\u2019schen Schule n\u00e4her ins Auge gefasst worden ist, nachdem eine specielle Seite des Begriffs der Erregbarkeitsver\u00e4nderung als \u00bbErm\u00fcdung\u00ab schon im Mittelpunkte von Helmholtz\u2019 eigenen Anschauungen \u00fcber die Natur dieser Nachbilder gestanden hatte. So suchte Exner1) aus der relativen Einschr\u00e4nkung der Modification auf die erm\u00fcdende Farbe selbst den Charakter dieser bestimmten Farbe als Grundfarbe im Sinne der Young-Helm-\ni) S. Exner, Ueber einige neue subjective Gesichtserscheinungen, Pfl\u00fcger\u2019s Archiv f. Physiol. 1. Bd. 1868, S. 375, bezw. S. 389 ff. Vergl. auch I. Theil dieser Arbeit, Einleitung.","page":617},{"file":"p0618.txt","language":"de","ocr_de":"618\nAVilhelm Wirth.\nholtz\u2019schen Theorie zu erschlie\u00dfen, wie es der oben als einfachste Sachlage geschilderten Voraussetzung entspr\u00e4che, und glaubte Roth, Gr\u00fcn und Blau (nicht Violett) in dieser Weise ausgezeichnet zu finden. Nach Fixation von Gr\u00fcn erschienen z. B. Roth, Indig-blau und Violett ges\u00e4ttigt und nur Gr\u00fcn und seine Nachbarschaft in der S\u00e4ttigung herabgesetzt. Damit w\u00e4re nun freilich der Erfolg des negativen Nachbildes f\u00fcr die bei der Erm\u00fcdung unbetheiligten reagirenden Farben in einfachster Weise erledigt, indem der Proportionalit\u00e4tsfactor f\u00fcr diese fremden Reactionsfarben = 0 erkl\u00e4rt w\u00fcrde. Es w\u00e4re also nach den Exner\u2019sehen Resultaten die ganze Verschiebung jeweils als eine ganz interne Frage f\u00fcr den Erfolg einer ganz bestimmten Gruppe von Reizen zu betrachten, die ein f\u00fcr allemal dem erm\u00fcdeten der drei Grundelemente in einfachster Weise zugeordnet sein sollen. Sie allein w\u00fcrden auf die Erregbarkeitsver\u00e4nderung \u00fcberhaupt \u00bbreagiren\u00ab.\nDiese Resultate sind jedoch durch die ungef\u00e4hr zwanzig Jahre sp\u00e4ter ver\u00f6ffentlichten Untersuchungen von Hering1) und C. Hess2) in den wesentlichsten Punkten berichtigt worden, durch welche zugleich die Unbrauchbarkeit einer so einfachen Betrachtungsweise zur Erkl\u00e4rung der negativen Farbennachbilder in ihrem Auftreten auf den verschiedensten reagirenden Farben dargethan wurde. Die Arbeit von C. Hess vervollst\u00e4ndigte die Versuche Hering\u2019s unter dessen eigener Mitwirkung in systematischer Weise und ergab sich aus alledem, dass nach Erm\u00fcdung mit jeder beliebigen Farbe, also auch mit jeder etwaigen Grund- oder Urfarbe, jede andere reagirende Farbe bei nicht zu gro\u00dfer Intensit\u00e4t (im Verh\u00e4ltnis zur St\u00e4rke der Erm\u00fcdung) deutlich nach der Oomplement\u00e4rfarbe hin verschoben erscheint, w\u00e4hrend die letztere selbst einfach in ihrer S\u00e4ttigung gesteigert, die erm\u00fcdende Farbe herabgesetzt ist, was f\u00fcr einige F\u00e4lle in exacter Weise durch Ausgleichung des Nachbildes gemessen wurde. Die theoretische Discussion der Resultate zeigt sodann an Constructionen am Farbendreieck, dass durch eine Herabsetzung der Erregbarkeit\n*) Hering, Ueber die von v. Kries wider die Theorie der Gegenfarben erhobenen Einw\u00e4nde. 2. und 3. Mittheilung, Pfl\u00fcger\u2019s Archiv Bd. 43, S. 264 und S. 329.\n2J C. Hess, Ueber die Ton\u00e4nderung der Spectralfarben durch Erm\u00fcdung der Netzhaut mit homogenem Lichte. Arch. f. Ophthal. XXXVI, 1. S. 1 ff.","page":618},{"file":"p0619.txt","language":"de","ocr_de":"Dei- Feohnei'-Helmholtz\u2019sche Satz \u00fcber negative Nachbilder u. s. w. 619\nf\u00fcr eine der drei Grundfarben nach der Dreifarbentheorie die bei der Erm\u00fcdung nicht wesentlich betheiligten Farben im Gegens\u00e4tze zu den Thatsachen h\u00f6chstens ganz kleine Verschiebungen nach der zur erm\u00fcdenden complement\u00e4ren Farbe hin erleiden k\u00f6nnten. Nach Erm\u00fcdung f\u00fcr Roth k\u00f6nnte z. B. selbst das nicht v\u00f6llig ges\u00e4ttigte Violett h\u00f6chstens ein klein wenig nach Gr\u00fcn hin verschoben werden, wie es eben durch den theilweisen oder v\u00f6lligen Ausfall der Rothcomponente eintr\u00e4te, die bei dem in neutraler Stimmung gesehenen Violett nach dieser Theorie betheiligt ist, ganz zu schweigen von der Unverr\u00fcckbarkeit der reinen Grundfarben Gr\u00fcn und Violett. Auch ist ein Recurs auf eine relativ gr\u00f6\u00dfere Betheiligung der erm\u00fcdeten Grundfarbe an allen anderen gew\u00f6hnlich wirklich gesehenen Farben nutzlos, da er einerseits die thats\u00e4chliche S\u00e4ttigung der reagirenden Farben und andererseits die zu dem wirklichen Erfolg nothwendige Einseitigkeit der Erm\u00fcdung nicht mehr erkl\u00e4ren k\u00f6nnte. Damit war nun der Werth eines negativen Farbennachbildes auf beliebigen anderen Farben einstweilen soweit bestimmt, dass er unter keinen Umst\u00e4nden f\u00fcr gewisse passend ausgew\u00e4hlte Intensit\u00e4tsstufen der reagirenden Farben ann\u00e4hernd = 0 werden kann, wie es die Dreifarbentheorie in Verbindung mit der einfachen Erm\u00fcdungstheorie ohne Hinzunahme positiv complement\u00e4rer Nachbilder verlangen w\u00fcrde. Indessen war damit eben noch nichts \u00fcber die M\u00f6glichkeit des Auswegs mit den positiven constanten Beimischungen entschieden, d. h. es war in keiner Weise etwas dar\u00fcber ausgemacht, welche Gesetzm\u00e4\u00dfigkeit nun diese zur fixirten Farbe complement\u00e4re Verschiebung einh\u00e4lt, wenn die reagirendeFarbe in ihrer Intensit\u00e4t variirt wird, wie schon im zweiten Theile hervorgehoben wurde. In den allgemeinsten Grundz\u00fcgen der Hering-schen \u00bbGegenfarbentheorie\u00ab lag freilich zugleich ohne weiteres, wenigstens f\u00fcr den Erfolg des Nachbildes auf der zur erm\u00fcdenden complement\u00e4ren Erregung, die unmittelbare Annahme der Gesetzm\u00e4\u00dfigkeit des Fechner-Helmholtz\u2019schen Satzes enthalten. Denn die Beschr\u00e4nkung der Erregbarkeitsver\u00e4nderung auf das eine der voneinander relativ unabh\u00e4ngigen Substrate schlie\u00dft doch jederzeit zugleich f\u00fcr die complement\u00e4re Erregung als eine Leistung des n\u00e4mlichen Substrates die M\u00f6glichkeit einer zur Intensit\u00e4t proportionalen Verschiebung unmittelbar in sich, und liegt in der Ver-","page":619},{"file":"p0620.txt","language":"de","ocr_de":"620\nWilhelm Wirth.\nbindung dieser entgegengesetzt gerichteten Erregbarkeitsver\u00e4nderungen f\u00fcr beide Complement\u00e4rfarben gerade die St\u00e4rke dieser Theorie. Aber zun\u00e4chst war doch gerade auch in dieser Theorie vor allem an die Entstehung positiver complement\u00e4rer Erregungen gedacht, wie Hering selbst betont hat.\nB. Die neue Complication des Problems durch den v. Kries\u2019schen\nSatz.\nObgleich aber nun zur Zeit der Hering-Hess\u2019schen Versuche \u00fcber die Ton\u00e4nderung der Spektralfarben noch keine Messungen Vorlagen, die sich, wie die meinigen, ausdr\u00fccklich auf diese ganz allgemeine Fragestellung nach der Abh\u00e4ngigkeit des Nachbildwerthes von der reagirenden Intensit\u00e4t bezogen, so war schon l\u00e4ngere Zeit vor den Hering-Hess\u2019schen Versuchen ein ebenso sicheres als wichtiges Gesetz bekannt geworden, das zwar nur eine specielle Seite dieser Fragestellung, diese aber auch mit gro\u00dfer Exactheit beantwortet. v. Kries, dessen f\u00f6rdernde Th\u00e4tigkeit in der Messung von negativen Nachbildern \u00fcberhaupt schon im ersten Theil hervorgehoben wurde, hat auch hier das Verdienst, zum erstenmale das Gesetz als eine besondere Thatsache erkannt und innerhalb der weitesten Grenzen gepr\u00fcft zu haben, dass alle Farbengleichungen f\u00fcr jede Erregbarkeitsver\u00e4nderung auf der pr\u00fcfenden Sehfeldfl\u00e4che ihre G\u00fcltigkeit behalten1). Er selbst hat dieses Gesetz einfach als \u00bbErm\u00fcdungssatz\u00ab bezeichnet2), doch soll es weiterhin ein f\u00fcr alle mal \u00bbv. Kries\u2019scher Satz\u00ab genannt werden. Die Bedeutung desselben f\u00fcr unsere Frage ist indessen keineswegs eine einfache Sache. Denn die allgemeine Bestimmung, dass die Farbengleichungen f\u00fcr jede beliebige Erregbarkeit gelten, ist eine rein formale und sagt noch gar nichts \u00fcber den Inhalt der wirklich vorhandenen Empfindungen, bezw. Erregungen aus, welche unter all diesen Umst\u00e4nden f\u00fcr die beiden Gemische immer gleich sind. Ohne diese n\u00e4here Bestimmung, die zun\u00e4chst noch nicht\nh J. v. Kries, Beitrag zur Physiologie der Gesichtsempfindungen. Arch. f. Anatomie u. Physiologie 1878, S. 503.\n2) Nochmalige Beitr\u00e4ge zur Theorie der Gesichtsempfmdungen. Arch. f. Physiologie 1888, S. 380.","page":620},{"file":"p0621.txt","language":"de","ocr_de":"Der Fechner-Helmholtz\u2019selie Satz \u00fcber negative Nachbilder u. s. w. 621\ngegeben war, l\u00e4\u00dft aber das Gesetz in unserer Frage noch verschiedene M\u00f6glichkeiten zu. v. Kries selbst hatte es sogleich zu benutzen versucht, um die besonders einfache Zur\u00fcckf\u00fchrung desselben auf die Dreifarbentheorie darzuthun. Wenn alle Farbenerregungen auf so wenige, je einer einzigen Grundfarbe entsprechende Substrate zur\u00fcckgef\u00fchrt werden, als es f\u00fcr eine bestimmte Erregbarkeit in allen Substraten nach dem Newton\u2019schen Mischungsgesetz \u00fcberhaupt m\u00f6glich ist, und dies sind eben drei, so m\u00fcssen alle gleich aussehenden Farbenmischungen immer die n\u00e4mlichen actuellen Erregungen der drei Substrate darstellen. Da nun bei der Annahme eines positiven Zusammenwirkens aller drei Substrate bei jeder Combination ihrer Erregungen (ohne antagonistische Aufhebung) die Wirkungsf\u00e4higkeit eines jeden Reizes in Bezug auf jede Substanz in der Erregung voll zur Geltung kommt, so m\u00fcssen auch alle drei Kraftcomponenten der gleich aussehenden Reizgemische jederzeit gleich sein. Wegen dieser Identit\u00e4t der drei Componenten m\u00fcssen also auch alle Erregbarkeitsver\u00e4nderungen innerhalb der drei Substrate f\u00fcr beide gleich aussehenden Mischungen in der n\u00e4mlichenWeise zur Geltung kommen und dem v. Kries\u2019schen Satze ist in der denkbar einfachsten Weise durch die Theorie Gen\u00fcge geleistet. Es ist aber klar, dass diese specielle Deutung des v. Kries\u2019schen Satzes nicht nur mit der in ihm enthaltenen formalen Thatsache allein, sondern zugleich mit dem Aussehen der Farben und den n\u00e4heren Qualit\u00e4tsverh\u00e4ltnissen der Ver\u00e4nderung \u00fcbereinstimmen m\u00fcsste, wie sie als Ergebniss der Erregbarkeitsver\u00e4nderung f\u00fcr die verschiedenen Farben zutreffen. Hierin musste aber v. Kries von der Dreifarbentheorie aus die n\u00e4mlichen Erwartungen hegen wie Exner, dessen Resultate bei jener ersten Ver\u00f6ffentlichung des Satzes auch thats\u00e4chlich noch nicht angegriffen worden waren. Der erw\u00e4hnte Hering-Hess\u2019sche Nachweis, dass die Dreifarbentheorie die Erm\u00fcdungsver\u00e4nderungen auf beliebigen Farben nicht als Erregbarkeitsver\u00e4nderungen erkl\u00e4ren k\u00f6nne, war also offenbar gleichzeitig eine Widerlegung einer derartig einfachen Deutung des v. Kries\u2019schen Satzes, vorausgesetzt nat\u00fcrlich wieder, dass man die Modificationen beliebiger Farben wirklich als Erregbarkeits\u00e4nderungen und nicht blo\u00df als einfache Beimischung aufzufassen gen\u00f6thigt sein sollte. Ob man f\u00fcr die oben genannten Con-structionen am Farbendreieck in der Hess\u2019sehen Polemik die Farben","page":621},{"file":"p0622.txt","language":"de","ocr_de":"622\nWilhelm Wirth.\nin verschiedener physikalischer Beschaffenheit denkt, ob man also das Violett einmal z. B. als homogen, das anderemal als aus Roth und Blau gemischt annimmt, kann ja gerade von der Dreifarbentheorie aus wegen ihrer eindeutigen Zur\u00fcckf\u00fchrung alles gleich Aussehenden auf identische Reizcomponenten an dem Gedankengang der Polemik nichts \u00e4ndern. Jede solche nach der Erregbarkeitsver\u00e4nderung aufrecht erhaltene Farbengleichung vermehrt nur die F\u00e4lle, welche wegen des besonderen Inhaltes der auf beiden Seiten gleichm\u00e4\u00dfigen Modification, d. h. wegen der zu gro\u00dfen Verschiebung nach der zur erm\u00fcdenden complement\u00e4ren Farbe, von der Dreifarbentheorie unter der genannten Voraussetzung nicht mehr erkl\u00e4rt werden k\u00f6nnen.\nIndessen schien der Standpunkt v. Kries\u2019 doch wenigstens f\u00fcr eine bestimmte Gruppe von Mischungen die Modification des Farbentones thats\u00e4chlich als einfache Erregbarkeitsver\u00e4nderung der drei Substrate in bestimmten Verh\u00e4ltnissen und nicht blo\u00df als Beimischung betrachten zu lassen, wo eine solche Auffassung f\u00fcr Theorien mit der Annahme mehrerer Componenten gr\u00f6\u00dfere Complicationen herbeif\u00fchren musste oder sogar v\u00f6llig unzug\u00e4nglich war, insbesondere falls man an einer unver\u00e4nderlichen Zuordnung der Wirkungsf\u00e4higkeit einer Wellenl\u00e4nge zu einer beschr\u00e4nkten Zahl von Substraten festhalten wollte, wie dies in allen fr\u00fcheren Theorien der Fall war. Solche kritische reagirende Gemische sind die sehr wenig ges\u00e4ttigten Gemische, deren physikalische Beschaffenheit bei gleicher Empfindung eine besonders verschiedenartige sein kann, wie es ihre Lage inmitten des Farbendreiecks am unmittelbarsten versinnlicht. Auch das Grau erleidet nun jederzeit eine zur Erm\u00fcdungsfarbe complement\u00e4re Verschiebung, und zwar dem v. Kries\u2019sehen Satze gem\u00e4\u00df ohne R\u00fccksicht auf seine physikalische Zusammensetzung, gleichg\u00fcltig also, ob es z. B. aus Roth und Gr\u00fcnblau oder aus Gelb und Blau oder aus allen Farben des Spektrums \u00fcberhaupt gemischt ist. Nach einer Erm\u00fcdung durch Roth wird z. B. dieses beliebig entstandene Grau jederzeit einen gr\u00fcnblauen Ton annehmen. Offenbar ergibt sich aber nun unter Voraussetzung der Dreifarbentheorie hier die M\u00f6glichkeit, diese Modification des Grau im Einkl\u00e4nge mit dem v. Kries\u2019schen Satze bis zu einer ziemlichen Quantit\u00e4t der Verschiebung aus einer Erregbarkeitsver\u00e4nderung der rothen Substanz herzuleiten. Denn die gr\u00f6\u00dfere Leistungsf\u00e4higkeit der Grundfarben Gr\u00fcn und Violett, gegen-","page":622},{"file":"p0623.txt","language":"de","ocr_de":"Der Fechner-Helmholtz\u2019sche Satz \u00fcber negative Nachbilder u. s. w. 623\n\u00fcber dem Roth, die nach der Dreifarbentheorie in jedem Grau mit \u00e4quivalenter Kraft gereizt werden, muss in unserem Beispiel ein entsprechend starkes Yorwiegen von Gr\u00fcn und Violett, also des zu Roth eomplement\u00e4ren Gr\u00fcnblau im reagirenden Grau herbeif\u00fchren. Und das n\u00e4mliche gilt auch f\u00fcr alle beliebigen zwischen den Grundfarben liegenden Erm\u00fcdungsfarben. Jede einseitige Erm\u00fcdung muss innerhalb des reagirenden Grau mit entsprechender St\u00e4rke als Verschiebung zur Complement\u00e4rfarbe zur Geltung kommen, weil in diesem Gemisch alle Reizcomponenten in ann\u00e4hernd gleicher Kr\u00e4fteverthei-lung betheiligt sind, eine Eigenth\u00fcmlichkeit der wenig ges\u00e4ttigten Gemische, deren Fehlen in den vom erm\u00fcdeten Substrat entfernteren homogenen Farben gerade die Hering-Hess\u2019sche Kritik der Exner\u2019sehen Resultate m\u00f6glich gemacht hatte. Man braucht auch nur in der von Hess in seiner Polemik ausgef\u00fchrten Construction, die von der erm\u00fcdenden Farbe durch die reagirende hindurchgehende Linie zu ziehen, welche die Ver\u00e4nderungsrichtung der reagirenden nach der Dreifarbentheorie angibt, und man sieht auf den ersten Blick, dass dieselbe eben deshalb wirklich direct auf die Complement\u00e4rfarbe hinf\u00fchrt, weil sie eben f\u00fcr reagirendes Grau durch den Wei\u00dfpunkt hindurchgeht1). Dies kann aber nat\u00fcrlich die Position f\u00fcr die Dreifarben-\ni) Es w\u00fcrde wenigstens f\u00fcr diejenige Reihe reagirender Farben, welche sich von der erm\u00fcdeten Grundfarbe in voller S\u00e4ttigung durch Grau hindurch bis zur Complement\u00e4rfarbe erstreckt, abgesehen von der Uebereinstimmung mit der wirklich beobachteten Qualit\u00e4t auch hinsichtlich der beobachteten quantitativen Verh\u00e4ltnisse, wie sie oben festgestellt wurden, eine ziemliche Vertr\u00e4glichkeit vorhanden sein. Aus den n\u00e4mlichen Gr\u00fcnden, aus denen die Polemik gegen die Dreifarbentheorie nach den obigen Ausf\u00fchrungen profitirte, weil nach ihnen die Erm\u00fcdung einer Grundfarbe f\u00fcr die anderen reinen Grundfarben nach der Dreifarbentheorie keine Farbenton\u00e4nderung, sondern nur eine Steigerung des ihnen eigenen Farbentones in seiner S\u00e4ttigung hervorbringen k\u00f6nnten, w\u00fcrde die genannte Reihe reagirender Farben von der erm\u00fcdeten Grundfarbe bis zu ihrem Cornple-mente nur eine bis etwa zur H\u00e4lfte fortschreitende Abnahme des Nachbildwerthes bedingen, wenn man nur eine gleichzeitige gleich starke Erholung der Grundfarben f\u00fcr die Sehfeldstelle der Erm\u00fcdungsfarbe voraussetzt, falls z. \u00df. Roth neben Grau von gleicher Helligkeit fixirt wurde. Denn diese Reihe reagirender Farben entsteht ja durch fortschreitende Ersetzung der erm\u00fcdeten Farbe durch die beiden nicht erm\u00fcdeten Grundfarben zu ungef\u00e4hr gleichen Theilen. Thats\u00e4chlich scheint aber auch der Nachbildwerth f\u00fcr alle anderen reagirenden Reize mit der Entfernung von der Erm\u00fcdungsfarbe etwas abzunehmen, wie oben festgestellt wurde. Dieser positiven Instanz stehen aber eben zu viele principielle negative gegen\u00fcber.","page":623},{"file":"p0624.txt","language":"de","ocr_de":"624\nWilhelm Wirth.\nth\u00e9orie nicht verbessern, wenn doch die Erscheinung des Nachbildes auf den \u00fcbrigen Reactionsfarben, abgesehen von der hier herausgegriffenen Linie innerhalb des Earbencontinuums mit den aus der Theorie noth-wendig folgenden Erwartungen nicht \u00fcbereinstimmt. Indessen kam es uns in diesem ganzen Zusammenhang zun\u00e4chst \u00fcberhaupt nur darauf an, dass die Dreifarbentheorie f\u00fcr jedes beliebig combi-nirte Grau thats\u00e4chlich einen bestimmten Nachbildwerth als Ausdruck einer ErregharkeitsVer\u00e4nderung abzuleiten im st\u00e4nde ist, wie ihn der v. Kries\u2019sehe Satz fordert, und dass dies im besonderen m\u00f6glich ist, ohne \u00fcber die Beziehung der Reize zu den von ihnen erregbaren Substraten eine andere Bestimmung zu treffen, als die der ausschlie\u00dflichen Zuordnung bestimmter Wellenl\u00e4ngen der Grundfarben zu bestimmten Substraten, mit entsprechender Vertheilung der Substrate unter die Misch- und Zwischenfarben. Hingegen w\u00fcrde eine andere Theorie, welche wie die Hering\u2019sche vier Urfarben annimmt, oder \u00fcberhaupt jener Mindestbeschr\u00e4nkung der m\u00f6glichen Substrate in der Dreifarbentheorie entbehrt, die genannte gleichm\u00e4\u00dfige comple-ment\u00e4re Verschiebung eines beliebig gemischten Grau niemals als Er-gebniss einer einfachen Erregbarkeitsver\u00e4nderung der vorhandenen Substrate erkl\u00e4ren k\u00f6nnen, unter der Voraussetzung, dass sie ebenso wie die Dreifarbentheorie eine einfachste Zuordnung von Reiz und Erregung beibehalten wollte. Zwar k\u00f6nnte die Hering\u2019sche Theorie z. B. auch trotz einer solchen eindeutigen Zuordnung erkl\u00e4ren, wie nach Fixation von Urroth auf einem aus Roth und Gr\u00fcn gemischten Grau ein Farbennachbild als Ausdruck einer Erregbarkeitsver\u00e4nderung in der Roth-Gr\u00fcn-Substanz zu st\u00e4nde komme, und ihr eigenstes Wesen als Gegenfarhentheorie w\u00fcrde es ihr auch besonders bequem machen, die ungef\u00e4hre Constanz des Werthes f\u00fcr Roth, Grau und Gr\u00fcn von gleicher Helligkeit zu erkl\u00e4ren, falls nur das stets zusammengeh\u00f6rige Paar der Erm\u00fcdungs- und Erholungsfactoren ungef\u00e4hr gleich gro\u00df angenommen wird. Die Theorie m\u00fcsste indessen versagen, wenn sie die n\u00e4mliche Quantit\u00e4t der Gr\u00fcnf\u00e4rbung f\u00fcr ein aus Ur-Gelh und Blau gemischtes Grau als einfache Erregbarkeitsver\u00e4nderung erkl\u00e4ren soll, falls eben wirklich der Gelb- und Blau-Reiz \u00fcberhaupt nur die Gelb-Blau-Substanz etwas anginge und jener einfachsten Beziehung zwischen Reiz und Substrat entsprechend f\u00fcr die Roth-Gr\u00fcn-Substanz gar niemals in Betracht kommen k\u00f6nnte. Die","page":624},{"file":"p0625.txt","language":"de","ocr_de":"Der Fechner-Helmholtz\u2019sche Satz \u00fcber negative Nachbilder u. s. w. 625\nErregbarkeitsver\u00e4nderung innerhalb der Roth-Gr\u00fcn-Substanz durch Fixation des Roth k\u00f6nnte unter solchen Voraussetzungen offenbar in der ausschlie\u00dflichen Summation von Gelb und Blau ohne alles Roth und Gr\u00fcn, welche ihrem Helligkeitswerth nach dem Grau aus Roth und Gr\u00fcn entspricht, \u00fcberhaupt nicht zur Geltung kommen, geschweige gleich mit einem ebenso gro\u00dfen Werthe, als er der reagi-renden Intensit\u00e4t des aus Roth und Gr\u00fcn gemischten Grau gerade nach dieser Theorie entsprechen muss. Auch geht es nicht an, ausschlie\u00dflich die Resultanten aus dem antagonistischen Processe als reagirende Gr\u00f6\u00dfen f\u00fcr die Erregbarkeitsver\u00e4nderung gelten zu lassen1). Es ist eben f\u00fcr jedes der beiden Graugemische, welches in neutraler Stimmung die Farbenresultante \u2014 0 besitzt, der Nachbildwerth ann\u00e4hernd ebenso gro\u00df, wie f\u00fcr ein reines, vollges\u00e4ttigtes Gr\u00fcn oder Roth von der n\u00e4mlichen Intensit\u00e4t, bei welchem also die Resultante so gro\u00df ist wie die Summe der absoluten Werthe der in Grau zur Resultante 0 gemischten Farben Gr\u00fcn und Roth oder Gelb und Blau. Ebensowenig kann man nat\u00fcrlich jene einfachste Zuordnung von Reiz und Substrat etwa in der Weise zu retten versuchen, dass man zur Erkl\u00e4rung des Nachbildes f\u00fcr das aus Blau und Gelb gemischte Grau, nach Erm\u00fcdung durch Roth, eine positive Gr\u00fcn-Beimischung annimmt, falls man das gleich gro\u00dfe Nachbild auf reinem Roth, Gr\u00fcn oder aus Gr\u00fcn und Roth gemischtem Grau durch Erregbarkeits\u00e4nderung erkl\u00e4ren wollte, weil ja sonst bei letzterem doch eine Superposition der beiden Factoren stattfinden m\u00fcsste. Man d\u00fcrfte eben dann, wie dies schon immer angedeutet, den an sich in unserer Frage wegen des Fechner-Helmholtz\u2019schen Satzes so werthvollen Begriff der Ver\u00e4nderung der Farbenerregbarkeit der vorhandenen Substrate \u00fcberhaupt nicht hereinziehen, sondern m\u00fcsste alles aus Beimischungen erkl\u00e4ren und sich mit dem Fechner-Helmholtz\u2019schen Satze im Ganzen irgendwie anders abfinden, wie es sp\u00e4ter noch ausf\u00fchrlich zur Sprache kommen soll.\nVor allem ist aber bei Festhaltung der alten Zuordnung von Reiz und Substrat auch \u00bbeine antagonistische Theorie wenigstens um nichts besser daran als die Dreifarbentheorie, wenn es sich um die Auffassung\ni) Yergl. Gr. E. M\u00fcller, Zur Psychophysik der Gesichtsempfindungen. Zeitschrift f. Psychologie Bd. X 1896, S. 824.","page":625},{"file":"p0626.txt","language":"de","ocr_de":"626\nWilhelm Wirth.\nder Nachbilder auf den bei der Erm\u00fcdung durch eine Urfarbe unbeteiligten anderen Urfarben als Erregbarkeitsver\u00e4nderungen handelte. Zwar h\u00e4tte sie hinsichtlich der Oomplement\u00e4rfarbe, wie schon erw\u00e4hnt, ohne weiteres eine g\u00fcnstigere Stellung auch nach dieser Richtung und f\u00fcr die anderen Urfarben w\u00e4re wenigstens eine positiv comple-ment\u00e4re Beimischung, wenn auch ohne n\u00e4here Festlegung des quantitativen Verh\u00e4ltnisses, in einfacherer Weise aus den sonstigen Leits\u00e4tzen der eigens hierauf angelegten Theorie zu erkl\u00e4ren. Indessen bliebe es noch v\u00f6llig unerkl\u00e4rt, wie jene hei der Erm\u00fcdung unbeteiligten Urfarben proportional zu ihrer eigenen reagirenden Intensit\u00e4t nach der zur erm\u00fcdenden comple-ment\u00e4ren Farbe verschoben sein k\u00f6nnen, wie es uns nunmehr ganz sicher feststeht. Es k\u00f6nnte sich z. B. niemals eine solche durch Rotherm\u00fcdung bewirkte Verschiebung der Urfarbe (leib nach Gr\u00fcn hin als Ergehniss der Erregbarkeitsver\u00e4nderung innerhalb der Roth-Gr\u00fcnsubstanz darstellen, falls die den Nachbildwerth bestimmende reagirende Intensit\u00e4t des Gelb- (oder Blau-) Reizes zu der Rot-Gr\u00fcnsubstanz in gar keiner Beziehung st\u00e4nde, wenn vielmehr f\u00fcr den Gelbreiz nur die Erregbarkeitsver\u00e4nderungen der Blau-Gelbsubstanz eine Bedeutung h\u00e4tten. Die v\u00f6llige Abtrennung des Nachbildes als positive Beimischung, wovon sp\u00e4ter noch die Rede sein soll, w\u00e4re auch hier wieder der einzige Ausweg, der die antagonistische Vierfarbentheorie selbst mit ihren wichtigsten Hiilfsmitteln wieder ganz unben\u00fctzt lassen w\u00fcrde.\nDiese Gesichtspunkte waren es nun, welche v. Kries als Schwierigkeiten f\u00fcr eine mehrcomponentige Farbentheorie, im Anschluss an seinen Erm\u00fcdungssatz, gegen Hering geltend machte, indem er die einfachste Zuordnung von Reiz und Substrat als selbstverst\u00e4ndlich f\u00fcr alle Theorien voraussetzte1). Hering aber erweiterte dem gegen\u00fcber im Einkl\u00e4nge mit dem Grundgedanken seiner Theorie jene bis dahin f\u00fcr selbstverst\u00e4ndlich gehaltene enge und einfache Beziehung zwischen Reiz und Substrat, welche entweder den Grundfactor jeder derartigen Beziehung, den Erregbarkeitsfactor mit seinen Ver\u00e4nderungen, f\u00fcr die Theorie unverwerthbar machte oder aber bei seiner Ben\u00fctzung je nach den sonstigen Voraussetzungen in die oben genannten Schwierigkeiten der einen oder der anderen Art verwickelte.\n>\u2019 Vgl. Anm. 1, S. 622.","page":626},{"file":"p0627.txt","language":"de","ocr_de":"Der Fechner-Helmholtz\u2019sche Satz \u00fcber negative Nachbilder u. s. w. 627\nC. Bering\u2019s Annahme latenter Beizmomente.\nDer Grundgedanke der Hypothese Hering\u2019s, welche je nach Lage der Erregbarkeitsverh\u00e4ltnisse von s\u00e4mmtlichen homogenen Farbenreizen und Reizgemischen alle Urfarbenerregungen proportional zu ihrer Intensit\u00e4t abh\u00e4ngig denken kann, besteht darin, dass s\u00e4mr\u00f6tliche Farbenreize im allgemeinen f\u00fcr jeden Urprocess und mindestens f\u00fcr drei derselben ein sog. \u00bbReizmoment\u00ab von verschiedener Gr\u00f6\u00dfe in sich enthalten, wie die in den Reizen enthaltene Theilursache zur thats\u00e4chlichen Erregung mit Bezug auf eine bestimmte Erregbarkeit im Substrate selbst in bekannter Analogie zur Physik des Hebels bezeichnet wird. Dass eine bestimmte Art homogenen Lichtes \u00fcberhaupt jemals eine relativ ges\u00e4ttigte Farbenempfindung erregen kann, beruht hiernach nur darauf, dass in Folge des Antagonismus zwischen den auf gegenfarbige Processe hinstrebenden Reizmomenten f\u00fcr eine einzige Urfarbe, bezw. f\u00fcr je eine in jedem Substrat, ein hinreichender Ueberschuss einer nicht compensirten Farbenkraft \u00fcbrig bleibt. Insbesondere ist ein homogenes Licht dann ur-farbig, wenn sich die beiden gegenfarbigen Momente, welche sich auf die zweite Farbensubstanz beziehen, bei den augenblicklich vorhandenen Erregbarkeitsverh\u00e4ltnissen dieser Substanz gegenseitig gerade vollst\u00e4ndig compen-siren, so dass nur die Wirksamkeit auf die eine Substanz \u00fcbrig bleibt. Diejenige Wellenl\u00e4nge, welche z. B. in neutraler Stimmung das reine Urblau erregt, besitzt auch f\u00fcr die beiden gegenfarbigen Pro-cesse Rot und Gr\u00fcn in der von der Blau-Gelbsubstanz unabh\u00e4ngigen Rot-Gr\u00fcn-Farbensubstanz je ein Reizmoment. Nur sind eben diese gegenfarbigen Processe Roth und Gr\u00fcn einander gleichwerthig, so dass diese beiden Nebenmomente des Blaureizes f\u00fcr den farbigen Gesammt-effect ebenso irrelevant sind, wie bei einem Grau, das aus den Reizen Urroth und Urgr\u00fcn gemischt ist1). Die Helligkeitscomponente ist f\u00fcr diese Theorie ohnehin eine Sache f\u00fcr sich, welche nicht erst von den Reizmomenten f\u00fcr die Farbensubstanzen abh\u00e4ngig, sondern\ni) E. Hering, Ueber Newton\u2019s Gesetz der Farbenmischung. Lotos. Jahrb\u00fccher f. Naturwiss. Neue Folge VII 1887, S. 177, speciell S. 254 und Beleuchtung eines Angriffs auf die Theorie der Gegenfarben. Pfl\u00fcgers Archiv Bd. 41. 1887, S. 29, speciell S. 38 ff.\nWundt, Pliilos. Studien. XVIII\n41","page":627},{"file":"p0628.txt","language":"de","ocr_de":"628\nWilhelm Wirth.\ndenselben als ein besonderes Moment coordinirt ist, so dass also aus dieser hypothetischen Annahme der zur Farblosigkeit aufgehobenen Nebenmomente keine Schwierigkeit hinsichtlich der Helligkeit der resultirenden Farbe entsteht. Dabei ist es f\u00fcr diese ganze Betrachtung gleichg\u00fcltig, ob die Theorie seitens des Blaureizes eine gleichm\u00e4\u00dfige Steigerung der beiden gegenfarbigen Processe in der Rot-Gr\u00fcnsubstanz anregen l\u00e4sst, welche als Farblosigkeit erscheint, oder ob die entgegengesetzt gleichen Momente selbst jeden allein f\u00fcr sich zur Farbenempfindung f\u00fchrenden Process innerhalb der Substanz gegenseitig unm\u00f6glich machen. Der ganze Sinn des \u00bbReizmomentes\u00ab besteht doch immer nur in einer Beziehung des Reizes auf eine bestimmte Erregbarkeit des Substrates. Wenn man also auch die Momente sich gegenseitig unmittelbar zur v\u00f6lligen Wirkungslosigkeit f\u00fcr die Substanz aufheben l\u00e4sst, so ist jederzeit schon vorausgesetzt, dass die Erregbarkeiten der Substanz nach beiden Seiten hin derartig sind, dass die Wirkung des einen Reizes innerhalb der Substanz derjenigen des anderen ohne jene Compensation entgegengesetzt gleich w\u00e4re und nur deshalb beim Zusammentreffen mit dieser sich zur Ruhe compensirt. Somit ist es aber nun auch f\u00fcr die ganze Leistungsf\u00e4higkeit der Hering\u2019schen Hypothese eine nothwendige Voraussetzung, dass man die Erregbarkeitsfactoren nicht erst nach einer Subtraction der antagonistischen Reizwerthe nur f\u00fcr die Resultanten in Anschlag bringt. Wie es in dem Hering\u2019schen Begriffe des Momentes von Anfang an enthalten liegt, m\u00fcssen die antagonistischen Momente vielmehr bereits aus den vergleichbaren Reizeinheiten und der speciellen Erregbarkeit berechnet werden.\nNur durch die Hypothese jener Nebenmomente wird es nun auch m\u00f6glich, dass ein in neutraler Stimmung indifferentes Grau, das aus urblauen und urgelben Reizen gemischt ist, z. B. nach Fixation von Urroth ebenfalls gr\u00fcnblau gef\u00e4rbt erscheint, wie ein aus urrothen und urgr\u00fcnen Reizen gemischtes Grau, wie es dem v. Kries\u2019schen Satze gem\u00e4\u00df wirklich geschieht. Durch die Fixation des Roth sind die Erregbarkeiten der Roth-Gr\u00fcnsubstanz nach den beiden Seiten hin in der Weise ver\u00e4ndert, dass ein relativ st\u00e4rkerer Rothreiz als bisher noth-wendig ist, um eine Rotherregung von solcher Quantit\u00e4t hervorzubringen, dass sie z. B. einer bestimmten Gr\u00fcnerregung gerade die Wage","page":628},{"file":"p0629.txt","language":"de","ocr_de":"Der Fechner-Helmlioltz\u2019sche Satz \u00fcber negative Nachbilder u. s. w. 629\nh\u00e4lt, die nun ihrerseits einem geringeren Gr\u00fcnreiz entspricht, wie in neutraler Stimmung. Das rothgr\u00fcne Grau von vorher hat also jetzt einen Ueberschuss an Gr\u00fcnerregung. Es wird daher aber nun auch der in neutraler Stimmung urblaue Reiz mit seinen beiden Nebenreizmomenten in der Roth-Gr\u00fcnsubstanz eine Gr\u00fcnerregung ausl\u00f6sen, weil ja diese beiden antagonistischen Momente nur f\u00fcr die neutral gestimmten Erregbarkeitsverh\u00e4ltnisse innerhalb der Roth-Gr\u00fcnsubstanz einander gleichwertig waren, jetzt aber einen Ueberschuss an Gr\u00fcnerregung erzeugen m\u00fcssen. Dieser Ueberschuss wird zugleich der gesammten Reizintensit\u00e4t proportional sein, weil nat\u00fcrlich die Nebenmomente als eine integrirende Seite des Reizes seiner Intensit\u00e4t proportional gehen und deshalb auch nach dem Fechner-Helmholtz-schen Satze auf das Nachbild reagiren. Ebenso wird aber auch der gew\u00f6hnlich urgelbe Reiz, welcher mit jenem Urblau zu Grau zusammengemischt ist, je ein Roth- und ein Gr\u00fcnmoment besitzen, die sich in neutraler Stimmung gerade compensiren, nach der \u00bbErm\u00fcdung\u00ab durch Roth aber eine zur Intensit\u00e4t des Reizes selbst proportionale Gr\u00fcnerregung erzeugen. Das aus Blau und Gelb gemischte Grau wird also schlie\u00dflich nach der Rotherm\u00fcdung eine der Gesammtintensit\u00e4t proportionale Verschiebung nach Gr\u00fcn zeigen, da sich die Gr\u00fcnwerthe addiren. Die Blau- und Gelbmomente werden sich aber ebenso wie vorher in der neutralen Stimmung compensiren, da ja innerhalb der Blau-Gelbsubstanz durch Fixation des Urroth keine Ver\u00e4nderung in den ErregbarkeitsVerh\u00e4ltnissen entstanden ist. Die Erm\u00fcdungsfarbe des Urroth hat ja zwar ihrerseits neben dem weitaus \u00fcberwiegenden Reizmoment f\u00fcr die Rotherregung und dem jedenfalls sehr kleinen Moment f\u00fcr das gegenfarbige Gr\u00fcn auch wiederum zwei gleichwerthige Reizmomente f\u00fcr Urblau und Urgelb. Diese letzteren beiden werden aber ebensowenig eine Verschiebung des Erregbarkeitsverh\u00e4ltnisses innerhalb der Blau-Gelbsubstanz herbeif\u00fchren k\u00f6nnen, als \u00fcberhaupt jemals die Fixation von indifferentem Grau negative Farbennachbilder herbeif\u00fchren kann.\nMit dieser Annahme von zwei gleichen und entgegengesetzten Nebenmomenten auch f\u00fcr jeden gew\u00f6hnlich urfarbigen Reiz wird aber nun auch unmittelbar begreiflich, dass nicht nur die besonders wenig ges\u00e4ttigten Farben ohne R\u00fccksicht auf ihre physikalische Zusammensetzung proportional zu ihrer Intensit\u00e4t nach der Nachbild-\n41*","page":629},{"file":"p0630.txt","language":"de","ocr_de":"630\nWilhelm Wirth.\nf\u00e4rbe verschoben erscheinen, was auch der Dreifarbentheorie noch relativ am erkl\u00e4rlichsten war. Die Hering\u2019sche Hypothese gestattet nun auch alle Farbenton\u00e4nderungen der von der Erm\u00fcdungsfarbe beliebig entfernten vollges\u00e4ttigten Farben als Erregbarkeitsver\u00e4nderungen proportional zu den re-agirenden Intensit\u00e4ten aufzufassen, wie es mir schon auf Grund meiner fr\u00fcheren Messungen als h\u00f6chst wahrscheinlich erschienen war. Damit kommt erst die volle Einheitlichkeit in die gesammte Auffassung, falls man \u00fcberhaupt einmal irgendwo die Erregbarkeitsver\u00e4nderungen und nicht irgendwelche Beimischungen zur Erkl\u00e4rung der negativen Nachbilder als localer Adaptationserscheinungen einf\u00fchren will. Unsere ganze letzte Ueberlegung an der Hand des Beispieles der Erm\u00fcdung des Urroth ist ja von den beiden Componenten Urblau und Urgelb ausgegangen, welche beide allein f\u00fcr sich proportional zur Reizintensit\u00e4t nach Gr\u00fcn hin verschoben erscheinen, weil sich bei dem Blau- oder Gelbreiz zu der Blau- bezw. Gelberregung einfach das aus den Nebenmomenten stammende und zum Blaureiz selbst proportionale Gr\u00fcn hinzuaddirt. Der Gesammteffect ist also der n\u00e4mliche, wie wenn im neutralen Zustande der Roth-Gr\u00fcnsubstanz ein gr\u00fcnblauer Reiz gesehen w\u00fcrde, dessen Moment hinsichtlich der Roth-Gr\u00fcnsubstanz gerade in neutraler Stimmung nicht compensirt wird. Eine hinreichende Erm\u00fcdung durch Gr\u00fcn w\u00fcrde andererseits diesen in neutraler Stimmung als Gr\u00fcnblau gesehenen Reiz als Urblau erscheinen lassen, sobald nur die relative Steigerung der Rotherregbar-keit gegen\u00fcber der Gr\u00fcnerregbarkeit das Yerh\u00e4ltniss des im Gr\u00fcnblau geiingeren Rothmomentes zu dem jetzt herabgesetzten Gr\u00fcnmomente bis zur gegenseitigen Compensation ver\u00e4ndert hat. Bei idealer G\u00fcltigkeit der Analogie zum Fechner-Helmholtz\u2019schen Satze, gleichg\u00fcltig mit welcher Proportionalit\u00e4tsconstante, w\u00fcrde dann die einmal erreichte Verschiebung des Gr\u00fcnblau nach Urblau auch f\u00fcr alle anderen Intensit\u00e4tsstufen dieses Farbenreizes vorhanden sein, was allerdings schon nach dem Hess\u2019sehen Resultate einer gr\u00f6\u00dferen Verschiebung in den unteren Intensit\u00e4tsstufen nicht genau zutrifft, ohne dass dadurch, wie schon \u00f6fters erw\u00e4hnt, die Auffassung der Verschiebung als Erregbarkeitsver\u00e4nderung unm\u00f6glich gemacht w\u00fcrde.\nDie Annahme der beiden gegenfarbigen gleich gro\u00dfen Nebenvalenzen bedeutet aber f\u00fcr die antagonistischen Farbentheorien eigent-","page":630},{"file":"p0631.txt","language":"de","ocr_de":"Der Fechner-Helmholtz\u2019sche Satz \u00fcber negative Nachbilder u. s. w. 631\nlieh weiter nichts als eine Analogie zu dem bereits von Helmholtz f\u00fcr die Dreifarbentheorie ausgef\u00fchrten Versuch, die Reizwirkung eines homogenen Reizes nicht auf die ausschlie\u00dfliche Erregung eines einzigen der drei Grundelemente einzuschr\u00e4nken, sondern jedem Reize eine Erregung aller drei Elemente zuzuschreiben. Aus der Erm\u00fcdung eines der drei Elemente konnte dann eine \u00fcbernormale S\u00e4ttigung eines Grundfarbenreizes abgeleitet werden, und besteht ja hierin auch der von Hess an der oben erw\u00e4hnten Stelle als unhaltbar nachgewiesene Versuch, den Nachbildwerth auf den bei der Erm\u00fcdung nicht betheiligten homogenen Reactionsfarben abzuleiten. Der Nachtheil des analogen Versuches bei der Helmholtz\u2019schen Dreifarbentheorie besteht eben darin, dass die Annahme der hypothetischen Nebenvalenzen immer auch eine gleichzeitige S\u00e4ttigungsverminderung anzunehmen n\u00f6thigt, weil die Nebenvalenzen sich dort stets zu einer farblosen Helligkeitssteigerung frei auswirken. Erst f\u00fcr die antagonistische Earbentheorie konnte Hering von den Nebenvalenzen einen fruchtbareren Gebrauch machen, weil sie hier in Folge der Lostrennung des nach dieser Hypothese unver\u00e4nderten Helligkeitspro-cesses eine Ver\u00e4nderung der S\u00e4ttigung, d. h. des Verh\u00e4ltnisses von farbigen und farblosen Processen vermeiden konnte.\nDennoch ist mit der Hypothese, soweit sie bis jetzt hier besprochen wurde, noch keineswegs alles erkl\u00e4rt, was nach dem v. Kries\u2019schen Satze und der Analogie zum Fechner-Helmholtz\u2019schen Satze von ihr gefordert werden muss. Es ist zwar f\u00fcr alle gleich aussehenden reagirenden Farbengemische bei beliebiger Erm\u00fcdungsfarbe eine qualitativ gleichartige Verschiebung \u00fcberhaupt erkl\u00e4rt, welche zur Intensit\u00e4t der jeweils reagirenden Farbe mit irgend einem Proportionalit\u00e4tsfactor direct proportional ist. Das aus Blau und Gelb gemischte Grau wird also in unserem Beispiele nach der Erm\u00fcdung des Urroth ebenfalls wie das aus Roth und Gr\u00fcn gemischte nach dem zu Roth complement\u00e4ren Gr\u00fcn verschoben, und zwar umsomehr, je heller das Grau aus Blau und Gelb ist. Es ist indessen noch nicht erkl\u00e4rt, warum auch die Quantit\u00e4t der Verschiebung f\u00fcr eine bestimmte absolute reagirende Helligkeitsstufe der Verschiebung des Grau aus Roth und Gr\u00fcn v\u00f6llig gleichen soll, wie es die Erhaltung der Farbengleichungen nach dem v. Kries\u2019schen Satze erfordert. Trotz beiderseitiger","page":631},{"file":"p0632.txt","language":"de","ocr_de":"632\nWilhelm Wirth.\ndirecter Proportionalit\u00e4t zur Intensit\u00e4t des reagirenden Grau w\u00fcrde ja der Proportionalit\u00e4tsfactor je nach der Combination des Grau noch verschieden sein, wenn die absolute Summe der \u00bbNebenmomente* f\u00fcr die Roth-Gr\u00fcnsubstanz, die in ihren Erregbarkeitsverh\u00e4ltnissen ex dato allein ver\u00e4ndert ist, in dem aus Blau und Gelb bestehenden Reize eine andere sein w\u00fcrde, als die absolute Summe der Reizmomente f\u00fcr die Roth-Griinsubstanz in den Gr\u00fcn- und Rothreizen, deren Mischung in neutraler Stimmung derjenigen aus Blau und Gelb gleich siebt. (Dabei ist nach dem oben ausf\u00fchrlich Gesagten \u00fcberall vorausgesetzt, dass wir auch f\u00fcr Grau ebenso wie f\u00fcr jede Farbe eine wirkliche Verschiebung der Empfindung annehmen, welche nur aus den einzelnen antagonistischen Reizmomenten unter Ber\u00fccksichtigung der neuen Reizbarkeiten und nicht erst aus ihren Resultanten abzuleiten ist.) Nur dadurch wird ja, wie gesagt, eine Specialisirung der Hypothese den v. Kries'schen Satz und zugleich die thats\u00e4ch-liche inhaltliche Ver\u00e4nderung s\u00e4mmtlicher Farbenempfindungen im negativen Nachbilde miteinander erkl\u00e4ren k\u00f6nnen. Offenbar muss aber diese Specialisirung darauf abzielen, die Summen aller Reizwerthe f\u00fcr jede einzelne der s\u00e4mmtlichen Urfarben-erregungen in allen gleich aussehenden Gemischen als gleich gro\u00df erscheinen zu lassen. In dieser Richtung hat v. Kries selbst zugleich mit der Ver\u00f6ffentlichung seines Satzes, wie schon erw\u00e4hnt, ein f\u00fcr alle Mal die einzige M\u00f6glichkeit dargethan, wie der Bestand der Farbengleichungen von den speciellen Erregbarkeiten unabh\u00e4ngig gedacht werden kann, und wird auch die Hering\u2019schen Hypothese erst durch die Einhaltung dieser n\u00e4heren Bestimmung neben ihrer bereits ermittelten Anpassung an die anderweitigen Thatsachen des Gebietes den vollen umfassenden Erkl\u00e4rungswerth erlangen.\nVon Hering selbst ist nun allerdings \u00fcber die Gr\u00f6\u00dfe aller Valenzen eines einfachen homogenen Reizes noch keine n\u00e4here Bestimmung ausgesprochen worden, aus der die gesammten Ur-valenzen eines Gemisches auch f\u00fcr den Specialfall der gleich aussehenden Gemische abgeleitet werden k\u00f6nnten. Doch sind von ihm offenbar bereits ganz bestimmte Voraussetzungen \u00fcber diese Ge-sammtvalenzen gleich aussehender Gemische selbst gemacht, welche mit denen von v. Kries als Annahme der Gleichheit s\u00e4mmtlicher Einzelvalenzen in diesen Gemischen \u00fcbereinstimmen.","page":632},{"file":"p0633.txt","language":"de","ocr_de":"Der Fechner-Helmholtz\u2019sche Satz \u00fcber negative Nachbilder u. s. w. 633\nD. Verh\u00e4ltniss des v. Kries\u2019schen Satzes zum Newton\u2019schen Mischungsgesetze.\nAus der Darstellung von Hering in seiner Vertheidigung gegen v. Kries k\u00f6nnte nun jemand zu der Auffassung gelangen, als ob zu dieser Ableitung der Gleichheit aller \u00bbUrvalenzen\u00ab Gelb, Blau, Both, Gr\u00fcn, Wei\u00df (O, 58, 3\u00ce, 58, SB) in gleich aussehenden Gemischen gar keine neue Hypothese nothwendig sei, als sie schon durch das allbekannte Mischungsgesetz Newton\u2019s gefordert werde. Denn Hering sagt, dass man letzteres nur von einem hinreichend allgemeinen und vorurtheilsfreien Gesichtspunkt betrachten m\u00fcsse, wie er ihn selbst in seiner bekannten Darstellung des Newton\u2019schen Gesetzes der Farbenmischung eingehalten hat, um einzusehen, dass @, 58, 9\u00ce, 58 und SB in allen gleich aussehenden Gemischen gleich seien1). In der graphischen Darstellung dieses Gesetzes w\u00fcrde dies dadurch zum Ausdrucke kommen, dass f\u00fcr die verschiedenen Punkte der Farbentafel die Yerh\u00e4ltnisse \u00a9 : 58 : 5R : 58 : SB immer andere und andere seien, so dass eine bestimmte subjective Qualit\u00e4t, gleichg\u00fcltig wie sie physikalisch verursacht ist, stets nur mit diesen bestimmten absoluten Valenzen m\u00f6glich sei. Gegen diese Behauptung Hering\u2019s ist nun allerdings sicherlich nichts einzuwenden, wenn man in das Newton\u2019sche Gesetz der Farbenmischung all dasjenige einschlie\u00dft, was Hering in dasselbe mit hineingenommen hat. Auch ist der Einwand v. Kries\u2019 gegen die M\u00f6glichkeit der Ableitung seines Satzes aus der Gegenfarbentheorie gerade durch Verwerthung der Hering-schen Hypothese zu widerlegen. Es ist aber wohl eben so gewiss, dass in den Thatsachen der Farbenmischung allein, wie sie von Newton erkannt wurden und von jeder speciellen Theorie \u00fcber die \u00fcbrigen Thatsachen des Farbensehens unabh\u00e4ngig formulirt werden k\u00f6nnen, die N\u00f6thigung zu jener Annahme der Eindeutigkeit des Verh\u00e4ltnisses \u00a9 : 58 : 9\u00ce : 58 : SB f\u00fcr jeden Punkt der Farbentafel noch nicht enthalten ist. Es ist nur jedenfalls die M\u00f6glichkeit hierzu auch f\u00fcr die Hering\u2019sche Theorie keineswegs ausgeschlossen, wie v. Kries gemeint hatte. Nur dadurch, dass Hering von vorn\n*) E. Hering, Ueber die von v. Kries wider die Theorie der Gegenfarben erhobenen Einw\u00e4nde, 1. Mittheilung. Pfl\u00fcger\u2019s Archiv, Bd. 42, S. 488 ff., speciell S. 498.","page":633},{"file":"p0634.txt","language":"de","ocr_de":"634\nAVilhclm Wirt,h.\nherein gleich die Erregbarkeitsver\u00e4nderungen oder wenigstens den v. Kries\u2019schen Satz in den Thatbestand des New ton\u2019sehen Gesetzes mit hineinnahm, musste nat\u00fcrlich auch sein Gesetz wenigstens den v. Kries\u2019schen Satz gleich mit erkl\u00e4ren1). Die Farbenmischung ist aber nat\u00fcrlich ein Process, der von der Ver\u00e4nderlichkeit der Reizbarkeitsverh\u00e4ltnisse unabh\u00e4ngig betrachtet werden muss. Wenngleich, wie Hering mit Recht betont hat, bei allem Sehen fortw\u00e4hrend Ver\u00e4nderungen der Reizbarkeit nebenhergehen und insbesondere also auch keine Farbengleichung einige Zeit betrachtet werden kann, ohne dass dergleichen Ver\u00e4nderungen mitfolgen, so setzt doch der physiologische Mischungsprocess mit seinem psychologischen Ergehniss stets die Wirkung einer ganz bestimmten augenblicklichen Erregbarkeit voraus, sein Erfolg ist nur von dem jeweiligen Zustande der Wechselwirkung zwischen Reiz und Substrat abh\u00e4ngig. Diese fertigen Processe oder Potenzen zu solchen bilden die Grundelemente des physiologischen Mischungsprocesses, gleichg\u00fcltig, durch welche Erregbarkeiten dieselben zuf\u00e4llig herbeigef\u00fchrt worden sind. Und zwar ist der Mischungsprocess, auf welchen sich das Newton\u2019sehe Gesetz bezieht, der in seinem Wesen an sich noch unbekannte physiologische Thatbestand, in welchem zwei elementare Processe, die an sich ges\u00e4ttigte Farbenempfindungen begr\u00fcnden w\u00fcrden, zu dem neuen Vorg\u00e4nge Zusammenwirken, wie er z. B. bei Mischung complement\u00e4rer Farben zu weniger ges\u00e4ttigten Empfindungen oder bei Mischung benachbarter Farben zu relativ ges\u00e4ttigten mittleren Farbenempfindungen f\u00fchrt, w\u00e4hrend das physikalische Reizgemisch eine einfache Superposition bedeutet. Das Newton\u2019sche Gesetz bezieht sich also auf das Resultat dieser complexen Processe, und findet in der Dreifarbentheorie in der Hypothese der positiven Mitwirkung aller Farbensubstrate in dem Wei\u00dfprocesse, in einer Gegenfarbentheorie in der Hypothese des Antagonismus der complement\u00e4ren Processe seine Deutung. Will man dieses Mischungsgesetz rein f\u00fcr sich demonstriren, so ist zun\u00e4chst jede Ver\u00e4nderung der Erregbarkeiten m\u00f6glichst auszuschlie\u00dfen, und ein und die n\u00e4mliche Gesammt-adaptation beizubehalten. Denn die Aufhebung complement\u00e4rer Pro-cesse zu Grau u. s. w. im Processe der Mischung, kurz die Wirkung der\nb Hering-, lieber Newton\u2019s Gesetz der Farbenmischung, a. a. O. S. 180.","page":634},{"file":"p0635.txt","language":"de","ocr_de":"Der Feclmer-Helmholtz\u2019sche Satz \u00fcber negative Nachbilder n. s. w. 635\nCombination aller nach ihrem eindeutigen psychologischen Effect hei freier Auswirkung bestimmten physiologischen Elementarfactoren, ist doch nur dadurch zu erweisen, dass man daf\u00fcr sorgt, dass die com-binirten Erregungen, deren jede man im einfachsten Falle durch je einen homogenen Reiz erzeugt, wirklich f\u00fcr sich im einzelnen die bestimmte Farbenempfindung des Elementes und in ihrer Mischung die gerade diesen Elementen zugeordnete Empfindung ergeben, welche alle eindeutig bestimmten Punkten der Farbentafel, des Continuums der Farbenempfindungen, entsprechen. Und dies wird eben f\u00fcr eine bestimmte physikalische Farbenmischung nur unter Beibehaltung einer constanten Adaptationslage, gleichg\u00fcltig ob sie gerade die neutrale ist, auffindbar sein. So setzt also die ganze Theorie der Beziehung bestimmter physikalischer Gemische auf die in allen Punkten eindeutig bestimmte Tafel des Continuums der Farbenempfindungen nach der Newton\u2019sehen Regel stets eine ganz bestimmte Adaptationslage des Organes voraus. Viele Schwierigkeiten des Gesetzes, z. B. bei Vergleichung sehr differenter Intensit\u00e4tslagen, entstehen nur durch die Schwierigkeit dieser unerl\u00e4sslichen Vorbedingung gleicher Adaptation. Dass nach dem v. Kries\u2019schen Satze in einer neuen Adaptationslage die verschiedenen physikalischen Gemische, welche vorher einem Punkt der Tafel entsprachen, auch fernerhin an einem Punkte zusammenbleiben, ist eine ganz besondere Thatsache, welche zu der Erkenntniss der Eigenthiimliclikeit desMischungsprocesses als solchen und dem Newton-scheu Gesetze nichts Neues hinzubringen kann. Es werden ja jetzt auch aus den n\u00e4mlichen physikalischen Reizen ganz andere physiologische Elementarprocesse in den physiologischen Mischungsvorgang eingehen, und sind die nach dem v. Kries\u2019schen Satze auch jetzt wiederum zusammengeh\u00f6rigen physikalischen Gemische miteinander einem neuen Punkte der Tafel zugeordnet, der je nach der Adaptationsver\u00e4nderung von der vorigen Stelle ganz beliebig entfernt sein kann. Der n\u00e4mliche Specialfall des New ton\u2019sehen Gesetzes hingegen, d. h. die Combination der n\u00e4mlichen physiologischen Elementarprocesse zu dem ihnen entsprechenden Mischprocesse, wird jetzt durch andere physikalische Reize hervorgerufen. Im \u00fcbrigen wird das Newton-sche Gesetz f\u00fcr diese neue Adaptationslage in dem n\u00e4mlichen Sinne wie fr\u00fcher zutreffen, d. h. es wird sich der Effect der Reizmischungen nach der n\u00e4mlichen Regel ableiten lassen, nur folgt eben jetzt eine","page":635},{"file":"p0636.txt","language":"de","ocr_de":"636\nAVilhelm Wirth.\nbestimmte Misclifarbenempfindung aus anderen Heizelementen wie vorher.\nDass aber nun die Art der Abh\u00e4ngigkeit der Mischprocesse von ihren (physiologischen) Elementarprocessen f\u00fcr eine neue Adaptationslage ganz die n\u00e4mliche bleibt, ist noch nicht auch schon mit dem v. Kries\u2019sehen Satze identisch. Das erstere wird nothwendig f\u00fcr alle Theorien erkl\u00e4rlich sein m\u00fcssen, die \u00fcberhaupt die Thatsache der Farbenmischung sich unterordnen wollen. Es brauchte aber deshalb trotzdem f\u00fcr eine andere Auffassung als die Dreifarbentheorie, insbesondere also auch f\u00fcr die Theorie der Gegenfarben, damit noch nicht verbunden zu sein, dass die physikalischen Gemische, die in einer bestimmten Adaptationslage einem Punkte der Tafel zugeordnet waren, auch in jeder neuen wiederum auf einen einzigen Punkt bezogen sind. Diese Unabh\u00e4ngigkeit des Mischungsgesetzes von dem v. Kries\u2019schen Satze kann ja im allgemeinen auch gar nicht fehlen, weil dieser Satz gar nichts \u00fcber die Beziehung physiologischer Elementarvorg\u00e4nge zum Mischprocesse und zu der entsprechenden Empfindung aussagt, sondern nur \u00fcber die Beziehung physikalischer Beizvorg\u00e4nge zu den in die Mischung eingehenden physiologischen Ele-mentarfactoren. Seine physiologische Deutung ist von derjenigen der Mischungsvorg\u00e4nge begrifflich zu sondern. Letztere kommen nur insofern mit in die Betrachtung herein, als schlie\u00dflich die Elementarvorg\u00e4nge, die wegen jener besonderen Beziehung zwischen Beiz und Elementarerregung einem bestimmten Beizgemische entsprechen m\u00fcssen, speciell bei dem v. Kries\u2019schen Satze in ihrer Mischung betrachtet werden. Diese aus dem v. Kries\u2019schen Satze zu erschlie\u00dfende Beziehung zwischen Beiz und Elementarerregung ist zugleich von v. Kries, wie schon gesagt, ein f\u00fcr allemal richtig dahin bestimmt worden, dass eine Zur\u00fcckf\u00fchrung auf blo\u00dfe Erregbarkeitsver\u00e4nderungen der normaler Weise vorhandenen Substrate nur m\u00f6glich ist, wenn gleich aussehenden Beizgemischen die n\u00e4mlichen Elementarvorg\u00e4nge zugestanden werden, weil nur dadurch f\u00fcr diese Gemische eine zwar neue, aber doch f\u00fcr alle identische Combination von Elementarerregungen auch f\u00fcr jede Adaptations\u00e4nderung vorhanden bleibt. Diese letztere specielle Vorbedingung f\u00fcr den v. Kries\u2019schen Satz ist aber gerade f\u00fcr eine Gegenfarbentheorie nicht schon aus dem Mischungsgesetze allein nothwendig abzuleiten. Nur f\u00fcr die","page":636},{"file":"p0637.txt","language":"de","ocr_de":"Der Fechner-Helmholtz\u2019sehe Satz \u00fcber negative Nachbilder u. s. w. 637\nDreifarbentheorie wird sich dieselbe bereits als nothwendige Folgerung ihrer Deutung des Mischungsgesetzes ergeben, weil hier die physiologischen Elementarfactoren aller Mischungsprocesse ohne R\u00fccksicht auf Adaptationsver\u00e4nderungen schon auf Grund der eigent\u00fcmlichen Erkl\u00e4rung der Mischungsthatsache \u00fcberhaupt f\u00fcr jeden Punkt der Farbentafel als die n\u00e4mlichen angenommen werden m\u00fcssen. Es k\u00f6nnen nach dieser Theorie also thats\u00e4chlich nur solche Reizgemische gleich aussehen, welche den n\u00e4mlichen qualitativen und quantitativen Elementarcombinationen entstammen oder mutatis mutandis die n\u00e4mlichen \u00bbValenzen\u00ab besitzen. Daf\u00fcr widerspricht aber eben diese Theorie der speciellen Zuordnung der in ihrer dauernden subjectiven Zusammengeh\u00f6rigkeit ja allerdings gut erkl\u00e4rten physikalischen Reize zu einem anderen Punkt des Qualit\u00e4tensystemes in der neuen Stimmung insbesondere hinsichtlich der homogenen Reize, wie es schon aus den oben erw\u00e4hnten Hering-Hess\u2019schen Versuchen gegen Exner und noch mehr aus meinen eigenen hervorgeht. Hingegen enth\u00e4lt jede Gegenfarbentheorie gerade durch die werthvolle Zur\u00fcckf\u00fchrung eines Theiles der Mischungsvorg\u00e4nge auf antagonistische Processe die M\u00f6glichkeit, einem Punkt der Farbentafel, d. h. des Continuums der subjectiven Farben, im allgemeinen eine mehrfache physiologische Deutung zu geben, und zwar bestehen bei Annahme zweier Gegenfarbenpaare zwei Hauptarten dieser mehrfachen Deutung. Alle S\u00e4ttigungsverluste k\u00f6nnen auf eine gleichzeitige Anregung von Roth und Gr\u00fcn oder von Gelb und Blau zur\u00fcckgef\u00fchrt werden, wie es sp\u00e4ter noch ausf\u00fchrlich zur Sprache kommen soll. \"Wenn also Hering in der genannten Polemik gegen v. Kries ebenso wie vorher in seinen Ausf\u00fchrungen \u00fcber das Newton\u2019sehe Gesetz aus dem gleichen Aussehen zweier Gemische, das nach seiner Theorie durch S3 _ \u00ae\t_ s\u00df : \u00e4\u00df _ g' _ \u00a9' : sr' _ s\u00df' ; grg' ausgedr\u00fcckt wird, auf\nS3 : @ : IR : 33 = S3' : \u00a9' : IR' : SR schlie\u00dft, so ist dieser Schluss aus dem nach der Gegenfarbentheorie aufgefassten Gesetze der Farbenmischung allein nat\u00fcrlich nicht stringent, und zieht ihn Hering nur aus der bereits erfolgten Hinzunahme des v. Kries\u2019sehen Satzes zu den That-sachen des Mischungsgesetzes. Da durch den antagonistischen Process das Wesen der Farbenerregung der Voraussetzung nach f\u00fcr die Empfindung verloren geht und nur der Wei\u00dfprocess zur Geltung kommt, so ist z. B. aus dem gleichen Aussehen der Graugemische bei ein","page":637},{"file":"p0638.txt","language":"de","ocr_de":"638\nWilhelm Wirth.\nund der n\u00e4mlichen Adaptationslage schlechterdings nicht dar\u00fcber zu entscheiden, oh dasselbe nur aus 0, & oder aus 9?, i\u00df oder aus beiden zusammen combinirt ist. Eine Folge des Mischungsgesetzes hei seiner Auffassung im Sinne einer Gegenfarbentheorie ist nur die M\u00f6glichkeit, dasselbe stets auf die n\u00e4mliche Combination 99,($,9f,i\u00df zu deuten, und zwar gerade deshalb, weil ohne Ver\u00e4nderung des SB das Aussehen aller einzelnen und gemischten Farben unver\u00e4ndert bleibt, wenn wir ein beliebig gro\u00dfes Valenzgemisch 99, @ oder 9\u00ce, 99 in dem Indifferenzverh\u00e4ltniss ohne Ver\u00e4nderung des \u00dcB hinzuf\u00fcgen, also aus dem n\u00e4mlichen Grunde, der f\u00fcr eine Gegenfarbentheorie aus dem Mischungsgesetze allein stets eine mehrfache Deutung jedes Punktes der Farbentafel m\u00f6glich macht.\nUm also auch f\u00fcr die Vierfarbentheorie den v. Kries\u2019schen Satz erkl\u00e4rlich zu machen, muss die Eindeutigkeit der Valenzen f\u00fcr jeden Punkt der physiologischen Farbentafel erst durch die Hypothese einer ganz besonderen Beziehung zwischen physikalischen Beizen und Substraten hergestellt werden, wie sie aus den Mischungsthatsachen allein f\u00fcr diese Theorie nicht mit Nothwendigkeit ahzuleiten, aber gerade dadurch m\u00f6glich gemacht ist. Es m\u00fcssten den einzelnen physikalischen Reizen des Gemisches, abgesehen von der Wei\u00dfvalenz 9B und von der Farbenvalenz, die in ihnen hei isolirter Einwirkung ungehemmt zu Tage tritt, so viel weitere gegenfarbige Valenzpaare 9\u00ce, 99 und 99, @ hinzugef\u00fcgt werden, dass die gleich aussehenden Gemische dadurch auf die gleichen Valenzen gebracht werden. G\u00e4be es hingegen \u00fcberhaupt keine Erregbarkeitsver\u00e4nderungen, so l\u00e4ge f\u00fcr eine Gegenfarbentheorie kein Grund vor, die Mehrdeutigkeit der physiologischen Farbentafel, wie sie der Auffassung des Mischungsgesetzes entspricht, jemals durch solche besondere Hypothesen aufzuheben. AV\u00fcrde Hering die Thatsache des v. Kries\u2019schen Satzes nicht sogleich mit den Thatsachen der Mi-schungsprocesse zusammengenommen und die f\u00fcr die Vierfarbentheorie thats\u00e4chlich durchf\u00fchrbare allgemeinere Hypothese von der Gleichheit aller Valenzen in gleich aussehenden Gemischen nicht wiederum als Newton\u2019sches Mischungsgesetz bezeichnet haben, so w\u00e4re das Charakteristische seiner Hypothese jedenfalls noch etwas klarer hervorgetreten. So aber konnte es so scheinen, als sei diese wichtige","page":638},{"file":"p0639.txt","language":"de","ocr_de":"Der Fechner-Helmholtz\u2019sche Satz \u00fcber negative Nachbilder u. s. w. 639\nErscheinung auf dem Gebiete der Erregbarkeitsver\u00e4nderung auch f\u00fcr eine Theorie der Gegenfarben nur eine specielle Seite eines Gesetzes, das man sonst von Adaptationsver\u00e4nderungen mit Recht ganz unabh\u00e4ngig zu betrachten gewohnt ist. Es erhielt die ganze Operation zu sehr den Anstrich des Selbstverst\u00e4ndlichen, und wurde hierdurch vielleicht mit veranlasst, dass man die Hering\u2019sehe Grundhypothese \u00fcber die Hinzunahme von Reizmomenten, die erst aus Verschiebungen des Earbentones bei neuer Adaptationslage erkannt werden, nicht so vollst\u00e4ndig ausgeh aut hat, wie es m\u00f6glich ist, und wie sie erst wirklich nicht nur den v. Kries\u2019schen Satz aus den Valenzen der einzelnen Reize des physikalischen Gemisches verst\u00e4ndlich macht, sondern auch die Ver\u00e4nderungen aller beliebigen homogenen Farbenreize als Erregbarkeitsver\u00e4nderungen aufzufassen gestattet, was der Dreifarbentheorie unm\u00f6glich geworden war.\nE. Die Ausgestaltung der Hering\u2019sehen Hypothese und ihre Beziehung zur Wundt\u2019sehen Stufentheorie.\n1. Das Wesentliche des Gedankens, nach welchem im Folgenden eine Ausgestaltung der Hering\u2019sehen Hypothese in dem unter C erl\u00e4uterten Sinne versucht werden soll, ist zun\u00e4chst der Natur einer antagonistischen Farbentheorie \u00fcberhaupt angepasst. Sie soll jedoch sogleich an der Hand der Vierfarbentheorie dargelegt werden, und zwar nicht nur wegen der besonderen Einfachheit des\nSchemas, sondern weil sie hier allein widerspruchslos den v. Kries\u2019schen Satz zusammen mit dem Fecliner-Helmlioltz\u2019schen Satze als blo\u00dfe\nFig. 6.","page":639},{"file":"p0640.txt","language":"de","ocr_de":"640\nWilhelm Wirth.\nErregbarkeitsver\u00e4nderung zu erkl\u00e4ren vermag. Denkt man sich das Quadrat BQVB (Fig. 6) mit der Mitte W als Nullpunkt der S\u00e4ttigung als die theoretische Valenztafel der vier Urfarbenprocesse, so l\u00e4\u00dft sich an ihm in der bekannten Weise die Beziehung der eindeutig bestimmten physikalischen Reize zu den physiologischen Urfarbensubstraten f\u00fcr eine bestimmte Erregbarkeit aller Substrate versinnlichen, und weiterhin der Erfolg bei einer Abweichung von diesen urspr\u00fcnglichen Erregbarkeitsverh\u00e4ltnissen ableiten. Die Einheiten sind dabei nat\u00fcrlich nicht vom physikalischen, sondern vom physiologischen Gesichtspunkt aus gew\u00e4hlt. Die Eckpunkte entsprechen den einzelnen einander gleichwerthigen Urfarbenerregungen, wie sie sich entweder als Gegenfarben bei gleichzeitiger Anregung gerade zur Farblosigkeit compensiren oder als Erregungen getrennter Substrate in irgend einem \u00bbAequivalenzverh\u00e4ltniss\u00ab stehen. Diese Eckpunkte stellen zugleich eine nicht compensirte, in der Empfindung als maximal ges\u00e4ttigte Farbe vertretene Urfarbenerregung dar, w\u00e4hrend jeder Punkt im Inneren des Quadrats bereits mehr oder minder einem Verlust an freier Erregung durch Antagonismus entspricht. Die Verbindungslinien der Eckpunkte vertreten dabei den Ort aller m\u00f6glichen Mischungen der actuellen Urfarbenerregungen mit einem \u00e4quivalenten Ma\u00dfe an freier, nicht compensirter Urfarbenerregung nach der bekannten Schwerpunktsconstruction. Auch innerhalb des Quadrates wird jedoch an jedem Punkte die Summe an freier und compensirter Erregung, also die Summe aller in die Mischung eingegangenen Valenzen \u00e4quivalent bleiben, so dass die Tafel vor allem in diesem Sinne ganz allgemein als Tafel eines bestimmten Gesammtwerthes der Valenzen zu betrachten ist. Diese \u00bbtheoretische\u00ab Farbentafel ist nun an das Continuum der Reize bekanntlich erst durch eine Umkehrung des Verfahrens angeschlossen zu denken, durch welches man sonst eine empirisch abgeleitete Tafel zu der theoretischen Tafel durch Hinausschieben der Punkte f\u00fcr die reinen Elementarerregungen erg\u00e4nzt. Jede Wirkung eines homogenen Reizes findet also im allgemeinen ihre Stelle als Mischfarbe. Da f\u00fcr die concret ableitbare Farbentafel nat\u00fcrlich auch gleiche Helligkeit zur Farbengleichung hinzugeh\u00f6rt, so ist damit auch f\u00fcr die vorhin ber\u00fchrte Gleichwerthigkeit zwischen Roth-Gr\u00fcn einerseits und Gelb-Blau andererseits eine einschr\u00e4nkende Bestimmung getroffen, in-","page":640},{"file":"p0641.txt","language":"de","ocr_de":"Der Fechner-Helmholtz\u2019sche Satz \u00fcber negative Nachbilder u. s. w. 641\nsofern das aus beiden Farbenpaaren gemischte Wei\u00df im Mittelpunkt des Quadrates die gleiche Helligkeit besitzen muss. Damit sind dann zugleich die unter den gew\u00e4hlten Bedingungen gleichzeitig vorhandenen Wei\u00dfvalenzen f\u00fcr die \u00fcbrigen Punkte der Tafel festgelegt. Doch kommen dieselben bei ausschlie\u00dflicher Betrachtung eines reinen Farbennachbildes ohne Variation der Helligkeitsadaptation nur mittelbar in Betracht. Soweit auch eine gleichm\u00e4\u00dfige Verschiebung der Helligkeiten von einer blo\u00dfen Ver\u00e4nderung der Farben Wirkungen abh\u00e4ngen sollte, m\u00fcsste sie ja ohnehin wegen der hier abzuleitenden gleichen Richtung und Gr\u00f6\u00dfe der Farbenverschiebung auf alle Farbengleichungen den n\u00e4mlichen Einfluss haben.\nEs entspreche nun z. B. M einer gr\u00fcngelblichen Mischfarbenerregung, die zugleich innerhalb der nicht eingezeichneten empirischen Farbenlinie liege, so wird dieselbe, wenn man zun\u00e4chst der Einfachheit halber die Linie der empirischen homogenen Reize die Seiten des Quadrats ber\u00fchren l\u00e4sst, z. B. aus den Qualit\u00e4ten 3, und S3 oder auch aus 32 und S4 gemischt werden k\u00f6nnen. In den verschiedenen 3 w\u00e4re nun an frei actuellen Urfarbenerregungen, wenn man die Farbenwerthe der Eckpunkte Roth, Gr\u00fcn, Gelb und Blau wieder mit fft, SS, \u00a9, 33 bezeichnet und den gemeinsamen Nenner der Mischungen je zweier benachbarter Urfarben RG, GV u. s. w. als Strecke von jetzt ab = 1 setzt:\n1)\t3, = @(4B) +\ns3 =\t+\t\u00e6 m.\n32 =\t+\t\u00dct(\u00a3\u00f6)\n& = @(\u00a3f) + ssffi).\nDiese Valenzen f\u00fcr 3i und %, bezw. S2 und 34 k\u00f6nnen also nach den S\u00e4tzen der Theorie auch aus der subjectiven Betrachtung der ungemischten Einzelreize unmittelbar erschlossen werden. In M bleiben sie nur zum Theil frei; sie m\u00fcssen aber doch insgesammt f\u00fcr die Berechnung der Reizwirkung bei einer beliebigen Erregbarkeitsver\u00e4nderung in Betracht kommen1). W\u00e4ren nun diese in den voll-ges\u00e4ttigten Farbenempfindungen der einzelnen 3 frei sich auswirken-\nb Ygl. oben S. 625.","page":641},{"file":"p0642.txt","language":"de","ocr_de":"642\nWilhelm Wirth.\nden Valenzen die einzigen in dem entsprechenden Reizgemische enthaltenen Valenzen, wie es nach den Ausf\u00fchrungen des vorigen Capitels f\u00fcr die antagonistische Farbentheorie bei ausschlie\u00dflicher Ber\u00fccksichtigung der Mischungsthatsachen gar nicht anders zu sein brauchte und wie es vor Einbeziehung der negativen Nachbilder auch nicht in Frage kommen konnte, so w\u00e4ren offenbar die gesammten Valenzen in M trotz gleichen Aussehens der Mischung je nach ihrer Herstellung verschieden. Das gleiche Aussehen verb\u00fcrgt uns nach den Haupts\u00e4tzen der Theorie \u00fcber die Mischungsthatsache nur, dass die Resultante aus den s\u00e4mmtlichen paarweise antagonistischen Valenzen f\u00fcr jedes Gegenfarbenpaar in M bei jeder beliebigen Herstellung die n\u00e4mliche bleiben muss. Bekanntlich kann diese Resultante der freien in der Empfindung wirksamen Empfindung in ihrer Gr\u00f6\u00dfe und Qualit\u00e4t nach der Theorie einfach durch die Differenz der antagonistischen Valenzen ausgedr\u00fcckt werden, wobei die Gegenfarben mit verschiedenen Vorzeichen, also z. B. Roth und Gelb mit +, Gr\u00fcn und Blau mit \u2014 verrechnet werden. Dabei gen\u00fcgt es f\u00fcr das Folgende, alle Beweise \u00fcber die Valenzen einer Mischung von con-stantem Aussehen in einer Adaptationslage an der Herstellung aus nur zwei vollges\u00e4ttigten Farben g auf den Seiten des Quadrates zu demonstriren, weil sich alle beliebigen Mischungen schlie\u00dflich auf eine Reihe solcher Mischungen zu je zweien zur\u00fcckf\u00fchren lassen. Die verschiedenen Mischungsm\u00f6glichkeiten f\u00fcr M aus zwei vollges\u00e4ttigten Farben erh\u00e4lt man nun durch Drehung des Strahles S1S3 um ^ als Drehpunkt, wobei fortschreitend neue Combinationen %, So ; S\u00ab > 3? u.s. w. der benachbarten Urfarben auf den Seiten des Quadrates bestimmt werden. Aus diesen l\u00e4sst sich M jederzeit hersteilen nach der bekannten Mischungsregel als\n^2 \u25a0 dfXt + \u00a74 -MI-2\nu. s. w.\nF\u00fcr alle Lagen des Strahles durch M muss aber zur Erzielung des gleichen Aussehens die Resultante f\u00fcr die Roth-Gr\u00fcn- und die Blau-Gelbsubstanz die n\u00e4mliche sein, also\nund\n@1,3 \u2014 S3, ,8 = \u00a92,4 \u2014 S32,4 u. s. w.","page":642},{"file":"p0643.txt","language":"de","ocr_de":"Der Fechner-Helmholtz\u2019sche Satz \u00fcber negative Nachbilder u. s. w. 643\nd. h.\nund\nIyR-^m+kV-\nRh\nmja\nhl4\nEs ist nun aus der Eigur leicht zu entnehmen, dass die Anwendung der Mischungsregel auf die Tafel f\u00fcr verschiedene Lagen des Strahles zwar die Oonstanz dieser resultirenden Differenzen f\u00fcr jedes Gegenfarbenpaar, keineswegs aher die Oonstanz der einzelnen Valenzen 9\u00ce, S3-, @, SB unter ausschlie\u00dflicher Ber\u00fccksichtigung der 3 von 1) ableiten l\u00e4sst wie es der v. Kries\u2019sche Satz erfordert. Die Oonstanz der Itesultirenden ergibt sich nur aus der besonderen Gesetzm\u00e4\u00dfigkeit dieser unvermeidlichen Variation der Einzelvalenzen je nach Lage des Strahles. Solange der Strahl IxI3 auf den n\u00e4mlichen Seiten des Quadrates RG und VG verbleiben, also von der Lage RM bis MV, werden allerdings auch die einzelnen Valenzen sich gleich bleiben, wie die einfachste geometrische Ueber-legung zeigt. F\u00e4llt man von M aus die Lothe MA = a und MC = c auf die Seiten des Quadrates R G und G V, so schneiden diese in allen bei der Drehung des Strahles wechselnden Dreiecken A 7j GI3, AI2 GI4 u. s. w. zwei kleine \u00e4hnliche Dreiecke ab, AIiAMr~j AMCI3 ~ /S^Gh u. s. w. In diesen ist stets\n3) ItG \u25a0 MIS = hh \u2022 c u. s. w. oder\n-frGMtfj, (d h der Wertl) g* von \u00c701) = C| und\nI3G \u25a0 Mit = 1,7, \u2022 a u. s. w. oder\nRG_ MI\u00b1 (d h der Werth s\u00df Von \u00e4ki = \u00ab.\nAndererseits bleibt selbstverst\u00e4ndlich auch der Werth f\u00fcr @ nach bekannten Ueberlegungen in diesem Bereiche des Strahles f\u00fcr sich constant, da ja \u00fcberhaupt kein 53 hereinkommt, also auch die Be-sultirende stets nur aus positiven Factoren besteht. Geht aber nun der Strahl bei weiterer Drehung aus der Lage MV (auch mit I5F bezeichnet) z. B. zu 7677 weiter, so h\u00f6rt jene Oonstanz der einzelnen 31 und 93 -Wertlie f\u00fcr sich auf und es bleibt ausschlie\u00dflich\nWuudt, Philos. Studien. XVIII.\t42","page":643},{"file":"p0644.txt","language":"de","ocr_de":"644\nWilhelm Wirth.\ndie Constanz ihrer Differenz oder Resultante bestehen, welche nach der Theorie das gleiche Aussehen von M erkl\u00e4rt. Der Werth an\nIe G \u25a0 MIj\nRoth, der in % noch = c war, ist jetzt nur noch\njetzt ist\nItG-MTj\n\nAber\nT T, \u2014 = 0, wie die ver\u00e4nderte Figur leicht erkennen\n7\n... , MT7 MI, lasst, wo - ]> -\nh 4 7 hh\nUnd Entsprechendes gilt f\u00fcr SS. Doch ist\nwegen der Aehnlichkeit der beiden Dreiecke A hMIe ^ A VMJ-die Abnahme auf der Seite des jR mit einer gleich gro\u00dfen Abnahme des SS verbunden. Es ist J5J6 \u25a0 MI, \u2014 I7V\u25a0 MI6. D ie Differenz der beiden Werthe mit entgegengesetzten Vorzeichen bleibt also die n\u00e4mliche. Der Verlust erfolgt zu Gunsten der absoluten Werthe an Gelb-Blau-Valenzen, da ja von der Stellung MV an weiterhin auch ein Blauwerth hinzutritt. Auf dem ganzen Wege des Strahles \u00fcber B machen nun die Werthe 9i und SS ein Minimum durch, bis sie bei MR wieder auf c und a anlangen, w\u00e4hrend \u00a9 und S3 bis dorthin von ihrem inzwischen erlangten Maximum wieder auf den constanten Werth ausschlie\u00dflich in \u00a9 sinken. Die Gesammtsumme der Valenzen muss ja f\u00fcr jeden Punkt gleich der gew\u00e4hlten Einheit sein. Hiermit ist also die geometrisch anschaulichste Demonstration der Mehrdeutigkeit des 3J\u00ce nach der antagonistischen Theorie gegeben. Es fragt sich nun, welche Ausgestaltung der Hering\u2019schen H\u00fclfsliypothese alle Valenzen so erg\u00e4nzen kann, dass sie f\u00fcr jede Lage des Strahles in den Werthen SR, 93, \u00ae, und S3 constant bleiben.\nEs ist leicht zu ersehen, dass diese letztere Aufgabe gel\u00f6st ist, sobald es gelingt, die Nehenvalenzen jedes homogenen Reizelementes 3 so zu w\u00e4hlen, dass in die absolute Valenzsumme f\u00fcr jedes Gegenfarbenpaar, also 3\u00ce + 93 und \u00a9 -{- S3 bei allen Mischungsweisen constant bleibt. Nachdem schon gezeigt wurde, dass die Differenz erhalten bleibt, wird nach Erlangung einer Constanz dieser absoluten Summen alles Erforderliche beigebracht sein. Denn die constante Differenz 33 \u2014 93, \u00a9 \u2014 S3 wird ja durch die Herings\u2019chen hypothetischen Nebenvalenzen ohnehin nicht ver\u00e4ndert, da sie, wie in Abschnitt C ausgef\u00fchrt wurde, ihrer Natur nach \u00fcberhaupt nur paarweise zu entgegengesetzt gleicher","page":644},{"file":"p0645.txt","language":"de","ocr_de":"Der Fechner-Helmholtz\u2019sche Satz \u00fcber negative Nachbilder u. s. w. 645\nGr\u00f6\u00dfe 3\u00ce'= SS', @'=23' eingef\u00fchrt werden. Wie sich ans der Figur ebenfalls wieder leicht ersehen l\u00e4sst, kann diese Erg\u00e4nzung der Summe 9\u00ce + SS und @5 + S3 zu einem f\u00fcr alle Lagen des Strahles constanten Werthe dadurch erfolgen, dass zu s\u00e4mmtlichen Ur-valenzen der homogenen Beize, welche in der ungemischten Betrachtung frei zur Geltung kommen und daher nicht hypothetisch sind, je eine halb so gro\u00dfe Valenz f\u00fcr die beiden Erregungsweisen des anderen Substrates hinzutritt. Dadurch wird nat\u00fcrlich der gesammte Werth der Farbenvalenzen aller einzelnen Beize und aller m\u00f6glichen Mischungen (ohne Ver\u00e4nderung des Ma\u00dfes der freien Erregung) verdoppelt, er bleibt aber nun auch f\u00fcr jedes der beiden Substrate im einzelnen constant gleich der bisherigen Einheit und gerade hierauf beruht die Durchf\u00fchrbarkeit der Hypothese d. h. die Ableitung der Unabh\u00e4ngigkeit aller einzelnen Urvalenzen einer jeden Mischfarbe von ihrer Zusammensetzung. Die bestimmten Differenzen der Valenzen jedes der beiden Gegenfarbensubstrate, welche jeden Punkt der Farbentafel nach seinem eindeutigen Effekte an freier Farbenerregung charakterisiren, bestehen jetzt erst nothwendig zugleich mit einer Oonstanz der absoluten Einzelwerthe der beiden Glieder dieser Differenz zusammen, weil die absolute Summe jedes der beiden Valenzpaare durch die nach der Hypothese neu hinzutretenden Valenzcomponenten stets zur gew\u00e4hlten Ma\u00dfeinheit 1 erg\u00e4nzt wird. Die hypothetischen Valenzen, welche bei der v\u00f6lligen Analogie zwischen Both-Gr\u00fcn und Blau-Gelb nur f\u00fcr erstere n\u00e4her ausgef\u00fchrt werden sollen, lassen sich in die schematische Darstellung der Fig. 6 leicht einf\u00fchren, wenn man auf allen Geraden I0 W (0 = 1 bis n'j im Punkte W Lothe errichtet, welche die Seiten des Quadrates in den paarweise zusammengeh\u00f6rigen Punkten Kx und K\\ u. s. w. schneiden, deren entsprechende Valenzen nach unserer Hypothese je in halber Ma\u00dfeinheit zu den in den Beizelementen I liegendenjValenzen hinzugef\u00fcgt werden sollen. Der gesammte absolute Werth P der Valenzen Both-Gr\u00fcn der Mischung M aus /, und J3 wird daher an Stelle der linken Seiten der Gleichungen 2) (der Werth f\u00fcr die Mischung M aus \\ und J3):\n42*","page":645},{"file":"p0646.txt","language":"de","ocr_de":"646\nWilhelm Wirth.\nWegen der Gleichheit von\nK{B = K\\ G \u2014 IyR\nund\nK\u00bbB = K',G = I3V\n(in congruenten Dreiecken) wird die Resultirende R der Valenzen, also unter Ber\u00fccksichtigung der Vorzeichen, stets wieder constant bleiben, und zwar\nML\nML\nR^ffLO - /a\u00df .\nJi J3\tL h\nDie Summe der absoluten Werthe (ohne R\u00fccksicht auf die entgegengesetzten Vorzeichen der 31 und SS) aber wird\n4 a)\nund weil\nYJ- {Il G + LR) + YY A A\tA A\n[LG+ I3V)\nLG + LR = RG = LG + J,F= VG\nist, und ferner\nLM + ml = LL,\nso wird der Werth iQ;;; gleich der gew\u00e4hlten Einheit E \u2014 1 der Tafel, ohne R\u00fccksicht auf die Lage des Strahles LL u- s. w., da ja stets die Nebenvalenzen aller I die Hauptvalenzen zu der Einheit der Quadratseite erg\u00e4nzen, auf welcher das I gerade liegt. Ebenso ist aber nat\u00fcrlich auch\nPm = E\nund der Gesammtwerth an unmittelbar erkennbaren und hypothetischen Valenzen f\u00fcr jede beliebige Mischung der Tafel = 2 E.\nDaraus ist dann nat\u00fcrlich auch sogleich ersichtlich, dass die Constanz der absoluten Einzelwerthe 31, SS, \u00a9, S3 auch f\u00fcr jede beliebige Mischung eines M aus anderweitigen Mischungen Mt und M2, die ihrerseits wieder beliebig combinirt sein k\u00f6nnen, unter Voraussetzung der nunmehr n\u00e4her bestimmten Nebenvalenzen aller Reizelemente erhalten beibt, womit auch erst die Brauchbarkeit der Hypothese bei den idealen Reizen auch f\u00fcr die empirischen garantirt ist. Die resultirende Differenz f\u00fcr jedes Gegenfarbenpaar bleibt ja auch hier wiederum","page":646},{"file":"p0647.txt","language":"de","ocr_de":"Der Fechner-Helmholtz\u2019sche Satz \u00fcber negative Nachbilder u. s. w. 647\nohnehin schon auf Grund der Erkl\u00e4rung des Mischungsgesetzes nach jeder antagonistischen Theorie f\u00fcr das gleiche Aussehen des M von der Art der Mischung unabh\u00e4ngig. Au\u00dferdem besitzt aber jede einzelne Mischung Mt und M% wiederum f\u00fcr jedes Gegenfarbenpaar besonders f\u00fcr sich den Werth 1, so dass aus jeder beliebigen Herstellung der f\u00fcr alle Punkte der Tafel \u00fcberhaupt constanten Gesammt-einheit \u20142 E ebenfalls wiederum die Constanz der Summe der absoluten Werthe Pm und P\u00ae@ herauskommen muss und damit also auch die Constanz aller Einzelvalenzen 91, 33, \u00a9 und $8 wegen der gleichzeitigen Constanz der Resultirenden, welche jedem Punkte erst seinen Charakter verleiht.\nZu der Ableitung der f\u00fcr ein beliebig comhinirtes M stets gemeinsamen Richtung und Gr\u00f6\u00dfe der qualitativen Verschiebung, welche nun durch Ver\u00e4nderungen der bisherigen, mit 1 bezeichneten Erregbarkeit f\u00fcr irgend eine Substanz erfolgt, brauchen dann selbstverst\u00e4ndlich nur die Einzelwerthe der Gleichung x \u2014 y = A, x-\\- y \u2014 1 verwendet zu werden. Bedeuten also A^ \u00ae und A\u00a9 b die beiden von der Zusammensetzung unabh\u00e4ngigen \u00dfesultirenden der Mischung M nach ihrem Gehalt an freien 3t, 33, \u00a9 oder 33, wie sie mit der Lage in der Earhentafel eindeutig bestimmt sind, so ist\n5)\t9t \u20143S = A3),<b und \u00a9 \u201433 = A@is\n9t + 33 = 1\u00a9+ 33 = 1\n33 = \u201433 = \u2014~ 2\u00ae'* \u25a0\nUeber die v\u00f6llige Unabh\u00e4ngigkeit dieser Ableitung des v. Kries\u2019schen Satzes aus einer solchen Vierfarbentheorie von irgend welchen n\u00e4heren Bestimmungen des gegenseitigen Verh\u00e4ltnisses der gleichzeitigen Erregbarkeitsver\u00e4nderungen f\u00fcr die vier Einzelvalenzen, also insbesondere der Erm\u00fcdung und der etwaigen complement\u00e4ren Erholung braucht nichts mehr hinzugef\u00fcgt zu werden, nachdem jetzt alles erreicht ist, was v. Kries an Erkl\u00e4rungsvortheilen seinem Satze gegen\u00fcber nur der Dreifarbentheorie zukommen lassen wollte. Die Bestimmung dieser in einem negativen Nachbild gleichzeitig enthaltenen Beziehungen zu den ein-","page":647},{"file":"p0648.txt","language":"de","ocr_de":"648\nWilhelm Wirth.\nzelnen reagirenden Substraten auf Grund der quantitativen Bestimmungen, wie sie oben dargelegt wurden, kann also diese Hypothese in keiner Weise einengen. Damit komme ich aber nun schlie\u00dflich auch zu ihrer gleichzeitigen Freiheit von dem Zwange, welcher z. B. die Dreifarbentheorie, wie oben erw\u00e4hnt, zur Erkl\u00e4rung des Nachbild-werthes auf homogenen Reactionsfarben von beliebigem Tone aus einer secund\u00e4ren Beimischung n\u00f6thigte. Nach der soeben entwickelten Hypothese besitzen ja auch alle beliebigen ideal homogenen Farbenreize nicht nur die beiden durch den Punkt I auf den Seiten des Quadrates bezw. durch die Eckpunkte bestimmten Urvalenzen, welche bei alleiniger Einwirkung des Reizes sich frei auswirken und insgesammt die Ma\u00dfeinheit 1 repr\u00e4sentiren, wie sie also gew\u00f6hnlich ohne diese Hypothese aufgefasst wurden. Auch f\u00fcr sie gilt ja \u00fcberall Element f\u00fcr Element, dass die absolute Valenzsumme f\u00fcr jedes der beiden Urfarbensubstrate im einzelnen die Ma\u00dfeinheit erreicht, welche den freien, eine Farbenempfindung ausl\u00f6senden Erregungen der Punkte auf den Seiten des Quadrates zu Grunde gelegt ist. Ein Reiz, welcher bei der zur Farbentafel gew\u00e4hlten Stimmung z.B. als \u00bbUr-gelb \u00ab erscheint, wird also au\u00dfer @ = + 1 noch y2 9\u00ce + V2 \u00ae anzuregen im st\u00e4nde sein, ebenso wie ein aus Urroth und Urgr\u00fcn gemischtes Grau von \u00e4quivalenter Intensit\u00e4t. Ist also z. B. durch die freie Erregung von Urroth bei Einwirkung des urroth aussehenden Reizes eine Verminderung der Roth-Erregbarkeit auf das \u00abn-fache der bisherigen Leistungsf\u00e4higkeit entstanden (a& <y 1) und eine gleichzeitige Steigerung der Gr\u00fcn-Erregbarkeit, auf das as-fache (erg > 1), so wird auch das reagirende Urgelb um eben so viel an freier Valenz f\u00fcr Urgr\u00fcn zugenommen haben, also wirklich nach der zur Erm\u00fcdungsfarbe Roth complement\u00e4ren Seite verschoben sein, wie jenes \u00e4quivalente Grau aus rothen und gr\u00fcnen Strahlen, d. h. um den Nachbildwerth\nAr (1 \u2014 \u00ab\u00bb) + (\u00ab\u00f6 \u2014 1)\nA\u00a9 =-----------2----------)\nwie er nach der Hypothese dieses Oapitels ausgedr\u00fcckt werden kann. Je weniger 1 \u2014 a.\u00ab von a\u00ae \u2014 1 verschieden ist, um so \u00e4hnlicher wird die Verschiebung innerhalb der gesammten Farbentafel, und f\u00fcr (1 \u2014 \u00ab*} = (a\u00ae \u2014 1) w\u00fcrde sogar ganz die n\u00e4mliche Zunahme an freier Valenz der Nachbildfarbe f\u00fcr alle","page":648},{"file":"p0649.txt","language":"de","ocr_de":"Der Feehner-Helmholtz\u2019sche Satz \u00fcber negative Nachbilder u. s. w. 649\nhomogenen und beliebig gemischten Farben herrschen. Denn da der Werth des Nachbildes N von dem verschiedenen Vorzeichen der gegenseitigen Valenzen unabh\u00e4ngig ist und nur hei Verschiedenheit des Factors (1 \u2014a^) und (a\u00ae \u2014 1) u. s. w. noch von dem Verh\u00e4ltnis der absoluten Werthe ift : \u00dcB, @ : 93 abh\u00e4ngig wird, so m\u00fcsste heim Wegfall dieser zuletzt genannten Verschiedenheit d. h. hei einer der Erm\u00fcdung gleichwerthigen Erholung f\u00fcr die Gegenfarbe nur noch die absolute Summe der nach der Theorie zu dem n\u00e4mlichen Substrat zusammengeh\u00f6rigen Valenzen ift + SS bezw. \u00a9 + S3 entscheiden, welche eben nach der geschilderten Hypothese durchweg constant ist.\nDiese Fragen stehen aber nun offenbar bereits zu unseren oben dargelegten Versuchsresultaten in ganz bestimmter Beziehung. Da der eben dargelegte Standpunkt, wie aus dem Sp\u00e4teren noch deutlicher werden wird,, \u00fcberhaupt allein noch eine mit jenen quantitativen Resultaten einigerma\u00dfen \u00fcbereinstimmende Durchf\u00fchrung der fr\u00fcheren Hypothese m\u00f6glich zu machen scheint, wonach die negativen Nachbilder aus Erregbarkeitsver\u00e4nderungen der qualitativ unver\u00e4nderten Substrate erkl\u00e4rt werden, so sollen an dieser Stelle gleich alle Gesichtspunkte angef\u00fchrt werden, welche f\u00fcr die Ausdeutung der obigen Versuchsresultate nach dieser Hypothese in Betracht kommen.\nDer Einfluss der Aequivalenzverh\u00e4ltnisse in allen einzelnen Curven der farbigen Nachbilder, wie er am reinsten in der Ann\u00e4herung der Mittelwerthcurve an diejenige des reinen Helligkeitsnachbildes zu Tage trat, w\u00fcrde nach Capitel 4 am besten dadurch zu erkl\u00e4ren sein, dass man die Valenzen der \u00e4quivalenten Farbenintensit\u00e4ten ganz allgemein als f\u00fcr die peripher physiologischen Processe gleichwerthig betrachtet, so dass sie nicht nur f\u00fcr Erregbarkeitsver\u00e4nderungen des Helligkeitsprocesses, sondern auch f\u00fcr solche innerhalb des Farbensystems den jeweiligen Coefficienten bestimmen. W\u00fcrden nun die obigen Curven f\u00fcr alle beliebigen Farbennachbilder vollst\u00e4ndig mit der Curve der Aequivalenzverh\u00e4ltnisse \u00fcbereinstimmen, wie sie am reinsten im einfachen Helligkeitsnachbilde vermuthet wurde, so w\u00fcrde dies nach der eben genannten Auffassung eine ebenso vollst\u00e4ndige Gleichheit des Erm\u00fcdungsfactors f\u00fcr die zun\u00e4chst fixirte Farbe und des Erholungsfactors f\u00fcr ihre Complement\u00e4rfarbe bedeuten, deren Verbindung von der hier dargelegten Erkl\u00e4rung des","page":649},{"file":"p0650.txt","language":"de","ocr_de":"650\nWilhelm Wirth.\nNachbildes als das Wesen des negativen Nachbildes betrachtet werden muss1). Umgekehrt wird aber nun die thats\u00e4chliche Abweichung der Farbennachbildwerthe von diesen Aequivalenzverh\u00e4ltnissen, die Beg\u00fcnstigung der erm\u00fcdenden Farbe selbst und ihrer Nachbarschaft gegen\u00fcber der complement\u00e4ren Seite als ein Ueberwiegen des Erm\u00fcdungsfactors \u00fcber den Erholungsfactor gedeutet werden k\u00f6nnen. Damit w\u00fcrde auch die besondere Deutlichkeit des Zerfalles der beiden Regionen bei Dunkeladaptation gut \u00fcbereinstimmen. Hier war ja der relative Yortheil der Region der reagirenden Erm\u00fcdungsfarbe einerseits und ihrer Com-plement\u00e4rfarbe andererseits besonders auff\u00e4llig. Die Erholung ist in dieser Stimmung f\u00fcr s\u00e4mmtliche Processe an allen Stellen des Sehfeldes bereits vor Einwirkung der Erm\u00fcdungsfarbe eine besonders gro\u00dfe. Die Annahme, dass die Erholung bei voller Adaptation ein un\u00fcbertreffliches Maximum erreicht habe, w\u00fcrde sogar \u00fcberhaupt nur noch eine Differenz der Erm\u00fcdung benachbarter Stellen erwarten lassen, wonach sich das Nachbild ausschlie\u00dflich als Verminderung der Valenz der Erm\u00fcdungsfarbe zeigen m\u00fcsste. Nach der speciellen Hypothese dieses Capitels m\u00fcsste dann die Curve f\u00fcr jede einzelne Erm\u00fcdungsfarbe ein Maximum f\u00fcr die reagirende Erm\u00fcdungsfarbe selbst und einen continuirlichen Abfall nach dem ann\u00e4hernden Nullwerthe ihrer Complement\u00e4rfarbe hin aufzeigen. Eine Ueberein-stimmung der Hypothese mit der thats\u00e4chlichen Auffindung immer noch hinreichend gro\u00dfer Werthe f\u00fcr die complement\u00e4re Region auch bei vollst\u00e4ndiger Dunkeladaptation ist also nur durch die Annahme zu erreichen, dass die Erregbarkeit f\u00fcr jede Farbe auch nach Dunkeladaptation immer noch dadurch gesteigert werden kann, dass man ihre Complement\u00e4rfarbe einwirken l\u00e4sst. Die besonderen Gr\u00fcnde\n1) Nat\u00fcrlich k\u00e4me hierbei nicht ganz genau die oben abgeleitete Cvrve f\u00fcr das reine Helligkeitsnachbild auf den homogenen Reactionsfarben als Vergleichsobject in Betracht, weil ja die subjective Ausgleichung des Farbennachbildes auf den homogenen Farben, der oben genauer geschilderten Messungsmethode entsprechend, andere Mischfarben entstehen l\u00e4sst, in denen schlie\u00dflich die Ausgleichung durch Beimischung der Erm\u00fcdungsfarbe erfolgt, als bei der Ausgleichung des Helligkeitsnachbildes, bei der allen reagirenden Farben stets Wei\u00df beigemischt wird. Auch wird niemals N (S. 648) unmittelbar gemessen, sondern nur die allerdings hierzu proportionale Differenz solcher Werthe f\u00fcr benachbarte Stellen.","page":650},{"file":"p0651.txt","language":"de","ocr_de":"Der Feckner-Helnaholtz\u2019sche Satz \u00fcber negative Nachbilder u. s. w. 651\nf\u00fcr die Entstehung von Differenzen der benachbarten. Sehfeldhezirke, welche aus den physiologischen Oontactwirkungen abgeleitet und insbesondere in der Hering\u2019schen Parhentheorie ausf\u00fchrlich heigezogen worden sind, k\u00f6nnen dabei f\u00fcr alle bisher dargelegten Gesichtspunkte noch eine Steigerung der quantitativen Verh\u00e4ltnisse begr\u00fcnden. Im n\u00e4chsten Capitel wird \u00fcbrigens noch eine weitere Erkl\u00e4rungsm\u00f6glichkeit dieser Abweichungen zur Sprache kommen. Ueherall muss aber festgehalten werden, dass eine einheitliche Zur\u00fcckf\u00fchrung der negativen Nachbilder um des Fechner-Helmholtz\u2019schen Satzes willen niemals von den reagirenden Reizen absehen darf, und dass auch die Erholungszust\u00e4nde ebenso wie die Erm\u00fcdung sowohl auf der Stelle der wirksamen Erm\u00fcdungsfarbe selbst als auch in ihrer Nachbarschaft immer nur im Sinne von Erregbarkeitsver\u00e4nderungen beigezogen werd\u00ebn k\u00f6nnen. Unter dem oben gefundenen Beobachtungsmaterial ist h\u00f6chstens noch die nebenbei schon \u00f6fters erw\u00e4hnte Continuit\u00e4t der relativen Abnahme von der maximal beg\u00fcnstigten Region der Erm\u00fcdungsfarbe nach dem complement\u00e4ren Gebiete hin besonders hervorzuhehen, welche aus dem Grundgedanken der ganzen Hypothese mit Nothwendigkeit gefolgert werden muss. Die Nebenvalenzen, welche die frei sich auswirkenden Valenzen eines physiologisch einfachen Reizmomentes in der fr\u00fcher genannten Weise erg\u00e4nzen, lassen hei diesem Uehergange die Reizmomente jedes homogenen Reizelementes, welche nach der Hypothese f\u00fcr jedes Gegenfarhenpaar die n\u00e4mliche absolute Summe gleich der gew\u00e4hlten Ma\u00dfeinheit ausmachen, con-tinuirlich immer mehr an der Complement\u00e4rfarbe der Erm\u00fcdungsfarbe zur Herstellung jener constanten Summe participiren. Es kann also auch derjenige Theil der reagirenden Gesammtvalenz, f\u00fcr welchen der Erm\u00fcdungsfactor der fixirten Farbe zur Berechnung des gesammten Nachbildwerthes in Betracht kommt, gegen\u00fcber dem Coefficienten f\u00fcr den Erholungsfactor nur ganz continuirlich immer mehr zur\u00fccktreten, bis die reine Complement\u00e4rfarbe selbst zur reagirenden gew\u00e4hlt wird.\n2. Trotz ihrer anscheinend guten Uebereinstimmung mit den wesentlichsten Erscheinungen der negativen Nachbilder k\u00f6nnte jedoch die ganze Hypothese nimmermehr zu einer auch nur einigerma\u00dfen haltbaren Stellung gelangen, wenn ihr Grundgedanke, die Vermehrung jedes elementaren Reizmomentes um je eine halbe Ma\u00dfeinheit der","page":651},{"file":"p0652.txt","language":"de","ocr_de":"652\nWilhelm Wirth.\nantagonistischen Erregungen des anderen Substrates, mit allen \u00fcbrigen Anschauungen allzu sehr in Gegensatz st\u00e4nde, die man sich auf Grund der ganzen \u00fcbrigen Erfahrung auf dem Gebiete der physiologischen Optik gemacht hat. Es ist ja allerdings das Gebiet der negativen Nachbilder an und f\u00fcr sich gro\u00df genug, und manche Leits\u00e4tze von Theorien haben sich gerade aus ihrer Betrachtung heraus entwickelt. Im Verh\u00e4ltniss zum gesammten Umfange jener Erfahrung bleibt es aber nat\u00fcrlich immer noch verschwindend klein. Auch sieht man sich keineswegs etwa auf Grund eines vorl\u00e4ufigen Mangels anderweitiger Erkl\u00e4rungsm\u00f6glichkeiten unbedingt zu diesen H\u00fclfshypothesen gen\u00f6thigt, weil auch f\u00fcr dieses specielle Gebiet neben der Zur\u00fcckf\u00fchrung auf blo\u00dfe Erregbarkeitsver\u00e4nderungen der normalen Substrate eine zweite Erkl\u00e4rung sich ebenfalls ziemlich widerspruchsfrei ausgestalten l\u00e4sst, wie im n\u00e4chsten Oapitel ausf\u00fchrlicher gezeigt werden soll. Indessen l\u00e4sst sich der Hypothese doch wenigstens noch der besondere Anschein von K\u00fcnstlichkeit und Unwahrscheinlichkeit einigerma\u00dfen benehmen, der ihr anhaften w\u00fcrde, falls man \u00fcber das gegenseitige qualitative Verh\u00e4ltniss der beiden Substrate f\u00fcr Gr\u00fcn-Roth und Gelb-Blau keinerlei Bestimmungen in die Theorie mit aufnehmen wollte.- Ich halte es allerdings keineswegs f\u00fcr meine Aufgabe, die Physiologie der Earbenempfindungs-Substrate an dieser Stelle durch die Untersuchung \u00fcber eine physiologisch-chemische Hypothese zu bereichern, welche zu jenen Resultaten am besten passe. Die Ausgestaltung solcher Hypothesen ist eine neue Aufgabe f\u00fcr sich, welche ihrerseits die Analyse der subjectiven Thatsachen und die Auffindung ihrer gesetzm\u00e4\u00dfigen Abh\u00e4ngigkeit von den Versuchsbedingungen, also alle Untersuchungen dieser Abhandlung bereits als abgeschlossen voraussetzen, au\u00dferdem aber auch das hier noch nirgends ber\u00fchrte Gebiet der physiologischen Chemie beizuziehen n\u00f6thigen w\u00fcrde. Es soll also nur noch betont werden, dass die Hypothese, welche in diesem Capitel \u00fcber die Beziehung der Reize zu den chemisch in irgend einer Weise bestimmten Substraten auf gestellt wurde, zu ihrer leichteren Begreiflichkeit f\u00fcr die bisher fertig vorliegenden physiologisch-chemischen Theorien eine besondere Ber\u00fccksichtigung der qualitativen Beziehungen zwischen den Substraten erforderlich macht. Es muss dies hervorgehoben werden, weil in der Vierfarbentheorie, welche f\u00fcr diese Hypothese allein in","page":652},{"file":"p0653.txt","language":"de","ocr_de":"Der Fechner-Helmholtz\u2019sche Satz \u00fcber negative Nachbilder u. s. w. 653\nBetracht kommt, f\u00fcr ihre beiden Substrate des Roth-Gr\u00fcn und Gelb-Blau, die v\u00f6llig selbst\u00e4ndig und unabh\u00e4ngig voneinander in Function treten, diese qualitative Verwandtschaftsbeziehung der einzelnen Processe verschiedener Gegenfarbenpaare, also z. B. zwischen Roth und Gelb, Gr\u00fcn und Blau bisher noch nicht besonders zur Sprache gekommen sind. Von unserer Specialfrage aus erlangt aber dieses Problem offenbar deshalb eine besondere Wichtigkeit, weil nur eine bestimmte Beantwortung desselben die eigent\u00fcmliche Gr\u00f6\u00dfenbeziehung der hypothetischen Nebenvalenzen zu den gew\u00f6hnlich angenommenen Hauptvalenzen anschaulich und begreiflich machen kann, gem\u00e4\u00df der einfachen Voraussetzung, dass die Gr\u00f6\u00dfe der Nebenreizmomente, mit welchen ein urfarbig aussehendes Reizelement zugleich die beiden Gegenfarben des anderen Substrates entgegengesetzt gleich stark anzuregen vermag, von dem Grade der gegenseitigen qualitativen Verwandtschaft zwischen den gleichzeitig angeregten Processen abh\u00e4ngig sein wird. Solange mit Hering nur die Gleichwerthigkeit beider hypothetischer Nebenvalenzen betont wurde, welche die M\u00f6glichkeit der Hypothese \u00fcberhaupt bedingen, ohne dass der v. Kries\u2019sche Satz aus ihrer Annahme in den genannten Gr\u00f6\u00dfenverh\u00e4ltnissen abgeleitet wurde, war eine besondere Beachtung jener qualitativen Beziehungen noch nicht nothwendig, und konnte neben der functionellen Selbst\u00e4ndigkeit der beiden Substrate noch immer an ein ganz beliebiges, zuf\u00e4lliges qualitatives Verh\u00e4ltniss derselben gedacht werden. Wird aber jeder der beiden Nebenvalenzen zur Erm\u00f6glichung der ganzen Hypothese \u00fcberhaupt gerade die H\u00e4lfte der Hauptvalenz zugesprochen, so entsteht in der Ausbreitung der Nebenmomente um das Hauptmoment eine eigenartig ausgepr\u00e4gte Symmetrie. Es ergibt sich das einfache Schema, dass ein f\u00fcr sich allein urfarbig aussehendes Reizelement neben dem Einfl\u00fcsse auf die schlie\u00dflich freie Erregung des einen Substrates gar keine oder nur noch eine minimale Anregung der zu dieser gerade entgegengesetzten Complement\u00e4rfarbe enth\u00e4lt, dass aber diese relative Wirkungslosigkeit auf die Complement\u00e4rfarbe gewisserma\u00dfen nur das Ende der Ausbreitung \u00fcber das ganze \u00fcbrige System der Substrate bedeutet, welche auf halbem Wege beiderseits durch die Reihe der Farbendispositionen hindurch auch gerade noch die halbe Wirkung-anzuregen vermag. Ein","page":653},{"file":"p0654.txt","language":"de","ocr_de":"\u25a0 654\nWilhelm Wirth.\nurgelb aussehender Reiz wird also z. B. Blau kaum mehr anregen, Gr\u00fcn und Roth, die halhwegs entfernten Ueberg\u00e4nge beiderseits im Farbenkreise nach Blau hin, gerade noch halb so stark wie Gelb selbst. Der Schein der K\u00fcnstlichkeit dieser Gr\u00f6\u00dfenbeziehungen verschwindet hinreichend, wenn man dieser Symmetrie der Quantit\u00e4tsverh\u00e4ltnisse zwischen Haupt- und Nebenvalenzen eine gleiche Symmetrie der qualitativen Beziehungen zwischen den vier Urfarbenprocessen zu Grunde legt. F\u00fcr eine halb so gro\u00dfe Anregung der beiden Processe des zweiten Substrates ist dann nur erforderlich, dass die Erregungsweisen desselben auch ihrer Qualit\u00e4t nach zwischen der sichtbaren Urfarbe und ihrem Complemente in dem anderen Substrate sozusagen in der Mitte stehen, wie dies im Sinne der entsprechenden Begriffe aus der subjectiven Analyse des Farbensystems, d. h. der Auffindung gleicher sog. \u00fcbermerklicher Unterschiede verstanden werden kann. Auch k\u00f6nnte diese Forderung nicht etwa dadurch umgangen werden, dass man jenes Schema als sozusagen zuf\u00e4lligen Specialfall einer Reihe ebenfalls zuf\u00e4lliger Gr\u00f6\u00dfenbeziehungen der Haupt- und Nebenvalenzen ableitet, wie es z. B. gerade in Uebereinstimmung mit der ganzen Hypothese wirklich nur auf eine mehr zuf\u00e4llige Zuordnung von Reiz und Substrat zur\u00fcckzuf\u00fchren ist, dass ein homogener Reiz in einer bestimmten Adaptationslage gerade urfarbig aussieht. Die Hypothese schlie\u00dft vielmehr in sich, dass f\u00fcr jede einzelne Wellenl\u00e4nge in jeder beliebigen Adaptationslage das nur aus jenem Schema ableitbare Gr\u00f6\u00dfenverh\u00e4ltniss der gleichzeitig angeregten Urfarbenprocesse besteht. F\u00fcr die nicht urfarbigen homogenen Reize ergibt sich dieses Werthverh\u00e4ltniss nur eben bereits aus einer Mischung zweier solcher Systeme von Haupt- und Nehenmomenten, wie sie oben f\u00fcr ideal ges\u00e4ttigte Zwischenfarben behandelt worden sind.\nBedeutet aber die quadratische Farbentafel f\u00fcr die Vierfarben-theorie nach dieser Hypothese nun wirklich eine solche innere Beziehung zwischen den vier Urfarbenprocessen, welche dieselben als vier gleich viel voneinander verschiedene Beth\u00e4tigungsweisen auffassen l\u00e4sst, die alle gem\u00e4\u00df dem Grade dieser Verschiedenheit von einem homogenen Reize aus in verschiedenen St\u00e4rkeverh\u00e4ltnissen angeregt werden k\u00f6nnen, dann ist der reine Dualismus innerhalb der Gegenfarbentheorie, welcher die beiden Substrate ohne n\u00e4here qualitative","page":654},{"file":"p0655.txt","language":"de","ocr_de":"Der Fechner-Helmlmltz\u2019sche Satz \u00fcber negative Nachbilder u. s. w. 655\nBeziehung nebeneinander stellt, ganz von selbst durch eine einheitlichere Auffassung von clem gesummten Substrate der Farbenempfindung ersetzt, welches bei der gegenseitigen qualitativen Beziehung zwischen den vier Grundelementen an Ebenm\u00e4\u00dfigkeit der inneren Structur nichts zu w\u00fcnschen \u00fcbrig lie\u00dfe. Allerdings ist die ganze Hypothese auch f\u00fcr zwei nach der Hering\u2019schen Theorie v\u00f6llig isolirt nebeneinander gestellte \u00bbpr\u00e4formirte\u00ab Farbensubstrate Roth-Gr\u00fcn und Gelb-Blau durchzuf\u00fchren, falls nur die genannten qualitativen Beziehungen zugegeben werden, welche daneben immer noch m\u00f6glich sind und dann vielleicht aus einer Ableitung beider pr\u00e4formirter Substrate aus einem einheitlichen Grundstoffe relativ am leichtesten verst\u00e4ndlich w\u00fcrden. Am einfachsten gestaltet sich aber wohl die ganze Auffassung, wenn man die vier Urfarbenprocesse von vornherein als vier gleichviel voneinander verschiedene Producte des Zusammenwirkens der Reize mit einem einheitlichen, aber entsprechend complicirt gebauten Generalsubstrate auffassen w\u00fcrde, also ohne die Annahme isolirter pr\u00e4formirter Einzelsubstrate. Damit w\u00e4re also die oben dargelegte Hypothese mit den Principien in Zusammenhang gebracht, welche f\u00fcr die Wundt\u2019sche Farbentheorie ma\u00dfgebend gewesen sind, bis auf die in dieser Theorie zun\u00e4chst vermiedene Einschr\u00e4nkung der Anzahl der m\u00f6glichen Einzelproducte des Zusammenwirkens von Reiz und Substrat. Das verbindende Glied bildet dabei die Ueber-einstimmung der Hypothese dieses Capitels mit der Wundt\u2019schen Farbentheorie hinsichtlich der Auffassung der complement\u00e4ren Erregungen als antagonistischer Processe, auf die sich die M\u00f6glichkeit- einer Einf\u00fchrung der hypothetischen Nebenvalenzen \u00fcberhaupt gr\u00fcndet. Au\u00dferdem darf man aber nicht vielleicht annehmen, dass die von Wundt mit Recht so entschieden betonte Einheitlichkeit auch derjenigen Farbenprocesse, welche bei jener Ableitung aller Farbenempfindungssubstrate aus nur vier Grundproducten des allgemeinen Substrates als Mischproducte in besonderem Sinne aufgefasst werden m\u00fcssten, mit dieser besonderen Ausgestaltung unvereinbar sei. Diese Einheitlichkeit ist die allein vom psychologischen Gesichtspunkte aus verst\u00e4ndliche Eigenth\u00fcmlichkeit s\u00e4mmtlicher Farbenempfindungen, in Folge deren jede derselben an und f\u00fcr sich betrachtet als ein einfachstes psychisches Element aufgefasst werden muss, so dass die","page":655},{"file":"p0656.txt","language":"de","ocr_de":"656\nWilhelm Wirtli.\nDefinition der \u00bbHauptf\u00e4rben\u00ab als der Resultate begrifflicher Entwicklungen von dieser allen Earbenempfindungen gemeinsamen Einfachheit scharf abzutrennen ist. Der homogene orangefarbige, gr\u00fcngelbe, gr\u00fcnblaue oder violette Reiz muss also aus dem allgemeinen Substrat schlie\u00dflich ein ebenso einheitliches endg\u00fcltiges Spaltungs-product als Empfindungssubstrat der genannten \u00bbZwischenfarben\u00ab hervorbringen, wie der nach der Vierfarbentheorie urfarbig aussehende Reiz. Die Erf\u00fcllbarkeit dieser Forderung folgt aus der Annahme eines einheitlichen, allgemeinen Substrates, in welchem s\u00e4mmtliche von den Reizen gespaltenen Elemente eine vor Einwirkung der Reize einheitliche Verbindung eingegangen haben, sogar mit einer gewissen Selbstverst\u00e4ndlichkeit, und wird gerade die in der Hypothese vorausgesetzte innere Verwandtschaft der im Farbencontinuum benachbarten Processe, z. B. Roth und Gelb, auf wrelche Orange hienach zur\u00fcckgef\u00fchrt werden m\u00fcsste, eine innige Verbindung derjenigen Spaltungs-producte erkl\u00e4rlich machen, welche aus der isolirten Wirkung einer der beiden Componenten des Orangereizes f\u00fcr Roth und Gelb folgen w\u00fcrden. Von diesem letzteren Gesichtspunkte aus f\u00e4llt ja \u00fcberhaupt erst auf die Einheitlichkeit des complicirt gebauten allgemeinen Substrates selbst einiges Licht. Diese innige Verbindung w\u00e4re um so verst\u00e4ndlicher, als selbst der farbige und der farblose Process jederzeit schlie\u00dflich einen so einheitlichen Empfindungseffect erzeugen, dass die Verbindung der Merkmale der Helligkeit und Farbe einer Lichtempfindung nicht hinter der hier ganz allgemein f\u00fcr die Mischfarben-processe geforderten Einheitlichkeit zur\u00fccksteht. Auch hier ist nur aus dem Zusammenhang der \u00fcbrigen Erfahrungen, keineswegs aber schon aus dem ph\u00e4nomenalen Verh\u00e4ltnis des Helligkeitsund Farbigkeitsmomentes in der einzelnen Empfindung die Hypothese einer Abtrennung des Helligkeits- und Farbensubstrates im Sinne der antagonistischen Farbentheorien gerechtfertigt. F\u00fcr manchen w\u00fcrde vielleicht die Einf\u00fchrung des Ausdruckes \u00bbVerschmelzung\u00ab das hier Gemeinte deutlicher machen, welcher wegen der anderweitigen Verwerthung dieses Wortes in der Psychologie hier vermieden worden ist.\nAuch w\u00fcrde man sich vom Standpunkte der Wundt\u2019schen Theorie nicht etwa daran sto\u00dfen, dass in dem allgemeinen Substrate bei dieser Form der Vierfarbentheorie doch wiederum vier Grund-","page":656},{"file":"p0657.txt","language":"de","ocr_de":"Der Fechner-Helmholtz\u2019sche Satz \u00fcber negative Nachbilder u. s. w. 657\nprocesse sozusagen \u00bbpr\u00e4formirt\u00ab sind, welche bei Einwirkung der Reize immer gerade in einer dieser vier Formen actuell werden m\u00fcssen, als ob die f\u00fcr Wundt wesentliche Stellungnahme gegen die Hypothese von den sog. specifischen Sinnesenergien au\u00dfer acht gelassen w\u00e4re. Einerseits musste ja schon die wirkliche Hypothese der specifischen Energie selbst gerade auf dem Gebiete des Farbensehens eine besonders entscheidende Bedeutung der Reizunterschiede f\u00fcr ein und das n\u00e4mliche Substrat Roth-Gr\u00fcn oder Blau-Gelb anerkennen. Andererseits liegt es aber doch auch wiederum im Wesen der sog. chemischen Sinne, dass die Reize hier schon in sehr peripheren Stadien des ganzen Processes besondere stoffliche Producte als Reizvermittelung ausl\u00f6sen, welche mit ihren eigenartigen chemischen Processen an die Stelle der physikalischen Reizvorg\u00e4nge treten und in ihrer Differen-zirung durch die Eigenth\u00fcmlichkeiten des physiologischen Substrates beschr\u00e4nkt sind, eine Anschauung, die insbesondere dann noch eine besondere Bedeutung erlangt, wenn man auf Grund der negativen Nachbilder eine Ver\u00e4nderungsm\u00f6glichkeit der Erregbarkeit der normalen Substrate zugeben will. Auch von Wundt ist nat\u00fcrlich eine eigenartige Structur des allgemeinen Substrates vorausgesetzt. Nur m\u00fcssen eben die Reize aus dieser Grundsubstanz die ganze Scala der psychologisch gleich einfachen Empfindungsstufen hervorbringen k\u00f6nnen, wie sie allein durch Bestimmung der qualitativen Unterschiedsschwellen in ihrer Zahl ann\u00e4hernd zu erfassen sind, wobei zugleich den Reizen eine entwicklungsgeschichtliche Bedeutung f\u00fcr das allgemeine Substrat selbst zuzugestehen ist. Auch aus jener in gewissem Sinne vierwerthigen Grundsubstanz werden also die Reize in einer in der genannten Weise n\u00e4her zu bestimmenden Differenzirung neue Zwischenstufen des gesammten Umkreises der Farbenempfindungen hervorbringen k\u00f6nnen, und best\u00fcnde jene Vierseitigkeit eben nur darin, dass der Verbrauch der Grundsubstanz zum Aufbau jener beliebig differenzirten Zwischenstufen jede der Dispositionen zu den vier prim\u00e4ren Grundproducten f\u00fcr sich im ganzen gleich stark ergreift, dass ebenso die Regeneration gleich stark ist, und dass au\u00dferdem innerhalb der ganzen Unterabtheilung die zwei zu einander gegenfarbigen Processe noch durch eine besondere innere Gesetzm\u00e4\u00dfigkeit ihres Verbrauches und ihrer Regeneration -verbunden sind. Ueber den psychologischen Effect der isolirten Erregung eines der","page":657},{"file":"p0658.txt","language":"de","ocr_de":"658\nWilhelm Wirth.\nvier prim\u00e4ren Grundproducte ist damit noch gar nichts bestimmt, ja es ist wie in allen bisherigen Componententheorien \u00fcberhaupt nicht nothwendig, dass irgend eines der Grundproducte jemals f\u00fcr sich allein zur Geltung kommt. Nur das Schema der jederzeit nothwendigen Zusammengeh\u00f6rigkeit entsprechend verwandter Valenzen ist in der oben dargelegten Weise festgelegt. Auch ist keineswegs eine gr\u00f6\u00dfere physiologisch-chemische Einfachheit der vier Grundproducte inbegriffen, und hat somit die Wundt\u2019sehe Theorie auch in dieser Form alle Vortheile, welche sie wegen der Enthaltung von Annahmen \u00fcber die Zahl der letzten Elemente der Grundsubstanz allen Variet\u00e4ten des Farbensehens, der peripheren Farbenempfindung, der Farbenblindheit, den Adaptationseinfl\u00fcssen etc. gegen\u00fcber besitzt. Von diesen Gesichtspunkten aus k\u00f6nnte also die ganze in diesem Abschnitt dargelegte Hypothese einer symmetrischen Ausbreitung der Reizmomente eines homogenen Reizelementes \u00fcber das ganze Substrat wirklich an Einfachheit und Nat\u00fcrlichkeit gewinnen und w\u00fcrde ihr schlie\u00dflich eine gewisse Wahrscheinlichkeit nicht abzusprechen sein, wenn man wirklich dazu gen\u00f6thigt w\u00e4re, die negativen Nachbilder auf Erregbarkeits-Ver\u00e4nderungen der normalen Substrate zur\u00fcckzuf\u00fchren.\nF. Die Un\u00fcbertragbarkeit der Hypothese auf den Farbenkreis als theoretische Valenztafel.\nBevor wir aber zu der concurrirenden, ebenso widerspruchslosen Erkl\u00e4rungsm\u00f6glichkeit \u00fcbergehen, die im n\u00e4chsten Capitel zur Sprache kommen soll, muss zun\u00e4chst erst noch die Einschr\u00e4nkung besonders bewiesen werden, -welche mit dem Versuch der Annahme jener hypothetischen Nehenvalenzen jeder antagonistischen Farbentheorie auferlegt werden soll, so dass die im vorigen Abschnitte E dargelegte Vierfarbentheorie allein mit ihr vereinbar bleibe. Die obige Erkl\u00e4rung des v. Kries\u2019schen Satzes im Verein mit dem Fechner-Helmholtz\u2019schen Satze und seinen Analogien ist \u00fcberhaupt nur f\u00fcr die ausschlie\u00dfliche Annahme von vier Urprocessen durchf\u00fchrbar. Die Rechenoperationen des vorigen Capitels zur Ableitung des v. Kries\u2019schen Satzes st\u00fctzten sich durchaus auf die geometrischen Eigent\u00fcmlichkeiten des Quadrates, welches dort als theoretische Valenztafel zu Grunde gelegt wurde. Nur da-","page":658},{"file":"p0659.txt","language":"de","ocr_de":"Der Fechner-Helmlioltz\u2019sclie Satz \u00fcber negative Nachbilder u. s. w. 659\ndurch konnte die absolute Summe der Valenzen f\u00fcr jedes Gegenfarbenpaar von der Art der Mischung des M unabh\u00e4ngig und gleich der Ma\u00dfeinheit der Valenztafel werden, wodurch zugleich die ungef\u00e4hr gleichm\u00e4\u00dfige Geltung des Farbennachbildes f\u00fcr alle beliebigen reagirenden Gemische von \u00e4quivalenter Intensit\u00e4t nach dem Fechner-Helmholtz\u2019schen Satze garantirt war. Es ist aber insbesondere unm\u00f6glich, die Hypothese durch die Uebertragung in der n\u00e4mlichen Einfachheit vom Farbenquadrat auf den Farbenkreis oder auf irgend eine gr\u00f6\u00dfere Zahl coordinirter Urprocesse als gleich leistungsf\u00e4hig f\u00fcr alle antagonistischen Farbentheorien \u00fcberhaupt zu erweisen, welche die Zur\u00fcckf\u00fchrung aller Farben auf nur vier Urprocesse nicht mitmachen wollen. Diese Theorien sind ja zwar alle in gleicherweise bef\u00e4higt, jeden einfachen homogenen Reiz mit entgegengesetzt gleichen und beliebig gro\u00dfen Neben Valenzen f\u00fcr alle anderen Gegenfarbenpaare des allgemeinen Substrats auszustatten. Auch w\u00fcrde die Wahrscheinlichkeit zu einer solchen continuirlich abnehmenden Ausbreitung der Reizmomente eines Reizelementes \u00fcber das gesamte Farbensubstrat um so mehr zunehmen, je enger die Verwandtschaft zwischen den unmittelbar benachbarten Processen nach Einschiebung der coordinirten Elementarprocesse werden muss. Am wenigsten w\u00fcrde hierbei noch die ann\u00e4hernd gleichm\u00e4\u00dfige Wirksamkeit eines Nachbildes f\u00fcr s\u00e4mmtliche Reactionsfarhen Einspruch erheben k\u00f6nnen, da ja das Verh\u00e4ltniss der beobachteten Nachbildwerthe auf den verschiedenen Reactionsfarhen noch keineswegs so scharf festgelegt ist, dass nicht auch schon die Berechnung einer nur ann\u00e4hernden Gleichheit der absoluten Valenzsumme f\u00fcr jedes Gegenfarbenpaar in jedem beliebigen homogenen Reize auf Grund der \u00fcbertragenen Hypothese zur Uebereinstimmung mit den Thatsachen ausreichen w\u00fcrde. Diese Ann\u00e4herung, die sich auch hier durch ganz analoge Gr\u00f6\u00dfenverh\u00e4ltnisse der hypothetischen Nebenvalenzen erreichen lie\u00dfe, w\u00e4re aber eben f\u00fcr unseren Zweck noch zu wenig.\nEs sei der Kreis in Fig. 7 mit W als Wei\u00dfpunkt im Centrum die Darstellung des Farhenkreises, der mit den verschiedenen Stellen seiner Peripherie die einzelnen freien Erregungsprocesse einer bestimmten durch die Constanz des Radius repr\u00e4sentirten Ma\u00dfeinheit bedeutet, wie sie hei Einwirkung ideal homogener Lichtreize von \u00e4quivalenter Intensit\u00e4t isolirt sichtbar werden k\u00f6nnten. Auf diese\nW u ii d t, Philos. Studien. XYIII.\t43","page":659},{"file":"p0660.txt","language":"de","ocr_de":"660\nWilhelm Wirth.\ngraphische Darstellung ist dann zugleich die Mischungsregel wieder ebenfalls ohne weiteres anzuwenden. Greift man nun eine beliebige dieser unter sich physiologisch v\u00f6llig coordinirten Erregungsm\u00f6glichkeiten des gesammten Parbensubstrates, z. B. den durch IA repr\u00e4sen-tirten Process heraus, so kann der bei seiner ungehemmten Wirkung zwar nur Ix erregende Lichtreiz nach dieser Hypothese wiederum stets zugleich das ganze System von Farbendispositionen je nach der Verwandtschaft zu Ix anregen bis auf die Complement\u00e4rfarbe zu It, wo die Anregung ein Minimum besitzt. Denkt man sich die Function\ndieser Ausbreitung als eine besonders einfache, also die Abnahme als eine zur Winkelgr\u00f6\u00dfe der Entfernung aller angeregten 3 von 7, proportional fortschreitende, so entspr\u00e4che die graphische Darstellung dieser Ueber-tragung der Hering-schen Hypothese auf die allgemeinste Form der antagonistischen Farbentheorie zwei Anfangsst\u00fccken einer Archimedischen Spirale, die den Wei\u00dfpunkt W beiderseits durch die Kreisfl\u00e4che hindurch symmetrisch mit Jx verb\u00e4nden. Dabei l\u00e4sst sich nun die Resultante all dieser in dem einzigen homogenen Reize enthaltenen Reizmomente einfach nach der allgemeinen physikalischen Componentenzerlegung zusammenfassen und \u00fcberblicken. Das ganze Mischungsgesetz kann ja in der graphischen Darstellung bekanntlich als einfache Construction des Kr\u00e4fteparallelogramms aufgefasst werden, wenn man W als Angriffspunkt von Kr\u00e4ften denkt, deren Gr\u00f6\u00dfe und Richtung den einzelnen Radien entspricht, welche nach den Punkten der gemischten Farben auf der Peripherie hinf\u00fchren. So kann man also schlie\u00dflich auch alle etwaigen durch das ganze System sich erstreckenden Nebenvalenzen nach zwei zu einander senk-","page":660},{"file":"p0661.txt","language":"de","ocr_de":"Der Eechner-Helmholtz\u2019sche Satz \u00fcber negative Nachbilder u. s. w. 661\nrechten Coordinaten von beliebiger Lage mit dem Schnittpunkt in TI\u2019 zerlegen und auf diesen zusammenfassen, wobei z. B. die eine Coordinate mit dem Radius der Farbe selbst, also hier IxW zusammenfallen kann, so dass die andere nach Ks K\\ gerichtet ist. In diesem Falle h\u00e4tten wir dann offenbar f\u00fcr die Nebenvalenzen eine ganz analoge H\u00fclfsconstruction wie oben beim Farbenquadrat. Nur die Ma\u00dfeinheiten im ganzen w\u00fcrden andere. Die Berechnung dieser Werthe im einzelnen thut hier nichts zur Sache. Es ist hier auch die Form der Function f\u00fcr die Ausbreitung der Nebenvalenzen durch das ganze System hindurch noch nicht von Belang, weil dieselbe ja unter Umst\u00e4nden erst noch nach dem Zwecke der ganzen Uebertragung passend gew\u00e4hlt werden k\u00f6nnte. Jedenfalls w\u00fcrde aber kaum etwas f\u00fcr die Aufhebung der Stetigkeit dieser Ausbreitung vorgebracht werden k\u00f6nnen, so dass in diesem Falle also auch noch der in der Figur nicht eingezeichneten r\u00fcckw\u00e4rtigen Verl\u00e4ngerung von I^W eine Summe von Nebencomponenten zufallen muss, w\u00e4hrend die senkrechte Coordinate KKX mehr als die H\u00e4lfte des Gesammt-werthes f\u00fcr /, W erlangt. Das ganze System w\u00fcrde also schlie\u00dflich im einfachsten Falle als Superposition von mehreren nach Ix und der entgegengesetzten Seite gerichteten Farbenerregungen erscheinen, welche wie oben beim Farbenquadrat je die H\u00e4lfte der beiden senkrecht zu WIX dargestellten Valenzen mit anregen. Auch hier w\u00e4re aber schlie\u00dflich nur noch ein bestimmtes Quantum der Erregung Ix sichtbar, da sich alles andere gegenseitig antagonistisch aufhebt. W\u00fcrden nun alle homogenen Reize wirklich in dieser Weise am ganzen Systeme angreifen, so w\u00e4re die ungef\u00e4hr gleich starke Reaction aller beliebigen Farben auf das Nachbild wohl verst\u00e4ndlich, wie ich hierbei der relativ geringen Bedeutung dieser Special\u00fcberlegung f\u00fcr das Ganze nicht weiter auszuf\u00fchren brauche. Nach welcher Richtung des Syst\u00e8mes auch eine Erm\u00fcdung bezw. Erholung vorhanden sein mag, sie wird sich in \u00e4hnlicher Weise \u00e4u\u00dfern m\u00fcssen, wie es im vorigen Abschnitt E f\u00fcr das Farbenquadrat abgeleitet wurde, weil das jedem homogenen Farbenreize entsprechende Axenpaar der ge-sammten Valenzen auf jeden Durchmesser des Kreises eine \u00e4hnliche Gesammtsumme von Oomponenten abgeben w\u00fcrde. Auch hier w\u00e4ren freilich schon Differenzen je nach Lage des Durchmessers zu jenen Axen vorhanden, weil die trigonometrischen Functionen je nach\n43*","page":661},{"file":"p0662.txt","language":"de","ocr_de":"662\nWilhelm Wirth.\ndieser Lage verschiedene Gr\u00f6\u00dfenbeziehungen bedingen, wie sogleich noch deutlicher werden soll. Doch w\u00fcrde eben wie vorhin gesagt die Pr\u00e4cision der Ableitung jener Nachbildcurven aus der Beobachtung zur scharfen Angleichung an solche Einzelfragen und zur eventuellen Widerlegung der Hypothese noch nicht ganz ausreichen.\nWas diese ganze Uebertragung der Hypothese jedoch mit Sicherheit als unm\u00f6glich erweist\u2019, ist der Widerspruch mit dem v. Kries\u2019schen Satz, bezw. die Unm\u00f6glichkeit, die zu dessen Erkl\u00e4rung nothwendige Unabh\u00e4ngigkeit der Gesammtvalen-zen einer Mischung von der Zusammensetzung der Mischfarbe durch irgend eine quantitative Specialisirung der Hering\u2019schen Hypothese zu erreichen. Bezeichnet wiederum M eine beliebige Mischfarbe vom Earbenton A, so kann die verschiedene Herstellung aus homogenen Beizen durch die Drehung der Sehne /, J2 um M veranschaulicht werden, so dass also und S2, in den Ma\u00dfverh\u00e4ltnissen MI2 : MIX gemischt, den n\u00e4mlichen Effect M geben, wie z. B. S3 und & im Yerh\u00e4ltniss MI4 : MI3 u. s. w . Das Parallelogramm -Sj iU S2M vergegenw\u00e4rtigt den Mischungsprocess nach dem oben erw\u00e4hnten Prin-cip des Kr\u00e4fteparallelogramms. Da\tA MS-, i2, so m\u00fcssen\nja die \u00bbKr\u00e4fte\u00ab a = SlW=MS2 und b = WS2 = Sx M sich wirklich wie MI2 : MIX verhalten, und ist wegen SiM=S1I=b stets die gesammte Valenzeinheit der Tafel in der Gr\u00f6\u00dfe des Radius WIX garantirt. In gleicher Weise w\u00fcrden sich auch die nach obigem Princip hypostasirten Nebenvalenzen WI\\ von Sn nach WEX und WK\\ mit den Nebenvalenzen IUP2 von % nach K2 und K\\ von je der H\u00e4lfte der Hauptvalenzen a und b zu Nebenvalenzen des M von ebenfalls je der halben Gr\u00f6\u00dfe WQ \u2014 V2 WM nach der zu WA senkrechten Axe CD zusammensetzen. Die Gr\u00f6\u00dfe WM bedeutet aber nat\u00fcrlich ebenso wie in dem Earbenquadrat nur die bei der Mischung frei bleibende Erregung, sie entspricht also der Differenz oder Resultante s\u00e4mmtlicher Componenten, die von der vollst\u00e4ndigen Valenz im Tone g, von der Menge a und der andern im Tone g2 von der Menge b nach den beiden Richtungen AB und CD frei \u00fcbrig bleiben, wie aus der Ableitung der Componenten nach diesen beiden Hauptrichtungen sofort zu erkennen ist. Die antagonistischen Componenten des a und b nach CD sind entgegengesetzt gleich, da nat\u00fcrlich A<S'j Il\\ W = ZA MB2C2 . so dass B1 W \u2014 _\u00df2 S2. Die Componenten","page":662},{"file":"p0663.txt","language":"de","ocr_de":"Der Feehner-Helmholtz\u2019sche Satz \u00fcber negative Nachbilder u. s. w. 663\ndes a und b nach AB aber geben als gleichgerichtet in ihrer Summe MW, da MR2 = S1R1. Diese Resultante bleibt auch hier nat\u00fcrlich f\u00fcr alle Lagen der Sehne durch M hindurch die n\u00e4mliche, wie aus der von der Lage der Sehne v\u00f6llig unabh\u00e4ngigen Congruenz der entsprechenden Dreiecke leicht ersichtlich ist. Es werden die Compo-nenten nach CD also z. B. auch f\u00fcr die Mischung des M aus S3 und & im Verh\u00e4ltnisse ifl4 : MI3 entgegengesetzt gleich, und endlich f\u00fcr A und B gleich Null sein. F\u00fcr die Componenten nach AB tritt jedoch z. B. f\u00fcr \u00a353 und g4 die Differenz der Valenzen an die Stelle der Summe. Sonst k\u00f6nnte ja die Construction des Farbenkreises nicht einmal mit dem Mischungsgesetz \u00fcbereinstimmen, das f\u00fcr gleiches Aussehen des M auch die gleichen freien Valenzen erfordert. Die absolute Summe dieser nicht hypothetischen Valenzen aber wird auch hier je nach der Lage der Sehne und der Lage von M mehr oder weniger betr\u00e4chtlich differiren. Die geometrische Bedingung f\u00fcr das Zusammenwirken von a und b zum Resultate M ist ja eben in der Constanz der absoluten Summe von a und b gegeben, welche f\u00fcr jede beliebige Lage der Sehne dem Radius gleich bleiben muss, so dass also in dem hei der Drehung der Sehne variablen Dreiecke WStM, welches alle f\u00fcr uns in Betracht kommenden St\u00fccke enth\u00e4lt, die eine Seite WM und die Summe der beiden andern a + b constant bleiben muss. Die Summen der vorhin bezeichneten Componenten der im einzelnen variablen a und b nach den Axen AB und CD sind dann, wie eine einfache hier nicht weiter auszuf\u00fchrende trigonometrische Betrachtung \u00fcber die Abh\u00e4ngigkeit der Seitensumme von den Winkeln zeigt, von der Lage des J4 I2, bezw. den Winkeln a und \u00df der Seiten des Dreiecks unter sich und mit diesen Axen abh\u00e4ngig. Diese Abh\u00e4ngigkeit kann man aber eben hier nun nicht etwa dadurch auf-heben, dass man die zu WIt und WI2 1L s. w. in W senkrecht stehenden Axen KXK\\ u. s. w. mit den in ihnen enthaltenen Nebenvalenzen hinzunimmt. Auch f\u00fcr die Nebenvalenzen auf WK\\ und IF/l ^einerseits und WJ\\t, WK2 andererseits gilt nur, dass f\u00fcr ihre Componenten nach CD die Resultante einer entsprechend gro\u00dfen Nebenvalenz des MW nach CD \u2014 WQ von der Lage der $ unabh\u00e4ngig bleibt. Die Ver\u00e4nderung der absoluten Summe aller ihrer Componenten, die ebenso wie diejenige der Hauptvalenzen je nach Lage der Sehne variirt, ist jedoch nicht etwa dazu geeignet, die Ver-","page":663},{"file":"p0664.txt","language":"de","ocr_de":"664\nWilhelm Wirth.\n\u00e4nderangen der absoluten Summe der Hauptvalenzen der 3 zu com-pensiren und das Ganze stets zu einer constanten Ma\u00dfeinheit der ganzen Valenztafel zu erg\u00e4nzen, wie es beim Farbenquadrat der Fall war. Dies wird schon an dem rechnerisch einfachsten Beispiel der Function f\u00fcr die Ausbreitung der hypothetischen Beizmomente \u00fcber das ganze System deutlich, wonach die Nebenvalenzcomponenten nach WKX und WK\\ beide wieder halb so gro\u00df wie a, diejenigen nach WK2 und WK't halb so gro\u00df wie b sind, was der oben erw\u00e4hnten Archimedischen Spirale nicht mehr unmittelbar entspricht, aber zu dem ihr entsprechenden Endeffect doch nur mehrfach superponirt zu werden braucht. In diesem Falle erscheint die absolute Summe der Nebenvalenzen nach K\u00b1K\\, auf die es hier allein noch ankommt, als WTi \u2014 TFtS'i \u2014 a und diejenige nach KtK\\ als WT2 =WS2 \u2014 b. Da ferner der Winkel ^AS1 WBi \u2014 AlWV \u2014 90 \u2014 a und ^S2WI) = ^AT2WV= 90 \u2014 \u00df, so ist die gesammte f\u00fcr uns in Betracht kommende Summe a (cos \u00ab + sin a) + b (cos \u00df + sin \u00df), ein Werth, der f\u00fcr die oben n\u00e4her bezeichneten Bedingungen niemals von der Lage der Sehne unabh\u00e4ngig wird.\nDaran wird auch nichts ge\u00e4ndert, wenn man irgend eine andere Function der Ausbreitung der hypothetischen Nebenvalenzen eines homogenen Reizes aufsuchen wollte. Bei der hier v\u00f6lligen physiologischen Coordination aller Erregungen der Peripherie des Farbenkreises d\u00fcrfte dieselbe doch niemals von der speciellen Lage der Mischelemente 3 abh\u00e4ngig sein, sondern m\u00fcsste stets die n\u00e4mlich symmetrische Grup-pirung mn die Achse WI ausmachen. Dadurch kann aber die Abh\u00e4ngigkeit des Zusammenwirkens der Sinus- und der Cosinusfunction des Winkels a und \u00df von der speciellen Lage der Sehne niemals aus der Function entfernt werden. Auf irgend welche Bestimmungen einer nur ann\u00e4herungsweisen Erf\u00fcllung der Bedingungen brauche ich aber wohl nicht einzugehen, da sie der durch die Beobachtung wirklich nachweisbaren exacten G\u00fcltigkeit gerade des v. Ivries\u2019sehen Satzes doch nicht gen\u00fcgen w\u00fcrden. Der principielle Hinderungsgrund gegen eine solche Verallgemeinerung jener unter Abschnitt E versuchten ' Ausgestaltung der Hering\u2019schen Hypothese f\u00fcr diese allgemeinste Form der antagonistischen Farbentheorien ist ja \u00fcbrigens auch unmittelbar aus einem Vergleich mit jenem Farbenquadrat zu ersehen. Es liegt in der Natur einer solchen Coordination aller einzelnen Farben-","page":664},{"file":"p0665.txt","language":"de","ocr_de":"Der Fechner-Helmlioltz\u2019sche Satz \u00fcber negative Nachbilder u. s. w. 665\nt\u00f6ne, dass sie jedes beliebige Reizmoment von der in der ganzen Tafel festgehaltenen \u00e4quivalenten Ma\u00dfeinheit, z. B. also das Moment f\u00fcr 3,, dieses ganze Ma\u00df ausschlie\u00dflich in der gerade f\u00fcr diesen Farbenton 3i charakteristischen Erregungsweise besitzen l\u00e4sst, so dass zu seiner Mischung die Valenzen zweier um 90\u00b0 von einander entfernten benachbarten Farbent\u00f6ne, etwa A und C, in der f\u00fcr die Tafel g\u00fcltigen Ma\u00dfeinheit nicht mehr ausreiclien, am allerwenigsten f\u00fcr ein von A und C beiderseits um je 45\u00b0 abweichendes 3-' Die entsprechende Menge von Farbenwerthen A und C w\u00fcrde nur durch Ueberschrei-tung der Gfesammtsumme f\u00fcr diese Tafel, also mit dem unbrauchbaren Nebenerfolg der Aufhellung des 3 zu erreichen sein. Deshalb kommen dann nat\u00fcrlich auch je nach Lage der durch M gelegten Sehne Valenzen in die Mischung, deren Resultirende sich zwar immer wieder auf M reduciren muss, deren absolute Werthe aber eben wegen jener Uebersch\u00fcsse an den f\u00fcr die eben ben\u00fctzten Zwischenfarbe selbst charakteristischen Valenzen nicht mehr auf eine stets constante Combination der n\u00e4mlichen Qualit\u00e4ten gebracht werden k\u00f6nnen. Auch ist die Behandlung dieses allgemeinsten Falles der Ueberschreitung der Vierzahl von elementaren Processen zugleich die Erl\u00e4uterung des Verh\u00e4ltnisses f\u00fcr jede geringere Vermehrung der Stufenzahl \u00fcberhaupt. Immer w\u00fcrde mit der Ueberschreitung des Quadrates wegen \u00e4hnlicher Uebersch\u00fcsse \u00fcber die aus zweien der vier Eckpunkte mischbare Zwischenfarbe ein Einfluss der speciellen Lage des um M gedrehten Strahles zu den ein f\u00fcr allemal beliebig ausgew\u00e4hlten Coordinatenaxen sich geltend machen m\u00fcssen.\n6. Die Erkl\u00e4rung der negativen Nachbilder als secund\u00e4rer Beimischungen mit besonderer R\u00fccksicht auf den Fechner-Helmholtz\u2019schen Satz.\n1. Die Ausf\u00fchrungen des ganzen vorigen Capitels bezogen sich durchweg auf den Versuch, die Erscheinungen der negativen Nachbilder, wie sie sich bei l\u00e4ngerer Fixation von Helligkeits- und Farbendifferenzen nach den nunmehr n\u00e4her bekannten quantitativen Verh\u00e4ltnissen entwickeln, ausschlie\u00dflich auf Erregbarkeitsver\u00e4nderungen der normalen Substrate zur\u00fcckzuf\u00fchren. Die Qualit\u00e4ten der Vorg\u00e4nge, welche ein bestimmter physikalischer Beiz nach Entstehung des","page":665},{"file":"p0666.txt","language":"de","ocr_de":"666\nWilhelm Wirth.\nNachbildes anzuregen und im allgemeinen theilweise zu freier Erregung zu bringen im Stande ist, werden nach diesem Erkl\u00e4rungsversuche nur in neuen Mengenverh\u00e4ltnissen angeregt. In der historischen Entwicklung entsprach die Ausgestaltung dieser Hypothese zuerst der einfachen Erm\u00fcdungstheorie, die bereits von Eechner wenigstens f\u00fcr die Helligkeitsnachbilder aufgestellt und vonHelmholtz auf die negativen Nachbilderscheinungen \u00fcberhaupt ausgedehnt worden war. Weiterhin wurden dann allerdings auch die Anschauungen von der Richtung der Ver\u00e4nderung der Erregbarkeitsfactoren als Herabsetzung oder Steigerung, welche nat\u00fcrlich auch schon bei v. Helmholtz miteinander in der Theorie inbegriffen waren, je nach den allgemeinen S\u00e4tzen der neuen Earbentheorien mannigfach complicirt und im engeren Anschluss an die quantitative Sch\u00e4tzung der Erscheinungen verfeinert. Aber gerade die allgemeine G\u00fcltigkeit des Fechner-Helmlioltz-schen Satzes und die constante Qualit\u00e4t der Nachbildf\u00e4rbung f\u00fcr alle Erscheinungen der negativen Nachbilder lassen diesen Erkl\u00e4rungsversuch doch niemals davon loskommen, dass allein an dem w\u00e4hrend der Erm\u00fcdung th\u00e4tigen Substrate, bezw. zugleich an dem seiner Com-plement\u00e4rfarbe eine Ver\u00e4nderung vorgegangen sei, so dass schlie\u00dflich sogar zu den complicirten Beziehungen zwischen Reiz und Substrat Zuflucht genommen werden musste, damit man den v. Kries\u2019sehen Satz und die Erscheinung auf ganz beliebigen reagirenden Farben in ihrer thats\u00e4chlichen Gr\u00f6\u00dfe erkl\u00e4ren k\u00f6nne. Man verschafft sich hingegen beiden S\u00e4tzen gegen\u00fcber mit einem male eine viel freiere und in sich zun\u00e4chst widerspruchslose Position, wenn man die Beimischungshypothese dem Fechner-Helm-holtz\u2019schen Satze nicht nur im allgemeinen, sondern auch f\u00fcr diese Erscheinungsweise des Nachbildes auf beliebigen Farben anzupasseii versucht. Schon von Fechner war in der bekannten im ersten Theile meiner Arbeit n\u00e4her bezeichneten Abhandlung neben der Auffassung' des Helligkeitsnachbildes als einer Erm\u00fcdungserscheinung wenigstens f\u00fcr das Farbennachbild eine besondere Entstehung auf Grund einer Art von spontanen Aus-gleichungsvorg\u00e4ngen gegen\u00fcber der Umgebung wegen des nur theil-weisen Verbrauches der gesammten Farbenenergie als wahrscheinlich hingestellt worden, ohne dass der ganze hypothetische Process n\u00e4her ins Einzelne ausgef\u00fchrt worden w\u00e4re. U. a. hat aber dann vor","page":666},{"file":"p0667.txt","language":"de","ocr_de":"Der Fechner-Helmholtz\u2019sche Satz \u00fcber negative Nachbilder u. s. w. 667\nallem auch F. C. Donders in einer concreieren Ausgestaltung dieses \u00e4lteren Gedankens1) in seiner Untersuchung \u00bbUeber Farben-systerne\u00ab2 * *) die farbigen Nachbilder als Beimischungen spontaner Erregungen aufgefasst, welche sich aus der secund\u00e4ren, ohne Reizeinwirkung vor sich gehenden Dissociation der Molek\u00fcle ergeben, nachdem die prim\u00e4re Dissociation der Erm\u00fcdungsfarbe auf Grund der Einwirkung des fixirten Reizes nur eine theilweise Zersetzung des auf vollst\u00e4ndigen Verbrauch in dem Wei\u00df process angelegten Substrates herbeif\u00fchren konnte. Die Form, in der hier das Ganze gegeben war, schloss sich nat\u00fcrlich an die specielle Farbentheorie Donders\u2019 an, gegen welche sich Hering in der bereits citirten Abhandlung in verschiedenen Punkten gewandt hatte. Hering hat speciell gegen diesen Punkt eingewandt8), dass in diesem Falle ein Blau f\u00fcr sich allein eine gleiche Erm\u00fcdung f\u00fcr Wei\u00df herbeif\u00fchren m\u00fcsste wie das objective Wei\u00df, welches durch gleichzeitige Reizung mit dem zu Blau complement\u00e4ren Gelb erregt wird. Dieser Einwand bezieht sich aber nat\u00fcrlich nur auf eine Form der Theorie, welche den Helligkeitsprocess noch nicht verselbst\u00e4ndigt hat. Da nach einer solchen Abtrennung die Ver\u00e4nderungen im Wei\u00dfprocesse nur noch von dem mit der Erm\u00fcdungsfarbe gleichzeitig gegebenen Wei\u00dfprocesse abh\u00e4ngig sind, wie er der gesammten Intensit\u00e4t der \u00e4u\u00dferen Reize proportional ist, so wird Blau allein die Wei\u00dfsubstanz nat\u00fcrlich viel weniger als das aus Blau und dem ihm hinsichtlich des Farbenprocesses \u00e4quivalenten Gelb gemischte Wei\u00df ver\u00e4ndern, gleichg\u00fcltig ob man nun auch die Ver\u00e4nderung im Wei\u00df-process nach der Erregbarkeits- oder der Beimischungshypothese erkl\u00e4ren will.\nWas mit einer derartigen Umgestaltung der Hypothese von Donders, wie vom Standpunkte der Beimischungshypothese \u00fcberhaupt sehr einfach erkl\u00e4rt w\u00e4re, ist offenbar der v. Kries\u2019sclie Satz, wie schon im vorigen Capitel angedeutet wurde. Ueber die gesammte Fl\u00e4che des Nachbildes lagert sich ja ganz gleichm\u00e4\u00dfig\n1)\tVergl. E. Hering, Kritik einer Abhandlung von Donders \u00bb\u00fcber Farbensysteme\u00ab, Lotos, Neue Folge, II, 1882, S. 68, hier S. 84.\n2)\tF. C. Donders, Ueber Farbensysteme, Graefe\u2019s Archiv f. Ophthalmologie\nXXVII, 1, 1881, S. 154.\n3; a. a. O. S. 84 f.","page":667},{"file":"p0668.txt","language":"de","ocr_de":"668\nWilhelm Wirth.\ndie Beimischung, so dass das gleiche Aussehen der Mischung ohne R\u00fccksicht auf ihre physikalische Herstellung an und f\u00fcr sich zum gleichen Endeffect auch nach Entstehung der \u00bb Erm\u00fcdung \u00ab hinreichen muss. Auch die Aehnlichkeit der Werthe des negativen Nachbildes auf allen beliebigen reagirenden Farbent\u00f6nen w\u00e4re leicht zu erledigen, wenn es sich um eine spontane Beimischung handelt. Hingegen fehlt der Hypothese in dieser Form noch durchaus die Erkl\u00e4rung der Abh\u00e4ngigkeit dieser secund\u00e4ren Beimischung vom reagirenden Reiz, d. h. also die Subsumption des Eechner-Helmholtz-schen Satzes. Eine spontane secund\u00e4re Dissociation, wie sie von Don der s angenommen wurde, m\u00fcsste doch eine gr\u00f6\u00dfere Ann\u00e4herung an eine ungef\u00e4hre Constanz des Werthes bei allen Reactionsreizen herbeif\u00fchren, wie es allerdings fr\u00fcher ohne quantitative Bestimmungen noch nicht mit Sicherheit verneint werden konnte. Das secund\u00e4re Farbensubstrat, welches durch die Restbest\u00e4nde auf Grund einseitiger Reizung gegeben und daher in gewisser Weise als ein abnormes zu bezeichnen ist, darf \u00fcberhaupt nur nach Ma\u00dfgabe der neuen reagirenden Reize in Action treten1). Wie dieses secund\u00e4re Substrat des N\u00e4heren zu denken ist, w\u00e4re nat\u00fcrlich ein rein physiologisch-chemisches Problem und kann auch hier die subjective Methode nur die formalen Prin-cipien an die Hand gehen. Hiernach muss also die dem secund\u00e4ren Substrat entsprechende Qualit\u00e4t ausschlie\u00dflich in der Nachbildfarbe, d. h. in der Complement\u00e4rfarbe zur erm\u00fcdenden, bestehen. Hieraus k\u00f6nnte aber vielleicht abgeleitet werden, dass es nun doch wiederum nur den ihm besonders ad\u00e4quaten Reizen porportional in Action treten w\u00fcrde. Die subjective Nachbildfarbe selbst sowohl wie die physiologische Zur\u00fcckf\u00fchrung auf Restsubstrate und dergl. wiir-\ni) Das n\u00e4mliche gilt nat\u00fcrlich auch bez\u00fcglich aller andern theilweise noch fr\u00fcheren Versuche, das negative Nachbild als eine selbst\u00e4ndige spontane Erregung ohne R\u00fccksicht auf den reagirenden Reiz aufzufassen. Auch die complement\u00e4ren Erholungsvorg\u00e4nge an der von der Farbe gereizten Stelle und die gleichartigen Processe in der Umgebung, welche nach der Hering\u2019schen Farbentheorie einen wesentlichen Bestandtheil der negativen Nachbilderscheinung bilden, k\u00f6nnten als blo\u00dfe Dispositionen zu selbst\u00e4ndig beigemischten complement\u00e4ren oder gleichfarbigen Sondererregungen gedacht werden, welche erst von beliebigen reagirenden Reizen, dem Helligkeitsprocesse direct proportional ausgel\u00f6st werden. Nur erscheint eine so abnorme Beziehung der Reize zu den nur in ihrer Erregbarkeit ver\u00e4nderten Substraten weniger wahrscheinlich.","page":668},{"file":"p0669.txt","language":"de","ocr_de":"Der Fechner-Helmholtz\u2019sche Satz \u00fcber negative Nachbilder u. s. w. 669\nden nat\u00fcrlich die zur Erm\u00fcdungsfarbe complement\u00e4ren Reize als besonders ad\u00e4quat erscheinen lassen. Es m\u00fcsste also gerade umgekehrt wie bei der Erregbarkeitshypothese in ihrer einfachsten Form ohne Annahme der Nebenvalenzen eine Einschr\u00e4nkung des Nachbildes auf die Complement\u00e4rfarbe und ihre Umgebung vorhanden sein, wie es den Thatsachen widerspricht. Eine Verbindung der Erregbarkeitshypothese mit der in dieser Weise ausgestalteten Beimischungshypothese ist aber wegen des v. Kries\u2019schen Satzes nur unter der im vorigen Capitel durchgef\u00fchrten Ausgestaltung der Erregbarkeitshypothese m\u00f6glich, welche dann ihrerseits wiederum die Beimischungshypothese \u00fcberhaupt ganz unn\u00f6thig machen w\u00fcrde. Au\u00dferdem ist aber eine solche mehrfache Erkl\u00e4rung des analogen Thatbestandes aus so heterogenen Principien schon an und f\u00fcr sich nicht sehr wahrscheinlich. So bleibt also f\u00fcr eine in sich cons\u00e9quente Durchf\u00fchrung dieser zweiten Hypothese nichts weiter \u00fcbrig, als die secund\u00e4ren Substrate zu den reagirenden Reizen in eine solche Beziehung zu setzen, dass ausschlie\u00dflich deren \u00bbAequivalenzwerth\u00ab , wie er in der Reaction auf die reinen Helligkeitsnachbilder zu Tage tritt, \u00fcber die Mitera e-gung entscheidet, gleichg\u00fcltig, welche Qualit\u00e4t diese Reize im normalen Hauptsubstrate erregen. Die Zersetzung des secund\u00e4ren Substrates m\u00fcsste eine \u00e4hnlich allgemeine Wirkung der Reize sein, wie die Erregung des reinen farblosen Helligkeitsprocesses, sei es, dass infolge eines besonders labilen G-leickgewicktes der Restsubstrate die \u00e4u\u00dferen Reize unabh\u00e4ngig von ihrer Wellenl\u00e4nge in gr\u00f6\u00dferer Unmittelbarkeit die Nachbildfarbe proportional zu ihrer Intensit\u00e4t erregen, oder dass erst der unmittelbar erregte Wbi\u00dfpiocess diesen Nebenerfolg auf das secund\u00e4re Farbensubstrat mit sich f\u00fchrt. Von diesem zweiten der beiden f\u00fcr die Beimischungshypothese m\u00f6glichen Gesichtspunkte aus erschiene das negative Farbennachbild gewisserma\u00dfen als eine farbige Entartung des Wei\u00dfprocesses. Die gleichzeitige Bedeutung des f\u00fcr die Helligkeitsnachbilder g\u00fcltigen \u00bbAequivalenzverh\u00e4ltnisses\u00ab f\u00fcr die Farbennachbilder w\u00e4re ja mit beiden Deutungen vertr\u00e4glich, Ebenso wie f\u00fcr die Erkl\u00e4rung dieser Ueber-einstimmung nach der Erregbarkeitshypothese eine relative Gleich-werthigkeit einer bestimmten Wellenl\u00e4nge f\u00fcr das prim\u00e4re Helligkeitsund Farbensubstrat angenommen werden musste, k\u00f6nnte auch das Intensit\u00e4tsverli\u00e4ltniss der unmittelbaren Erregung des Restsubstrates","page":669},{"file":"p0670.txt","language":"de","ocr_de":"670\nWilhelm Wirth.\ndurch die \u00e4u\u00dferen Farbenreize verschiedener Wellenl\u00e4nge nach der ersten Variante der Beimischungshypothese dem Aequivalenzverh\u00e4ltnisse entsprechen. Am einfachsten begriffe sich aber diese Uebereinstimmung wohl nach der zweiten Auffassung mit ihrer n\u00e4heren Zuordnung der Erregung der Bestsubstrate zu dem jeweils actuellen Wei\u00dfprocesse, weil hier \u00fcber das Quantit\u00e4tsverh\u00e4ltniss der Wirkungsf\u00e4higkeit auf das Helligkeits- und Farbensubstrat \u00fcberhaupt nichts ausgemacht zu werden braucht.\nAuch f\u00fcr die Beimischungshypothese ist nat\u00fcrlich \u00fcberall die Annahme zul\u00e4ssig, dass die secund\u00e4ren Substrate, welche von beliebigen Beizen mittelbar oder unmittelbar erregt werden k\u00f6nnen, sich nicht nur an der von der Erm\u00fcdungsfarbe getroffenen Stelle mit einer deren Complement\u00e4rfarbe entsprechenden specifisclien Qualit\u00e4t ihrer Erregungen entwickeln, sondern auch, auf Grund von Contact Wirkungen, in ihrer Nachbarschaft mit der n\u00e4mlichen Qualit\u00e4t wie die Erm\u00fcdungsfarbe.\nDie Abweichungen von dem reinen Aequivalenzverh\u00e4ltniss, wie sie f\u00fcr die verschiedenen Erm\u00fcdungsfarben als jeweilige Beg\u00fcnstigung des N\u00e4chbildwerthes f\u00fcr die Erm\u00fcdungsfarbe selbst beobachtet wurden, m\u00fcssten von diesem Standpunkte aus nat\u00fcrlich ganz anders erkl\u00e4rt werden, als bei der Erregbarkeitshypothese. Sie scheinen ja der Auffassung des Nachbildes als Miterregung eines complement\u00e4rfarbigen Bestsubstrates ganz besonders zu widersprechen, weil man von hier aus, wie oben gesagt, eher eine Steigerung des Werthes f\u00fcr die zur erm\u00fcdenden Farbe complement\u00e4re Begion erwarten m\u00fcsste. Es wurde aber schon oben erw\u00e4hnt, dass die Zur\u00fcckf\u00fchrung dieser Abweichungen auf ein Zur\u00fcckbleiben des Erholungsfactors hinter dem Erm\u00fcdungsfactor, wie sie nat\u00fcrlich allein der Erregbarkeitshypothese angepasst ist, keineswegs die einzige Erkl\u00e4rungsm\u00f6ghchkeit ausmacht. Die andere M\u00f6glichkeit ist aber nun vor allem auch f\u00fcr die Beimischungshypothese widerspruchslos durchf\u00fchrbar. Alle quantitativen Messungen, sogar die sog. pl\u00f6tzliche Einstellung auf subjective Gleichheit, welche in den Messungen dieses dritten Theiles gar nicht einmal zur Anwendung kam, bed\u00fcrfen ja immer einer gewissen Zeit, w\u00e4hrend der sich bereits neue secund\u00e4re Vorg\u00e4nge entwickeln k\u00f6nnen. Sobald z.B. nach Fixation einer rothen Fl\u00e4che auf grauem Grunde das Nachbild auch auf rothem Grunde gemessen wird, so wird die Steigerung","page":670},{"file":"p0671.txt","language":"de","ocr_de":"Der Fechner-Helmholtz\u2019sche Satz \u00fcber negative Nachbilder u. s. w. 671\nder complement\u00e4ren Beimischung keineswegs sogleich mit dem Ende der eigentlich gew\u00fcnschten Entstehungszeit abschlie\u00dfen. Es wird ja an der bisher von Roth erf\u00fcllten Stelle fortgesetzt Roth einwirken und bei der gew\u00e4hlten reagirenden Intensit\u00e4tsstufe sogar noch etwas mehr als vorher. Wenn man also auch annimmt, dass keine weitere Steigerung des gesummten Nachbildwerthes in der bis zum Abschluss der Messung nothwendigen Zeit eintritt, weil ja nun auch in der urspr\u00fcnglich grauen Umgebung Roth einwirkt, so wird doch die Beibehaltung des Rothreizes \u00fcberhaupt dem Verschwinden der secund\u00e4ren Beimischung weniger g\u00fcnstig sein. Kommt hingegen die Oomplement\u00e4rfarbe zur Reaction, so entstehen von Anfang an bei dem Ueherwiegen des Gr\u00fcn \u00fcber das an der Nachbildstelle noch beigemischte Roth, welches h\u00f6chstens noch ein etwas weniger ges\u00e4ttigtes Gr\u00fcn sehen l\u00e4sst, Antriebe zur Entstehung des entgegengesetzten Nachbildes, welche schlie\u00dflich einen etwas kleineren Werth f\u00fcr diese Region auffinden lassen. Damit ist keineswegs vorausgesetzt, dass das von der Fixation des Roth her stammende Restsubstrat, entgegen der obigen Behauptung, gerade durch Einwirkung des Gr\u00fcn zun\u00e4chst doch in einer intensiveren Nachbildwirkling zur Geltung kommen m\u00fcsste. Die St\u00f6rung des Nachbildes bei Reaction der Oomplement\u00e4rfarbe w\u00fcrde ja nach dieser Erkl\u00e4rung nicht durch intensivere und raschere Aufzehrung des Restsubstrates in actueller Th\u00e4tigkeit, also unter subjectivem Auftreten der Nachbildf\u00e4rbung, sondern durch sofortige Anregung zur Entstehung der antagonistischen Restsubstrate erkl\u00e4rt sein. Es w\u00fcrde also das Restsubstrat und das farbige Nachbild bei successiver Einwirkung von Complement\u00e4rfarben in \u00e4hnlicher Weise ohne besondere begleitende Empfindungen gest\u00f6rt, wie es bei simultaner Einwirkung von Complement\u00e4rfarben \u00fcberhaupt nicht entstehen kann. Die relativ geringe Gr\u00f6\u00dfe all dieser Abweichungen vom reinen Aequivalenz-verh\u00e4ltniss steht einer solchen Zur\u00fcckf\u00fchrung auf diese in der Dauer der Messung begr\u00fcndeten Beobachtungsfehler keineswegs entgegen, wobei \u00fcbrigens die M\u00f6glichkeit einer anderen vielleicht noch passenderen Variante dieser Vermuthung gern zugestanden werden soll. Um so leichter begreift sich aber daf\u00fcr nach der Beimischungshypothese die gro\u00dfe Aehnlichkeit der Curven hei Hell- und Dunkeladaptation. Bei der Erregbarkeitskypothese bedurfte ja die Erkl\u00e4rung des immer noch relativ bedeutenden Werthes f\u00fcr die complement\u00e4re Region eines besonderen","page":671},{"file":"p0672.txt","language":"de","ocr_de":"672\nWilhelm Wirth.\nZusatzes, der den Erholungsstand f\u00fcr s\u00e4mmtliche Farben in der Dunkeladaptation als einen immer noch untermaximalen auffassen lie\u00df. (S. 8. 111.) F\u00fcr die Beimischungshypothese muss h\u00f6chstens umgekehrt wieder besonders erkl\u00e4rt werden, warum die Wirkung in der cornple-ment\u00e4ren Region relativ etwas geringer ist, als bei Helladaptation, und l\u00e4sst sich auch liier diese Thatsache wie bei Helladaptation aus der entgegengesetzten Wirkung bei Reaction der Complement\u00e4rfarbe in Folge der g\u00fcnstigen Erholungsverh\u00e4ltnisse dem Verst\u00e4ndniss n\u00e4her bringen.\nAls Einfluss der verschieden starken actuellen Erregung des secund\u00e4ren Substrates durch den reagirenden Reiz k\u00f6nnten hingegen die Beobachtungen \u00fcber den Verlauf des allm\u00e4hlichen Verschwindens der Nachbildwirkung bei den verschiedenen reagirenden Reizen angef\u00fchrt werden, wie sie schon in den beiden ersten Theilen der Arbeit mitgetheilt wurden. In diesen Messungen glaubte ich gefunden zu haben, dass ein negatives Nachbild um so rascher verschwinde, je gr\u00f6\u00dfer die reagirende Intensit\u00e4t war, je h\u00f6her sich also die entsprechenden Nachbildwerthe nach dem Fechner-Helm-holtz\u2019schen Satze beliefen. Bedenkt man, dass die zur reagirenden Intensit\u00e4t' proportionale Steigerung des Nachbildwerthes nach der Beimischungshypothese als eine st\u00e4rkere Inanspruchnahme der Restsubstanz betrachtet werden muss, so wird eine zum Nachbildwerth proportionale Geschwindigkeit der vollst\u00e4ndigen Verbrauchung des Restsubstr\u00e4tes, das nach Abschluss des Erm\u00fcdungsreizes eine endlich begrenzte Menge besitzt, besonders leicht begreiflich.\nWenn man nun auch f\u00fcr das farbige Nachbild diese Beimischungshypothese als nothwendig zugeben will, so kann man trotzdem f\u00fcr das Helligkeitsnaclibild immer noch gleichzeitig die Erregbarkeitshypothese beibehalten, weil hier zur Erm\u00f6glichung der letzteren niemals jene complicirten Hypothesen nothwendig werden, welche durch den v. Kries\u2019sehen Satz und die Wirkung auf beliebigen Farbent\u00f6nen bei den farbigen Nachbildern erforderlich wurden. Auch Fechner hat ja, wie erw\u00e4hnt, eine besondere Betrachtungsweise f\u00fcr die Ver\u00e4nderung der subjectiven Farbenauffassung f\u00fcr geboten erachtet.\nAllerdings ist ja die Durchf\u00fchrung der Beimischungshypothese auch f\u00fcr das Helligkeitsnachbild in einer in sich widerspruchslosen","page":672},{"file":"p0673.txt","language":"de","ocr_de":"Der Feclmer-Helmlioltz\u2019sche Satz \u00fcber negative Nachbilder u. s. w. 673\nWeise m\u00f6glich. Ohne weiteres k\u00f6nnte zun\u00e4chst die Aufhellung an den w\u00e4hrend der Erm\u00fcdung dunkleren Stellen als eine solche positive Miterregung eines secund\u00e4ren Helligkeitssubstrates in Betracht kommen. Hier f\u00e4llt dies ja ganz und gar mit der einfachen Erregharkeitssteigerung des Wei\u00dfsubstrates \u00fcberhaupt in seinem Endeffecte zusammen. Die zur Intensit\u00e4t proportionale Verdunkelung der im Erm\u00fcdungsbilde helleren Stellen aber wird ohne Annahme eines positiven, den \u00fcbrigen Erregungen coordinirten Schwarzprocesses nach der Beimischungshypothese h\u00f6chstens dadurch erkl\u00e4rt werden, dass man die auch hier angenommenen Bestsubstanzen nach Einwirkung des Wei\u00dfprocesses als eine Hemmung oder Absorption der auf das normale Wei\u00dfsuhstrat eindringenden mittelbaren oder unmittelbaren Beizwirkungen auf fasst. Die Proportionalit\u00e4t des Wer-thes zur reagirenden Helligkeit w\u00fcrde hierbei geradezu nach dem einfachsten Gesichtspunkte als proportionaler Abstrich von der Ge-sammtwirkung auf Grund jener Hemmung oder Absorption aufzufassen sein. Damit w\u00e4re aber bei dem Versuch zur Vereinheitlichung sogar f\u00fcr das Helligkeitsnachbild selbst ein zweifacher Gesichtspunkt zur Erkl\u00e4rung nothwendig geworden, was eine sehr geringe Wahrscheinlichkeit f\u00fcr sich besitzt. Es w\u00fcrde also eine einheitliche Durchf\u00fchrung der Beimischungshypothese f\u00fcr die Helligkeitsnachbilder nur dadurch m\u00f6glich sein, dass man die zur reagirenden Helligkeit ebenfalls direct proportionale Verdunkelung der im Erm\u00fcdungsfelde relativ helleren Stellen als eine proportionale Miterregung eines secund\u00e4ren Schwarzsubstrates auffasst, welche ebenso unabh\u00e4ngig von der normalen Helligkeitsqualit\u00e4t des ausl\u00f6senden Beizes erfolgt, wie die secund\u00e4ren Farbenprocesse nach dieser Theorie in der specifischen Qualit\u00e4t der Nachbildfarbe von der speciellen Farbenqualit\u00e4t des reagirenden Beizes unabh\u00e4ngig gedacht werden m\u00fcssen. Bei der Beimischung des farbigen Nachbildes ist nun allerdings der Wei\u00dfprocess eine noch einigerma\u00dfen verst\u00e4ndliche Vermittelung, welcher ebenso, wie alle einzelnen Farbenerregungen, als positiver Process zu denken ist, w\u00e4hrend hier alle Schwierigkeiten in Betracht k\u00e4men, welche dem Schwarz schon in der gew\u00f6hnlichen Auffassung eine Sonderstellung gegen\u00fcber den positiven Erregungen zuschreiben lassen und bereits fr\u00fcher der Hering\u2019schen Auffassung des Schwarzprocesses gegen\u00fcber \u00f6fters zur Sprache kamen. Der","page":673},{"file":"p0674.txt","language":"de","ocr_de":"674 \u2022\nWilhelm Wirtli.\nUnterschied zwischen dem Helligkeits- und Farbenprocess ist \u00fcbrigens gro\u00df genug, um auch den Verlauf der beiderseitigen Adaptationen als einen verschiedenartigen vermuthen zu lassen. Bei genauerem Zusehen erweist sich nicht einmal der Vorsprung an Einheitlichkeit bei dieser gewaltsamen Uebertragung der Beimischungshypothese auf die Helligkeitsnachbilder als irgendwie bedeutend. Ber\u00fccksichtigt man n\u00e4mlich, dass auch die Beimischungshypothese f\u00fcr die Farbennachbilder doch immer noch insofern ausschlie\u00dflich mit dem Begriffe der Erregbarkeit arbeiten muss, als auch sie die zur reagi-renden Intensit\u00e4t proportionale Nachbildgr\u00f6\u00dfe nur durch Beibehaltung der allgemeinen positiven Erregbarkeitsbeziehung zwischen den irgendwie vermittelten Beizen und dem secund\u00e4ren Substrate erkl\u00e4ren kann, so wird man die ausschlie\u00dfliche Durchf\u00fchrung der Erregbarkeitshypothese f\u00fcr das Helligkeitsnachbild auch unter Anwendung der Beimischungshypothese f\u00fcr die farbigen Nachbilder als keine unwahrscheinliche St\u00f6rung der Einheitlichkeit innerhalb der gesummten Erkl\u00e4rung der negativen Nachbilder ansehen. Auch besteht dann f\u00fcr eine Farbentheorie, welche die Beimischungshypothese annimmt, die M\u00f6glichkeit, die Verschiedenheiten zwischen den einzelnen Farben je nach dem Grade der gesammten Helligkeitsadaptation einer Stelle, also das Purkinje\u2019sehe Ph\u00e4nomen u. s. w., auch weiterhin in der bisherigen, einfachsten Weise als Ver\u00e4nderungen der Erregbarkeitsverh\u00e4ltnisse aufzufassen. Auch die Steigerung oder Verminderung der Farbenerregbarkeit im ganzen kann daneben beibehalten werden. Es d\u00fcrfen nur eben keine einseitigen Ver\u00e4nderungen der Erregbarkeit f\u00fcr eine einzige Farbe, z. B. die Erm\u00fcdungsfarbe f\u00fcr eine bestimmte Intensit\u00e4tsstufe angenommen werden, durch welche alle H\u00fclfshypothesen des vorigen Oapitels zur Erkl\u00e4rung des v. Kries\u2019schen Satzes wieder nothwendig w\u00fcrden. Die Ver\u00e4nderung der gesammten Farbenerregbarkeit und insbesondere die eben genannte ausschlie\u00dflich von der Helligkeitsstufe abh\u00e4ngige Abweichung des gegenseitigen Verh\u00e4ltnisses der verschiedenen Farben ist hingegen von den Schwierigkeiten, die zu jenen H\u00fclfshypothesen des vorigen Oapitels n\u00f6thigten, v\u00f6llig unabh\u00e4ngig. Die Annahme solcher Ver\u00e4nderungen der Farhenerregbarkeit, welche von den negativen Nachbildern nat\u00fcrlich ohnehin scharf geschieden sind, kann also mit der Erkl\u00e4rung der negativen Nachbilder als einfacher Beimischungen","page":674},{"file":"p0675.txt","language":"de","ocr_de":"Der Feclmer-Helmholtz\u2019sche Satz \u00fcber negative Nachbilder u. s. w.\n675\nv\u00f6llig widerspruchslos zusammen bestehen. Nach alledem besitzt also diese zweite Hypothese f\u00fcr alle, welche nicht die specielle Form der Vierfarbentheorie nach Capitel 4, E \u00fcbernehmen wollen, f\u00fcr die Erkl\u00e4rung des negativen Farbennachbildes einstweilen hinreichende Empfehlungen. Im Gegens\u00e4tze zur Erregbarkeitshypothese, welche sich zwar mit der Abh\u00e4ngigkeit des Farbennachbildes von den reagirenden Farbent\u00f6nen eher in Uehereinstimmung bringen lie\u00df, aber durch den v. Kries\u2019stehen Satz so sehr specialisirt wurde, ist von ihr vor allem der letztere ohne besondere Zus\u00e4tze zu erkl\u00e4ren, w\u00e4hrend freilich hier die Wirksamkeit des farbigen Nachbildes f\u00fcr beliebige Farbent\u00f6ne, also^die Unabh\u00e4ngigkeit der Erregung des Restsubstrates von der Wellenl\u00e4nge, zu k\u00fchneren Hiilfs-hypothesen n\u00f6thigte, die vorl\u00e4ufig wohl ebenfalls durch keine anderweitigen Beobachtungen unterst\u00fctzt werden k\u00f6nnen.\n2. Hie Beimischungshypothese stimmt in der hier beschriebenen Form mit der Erregbarkeitshypothese doch wenigstens insofern v\u00f6llig \u00fcberein, als zun\u00e4chst, vom physiologischen Standpunkte aus betrachtet, die Miterregung des secund\u00e4ren Substrates in einer dem Reize entsprechenden Intensit\u00e4t mit, der Einwirkung des reagirenden Reizes ebenso untrennbar verkn\u00fcpft ist, wie nach der Erregbarkeitshypothese die ver\u00e4nderte Functionsf\u00e4higkeit des normalen Substrates jedem neuen ad\u00e4quaten Reizmomente gegen\u00fcber zur Geltung kommen muss. Sie leistet somit ebenso wie jene der gew\u00f6hnlichen Auffassung von der psychologischen Erscheinung der negativen Nachbilder Gen\u00fcge, wonach dieselben den Empfindungs-tliatbestand w\u00e4hrend der ganzen Nachwirkung continuirlich in ihrem Sinne ver\u00e4ndern, so dass man sie auch in allen beliebigen Zeitpunkten dieses Verlaufes erkennen kann, so oft die allgemeinen Voraussetzungen f\u00fcr eine hinreichend vollkommene Analyse der subjectiven Ausf\u00fcllung des jeweiligen Sehfeldes in den augenblicklichen Beobachtungsbedingungen erf\u00fcllt sind. Ha jedoch die Beimischungs-hypothese das negative Nachbild durch ein besonderes Substrat physiologisch fundirt sein l\u00e4sst, welches neben dem normalen Substrate in Th\u00e4tigkeit tritt, so bliebe sie auch mit einer anderen Auffassung vom Wesen der psychologischen Erscheinung der Nachbilder vertr\u00e4glich, wonach der Empfindungsthatbestand, welcher der Erregung des Restsubstrates durch den reagirenden Reiz entspricht,\nWundt, Philos. Studien. XVTTT.\tm","page":675},{"file":"p0676.txt","language":"de","ocr_de":"676\nWilhelm Wirth.\nnur unter besonders g\u00fcnstigen Bedingungen zur normalen Empfindung sich hinzugesellen kann, wenn n\u00e4mlich der Wettstreit der verschiedenen gleichzeitigen Processe im normalen und im secund\u00e4ren Substrate zu Gunsten des selbst\u00e4ndigen Nachbildproeesses ausf\u00e4llt. Martins hat bekanntlich diese neue Auffassung f\u00fcr alle negativen Nachbilder durchzuf\u00fchren versucht1). Nach den vorigen Ausf\u00fchrungen \u00fcber die Beimischungshypothese \u00fcberhaupt best\u00fcnde hiebei allerdings gerade f\u00fcr die Helligkeitsnachbilder, an denen Martius seine Theorie zun\u00e4chst klar gemacht hat, die besondere schon vorhin erw\u00e4hnte Schwierigkeit, dass die zur reagirenden Intensit\u00e4t ebenfalls proportionale Verdunkelung, welche nach der auch von Martius getheilten Auffassung wenigstens einen Theil der im gesammten negativen Nachbildwerth bestehenden Modificationen ausmacht, als selbst\u00e4ndige positive physiologische Erregung aufgefasst werden m\u00fcsste, die auch psychologisch als besondere Empfindungscomponente .im Wettstreit verselbst\u00e4ndigt werden k\u00f6nnte, so dass sie im Bewusst-seinscorrelat der betreffenden subjectiven Sehfeldstelle fehlen und wieder auftreten kann. Au\u00dferdem k\u00f6nnte ja f\u00fcr die Erkl\u00e4rung der zur reagirenden Helligkeit direct proportionalen Verdunkelung von Seiten der Beimischungshypothese h\u00f6chstens noch zum Prineip einer proportionalen Absorption der Reizwirkung durch Restsubstrate gegriffen werden. Damit w\u00e4re aber dann schon von vorne herein ausgeschlossen, dass das Nachbild w\u00e4hrend des Vorhandenseins physiologischer Restsubstrato an der betreffenden Stelle auf Grund eines centraleren Wettstreites f\u00fcr die Helligkeitsempfindung nicht immer zur Geltung zu kommen brauche. Martius m\u00fcsste also dann einen Theil der Helligkeitsnachbilder, n\u00e4mlich die Verdunkelungen, aus seiner Hypothese ausschalten oder umgekehrt wie eine Erm\u00fcdungstheorie, die alle negativen Helligkeitsnachbilder aus verschieden starken Verdunkelungen ableitet und alle Aufhellungen nur f\u00fcr relative und scheinbare erkl\u00e4rt, nun alles als Aufhellungen der im prim\u00e4ren Bilde relativ dunkleren Stellen auffassen und alle Verdunkelungen f\u00fcr nur relative und scheinbare halten, um alle Modificationen wenigstens auf eine den \u00fcbrigen Vorg\u00e4ngen coordinate positive Erregung zu\ni) GL Martius, Das Gesetz des Helligkeitswerthes der negativen Nachbilder. Beitr\u00e4ge zur Psychologie und Philosophie. I, 1, 1894 S. 17 ff. und: Ueber die Dauer der Liclitcnipfindung, I, 3. 1902 hier speeiell S. 362 11.","page":676},{"file":"p0677.txt","language":"de","ocr_de":"Der Fechner-Helmholtz\u2019sche Satz \u00fcber negative Nachbilder u. s. w. (177\nbasiren. Dom st\u00e4nden aber nat\u00fcrlich die n\u00e4mlichen Schwierigkeiten entgegen, die Martius gegen den umgekehrten Versuch geltend machte. .F\u00fcr die Helligkeitsnachbilder begegnet also schon die jener Wettstreithypothese entsprechende Verwerthung der physiologischen Beimischungsliypothese den eben genannten Bedenken, ganz abgesehen von den schon fr\u00fcher erw\u00e4hnten Schwierigkeiten, welche gegen die Annahme eines gegenseitigen Wettstreites zwischen den einzelnen Er-rcgungscomponenten, die an der n\u00e4mlichen Sehfeldstelle von einem Auge herstammen, geltend gemacht werden k\u00f6nnen und gerade mit der von Martius selbst angef\u00fchrten Analogie zu dem doch stets empfundenen Wei\u00dfprocesse1) neben dem Farbenprocesse nur vermehrt werden. F\u00fcr die farbigen Nachbilder k\u00f6nnte wenigstens gegen die Beimischungshypothese nichts eingewendet werden und w\u00fcrde h\u00f6chstens die Formulirung des physiologischen Wesens, des Nachbildes, wonach dasselbe \u00bbwahrscheinlich auf einem besonderen, durch die peripheren Beizungsvorg\u00e4nge nur eingeleiteten, selbst\u00e4ndig verlaufenden Processe beruht\u00ab2), durch die Anerkennung der f\u00fcr die Miterregung selbst wesentlichen Abh\u00e4ngigkeit vom reagirenden Beize im Sinne des Feebner- Helm hol tz\u2019schen Satzes zu erg\u00e4nzen sein. Bei den farbigen Nachbildern ist aber wiederum gerade der besondere psychologische Thatbestand, die Unerkennbarkeit der negativen Nachbilder w\u00e4hrend einer raschen Augenbewegung und im ersten Momente nach derselben u. s. w. nicht so ausgepr\u00e4gt, wie ebenfalls schon fr\u00fcher hervorgehoben wurde3). Die M\u00f6glichkeit einer einseitigen Durchf\u00fchrung jener psychologischen Auffassung vom Wesen der negativen Nachbilder f\u00fcr einen beschr\u00e4nkten Theil des ganzen Gebietes w\u00fcrde aber nat\u00fcrlich nichts helfen.\nMit Becht hat aber Martius die physiologische Erkl\u00e4rung des Tliatbestandes in die zweite Linie ger\u00fcckt, welche erst nach der Analyse des subjektiven Tliatbestandes versucht werden kann, und so bleibtauch f\u00fcr seine Wettstreithypothese die wichtigste Frage zun\u00e4chst die psychologische Erscheinung der Nachbilder in einer thats\u00e4chlichen Modification der Empfindung als solcher, welche wie erw\u00e4hnt nach seiner Theorie keineswegs dem selbst\u00e4ndigen physiolo-\n1} Ebenda I. 3 S. 362.\n-) Ebenda I, S. 91.\n3) Philos. Studien Bd. XVI, S. 475 ff.\n44*","page":677},{"file":"p0678.txt","language":"de","ocr_de":"678\n/\nWilhelm Wirth.\ngischen Processe ohne weiteres dauernd parallel gehen. In der ersten Ver\u00f6ffentlichung dieser Nachbildmessungen habe ich denn auch diese zun\u00e4chst rein psychologische Frage ausf\u00fchrlicher besprochen und ich versuchte dabei, auf das Wesen der subjectiven Analyse des Sehfeldes \u00fcberhaupt einzugehen1). Dabei stellte ich mich wie bisher ganz auf den Boden der gew\u00f6hnlichen Auffassung, wonach das Nachbild auch psychologisch als eine w\u00e4hrend der ganzen Nachwirkung eontinuirlich anhaltende Modification der Gesichtsempfindungen an der betreffenden Sehfeldstelle ausmacht, die allerdings bei ung\u00fcnstigen Beobachtungsbedingungen unerkannt bleiben muss, insbesondere bei nicht v\u00f6llig starrer Fixation und den hieraus folgenden Schwierigkeiten der Analyse subjectiver Gesichtserscheinungen, bei nur mittlerem Helligkeitswerthe der Nachbilder, bei mangelnder Uebung in der Abstraction subjectiver und in der Peripherie gelegener Erscheinungen etc., wie schon Hering in der Hauptsache ausgef\u00fchrt hatte. Durch die Erwiderung, die Herr Professor Martins jenen Ausf\u00fchrungen gewidmet hat2), scheint mir dieser entscheidende Punkt nicht entkr\u00e4ftigt zu sein. Martius betont nur die lange Zeit, welche unge\u00fcbte Beobachter zum Erkennen von Nachbildern trotz Angabe von Fixationsmarken auf der reagirendcn Fl\u00e4che brauchen. Und doch treten gerade bei diesen Beobachtern die s\u00e4mmtlichen Gr\u00fcnde zum Uebersehen des Nachbildes in Kraft, ganz abgesehen von unvermeidlichen Fixationsschwankungen, die jedenfalls im naturgem\u00e4\u00dfen Betrachten der Gegenst\u00e4nde beim Interesse f\u00fcr ihre objectiven Eigenschaften, insbesondere bei Beginn des Fixationsversuches wirklich das Normale sein d\u00fcrften. Ist hingegen die Fixation beg\u00fcnstigt, weil man \u00fcberhaupt den Blick von vorne herein nicht verschieben lie\u00df, dann bedarf es gar keiner besonderen Umst\u00e4nde, welche die Erkennung und Beachtung einer besonderen Beimischung beg\u00fcnstigen, um die Modification der Empfindungen auch bei dem unge\u00fcbtesten Beobachter indirect feststellen zu lassen, wie die Einstellungen auf subjective Gleichheit mit der Umgebung nach l\u00e4ngerer Fixation nach meiner Methode bei den unge\u00fcbtesten Beobachtern zeigen3). Auch Martius nimmt ja an, dass die zu-\n1)\tPhilos. Studien Bd. XVI, S. 494.\n2)\ta. a. O. I, 3 S. 362 ff.\n8] Philos. Studien XVI, S. 493.","page":678},{"file":"p0679.txt","language":"de","ocr_de":"Dor Fechner-HelinlioltzVlic Satz \u00fcber negative Nachbilder n, s. \\v.\t679\nn\u00e4chst fixirte Fl\u00e4che vor der Blickbewegung ohne weiteres immer modificirt gesehen wird. Es ist aber doch wohl nicht ohne weiteres leicht verst\u00e4ndlich, wie die Ruhelage des Auges allein f\u00fcr sich die hinreichende Bedingung f\u00fcr die anhaltend ganz bestimmte Entscheidung des Wettstreites zwischen den gleichzeitig an einer beliebigen Stelle des Sehfeldes vorhandenen Erregungen im Sinne einer Beg\u00fcnstigung des Nebenprocesses sein soll, wenn man sich noch dazu f\u00fcr diesen Enderfolg der einmal in der Empfindung zur Geltung gekommenen Modification gar nicht als eines besonderen Elementes bewusst zu sein braucht. Ein solch einseitiger Verlauf ist z. B. auch beim binocularen Wettstreit unter \u00e4hnlichen Concurrenzbedingungen nicht vorhanden.\nEs scheint mir aber gerade f\u00fcr die Brauchbarkeit der Martius-schen Messungsmethode, die als einfache Beobachtung von der genannten Theorie wohl zu unterscheiden ist, von Wichtigkeit, dass auch der hinreichend ge\u00fcbte Beobachter nach Ausf\u00fchrung einer raschen Blickbewegung thats\u00e4chlich niemals das beabsichtigte Object sogleich vom ersten Moment an ganz starr fixiren kann, wof\u00fcr ebenfalls mehrere Gr\u00fcnde Zusammenwirken. Auch abgesehen von den positiven Nachwirkungen, welche das negative Nachbild im allerersten Momente compensiren k\u00f6nnen, wird f\u00fcr jeden Beobachter eine rasche Blickbewegung nicht pl\u00f6tzlich, sondern allm\u00e4hlich am Ziele angehalten. Es gibt einen TJeber-gangsaugenblick, in welchem keine scharfe Unterscheidung benachbarter subjectiver Helligkeitsdifferenzen m\u00f6glich ist, wohl aber ein Gesammteindruck, der seinerseits im ganzen mit der bereits apper-cipirten Helligkeit des zuerst fixirten Objectes verglichen werden kann. Ich habe also nicht etwa \u00bbdurchaus ohne Grund\u00ab, sondern \u00fcberhaupt nicht geglaubt, dass bei Martius selbst in der Anwendung seiner Methode ein Moment entscheide, das nur mit der Unge\u00fcbtheit in der Fixation u. dergl. verbunden vorkommt, sondern ich war gerade bem\u00fcht, die in der Natur der Analyse der subjectiven Gesichtswahrnehmungen liegenden Gr\u00fcnde f\u00fcr die allgemeine M\u00f6glichkeit und den eindeutigen Verlauf der Martius\u2019schen Methode aufzusuchen. Dass zunehmende Uebung in der willk\u00fcrlichen Augenbewegung und der subjectiven Analyse den Moment bis zur Wiederauffindung des Nachbildes immer k\u00fcrzer werden l\u00e4sst, so dass ein mehr auf die","page":679},{"file":"p0680.txt","language":"de","ocr_de":"680\nWilhelm Wirth,\nAnalyse der objectiven Verh\u00e4ltnisse angelegter Beobachter schlie\u00dflich die Messungen nach der Martius\u2019schen Methode bequemer ausf\u00fchren wird, wird trotzdem zugestanden werden m\u00fcssen. Der auf die Analyse subjectiver Erscheinungen einge\u00fcbte Beobachter m\u00fcsste hingegen besonders wieder lernen, recht lange von denselben absehen zu k\u00f6nnen1).\nSomit habe ich also insbesondere der Martius\u2019schen Messungsmethode nicht \u00bbbeizukommen\u00ab versucht, sondern mir dieselbe nur vom eigenen Standpunkte aus verst\u00e4ndlich gemacht. Ja ich versuchte sogar einen Weg anzugeben, auf welchem der Werth nacli der Martius\u2019schen Methode wirklich in exacterer Weise als das erwiesen werden k\u00f6nnte2), als was er zun\u00e4chst nur nach ungef\u00e4hrer Sch\u00e4tzung festgestellt werden kann, n\u00e4mlich als ann\u00e4hernd \u00bbnormaler\u00ab Helligkeitseindruck. Was ich gegen das absolute Helligkeitsged\u00e4cht-niss als einzige Basis dieser Sch\u00e4tzung ' anf\u00fchrte, sollte nicht etwa dieses Ged\u00e4chtniss in jeder Hinsicht discreditiren. Im Gcgentheil erwarte ich von einer ausdr\u00fccklichen Ein\u00fcbung desselben gerade \u00fcber die absolute Ver\u00e4nderung der Empfindung noch manchen Aufschluss. Als irgendwie exactere Bestimmung aber kann es ohne solche Ein\u00fcbung zun\u00e4chst nicht betrachtet werden. Damit ist nicht die M\u00f6glichkeit einer wesentlichen T\u00e4uschung \u00fcber zeitlich unmittelbar nacheinander gesehene Helligkeiten behauptet, also keineswegs eine T\u00e4uschung \u00fcber das Verh\u00e4ltnis!? zwischen dem complicirten Hellig-\n1)\tF\u00fcr die psychologische Erscheinung der positiven Nachbilder, welche Martins in seiner an zweiter Stelle genannten neuesten Arbeit eben so wenig i\u00fcr integrirende \u00dfestandtheile der Lichtempfindung in allen f\u00fcr sie in Betracht kommenden Zeitstrecken ansieht, lassen sich ganz analoge Gesichtspunkte im Sinne der gew\u00f6hnlichen Auffassung geltend machen. Auch compensiren sich bekanntlich unter Umst\u00e4nden die qualitativ entgegengesetzten positiven und negativen Wirkungen besonders bei Helligkeitsnachbildern am Anfang teilweise, wie schon \u00f6fters hervorgehoben wurde. Die physiologische Verselbst\u00e4ndigung des Processes im Sinne der Beimischungshypothese begegnet hier nat\u00fcrlich gar keinen Schwierigkeiten. Bei der Verschiedenheit der beiderseitigen Bedingungen f\u00fcr einen besonders ausgepr\u00e4gten Verlauf versucht es auch Martius nicht, die positiven Nachbilder ebenso wie die negativen Erscheinungen, welch letztere von den comple-ment\u00e4ren positiven Stadien an der Hand des Fechner-Hclmholtz\u2019sehen Satzes als eines Kriteriums f\u00fcr die negativen scharf zu scheiden sind, als eine besondere Seite der durch ein secund\u00e4res Restsubstrat fundirten Vorg\u00e4nge zu betrachten.\n2)\tPhilos. Studien XVI, S. 480 ff.","page":680},{"file":"p0681.txt","language":"de","ocr_de":"681\nDer Foclmcr-Hehnlioltz\u2019sclie Satz \u00fcber negative Nachbilder u. s. w.\nkeitscindrucke sofort nach der raschen Blickbewegung auf die neue Reaetionsfl\u00e4che hin einerseits und dem klaren Bilde dieser Fl\u00e4che im n\u00e4chsten Momente oder der zuerst fixirten Scheibe andererseits. Das Vergleichsurtheil, dass die im gemischten Eindr\u00fccke gesehene Helligkeit mit dem Aussehen dieser Fl\u00e4che ohne Entstehung eines Nachbildes \u00fcberhaupt, also mit der \u00bbnormalen\u00ab Helligkeit \u00fcbereinstimme, beruht aber eben auf einer ganz anderen Leistung des absoluten Helligkeitsged\u00e4chtnisses, insofern hier die verglichenen Empfindungen keineswegs in dem hier' allem zul\u00e4ssigen strengen Sinne zeitlich unmittelbar benachbart sind. Es m\u00fcsste die vor aller localen Adaptation gesehene Helligkeit der Fl\u00e4che, auf welche sp\u00e4ter das Nachbild pro-jicirt werden soll, mit dem im ersten Momente dieser Projection vorhandenen Helligkeitseindruck verglichen werden. Auch Martins gibt aber ja zu, dass dein Verlauf der Ver\u00e4nderung der Adaptation gewisse T\u00e4uschungen des absoluten Helligkeitsged\u00e4chtnisses parallel gehen. Diese brauchen gar nicht sehr gro\u00df zu sein, um den Resultaten der Martius\u2019sehen Methode zu einer irrigen Deutung zu verhelfen, sobald man sich ausschlie\u00dflich auf diese Erinnerung verl\u00e4sst, zumal bei verschiedener Gr\u00f6\u00dfe der eingetretenen Verschiebungen. Der Nachweis, dass jener Helligkeitseindruck im ersten Momente nach der Bewegung wirklich dem \u00bbnormalen\u00ab entspreche (was wegen der hiermit bewiesenen Compensation der subjectiven Differenzen bei der naturgem\u00e4\u00dfen, nicht starr fixirenden Betrachtung auch fiii die gew\u00f6hnliche Auffassung von Interesse w\u00e4re), k\u00f6nnte also vor einer eventuell m\u00f6glichen speciellen Ausbildung des absoluten Helhgkeits-ged\u00e4chtnisses nur indirect gef\u00fchrt werden. Er w\u00fcrde au\u00dfer den Werth en nach der Martius\u2019sclien Methode nur noch die an sich einwandfreien Bestimmungen nach der mit H\u00fclfe des Mar be sehen Apparates verbesserten alten Methode und den ebenso sicher ableitbaren Fe diner-Helmholtz\u2019sehen Satz f\u00fcr Helligkeitsnachbilder einzuf\u00fchren brauchen. Da indessen solche indirecten Bestimmungen nach Art des von mir vorgeschlagenen Verfahrens noch nicht versucht worden waren, so konnte ferner von mir allerdings auch noch nicht behauptet werden, dass die Martius\u2019sehen Wertlie \u00bbdurchaus denen nach der alten Methode entsprechen.\u00ab Eine Ueberem-stimmung der nach beiden Methoden abgeleiteten rohen Werthe aber k\u00f6nnte ja ohnehin auch von Martius nicht erwartet werden, da","page":681},{"file":"p0682.txt","language":"de","ocr_de":"\"Wilhelm Wii'th.\n682\nin der Martius\u2019schen Methode eben nur die absolute Ver\u00e4nderung eines einzigen Sehfeldbezirkes gemessen w\u00fcrde, nach der alten Methode hingegen stets die Summe, bezw. Differenz der benachbarten Bezirke.\nSchon aus jener Ueberlegung, durch welche ich den Werth nach der Martius\u2019schen Methode zu demjenigen nach der gew\u00f6hnlichen Messung in Beziehung zu setzen versuchte, kann man aber ersehen, dass ich niemals bestritten habe, dass die Modification der Helligkeitsempfindung gegen\u00fcber der normalen durch das negative Nachbild ebensowohl absolute Aufhellungen wie Verdunkelungen sein k\u00f6nnen. Da in dem seinerzeit von mir gew\u00e4hlten Beispiele eine hellere Scheibe auf dunklerem Grunde fixirt worden sein sollte, so, bildete eine absolute Verdunkelung die Ver\u00e4nderung der Scheibe. In. der Umgebung hingegen gab ich Herrn Professor Martins ausdr\u00fccklich eine absolute Aufhellung als Abweichung von der Normallage zu, und zwar nahm ich diese entsprechend geringer an, da f\u00fcr die locale Adaptation das Ausdchnungsverbaltniss jedenfalls ma\u00dfgebend sein wird. F\u00fcr die Fixation der Scheibe in entsprechend hellerer Umgebung h\u00e4tte das umgekehrte Verh\u00e4ltniss Platz greifen k\u00f6nnen, falls die Helligkeit der Scheibe der mittleren Helligkeitsadaptation vor Beginn des Versuches entsprochen h\u00e4tte. Diese urspr\u00fcngliche Gesammtadaptation w\u00fcrde ja neben der Nachbarschaft unstreitig immer vor allen zur Bestimmung der absoluten Ver\u00e4nderungsrichtungen im Verh\u00e4ltniss zu der Helligkeit bei Beginn des Versuches ma\u00dfgebend sein. Es ist also bei allen meinen Ausf\u00fchrungen zum Fechner-Helmholtz\u2019schen Satze niemals eine Erm\u00fcdungstheorie in dem Sinne vorausgesetzt gewesen, als ob das negative Helligkeitsnachbild immer nur auf verschieden gro\u00dfen Verdunkelungen der benachbarten Stellen im Verh\u00e4ltniss zu den Helligkeiten bei Beginn des Versuches beruhe. Auf einen Schluss von den nach der alten Methode allein erreichbaren Differenzen der benachbarten absoluten Ver\u00e4nderungen auf diese letzteren selbst wurde ausdr\u00fccklich verzichtet. Es wurde nur der Nachweis gef\u00fchrt, dass wegen der Proportionalit\u00e4t der eben bezeichneten Differenzen sowohl die Verdunkelung als auch die Aufhellung stets zur Intensit\u00e4t des reagirenden Beizes direct proportional sei und dass das negative Nachbild seinem ganzen Wesen nach vom reagirenden Beize abh\u00e4ngig gedacht werden m\u00fcsse, ohne","page":682},{"file":"p0683.txt","language":"de","ocr_de":"Der Foolmer-Helmlioltz\u2019schc Satz \u00fcber negative Nachbilder u. s. w. 683\neinen solchen also \u00fcberhaupt keinen actuollen Sinn besitze1). Der Begriff der \u00bbErm\u00fcdung\u00ab ist also bisher immer nur im ganz allgemeinen Sinne einer abnormen Ver\u00e4nderung des Organs auf Grund einer einseitigen Leistung angewendet. worden, ohne dass hiermit \u00fcber die quantitativen Bestimmungen irgend etwas ausgemacht w\u00e4re. So ist er ja auch gerade von Hering, Hess u. a. fortw\u00e4hrend der K\u00fcrze des Ausdruckes halber unbedenklich f\u00fcr den ganzen Vorgang gebraucht worden. Unter der von mir im Gegensatz zu Martins vertretenen alten Auffassung war also keineswegs eine Erm\u00fcdungstheorie in dem von Martius angegriffenen Sinne gemeint, sondern lediglich die Anschauung, dass von jeder solchen Modification, sowohl von der Verdunkelung als auch von der Aufhellung, die Empfindung als solche w\u00e4hrend der ganzen Dauer der Nachwirkung thats\u00e4chlich ver\u00e4ndert werde, also nicht nur, wie Martius annimmt, unter besonders g\u00fcnstigen Wettstreitbedingungen, und scheint mir abgesehen von diesem letzteren Punkte die Differenz zwischen Martius und mir viel geringer zu sein, als es aus seiner Erwiderung hervorgehen k\u00f6nnte. Ueber den genauen Gang der absoluten Ver\u00e4nderungen jeder einzelnen Helligkeit in ihrer Abh\u00e4ngigkeit von der urspr\u00fcnglichen Gesammtadaptation und den im Sehfelde vorhandenen Differenzen mit ihren Ausdehnungsverh\u00e4ltnissen etc. wird aber freilich erst nach jener oben besprochenen Ausbildung des absoluten Helligkeitsged\u00e4chtnisses und indirecter Methoden entschieden werden k\u00f6nnen, zu denen auch die Martius\u2019sche nach Herstellung jener oben genannten Beziehung zu dem Normalwerthe geh\u00f6ren kann. Noch deutlicher wurde aber inzwischen meine Stellung zu der von Martius angegriffenen Erm\u00fcdungstheorie bei der Behandlung der farbigen Nachbilder, und wird nun insbesondere die Darlegung in den beiden letzten Capiteln \u00fcber viele Punkte, die auch im zweiten Theile nur erst angedeutet worden waren, die w\u00fcnschenswerthe Vervollst\u00e4ndigung gebracht haben. Die Schwierigkeiten, welche einer endg\u00fcltigen theoretischen Entscheidung auch nach allen quantitativ verfeinerten Beobachtungen immer noch begegnen, sind auf diesem Gebiete freilich gro\u00df genug, um den von\ni) Vergl. Wundt, Grundz\u00fcge der physiologischen Psychologie. 6. Auf!. 1902. II, S. 207.","page":683},{"file":"p0684.txt","language":"de","ocr_de":"684\nAVilliclm Wirth.\nMartins unternommenen Versuch, das ganze Gebiet einmal von einem ganz neuen theoretischen Gesichtspunkte aus zu betrachten, rein als solchen hinreichend motivirt erscheinen zu lassen.\n7. Zusammenfassung der Hauptergebnisse.\nDa meine quantitativen Bestimmungen negativer Nachbilder mit dieser dritten Ver\u00f6ffentlichung ihren vorl\u00e4ufigen Abschluss finden, soll noch eine kurze Recapitulation der wesentlichsten Resultate hinzugef\u00fcgt werden;\nA. Hinsichtlich des Beobachtungsmaterials.\n1.\tNach l\u00e4ngerer Fixation einer Helligkeits- oder Farbendifferenz enth\u00e4lt die Wahrnehmung einer objectiv gleichm\u00e4\u00dfig gef\u00e4rbten Fl\u00e4che subjective Differenzen, welche durch Zur\u00fcckbehaltung des n\u00e4mlichen Bruchtheiles der erm\u00fcdenden Lichter an allen von' ihnen erm\u00fcdeten Stellen des Sehfeldes subjectiv ausgeglichen werden k\u00f6nnen. Dieser Bruchtheil kann als vergleichbarer Werth eines bestimmten Nachbildes unter den verschiedenen Reactionsbedingungen betrachtet werden.\nZusatz. Streng genommen gilt dieser Satz nur f\u00fcr reine Helligkeits- oder Farbennachbilder. Bei gleichzeitigen Helligkeits- und Farbendifferenzen im Erm\u00fcdungsfeld ist der Bruchtheil zur Ausgleichung des Helligkeitsnachbildes im ersten Momente ca. 2/3 mal kleiner als f\u00fcr das Farbennachbild.\n2.\tDer Werth aller negativen Nachbilder ist f\u00fcr alle Qualit\u00e4ten des reagirenden Reizes zu dessen Intensit\u00e4t direct proportional (Fechner-Helmholtz\u2019scher Satz).\n3.\tDas Verh\u00e4ltniss der Intensit\u00e4ten, in denen die verschiedenen Farbent\u00f6ne auf ein reines Helligkeitsnachbild mit gleichen absoluten Werthen reagiren, weicht von der Gleichheit ihrer scheinbaren Helligkeit in der Weise ab, dass die \u00e4quivalente reagirende Intensit\u00e4t in Gelb heller aussieht als in Blau, w\u00e4hrend reines Roth und Gr\u00fcn einen mittleren Werth besitzen. Der Werth der Mischfarben l\u00e4sst sich ungef\u00e4hr aus denjenigen der Componenten berechnen. Au\u00dferdem scheinen gleich hell aussehende Farben bei gr\u00f6\u00dferer S\u00e4ttigung h\u00f6her zu reagiren.","page":684},{"file":"p0685.txt","language":"de","ocr_de":"685\nDor Feclmer-Helmholtz\u2019sclie Satz \u00fcber negative Nachbilder u. s. w.\n4.\tDie farbigen Nachbilder zeigen bei allen Erm\u00fcdungsfarben auf s\u00e4nuntlichen Reactionsfarben die ungef\u00e4hr ihrem Aequivalenz werthe f\u00fcr Helligkeitsnachbilder entsprechenden Werthe.\n5.\tDie Erm\u00fcdungsfarbe selbst reagirt relativ am st\u00e4rksten, die complement\u00e4re Region am geringsten. Die Werthe f\u00fcr die benachbarten Farben bilden einen continuirlichen Uebergang. Die kalte und die warme Region des Spektrums zeigen in sich eine engere Verwandtschaft.\n6.\tAlle diese Verh\u00e4ltnisse gelten fast ganz gleichm\u00e4\u00dfig f\u00fcr Hellund Dunkeladaptation. Bei letzterer seheinen die \u00e4quivalenten Werthe f\u00fcr beide Regionen des Spectrums sch\u00e4rfer auseinander zu treten.\n7.\tDas Nachbild zeigt sich als eine nach Abschluss der Erm\u00fcdungseinfl\u00fcsse eontinuirlich abnehmende Modification der Lichtempfindungen w\u00e4hrend der ganzen Dauer des Processes.\n8.\tDas Nachbild verschwindet auf den verschiedenen reagirenden Reizen um so schneller, einen je h\u00f6heren absoluten Werth es bei der neuen Reizung besitzt.\nB. Hinsichtlieh der theoretischen Verwerthung.\n9.\tDie Helligkeitsdifferenz der \u00e4quivalenten reagirenden Intensit\u00e4ten erkl\u00e4rt sich am einfachsten aus der Einwirkung des Farbentones auf den psychologischen Gesammteindruck der Helligkeit abgesehen vom selbst\u00e4ndigen farblosen Process. Sie ist nicht mit dem Begriffe der sog. specifischen Helligkeit der Farbe nach Hillebrand und Hering zu verwechseln.\n10.\tAlle Nachbilderscheinungen k\u00f6nnen vorl\u00e4ufig noch in doppelter Weise erkl\u00e4rt werden, entweder als blo\u00dfe Erregbarkeits\u00e4nderung der normalen Substrate oder als Beimischung einer zur reagirenden Intensit\u00e4t proportionalen Miterregung eines selbst\u00e4ndigen Restsubstrates. .\n11.\tDie Annahme einer blo\u00dfen Erregbarkeitsver\u00e4nderung erfordert f\u00fcr die farbigen Nachbilder unter Ber\u00fccksichtigung des v. Kries\u2019schen Satzes \u00fcber die Unabh\u00e4ngigkeit der Farbengleichungen vom negativen Nachbilde die H\u00fclfshypothese einer (in neutraler Stimmung antagonistisch bis auf eine einzige Erregungsweise com-pensirten) Ausbreitung jeder Reizwirkung \u00fcber das gesammte Farbensubstrat im Rahmen einer Vierfarbentheorie, die hiezu am besten als","page":685},{"file":"p0686.txt","language":"de","ocr_de":"686\nWilhelm Wirth. Der Fochn\u00f6r-Helmlioltz\u2019sche Satz u. s. w.\neinfachster Specialfall der Wundt\u2019schen Periodicit\u00e4tstheorie gedacht wird. Sie ist zugleich die einfachste Erkl\u00e4rung aller Helligkeitsnachbilder, auch zusammen mit einer etwaigen anderen Erkl\u00e4rung der farbigen Nachbilder.\n12. Die Beimischungshypothese verlangt die Annahme der zur Reizintensit\u00e4t proportionalen Erregung eines secund\u00e4ren Substrates in der ihm specifischen Qualit\u00e4t der Nachbildfarbe durch alle beliebigen Reize. Wollte man sie auch f\u00fcr die Helligkeitsnachbilder verwenden, so erforderte sie wegen der zur reagirenden Helligkeit proportionalen Verdunkelung besondere H\u00fclfsannahmen. Die Beimischungshypothese kann vorl\u00e4ufig am leichtesten mit irgend einer allgemeinen Earbentheorie in Einklang gebracht werden.","page":686}],"identifier":"lit4505","issued":"1903","language":"de","pages":"563-686","startpages":"563","title":"Der Fechner-Helmholtz'sche Satz \u00fcber negative Nachbilder und seine Analogien, Fortsetzung und Schluss","type":"Journal Article","volume":"18"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T14:28:21.279115+00:00"}