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{"created":"2022-01-31T14:26:05.168425+00:00","id":"lit4506","links":{},"metadata":{"alternative":"Philosophische Studien","contributors":[{"name":"Wirth, Wihelm","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Philosophische Studien 18: 687-700","fulltext":[{"file":"p0687.txt","language":"de","ocr_de":"Das Spiegeltachistoskop.\nYon\nWilhelm Wirth.\nMit 1 Figur im Text.\nIn unserer Festschrift habe ich am Ende meines Beitrags \u00bbZur Theorie des Bewusstseinsumfanges und seiner Messung\u00ab ein Tachi-stoskop beschrieben, das u. a. vor allem zu einer beliebigen momentan vor\u00fcbergehenden Variation continuirlich dargebotener Bilder dient1). Inzwischen ist nach dem Modell, das der damaligen Beschreibung zu Grunde lag2), ein completer Apparat hergestellt und in weiteren Versuchen erprobt worden, an welchem zugleich noch einige wesentliche, seiner Zeit nur kurz angedeutete H\u00fclfsvorrichtungen angebracht sind. Somit k\u00f6nnen einstweilen wenigstens die technischen Ausf\u00fchrungen von damals durch eine concretere Darstellung vervollst\u00e4ndigt werden, die bei der allgemeinen Ver-werthbarkeit des Princips f\u00fcr Apperceptions- und Vergleichs versuche \u00fcberhaupt ein gewisses selbst\u00e4ndiges Interesse bieten d\u00fcrften. F\u00fcr die theoretischen Gesichtspunkte, welche zur Construction des Apparates gef\u00fchrt haben, verweise ich hier auf die genannte Abhandlung. Die Beschreibung des Apparates hingegen soll jene erste Darstellung in keiner Weise voraussetzen.\nDas Princip dieses Tachistoskopes besteht ganz allgemein in der einmaligen (oder auch rhythmisch wiederholten) momentanen Ersetzung eines dauernd sichtbaren virtuellen Bildes durch ein\n1)\tWundt, Philos. Studien XX, S. 659 ff.\n2)\ta. a. 0. Tafel III, Fig. 7.","page":687},{"file":"p0688.txt","language":"de","ocr_de":"Wilhelm Wirth.\n\u25a0 688\nreelles Bild von genau der n\u00e4mlichen scheinbaren Raumlage '). In der bisher erprobten Variante dieses Principes befindet sich die dauernd gesehene Fl\u00e4che, deren virtuelles Bild durch das reelle Momentbild ersetzt werden soll, vom Beobachter abgekehrt zwischen seinem Auge und einem Planspiegel, welchen er durch ein in der gespiegelten Wand seihst eingeschnittenes Diaphragma betrachtet. Aus dem Spiegelbelag ist ein schmaler Streifen sorgf\u00e4ltig chemisch abgel\u00f6st, der bei seiner schnellen Vorbeibewegung durch die Gesichtslinie infolge einer raschen Verschiebung der Spiegelscheibe einen momentanen Ausblick mit vollst\u00e4ndiger Accommodation auf das reelle\n\nBild des Variationsobjectes gestattet, dessen Lage hinter dem Spiegel derjenigen des virtuellen Bildes genau entspricht. Zur Erzielung einer m\u00f6glichst gro\u00dfen Constanz der allgemeinen Versuchsbedingungen w\u00e4hrend der ganzen Dauer des Experimentes wurde der Spiegel in Form einer runden Scheibe von 28 cm Durchmesser als Rotationstachi-stoskop f\u00fcr Motorbetrieb mit constanter Umdrehungsgeschwindigkeit eingerichtet, obgleich sich das Princip im allgemeinen nat\u00fcrlich auch wiederum als Falltachistoskop ausarbeiten lie\u00dfe. Die beigef\u00fcgte Figur zeigt in einem Holzschnitte, der in ungef\u00e4hr y8 nat\u00fcrlicher\nh Ueber die in dem n\u00e4mlichen Princip enthaltene Umkehrung mit dauernder Betrachtung des direct gesehenen reellen Bildes und seiner momentanen Vertauschung durch das virtuelle vergl. den letzten Abschnitt.","page":688},{"file":"p0689.txt","language":"de","ocr_de":"Das Spiegeltachistoskop.\n689\nGr\u00f6\u00dfe nach einer photographischen Aufnahme hergestellt wurde, den Apparat in einer Seitenansicht senkrecht zur Gesichtslinie des Beobachters, welcher ganz links au\u00dfen hinter dem Objecte zu denken ist. Die im weiteren Verlaufe gebrauchten Ausdr\u00fccke vorn und hinten sind stets von seinem Standpunkt aus zu verstehen. Die ihm abgewandte Fl\u00e4che 0U welche uns in der Figur zugekehrt ist, wird vom Beobachter continuirlich in dem rotircnden Spiegel G betrachtet, der in der Mitte der Figur in perspectivisclier Verk\u00fcrzung mit seiner belegten R\u00fcckseite zu sehen ist. Das hinter dem Spiegel befindliche Object 0-2 f\u00fcr die tachistoskopische Variation zeigt in der Figur ebenfalls die R\u00fcckseite in st\u00e4rkster perspectivisclier Verk\u00fcrzung. Die Spiegelscheibe darf nat\u00fcrlich trotz ihrer raschen Bewegung ihre Ebene in keiner Weise ver\u00e4ndern, weil sonst das reflectirte Bild des dauernd im Spiegel gesehenen Objectes 0, fortw\u00e4hrende Schwankungen ausf\u00fchren w\u00fcrde. Neben einer widerstandsf\u00e4higen Axenlagerung war also insbesondere eine genaue Einstellungsvorrichtung notliwendig, durch welche die Spiegelehene genau senkrecht zur Rotationsaxe eingestellt werden konnte. Auf einer festen Brettunterlage steht eine starke Messings\u00e4ule als St\u00fctze des u-f\u00f6rmigen B\u00fcgels mit den Axenlagern, welche bei Aufstellung des Apparates auf einem Tische von normaler H\u00f6he den jeweils gerade horizontal liegenden Durchmesser der Scheibe sich in Augensitzh\u00f6he befinden lassen. An dem r\u00fcckw\u00e4rtigen Ende der Axe au\u00dferhalb des B\u00fcgels ist das Transmissionsrad E f\u00fcr den Motorbetrieb befestigt, das zur besseren Variationsm\u00f6glichkeit der Umlauf sgescliwindigkeit zun\u00e4chst mit einer Zwischen\u00fchertragung in Verbindung gesetzt wird, und zwar nach der linken Seite vom Beobachter aus, damit die Gesichtslinie des Beobachters nach dem Objecte 02 hin auf der rechten Seite ungest\u00f6rt bleibt. An dem vorderen Ende der Axe ist als Tr\u00e4ger des Spiegels zun\u00e4chst eine kr\u00e4ftige Metallscheibe angebracht, von welcher aus f\u00fcnf in gleichen Winkelabst\u00e4nden festgeschraubte Metallst\u00e4be radial ausstrahlen, welche an ihrem peripheren Ende je eine zur Scheibe senkrecht wirkende, von r\u00fcckw\u00e4rts eingef\u00fchrte Stellschraube Sj tragen. Diese Schrauben lassen je eine kleine, an ihrem vorderen Ende gehaltene Metallplatte verschieben. Die Vorderfl\u00e4chen dieser Platten bilden die f\u00fcnf, somit mikrometrisch variabeln St\u00fctzpunkte der Spiegelscheibe, welche auf ihnen an f\u00fcnf","page":689},{"file":"p0690.txt","language":"de","ocr_de":"690\nWilhelm Wirtli.\nPunkten ihres Randes durch je eine Schraube mit Lederunterlage von vorn festgeklemmt ist. Nat\u00fcrlich darf der Spiegel au\u00dferdem auch selbst keinerlei Unebenheiten besitzen, welche durch keine Lage\u00e4nderungen der Ebene zu beseitigen w\u00e4ren. Durch eine m\u00f6glichst sorgf\u00e4ltige Einstellung einer an sich tadellosen Spiegelscheibe wurde in der That eine ruhige Lage des Objectes w\u00e4hrend der Rotation erzielt1). Die Anhaltspunkte f\u00fcr die feinste Einstellung sind dabei eben in jenen Bewegungsrichtungen des Spiegelbildes bei der Rotation gegeben, wie durch eine einfache Ueberlegung ohne weiteres zu erkennen ist. Eine erste rohe Einstellung des Spiegels findet man auch schon durch die Beobachtung der Lage jener f\u00fcnf Platten zu der gro\u00dfen, mehrfach durchbrochenen Metallscheibe, welche ganz vorn an der Axe unmittelbar hinter dem Spiegel befestigt und zur freien Bewegung jener kleinen Platten in der N\u00e4he des Randes mit f\u00fcnf runden Ausschnitten versehen ist.\nSobald nun der Spiegel richtig eingestellt ist, m\u00fcssen die beiden Objecte f\u00fcr das virtuelle und reelle Bild in eine genau entsprechende Lage gebracht und mit der richtigen Beleuchtung versehen werden. Hierzu m\u00fcssen die beiden Objectscheiben zun\u00e4chst auf den Umfang der beiden v\u00f6llig gleich gearbeiteten Rahmen nach Grenzlinien, die ihrer Eigurenausf\u00fcllung genau entsprechen, zugeschnitten sein, was am besten nach vorgedruckten Schnittlinien geschieht. Die Rahmen enthalten nur eine seitliche und vordere Umfassung, r\u00fcckw\u00e4rts tragen sie l\u00e4ngere Klemmfedern, um ein ebenso exactes als leichtes Auswechseln der Objecte, insbesondere der Variationsscheibe 02, zu erm\u00f6glichen. Die entsprechende Lage beider Rahmen kann nur durch eine mehrfache Einstellung mit gro\u00dfer Ge-\nSchon vor Erreichung dieser g\u00fcnstigsten Einstellung waren \u00fcbrigens die kleinen rhythmischen Schwankungen des Bildes, welche von einer kleinen Neigung des an sich v\u00f6llig ebenen Spiegels zur Rotationsaxe herr\u00fchrten, keineswegs so auff\u00e4llig, als wenn man ein einzelnes Object vor ruhigem Hintergr\u00fcnde solche Bewegungen allein ausf\u00fchren l\u00e4sst. Der Beobachter sah ja durch das Diaphragma hindurch in weitem Umkreise nur das in allen seinen Theilen nach der gleichen Richtung bewegte Spiegelbild der von ihm abgekehrten Seite der Vorderwand und es fehlen daher wenigstens innerhalb des Gesichtsbildes selbst hinreichende Anhaltspunkte f\u00fcr die Sch\u00e4tzung der absoluten Bewegung. F\u00fcr Apperceptions-versuche ist aber nat\u00fcrlich auch schon diese Complication der Fixation eines bestimmten Punktes auszuschalten.","page":690},{"file":"p0691.txt","language":"de","ocr_de":"Das Spiegeltaokistoskop.\n691\nnauigkeit und Dauerhaftigkeit erreicht werden. Ist das direct gesehene, reelle Bild 02 z. B. ein spiegelbildlicher lithographischer Abzug des Originales 0, durch sog. Contredruck, wie in meinen Versuchen, so k\u00f6nnen beide Complexe so vollst\u00e4ndig in Ueberein-stimmung gebracht werden, dass selbst ein relativ langsamer Vorbeigang der durchsichtigen Spiegelstelle keine Unterbrechung der Conturen des Bildes bemerken l\u00e4sst. Bei einer Abweichung eines einzigen Elementes in dem momentan betrachteten reellen Bild 02 und 01 hat man dann den Eindruck, als ob bei vollst\u00e4ndiger Ungest\u00f6rtheit des \u00fcbrigen Feldes ausschlie\u00dflich dieses eine Element eine kurzdauernde Verwandlung erlitten habe. Man findet diese g\u00fcnstigste Einstellung ohne \u00e4u\u00dfere Abmessungen einfach durch Vergleichung der beiden Spiegelbilder selbst, wenn man den Spalt durch Zur\u00fcckschiehen der sogleich weiter unten zu beschreibenden Verschlussvorrichtung dauernd ge\u00f6ffnet h\u00e4lt und langsam durch die Gesichtslinie hin- und herschiebt, wobei die Grenzen des virtuellen und reellen Bildes an beliebig vielen Diagonalen aneinander angepasst werden k\u00f6nnen. Die gleichgerichtete horizontale Verschiebung der beiden Figurencomplexe, welche die mittlere Gesichtslinie in eine passende Lage zu der vom durchsichtigen Spalt bestrichenen Fl\u00e4che bringen l\u00e4sst, kann durch Verdrehung der unmittelbar auf der \u25a0 Brettunterlage aufliegenden Schiene bewirkt werden, wobei das am Ende der Schiene befestigte Stativ f\u00fcr den Objecthalter beliebig weit um eine am anderen Ende der Schiene befestigte Schraube nach rechts und links geschoben wird. Der senkrechte Auszug des Statives l\u00e4sst bei Schraube H2 neben der gleichzeitigen verticalen Einstellung beider Scheiben zugleich den bei der untersten Horizontaleinstellung mitverdrehten Verbindungsstab der beiden Objecte wieder genau senkrecht zur Spiegelebene einstellen. Bei Schraube S3 kann dieser Verbindungsstab dann nach vorn und hinten verschoben werden, bis die scheinbare Gr\u00f6\u00dfe der Figuren v\u00f6llig gleich geworden ist, und k\u00f6nnen dann beide Rahmen an den Enden des Verbindungsstahes Hl Ht noch gesondert in ihrer H\u00f6he variirt und etwaige Verdrehungen um die Verticale corrigirt werden. Seitliche Neigungen der Rahmen werden durch deren Drehung um eine am unteren Ende befindliche Axe beseitigt und ist diese letztere Einstellung durch je eine excentrisch gelegene Klemmschraube $2 $2 besonders widerstandsf\u00e4hig, weil hier das Einschieben\nWundt, Philos. Studien. XVIIf.\t45","page":691},{"file":"p0692.txt","language":"de","ocr_de":"692\nWilhelm Wirth.\nder Objectscheiben einen st\u00e4rkeren Angriff bildet. Eine besondere Vorrichtung zur Neigung der Objecte um eine zur Spiegelebene parallele Horizontalaxe war bei der genau lothrecbten Stellung aller einzelnen St\u00fccke nicht erforderlich.\nEine gleichm\u00e4\u00dfige Helligkeit des virtuellen und des reellen Bildes wird am besten bei k\u00fcnstlicher Beleuchtung erreicht. Die Lampe, in meinen Versuchen ein elektrisches Gl\u00fchlicht, wird hiezu rechts neben oder \u00fcber dem Spiegel au\u00dferhalb der Gesichtslinie, also im Vordergr\u00fcnde der Eigur aufgestellt, weil sie dann zu beiden Objectfl\u00e4chen symmetrisch gelegen ist. Wegen des Lichtverlustes durch die Spiegelung muss die Lampe allerdings dem Objecte 0, etwas n\u00e4her stehen, was wiederum durch den unmittelbaren Vergleich schnell herausgefunden wird. Eine gleichzeitige Correctur der F\u00e4rbung, welche Lei stillstehender Grenze zwischen dem direct gesehenen und gespiegelten Bilde als Erfolg der verschiedenen Medien f\u00fcr beide Lichtwege leicht zu erkennen ist, kommt bei tachistoskopischer Exposition des reellen Bildes nicht in Betracht. Will man diese Uebereinstimmung trotzdem hersteilen, so kann dies durch Anbringung von Gl\u00e4sern vor der nach 0, zu gelegenen Seite der Lampe noch vor Herstellung der Helligkeitsgleichheit erreicht werden.\nDie Lichtquelle, sowie der ganze Apparat m\u00fcssen nat\u00fcrlich finden Beobachter selbst verdeckt sein. Es muss also auf der Seite des gespiegelten Objectes Ot eine gr\u00f6\u00dfere dunkle Wand den ganzen Apparat abschlie\u00dfen, in welche nur ein kleines Diaphragma den Durchblick nach dem Spiegel an einer vom Object 0{ freigelassenen, aber m\u00f6glichst in dessen N\u00e4he befindlichen Stelle gestattet. Diese ist in der Figur nicht besonders angegeben und als Abschluss der linken Seite hinzuzudenken. Das Diaphragma ist dann nat\u00fcrlich im Spiegelbild als kleine schwarze Scheibe in der dauernd gesehenen Fl\u00e4che mit enthalten. Beim Arbeiten mit wei\u00dfen Scheiben wird es am besten auch auf der Objectscheibe 02 ein f\u00fcr alle Mal entsprechend angebracht, um an dieser Stelle eine tachistoskopisclie Variation des Objectes auszuschalten. Uebrigens kann eine unauff\u00e4llige Anbringung des Diaphragmas noch auf mannigfache Weise erreicht werden, da der Standpunkt des Beobachters f\u00fcr das gegenseitige Entsprechen der beiden Bilder belanglos ist und nur f\u00fcr die Lage der vom durch-","page":692},{"file":"p0693.txt","language":"de","ocr_de":"Das Spiegeltachistoskop.\t693\nsichtigen Spalt bestrichenen Fl\u00e4che zu cler Gesichtslinie in Betracht kommt, weshalb ihm ein hinreichender Spielraum gelassen ist.\nDer durchsichtige Spalt Sp des Spiegelbelages bildet einen vier Bogengrade breiten Sector und erstreckt sich im ganzen in radialer Richtung 5 cm weit, n\u00e4mlich 9 cm vom Centrum entfernt bis zur Peripherie. Die mittlere Region des Spiegels ist hei der nach innen zu immer k\u00fcrzer werdenden Dauer der sog. \u00bbreinen\u00ab Expositionszeit, in welcher das variirte Element vollst\u00e4ndig in seiner tachistoskopischen Qualit\u00e4t erscheint, nicht zur Variation ben\u00fctzt worden, und dient diese ganze mittlere Spiegelfl\u00e4che mit 9 cm Radius innerhalb des vom Spalte durchzogenen Kreisringes von 5 cm Breite nur zur Erweiterung des nicht variablen Theiles im dauernd sichtbaren Objecte. Der Standpunkt des Beobachters und das gespiegelte Object 0, waren nun so gelegt, dass der Spalt hei horizontaler Lage seines Durchmessers rechts vom Centrum das Object gerade in mittlerer H\u00f6he symmetrisch \u00fcberdeckte, so dass. sein Mittelpunkt mit dem Fixationspunkt zusammenfiel. Bei der gew\u00e4hlten Entfernung zwischen den zur Spiegelebene parallelen Objectfl\u00e4chen 0, und 0.2 und dem Spiegel von je 20 cm betrug daher das Feld, welches hei einem Umlauf des Spaltes tachistoskopisch variirt werden konnte, einen in seiner mittleren H\u00f6he 10 cm breiten nach links oben und unten gebogenen Streifen, welcher bei Verwendung des in der Abbildung auf Ox ersichtlichen Figurencomplexes von 3,5 X 3,5 cm nur zu einem kleinen Bruclitheile ausgen\u00fctzt wurde. F\u00fcr Versuche \u00fcber die simultane Vertheilung der Bewusstseinsgrade ist nat\u00fcrlich von dem gesammten variabeln Gesichtsfeld nur so viel zu gebrauchen, als die durchsichtige Stelle in der f\u00fcr solche Umfangsbestimmungen empfehlenswerthen Zeit bis zu h\u00f6chstens 50 a durchlaufen kann, was der gesammten Expositionszeit nach der gew\u00f6hnlichen Methode entspricht. Bei der Umdrehungsgeschwindigkeit von */2 Secunde betr\u00e4gt diese Zeit f\u00fcr den gesammten Figurencomplex, der bei unmittelbarer Ann\u00e4herung des Auges an das Diaphragma in 01 unter einem Gesichtswinkel von circa 5\u00b0 erscheint, nur 20 er, und w\u00fcrde f\u00fcr 10\u00b0 erst 30 o betragen, was also immer noch die Simultanvertheilung der Aufmerksamkeit untersuchen lie\u00dfe. Indessen erw\u00e4hne ich gleich die gesammte Ausdehnung der vom Variationsspalt bestrichenen Region, weil eine sehr rasche Succession von tachistoskopischen Variationen\n45*","page":693},{"file":"p0694.txt","language":"de","ocr_de":"694\nWilhelm Wirth.\ninnerhalb eines gr\u00f6\u00dferen Sehfeldbezirkes, welche auch psychologisch wirklich als Succession von Vorstellungs\u00e4nderungen zur Geltung kommt, zur Untersuchung der Bewegungen innerhalb der Aufmerk-samkeitsvertlieilung oder der sog. Aufnierksamkeitswanderungen beigezogen werden kann, nat\u00fcrlich ebenfalls wieder unter Beibehaltung der Fixationslage des Auges, ebenso wie die k\u00fcrzeste Gesammt-dauer der Durchquerung des gesammten Objectes die Simultanver-theilung festzustellen gestattet.\nDie Ausdehnung des Spaltes selbst kommt nur f\u00fcr die Deutlichkeit der Variation der einzelnen Elemente in Betracht, gleichg\u00fcltig ob ein gr\u00f6\u00dferes oder geringeres Beobachtungsfeld vom Spalt durchlaufen werden muss. Bei der v\u00f6lligen Uebereinstimmung der beim Vorbeigang nicht variirten Elemente des Complexes im virtuellen und im reellen Bilde braucht also die Spaltbreite nur zur Ausdehnung der einzelnen Elemente des Complexes selbst ins richtige Verh\u00e4ltniss gesetzt werden. F\u00fcr unser Beispiel mit 5 mm Gr\u00f6\u00dfe der einzelnen Figuren, also 2,5 mm Bogenl\u00e4nge des Gesichtswinkels in der nur um die H\u00e4lfte vom Auge entfernten Spiegelebene bietet der 10 mm breite Spalt somit eine hinreichend gro\u00dfe reine Expositionszeit der etwaigen Variationen.\nDa nun die continuirliche Betrachtung zun\u00e4chst ungest\u00f6rt w\u00e4hrend beliebig vieler Umdrehungen der Scheibe bis zum Eintritt der tachisto-skopischen Variation selbst m\u00f6glich sein muss, so war eine w\u00e4hrend der Rotation verschiebbare Verschlussvorrichtung F an dem durchsichtigen Spalte erforderlich. Dieselbe war hinten am Belage an der oben bereits erw\u00e4hnten Metallscheibe unmittelbar hinter dem Spiegel angebracht. Es war aber nicht etwa ein v\u00f6lliger Ersatz des abgel\u00f6sten Spiegelbelages in der Weise m\u00f6glich, dass man den Verschluss selbst wiederum in einer nach vorne spiegelnden Metallscheibe bestehen lie\u00df, weil diese Fl\u00e4che ohne Hemmung der unbedingt n\u00f6thigen Leichtigkeit der Verschiebung nicht so unmittelbar und ohne Neigung wie der Belag an das Spiegelglas anzupressen war. Eine Reflexion des vorderen Bildes in voller Helligkeit mit momentan verschobenen Oonturen wirkt aber viel st\u00f6render, als der ebenso schnelle Vorbeigang eines nur 1 cm schmalen gleichm\u00e4\u00dfig matt-schwarzen Streifens (au\u00dfer der unmerklich schwachen Reflexion des unbelegten Glases), der ohne jede Verschiebung der Oonturen nur","page":694},{"file":"p0695.txt","language":"de","ocr_de":"Das Spiegeltaehistoskop.\n695\nwie ein schwacher, \u00fcber das Ganze hinwegstreifender Schatten erscheint, Sein rhythmisches Auftreten l\u00e4sst au\u00dferdem die Aufmerksamkeit sich eher an die Periode anpassen, in welche sich schlie\u00dflich auch die momentane Variation bei ge\u00f6ffnetem Spalt und gleichzeitig v\u00f6llig ungest\u00f6rtem Gesammtbilde zeitlich einf\u00fcgen muss. Die Verschlussvorrichtung F beseht also einfach aus einer rechteckigen vorn geschw\u00e4rzten Pappscheibe von 1,5 X 6 cm, welche oben in einen Sector aus Aluminium eingef\u00fcgt war. Der ganze Sector war an einem mit der Scheibe centrirten Ringe um die Achse leicht nach der Seite verdrehbar, konnte jedocli wegen seines Haltes an einer zum Rande der Metallscheibe parallelen Bogenschiene, innerhalb deren das periphere Ende des Sectors mit einem R\u00e4dchen entlang laufen konnte, nicht nach r\u00fcckw\u00e4rts vom Spiegel weggebogen werden. F\u00fcr gew\u00f6hnlich ist nun dieser Verschlusssector durch eine Spiralfeder in der Lage vor dem Spalte gegen einen festen Widerhalt an der Metallscheibe festgehalten, kann aber durch den Zug einer an ihm befestigten Darmsaite D, welche wie bei dem bekannten Mar besehen Rotationsapparate durch die durchbohrte Rotationsachse nach hinten durchgezogen ist, dem elastischen Eederzuge entgegen von der durchsichtigen Stelle seitlich weggezogen werden (in der Figur nach oben). Um diese Oeffnung w\u00e4hrend der Rotation mechanisch bewerkstelligen zu lassen, m\u00fcndet das hintere Ende der Darmsaite I) 14 cm nach Verlassen der Achse beim Transmissionsrade in die durchbohrte Stellschraube M am oberen Ende des Winkelhebels F, deren Bohrung genau in der Fortsetzung der Rotationsachse liegt. Durch einen hinter dem Schraubenkopf geschlungenen Knoten wird die Saite ohne St\u00f6rung ihrer Mitdrehung bei der Rotation des Apparates festgehalten und bei einer r\u00fcckw\u00e4rtigen Bewegung der Schraube aus dem Apparat herausgezogen. Die Oeffnung des Spaltes erfolgt also beim Niederdr\u00fccken des k\u00fcrzeren horizontalen Hebelarmes von F auf die Elektromagneten E, wobei die Excursion des Hebels nach unten durch eine besondere mit Lederd\u00e4mpfung versehene Stellschraube regulirt werden kann. Die obere Schraube M dient f\u00fcr die richtige Einstellung der Darmsaite zur vollst\u00e4ndigen Oeffnung des Spaltes hei einer bestimmten Hebelexcursion. Der Messinghebel F ist zur m\u00f6glichsten Erleichterung der ganzen Bewegung sorgf\u00e4ltig mehrfach durchbrochen gearbeitet. Bei dem Gebrauch einer Darm-","page":695},{"file":"p0696.txt","language":"de","ocr_de":"696\nWilhelm AVirth.\nsaite ist die Umdrehung des Spiegels im Sinne des Uhrzeigers erforderlich, um maximale Drillung beizubehalten.\nUm nun den Beobachter den Zeitpunkt der Variation m\u00f6glichst bequem und bei einer passenden Aufmerksamkeitseinstellung ausw\u00e4hlen zu lassen und gleichzeitig vom Apparat selbst nur eine einmalige Oeffnung des Spaltes in einem einzigen Vorbeigange mechanisch ausl\u00f6sen zu lassen, ohne neue Bewegungen des Beobachters f\u00fcr die Wiederherstellung des Verschlusses nothwendig zu machen, sind in den Stromkreis der beiden Elektromagnete E hintereinander noch drei Contacte eingef\u00fcgt, welche nur bei ihrem gleichzeitigen Geschlossensein eine Oeffnung des Spaltes beim Passiren der Gesichtslinie zu Stande kommen lassen. Den ersten auf der Figur nicht angegebenen Contact schlie\u00dft ein einfacher Reactions-taster, den der Beobachter von dem f\u00fcr die Variation ausgew\u00e4hlten Momente an niedergedr\u00fcckt h\u00e4lt, wobei ihm nichts weiter obliegt, als dass die Dauer dieses Contactsclilusses mindestens so lange oder auch beliebig l\u00e4nger als eine Umdrehung anh\u00e4lt. Den zweiten Contact Ci bildet ein Quecksilbernapf, in welchen der Aluminiumhebel B in seiner unteren Lage mit seiner Nadel eben eintauchen kann, was durch Stellschrauben am Napfe zu reguliren ist. Dieser Contact ist bei Beginn des Versuches geschlossen. Damit nun die Schlie\u00dfung des Stromes beim Reactionstaster nur f\u00fcr einen Umlauf wirksam wird, ist noch eine Unterbrechung des Stromes am Excenter (\\ m\u00f6glich, dei an der Hauptachse zwischen beiden Achsenlagern angebracht ist und nur einige Zeit vor bis kurz nach dem Vorbeigang des Spaltes vor dem Objecte eine Schleifcontactfeder ber\u00fchrt. Das Niedei gehen des Hebelarmes F auf die Magnete E, welches nach dem Niederdr\u00fccken des Reactionstasters sogleich nach dem Angreifen des Excenters auf seiner Schleiffeder erfolgt und eine beim kritischen Durchgang l\u00e4ngst erreichte Oeffnung des Spaltes bewirkt, l\u00e4sst nun zugleich eine am Contacthebel B befestigte Nase in F einspringen, wozu die Anfangslage von B durch eine untere Stellschraube wieder leicht passend regulirt werden kann. Sobald dann der Hebel kurz nach Vorbeigang des Spaltes, in Folge des Ablassens des Excenters von seiner Feder, Avieder emporschnellt, nimmt er den Hebel B mit empor und unterbricht so den Contact Cu so dass die sp\u00e4teren Vorbeig\u00e4nge des Excenters auch bei fortgesetztem Niederhalten des","page":696},{"file":"p0697.txt","language":"de","ocr_de":"Das Spiegeltacliistoskop.\n697\nReactionstasters von Seiten des Beobacliters keine Spalt\u00f6ffnung mehr herbeif\u00fchren. Diese ganze Verschlusseinrichtung kann \u00fcbrigens auch auf die gew\u00f6hnlichen Rotationstachistoskope mit einer undurchsichtigen Spaltscheibe mit den gleichen Vortheilen \u00fcbertragen werden.\nDas Spiegeltacliistoskop gestattet nun in der hier beschriebenen Form eine doppelte Anwendung. Zun\u00e4chst kann eine einfache tachistoskopische Exposition eines einzigen Objectes, wie Buchstaben, Worte, Zahlen u. s. w., zu Leseversuchen vorgenommen werden. Das dauernd sichtbare Feld des Objectes 0, ist in diesem Falle eine gleichf\u00f6rmig dunkle Fl\u00e4che mit einer ebenfalls m\u00f6glichst dunkel gehaltenen Fixationsmarke, w\u00e4hrend das reell gesehene Bild 02 das Expositionsobject enth\u00e4lt. Die Einstellung der beiden Rahmen erstreckt sich hier nur auf eine entsprechende Lage der beiden Ebenen 0] und 02 im Ganzen, sowie der Fixationsmarke zur richtigen Accommodation vor der Exposition. Die Hauptleistung des Apparates besteht aber doch jederzeit in der beliebigen momentanen Variation eines continuirlich dargebotenen Objectes 0\\ durch eine Abweichung beliebigen Grades, die auf dem im \u00fcbrigen dem Ol ganz entsprechenden Objecte 0> angebracht ist. Auf diese 'Variation eines dauernd sichtbaren Figurencomplexes beziehen sich auch vor allem die obigen Ausf\u00fchrungen \u00fcber die pr\u00e4cise Einstellung dei Objectscheiben, welche sich hier Punkt f\u00fcr Punkt entsprechen m\u00fcssen.\nDas allgemeine Princip dieser Methode \u00fcberhaupt, wie es anfangs formulirt wurde, kann aber nat\u00fcrlich auch noch in manchen anderen Varianten Verwendung finden. So l\u00e4sst sich insbesondere das Problem der discontinuirliclien Darbietung zweier nacheinander tachistoskopisch exponirter Vergleichsobjecte bei beliebiger Variation der Zwischenzeit auf solche Weise in Angriff nehmen. Es braucht hiezu nur an der nach vorn verl\u00e4ngerten Achse eines gew\u00f6hnlichen Rotationstachistoskopes mit einer einfachen Spaltscheibe aus Pappe oder Metall ein schmaler, auf seiner Vorderseite spiegelnder Glassector in fester Verbindung angebracht zu werden, dessen Rotationsebene wiederum den Abstand des Auges von dem Objecte hinter der Spaltscheibe halbirt und dessen Winkelabstand von dem Spalte in der r\u00fcckw\u00e4rtigen Scheibe durch Verdrehung des Spiegelsectors beliebig ver\u00e4ndert werden kann1). Das\nl) Vgl. auch unten den letzten Absatz.","page":697},{"file":"p0698.txt","language":"de","ocr_de":"698\nWilhelm Wirtli.\neine Vergloichsobject ist dann das gew\u00f6hnliche reell gesehene Expositionsobject hinter der festen r\u00fcckw\u00e4rtigen Scheibe. Das zweite Object entspricht seiner Lage nach dem 0l des soeben beschriebenen Spiegelapparates und wird beim Durchgang des Spiegelsectors durch die Gesichtslinie virtuell und ebenfalls tachistoskopisch gesehen. Die einfache Anordnung l\u00e4sst sich an unserer Eigur veranschaulichen, wenn man sich hinter dem Transmissionsrad R die feste Spaltscheibe aus Metall oder Pappe angebracht denkt, welche unmittelbar vordem Objecte 02 vorbeirotirt. Den vorderen Spiegelsector m\u00fcsste man sich dann als einen schmalen sectorenf\u00f6rmigen Ansatz au\u00dfen an dem Umfang der hinter dem gro\u00dfen Spiegel gelegenen Metallscheibe, also in der Ebene des Spiegels G gelegen vorstellen. Die Objectscheiben O, und 02 m\u00fcssten zugleich etwas weiter nach rechts herausverschoben werden, um die Gesichtslinie neben dem festen Teile der vorderen Scheibe mit dem Spiegelansatze vorbei nach der r\u00fcckw\u00e4rtigen Spaltscheibe freizuhalten. Diese Anordnung w\u00fcrde also jede Auswechselungsvorrichtung des Vergleichsobjectes w\u00e4hrend des Versuches unn\u00f6thig machen, welche bei Vergleichung zweier an der gleichen Stelle tachistoskopisch gesehener reeller Bilder erforderlich ist, und abgesehen von dem unvermeidlichen Ger\u00e4usch der Verschiebung auch die Minimalzeit zwischen der discontinuirlichen Darbietung niemals unter ein bestimmtes Minimum herab vermindern l\u00e4sst.\nWill man als Verschlussvorrichtung der Objecte vor den beiden kritischen Expositionen wiederum nicht eine vor den Objecten selbst angebrachte Verdeckmm sondern einen wahrend der Rotation functionirenden Spaltverschluss verwenden' so k\u00f6nnen die beiden Verschl\u00fcsse f\u00fcr die r\u00fcckw\u00e4rtige Spaltscheibe und den Spiegelsector durch eine Zugvorrichtung zu gemeinsamer Arbeit verbunden werden, so dass wieder nur an dem einen von beiden der oben beschriebene Oeffnuno-s-mechanismus unmittelbar angreift. Zur sicheren Bestimmung der Reihenfolge der Expositionen von 02 und 0, muss dann allerdings au\u00dfer C2 noch ein zweiter Schleifcontact (er hei\u00dfe C3) ebenfalls mit einem Excenter an der Rotationsaxe angebracht worden. 03 wird dann mit dem Reactionstaster zusammen beim Beobachter in einen besonderen Stromkreis II gelegt, und wird durch Niederdr\u00fccken des Tasters bei gleichzeitigem Geschlossensein von C3 sofort ein \u2022 Dauerschluss an einer elektromagnetisch schlie\u00dfbaren Einschaltevorrichtung erzeugt, welche ihrerseits erst den oben beschriebenen Stromkreis durch die Elektromagnete E der Spalt-oflnungsvorrichtung schlie\u00dft, in welchen auch hier wiederum noch der Excenter 0.2 und der Quecksilbercontact Q, nur nicht zugleich der Reactionstaster. eingef\u00fcgt sind. Der Excenter bei <73 darf nun in jeder Umdrehung nur so lange Contact geben, als das zuerst zu exponirende Object, z. B. 02, im weiteren Ver-","page":698},{"file":"p0699.txt","language":"de","ocr_de":"Das Spiegeltachistoskop.\n699\nlaufe der Rotation auch wirklich zun\u00e4chst bevorsteht, bezw. auch noch so weit entfernt ist, dass der augenblicklich am Taster geschlossene Stromkreis II noch bis zum Vorbeigang des Spaltes in der r\u00fcckw\u00e4rtigen Scheibe vor 02 die Oeff-nung zu bewirken vermag, eine aus psychologischen Gr\u00fcnden erforderliche Zwischenzeit inbegriffen. Der Excenter C\u00bb muss dann nat\u00fcrlich jedesmal bis kurz nach dem Vorbeigang des Spiegelsectors aufschleifen und bedarf hierzu, bei der Ver\u00e4nderlichkeit des Winkelabstandes zwischen Spalt und Spiegelsector, ebenfalls der Ver\u00e4nderlichkeit seiner gesammten Bogenl\u00e4nge durch den Ansatz eines besonderen, ebenfalls auf der hier breiteren Feder bei Co aufschleifenden Bogenst\u00fcckes, welches zusammen mit dem Spiegelsector verdrehbar ist. Sollen l\u00e4ngere Zwischenzeiten als eine Umdrehung einegfiilirt werden, so m\u00fcssen nat\u00fcrlich die beiden Verschlussvorrichtungen v\u00f6llig unabh\u00e4ngig von einander werden. Es m\u00fcsste dann eine zweite Hebelvorrichtung F wie in der Figur mit einer besonderen Zugvorrichtung von der Vorderseite her mit dem Apparate verbunden wrerden, wegen der umgekehrten Drillung dann allerdings mit feinem Drahte, nicht mit einer Darmsaite. Auch w\u00fcrden nat\u00fcrlich noch Rad\u00fcbertragungen f\u00fcr ein besonderes Contactrad eingef\u00fcgt werden. Als Verschluss f\u00fcr den Spiegelsector kann auf Grund eigener Versuche ein geschw\u00e4rzter Blechsector empfohlen werden, der den Spiegelsector zun\u00e4chst von vorne verdeckt und w\u00e4hrend der Rotation wieder muais ein schwacher Schatten erscheint, der \u00fcber das Ganze in einem zur Exposition selbst passenden Rhythmus momentan hineilt. Dieser Blechsector war an das seitliche Ende eines Bogenst\u00fcckes au\u00dfen angesetzt, das zum Umfang der Metallscheibe hinter der Spiegelscheibe passte, die nach Wegnahme des gro\u00dfen Spiegels die Vorderseite des Apparates bildete; das Bogenst\u00fcck konnte sich um einen Punkt des anderen seitlichen Endes drehen, so dass hierdurch der am einen Ende befindliche Sector in die undurchsichtige Fl\u00e4che der Scheibe hereingezogen wurde und den Spiegel freigab. Diese Einziehung und Herausschiebung des Blech-sectors konnte durch die n\u00e4mliche Verschiebung des Spiegelverschlusses V wie fr\u00fcher mittelst der Elektromagnete E u. s.-w. bewirkt werden, da der Drehpunkt des genannten Bogenst\u00fcckes unmittelbar \u00fcber der Verschlussstellung von V sich befand und ein von hier aus nach innen reichender Fortsatz mit einem leicht gleitenden Zapfen in einen radialen Spalt des Metallsectors V eingriff. In gleicher Weise k\u00f6nnte nun der Spiegelsector selbst von der Peripherie f\u00fcr gew\u00f6hnlich zur\u00fcckgeschoben sein und nur durch die Wirkung des Mechanismus f\u00fcr V in die Gesichtslinie hinausgeschoben werden, wozu nat\u00fcrlich eine sehr pracise Arbeit der Achsenlagerung zur Einhaltung der richtigen Einstellung erforderlich w\u00e4re. Indessen kann die im passenden Rhythmus erfolgende momentane Ueberschat-tung des Gesichtsfeldes, das in diesen Versuchen vor und nach der Exposition durch den Ausblick auf die verschlossene r\u00fcckw\u00e4rtige Spaltscheibe ausgef\u00fcllt ist, keineswegs als Nachtheil, sondern eher als ein Vortheil betrachtet werden, ganz abgesehen von der Erleichterung einer sicheren Einstellung des Spiegels bei seiner unbeweglichen Fixirung an der Peripherie der Metallscheibe. Eine besonders einfache Abstufung der Zwischenzeiten ohne besondere Verschlussvorrichtungen w\u00fcrde allerdings auch eine Ausgestaltung nach dem Princip des Falltachistoskopes mit analoger Anwendung des Spiegels gew\u00e4hren.\nEbenso wie nun hier bei cler discontinuirlichen Exposition des Vergleichsobjectes das virtuelle Bild im schmalen Spiegelsector zur","page":699},{"file":"p0700.txt","language":"de","ocr_de":"7(X)\tWilhelm Wirth. Das Spiegeltachistoskop.\nmomentanen Beobachtung kommt, kann nat\u00fcrlich das auch zuerst beschriebene Spiegeltachistoskop f\u00fcr die momentane Variation eines dauernd dargebotenen Complexes in der Weise eingerichtet werden, dass man das dauernd dargebotene Bild direct reell vor sich sieht, und dass daf\u00fcr die momentane Variation durch den Vorbeigang eines schmalen spiegelnden Sectors entsteht, der zwischen Oj und 02 an Stelle der Spiegelscheibe rotirt und in der soeben in der Anmerkung n\u00e4her beschriebenen Weise verschlossen und ge\u00f6ffnet wird. F\u00fcr eine momentane Variation einer einzigen Stelle eines im \u00fcbrigen unver\u00e4nderten Complexes kommen indessen nat\u00fcrlich schon alle St\u00f6rungen an der Grenze des Glases viel st\u00e4rker in Betracht, so dass also hier wenigstens besser eine ganze Glasscheibe mit einem nur sectorenf\u00f6rmigen Belage an Stelle der Spiegelscheibe G aufgesetzt werden m\u00fcsste. Auch darf der Belag nicht weiter reichen, wie die Oeffnung im Spiegel bei der zuerst beschriebenen Anordnung, um nicht st\u00f6rende Nebenerscheinungen tacliistoskopisch mit abzubilden. Dann k\u00f6nnte man aber meinen, in dieser Variante eigentlich das einfachere und deshalb geeignetere Spiegeltachistoskop vor sich zu haben, insbesondere weil alle Schwierigkeiten hinsichtlich der Einstellung der Spiegelebene zur Botationsachse sehr vermindert w\u00fcrden. Wie diese letzteren aber ohne gro\u00dfe M\u00fche hinreichend zu \u00fcberwinden sind, wurde bereits oben erw\u00e4hnt. Au\u00dferdem besteht aber ein Vortheil der tachistoskopischen Exposition des reellen Bildes f\u00fcr die Ungest\u00f6rtheit der nicht zu variirenden Tlieile des Bildes darin, dass der Uebergang von der dauernden Betrachtung eines gespiegelten Bildes zur momentanen Exposition eines direct gesehenen nicht so gro\u00df erscheint, als derjenige von der unmittelbaren Betrachtung eines Bildes zur tachistoskopischen Einf\u00fcgung eines Spiegelbildes, die au\u00dferdem noch wie eine momentane Verschlechterung des Bildes zu wirken scheint. Schlie\u00dflich besitzt die zuerst beschriebene Anordnung auch einen speciellen Vortheil, der in meiner gegenw\u00e4rtigen Fortf\u00fchrung der Versuche wesentlich ist, dass man n\u00e4mlich die zur Ableitung der Ver\u00e4nderungsschwellen nothwendige Abstufung der Helligkeit beliebiger Stellen des tachisto-skopisch eingef\u00fcgten Gesammtbildes einfach durch eine hinter 02 gelegene Transparentvorrichtung erreichen kann, was hinter 0, ohne Hinderung des Beobachters nicht m\u00f6glich w\u00e4re.","page":700}],"identifier":"lit4506","issued":"1903","language":"de","pages":"687-700","startpages":"687","title":"Das Spiegeltachistoskop","type":"Journal Article","volume":"18"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T14:26:05.168430+00:00"}