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{"created":"2022-01-31T12:34:33.743300+00:00","id":"lit4510","links":{},"metadata":{"alternative":"Philosophische Studien","contributors":[{"name":"Lipps, Gottlieb Friedrich","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Philosophische Studien 14: 157-241","fulltext":[{"file":"p0157.txt","language":"de","ocr_de":"Untersuchungen \u00fcber die Grundlagen der Mathematik.\nVon\nGottl. Friedr. Lipps.\n(Fortsetzung zu Band XI. S. 306.)\nY. .\nDie Entwicklung des Begriffs der allgemeinen Zahl ans der Beziehung des Grundes zur Folge.\n\u00a7 l.\nDie Aufgabe, die hier ihre Erledigung finden soll, wurde in den fr\u00fcheren Untersuchungen bereits hinreichend umschrieben. Das Bewusstsein als Tr\u00e4ger appercipirter Bewusstseinsinhalte ist die Grundlage, das ordnende Zusammenfassen der Inhalte durch das Denken ist der Gegenstand der Untersuchung. Die letztere wurde darum als eine Untersuchung der logischen Natur des Bewusstseins charak-terisirt.\nIn erster Linie erregte die Thatsache, dass jedes ordnende Erfassen in Form einer Reihe sich vollzieht, unsere Aufmerksamkeit. Man erkannte in dem reihenf\u00f6rmig fortschreitenden Denken das subjective Princip des logischen Ordnens, das beim Erfassen jeglichen Zusammenseins von Inhalten im Bewusstsein, mag es empirisch gegeben oder durch das Denken erzeugt sein, sich wirksam erweist. Um dieser Beth\u00e4tigungsweise des Denkens eine reine Ausgestaltung zu geben, war lediglich das Vorhandensein von Bewusstseinsinhalten vorauszusetzen, deren Verschiedenheit nur Verwendung fand, um die Stellen der \u00bbNormalreihe\u00ab oder \u00bbZahlenreihe\u00ab zu markiren und so die Merkmale der Reihenform zu objectiviren. Daneben blieb jedoch\nWundt, Philos. Studien. XIV.\tH","page":157},{"file":"p0158.txt","language":"de","ocr_de":"158\nGotti. Friedr. Lipps.\ndie Thatsache nicht unbeachtet, dass erst die Beschaffenheit der Bewusstseinsinhalte dem Denken die M\u00f6glichkeit gibt, eine von subjec-tiver Willk\u00fcr freie, durch die Objecte gebotene, objective Ordnung herzustellen.\nDie Betrachtung der Objecte f\u00fchrte indessen nur zur Erkenntnis der empirischen Bedingungen, unter denen die logische Ordnung zu Stande kommt; denn die Einzelinhalte des Bewusstseins wurzeln als Abscheidungen vom gegebenen Gesammtinhalte in .der Erfahrung. Es ergab sich so der Gegensatz zwischen dem von der Erfahrung dargebotenen, erlebten und dem durch das Denken erzeugten, logisch geordneten Zusammensein von Bewusstseinsinhalten. Man erkannte ferner, dass die Objecte eine gewisse Aehnlichkeit oder Verwandtschaft besitzen m\u00fcssen, sollen sie einer logischen Ordnung f\u00e4hig sein. Das Denken kann n\u00e4mlich die empirisch gegebenen Bewusstseinsinhalte zun\u00e4chst nur vergleichen und auf Grund des Vergleichen Gemeinsames hervorheben, das nunmehr eine Vergesellschaftung im Denken, ein logisches Zusammensein von Inhalten im Bewusstsein bedingt und das Eingreifen des beziehenden und verkn\u00fcpfenden Denkens erm\u00f6glicht.\nUm aber das Wesen der logischen Ordnung zu begreifen, musste im Denken die Quelle f\u00fcr jene Beziehungen und Verkn\u00fcpfungen gefunden und in der Beth\u00e4tigungsweise des vom Grunde zur Folge fortschreitenden Denkens das objective Princip des logischen Ordnens erkannt werden. Die Beschaffenheit der Objecte gibt somit zwar erst die M\u00f6glichkeit, dass das beziehende und verkn\u00fcpfende Denken in bestimmter Weise in die Erscheinung tritt. Die Fgrm der Beziehungen und Verkn\u00fcpfungen wird aber durch die Natur des Degens bedingt, das sich als ein nach Grund und Folge verkn\u00fcpfendes Denken charakterisirt.\nZugleich mit dieser Erkenntniss ergab sich das Problem, diese Denkform ebenso wie die Beihenform zum Gegenst\u00e4nde der Unter-s suchung zu machen. Dabei kann man allerdings Objecte, an denen das Denken sich beth\u00e4tigen soll, nicht entbehren. Es gilt jedoch nicht, diese oder jene Objecte vorauszusetzen und anzugeben, wie sie durch das Denken in Beziehung gesetzt werden k\u00f6nnen, sondern die Denkth\u00e4tigkeit selbst zu untersuchen. Dementsprechend dienen die \u00bb Objecte nur zur Darstellung des Denkprocesses und gewinnen nicht","page":158},{"file":"p0159.txt","language":"de","ocr_de":"Untersuchungen \u00fcber die Grundlagen der Mathematik.\n159\nauf Grund ihrer empirischen Beschaffenheit, sondern lediglich als Tr\u00e4ger der Beziehungen, die durch das Denken geschaffen werden, eine Bedeutung. Sie sind darum auch nur als ein zur Verf\u00fcgung stehender Vorrath verschiedener Bewusstseinsinhalte vorauszusetzen, die, sofern das Denken ihrer bedarf, zur Verwendung kommen, ohne einen bestimmenden und beschr\u00e4nkenden Einfluss auf die Denk-th\u00e4tigkeit selbst zu gewinnen. Der Gegenstand der Untersuchung ist aber die in solcher Weise dargestellte Denkform.\n\u00a7 2.\nDiese Untersuchung ist f\u00fcr jede Theorie des Erkennens ohne R\u00fccksicht auf die Besonderheiten ihres Ausgangspunktes und ihres Zieles von wesentlicher Bedeutung. In der Aufstellung des \u00bbSatzes vom Grunde\u00ab als eines Grundgesetzes des Erkennens neben dem Satze der \u00bbIdentit\u00e4t\u00ab, des \u00bbWiderspruchs\u00ab und des \u00bbausgeschlossenen Dritten\u00ab findet dies seinen Ausdruck. Man wird daher voraussetzen, in den Darstellungen der Lehre vom Erkennen, welche die verschiedenen Philosophen gegeben haben, die bezeichnete Aufgabe gel\u00f6st zu finden. Dass dies jedoch nicht zu erwarten ist, erhellt aus folgenden Bemerkungen.\nWohl jede allgemeinere Theorie des Erkennens wendet ihr Hauptinteresse der Erkenntniss der Wirklichkeit, wie sie in den Natur- und Geisteswissenschaften vorliegt, zu und findet so ihre Hauptaufgabe in der Kl\u00e4rung der Grundlagen und Bedingungen dieses Erkennens. Es tritt dann von seihst der Zusammenhang des erlebten, physischen oder psychischen Geschehens in den Vordergrund. Da dies als ein causal oder teleologisch bedingtes Geschehen zu begreifen gesucht wird, so wird die Oausalit\u00e4t neben der noch etwa hinzutretenden Zweckm\u00e4\u00dfigkeit zu einem Fundamentalhegriff, dessen Auffassungsweise den erkenntnisstheoretischen Standpunkt wesentlich bestimmt. Die logische Beziehung des Grundes zur Folge aber tritt unmittelbar m den Dienst der empirischen Beziehung zwischen Ursache und Wir-kung, was ganz naturgem\u00e4\u00df erscheint, wenn man ber\u00fccksichtigt, dass <\u00fce Erkenntniss jener logischen Beziehung aus der Erforschung dieser empirischen Beziehung sich historisch entwickelt hat1). Da jedoch\n1) Vergl. hierzu Wundt, Logik, I. Bd. 2. Aufl. S. 567 f.\n11*","page":159},{"file":"p0160.txt","language":"de","ocr_de":"160\nGotti. Friedr. Lipps.\nhier das Interesse am Erlebten und an dessen empirischem Zusammenh\u00e4nge in den Hintergrund tritt, und vielmehr die Beth\u00e4tigungsweise > des Denkens als solche den Gegenstand der Untersuchung bildet, so ist auch die in Frage stehende logische Beziehung ohne R\u00fccksicht auf ihre Dienste beim Begreifen der Wirklichkeit zu betrachten. Dies pr\u00e4gt von vornherein der Untersuchung einen anderen Charakter auf.\nWenn ferner der Satz vom Grunde im Verein mit den anderen, oben erw\u00e4hnten Grundgesetzen des Denkens auftritt, so wird wohl auch seine Auffassungsweise durch den Zusammenhang mit den letzteren beeinflusst. Dies kann dazu verleiten, einem der anderen Principien den Vorrang zu geben und so die Bedeutung der Beziehung zwischen Grund und Folge zu verringern oder v\u00f6llig in Frage zu stellen. Ein Verringern ihrer Bedeutung w\u00e4re es, wollte man z. B. die Function des Urtheilens v\u00f6llig dem Identit\u00e4tsprincip unterstellen und nur im Schlussverfahren eine Beth\u00e4tigung des vom Grunde zur Folge fortschreitenden Denkens finden. Ein Verkennen der selbst\u00e4ndigen Bedeutung dieses Denkprocesses l\u00e4ge vor, wenn man ihn auf den Satz der Identit\u00e4t oder, wie in der Wolf\u2019sehen Schule, auf den Satz des Widerspruchs zur\u00fcckzuf\u00fchren versuchte. Dem gegen\u00fcber ist daran zu erinnern, dass wir in der Beziehung des Grundes zur ^ Folge das objective ^Princip des logischen Ordnens gefunden haben, dessen fundamentale Bedeutung in jeder objectiven Abh\u00e4ngig-, keitsbeziehung hervortritt und dessen elementarer Charakter keine Zur\u00fcckf\u00fchrung auf andere Principien gestattet. Seine Selbst\u00e4ndigkeit bleibt ihm somit von vornherein gesichert und seine Bedeutung kann nicht geschm\u00e4lert werden. Andererseits ist nicht zu f\u00fcrchten, dass hier nun umgekehrt der Satz vom Grunde auf Kosten der anderen Grundgesetze des Denkens in den Vordergrund trete. Es bot sich zwar bis jetzt kein Anlass, diese Grundgesetze ausdr\u00fccklich aufzustellen, und auch im Folgenden wird ein Bed\u00fcrfniss hierzu nicht empfunden werden. Man kann jedoch in dem Apperceptionsacte die Wurzel des Satzes der Identit\u00e4t suchen und in der Reihenform die Eindeutigkeit des Denkens begr\u00fcndet finden, auf die sich der Satz . des Widerspruchs und des ausgeschlossenen Dritten gr\u00fcnden l\u00e4sst. Dann erhellt, dass kein Conflict zwischen den verschiedenen Grundgesetzen m\u00f6glich ist, da jedem eine besondere elementare Thatsache zu Grunde liegt.","page":160},{"file":"p0161.txt","language":"de","ocr_de":"Untersuchungen \u00fcber die Grundlagen der Mathematik.\t161\nErw\u00e4gt man schlie\u00dflich, dass aus der Beziehung des Grundes zur Eolge der Begriff der allgemeinen Zahl entwickelt werden soll, so tritt die Verschiedenheit von der herk\u00f6mmlichen Auffassungsweise jenes Princips noch sch\u00e4rfer hervor. Man wird verlangen, dass dieses Ziel sich in ungezwungener Entwicklung erreichen lasse, und in der That wird es nur da die Richtung der Untersuchung bestimmen, wo sich die M\u00f6glichkeit bietet, nach verschiedenen Richtungen weiterzugehen. Sollte jedoch die hier versuchte Begr\u00fcndungsweise der allgemeinen Zahl als ungew\u00f6hnlich empfunden werden, so ist zu bemerken, dass auf Grund des Fr\u00fcheren kein anderer Zugang zu den als allgemeine Zahlen hezeichneten Begriffsgebilden sich bietet, \u00fcberhaupt aber nichts hinderte, von jeher eine solche Begr\u00fcndung zu gehen. Wenn dies nicht geschah, so mag es dadurch veranlasst sein, dass vielfach nur die ganzen Zahlen in den Kreis allgemeiner logischer Erw\u00e4gungen gezogen und die allgemeineren Begriffe von vorn-*\u2019 herein der Vorherrschaft der Geometrie unterstellt wurden. Uebrigens lassen sich doch f\u00fcr die folgenden Darlegungen erw\u00fcnschte Ber\u00fchrungspunkte mit vorhandenen Auffassungen der allgemeinen Zahlen auffinden. So sagt z. B. Gau\u00df bez. der negativen Zahlen'); \u00bbPositive und negative Zahlen k\u00f6nnen nur da eine Anwendung finden, wo das Gez\u00e4hlte ein Entgegengesetztes hat, was mit ihm vereinigt gedacht der Vernichtung gleichzustellen ist. Genau besehen findet diese Voraussetzung nur da statt, wo nicht Substanzen (f\u00fcr sich denkbare Gegenst\u00e4nde) sondern Relationen zwischen je zwei Gegenst\u00e4nden das Gez\u00e4hlte sind.\u00ab Dass diese Relationen bestimmt geartete Beziehungen zwischen verschiedenen Objecten des Denkens vorstellen und somit Realisirungen der allgemeinen Beziehung des Grundes zur Folge sind, wird man ohne weiteres zugehen. Dass ferner ihr Ursprung in der Beth\u00e4tigungsweise des Denkens und nicht in der empirischen Beschaffenheit jener Objecte gesucht wird, kann nicht befremden, nachdem Kant1 2) auf \u00bbdie noch wenig versuchte Zergliederung des Verstandesverm\u00f6gens seihst\u00ab hingewiesen hat, \u00bbum die M\u00f6glichkeit der Begriffe a priori dadurch zu erforschen,\u00bb\n1)\tIn der Anzeige der Theoria residuorum biquadraticorum; Werke, Bd. II.\nS. 176.\n2)\tKritik der reinen Vernunft. Der transcendentalen Analytik erstes Buch. Analytik der Begriffe.","page":161},{"file":"p0162.txt","language":"de","ocr_de":"162\nGotti. Friedr. Lipps.\ndass wir sie im Verst\u00e4nde allein als ihrem Geburtsorte auf suchen und dessen reinen Gebrauch \u00fcberhaupt analysiren\u00ab.\n\u00a7 3.\nUm nun eine Darstellung des vom Grunde zur Folge fortschreitenden Denkens zu gewinnen, gilt es, die wesentlichen Momente dieses Denkprocesses hervorzuheben.\nDa das Denken in seinem ganzenJJmfange von der Reihenform beherrscht wird, so erhellt, dass auch die higr zu untersuchende Denkarbeit in eine Rejfie einzelner Denkacte sich gliedert. Wollte man nun die Denkacte seihst auf sich beruhen lassen und nur ihre Aneinanderreihung hervorheben, so w\u00fcrde man auf die fr\u00fchere Untersuchung der Reihenform des Denkens zur\u00fcckgef\u00fchrt. Denn die Aneinanderreihung der Acte des beziehenden Denkens ist als solche nicht verschieden von derjenigen der Apperceptionsacte. Hier wie dort tritt lediglich die Reihenform des Denkens zu Tage. Es kann sich daher vorerst nur um den einzelnen Denkact selbst und erst nach dessen Klarlegung um den Erfolg einer Reihe solcher Acte handeln.\nMan kann zun\u00e4chst bemerken, dass ein Object gegeben sein muss, soll \u00fcberhaupt eine Denkth\u00e4tigkeit m\u00f6glich sein. Ex nihilo nil fit. Dieser Grundsatz der Naturerkl\u00e4rung, den Robert Mayer *) an die Spitze seiner Entwicklungen stellt, findet hierin seine Quelle. Denn liegt kein Object vor, ist also nichts gegeben, so ist es dem Denken unm\u00f6glich zu etwas zu gelangen; es kann daher auch ein Werden aus nichts durch das Denken nicht begriffen werden.\nIm Uebrigen k\u00f6nnen f\u00fcr jenes Object keine Bedingungen angegeben werden, sodass es jeden beliebigen Bewusstseinsinhalt vorzustellen vermag, sei er einfach oder zusammengesetzt, sei er ein f\u00fcr sich bestehendes Ding oder ein Erzeugniss des abstrahirenden Denkens. Indem es aber Gegenstand des Denkens wird, erregt es die Aufmerksamkeit, sodass es als appercipirtes Object dem Denken zu Grunde liegt.\nBest\u00e4nde nun die ganze Th\u00e4tigkeit im Appercipiren allein, so\n1) Die Mechanik der 'Warme. 2. Aufl. 1874. S. 19.","page":162},{"file":"p0163.txt","language":"de","ocr_de":"Untersuchungen \u00fcber die Grundlagen der Mathematik.\t163\nbliebe das Denken bei dem gegebenen Objecte steten, und so lange dies der Fall ist, liegt lediglich ein Apperceptionsact vor, mag er auch ein mehrfach wiederholter sein. Ein Weitergehr eiten muss sonach stattfinden. Dem weiterschreitenden Denken kann aber nicht das gegebene Object einfach entschwinden, sodass kein Object mehr vorl\u00e4ge und demnach nichts aus etwas folgte. Nil fit ad nihilum. Dieser dem oben genannten zur Seite stehende Grundsatz der Naturerkl\u00e4rung beruht darauf, dass es f\u00fcr das Denken ein Vergehen in nichts so wenig wie ein Entstehen aus nichts gibt.\nEin anderes Object muss daher an Stelle des zu Grunde liegenden treten. Es ist gleich diesem ein Gegenstand des Denkens und somit ein f\u00fcr sich bestehendes, appercipirtes Object. Es ist aber weder von vornherein gegeben, noch wird es irgend woher nachtr\u00e4glich herbeigeholt. Denn nur das zu Grunde liegende ist gegeben und die ganze Th\u00e4tigkeit ist auf dieses gerichtet. Sein Vorhandensein beruht demnach v\u00f6llig auf dem gegebenen; es ist die Folge und dieses der Gpnd.\nMit dem Grunde ist die Folge gegeben. Die Folge entsteht jedoch nicht aus dem Grunde etwa der Art, dass dieser sich ver\u00e4ndere und zu jener werde. Vielmehr f\u00fchrt nur das Denken vom Grunde zur Folge. Der Grund bleibt dabei, was er ist, und stellt nach wie vor einen Bewusstseinsinhalt dar. Die Folge besteht nur kraft des Denkens und h\u00e4ngt am Grunde; eben durch das Denken wird sie aber neben dem Grunde ein Inhalt des Bewusstseins. Der charakteristische Erfolg des Denkactes besteht sonach in der Scheidung der Folge vom Grunde einerseits und der Bindung der Folge an den Grund andererseits.\nDarin enth\u00fcllt sich die elementare Thatsache, auf welcher das Wesen des beziehenden Denkens beruht. Sie muss in der Darstellung des Denkactes ihren Ausdruck finden.\nMan bezeichne darum den zu Grunde liegenden Bewusstseinsinhalt durch a und den als Folge sich darbietenden durch au Dann ist av ein zwar aus a abgeleiteter, aber von a losgel\u00f6ster, selbst\u00e4ndiger Inhalt des Bewusstseins. Die Ableitung erfolgt durch die Th\u00e4tigkeit des Denkens. Da letztere auf a gerichtet ist, soll sie durch a bezeichnet und ihr Erfolg durch Nebeneinanderstellen von \u201c und a, also durch aa angedeutet werden. Dann repr\u00e4sentirt aa","page":163},{"file":"p0164.txt","language":"de","ocr_de":"164\nGotti. Friedr. Lipps.\ndie Folge in ihrer Abh\u00e4ngigheit von a. Setzt man nun eta \u2014 ai} so wird hierdurch sowohl die Scheidung des a, von a, als auch die Bindung des ax an a, beides bewirkt durch die Denkth\u00e4tigkeit a, ausgedr\u00fcckt.\nDer einzelne Act des .beziehenden Denkenj findet somit eine zutreffende Darstellung durch die symbolische Gleichung:\naa \u2014 at,\nwenn a die Th\u00e4tigkeit des Denkens, a den Grund und at die Folge bezeichnet.\nIm Anschluss daran kann nun auch der einzelne Apperceptionsact eine entsprechende Darstellung erhalten. Er f\u00fchrt nicht von dem zu Grunde gelegten a zu einem davon verschiedenen a,, sondern er bleibt bei a stehen. Es ist daher, wenn a0 das blo\u00dfe Erfassen oder Appercipiren von a bezeichnet,\na0a = a\nzu setzen.\nDiese Gleichung l\u00e4sst den Unterschied zwischen dem beziehenden Denken a und dem Appercipiren a0 hervortreten und lehrt zugleich \u00abo neben a als eine Beth\u00e4tigungsweise des Denkens zu ber\u00fccksichtigen. Darin besteht ihre Bedeutung. Das Bed\u00fcrfniss, sie aufzustellen, / macht sich darum nur mit R\u00fccksicht^ auf die Darstellung des be-ziehenden Denkens geltend. Demgem\u00e4\u00df gen\u00fcgte es fr\u00fcher, als das Fortschreiten vom Grunde zur Folge noch nicht er\u00f6rtert wurde, die Apperceptionsacte durch die appercipirten Objecte zu kennzeichnen, um ihre Aneinanderreihung zu untersuchen.\nDie Formel aa = ax repr\u00e4sentirt das Zusammensein von a und a{ in seiner objectiven logischen Ordnung. Ist aber a, durch den Vollzug des Denkactes Inhalt des Bewusstseins geworden, so besteht es neben a .auch unabh\u00e4ngig von der Beziehung des Grundes zur Folge. Denn man kann von der logischen Ordnung absehen und nur das Zusammensein als solches, hervorheben, dessen Bedeutung darin besteht, dass at in gleicher Weise wie a im Bewusstsein vorhanden ist. Dies dr\u00fccke ich durch:\naus, so dass allgemein\n[a, at]","page":164},{"file":"p0165.txt","language":"de","ocr_de":"165\nUntersuchungen \u00fcber die Grundlagen der Mathematik.\n[<*, c, \u25a0 \u25a0 -J\ndas Zusammensein der Inhalte a, \u00e9, c, . . . im Bewusstsein, ohne R\u00fccksicht auf ihre etwaigen Beziehungen, bezeichnet und lediglich die Thatsache vor Augen stellt, dass sowohl a als auch S, c, . . . im Bewusstsein vorhanden ist.\nMan kann dann sagen, dass in [a, a\u00df durch\teine\nobjective logische Ordnung hergestellt wird. Da ferner die Ausf\u00fchrung dieses Denkactes das Vorhandensein von a und al und auch von [a, a\u00df in sich schlie\u00dft, so kann man bemerken, dass mit aa \u2014 ax zugleich a0a = a\\ u^ax = aL und or0[a, a\u00df = [a, a\u00df besteht.\n\u00a7 4.\nJeder Act des beziehenden Denkens ist in der angegebenen Weise darstellbar. Reiht sich also an den ersten Act ein zweiter, in welchem 6 an Stelle von a tritt, so erh\u00e4lt er durch die Formel \u00dfS \u2014 Sx seinen Ausdruck. Ebenso ist ein dritter Act durch yc = c,, ein vierter durch \u00f6S \u2014 <?t wiederzugehen u. s. w.\nDie Aneinanderreihung dieser Denkacte ist, sofern sie unabh\u00e4ngig neben einander bestehen und alle in gleicher Weise Beziehungen des Grundes zur Folge erzeugen, ihrem Wesen nach nicht verschieden von der Aneinanderreihung der Apperceptionsacte a0a \u2014 a\\ \u00df()S = y0c==c; . . ., wo a0, \u00df0, yn . . . jedesmal das Appercipiren von a, S, c, ... andeutet. In beiden F\u00e4llen macht sich blo\u00df ein sub-jectiver Zusammenhang geltend, der durch die Reihenform des Denkens bedingt ist.\nEin dem beziehenden Denken eigenth\u00fcmlicher Erfolg tritt erst ein, wenn ein objectiver Zusammenhang zwischen den Denkacten besteht. Ein solcher kann sich beliebig weit erstrecken. Er l\u00e4sst sich aber stets aus den Zusammenh\u00e4ngen zwischen je zwei Denkacten zusammensetzen, da der Reihennatur des Denkens zufolge immer nur je ein Act einem anderen sich anschlie\u00dft.\nDie beiden Denkacte a a \u2014 <z{ und \u00dfS = Sx k\u00f6nnen in dreifach verschiedener Weise Zusammenh\u00e4ngen, wenn von ihrer Aufeinanderfolge, die keine objective Bedeutung hat, abgesehen wird. Es kann n\u00e4mlich 1)\t= \u00a3 oder a = mithin die Folge des einen zugleich","page":165},{"file":"p0166.txt","language":"de","ocr_de":"166\nGotti. Friedr. Lipps.\nder Grand des anderen; 2) a = \u00a3, also der Grand des einen zugleich der Grand des anderen ; 3) ax = Sy, sonach die Folge des einen zugleich die Folge des anderen sein. Wollte man auch noch a = \u00df voraussetzen, so dass in beiden Beziehungen die n\u00e4mliche Denk-th\u00e4tigkeit vorl\u00e4ge, so w\u00fcrde hierdurch kein objectiver Zusammenhang, \\ sondern nur eine Aehnlichkeit der Beziehungen bedingt. Ueberdies m\u00fcsste man festsetzen, welcher Grad der Aehnlichkeit durch das Gleichsetzen von a und \u00df bezeichnet werden soll. Dies kann aber erst dann geschehen, wenn bestimmte Classen von Beziehungen mit R\u00fccksicht auf ihren Erkenntnissinhalt unterschieden werden. Denn eine gewisse Aehnlichkeit besteht von vornherein, sofern a und \u00df jedenfalls eine Beziehung zwischen Grund und Folge andeuten, und eine ununterscheidbare Identit\u00e4t ist doch wohl nur dann vorhanden, wenn auch Grund und Folge in beiden. Acten \u00fcbereinstimmen und somit die Acte selbst identisch sind.\nIn jedem der drei F\u00e4lle begr\u00fcndet das Zusammenbestehen von a a = ax und \u00dfS \u2014 Si auch zwischen den nicht unmittelbar durch a und \u00df verkn\u00fcpften Denkobjecten eine Beziehung. Sie ist als mittelbare Beziehung zu bezeichnen. Eine solche besteht, wenn a{ \u2014 \u00a3 oder a ~ Sx, zwischen a und \u00a3t oder ax und \u00a3 ; wenn a = \u00a3, zwischen ax und \u00a3x ; wenn ax \u2014 \u00a3x, zwischen a und \u00a3. Es gibt sonach drei Arten mittelbarer Beziehungen: 1) zwischen einem Grunde und einer Folge, vermittelt durch ein Denkobject, das die Folge jenes Grundes und zugleich der Grund jener Folge ist;\n2)\tzwischen zwei Folgen, vermittelt durch einen gemeinsamen Grund ;\n3)\tzwischen zwei Gr\u00fcnden, vermittelt durch eine gemeinsame Folge. Diese mittelbaren Beziehungen sind als der wesentliche Erfolg des Zusammenhangs zweier Acte des beziehenden Denkens hervorzuheben.\nSie begr\u00fcnden ein Zusammensein der beiden mittelbar verbun-/\u2022 denen Denkobjecte, dessen Beschaffenheit durch die Art des Zusammenhangs der Denkacte bedingt wird. Ihre Darstellung muss daher dieses Zusammensein verbunden mit dem Hinweis auf jene Denkacte zum Ausdrucke bringen.\nDies kann in folgender Form geschehen:","page":166},{"file":"p0167.txt","language":"de","ocr_de":"167\nUntersuchungen \u00fcber die Grundlagen der Mathematik.\n1)\naa = al\n\u00df<zt = A\n[a, S\u00df\n2)\naa \u2014 \u00dfa \u2014 Sy\n[<*i, A]\n3)\naa \u2014 ax \u00dfS \u2014 a,\n[\u00ab, T\\\nDie mittelbare Beziehung erster Art kann \u00fcberdies als Ergebniss eines zusammengesetzten Denkactes aufgefasst werden. Da n\u00e4mlich \u00bbj = \u00aba, so kann statt \u00dfal auch \u00dfa a gesetzt werden, so dass die Gleichung \u00dfaa = Sy die beiden einfachen Denkacte aa \u2014 a, und \u00dfat = St zusammenfassend darstellt. Da ferner mit \u00dfaa = SK das Zusammensein [a, Sy\\ ebenso unmittelbar verbunden ist, wie ja, a\u00df mit aa = a,, so braucht es keinen besonderen Ausdruck zu erhalten.\nDie mittelbare Beziehung erster Art findet somit durch den zusammengesetzten Denkact\n\u00dfaa =\neine hinreichende Darstellung.\nDie mittelbaren Beziehungen zweiter und dritter Art gestatten im allgemeinen eine solche Darstellung nicht. Soll sie m\u00f6glich sein, so muss eine der unmittelbaren Beziehungen umkehrbar sein, es muss also entweder a a = ax durch a, aL \u2014 a oder \u00dfS \u2014 Sy durch \u00dfy Sy = S ersetzt werden k\u00f6nnen. Dies ist offenbar nur unter gewissen Voraussetzungen m\u00f6glich. Trifft es aber zu, so hegt in Wirklichkeit eine Beziehung der ersten Art vor. Es sind daher nur die mittelbaren Beziehungen erster Art durch einen zusammengesetzten Denkact darstellbar.\nDiese Angaben \u00fcber den Zusammenhang zweier Acte des beziehenden Denkens lassen erkennen, wie beliebig viele solcher Acte Zusammenh\u00e4ngen k\u00f6nnen und welche Arten von mittelbaren Beziehungen m\u00f6glich sind. Eine Veranschaulichung folgender Art erleichtert indessen den Ueberblick \u00fcber die auftretenden M\u00f6glichkeiten. Man markire die Denkobjecte durch Punkte und ihre unmittelbaren Beziehungen durch Pfeile, deren Richtung den Ueber-gang vom Grunde zur Eolge andeutet. Es ergeben sich so f\u00fcr je zwei direct zusammenh\u00e4ngende Denkacte die drei Bilder:","page":167},{"file":"p0168.txt","language":"de","ocr_de":"168\n/\nGotti. Friedr. Lipps.\n2)\t3)\n\u2022\t\u2022\n/\tN.\n\u2022 \u2022\n/\n\u2022\t\u2022\nBezeichnet man nun das erste als Bestandteil einer \u00bbKette\u00ab, das zweite und dritte als Bestandteil eines \u00bb Gewebes \u00ab, so l\u00e4sst sich die Structur das Zusammenhangs zwischen beliebig vielen Denkacten charakterisiren wie folgt:\nEine Reihe zusammenh\u00e4ngender Acte des beziehenden Denkens bildet eine Kette, wenn durchweg die Folge des einen der Grund f\u00fcr den sich anschlie\u00dfenden ist; hingegen liegt ein Gewebe vor, wenn es unter den Denkacten solche mit gemeinsamem Grunde oder gemeinsamer Folge gibt.\nDas Wesen einer Kette besteht darin, dass ihre auf einander folgenden Glieder in einen zusammengesetzten Denkact zusammengefasst werden k\u00f6nnen und dass jeder zusammengesetzte Denkact in eine Kette einfacher Acte aufl\u00f6sbar ist. Denn einerseits folgt aus der Kette:\nCXi<X \u2014\t, (C\u20182c/'i = <%<i , . . .\t1 == &n\nohne weiteres:\n\u00ab\u00bb-1\u00ab\u00bb_2 \u2022 \u2022 \u2022 a2\u00abi\u00bb = a-n,\nund andererseits l\u00e4sst sich dieser zusammengesetzte Denkact unmittelbar in die Kette jener einfachen Denkacte aufl\u00f6sen. Zwei oder mehrere einfache Denkacte lassen sich daher dann und nur dann in einen zusammengesetzten Denkact vereinigen, wenn sie in einer Kette Zusammenh\u00e4ngen. Die Art, der Zusammensetzung ist durch die Aufeinanderfolge der Glider innerhalb der Kette in eindeutiger Weisei bestimmt.\nEin Gewebe wird am einfachsten als ein System von Ketten charakterisirt, die zu je zweien durch einen gemeinsamen Grund oder eine gemeinsame Folge verbunden sind. Insbesondere k\u00f6nnen alle Ketten einen und denselben gemeinsamen Grund oder eine und dieselbe gemeinsame Folge haben. Es ist ferner in Consequenz mit dieser Auffassung eines Gewebes auch der einzelne Denkact als eine Kette und zwar als eine eingliedrige Kette zu bezeichnen.","page":168},{"file":"p0169.txt","language":"de","ocr_de":"Untersuchungen \u00fcber die Grundlagen der Mathematik.\n169\nSo ist z. B. f\u00fcr drei Denkacte ein achtfach verschiedener Zusammenhang m\u00f6glich. Er charakterisirt sich entweder als eine dreigliedrige Kette:\noder als ein System einer zweigliedrigen und einer eingliedrigen Kette, welch letztere ebensowohl mit dem ersten wie mit dem zweiten Gliede jener und zwar durch einen gemeinsamen Glrund oder eine gemeinsame Folge verbunden sein kann:\n\u2022 ->\n\n/\noder als ein System dreier eingliedriger Ketten, die eine dreifache Verbindung durch einen einzigen gemeinsamen Grund oder eine einzige gemeinsame Folge oder je einen gemeinsamen Grund und je eine gemeinsame Folge gestatten:\n/ \\ /\n\u2022 \u2014> \u2018 !\t\u2022 \u2014> \u2022 !\t\u2022 \u2014> \u2022\nx\t./\nJede Reihe zusammenh\u00e4ngender Denkacte erzeugt neben den unmittelbaren Beziehungen auch mittelbare. Dieselben sind wesentlich verschieden, je nachdem sie durch eine Kette oder ein Gewebe von Denkacten vermittelt werden. Denn wird die Beziehung durch eine Kette vermittelt, so ist sie durch einen zusammengesetzten Denkact darstellbar. Die durch ein Gewebe vermittelte Beziehung kann dagegen nur durch ein System einfacher oder zusammengesetzter Denkacte repr\u00e4-sentirt werden.\nDer Zusammenhang der Denkacte begr\u00fcndet die objective logische Ordnung der auf einander bezogenen Bewusstseinsinhalte. Mit R\u00fccksicht darauf kann man sagen:\nIrgend welches Zusammensein\n[<*, 4, c, \u25a0 \u2022 \u2022]\nbesitzt eine objective logische Ordnung, wenn die Objecte a, S, c, . . . durch eine Kette oder ein Gewebe von Denkacten verbunden sind. Die Beziehung zwischen zwei beliebigen","page":169},{"file":"p0170.txt","language":"de","ocr_de":"170\nGotti. Friedr. Lipps.\nObjecten wird entweder durch einen einfachen oder einen zusammengesetzten Denkact oder durch ein System solcher Acte vermittelt.\n\u00a7 5.\nDie Darstellung der Denkacte und ihres Zusammenhangs ist das Werk der Reflexion, die das Denken seihst zum Gegenst\u00e4nde der Untersuchung macht. Sie fu\u00dft darauf, dass es dem Denken m\u00f6glich sei, einem gegebenen Objecte ein anderes zuzuordnen. Dementsprechend ergibt sich die M\u00f6glichkeit von Beziehungen zwischen Objecten, die alle in gleicher Weise als Beziehungen des Grundes zur Folge sich charakterisiren, sofern jede als ein Erfolg des nach Grund und Folge verkn\u00fcpfenden Denkens auftritt. Dass jenen M\u00f6glichkeiten Wirklichkeiten entsprechen, ist selbstverst\u00e4ndlich. Ist doch die Reflexion nur die Begleiterin der thats\u00e4chlich ausgef\u00fchrten Denkarbeit, die auf die Form achtet, an die das Denken bei seiner Arbeit gebunden ist. Die Verwirklichungen m\u00fcssen aber jetzt aufgezeigt werden. Denn da die thats\u00e4chlich bestehende Verschiedenheit der Beziehungen, die wie soeben erw\u00e4hnt vorerst alle den n\u00e4mlichen Charakter haben, an der Beschaffenheit der Objecte h\u00e4ngt, so kann man nur an den thats\u00e4chlich vorliegenden Verkn\u00fcpfungen erkennen, welche Besonderheiten die Form des beziehenden Denkens anzunehmen vermag, und welche besondere Arten von Beziehungen unterschieden werden k\u00f6nnen, um sie einer weitergehenden Untersuchung zu unterwerfen.\nWenn ein Denkact wirklich erfolgt, so ist das Interesse v\u00f6llig den Objecten zugewendet, die als individuell bestehende Bewusstseinsinhalte thats\u00e4chlich vorhanden sind, w\u00e4hrend die Denkth\u00e4tigkeit unwillk\u00fcrlich in der ihr eigenth\u00fcmlichen Form sich vollzieht und erst der Reflexion als die Erzeugerin der Beziehung sich enth\u00fcllt. Es wird darum nur der Inhalt der Beziehung beachtet, der nun als Erkenntnis^ ins Bewusstsein tritt.\nDiese Erkenntniss ist entweder wahr oder falsch, je nachdem sie durch eine Pr\u00fcfung best\u00e4tigt oder widerlegt wird. Sie stellt sich somit, in das Gewand der Sprache gekleidet, als eine Aussage dar, der das Wahr- oder Falschsein anhaftet. In Uebereinstimmung mit","page":170},{"file":"p0171.txt","language":"de","ocr_de":"Untersuchungen \u00fcber die Grundlagen der Mathematik.\t171\nder alten Aristotelischen Definitionist sie demgem\u00e4\u00df als Urtheil zu bezeichnen.\nJedem thats\u00e4chlich erfolgenden Acte des beziehenden Denkens tritt somit ein Urtheil zur Seite, in welchem die Beziehung zwischen den Objecten des Denkens erkannt wird. Es hei\u00dfe Beziehungs-urtheil.\nSo kann z. B. das Vorhandensein eines Dinges zum Hervorheben eines Zustandes oder einer Eigenschaft f\u00fchren. Das Ding ist dann das zu Grunde hegende gegebene Object a. Die Denkth\u00e4tig-keit a besteht in dem Beachten des Zustandes oder der Eigenschaft. Das so Hervorgehohene wird als Folge ay von a unterschieden und zugleich als zugeh\u00f6rig zu a erkannt. \u2014 Verbindet sich damit die Einsicht, dass im Vorhandensein eines Zustandes oder einer Eigenschaft ein charakteristisches Merkmal einer Gattung von Dingen gefunden wird, so entwickelt die Denkth\u00e4tigkeit a den Gattungsbegriff, der sich als Folge a, dem a zugesellt. \u2014 Solche Erkenntnisse finden in Urtheilen wie \u00bbdiese Rose bl\u00fcht\u00ab, \u00bbist roth,\u00ab \u00bbist eine Pflanze\u00ab ihren Ausdruck.\nHier ist das Subject des Satzes der Grynd, das Pr\u00e4cjicat die Fcflge. Man kann jedoch nicht erwarten, in jedem Falle den Grund in voller Bestimmtheit durch das Subject sprachlich angegeben zu finden. Es kann dies auch in nur unzureichender oder unbestimmter Weise geschehen. Dies ist z. B. in den rein erz\u00e4hlenden Urtheilen der Fall, in welchen das Subject nur f\u00fcr den gerade vorliegenden Zeitpunkt der Erz\u00e4hlung und mit R\u00fccksicht auf die gerade obwaltenden Umst\u00e4nde das Denken veranlasst, das erz\u00e4hlte Factum als Folge zu entwickeln.\nEs ist aber nicht jedes Urtheil ein Beziehungsurtheil. Denn auch der Apperceptionsact f\u00fchrt zu einer Erkenntniss, die wie jede Erkenntniss anerkannt oder verworfen werden kann. Ihr Inhalt besteht, da dem gegebenen Bewusstseinsinhalte a nicht ein anderer zugesellt wird, lediglich im Vorhandensein dieses a. Das Urtheil dr\u00fcckt daher nur das Vorhandensein im Bewusstsein aus und ist als Positionsurtheil oder als Existenzialurtheil zu bezeichnen. Es lautet: es gibt einen Bewusstseinsinhalt a. Soll aber im Hinblick\n1) Hermeneutika, 4. Cap.","page":171},{"file":"p0172.txt","language":"de","ocr_de":"172\nGotti. Friedr. Lipps.\nauf die Beziehungsurtheile das Pehlen einer Beziehung ausdr\u00fccklich hervorgehohen werden, so kann die Aussage nur lauten: a ist nichts anderes als a und bleibt dieses a. Man gelangt dann zum rein identischen Urtheil oder zur Gleichung a = a.\nDa jeder Act des beziehenden Denkens a a \u2014 das Apper-cipiren des Grundes, der Folge und des Zusammenseins von Grund und Folge, n\u00e4mlich u{ia = a ; afia\\ =\t; a0|A,\t= [a, o-J, mit\nsich f\u00fchrt, so schlie\u00dft jedes Beziehungsurtheil Existenzialurtheile ein. So enth\u00e4lt das Urtheil \u00bbdie Bose ist roth\u00ab die Urtheile \u00bbes gibt einen Bewusstseinsinhalt Bose\u00ab, \u00bbroth\u00ab, \u00bbrothe Bose\u00ab.\nDer aus irgend einem einzelnen Denkacte resultirende Erkennt-nissinhalt findet somit in einem Existenzialurtheil oder Beziehungsurtheil seinen Ausdruck, je nachdem er auf einem Apper-ceptionsact oder einem Act des nach Grund und Folge verkn\u00fcpfenden Denkens beruht.\nLiegt nun eine zusammenh\u00e4ngende Beihe von Acten des be-, ziehenden Denkens vor, so treten mittelbare Beziehungen neben den unmittelbaren auf. Es versteht sich von selbst, dass auch das Erkennen einer mittelbaren Beziehung in einem Urtheil sich vollzieht. Letzteres stellt sich als Conclusion eines Schlusses dar, dessen Pr\u00e4missen die Urtheile der zugeh\u00f6rigen unmittelbaren Beziehungen sind. Zugleich erhellt, dass den drei Arten der mittelbaren Beziehungen, die aus zwei zusammenh\u00e4ngenden Denkacten sich ergeben k\u00f6nnen, die drei von Aristoteles aufgestellten Schlussfiguren1) entsprechen.\nIst die mittelbare Beziehung von der ersten Art, so ist sie durch einen zusammengesetzten Act des beziehenden Denkens erzeughar. Ihr Erkenntnissinhalt besteht in gleicher Weise wie derjenige der unmittelbaren Beziehungen in einer Verkn\u00fcpfung nach Grund und Folge und findet demgem\u00e4\u00df in einem Beziehungsurtheil seinen Ausdruck. Die mittelbaren Beziehungen zweiter und dritter Art dagegen enthalten, wofern sie nicht als solche der ersten Art inter-pretirt werden k\u00f6nnen, das Zusammensein zweier Folgen und ,\n1) Erste Analytiken; I. Buch, Cap. 4, 5, 6. Die Abweichung von der Aristotelischen, in der Logik \u00fcblichen Auffassungsweise der zweiten und dritten Eigur, wonach oben ihre Bedeutung in der Begr\u00fcndung eines Existenzialurtheils gesucht wird, rechtfertigt sich wohl von selbst durch den Zusammenhang, in welchem sie auftritt.","page":172},{"file":"p0173.txt","language":"de","ocr_de":"Untersuchungen \u00fcber die Grundlagen der Mathematik.\n173\nberuhend auf einem gemeinsamen. Grund a, oder zweier Gr\u00fcnde a and \u00df, verkn\u00fcpft durch eine gemeinsame Folge at. Das Schluss-nrtheil kann daher f\u00fcr sich allein, wenn die in den Pr\u00e4missen angegebene Begr\u00fcndung, au\u00dfer Acht bleibt, nur das Bestehen jenes Zusammenseins als Erkenntniss darbieten. Beruht es doch, an und f\u00fcr sich betrachtet, nicht auf einem einfachen oder zusammengesetzten Ade des beziehenden Denkens, sondern auf dem blo\u00dfen Appercipiren von JA,, \u00df{] oder [a, S]. Es ist demnach ein Existenzialurtheil.\nDies wird durch folgende Beispiele erl\u00e4utert:\n1)\nDas Ding a hat die Eigenschaft ax; [aa \u2014 ax).\nDie Eigenschaft a{ bedingt den Zustand \u00dfx ; [\u00dfal \u2014 \u00dfx).\nDas Ding a befindet sich im Zustand \u00df{ ; [\u00dfaa = \u00df{).\n2)\nDas Ding\ta\that\tdie\tEigenschaft ax\\ [aa \u2014 a\u00df).\nDas Ding\ta\that\tdie\tEigenschaft \u00dft ; (\u00dfa \u2014 \u00df\u00df).\nEs gibt eine Verbindung der Eigenschaften at und \u00dfx\\ (a0[ax, \u00dfx] =\n[\u00abi, \u00df\u00df).\n3)\nDas Ding\ta\that\tdas\tMerkmal ax ; [aa \u2014 a\u00df.\nDas Ding\t6\that\tdas\tMerkmal at; [\u00df\u00df \u2014 a{).\nEs existirt eine Uebereinstimmung zwischen den Dingen a und \u00df;\nKK \u00df] = [\u00ab, \u00df]j.\nIn einem beliebigen Zusammenhang des Denkens besitzen die durch eine Kette von Denkacten vermittelten und somit durch einen zusammengesetzten Denkact erzeugbaren Beziehungen den Charakter der Beziehungen erster Art, w\u00e4hrend denjenigen der zweiten und dritten Art die durch ein Gewebe von Denkacten vermittelten Beziehungen entsprechen. Der Erkenntnissinhalt, welcher aus einer Kr\u00e4he zusammenh\u00e4ngender Denkacte resultirt, findet daher in einem Beziehungsurtheil oder Existenzialurtheil seinen Ausdruck, je nachdem eine Kette oder ein Gewebe von Denkacten vor-fiegt und dementsprechend die mittelbare Beziehung durch einen\nWandt, Philos. Studien. XIV.\t12","page":173},{"file":"p0174.txt","language":"de","ocr_de":"174\tGotti. Friedr. Lipps.\neinzigen zusammengesetzten Denkact erzeugbar oder nicht erzeugbar ist.\nSofern nun die ganze Denkarbeit aus Appejceptionsacten und Acten des beziehenden Denkens sich zusammensetzt, erhellt, dass jeder Erkenntnissinhalt in einem Existenzialurtheil oder \u00dfeziehungsurtheil ins Bewusstsein tritt und so jedem einfachen oder zusammengesetzten Acte des beziehenden Denkens ein \u00dfeziehungsurtheil, jedem Apperceptionsacte, mag er einen Bewusstseinsinhalt selbst oder das Zusammensein solcher Inhalte zum Gegenst\u00e4nde haben, ein Existenzialurtheil zur Seite steht. Diese Urtheile bieten den Ertrag der Denkarbeit dar; in ihnen wird die logische . Ordnung zur Thatsache.\nHieraus erkennt man, dass einerseits die Denkacte und ihr Zusammenhang in Ketten oder Geweben, andererseits die Urtheile und ihre Verbindung in Schl\u00fcssen sich wechselweise entsprechen. Sie sind nur verschiedene Auffassungsweisen des n\u00e4mlichen geistigen Vorgangs.\n\u00a7 6.\nMan h\u00e4tte daher auch von den Urteilen ausgehend zur Erkennt-niss des nach Grund und Folge verkn\u00fcpfenden oder blo\u00df appercjpi-renden Denkens gelangen k\u00f6nnen. Ein Abstractionsprocess h\u00e4tte dann gelehrt, Classen von Urtheilen zu unterscheiden, in denen besonders geartete Beziehungsformen des Denkens hervortreten; und er h\u00e4tte in letzter Linie dazu gef\u00fchrt, die beiden Grundformen des Beziehungsurtheils und Existenzialurtheils anzuerkennen, deren Schema in der Darstellung des Actes des beziehenden und appercipirenden Denkens vorgezeichnet ist. Zugleich h\u00e4tte die Verkn\u00fcpfung und Verwebung der Urtheile in den Schl\u00fcssen ihr Schema in der Darstellung des Zusammenhangs der Denkacte gefunden.\nNachdem jedoch hier die Beth\u00e4tigung des Denkens unmittelbar zum Gegenst\u00e4nde der Reflexion gemacht worden, ist von vornherein t die Form des appercipirenden und des vom Grunde zur Folge fortschreitenden Denkens bekannt. Das Aufzeigen der Erzeugnisse des Denkens erm\u00f6glicht nun aber, die Realisirungen der Denkacte in den Urtheilen als St\u00fctze f\u00fcr die Unterscheidung verschiedener Arten von Beziehungen zu gebrauchen.","page":174},{"file":"p0175.txt","language":"de","ocr_de":"Untersuchungen \u00fcber die Grundlagen der Mathematik.\t175\nZun\u00e4chst lehrt die Betrachtung der Urtheile, dass es \u00fcberhaupt verschiedenartige Beziehungen des Grundes zur Folge gibt.\nt\nDies muss festgestellt werden. Denn man k\u00f6nnte annehmen, dass jeder Act des beziehenden Denkens ebenso wie jeder Apper-ceptionsact in der blo\u00dfen Wiederholung eines und desselben Processes best\u00e4nde. Dann w\u00e4ren a a \u2014\tund \u00dfS = ebenso wie\na0a = a und \u00df0S = $ nur durch den Hinweis darauf, dass jetzt a, dann $ die Ausf\u00fchrung der Denkth\u00e4tigkeit gestattet, unterscheidbar. An und f\u00fcr sich betrachtet w\u00e4ren aber a und \u00df identisch, wie in der That \u00ab0 und \u00df0 identisch sind. Es w\u00e4re dann \u00fcberfl\u00fcssig, neben a noch \u00df, y, \u00e4, ... zur Bezeichnung des beziehenden Denkens zu benutzen, wie denn auch in der fr\u00fcheren Untersuchung kein Bed\u00fcrf-niss sich geltend machte, verschiedene Apperceptionsacte anders als durch Angabe der appercipirten Objecte zu kennzeichnen. Es w\u00e4re ferner unzul\u00e4ssig, ein und dasselbe a als Object f\u00fcr verschiedene Acte des beziehenden Denkens vorauszusetzen; denn es k\u00f6nnte mit a nur verbunden und \u00fcberhaupt einem Objecte nur je ein Object und immer wieder das n\u00e4mliche Object zugeordnet werden. Es g\u00e4be somit zwar Ketten, aber keine Gewebe von Denkacten.\nNun gibt es aber solche Gewebe, da es Urtheile gibt, die dem n\u00e4mlichen Grunde verschiedene Folgen oder der n\u00e4mlichen Folge verschiedene Gr\u00fcnde zuerkennen. Und dies ist nur m\u00f6glich, wenn das Denken in verschiedener Weise th\u00e4tig sein und so verschiedenartige Beziehungen erzeugen kann. Beispielsweise liegt eine ver-, schiedenartige Denkth\u00e4tigkeit vor, wenn in einem Urtheile eine Eigenschaft als einem Gegenst\u00e4nde zugeh\u00f6rig erkannt, oder wenn in ihm die Unterordnung des Gegenstandes unter einen Gattungsbegriff vollzogen wird. Denn im letzteren Falle muss zu der Hervorhebung der Eigenschaft noch die Erkenntniss des Zusammenhangs zwischen Eigenschaft und Gattung hinzukommen, soll sich der Gattungsbegriff als Folge dem Gegenst\u00e4nde als dem gegebenen Grunde zuordnen.\nEs bestehen sonach jedenfalls Beziehungen, die hinsichtlich der Th\u00e4tigkeit des beziehenden Denkens verschieden sind. Man kann daher auch verschiedene Arten von Beziehungen unterscheiden, in welchen besondere Formen des beziehenden Denkens eine Gestalt gewinnen.\n12*","page":175},{"file":"p0176.txt","language":"de","ocr_de":"176\nGotti. Friedr. Lipps.\nZu einer solchen Unterscheidung f\u00fchrt beispielsweise Kant\u2019s Eintheilung der Urtheile in analytische und synthetische1).\nIm analytischen Urtheil geh\u00f6rt das Pr\u00e4dicat ax zum Subject a \u00bbals etwas, was in diesem Begriff a (versteckter Weise) enthalten ist\u00ab. Die Denkth\u00e4tigkeit \u00ab des Denkactes a a = ax besteht ' daher in einer Analyse der denknothwendigen Bestimmungen von a. Die Beziehung zwischen a und ax charakterisirt sich somit dadurch, dass die Folge ax ein unmittelbarer Bestandtheil des Grundes a ist. Es k\u00f6nnte allerdings unzutreffend erscheinen, hier ax als eine aus a entwickelte Folge zu bezeichnen; denn Kant seihst sagt von den analytischen Urtheilen, dass in ihnen die Verkn\u00fcpfung des Pr\u00e4dicats mit dem Subject durch Identit\u00e4t gedacht wird. Indessen ist jede durch das Denken erzeugte Beziehung zwischen verschiedenen Objecten eine solche des Grundes zur Folge, da jeder Act des beziehenden Denkens ein Fortschreiten vom Grunde zur Folge darstellt und nur der Apperceptionsact zu einer reinen Identit\u00e4t f\u00fchrt. Demgem\u00e4\u00df enth\u00e4lt auch das analytische Urtheil eine Beziehung des Grundes zur Folge; denn ax ist verschieden von a, wie denn auch die Denkth\u00e4tigkeit nicht im blo\u00dfen Appercipiren, sondern \u00fcberdies im Zergliedern des a und im Hervorheben des ax als eines Gliedes von a besteht.\nIm synthetischen Urtheil dagegen liegt ax \u00bbganz au\u00dfer dem Begriff a, ob es zwar mit demselben in Verbindung steht\u00ab. Die Denkth\u00e4tigkeit muss daher \u00fcber a hinausgehen, um ax als Folge aus a zu entwickeln. Dies Hinausgehen kann in der mit a verkn\u00fcpften Erfahrung oder in Bestimmungen, an welche die Ausf\u00fchrung der Denkth\u00e4tigkeit von vornherein gebunden ist, begr\u00fcndet sein. Die TMa.lirnng ist es z. B., die es dem Denken m\u00f6glich macht, einem empirisch gegebenen Ding den Gattungsbegriff als Folge zuzuordnen. Es muss ferner, wie Kant hervorhebt, die Anschauung zu H\u00fclfe genommen werden, um von der Geraden aussagen zu k\u00f6nnen, dass sie die k\u00fcrzeste Verbindung zweier Punkte ist. Wenn aber Kant auch f\u00fcr den Satz 7 + 5 = 12 die Anschauung in Anspruch nimmt, so ist hiergegen hervorzuheben, dass vielmehr die nicht auf An-\n1) Kritik der reinen Vernunft. Einleitung. Von dem Unterschiede analytischer und synthetischer Urtheile.","page":176},{"file":"p0177.txt","language":"de","ocr_de":"Untersuchungen \u00fcber die Grundlagen der Mathematik.\t177\nschauung beruhende Zahlenreihe zu Grunde gelegt werden muss, soll sich aus dem Vorhandensein von 7 und 5 die Summe 12 ergehen.\nDies erhellt aus folgender Bemerkung, die zugleich eine vergleichende Nebeneinanderstellung der Denkacte eines rein identischen, eines analytischen und eines synthetischen Urtheils gibt. In dem Urtheil 7 + 5 = 12 ist offenbar das Zusammensein der beiden Zahlen 7 und 5 gegeben; es ist durch [7, 5] zu bezeichnen, wobei [7, 5] nicht mit 7 + 5 verwechselt werden darf. Der Apperceptionsact\n\u00ab0[7, 5] = [7, 5]\nf\u00fchrt nun zun\u00e4chst zum Bewusstwerden dieses Zusammenseins, das lediglich das rein identische Urtheil [7, 5] = [7, 5] gestattet. Verkn\u00fcpft sich damit der analysirende Denkact\na [7, 5] = 7 oder \u2014 5,\nso werden 7 und 5 als die Bestandteile von [7, 5], ohne welche das letztere nicht gedacht werden kann, in dem analytischen Urtheil \u00bb [7, 5] besteht aus 7 und 5 \u00ab erkannt. Kommt nun aber die Kennt-niss der Zahlenreihe hinzu, deren homogene Beschaffenheit es erm\u00f6glicht, von jedem Gliede aus Intervalle mit bestimmter Gliederanzabl abzugrenzen, solche Intervalle aneinanderzureihen und zu einem Ge-sammtintervall zusammenzuschlie\u00dfen, so kann das Denken \u00fcber das gegebene Zusammensein von 7 und 5 hinausgehen; man kann nun 7 und 5 als aneinandergrenzende Intervalle der Zahlenreihe auffassen und zu einer Summe vereinigen. Die Denkth\u00e4tigkeit besteht jetzt im Summiren, sodass a [7, 5] mit 7 + 5 identisch ist, und der Denkact wird sonach durch\no[7, 5] = 12\ndargestellt, worauf das synthetische Urtheil \u00bbdie Summe von 7 und 5 ist 12\u00ab beruht. Man sieht zugleich ein, dass es nicht das einzig m\u00f6gliche ist. Denn unter Zugrundelegen der Zahlenreihe und ihrer Operationen kann die Beth\u00e4tigung des Denkens an [7, 5] ebensowohl das Product der beiden Zahlen zur Folge haben. Dann ist a [7, 5] mit 7 . 5 identisch zu setzen und es hat\na [7, 5] = 35","page":177},{"file":"p0178.txt","language":"de","ocr_de":"178\nGotti. Friedr. Lipps.\nals Darstellung des Denkactes zu gelten, der zu dem synthetischen Urtheil \u00bb 7 . 5 = 35 \u00ab f\u00fchrt. In \u00e4hnlicher Weise kann aus [7, 5] jedes andere durch Zahlenoperationen ableitbare Resultat als Folge entwickelt werden.\nDer Charakter der Beziehung eines synthetischen Urtheils besteht im Gegensatz zu derjenigen eines analytischen Urtheils darin, dass die Folge nicht ein denknothwendiger Bestandtheil des Grundes ist. Wird dieser Grund erweitert, so kommen andere, zum erweiterten r Begriff geh\u00f6rige Elemente zu den vorhandenen hinzu und es ist wohl m\u00f6glich, dass eine zuerst synthetisch entwickelte Folge aus dem erweiterten Grunde analytisch sich ergehe. Diese M\u00f6glichkeit verwischt den Unterschied zwischen analytischen und synthetischen Urtheilen keineswegs1). Denn es handelt sich bei der Charakterisirung verschiedenartiger Beziehungen nicht darum, ob eine Folge ay \u00fcberhaupt nur analytisch oder synthetisch aus einer engeren oder weiteren Fassung des Grundes a sich ergehen k\u00f6nne, sondern darum, wie ax aus dem gegebenen a thatsji\u00e7hlich folgt.\nIn diesem Sinne bestimmen in der That die analytischen und synthetischen Urtheile zwei wesentlich verschiedene Arten von Beziehungen, da entweder ein Fortgang vom Grunde zu den unmittelbaren, denknothwendigen Elementen oder ein Hinausgehen \u00fcber den Grund stattfindet.\nDie Unterscheidung verschiedener Arten von Beziehungen im t Hinblick auf besonders geartete Beth\u00e4tigungsweisen des Denkens ist indessen in mannigfacher Weise., m\u00f6glich. Folgende Bestimmung ist mit R\u00fccksicht auf die Ziele unserer Untersuchung von grundlegender Bedeutung.\n\u00a7 7-\nEs ist denkbar, dass einem Urtheil, welches auf dem Denkact aa = ax beruht, ein anderes auf Grund von aax = sich anschlie\u00dft, sodass die n\u00e4mliche Denkth\u00e4tigkeit a, die aus a entwickelt hat, auch von ax zu a2 f\u00fchrt. Die beiden zusammenh\u00e4ngenden\n1) Vergl. hierzu Wundt, Logik, I. Bd. 2. Aufl. S. 170, wo den Einwendungen Schleier'macher\u2019s und Trendelenburg\u2019s gegen\u00fcber betont wird, dass nur diejenigen Urtheile im Sinne Kant\u2019s analytisch sind, in deren Subject das Pr\u00e4-dicat nothwendig und allgemein g\u00fcltig mitzudenken ist.","page":178},{"file":"p0179.txt","language":"de","ocr_de":"Untersuchungen \u00fcber die Grundlagen der Mathematik.\t179\nDenkacte erzeugen dann gleichartige Beziehungen; denn die zweite ist eine Wiederholung oder Iterirung der ersten. Ich bezeichne darum die Denkth\u00e4tigkeit \u00ab des Denkactes aa \u2014 als iterirbar und nenne die Beziehung zwischen a und ax eine iterirbare Beziehung des Grundes zur Folge.\nDiese Festsetzungen gelten ohne \u00df\u00fccksicht darauf, ob die Iterirung nur zu zwei zusammenh\u00e4ngenden Denkacten oder zu einer beliebig weit sich erstreckenden Kette f\u00fchrt. Man erh\u00e4lt daher folgende Definition.\nKann durch eine Denkth\u00e4tigkeit a von bestimmter Art die Kette von Denkacten\naa = at; aat \u2014 \u00bb2! \u2022 \u2022 \u25a0 \u00ab\u00ab\u00bb-1 \u2014 <*\u00ab, (\u00bb = 2, 3, 4, . . .)\nhergestellt werden, so ist a eine iterirbare Denkth\u00e4tigkeit und die zwischen a und aK bestehende Beziehung ist eine iterirbare Beziehung des Grundes zur Folge. Die in der Kette unmittelbar vorliegenden Beziehungen bilden ein System iterirter Beziehungen.\nAuf Grund dieser Definition sind die iterirbaren und die nicht iterirbaren Beziehungen zu unterscheiden.\nDiese Unterscheidung k\u00f6nnte insofern f\u00fcr unbestimmt und flie\u00dfend gehalten werden, als sie von der Auffasjjwpgsweise der Beziehungen abh\u00e4ngt und hierin ein Schwanken m\u00f6glich zu sein scheint. Denn einestheils ist jede Beziehung insoweit mit jeder andern gleichartig, als sie insgesammt Beziehungen des Grundes zur Folge darstellen; andeijitheils ist jede als individuelle Beziehung von jeder andern verschieden. Iterirbar im allgemeinsten Sinne w\u00e4re daher jede Beziehung, deren Folge einem neuen Denkacte als Grund dienen kann ; jede beliebige Kette von Denkacten enthielte dann ein System iterirter Beziehungen. Bei der engsten Betrachtungsweise m\u00fcssten dagegen zwei Denkacte, denen verschiedene Objecte zu Grunde liegen, als gleichfalls verschieden gelten, sodass keine Beziehung iterirbar w\u00e4re.\nEs handelt sich aber nicht darum, ob die Beziehung eines vorliegenden Urtheils als ein Beispiel der allgemeinen Beziehung des Grundes zur Folge aufgefasst werden, ober aber auf die gerade verkn\u00fcpften Objecte in ihrer individuellen Besonderheit eingeschr\u00e4nkt werden kann. Vielmehr kommt in Betracht, welche Geltung die","page":179},{"file":"p0180.txt","language":"de","ocr_de":"180\nGotti. Friedr. Lipps.\nBeziehung im Zusammenhang des Denkens thats\u00e4chlich besitzt. In dieser ihrer Bestimmtheit ist sie entweder iterirbar oder nicht iterir-bar. Eine Entscheidung hier\u00fcber k\u00f6nnte nur dann zweifelhaft sein, wenn der Erkenntnissinhalt des Urtheils unbestimmt bliebe.\nSo enth\u00e4lt z. B. jedes Urtheil, das von einem Ding eine Eigen-jichaft oder einen Zusjand aussagt, eine nicht iterirbare Beziehung. Denn hier wird der Denkact aa = ai dadurch charakterisirt, dass a die Eigenschaft oder den Zustand ax auf das Ding a als den Tr\u00e4ger von ay bezieht. Da nun ay nicht selbst wieder ein solcher Tr\u00e4ger ist, kann es auch nicht einer Wiederholung jener Denkth\u00e4tig-keit als Grundlage dienen. Der Unterschied in der Beschaffenheit von a und a, macht \u00e4bmit in diesem Fall die Iterirung unm\u00f6glich.\nEs ist ferner die Beziehung eines analytischen Urtheils ihrem Wesen nach nicht iterirbar. Sie ordnet einem gegebenen Bewusstseinsinhalte a ein Element ay zu, ohne welches a nicht gedacht werden kann. Setzt man nun auch a2 als ein ebensolches Element von ai voraus, so erh\u00e4lt man aus den beiden Denkacten aa \u2014 ax; aay = ai durch Zusammensetzung\nttttO = 02-\nEs ist somit a2 auch ein denknothwendiges Element von a. Nun ist der Zusammenhang eines Begriffs mit seinen denknothwendigen Elementen keiner Steigerung oder Schw\u00e4chung f\u00e4hig, sondern einzig in seiner Art. Man muss daher die Beziehung zwischen a und a2 als v\u00f6llig gleichartig mit derjenigen zwischen o und oL anerkennen und dementsprechend\naa = a2\nsetzen. Das Zusammenbestehen von a a \u2014 a2 und a aa \u2014 a2 ist aber unm\u00f6glich; denn aus aa \u2014 02 folgt aaa \u2014 aa\u00ef, so dass aa2 \u2014 a2 sich ergibt, w\u00e4hrend in Wirklichkeit f\u00fcr jedweden Act des beziehenden Denkens avon verschieden ist Die Beziehung eines analytischen. Urtheils ist folglich nicht iterirbar. \u2014 Man kann noch bemerken, dass aus a a \u2014 ay und\tauch die Identit\u00e4t\nvon ay und <3^ folgt, w\u00e4hrend offenbar verschiedene Elemente ay und a2 als nothwendig im Begriff von a enthalten vorausgesetzt werden d\u00fcrfen. Dies enth\u00e4lt jedoch keinen Widerspruch; denn ay und a2","page":180},{"file":"p0181.txt","language":"de","ocr_de":"Untersuchungen \u00fcber die Grundlagen der Mathematik.\t181\nsind in der That identisch, sofern beide in gleicher Weise im denk-nothwendigen Zusammenhang mit a stehen und dies allein kommt hier in Betracht. Geht man nun von der Annahme aus, dass <r2 ebenso wie ai nothwendig in dem gegebenen a enthalten sei, und wollte man zugleich als ein denknothwendiges Element von aK voraussetzen, so w\u00fcrde sich der Widerspruch darin zeigen, dass a2 von vornherein als Element von a bekannt ist und doch erst durch Vermittlung von ay als denknothwendiges Element von a erschlossen wird.\nMan hat demgem\u00e4\u00df die iterirbaren Beziehungen im Gebiete der synthetischen Urtheile zu suchen. Fragt man nun, was hier zu dem gegebenen a hinzukommen muss, damit ax als Folge aus a entwickelt werden kann, so ergibt sich die Antwort aus der Bemerkung, dass in dem zuerst erw\u00e4hnten Beispiele die verschiedene Beschaffenheit von a und ay die Iterirung unm\u00f6glich macht.\nIn der That m\u00fcssen die Objecte a und at in ihrer logischen Beschaffenheit in dem Ma\u00dfe \u00fcbereinstimmen, dass at dem Denken den n\u00e4mlichen Antrieb zur Beth\u00e4tigung darbietet wie a. Erfolgt alsdann der Denkact aay \u2014 im Anschluss an aa = ay, so gilt die gleiche Bedingung f\u00fcr ay und 05, wenn ein dritter Denkact ua-i \u2014 a~3 m\u00f6glich sein soll, u. s. f. Die Objecte, welche durch iterirte Beziehungen verkn\u00fcpft sind, stimmen daher alle in einem bestimmten Grade hinsichtlich ihrer logischen Beschaffenheit \u00fcberein. Soweit, dies der Fall ist, geh\u00f6ren sie der n\u00e4mlichen Begriffssph\u00e4re an.\nSoll also die Beziehung zwischen a und ay iterirbar sein, so muss in ay und in a ein und derselbe Begriff eine Gestalt gewinnen, und die Kenntniss dieses Begriffs muss zu dem gegebenen a hinzukommen, damit ay als Folge aus a entwickelt werden kann.\nBeide Objecte sind gleichartig, sofern blo\u00df ihre Zugeh\u00f6rigkeit zum Begriff in Betracht kommt. Ihre Beziehung beruht aber auf ihrer Verschiedenheit. Dieselbe kann daher f\u00fcr den Begriff als solchen nicht wesentlich sein und nur die Unterscheidung innerhalb seiner Sph\u00e4re veraxdassen. Die Kenntniss des Begriffs l\u00e4sst jedoch eins eben, welche Verschiedenheiten mit der Zugeh\u00f6rigkeit zum Begriff vertr\u00e4glich sind, und was f\u00fcr Beziehungen demnach auftreten k\u00f6nnen. Sie begr\u00fcndet hiermit die logische Ordnung der begrifflich, zusammengeh\u00f6rigen Objecte.","page":181},{"file":"p0182.txt","language":"de","ocr_de":"182\nGotti. Friedr. Lipps.\nEine solche Ordnung wird m\u00f6glich, wenn ein zum Begriff geh\u00f6riges Merkmal variabel ist, oder, allgemeiner gesagt, wenn eine Reihe von Merkmalen denkbar ist, von welchen eines das andere ausschlie\u00dft. so dass jedes Object eines der Merkmale haben muss, jaber auch nur eines haben kann. Statt nur eines variablen Merkmals oder statt nur einer Rgjhe einander ausschlie\u00dfender Merkmale k\u00f6nnen zjyei und noch mehr variable Merkmale oder zwei und noch i mehr Bedien solcher Merkmale vorhanden sein. Die Ordnung innerhalb der Begriffssph\u00e4re kann dann in verschiedener Hinsicht oder in mehrfacher Hinsicht zugleich hergestellt werden.\nSoll diese Ordnung durch Iterirung einer Beziehung erfolgen, so muss, wenn auch nur drei Objecte a, al} a2 in Betracht gezogen werden, eine Variirung der Beziehung m\u00f6glich sein. Denn aus \u00aba = o,; aal = a2 folgt aaa = a2, und acta kann, wie das Beispiel der analytischen Urtheile zeigt, nicht mit a a identisch sein, ohne dass die Beziehung als nicht iterirbar sich erweist. Vielmehr muss die mittelbare Beziehung des Denkactes aaa = a2 von der unmittelbaren der Denkacte aa = al; aai=a2 verschieden sein und etwa eine Steigerung derselben darstellen. Dies wird in dem sprachlichen Ausdruck der Urtheile, die solche Beziehungen enthalten, durch Verwendung des Comparativs ersichtlich, mag durch diesen nun ein mehr oder minder hinsichtlich der Gr\u00f6\u00dfe oder hinsichtlich der Verschiedenheit \u00fcberhaupt bezeichnet werden.\n\u00a7 8.\nDemgem\u00e4\u00df enth\u00e4lt jedes Urtheil, das begrifflich zusammengeh\u00f6rige Objecte nach einem gemeinsamen, der Abstufung f\u00e4higen Merkmal ordnet, eine Beziehung, die im allgemeinen der Iterirung f\u00e4hig ist. Dies gilt unter Anderem von den Empfindungen eines bestimmten Sinnesgebietes, wenn sie hinsichtlich ihrer qualitativen oder intensiven Verschiedenheit auf einander bezogen werden.\nBeispielsweise wird die Beziehung des Urtheils \u00bbder Ton a ist h\u00f6her als der Ton \u00ab in dem Urtheil \u00bb der Ton a2 ist h\u00f6her als der Ton a2 \u00ab iterirt. Aus beiden Urtheilen folgt die Conclusion \u00bb der Ton a ist somit auch h\u00f6her als \u00ab. G\u00e4be es nun keine Abstufung, kein mehr und minder f\u00fcr diese Beziehungen, so m\u00fcsste in","page":182},{"file":"p0183.txt","language":"de","ocr_de":"Untersuchungen fiber die Grundlagen der Mathematik.\n183\ngleicher Weise wie f\u00fcr die Beziehungen der analytischen Urtheile neben aa \u2014 a2 auch aaa \u2014 a2) als Zusammensetzung von aa = aL und #\u00ab! \u2014 a-2 bestehen. Es w\u00e4re dann auch hier aaa mit a a identisch, was wiederum die Unm\u00f6glichkeit der Iterirung vor Augen stellen w\u00fcrde. In Wirklichkeit k\u00f6nnen aber die in Rede stehenden Beziehungen abgestuft werden. Denn es liegt nur an der Unbestimmtheit des sprachlichen Ausdrucks, wenn von den beiden T\u00f6nen a und at nur gesagt wird, dass sie h\u00f6her als a2 sind. Der Ton a ist thats\u00e4chlich noch h\u00f6her als a,, und die auf aa \u2014 ax und aaa = a2 beruhenden Urtheile enthalten nur scheinbar die n\u00e4mliche Beziehung. Es wird darum eine sch\u00e4rfere Bestimmung der Beziehung Bed\u00fcrfniss. Letzteres befriedigt die Psychologie durch Einf\u00fchrung des Begriffs der \u00bbeben merklich verschiedenen\u00ab Empfindung. Dann bezeichnet a in aa = ax; aax = a2 den Uebergang zu der eben merklich verschiedenen Empfindung, so dass aaa = a2 eine st\u00e4rkere Verschiedenheit als die eben merkliche in bestimmter Weise angibt.\nDie Scala der eben merklichen Abstufungen in der Qualit\u00e4t und Intensit\u00e4t der Empfindungen ist so die Grundlage f\u00fcr eine objective Ordnung in den einzelnen Sinnesgebieten und diese Ordnung vollzieht sich durch Iterirung der Beziehung, die zwischen einer gegebenen Empfindung und der von ihr eben merklich verschiedenen Empfindung besteht.\nDie hier als Beispiel in Anspruch genommenen Sinnesempfindungen lassen \u00fcberdies erkennen, dass zwei verschiedene Arten iterir-barer Beziehungen unterschieden werden k\u00f6nnen. Beispielsweise f\u00fchrt der Fortgang von einer Empfindung zu der eben merklich verschiedenen im Gebiete der Tonqualit\u00e4ten von einem tiefsten bis zu einem h\u00f6chsten Tone oder umgekehrt; im Gebiete der Farbenqualit\u00e4ten dagegen f\u00fchrt er von roth durch die Farben des Spectrums zu violett und durch die Purpurt\u00f6ne zu roth zur\u00fcck. Es gibt demnach offene und geschlossene Systeme iterirter Beziehungen und dementsprechend iterirhare Beziehungen, die solche Systeme erzeugen.\nDas geschlossene System kann sich insbesondere auf nur zwei Glieder reduciren, wenn die Beziehung zwischen a und ax gleich derjenigen zwischen ax und a ist. So f\u00fchrt der Uebergang zur Oom-plement\u00e4rfarbe ebenso von roth zu gr\u00fcn, wie von gr\u00fcn zu roth; in","page":183},{"file":"p0184.txt","language":"de","ocr_de":"184\nGotti. Friedr. Lipps.\ngleicher Weise ist f\u00fcr die Temperaturempfindungen die Beziehung zwischen W\u00e4rme und K\u00e4lte gleich derjenigen zwischen K\u00e4lte und W\u00e4rme: jede der beiden Empfindungen steht zur anderen im Gegensatz. Es sind alsdann die beiden Denkacte darstellbar durch:\naa \u2014 at ; aai = a, so dass aaa = a, und zwischen a und ax besteht die Beziehung des Gegensatzes, in der man hiernach einen Specialfall der iterir-baren Beziehungen erkennt.\nNachdem durch diese Beispiele die Bedeutung der iterirbaren Beziehungen hervorgehoben worden, kann noch darauf hingewiesen werden, dass nicht nur das beziehende Denken der Iterirung f\u00e4hig sein kann, sondern dass auch das blo\u00dfe Appercipiren, der aufgestellten Definition zufolge, iterirbar ist. Denn der Apperceptions-act a\u201ea = a kann an dem n\u00e4mlichen a von neuem ausgef\u00fchrt werden. \u2019 Alsdann wird \u00ab0 als iterirbare Denkth\u00e4tigkeit dadurch charakterisirt, dass \u00abo a0 = \u00ab0, w\u00e4hrend f\u00fcr jedes Beziehungen schaffende Denken aa von a verschieden ist.\nAuf Grund dieser Bemerkung tritt die fr\u00fchere, von der Aneinanderreihung der Apperceptionsacte ausgehende Untersuchung \u00fcber die Reihenform des Denkens in einen Zusammenhang mit der vorliegenden. Die selbst\u00e4ndige Bedeutung der ersteren wird allerdings hierdurch nicht ber\u00fchrt. Denn die Apperceptionsacte dienten nicht wegen der, erst jetzt in den Vordergrund tretenden Iterirbarkeit als Ausgangspunkt, sondern weil das Fehlen objectiver Beziehungen das reihenf\u00f6rmig fortschreitende Denken ungehindert zur Geltung kommen lie\u00df und es erm\u00f6glichte, die Merkmale der Reihenform in den Gliedern der Zahlenreihe objectiv darzustellen. Da nun aber das Appercipiren den iterirbaren Beth\u00e4tigungsweisen des beziehenden Denkens zur Seite tritt, so wird Anlass sein, die fr\u00fcher gewonnenen Ergebnisse diesem Gesichtspunkte zu unterstellen. Es ist dann zu beachten, dass die begrifflich zusammengeh\u00f6rigen Objecte, die beim Eingreifen des beziehenden Denkens von einander verschieden sein m\u00fcssen, nun als einander gleich vorauszusetzen sind, wenn ihr Erfassen im blo\u00dfen Appercipiren bestehen soll.\nWenn man will, kann man auch die Beziehungen zwischen den Gliedern der Zahlenreihe als Beispiele iterirbarer Beziehungen auf-","page":184},{"file":"p0185.txt","language":"de","ocr_de":"Untersuchungen \u00fcber die Grundlagen der Mathematik.\t185\nfassen. Sie haben zwar im subjectiven, reihenf\u00f6rmigen Erfassen ihre Quelle; sie erhalten aber dadurch, dass die Zahlen selbst\u00e4ndige Denkobjecte werden, die Bedeutung objectiver Beziehungen. So kann man z. B. a 1 = 2; a 2 = 3 ; a 3 == 4 u. s. w. als eine Kette von Denkacten interpretiren, f\u00fcr welche a den Fortgang von einer Zahl zu der n\u00e4chsth\u00f6heren bezeichnet, so dass aus einer gegebenen Zahl als dem Grunde die unmittelbar sich anschlie\u00dfende als die Folge sich ergibt. Jede \u00e4hnliche Beziehung, die auf einem Fortschreiten innerhalb der Zahlenreihe beruht, ist in gleicher Weise unbegrenzt iterir-bar. Ihnen treten die auf einem K\u00fcckw\u00e4rtsschreiten beruhenden Zahlenbeziehungen gegen\u00fcber, die durch die indirecten Zahlenoperationen vermittelt werden und beschr\u00e4nkt iterirbar sind; denn sie stellen Aufhebungen der durch die directen Operationen erzeugten Beziehungen dar; und aufhebbar sind nat\u00fcrlich die Beziehungen nur insoweit, als sie zuvor thats\u00e4chlich hergestellt wurden oder als hergestellt vorausgesetzt werden k\u00f6nnen.\n\u00bb\n\u00a7 9.\nIn den iterirbaren Beziehungen er\u00f6ffnet sich ein neues Untersuchungsgebiet, das nun betreten werden soll.\nDa das beziehende Denken selbst, unter der Voraussetzung der Iterirbarkeit, zu untersuchen ist, so kommt es jetzt nicht darauf an, ob dieses oder jenes Object eine iterirbare Beth\u00e4tigung des Denkens gestattet; und die hierf\u00fcr angegebenen Bedingungen kommen nur dann in Betracht, wenn es sich um die Abgrenzung des Bereichs, in welchem iterirbare Beziehungen auf treten, handelt. Wesentlich ist lediglich die Thatsache, dass es, der aufgestellten Definition entsprechend, iterirbare Denkth\u00e4tigkeiten gibt. Denn nun ist die Untersuchung dieser besonderen Form des beziehenden Denkens nicht gegenstandslos und es d\u00fcrfen Objecte als Tr\u00e4ger iterirbarer Beziehungen vorausgesetzt werden.\nHierbei ist von der Darstellung des Denkactes durch aa = a{ auszugehen, wo a eine wohl definirte Beth\u00e4tigungsweise des Denkens von bestimmter Art bezeichnet, w\u00e4hrend a und at nicht in ihrer individuellen, dem Denken Ziel und Schranken setzenden Besonderheit, sondern blo\u00df als Tr\u00e4ger der durch a erzeugten Beziehung zur","page":185},{"file":"p0186.txt","language":"de","ocr_de":"186\nGotti. Friedr. Lipps.\nGeltung kommen. Diese Darstellungsweise ergab sich als der zutreffende Ausdruck f\u00fcr den einzelnen Act des beziehenden Denkens. Soll nun aber die Gleichung aa \u2014 in der That einen Denkact darstellen, so muss sie alle Forderungen oder Axiome erf\u00fcllen, die sich daraus ergeben, dass durch a eine Denkth\u00e4tigkeit, durch a und ax je ein bestimmtes Denkobject bezeichnet werden soll.\nAus der Charakterisirung des Denkactes (\u00a7 3) geht hervor, dass sowohl das Object a als auch das Object aY wirklich vorhanden sein, und dass die Denkthgtigkeit a thatsjjchlich eintreten muss, soll \u00fcberhaupt ein Denkact vorliegen. Ist kein Object gegeben, so kann das Denken keine Folge entwickeln; und wenn das Denken sich nicht beth\u00e4tigt, so kann kein Erfolg des Denkens eintreten; beth\u00e4tigt sich aber das Denken an einem gegebenen Objecte, so muss auch nach Vollzug des Denkactes ein Object vorhanden sein. Bezeichnet man n\u00fcn \u2014 was keinem Bedenken unterliegt \u2014 ein nicht vorhandenes Object als Object 0 und eine nicht eintretende Denkth\u00e4tigkeit als Denkth\u00e4tigkeit 0, so gelten f\u00fcr aa = a1, sofern hierdurch ein Denkact dargestellt werden soll, folgende Axiome:\nIst a = 0 oder a = 0, so ist auch a, = 0.\nIst weder a = 0 noch a \u2014 0, so ist auch nicht = 0.\nIst \u2014 0, so ist entweder a = 0 oder a = 0.\nSie bedingen die Existenz eines Denkactes.\nSind diese Axiome erf\u00fcllt, bezeichnet also a a = at einen that-s\u00e4chlich vorliegenden Denkact, so wechselt je nach der vorausgesetzten Art der Denkth\u00e4tigkeit a die Bedeutung ihrer Tr\u00e4ger a und ; sie kann reicher oder \u00e4rmer werden.\nIst der Denkact ein blo\u00dfer Apperceptionsact, so ist mit a identisch und a, nach der fr\u00fcheren Bestimmung, durch a0 zu ersetzen. Der Bewusstseinsinhalt a ist dann der Tr\u00e4ger des Apperceptionsactes, durch den jener ohne R\u00fccksicht auf seine Beschaffenheit und seine Beziehung zu anderen Bewusstseinsinhalten als ein Object, als eine Einheit, erfasst wird. Ich definire demgem\u00e4\u00df: Der Tr\u00e4ger des Apperceptionsactes ist die beziehungslose oder absolute Einheit. Soll diese Bedeutung des zu Grunde liegenden a besonders hervorgehoben werden, so bezeichne ich es durch a0.\nJeder Denkact schlie\u00dft den Apperceptionsact ein. Daher hat","page":186},{"file":"p0187.txt","language":"de","ocr_de":"Untersuchungen \u00fcber die Grundlagen der Mathematik.\t187\njedes Denkobject die Bedeutung, eine Einheit zu sein: es ist eine solche, sofern es der Tr\u00e4ger des Apperceptionsactes ist; es ist die absolute Einheit a0, sofern es nichts weiter ist. Da nun die Glieder der Zahlenreihe die Tr\u00e4ger von Apperceptionsacten sind, so ist jede Zahl 1, 2, 3, . . ., als Glied dieser Reihe, eine Einheit. Die Zahlen sind aber \u00fcberdies die Tr\u00e4ger der Merkmale der Reihgnform ; somit ist das Anfangsglied 1 so wenig wie 2 oder 3 die absolute Einheit. Es bestehen ferner die Intervalle der Zahlenreihe oder die Anzahlen aus Einheiten; aber auch die Anzahl 1 ist nicht \u00bbdie Einheit\u00ab, sondern \u00bbdie aus nur einer Einheit bestehende Anzahl\u00ab. Das Zeichen 1 ist demnach in keiner der beiden Bedeutungen mit dem Zeichen a0 f\u00fcr die absolute Einheit identisch.\nBesteht aber die Denkth\u00e4tigkeit a nicht blo\u00df im Appercipireij, so sind auch die Denkohjecte a und al nicht blo\u00df Einheiten, sondern \u00fcberdies die Tr\u00e4ger der erzeugten Beziehung. Als solche sind sie nothwendig von einander verschieden; denn jeder Act des beziehenden Denkens erzeugt aus einem gegebenen Grunde eine davon verschiedene Folge. Es gibt daher au\u00dfer dem Apperceptionsact keinen Denkact, f\u00fcr welchen a gleich a{ sei. Daraus folgt f\u00fcr aa = a, als Darstellung eines Denkactes das Axiom:\nIst a \u2014 ax, so ist entweder a = a0 oder a \u2014 0 (da stets a0 = 0).\nEs bedingt die Unterscheidung zwischen dem Apperceptions act und dem Act des beziehenden Denkens.\nIst nun a nicht gleich a,, liegt also ein Fortschreiten vom Grunde zur Folge vor, so ist a, durch a und a v\u00f6llig bestimmt. 4 Denn die Eindeutigkeit des Denkens gestattet es nicht, aus einem gegebenen Grunde durch eine bestimmte Th\u00e4tigkeit des Denkens verschiedene, Folgen zu entwickeln. Ebenso wenig ist es denkbar, dass aus verschiedenen Gr\u00fcnden durch eine und dieselbe, Beth\u00e4tigung des Denkens die n\u00e4mliche Folge entwickelt werde, oder dass verschiedene Denkth\u00e4tigkeiten den n\u00e4mlichen Grund und die n\u00e4mliche Folge zu Tr\u00e4gem haben. Dementsprechend bestehen f\u00fcr aa = at und \u00dfS = als den Darstellungen zweier Denkacte die Axiome:","page":187},{"file":"p0188.txt","language":"de","ocr_de":"188\nGotti. Friedr. Lipps.\n1st a \u2014 S und a \u2014 \u00df, so ist zugleich ay \u2014 Sy.\n1st a \u2014 \u00df und ay \u2014 Sy, so ist zugleich a \u2014 S, wofern nicht a = \u00df = 0 und ay \u2014 Sy = 0.\nIst a \u2014 S und ay = Sy, so ist zugleich a = \u00df, wofern nicht a = S = 0 und ax = Sy \u2014 0.\nSie dienen dazu, zwischen Identit\u00e4t und Verschiedenheit zweier Denkacte zu entscheiden.\nIst jedoch nur a \u2014 S, oder nur ay = Sy, oder schlie\u00dflich nur a = \u00df, so folgt hieraus keineswegs die Identit\u00e4t von a a = a, und \u00dfS = Sy. Es gibt n\u00e4mlich einerseits verschiedene Denkth\u00e4tigkeiten: sie k\u00f6nnen von dem n\u00e4mlichen Grund zu verschiedenen Folgen f\u00fchren, oder die n\u00e4mliche Folge aus verschiedenen Gr\u00fcnden entwickeln. Ist andererseits a = \u00df, so sind zwar die Objecte a und ay und die Objecte S und Sy die Tr\u00e4ger einer und derselben Beziehung; das eine Paar kann sich aber trotzdem vom anderen unterscheiden, indem es au\u00dferdem als Tr\u00e4ger anderer Beziehungen, die mit der durch a erzeugten vertr\u00e4glich sind, in Betracht kommt: die Voraussetzung, dass a \u2014 \u00df, schlie\u00dft daher nicht ein, dass nun auch a = S und av = Sy. Es kann somit neben aa = auch \u00dfa = Sy oder \u00dfS \u2014 ax oder aS \u2014 Sy auftreten.\nVerschiedene Denkacte k\u00f6nnen, wie in \u00a7 4 gezeigt wurde, dann, und nur dann, zusammengesetzt werden, wenn sie eine Kette bilden. Sind also a, \u00df, y, . , . die Symbole von Denkth\u00e4tigkeiten, so haben ihre Oombinationen im allgemeinen keinen Sinn. Jede Combination erfordert die Erf\u00fcllung bestimmter Bedingungen.\nDiese Bedingungen sind aus folgenden Beispielen zu ersehen. Wird a und \u00df durch aa \u2014 ax und \u00dfS \u2014 Sy definirt, so besteht die Combination \u00dfa, wenn al = S, so dass \u00dfaa \u2014 Sy ; es besteht die Combination a\u00df, wenn a \u2014 Sy, so dass a\u00dfS \u2014 ay. Es besteht alsdann entweder die eine oder die andere Combination. \u2014 Sollen neben a und \u00df die beiden Combinationen a\u00df und \u00dfa zugleich auftreten, so m\u00fcssen zwei Ketten vorhanden sein. Ist demgem\u00e4\u00df einerseits aa = ay \\ \u00dfax \u2014 a2, ander entheils \u00dfS \u2014 Sy; a Sy = S2, so ist auch einestheils \u00dfaa \u2014aj, anderentheils a\u00dfS=S2. Es existirt sonach a\u00df neben \u00dfa; es ist aber a\u00df im allgemeinen nicht gleich \u00dfa. \u2014","page":188},{"file":"p0189.txt","language":"de","ocr_de":"Untersuchungen \u00fcber die Grundlagen der Mathematik.\n189\nSollen \u00fcberdies die beiden neben einander bestehenden Combinationen a\u00df und \u00dfa \u00e4quivalent sein, so m\u00fcssen die beiden Ketten sowohl durch einen gemeinsamen Grund als auch durch eine gemeinsame Folge Zusammenh\u00e4ngen. Ist nunmehr aa =\t\u00dfax \u2014 a2 und\n\u00dfa = S\\ ; ct\u00df\\ = a2, so ist in der That \u00dfaa \u2014 a2 und a\u00df a \u2014 a2, so dass \u00dfa \u2014 a\u00df. \u2014 In entsprechender Weise h\u00e4ngt die Combination a2a1a der drei Symbole a, ax, a2 von dem Bestehen der Gleichungen aa = a1; a, a, = a2\\ a2a2 \u2014 a3 ab. Ihre Zusammensetzung f\u00fchrt entweder zuerst zu ayaa = a2\\ a2a2 = a-3 und dann zu a2(ata)a = a3 oder zuerst zu aa = a{; a2a1a1 \u2014 a3 und dann zu [a2ax)aa = a3. Da somit a2(\u00abia) = (\u00ab2\u00f6i)a> so ist die Combination a2ala als associativ zu bezeichnen. Eine andere, aus dieser durch Vertauschung der Symbole a, ax, a2 hervorgehende Combination z. B. \u00ab\u00ab2 a, ist aber nur m\u00f6glich, wenn sie durch eine neue Kette ax\u00ea \u2014\t; a2\u00eax = S2 ; aS2 = S3 und deren Zusammensetzung\nzu aa2at\u00e9 = S3 begr\u00fcndet wird. Die Combination a2axa ist daher nicht ohne weiteres commutativ. Dies hat allgemeine Geltung. Existirt also eine Combination der Symbole von Denk-th\u00e4tigkeiten, so ist sie stets associativ, aber nur auf Grund neu hinzutretender Bedingungen commutativ.\nJeder Act des beziehenden Denkens schlie\u00dft den Apperceptions-act ein. Es kann daher jedes a stets mit a0 combinirt werden und es ist a0a = aa0 = a.\nDie Denkth\u00e4tigkeit a ist iterirbar, wenn aa = a{ und aax = a2 zugleich auftreten. Dann dienen a, und a2 ebenso wie a und ax als Tr\u00e4ger von a. Das Wesen der iterirbaren Denkth\u00e4tigkeit besteht sonach darin, dass der Tr\u00e4ger ihrer Folge zugleich der Tr\u00e4ger des Grundes f\u00fcr ihre Wiederholung ist und so diese Wiederholung unmittelbar veranlasst. Dem ersten Denkact schlie\u00dft sich daher eine unbegrenzte Aufeinanderfolge von Iterirungen an, so dass eine von einem Anfangsglied aus ohne Ende fortsetzbare Beihe von Denkacten entsteht. Die iterirbare Denkth\u00e4tigkeit setzt sich selbst mit anderen Worten keine Grenze und nur bei ihrer Anwendung zur Herstellung der objectiven Ordnung innerhalb der Sph\u00e4re eines Begriffs kann ihr durch die gerade obwaltenden, beschr\u00e4nkenden Bestimmungen ein Halt geboten werden. Es gilt demgem\u00e4\u00df f\u00fcr a als Symbol einer iterirbaren Denkth\u00e4tigkeit das Axiom:\nWnndt, Philos. Stadien. XIV.\n13","page":189},{"file":"p0190.txt","language":"de","ocr_de":"190\nGotti. Friedr. Lipps.\nBesteht aa = ay und zugleich a\u00bbt \u2014 \u00bb2, so bestehen auch a\u00bb2 = \u00bb3; aa3 \u2014 \u00bb4; a\u00bb4 = \u00bb5; ... in infinitum.\nIst insbesondere a = a0, so ist \u00bb \u2014 av = \u00bb2 = . . . Der Beihe \u00bb, ax, \u00bb2, ... tritt so eine Beihe gleicher Objecte gegen\u00fcber, von welchen jedes als Tr\u00e4ger des Apperceptionsactes die absolute Einheit ist. Man kann nun zwar jedem beliebigen Denkact a a \u2014 \u00bb, den Apperceptionsact a0\u00bb = \u00bb zur Seite stellen und sagen, dass den von einander versclfiedenen Objecten \u00bb und \u00bb, die einander gleichen Objecte \u00bb als absolute Einheiten entsprechen. Aber gerade deshalb, weil das Appercipiren eine iterirbare Denktb\u00e4tigkeit ist, besteht eine n\u00e4here Verwandtschaft zwischen den Tr\u00e4gern einer iterirjparen Th\u00e4tig-keit des beziehenden Denkens und den Tr\u00e4gern an einandei^gereihter Apperc^ptionsacte. Ich bezeichne darum, obscbon jedes Denkobject \u2014 wie bereits erw\u00e4hnt wurde \u2014 die Bedeutung einer Einheit besitzt, dennoch die Objecte a, au a2, ... vorzugsweise als Einheiten und definire: Die Objecte \u00bb, \u00bbt, \u00bb2, ... sind als Tr\u00e4ger einer iterirbaren Beziehung relative, d. h. auf einander bezogene Einheiten.\nUnter den relativen Einheiten ist die erste \u00bb vor den \u00fcbrigen dadurch ausgezeichnet, dass sie diesen insgesammt zu Grunde hegt. Jede andere wird erst durch die Ausf\u00fchrung der Denkth\u00e4tigkeit a aus \u00bb abgeleitet. Es soll darum \u00bb die Grundeinheit hei\u00dfen; ihr treten \u00bb,, \u00bb2, . . . als abgeleitete Einheiten gegen\u00fcber.\nDie Grundeinheit unterscheidet sich von der absoluten Einheit dadurch, dass jene zu den abgeleiteten Einheiten in Beziehung steht, w\u00e4hrend diese beziehungslos ist. Es ist jedoch vielfach vortheilhaft und ohne Unklarheit durchf\u00fchrbar, die Grundeinheit ebenso wie die absolute Einheit durch \u00bb\u201e zu markiren. Wird nun noch die Bestimmung getroffen, dass aW eine Combination von k Symbolen a andeuten soll und insbesondere aW f\u00fcr a0 eintreten darf (wonach cJo) \u2014 \u00f6{); \u00f6(i) = a- a(2) = a a u. s. w. zu setzen ist), so lassen sich die Beziehungen zwischen den relativen Einheiten insgesammt durch:\nin \u00fcbersichtlicher Weise angeben.","page":190},{"file":"p0191.txt","language":"de","ocr_de":"Untersuchungen \u00fcber die Grundlagen der Mathematik.\t191\nEs gelten somit f\u00fcr die symbolischen Gleichungen von der Form aa \u2014 a,, falls sie bestimmte Denkacte darstellen sollen, folgende axiomatische S\u00e4tze:\n1)\t\u00ab0 = 0.\n2)\tOa \u2014 0 .\n3)\tIst aa \u2014 0, so ist entweder a \u2014 0 oder a = 0.\n4)\tIst a a = a, so ist entweder a = a0 oder a \u2014 0 .\n5)\tBesteht neben aa = a, auch aa = St, so ist ay = S, .\n6)\tBesteht neben aa = a, auch aS \u2014 at, so ist entweder a = S oder a = 0 und at = 0.\n7)\tBesteht neben a a \u2014 ay auch \u00dfa \u2014 a,, so ist entweder a = \u00df oder a \u2014 0 und av \u2014 0 .\n8)\tAus aa \u2014 a1; a, ay \u2014 o2 folgt a,aa \u2014 a2 und aus a, aa = a2 folgt aa \u2014 ay, a,ay \u2014 a2 .\n9)\tMit jedem a kann a0 combinirt werden. Es ist a0a = aa0 = a .\n10)\tK\u00f6nnen a2, ay und a combinirt werden, so ist \u00ab2(\u00abi a) \u2014 (a2\u00abi)\u00ab \u2022\n11)\tBesteht a a \u2014 ay und zugleich aa, = a2, so besteht auch, wenn a(\u00b0) f\u00fcr an und a0 f\u00fcr a gesetzt wird,\n= <*i+k ; (\u00d9 k = 0, 1, 2, 3 . . .).\nMan kann noch hinzuf\u00fcgen:\n12)\tDa [a, S, c . . .] bedeutet, dass sowohl a als auch S, c u. s. w. im Bewusstsein vorhanden sind, so ist\n[[\u00bb, 4, c \u25a0 \u2022 \u2022] [<*', c' \u2022\u2022\u2022]] = [<*> <*'\u00bb 4 c, C ...]\nund\na[a, S, c . . .] = [aa, aS, ac . . .],\nwobei der Anordnung der a, S, c, ... a', S', c\u2019 ... keine Bedeutung zukommt.\n\u00a7 io.\nUnter a, \u00df, y . . . sollen nun im Folgenden stets iterirbare Be-th\u00e4tigungsweisen des beziehenden Denkens verstanden werden. Das Mo\u00dfe Appercipiren wird durch a0, je nach Umst\u00e4nden aber im Inter-\n13*","page":191},{"file":"p0192.txt","language":"de","ocr_de":"192\nGotti. Friedr. Lipps.\nesse der \u00fcbersichtlichen Bezeichnungsweise auch durch a(\u00b0), \u00df<01, y(c9 angegeben. Bez\u00fcghch dieser Denkth\u00e4tigkeiten wird vorerst nur vorausgesetzt, dass sie von einander verschieden seien, um zun\u00e4chst die allgemeine Grundlage f\u00fcr ihre Untersuchung zu entwickeln. Zu diesem Zwecke werden ihre Erzeugnisse in allgemein g\u00fcltiger Weise charakterisirt und es wird angegeben, inwiefern dieselben zum Gegenst\u00e4nde der Untersuchung gemacht werden k\u00f6nnen.\nEine iterirbare Denkth\u00e4tigkeit hat nach Satz 11) eine unbegrenzte Reihe von Einheiten zu Tr\u00e4gem. Kann sie mit einer anderen com-binirt werden, so kommt \u00fcberdies jeder Combination eine solche Reihe zu. Die Gesammtheit der Einheiten, bildet daher' stets eine unbegrenzte Mannigfaltigkeit, die durch BUZ bezeichnet werden soll. Jedes irgendwie bestimmte Zusammensein von Einheiten geh\u00f6rt der Mannigfaltigkeit an und soll ein Element von BIZ hei\u00dfen.\nIst nur \u00ab0 vorhanden, so ist BIZ die unbegrenzte Reihe der absoluten Einheiten. Sie kann durch\nBJZ[a\u00fc) = [a0, a\u00fc, a0 . . .]\nangedeutet werden.\u2014Wird dagegen a, d. h. eine Beth\u00e4tigungsweise des beziehenden Denkens, vorausgesetzt, so kann nach Satz 9) mit a stets a0 combinirt werden. Die Mannigfaltigkeit beschr\u00e4nkt sich daher nicht auf die unbegrenzte Reihe a, a,, a2 ... der als Tr\u00e4ger von a auftretenden Einheiten, sondern jede dieser Einheiten ist als Tr\u00e4ger des Apperceptionsactes in unbegrenzter Auflage vorhanden zu denken, so dass BIZ in doppelter Hinsicht unbegrenzt, ist. Es ist daher\nBIZ[cr) = [a, a . . .; au ax . . .; . . .]\nzu setzen. Da es sich von selbst versteht, dass \u00ab0 mit a sich combinirt, so ist BIZ durch a vollst\u00e4ndig bestimmt. Es ist daher nicht n\u00f6thig, a0 in die Bezeichnung von BIZ aufzunehmen.\u2014In gleicher Weise entsteht durch \u00df und das mit \u00df sich combinirende \u00ab0 die Mannigfaltigkeit\nBIZ i\u00df) = [S, S a, A\nwenn S, S2 \u25a0 . . die Tr\u00e4ger von \u00df sind.--------\nBIZ(a) h\u00e4ngt mit BIZ[\u00df) zusammen, wenn a gleich 6 ist. Ist nun a nur in dem Sinne gleich S, dass die Grundeinheit f\u00fcr a in","page":192},{"file":"p0193.txt","language":"de","ocr_de":"Untersuchungen \u00fcber die Grundlagen der Mathematik.\n193\ndem n\u00e4mlichen Objecte ihre Verwirklichung findet wie die Grundeinheit f\u00fcr \u00df, so ist es denkbar, dass a und \u00df nicht combinirt werden k\u00f6nnen. Die Reihe a, au a2, ... besteht dann thats\u00e4chhch unabh\u00e4ngig neben der Reihe \u00e9, Su . . . und der Zusammenhang von \u00aeflc{a) und \u00a7)}Z[\u00df) ist nur ein \u00e4u\u00dferlicher. Setzt man aber voraus, dass es im Wesen des Grundes f\u00fcr a hegt, zugleich der Grund f\u00fcr \u00df zu sein, so muss auch au das ebenso wie a die Ausf\u00fchrung von \u00ab begr\u00fcndet, als Tr\u00e4ger von \u00df gelten. Entsprechend ist SY zugleich als Tr\u00e4ger von a anzusehen. Es existirt dann neben a und \u00df sowohl a\u00df als auch \u00dfa und somit jede aus a und \u00df herstellbare Combination.\nNur f\u00fcr den Fall, dass neben a und \u00df auch a\u00df und \u00dfa exi-stiren, soll die durch \u00ab0, \u00ab und \u00df erzeugbare Mannigfaltigkeit von Einheiten in\n\u00df)\nihre Bezeichnung finden.\"\nDie Combinationen von a und \u00df sind commutativ oder nicht commutativ, je nachdem a\u00df gleich \u00dfa oder von \u00dfa verschieden ist. Ist a\u00df von \u00dfa verschieden, so lassen sich die Beziehungen zwischen den Einheiten mit H\u00fclfe der fr\u00fcher (\u00a7 4) gegebenen Darstellungs-weise durch folgendes Schema veranschaulichen:\n/ / \u2019 A\n./ \\.\n,/\n/\n\\\n./\n/\n\\\n/ A\n/ ^\nHier m\u00f6gen die nach links gerichteten Pfeile die durch a, die nach rechts gerichteten die durch \u00df erzeugten Beziehungen andeuten. Wie man sieht, besitzt dieses Schema Aehnlichkeit mit einem Stammbaum, und diese Aehnlichkeit ist keine blo\u00df \u00e4u\u00dferliche. Denn die Beziehung zwischen den auf einander folgenden Generationen ist in der That iterirbar und man kann auch zwei verschiedene Arten von Beziehungen zwischen Erzeugern und Erzeugten unterscheiden, wenn","page":193},{"file":"p0194.txt","language":"de","ocr_de":"194\nGotti. Friedr. Lipps.\nman beispielsweise den legitimen Nachkommen die illegitimen gegen\u00fcber stellt, welch letztere durch Sitte und Gesetz in eine andere Beziehung zu ihren Erzeugern treten als die ersteren. \u2014 Ist dagegen a\u00df \u2014 \u00dfa} so erh\u00e4lt man an Stelle des Stammbaums folgendes aus Parallelogrammen zusammengesetzte Schema:\n/\\\n/\\/\\\n/\\ /\\ /\\\n\u2022 \u2022 \u2022 \u2022\nIn diesem Palle lassen sich indessen die Einheiten auch \u00fcbersichtlich durch \u00ab00; ai\u00fc, a01; a20, au, ao3; ... und ihre Beziehungen durch\na(k)\u00dfWa00 = ay; (x, X == 0, 1, 2, 3 . . .)\ndarstellen. Ein Beispiel solcher commutativen Beziehungen bieten die Tonempfindungen in ihrer Abstufung nach Qualit\u00e4t und Intensit\u00e4t, wenn etwa a den Uebergang zur ebenmerklich h\u00f6hgren, \u00df den Ueber-\ngang zur ebenmerklich st\u00e4rkeren Tonempfindung angibt.-\nEbenso bezeichnet\n\u00df, y)\ndie durch a0, a, \u00df und y bestimmte Mannigfaltigkeit nur dann, wenn a, \u00df und y combinirbar sind. Kann n\u00e4mlich eine dieser Denkth\u00e4tig-keiten mit den anderen nicht combinirt werden, so l\u00f6st sich die aus ihr im Verein mit a0 erzeugbare Mannigfaltigkeit von \u00a7ffZ{a, \u00df, y) ab und \u00a7W\u00d6 zerf\u00e4llt in zwei nur \u00e4u\u00dferlich zusammenh\u00e4ngende, selbst\u00e4ndig neben einander bestehende Mannigfaltigkeiten, von welchen jede f\u00fcr sich zu untersuchen ist. Sind die Combinationen von a, \u00df und y nicht commutativ, so kann wiederum das obige Staumbaum-schema zur Veranschaulichung der Beziehungen zwischen den Einheiten dienen, wenn nur die beiden, von jedem Gliede ausgehenden Zweige durch je drei Zweige ersetzt werden. Sind dagegen die Combinationen commutativ, so verschlingen sich die Zweige zu einem System \u00fcber einander sich lagernder Vierecke. An Stelle derselben treten bei r\u00e4umlicher Anordnung Parallelppipeda, die sich \u00e4hnlich den Parallelogrammen des obigen Schemas an einander reihen. Es lassen sich jedoch nun auch die Einheiten \u00fcbersichtlich durch a(m ; am, am, a0o1; . . . bezeichnen, so dass ihre Beziehungen durch","page":194},{"file":"p0195.txt","language":"de","ocr_de":"Untersuchungen \u00fcber die Grundlagen der Mathematik.\n195\naW\u00dfWy(P)a000 = axXfl (x, l, fr = 0, 1, 2, . . .)\nzusammengefasst werden k\u00f6nnen.-------\nEntsprechend ist von einer durch beliebig viele Denkth\u00e4tigkeiten \u00df0, \u00df, \u00dfi y \u2022 \u2022 \u25a0 erzeugbaren Mannigfaltigkeit\n\u00a7)/Z[a, \u00df, y . . .)\nnur dann die Rede, wenn jede Denkth\u00e4tigkeit mit jeder combinirt werden kann. Es sind stets commutative und nicht commutative Oombinationen zu unterscheiden, und die Beziehungen lassen sich in \u00e4hnlicher Weise wie f\u00fcr \u00ea>/\u00f9(a, \u00df) und \u00ea)/\u00f9(a, \u00df, y) veranschaulichen oder darstellen.\n\u00a7 11.\nEine solche Mannigfaltigkeit besitzt eine einzige Grundeinheit a, aus welcher durch die Denkth\u00e4tigkeiten \u00abn, a, \u00df, y . . . und ihre Oombinationen jede andere Einheit in beliebiger Auflage abgeleitet werden kann. Ein auf diese Weise als Erfolg des Denkens auftretendes System von Einheiten ist nach obiger Angabe ein Element der Mannigfaltigkeit. Es wird, wenn die gerade erzeugten Einheiten durch a, a\" . . . bezeichnet werden, durch\n\u00a3t =[a' ... a'] a\" .. . a\"\\ . . .]\ndargestellt. Will man aber die Denkthjjjjigkeiten hervorheben, durch welche a', a .. . aus a folgen, so bietet sich das Element als ein Verein von Denkth\u00e4tigkeiten dar, die sich insgesammt auf a beziehen. Werden die letzteren ohne R\u00fccksicht darauf, ob sie die untersuchten Denkth\u00e4tigkeiten selbst oder Combination derselben bedeuten, durch angegeben, so dass a'a \u2014 a ; a a \u2014 a\" . . ., so wird das Element durch\nA \u2014 [a' .. a\" ..\t. . .] oder Act- \u2014 [a .. a'; a\" .. a\"; ..,]<*\nbezeichnet, je nachdem man die Grundeinheit ausdr\u00fccklich angeben will oder nicht. In entsprechender Weise wird ein anderes Element der n\u00e4mlichen Mannigfaltigkeit durch\n& =[# .. f\\ S\"\t. .] resp. B = [\u00df' . . \u00df'-, \u00df\" . . \u00df\u201d; . . .]\nangegeben. Jedes Element kann somit einerseits als ein","page":195},{"file":"p0196.txt","language":"de","ocr_de":"196\nGotti. Friedr. Lipps.\nSystem von Einheiten, andererseits als ein Verein von Denk-\nth\u00e4tigkeiten aufgefasst werden.--------\nDa die Mannigfaltigkeit unbegrenzt ist, so sind von vorn herein herstellbare und nicht herstellbare, aber denkbare Elemente zu unterscheiden. Kann ein Element als abgeschlossenes Zusammensein von Einheiten erzeugt werden, so ist es nat\u00fcrlich herstellbar. Kann aber der Herstellungsprocess nicht^ibgeschlossen werden, so soll es dennoch als herstellbar gelten, falls nur eine erste Einheit gegeben vorliegt und jede folgende aus einer vorhergehenden in gesetzm\u00e4\u00dfiger Bestimmtheit entwickelt werden kann. In diesem Sinne ist vor allem die Mannigfaltigkeit seihst herstellbar, da aus der Grundeinheit die anderen Einheiten in gesetzm\u00e4\u00dfiger Weise abgeleitet werden k\u00f6nnen. Als nicht ^herstellbar, aber denkbar sollen dagegen diejenigen Elemente bezeichnet werden, f\u00fcr welche eine erste,Einheit als Anfangsglied zu ihrer Erzeugung zwar denkbar, aber nicht an-gebbar ist, oder f\u00fcr welche der Erzeugungsprocess zwar denkbar, aber nicht ausf\u00fchrbar ist. So ist es z. B. denkbar, dass ein Element der Mannigfaltigkeit &Z{a) aus Einheiten bestehe, die in der Reihe a, a-x, a2 ... durch eine nicht bestimmbare oder unbegrenzt gro\u00dfe Anzahl Zwischenglieder von a getrennt sind. Es ist ferner denkbar, dass ein Element von \u00a7flZ[a) als bestehend anerkannt werden muss, ohne dass ein Gesetz angegeben werden kann, durch welches seine Erzeugung m\u00f6glich wird. In jedem Falle ist das Element nicht herstellbar. Indessen wird sich erst sp\u00e4ter (\u00a7 18) die Ber\u00fccksichtigung solcher Elemente als nothwendig erweisen. Man kann daher hier die Elemente als herstellbar voraussetzen.\u2014\nDie Herstellung eines Elementes beruht auf zwei verschiedenen Denkhandlungen: erstens auf der Ausf\u00fchrung der die Mannigfaltigkeit \u00a7\u00cf\u00cfC erzeugenden a0, a, \u00df, y ... und ihrer Combinationen, zweitens auf dem Festhalten der als Einheiten bezeichneten Erfolge der einzelnen Denkacte, wodurch eben das Element als ein Zusammensein von Einheiten entsteht. Beide Denkhandlungen k\u00f6nnen immer wieder ausgef\u00fchrt werden, weil an, a, \u00df, y ... iterirbare Denkth\u00e4tig-keiten sind und die von ihnen erzeugbare Mannigfaltigkeit unbegrenzt ist. Es k\u00f6nnen au\u00dfer ihnen keine anderen ausgef\u00fchrt werden, weil die Bedeutung der Einheiten sich darin ersch\u00f6pft, Tr\u00e4ger jener iterir-baren Denkth\u00e4tigkeiten zu sein.","page":196},{"file":"p0197.txt","language":"de","ocr_de":"Untersuchungen \u00fcber die Grundlagen der Mathematik.\n197\nEs kann daher auch an den Elementen das Denken sich nur in der Weise beth\u00e4tigen, in welcher es die Elemente erzeugte: man kann erstens ein Element neben einem anderen festhalten, so dass beide zugleich im Bewusstsein vorhanden sind; man kann zweitens an den Einheiten der Elemente oder \u2014 wie der K\u00fcrze wegen gesagt werden soll \u2014 an den Elementen seihst die n\u00e4mlichen Denkth\u00e4tigkeiten \u00abo, a, \u00df, y ... ausf\u00fchren, die zur Erzeugung der Elemente aus der Grundeinheit f\u00fchrten. Eine andere Beth\u00e4tigungsweise des Denkens an den Elementen ist nicht m\u00f6glich, da die Einheiten blo\u00df die Tr\u00e4ger von \u00abo> \u00bb, \u00df, y . . . sind.\u2014\nGeh\u00f6ren nun die beiden Elemente\n&=[<*' . . a!\\ a\" . . a\"; . . .] und a& = [S\u2019 .. S'] S\" . . S\"\\ . . .] der n\u00e4mlichen Mannigfaltigkeit \u00a7\u00cf\u00cfZ[a, \u00df, y . . .) an, so ist auch\n{&, S] = \u00df\nein Element der Mannigfaltigkeit; denn nach Satz 12) ist\ne=[a' . . a; a\" . . S' . . S'; S\" . . S\"] . . .].\nG ist aus <Sl und o\u00df zusammengesetzt.\nDer Process des Zusammensetzens ist stets ausf\u00fchrbar, da \u25a0 unbegrenzt ist. Seine Ausf\u00fchrung hindert aber nicht, die urspr\u00fcnglichen Elemente neben dem aus ihnen zusammengesetzten Elemente als vorhanden zu denken. Es ist darum m\u00f6glich, jedes zusammengesetzte Element in seine Compopenten zu zerlegen. Da jedes Element aus Einheiten zusammengesetzt ist, so kann die Zerlegung immer wieder vorgenommen werden, bis man zu den Einheiten selbst gelangt. Man findet so in den Einheiten die einfachen Elemente und erkennt ihr charakteristisches Merkmal in der Unzerlegbarkeit, wodurch sie sich von den aus Einheiten zusammengesetzten Elementen unterscheiden.\u2014\nWird ferner das Element <Sl als ein Verein von Denkth\u00e4tigkeiten in der Form\nAa \u2014 [a' . . a'; a\" . . a\"; . . .]a\nvorausgesetzt, so kann A statt in der Grundeinheit ebenso wohl in jeder abgeleiteten Einheit und somit in jedem, aus Einheiten bestehenden Elemente","page":197},{"file":"p0198.txt","language":"de","ocr_de":"198\nGotti. Friedr. Lipps.\n&=[# . . S; S\u2019 . . S\u2019\\ . . .]\nseinen Grund finden. Es l\u00e4sst sich daher der Process\nA\u00e9B = ABt\nausf\u00fchren., durch welchen A\u00df{ als Element der Mannigfaltigkeit gewonnen wird, denn nach Satz 12) ist:\nA\u00dfl = [a'S . . a'S ; a'S' . . a!S'\\ a\"S . . u\"S; a\"S\" . . a\"S'\\ . . .]\nIn gleicher Weise ergibt sich aus\n= av\ndas Element\n<3j = [?<*' \u25a0 \u2022 \u00df\u2019S ; \u00df'a\" \u25a0 \u25a0 \u00df'd' ; \u00df\"a' . . \u00df\"a ; \u00df\"a , . \u00df\"a\\ . . .].\nDieser Process ist stets ausf\u00fchrbar, da die Denkth\u00e4tigkeiten iterirbar sind, und die Mannigfaltigkeit unbegrenzt ist. Seine Ausf\u00fchrung hindert aber das Bestehen der erzeugenden Elemente nicht. Man kann ihn daher auch als wieder aufgehoben ansehen und so von <Sty zu B und <3, von o\u00dfx zu A und AB zur\u00fcckkehren. Die Aufhebung ist aber nat\u00fcrlich nur insoweit m\u00f6glich, als die Ausf\u00fchrung vorherging oder als vorhergegangen angenommen werden kann.\nIn Ao\u00df = A\u00dfx und B& = <3, findet man die auf der Iterirbar-keit von a, \u00df, y ... beruhende Verallgemeinerung der einfachen Denkacte \u00ab\u00bb = \u00ab,; \u00dfS =\t; yc == c, ; ... Sie ist charakteristisch\nf\u00fcr die Mannigfaltigkeiten, in welchen das beziehende Denken seine Darstellung erh\u00e4lt. Denn man kann zwar auch innerhalb \u00a7\u00dfc(a\u00df den Process ausf\u00fchren und etwa A0 <30 = <3' setzen, wo Au = [\u00ab\u201e .. a0] und <3\u201e = [a0.. a(j]. Da aber \u00ab\u201e<% \u2014 (30, so ist auch A0c30 = [<30.. <30], so dass kein Hinausgehen \u00fcber (30, sondern nur ein wiederholtes Setzen von (30 stattfindet, und somit ein aus den <30 zusammengesetztes Element entsteht. F\u00fcr \u00a7\u00dfc(a()) ist daher lediglich der Process des Zusammensetzens von Elementen wesentlich. In den Mannigfaltigkeiten \u00a7\u00cf\u00cfC[a) ; \u00a7\u00dfc{a^ \u00df) u. s. w. vermittelt dagegen jedes A, das nicht aus den a0 allein besteht, sondern Th\u00e4tigkeiten des beziehenden Denkens enth\u00e4lt, eine objective Beziehung zwischen den Elementen, die den Beziehungen zwischen den Einheiten selbst zur Seite tritt.\nF\u00fcr diese Verallgemeinerungen der einfachen Denkacte gelten \u2014 wie sich von seihst versteht \u2014 die n\u00e4mlichen axiomatischen S\u00e4tze","page":198},{"file":"p0199.txt","language":"de","ocr_de":"Untersuchungen \u00fcber die Grundlagen der Mathematik.\n199\nwie f\u00fcr die Darstellungen der Denkacte selbst. Dass ferner ein nicht bestellendes System von Einheiten und ein nicht bestehender Verein von Denkth\u00e4tigkeiten ebenso wie eine einzelne Einheit oder Denk-th\u00e4tigkeit, deren Annahme nicht statthaft ist, durch das Zeichen 0 markirt werden kann, bedarf keiner besonderen Erw\u00e4hnung.\u2014\nEs l\u00e4sst sich mithin die allgemeine Grundlage f\u00fcr die Untersuchung der iterirbaren Denkth\u00e4tigkeiten durch folgenden Satz bezeichnen:\nErhalten die iterirbaren Denkth\u00e4tigkeiten a0, a, \u00df, y ... in der Mannigfaltigkeit\n&C{a, \u00df, y . . .)\nihre Darstellung, und sind \u00e9X resp. A, AB resp. B irgend welche Elemente von so kann man stets die Processe\n[&, AB] = e\naab^ab^\nausf\u00fchren, durch welche \u00df, AB{, <9j als Elemente von \u00a7Vc gewonnen werden. Andere Processe sind nicht ausf\u00fchrbar.\n\u00a7 12.\nJedes Element l\u00e4sst sich durch eine Eigenschaft charakterisiren, die es erm\u00f6glicht, die Elemente einer Mannigfaltigkeit zu unterscheiden und den Erfolg, den die Ausf\u00fchrung der bezeichneten Pro-cesse mit sich f\u00fchrt, in jedem einzelnen Falle zu bestimmen.\nDa ein Element ein Zusammensein von Objecten darstellt, so wird sich die gesuchte Eigenschaft finden lassen, wenn das Zusammensein durch das Denken erfasst wird. Dies kann nur in der Form einer Reihe geschehen. Es pr\u00e4gen sich daher den Objecten die Merkmale der Reihenform auf.\nHandelt es sich insbesondere um das Element\n#0 = lao \u2022 \u2022 \u25a0 <*o]\nder Mannigfaltigkeit \u00a7f\u00e4(a0), so treten au\u00dfer jenen Merkmalen keine anderen auf, da zwischen den absoluten Einheiten a0 keine objectiven Beziehungen bestehen. Die einzelnen a0 werden dann durch die","page":199},{"file":"p0200.txt","language":"de","ocr_de":"200\nGotti. Friedr. Lipps.\nGlieder der Zahlenreihe 1,2...\u00bb\u00bb markirt, so dass ein a0 das Glied 1, ein anderes das Glied 2 u. s. w. und ein letztes das Glied m in der Reihe der a0 wird. Alle Glieder sind aber, objectiv betrachtet, ein und dasselbe a0 ; denn nur auf Grund meines subjektiven Erfassens ist das eine a0 das Glied 1 und ein anderes das Glied 2 oder m. Es kann daher, wenn die Verwendung der Zahlenreihe zu einem objectiv g\u00fcltigen Merkmal f\u00fchren soll, nur dies als wesentlich gelten, dass man der Zahlen 1 bis m bedarf, um \u00a3t0 zu erfassen, ohne dabei die Zuordnung der Zahlen zu den einzelnen a0 zu beachten. Man sagt dann, dass \u00e9X() aus m absoluten Einheiten besteht, und nennt m die Anzahl von <f?\u201e.\nJedem Elemente <9J) von \u00a7W\u00a3(a0) geh\u00f6rt sonach ein Intervall (1, m) der Zahlenreihe zu und die Anzahl m des Intervalls ist zugleich die Anzahl von . Die in der fr\u00fcheren Untersuchung (IV; \u00a7 10 und 11 ) entwickelten Z\u00e4hlmethoden, die dort zur Bestimmung von Intervallen dienten, k\u00f6nnen daher unmittelbar bei der Feststellung der Anzahl von Verwendung finden. Man kann diese Anzahl bestimmen: entweder durch directes Abz\u00e4hlen o^pr durch absatzweise erfolgendes Weiterz\u00e4hlen in der Zahlenreihe, d. h. durch Addiren, oder durch Abz\u00e4hlen von Intervallen der Zahlenreihe, d. h. durch Multipliciren, ojler durch Abz\u00e4hlen der Ueherg\u00e4nge von einer Inter-vallenfolge zu der dieselbe umfassenden, d. h. durch Potenziren. u. s. w. Demgem\u00e4\u00df kann die durch einfaches Abz\u00e4hlen gewonnene Anzahl m auch in der Form einer Sinpme oder eines Productes oder einer Potenz von Zahlen auftreten. Durch jede dieser Formen wird aber immer nur die Anzahl m eines gegebenen Elementes oder eines aus gegebenen Elementen zusammengesetzten Elementes von \u00ea>/\u00f9(a0) bestimmt; wie denn auch die objective Grundlage f\u00fcr die Entwicklung der Z\u00e4hlmethoden lediglich in dem Vorhandensein von Intervallen und ihrer Zusammensetzung zu neuen Intervallen bestand.\nHandelt es sich nun um das Erfassen des Elementes\n\u20act \u2014 [a-' . . a'\\ a\" . . a\"\\ . . .]\nder Mannigfaltigkeit \u00a7HJ\u00fc{a) \u00df, y . . .), deren Einheiten a', a .. . durch a a \u2014 a ; a\"a = a ... definirt werden, so ordnen sich zwar auch jetzt die a, a\" ... insgesammt in eine Reihe und es pr\u00e4gen sich ihnen wiederum die Merkmale der Reihenform auf. Man erh\u00e4lt daher, wenn \u00a3t in","page":200},{"file":"p0201.txt","language":"de","ocr_de":"Untersuchungen \u00fcber die Grundlagen der Mathematik.\t201\n[<*' \u25a0 \u2022\u00ab']; [<? \u25a0 \u2022 <*\"]; \u2022 \u2022 \u2022\nzerlegt und rri als Anzahl von [a . . a ], rri' als Anzahl von [a\" .. a\"] ganz ebenso gefunden wird, wie m als Anzahl von (A0 . . a0] sich ergab, in der Anzahl\nrri + rri' + ...\neine objectiv g\u00fcltige Eigenschaft von &. Durch dieselbe wird aber & nicht vollst\u00e4ndig charakterisirt, weil es aus verschiedenen Objecten zusammengesetzt ist. Man muss daher neben den Merkmalen der Reihenform die Objecte seihst ber\u00fccksichtigen und hervorheben, dass \u20ac1 aus rri Objecten a', rri\u2019 Objecten a\" u. s. w. besteht. Dies wird erreicht, wenn man\na = rri a! + rri'a\" -f- . . .\nsetzt. Hier dient die Nebeneinanderstellung von m' und a, um anzudeuten, dass die Anzahl rri durch Abz\u00e4hlen der Objecte a' gewonnen w\u00fcrde. Die a!, a\" . . . treten daher als blo\u00dfe Indices zu den rri, rri' .. . hinzu und es wird lediglich im Interesse der bequemeren Schreibweise davon abgesehen, dies durch Anheften der a an die m zu markiren. Ich definire nun a als die Anzahl von \u20act, so dass in der Anzahl die gesuchte Eigenschaft des Elementes sich darbietet; rri, rri' . . . bezeichne ich als die Theilanzahlen von a, Setzt man das Element als einen Verein von Denkth\u00e4tigkeiten. in der Form\nA \u2014 [a' . . a'; a\" . . a\"; . . .] voraus, so findet man\na \u2014 rri a' + rri'ri' + \u25a0 \u25a0 \u25a0\nals Ausdruck daf\u00fcr, dass rri + rri' + ... auf die Grundeinheit a bezogene Denkth\u00e4tigkeiten vorhanden sind, unter welchen rri die Bedeutung von ri, rri\u2019 die Bedeutung von a\" u. s. w. haben. Man kann daher, der doppelten Auffassungsweise eines Elementes entsprechend, eine und dieselbe Anzahl a ebenso wohl als Anzahl von Einheiten wie als Anzahl von Denkth\u00e4tigkeiten betrachten.\nDurch die Anzahlen werden die Elemente v\u00f6llig bestimmt; denn verschiedene Elemente haben verschiedene Anzahlen und gleiche Elemente haben gleiche Anzahlen.","page":201},{"file":"p0202.txt","language":"de","ocr_de":"202\nGotti. Friedr. Lipps.\nJedes Element\n&. = [a' . . a!; a\" . . a\") . . .] oder A = [o' . . a\" . . a\u201d;. wird somit durch die Anzahl\t. r\na \u2014 m\u2019a\u2019 + ni a\" + . . . oder m'a\u2019 + m\"tt\" \u2022+ ... charakterisirt.\nWird ein Element vorausgesetzt, das sich als- nicht bestehend erweist, so kann es auch keine Anzahl besitzen. Das Element 0 wird daher durch die Anzahl 0 charakterisirt. Gibt es ferner denkbare Elemente, die nicht herstellbar sind, so k\u00f6nnen auch ihre Anzahlen nicht hergestellt werden. Den denkbaren aber nicht herstellbaren Elementen entsprechen daher denkbare aber nicht herstellbare Anzahlen.\nDurch das Zeichen 0 kann man \u00fcberdies andeuten, dass eine Einheit bestimmter Art in einem Elemente nicht vertreten ist. Man sagt dann, dass 0 Einheiten der betreffenden Art vorhanden sind. Auf Grund dieser Convention lassen sich die Anzahlen einer Mannigfaltigkeit in einheitlicher Form darstellen.\nMan erh\u00e4lt z. B. f\u00fcr die Anzahlen der Mannigfaltigkeit \u00eaflcla)\na \u2014 mna0 + al + m^a2 + . . .\noder\na \u2014 m0\u00df(\u00b0) + TOjtJ1) +\t+ . . .\nF\u00fcr \u00a7tfc[u, \u00df) ferner mit commutativen Combinationen von a und \u00df sind die Anzahlen darstellbar durch\na = mwam + m10a-|0 + to01c?01 + m-l\u00fca^ + %\u00abu +\t. . .\noder\na = m00a(\u00b0)/?(\u00b0) -f-\t+ m01\u00df(\u00b0i/?(0\tnv^a^\u00df(\u00ae) 4-\nmu \u00dfW\u00dfC) -f- w02\u00dff0,|S^) + \u2022 \u25a0 \u2022\nEs d\u00fcrfen dementsprechend auch die Anzahlen a und b der Elemente \u00dfC und a\u00df resp. A und B, die der allgemeinen Mannigfaltigkeit \u00a7yZ(a, \u00df, y . . .) angeh\u00f6ren, in der gemeinsamen Form\na - ma -f- m'a' + m\"a\" + . . . oder a \u2014 ma0 -f- m'a' + wi\"a\u201d + . . . b \u2014 na + na + n!'a\" + . . . oder a \u2014 na0 J- na' + n\"a\" -f- . . .\nvorausgesetzt werden.","page":202},{"file":"p0203.txt","language":"de","ocr_de":"Untersuchungen \u00fcber die Grundlagen der Mathematik.\n203\nHier wird jede wirklich existirende, d. h. von 0 verschiedene Theijanzahl durch einen Z\u00e4hlprjpcess bestimmt, der an sich ebenso wohl nach der einen wie nach der anderen der fr\u00fcher (IV; \u00a7 10 u. 11) dargelegten Methoden vorgenommen werden kann. Die Wahl deri Methode bedingt die Form, in der sich die Theilanzahlen darstellen. J Es kommen aber nur ihre Werthe bei der Angabe von a oder b in Betracht. Man kann darum stets voraussetzen, dass die Theilanzahlen durch directes Abz\u00e4hlen gewonnen wurden. Sie werden dann unmittelbar durch Stellen der Zahlenreihe bezeichnet.\n\u00a7 13.\nMittelst der Antillen k\u00f6nnen die Resultate der Processe, die an den Elementen ausf\u00fchrbar sind, bestimmt werden wie folgt.\nEs seien\na = ma + m'a-' + rri'a + . . . b == na \u2014J\u2014 n a \u2014(\u2014 n a \u2014|\u2014 . . . die Anzahlen der Elemente & und a\u00df und es werde durch\n\\\u00df, SB'] = <5\ndas Element <3 gewonnen. Seine Anzahl soll c hei\u00dfen. Man findet nun die Theilanzahlen von c aus m und n, m' und n', m\" und n\"\n\u25a0 . . ganz ebenso wie die Anzahl eines aus zwei Intervallen zusammengesetzten Intervalls der Zahlenreihe, n\u00e4mlich dadurch, dass man von den Zahlen m, m', m\" . . . aus um n, n', n\" . . . Stellen der Zahlenreihe weiterz\u00e4hlt und hierdurch die Summen m + ny m! + n', m\" -f- n!' . . . bildet. Es wird somit e aus den Anzahlen a und b durch Addition der zusammengeh\u00f6rigen Theilanzahlen gewonnen und man erh\u00e4lt\nc = [m -f- n)a + (m' + n')a' + [m\" + n!')a + \u2022 \u2022 .\t(1)\nMan sagt dann kurz, dass c durch Addition von a und b entsteht und setzt,\nc = a + b .----\nIst dagegen das Element \u00a9 und eines der beiden in ihm enthaltenen Elemente z. B. <Sl bekannt, so findet man das Element a\u00df,","page":203},{"file":"p0204.txt","language":"de","ocr_de":"204\nGotti. Friedr. Lipps.\nindem man von den Zahlen m + n, m' + n', m\" n\" . . . aus um m, m' m\" . . . Stellen der Zahlenreihe r\u00fcckw\u00e4rts z\u00e4hlt und hierdurch die Theilanzahlen von b als Differenzen der Theilanzahlen von c und der zugeh\u00f6rigen Theilanzahlen von a bestimmt. Man nennt alsdann b die Differenz von c und a und setzt\nb \u2014 c \u2014 a . \u2014\nEbenso kann, wenn <2 und SB bekannt ist, <\u00a3t durch die Anzahl n als die Differenz\na \u2014 c \u2014 b\ngekennzeichnet werden. ------\nErzeugt man ferner das Element SB, durch den Process\nASB \u2014 SB,,\nso erh\u00e4lt man seine Anzahl b, aus den Anzahlen a und b von A und SB, wenn man angibt, wie oft jede Einheit vorhanden ist, die r durch Ausf\u00fchrung des Vereins von Denkth\u00e4tigkeiten an dem System von Einheiten entsteht. Sind nun beispielsweise m Denkth\u00e4tigkeiten a in A enthalten, die auf n Einheiten b von SB zu beziehen sind, so treten Einheiten ab auf, die sich in m Systeme von je n Gliedern gruppiren lassen, und man erh\u00e4lt ihre Anzahl, wenn den Systemen auf einander folgende Intervalle der Zahlenreihe zugewiesen und die Intervalle abgez\u00e4hlt werden. Dieser Z\u00e4hlprocess ist (nach IV ; \u00a711 als gew\u00f6hnliches Multiplieiren zu bezeichnen, da alle Intervalle die n\u00e4mliche Gliederanzahl besitzen. Man findet daher in dem Producte m . n die Anzahl der Einheiten ab. Werden in dieser Weise alle Denkth\u00e4tigkeiten von A an allen Einheiten von SB ausgef\u00fchrt und die Anzahlen der so entstehenden Einheiten von SB, als die Producte der zugeh\u00f6rigen Theilanzahlen von a und b bestimmt, so erh\u00e4lt man, wenn\na - maa + m'a + m\"a\" + . . . b \u2022\u2014\u2014 T\u00eea -j\u2014 7t et \u2014[\u2014 7t et \u2014|\u2014 ...\ndie Anzahl b, in der Form\nby = m .\tna0ct -f-\tm . n'a0ct'\t+ m .\tri'a^ct'\t+\t.\t.\t.\n+ m'.\tna et +\tm'. n'a'ct\u2019\t+ m'.\trtb'a'ct'\t-j-\t.\t.\t.\n+ m\".\tna\"ct +\tm\". n\u2019a\"ct'\t+ m\".\tri'a'a\"\t+\t.\t.\t.\nEbenso wird das\tElement\t\u20acty, das durch den Process\n(2)","page":204},{"file":"p0205.txt","language":"de","ocr_de":"205\nUntersuchungen \u00fcber die Grundlagen der Mathematik.\nb&= al\nerzeugt wird, auf Grund der Anzahlen\nb == na0 + na' + w\"a\" + . . . a = ma + m'a' +\t-f- . . .\ndurch die Anzahl\nax \u2014 n .m a0a + n .m' a0a\u2019 + n . m!' ana\" + . . . )\n+ n'. m a'a -j- n\u2019 .m' a'a' -f- n'. m\" a'a\" + . . . >\t(8)\n+ n\".m a\"a + n\". m' a\"a' + n\". m\" a'a\" + . . . )\t,\nbestimmt. Man sagt dann kurz, dass bx und av durch Multiplication von b und a entstehen, und setzt:\nbx = a . b und ax = b . a.\nGeht man bei der Ableitung der Anzahl b{ nicht von den Einheiten selbst, sondern von den durch die Denkth\u00e4jtigkeiten des Vereins A aus AB erzeugten Elementen a0AB, a'SB, a AB . . . aus, so f\u00fchrt die Abz\u00e4hlung zu der Form:\nbx = ma0 . b + m'a' . b -(- m\"a\" . b + ...\t(2a)\nEntsprechend erh\u00e4lt man die Anzahl ax in der Form\nax \u2014 na0 . a -f- n'a' . a + n\"a\" . a + ...\t(3a)\nGeht man andererseits von den durch A aus den einzelnen Einheiten von AB erzeugten Elementen Aa, Aa, Aa\" . . . aus, so erh\u00e4lt man die Formen\nbx = a , na + a . n'a' + a . n\"a\" -f- . . .\t(2b)\nax = b . ma -f- b . m\u2019a' + b . m\"a + . . .\t(3b)\nDie Darstellungsweise (2a) und (3a) gestattet keineswegs die Auffassung, dass hier a0, a', a\" . . . mit b oder a zu multipliciren seien, was v\u00f6llig sinnlos w\u00e4re. Denn nur die Zahlen m, m', m\" . . . k\u00f6nnen mit den Theilanzahlen von b und nur die Zahlen n, n', n\" . k\u00f6nnen mit den Theihjpzahlen von a ' multiplicirt werden. Die Beif\u00fcgung der \u2014 wie schon erw\u00e4hnt \u2014 in der Rolle blo\u00dfer Indices auftretenden Denkth\u00e4tigkeiten \u00ab0, a', a\" . . . bestimmt aber, dass die Einheiten der Producte diejenigen sein sollen, die durch Ausf\u00fchrung\nWundt, Philos. Studien. XIV.\tia","page":205},{"file":"p0206.txt","language":"de","ocr_de":"206\tGotti. Friedr. Lipps.\nvon a0, a', a\" .. . an den Einheiten der Theilanzahlen von b oder a entstehen.\nIch bemerke darum ausdr\u00fccklich, dass allgemein\nma . na = m.n a,\t(4)\nzu setzen ist, wo a eine beliebige Denkth\u00e4tigkeit und a sowie a, die Objecte des Denkactes aa = a, angeben. In Worten ausgedr\u00fcckt sagt diese Formel: m Denkth\u00e4tigkeiten a, ausgef\u00fchrt an n Denkobjecten a, ergeben m . n Denkobjecte ax. Es wird somit in der That blo\u00df m mit n multiplicirt. Der Multiplicator m ist aber durch \u00ab ebenso wie der Multiplicand n durch a qualitativ bestimmt, so dass auch das Product m . n durch a, seiner Quabt\u00e4t nach bestimmt ist. Man wird so zu einer erweiterten Auffassung der Multiplication gef\u00fchrt, f\u00fcr welche als Z\u00e4hlprocess das Multipliciren blo\u00df im gew\u00f6hnlichen Sinne d. h. als Abz\u00e4hlen von Intervallen mit gleicher Gliederanzahl in Betracht kommt, in welcher aber neben dem reinen Multipliciren noch die Ausf\u00fchrung eines Actes des be-- ziehenden Denkens auftritt. Es ist alsdann der Multiplicator als Anzahl von Denkth\u00e4tigkeiten und der Multiplicand als Anzahl von j Denkohjecten zu interpretiren. Dem reinen 1 . 1 tritt somit das qualitative la . la = lat zur Seite. Es h\u00e4tte aber keinen Sinn, den Denkact aa = ai als ein Product, dessen Multiplicator a und dessen Multiplicand a w\u00e4re, auffassen zu wollen. Denn der Denkact erzeugt nur die objective Grundlage, auf welcher die Ausf\u00fchrung der Multiplication hinsichtlich ihrer qualitativen Bestimmtheit beruht. \u2014\u2014\nWird schlie\u00dflich vorausgesetzt, dass ein Element ABX aus einem Elemente AB durch einen Yerein von Denkth\u00e4tigkeiten A erzeugt werden kann, so kann man, wenn a\u00dfx und AB bekannt sind, die Anzahl a von A und, wenn ABy und A bekannt sind, die Anzahl b von AB finden. Es sei z. B. ABt und AB gegeben. Um nun a zu bestimmen, \u00fcberzeugt man sich zun\u00e4chst, ob u0AB, d. i. AB selbst, einen Bestandteil von ABX bildet, und gibt an, wie oft AB in ABX enthalten ist. Zu diesem Zwecke ist abzuz\u00e4hlen, wie oft die Anzahl b f\u00fcr AB subtrahirt werden kann von der Anzahl bx f\u00fcr ABX. Kann dies m-mal geschehen, ohne dass ein Rest bleibt, so ist = ma0. b zu setzen und m a0 als Quotient von \u00e8, und b zu bezeichnen. Bleibt aber ein Rest b\\, der das Element AB'\\ charakterisirt, das von ABX nach Wegnahme der","page":206},{"file":"p0207.txt","language":"de","ocr_de":"Untersuchungen \u00fcber die Grundlagen der Mathematik.\n207\nm Elemente \u00ab0 SB \u00fcbrig bleibt, so ist festzustellen, ob u SB einen Bestandteil von SB\\ bildet, und es ist abzuz\u00e4hlen, wie oft la . b von b\\ sub-trahirt werden kann. Ist dies to'-mal m\u00f6glich, ohne dass ein Rest bleibt, so ist b\\ = to'\u00ab' . b und 6, = to\u00ab0 . b -f- to'\u00ab' . b = (ma0 + to'\u00ab') . b zu setzen; es ist dann to\u00ab0 -(- to'\u00ab' der Quotient von b, und b. Bleibt jedoch ein Rest, so ist in der bezeichneten Weise weiterzufahren. War die Voraussetzung, dass SBy aus SB durch einen Verein von Denkth\u00e4tigkeiten erzeugt werden kann, zutreffend, so findet man zuletzt\na - mctq + m'a' to\"\u00ab\" + . . .\nals Quotienten von b, und b. Anderenfalls bleibt ein Rest, an dem der Divisionsprocess nicht mehr ausf\u00fchrbar ist, so dass b, = a . b + c sich ergibt. In entsprechender Weise erh\u00e4lt man, wenn dBy und \u00c2 als bekannt angenommen werden, durch successives Bestimmen der Theilanzahlen na, na', ri'd' ... die Anzahl\nb = na + n'a' + ri'd' + . . .\nals Quotienten von by und a, vorausgesetzt, dass in der That A\u00e9B =\tist. Den einen und den anderen Quotienten\nschreibt man in der Form\na \u2014 by \\b und b = by : a.\nSie unterscheiden sich aher dadurch, dass a den Verein von Denkth\u00e4tigkeiten und b das System von Einheiten f\u00fcr den Process AqB = SB, bestimmt.\n\u00a7 14.\nDie Anzahlen der Elemente, die durch Ausfuhren und Aufheben der Processe G \u2014 [\u00a3t, SB] und ASB \u2014 SB, sich ergehen, werden somit durch Addiren und Suhtrahiren, Multipliciren und Divi-diren ermittelt.\nVon diesen Operationen sind die directen, die Addition und die Multiplication, durchweg ausf\u00fchrbar, da der zu Grunde Hegende Process stets zu Elementen der n\u00e4mlichen Mannigfaltigkeit f\u00fchrt. Die indirecten Operationen der Subtraction und Division k\u00f6nnen dagegen nur dann ausgef\u00fchrt werden, wenn sie in einer Umkehrung von\n14*","page":207},{"file":"p0208.txt","language":"de","ocr_de":"208\tGotti. Friedr. Lipps.\nthats\u00e4chlich ausgef\u00fchrten oder ausf\u00fchrbaren directen Operationen bestehen.\nDeshalb haben nur die directen Operationen eine selbst\u00e4ndige Bedeutung. Es gibt ferner keine anderen Grundoperationen f\u00fcr die Anzahlen, da es au\u00dfer den beiden bezeichneten Processen f\u00fcr die Elemente keine weiteren gibt, und da die Anzahlen nicht unabh\u00e4ngig von den Elementen, sondern nur als die Repr\u00e4sentanten derselben auftreten.\nDie Untersuchung der Mannigfaltigkeiten, in welchen die iterir-baren Beth\u00e4tigungsweisen des Denkens ihre Darstellung erhalten, beruht sonach auf den beiden Grundoperationen der Addition und Multiplication von Anzahlen, die wie folgt zu definiren sind.\nMan addirt zu der Anzahl a die Anzahl b, oder man bildet die Summe e \u2014 a 4- b, indem man die zusammengeh\u00f6rigen Theilanzahlen von a und b wie die Intervalle der Zahlenreihe addirt und somit c nach Formel (1) herstellt.\nMan multiplicirt die Anzahl a mit der Anzahl b, oder man bildet das Product b{ = a . b, indem man den Multi-plicator a als Anzahl eines Vereins von Denkth\u00e4tigkeiten, den Multiplicanden b als Anzahl eines Systems von Einheiten auffasst, sodann jede Theilanzahl von a mit jeder Theilanzahl von b wie heim Abz\u00e4hlen von Intervallen der Zahlenreihe mit gleicher Gliederanzahl multiplicirt und die Einheiten dieser Producte nach Formel (4) bestjjnmt. Man erh\u00e4lt dann wie in der Formel (2), die auch die Gestalt von (2a) oder (2h) annehmen kann.\nEs ist bemerkenswerth, dass von den fr\u00fcher (IV; \u00a7 10 und 11) entwickelten Z\u00e4hlmethoden nur das Addiren und das Multipliciren im gew\u00f6hnlichen Sinne Verwendung finden. Die Multiplication der Anzahlen kann aber nicht wie das Multipliciren der reinen Zahlen, welche Glieder oder Intervalle der Zahlenreihe vorstellen, als ein blo\u00df abgek\u00fcrztes Additionsverfahren interpretirt werden. Denn f\u00fcr die Addition bildet das Zusammensetzen von Elementen, f\u00fcr die Multiplication dagegen die Ausf\u00fchrung eines Vereins von Denkth\u00e4tig-tlpitigkeiten zu einem Systeme von Einheiten die objective Grundlage ; und nur innerhalb der Mannigfaltigkeit \u00a3\u00dcU(\u00ab0) l\u00e4sst sich der letztere Process durch den ersteren ersetzen. Die Multiplication tritt","page":208},{"file":"p0209.txt","language":"de","ocr_de":"Untersuchungen \u00fcber die Grundlagen der Mathematik.\n209\nsomit der Addition selbst\u00e4ndig gegen\u00fcber. Hierin liegt die Erweiterung gegen\u00fcber den Z\u00e4hlmethoden im Gebiete der Zahlenreihe, woselbst das Adrjiren oder Weiterz\u00e4hlen die einzige Grundoperation ist und alle anderen Operationen als abk\u00fcrzende Z\u00e4hlmethoden sich darstellen.\nDie erw\u00e4hnte objective Begr\u00fcndung der Anzahlenoperationen hat nun aber zur Folge, dass die allgemeinen Gesetze f\u00fcr die Herstellung von Summen und Producten von vom herein bestimmt sind und nicht willk\u00fcrlich angenommen werden d\u00fcrfen.\nBez\u00fcglich der Summenbildung ist ohne weiteres klar, dass\na -f- b = b + a und (a + b) + c = a + (b + c),\t(5)\nwenn a, b, e drei beliebige Anzahlen sind. Denn die Addition der Anzahlen setzt sich, der gegebenen Definition gem\u00e4\u00df, aus der Addition von Theilanzahlen\nma + na \u2014 [m + n)a\nzusammen, und es ist, da f\u00fcr die Addition der reinen Zahlen m, n, p das Commutationsgesetz und Associationsgesetz gilt,\nma + na = na + ma und [ma + na) -f- pa \u2014 ma -f- [na -\\-pa).\nEs sind somit auch die Summen von Anzahlen commutativ und associativ.\nEbenso folgt aus der Definition der Addition und Multiplication unmittelbar, dass\n(a-\\-b).e = a.c-^-b.e und a . [b + c) = a . b + a . c (6)\nEs hat mithin das distributive Gesetz f\u00fcr die Multiplication Geltung.\nF\u00fcr die Multiplication gilt ferner das associative Gesetz allgemein. Denn nach Satz (10) ist jede Combination a\u00dfy der Denk-th\u00e4tigkeiten a, \u00df, y associativ, und diese Eigenschaft \u00fcbertr\u00e4gt sich unmittelbar auf die Combination ABT der Vereine von Denkth\u00e4tig-keiten A, B, F. Ist nun a die Grundeinheit und sind a, b, c die Anzahlen von A, B, F, so entspricht dem Processe (AB)Ta das Product (a . b) . c und dem Processe A(BT)a das Product a . (b . e). Folglich ist in der That","page":209},{"file":"p0210.txt","language":"de","ocr_de":"210\nGotti. Friedr. Lipps.\n(a . b) . c \u2014 a . (b . c).\nIJ)\nDas Oommutationsgesetz hingegen tritt f\u00fcr die Producte nur dann in Kraft, wenn die Combinationen der Denkth\u00e4tigkeiten a, \u00df, y . . ., durch welche die Mannigfaltigkeit \u00a7V\u00a3(a, \u00df, y . . .) erzeugt wird, commutativ sind. Denn nur unter dieser Bedingung ist, wenn A und B beliebige Elemente von S\u00ceC mit der Grundeinheit a und a und b die zugeh\u00f6rigen Anzahlen sind,\nABa == BAa und somit a . b = b . a .\t(8)\nEs sind daher nur die Producte der Anzahlen von Mannigfaltigkeiten mit nur einer Denkth\u00e4tigkeit, d. i. von \u00a7Vc(a) und somit auch von \u00a7VZ(a0) unbedingt commutativ.\nBeachtet man, dass in den axiomatischen S\u00e4tzen von \u00a7 9 jede Denkth\u00e4tigkeit und jeder Tr\u00e4ger einer Denkth\u00e4tigkeit durch beliebige Elemente der allgemeinen Mannigfaltigkeit \u00a7)/c(a, \u00df, y . . .) ersetzt werden darf, die ihrerseits durch die zugeh\u00f6rigen Anzahlen repr\u00e4sen-tirt werden k\u00f6nnen, so ergeben sich noch folgende Bestimmungen f\u00fcr die Producte.\nDa dem Elemente 0 die Anzahl 0 entspricht, so ist nach den S\u00e4tzen (1), (2) und (3)\nffl.0 = 0;0.a = 0\t(9)\nund, wenn a . b = 0, so ist entweder a = 0 oder b = 0. Ein Product wird daher nur dann gleich Null, wenn einer der Fac-toren gleich Null ist.\nDa ferner jedem aus nur einer Einheit oder eiper Denkth\u00e4tigkeit bestehenden Elemente die Anzahl 1 zugeh\u00f6rt, die durch Beif\u00fcgung der Einheit oder der Denkth\u00e4tigkeit qualitativ bestimmt wird, so hat das aus der Grundeinheit a oder dem appercipirenden Denken an bestehende Element die Anzahl la oder 1a\u201e. Es ist daher nach Satz (9) zun\u00e4chst a0Aa \u2014 Aa0a und sodann auch\nla0 . a = a . 1a = a.\t(10)\nEs gibt somit f\u00fcr die Anzahlen jeder Mannigfaltigkeit \u00a7WZ(a, \u00df, y ...) eine Anzahl la0 oder la, die als Multiplicator oder als Multiplicand auftreten kann, ohne das Product zu ver\u00e4ndern.","page":210},{"file":"p0211.txt","language":"de","ocr_de":"Untersuchungen Ober die Grundlagen der Mathematik.\n211\n\u00a7 15.\nNachdem die allgemeinen Grundlagen f\u00fcr die Untersuchung der iterirbaren Beth\u00e4tigungsweisen des Denkens im Vorstehenden entwickelt worden sind, k\u00f6nnen besondere Formen iterirharer Beziehungen vorausgesetzt und zum Gegenst\u00e4nde der Reflexion gemacht werden. Da dies von verschiedenen Gesichtspunkten aus geschehen kann, so bemerke ich, dass f\u00fcr das Folgende die Absicht ma\u00dfgebend ist, die sogenannten allgemeinen Zahlen der Mathematik als Anzahlen von Mannigfaltigkeiten zu erweisen, denen bestimmte iterirbare Denk-th\u00e4tigkeiten zu Grunde liegen.\nEs wurde bereits (\u00a7 8) erw\u00e4hnt, dass der Gegensatz eine spe-cielle Form der iterirbaren Beziehungen ist. Sein Wesen besteht darin, dass die beiden Tr\u00e4ger desselben wechselweise in der n\u00e4mlichen Beziehung stehen, und dass nur der eine oder der andere Tr\u00e4ger, nicht ahei ihr Zusammensein im Bewusstsein auftreten kann. Es ist daher, wenn v das zum Gegensatz fortschreitende Denken bezeichnet,\nva = a{ ; vav = a\\ und [a, ax\\ \u2014 0.\t(11}\nDie beiden Kriterien sind nicht von einander unabh\u00e4ngig. Denn aus va = a\\ und var~ a folgt v\\a, a{] \u2014 [<*t, a] und, da [a, mit ja,, a] identisch ist, muss nach Satz (3) [a, a{\\ = 0 sein. Ist andererseits [a, a{\\ = 0, so wird hierdurch gesagt, dass a, ebenso wenig neben a, wie a neben at bestehen kann. Die beiden Denkobjecte a und a, treten somit, mbeschadet ihrer sonstigen Bedeutung f\u00fcr das Denken, eben weil [a, k] = 0, in die wechselweise Beziehung des Gegensatzes, so dass Vuch va \u2014 at und vat \u2014 a.\nDa va \u2014 a und vaf \u2014 a, so ist vva = a und folglic\u00c9 vv = a0. F\u00fcr die unbegr\u00e8nzte Kette von Denkacten va = at ; vav = a2 ; va2 = a3 ... ist\\ daher\na = a2 =4 a4 = ... und at = a\u00e4 \u2014 a6 = ...\t(12)\nDie Mannigfaltigkeit &Z[v) enth\u00e4lt folglich nur die Elemente:\n\\ , <*\\ \u25a0 \u25a0 \u2022]\nmit den Anzahlen:\nma + m, av.\n(13)","page":211},{"file":"p0212.txt","language":"de","ocr_de":"212\nGotti. Friedr. Lipps.\nDa aber [a, ax] = 0, so ist auch\nla -J- lat = 0 und ma -f- max = 0.\n(14)\nDie Elemente von \u00a7flZ[v) lassen sich somit entweder durch Anzahlen ma oder durch Anzahlen mx ax oder durch die Anzahl 0 bezeichnen. Im letzteren Fall sollen sie Nullelemente hei\u00dfen. Ihr Auftreten ist f\u00fcr die Mannigfaltigkeit \u00a7ffZ[v) charakteristisch. Sie haben zur Folge, dass es nur zwei Arten von thats\u00e4chlich existirenden Elementen gibt und demgem\u00e4\u00df jeder Anzahl ma oder mx ax eine entsprechende der anderen Art, n\u00e4mlich max oder mxa zur Seite steht.\nBezeichnet a irgend welche Anzahl, so ist auf Grund von (14)\na = a + \u00bb\u00ab + max.\nDies hat zur Folge, dass nicht blo\u00df die Addition, sondern auch die Subtraction unbedingt ausf\u00fchrbar ist, indem\n(15)\na \u2014 ma = a \u2014 ma + ma\t+ max\t= a\t+\tmax\na \u2014 max \u2014 a \u2014 max +\t+ max\t= a\t+\tma\nDie Subtraction einer Anzahl kann somit ersetzt werden durch die Addition der entsprechenden Anzahl der anderen Art.\nAus va = at ; vax = a, wozu noch a0a \u2014 a; a0^, = ax tritt, folgen f\u00fcr die Multiplication der Anzahlen die Regeln '\n1 a0 . 1 a = 1 a ;\t1 a0 .\t1 at =\n\\v . 1 a = 1 at ; iv .\t1 a, =\nso dass\n(16)\n[ma0 -f- mxv). [na + nxax) = [m . n + mx. nx)a\tnx + mx. n)ax.\nDie Division kann nur als Umkehrung der Multiplication auftreten.\nDie Operationsregeln (15) und (16) zeigen, dass die Anzahlen von &Z[v) die positiven und negativen Zahlen dei Mathematik sind. Um die letzteren in der \u00fcblichen Form zu erhalten, ist blo\u00df la resp. 1 a0 durch 1 und 1 ax resp. 1 v durch \u2014 1 zu ersetzen. Es ist aber dann zu beachten, dass die Vorzeichen + und \u2014 zwei wesentlich verschiedene Bedeutungen haben, ir.dem sie einerseits als Zeichen f\u00fcr die Addition und Subtraction, andererseits zur Bestimmung der Art der Anzahlen dienen.","page":212},{"file":"p0213.txt","language":"de","ocr_de":"Untersuchungen \u00fcber die Grundlagen der Mathematik.\n213\nDie positiven und negativen Zahlen beruhen somit auf dem zum Gegensatz fortschreitenden Denken, welches in der Mannigfaltigkeit \u00a7W\u00a3(v) seine Darstellung findet.\nDa die Anzahlen von \u00a7)lZ{v) die unbedingte Ausf\u00fchrung der Subtraction gestatten, so kann man fragen, unter welcher Bedingung die allgemeine Mannigfaltigkeit\t\u00df, y . . .) durch eben dieselbe\nBesonderheit ausgezeichnet ist. Als nothwendigeJBedingung erkennt man unmittelbar das Vorhandensein eines Nullelementes von &C(a, \u00df, y . . .). Denn soll die Subtraction ausf\u00fchrbar sein, so muss dieselbe stets zu einer der Mannigfaltigkeit angeh\u00f6renden Anzahl f\u00fchren; es muss daher insbesondere 1 a \u2014 la oder 0 die Anzahl eines Elementes von \u00dc/C sein. Diese Bedingung ist aber auch hinreichend, wenn man hinzuf\u00fcgt, dass das Element nicht aus nur einer Einheit bestehen darf, sondern zusammengesetzt sein soll. Sind n\u00e4mlich & und SB die Oomponenten des Nullelementes, so ist [51, SB] \u2014 0, so dass v5l = SB und vSB = 51. Die Einheiten von 5t und \u00e9B sind somit die Tr\u00e4ger des Gegensatzes. Da aber zufolge der Iterirbarkeit der in &\u00ceZ vorhandenen Beziehungen jede Einheit als Tr\u00e4ger derjenigen Denkth\u00e4tigkeit auftreten kann, die auf irgend eine Einheit von bezogen wird, so sind nicht nur die Einheiten von <51 und SB, sondern alle Einheiten von Tr\u00e4ger des Gegensatzes. Es ist alsdann\n&Z{a, \u00df, y . . .) = &l[v, \u00ab, \u00df, y . . .)\nund es gibt zu jeder Einheit a' eine zu ihr im Gegensatz stehende <*'t, so dass [a, a\\] = 0 und la' + la\\ = 0. Die Subtraction ist daher in der That allgemein ausf\u00fchrbar.\nIst keine der Denkth\u00e4tigkeiten a, \u00df, y .,' welche der Mannigfaltigkeit zu Grunde liegen, gleich v, so muss ein Verein A derselben existiren, so dass v = A und demgem\u00e4\u00df A A = cr0. Durch das Vorhandensein eines solchen Elementes A wird ebenso wie durch das Existiren eines Nullelementes die nothwendige und hinreichende Bedingung f\u00fcr die Ausf\u00fchrbarkeit der Subtraction innerhalb \u00df, y . . .) erf\u00fcllt.\nIst jedoch neben a, \u00df, y . . . auch v vorhanden, so ist auch! die Subtraction unbedingt ausf\u00fchrbar, wofern nur v mit jeder der anderen Denkth\u00e4tigkeiten combinirt werden kann. Diese Combinationen sind","page":213},{"file":"p0214.txt","language":"de","ocr_de":"214\nGotti. Friedr. Lipps.\ncommutativ, wenn die im Gegensatz zu den Tr\u00e4gem von \u00ab, \u00df, y . . . stehenden Einheiten gleichfalls die Tr\u00e4ger von a, \u00df, y . . . sind. Denn setzt man beispielsweise aa = a' ; va = a2 ; va' \u2014 a\\ und ist nun auch aa, \u2014 a\\, so ist ava \u2014 a\\ und vaa = a\\, also av = va.\n\u00a7 16.\nDer directe Gegensatz ergab sich in \u00a7 8 als Specialisirung des vielgliedrigen Gegensatzes, den die Farbenqualit\u00e4ten darbieten, wenn sie unter Zugrundelegen der Scala der ebenmerklichen Verschiedenheit geordnet werden. Neben der Beziehung des zweigliedrigen Gegensatzes sind demgem\u00e4\u00df die Beziehungen des dreigliedrigen, des viergliedrigen und allgemein des n-gliedrigen Gegensatzes zu ber\u00fccksichtigen, durch deren Iterirung geschlossene Systeme von Beziehungen erzeugt werden.\nWird das zu einem dreigliedrigen Gegens\u00e4tze f\u00fchrende Denken durch e bezeichnet, und setzt man ee = s', so dass, da see = an, auch s'e' \u2014 a0e = e, so ist\nea \u2014 a,\u2018, sa, = a2, sa2 = a\\ \\\ne'a \u2014 a2; e'a, = a\\ s'a2 = al] >\t(17)\ns[a, au a2] = [\u00bb, <*u a2\\ \u2014 0 . J\nDie Mannigfaltigkeit \u00a7JJZ[e) enth\u00e4lt daher nur drei verschiedene Einheiten, n\u00e4mlich a, au a2) und ihre Elemente werden durch die Anzahlen\nma + m,a, + m2a2\t(18;\nbezeichnet. Da jedoch [a, ah a-2] = 0, so ist\nla + 1 a, + 1 a2 = 0 und ma + ma, -f- ma2 = 0 ,\t(19)\nso dass sich jede Anzahl (18) auf eine der drei Formen ma + m,a, ; ma + m2a2, m,a, + oder auf 0 reduciren l\u00e4sst. \u2014\nDas Vorhandensein von Nullelementen erm\u00f6glicht die unbedingte Ausf\u00fchrung der Subtraction. Sie wird f\u00fcr eine beliebige Anzahl a auf Grund von (19) nach der Formel\na \u2014 [ma + m,a, + m2a2) = a \u2014I- [in, \u2014(\u2014 m^a ~f- [m \u2014|\u2014 /ft2]a, -f- [m \u2014{~ m,)a2\n(20)","page":214},{"file":"p0215.txt","language":"de","ocr_de":"Untersuchungen \u00fcber die Grundlagen der Mathematik.\t215\nvollzogen.\u2014F\u00fcr die Multiplication ergeben sich mit R\u00fccksicht auf (17) die Regeln:\n1 a0 . 1 a =\t1 a ;\t1 cr0 . 1 at\t=\t1 av ;\t1 a0\t. 1 a2 =\t1 a2 ;\t]\n1 \u00a3\t,1a\t\u2014\t1 a | j\t1 \u20ac\t. 1 (X\\\t\u2014\t1 a2 ,\tI\u00df\t.1 a 2 \u2014\t1 j\t/\t(21\t)\nle . 1 a \u2014\t1 iZj j\tle .1 aj\t\u2014\t1 ci ,\tle\t.1 ^2 \u2014\t1 ^ .\t)\nBezeichnet man nun jede der drei als Multiplicatoren oder als Multiplicanden auftretenden Anzahlen 1 \u00ab0 oder 1 a ; le oder 1 a{ ; 1 s' oder 1 a2 in gleicher Weise durch x, so folgt aus (21), dass \u25a0jedesmal\nxd=la.\t(21a)\nMan erkennt somit in jenen drei Anzahlen die sogenannten dritten\n3.__\nEinheitswurzeln, die durch y 1 dargestellt werden. Wie man sieht, haben dieselben eine ebenso reelle, logische Bedeutung, wie die positive und negative Einheitszahl. Sie finden in der Beziehung des dreigliedrigen Gegensatzes, der beispielsweise in drei geeignet gew\u00e4hlten Farbenqualit\u00e4ten des Spectrums zu Tage tritt, ihre St\u00fctze.\nWird ferner das Denken, sofern es in einem viergliedrigen Gegens\u00e4tze fortschreitet, durch 1 angedeutet, und wird u \u2014 1' ; ui \u2014 1\" gesetzt, so ist\nia =\t<\u00a7* II \u00f6 0\t; ia2 \u2014 a2 ; ia3 \u2014 a ; j\t\nta = a2\t;\tiaj \u2014 0-3\t$ II jf \u00f6 II cs\t(22)\nia = as\t; t\"a, = a ;\ti'a2 \u2014- a] ;\t1 a3 \u2014 a2. )\t\nDa somit ia \u2014 a2 ; ia2 \u2014 a\t\tund iav \u25a0\u25a0 aA ; iaA = ay,\tso ist\ni = v (folglich 1\t= iv \u2014 Vl),\tund es ist nicht nur\t\ni[a\t, au a2, a3] =\t= [<*, \u00bb1, <*2, \u00ab3] = 0 ,\t\nsondern auch\t[a, a2] = 0\tund [au a>i\\ = 0 .\t(23)\nVon den vier Einheiten, welche die Tr\u00e4ger eines viergliedrigen Gegensatzes sind, stehen daher je zwei im diregjen Gegensatz.\u2014\nDie Nullelemente der Mannigfaltigkeit Stfc{i) werden demzufolge durch\nma + rna-i = 0 und m'a{ + m'a3 - 0\t(24)\nbezeichnet, so dass f\u00fcr ein beliebiges Element die Anzahl\nma + mxas + m2a2 +\n(25)","page":215},{"file":"p0216.txt","language":"de","ocr_de":"216\nGotti. Friedr. Lipps.\nauf eine der vier Formen\nma + m{ai ; ma + m3a3 ; m2a2 + m,a, ; m2a2 + m3a3\noder auf 0 reducirt werden kann.\nIst a eine beliebige Anzahl und setzt man b = ma + m3av + m^a2 + m3a3 ; b' = ma-2 + m,a3 + mia + m?1a\\, so folgt aus (24), dass b + V = 0 und\na \u2014 b = a -\\-b'. \u2014\t(26)\nWeiterhin ergeben sich im Hinblick auf (22) die Multiplicationsregeln\nI\ta0 .\t1 a \u2014 1 a ;\t1 \u00ab0\t. la,\t=\t1 at ;\t1 a0\t.\t1 a2 \u2014\t1 a2 ;\t1 a0\t.\t1 a3\t=\t1 a;s ;\nII\t\u25a0\t1 a \u2014 1 a, ,\tltt\t.1 a,\t\u2014\t1 a2 5\t1t\t.1 a2 \u2014\t1 a3 j\t1 t\t.1 a3\t\u2014\t1j\nly .\t1 a = 1 a2 ;\tly\t.la1\t=\tla3;\tly\t.\tl<*2 =\tla;\tly\t.\tla3\t=\tl<*1;\n1t v .\t1 a = 1 a3 ;\t1 lv\t. 1 a,\t=\t1 a ;\t1 ty\t.\t1 a2 =\t1 a, ;\t1 iv\t.\t1 a3\t=\t1 a2 ;\nWird hier jede der vier Anzahlen la0 oder la, It oder la,, ly oder 1 a2, 1 ty oder la3 durch x bezeichnet, so ist in jedem Falle\nxl \u2014 la ,\t(27a)\nso dass sich die Anzahlen der vier Einheitselemente als die vierten Einheitswurzeln darbieten. Man gelangt zu der \u00fcblichen Bezeichnungsweise, wenn man ohne Unterscheidung zwischen Multiplicator und Multiplicand f\u00fcr 1\u00ab0 oder la und f\u00fcr ly oder loa wie oben + 1 und \u2014 1 und sodann f\u00fcr 1t oder 1 a, und 1 ty oder 1 a3 die Zeichen + i und \u2014 i setzt, wo i \u2014 ]/ \u2014 1 . Die in der Mathematik vorzugsweise als imagin\u00e4r oder als rein imagin\u00e4r bezeichnete Einheitszahl )/ \u2014 1 findet somit in der Beziehung des viergliedrigen Gegensatzes ihre reelle logische Begr\u00fcndung.----------\nIn gleicher Weise beruhen die w-ten Einheitswurzeln, welche mathematisch durch die Gleichung\nxn = 1\ndefinirt werden, auf der Beziehung des rt-gliedrigen Gegensatzes. Gibt die in einem solchen Gegens\u00e4tze fortschreitende Denkth\u00e4tig-keit an, so werden die Beziehungen durch\nenWai = ai+k [i, k = 0, 1, 2 . . .)\n(28)","page":216},{"file":"p0217.txt","language":"de","ocr_de":"Untersuchungen \u00fcber die Grundlagen der Mathematik.\t217\ndargestellt, wenn ai+n = a,- und sn('k+n'> = \u00ab\u201eW gesetzt wird. Es bestehen somit f\u00fcr die Anzahlen der Mannigfaltigkeit (en) die Multiplicationsregeln\n1\t. 1 a,- \u2014 1 a-i+k ,\t(29)\nso dass, wenn x als Multiplicator die Anzahl 1 en(ft) als Multiplicand die Anzahl 1 ak bezeichnet, in der That f\u00fcr k = 0, 1, 2 ... [n \u2014 1) die Gleichung\nxn = la0\t(29a)\nbesteht. \u2014\nDie Nullelemente von\tergeben sich auf Grund der Be-\nmerkung, dass allgemein\nen[aOi <*!\u2022\u2022\u2022 an-1] = [<*0> a\\ \u2022 \u2022 \u2022 an-1] == 0\t(30)\nund dass insbesondere, wenn n keine Primzahl ist, sondern in das Product p . m zerlegt werden kann,\nfnm\\ao ! ami Q'im \u2022 \u2022 \u2022 ^(p- i)to] = [\u00e60j am) a2m \u25a0 \u25a0 \u25a0 a'(p\u2014i)ml ~ \u00ae \u2022 (30a) Es ist daher f\u00fcr jedes Zahlenpaar p, m, dessen Product p . m \u2014 n, la0 + 1 <*m + 1\u00ab2m + \u2022 \u2022 \u2022 + l\u00bb(p_i)m = 0 ,\t(31)\nwodurch s\u00e4mmtliche Nullelemente von \u00a7V\u00a3(en) bestimmt werden.\nMan kann noch bemerken, dass der Verein von Denkth\u00e4tigkeiten\nE =\t*\u201e(*\u00bb), sn(3\"*) . . . \u00a3>-11\u201d*)]\nstets durch die Combination EE zu a0 \u2014 \u00ab\u201e(\u00b0) f\u00fchrt. Es ist folglich\nv = E\t(32)\nzu setzen, wodurch die den Nullelementen gegen\u00fcberstehenden Vereine von Denkth\u00e4tigkeiten, die gleich jenen die Ausf\u00fchrbarkeit der Subtraction verb\u00fcrgen, angegeben werden.------------\nWerden die Anzahlen von \u00ae7Z(en) durch Punkte der Ebene veranschaulicht, so entsprechen den Anzahlen 1 a0, la, ... 1 a\u201e_, die n Eckpunkte eines regul\u00e4ren Polygons, dessen Umkreis die L\u00e4ngeneinheit zum Radius hat. Der Multiplicationsprocess (29) findet als-r dann sein geometrisches Abbild in der Drehung eines Polygonpunktes um den Winkel 2nk : n. Diese Versinnlichung f\u00fcr die Anzahlen der Einheiten und ihre Multiplicationen kann zugleich zur schematischen Andeutung der Beziehungen (28) dienen, wenn in Ueberein-","page":217},{"file":"p0218.txt","language":"de","ocr_de":"218\nGotti. Friedr. Lipps.\nStimmung mit den fr\u00fcher gegebenen Schemata die Eckpunkte des Polygons durch Pfeile, welche den Portschritt des Denkens darstellen, verbunden werden. Man erh\u00e4lt so das allgemeine Schema f\u00fcr die geschlossenen Systeme iterirter Beziehungen. Man wird aber nicht versucht sein, in diesem Schema die Begr\u00fcndung der Beziehungen seihst zu suchen.\n\u00a7 17.\nBeispiele von offenen Systemen iterirbarer Beziehungen bieten die Vermehrjpigsprocesse der organisphen Welt nicht minder wie die mechanischen Theilung^processe. Denn neu entstandene Organismen k\u00f6nnen unter der Voraussetzung, dass die Art erhalten bleibt, immer wiederum in der n\u00e4mlichen Weise sich vermehren, und die Theile eines K\u00f6rpers k\u00f6nnen stets wieder getheilt werden, wenn man keine letzten, untheilbaren Elemente annimmt.\nDurch die einen und die anderen Processe tritt eine Vielheit von Objecten an die Stelle eines zu Grunde liegenden Einzelobjects: ein lebendes Wesen pflanzt sich in seiner vielgliedrigen Nachkommenschaft fort; aus einem ausges\u00e4ten Samenkorn w\u00e4chst eine Pflanze hervor, die eine Vielheit von Samenk\u00f6rnern darbietet; durch die Theilung entsteht eine Anzahl von Bestandtheilen. Dabei sind die Glieder einer Generation, die Samenk\u00f6rner einer Ernte, die Theile eines K\u00f6rpers im allgemeinen von einander verschieden. Man kann sie aber als gleich betrachten, so dass durch jene Processe eine Vielheit gleicher Objecte erzeugt wird. Dies geschieht in der That, wenn man nur die Anzahl der Objecte angibt, die aus einem zu Grunde liegenden Objecte hervorgehen. Es kann ferner keineswegs die Vielheit dem Einzelobjecte, auf dem sie beruht, in jeder Hinsicht gleichgesetzt werden; sie ist ja nicht mit ihm identisch, sondern entsteht erst aus ihm durch den Vermehrungs- oder Theilungsprocess. Setzt man aber die Bedeutung des Einzelobjectes in die M\u00f6glichkeit, eine Mehrheit von Objecten zu erzeugen, so ist insofern diese Mehrheit gleichwerthig mit jener Einheit.\nSo kann z. B. der wirthschaftlicheJ07erth des ausges\u00e4ten Weizen-koms nach der Anzahl der aus ihm geernteten Weizenk\u00f6rner bemessen werden, so dass die K\u00f6rner der Ernte zusammengenommen","page":218},{"file":"p0219.txt","language":"de","ocr_de":"Untersuchungen \u00fcber die Grundlagen der Mathematik.\t219\ndem Saatkorn gleichwerthig sind. Man kann andererseits blo\u00df die L\u00e4ngenersJj-eckung eines theilbaren K\u00f6rpers beachten, so dass die Gesammtheit der Bestandteile, in die der K\u00f6rper, zerlegt wurde, diesem insoweit gleich ist, als nach wie vor die n\u00e4mliche L\u00e4ngenausdehnung vorhanden ist. Es besitzt dann jeder Bestandteil einen bestimmten Theil von der L\u00e4nge des K\u00f6rpers ganz ebenso, wie jedes geerntete Weizenkorn einen bestimmten Theil vom Werte des Saatkorns repr\u00e4sentirt.\nWerden die genannten Processe in der angegebenen Weise auf-gefasst, so tritt in ihnen eine besondere Eorm des beziehenden Denkens zu Tage. Sie kann, wenn die Denkth\u00e4tigkeit durch % bezeichnet wird, dadurch charakterisirt werden, dass man die Tr\u00e4ger von t in der unbegrenzten Kette von Denkacten\nra0 = aK\\ rat = a2 ; xa2 = a3 ; ...\t(3d)\ndurch die Gleichungen\n\u00abo = [<*i \u2022 \u2022 \u25a0 a\\) ; a, = [a2 . . . a.{\\ ; a2 = [at . . . a3] ; . . .\t(34)\nan einander bindet. Hierbei kann zwar f\u00fcr jedes System die Anzahl der Einheiten beliebig bestimmt werden, ohne dass der Charakter von t sich \u00e4ndert, wenn nur die Anzahlen in ihrer unbegrenzten Folge angebbar sind. Es soll aber der Einfachheit wegen vorausgesetzt werden, dass jedes System aus t Einheiten bestehe. Dann bezeichnet t das iterirbare Denken in seinem Fortschreiten von einer gegebenen Einheit zu einer daraus folgenden, die einem der gegebenen Einheit \u00e4quivalenten System von t einander gleichen Einheiten zugeh\u00f6rt.\nDa die Kette (33) sich nicht schlie\u00dft, so enth\u00e4lt die Mannigfaltigkeit \u00aeJZ{%) eine unbegrenzte Reihe verschiedener Einheiten, die auf Grund von (34) unmittelbar mit einander vergleichbar sind. Jede Einheit der Keihe <z0, al} a2 ... ist demnach von h\u00f6herer Ordnung als jede folgende und von niedrigerer Ordnung als jede vorhergehende.\nDie Einheiten h\u00f6herer Ordnung k\u00f6nnen durch Systeme von Einheiten niedrigerer Ordnung ersetzt werden. Ein und dasselbe Element kann darum in verschiedener Form sich darstellen. Es kann aber stets in eine Kormalform gebracht werden, wenn jedes System v\u00b0n t Einheiten ai durch die Einheit\tersetzt wird. Die","page":219},{"file":"p0220.txt","language":"de","ocr_de":"220\tGotti. Friedr. Lipps.\nAnzahl eines Elementes in der Normalform wird daher allgemein durch\nm0a0 + mAax -f- m2<*2 + w3a3 ...\t(35)\nbezeichnet, wenn m0 jeden beliebigen Werth der Zahlenreihe oder 0 bedeutet, mv, m2, m3 ... dagegen nur Werthe der Reihe 0, 1, 2 ... (t\u2014 1) annehmen. Da aber aus den auf (34) beruhenden Relationen\n1 Ct/Q \u2014 tdj , 1 CLi \u25a0\u2014 t&2 , 1 <3^2 \u2014\t3, . . .\t(36j\nunmittelbar folgt, dass 1 ak = {t\u2014 l)aft+t + \u00a3aft+2 = (f \u2014 l)aA+1 + (t \u2014 l)a/,+2 + itak+3 u. s. w., so ist auch\n1 ak \u2014 (f\u2014 l)ak+1 + {t \u2014 1)^+2 + [t\u2014 1)^+3 4- \u25a0 \u2022 \u2022 in inf. (37)\nund es muss im Interesse der Eindeutigkeit der Darstellungsweise zu den angegebenen Bedingungen der Normalform noch hinzugef\u00fcgt werden, dass in einer Anzahl mit einer unbegrenzten Reihe von Theilanzahlen nicht von einer bestimmten Stelle ab jede folgende gleich t \u2014 1 sein darf.\nDiese Normalform ist bei den Operationen vorauszusetzen. Die Addition und Multiplication zweier Anzahlen\na = m0a0 + mxav + m2a2 + .. resp. w0t(\u00b0) +\trW ..\nb = n0a0 -f- nla{ n2a2 -j-.. resp. nar(\u00b0) -f-\t+ 2^r(2) ..\nerfolgt nach den Eormeln\n\u00ab + b = (m0 + rc0)a0 + (wt + n,)^ -f- [mt +\t. . .\t(39)\na . b = m0 . n0a0 + (m0 . nK + my . n0)ai + )\n(m0 . -r^ + mi . to, + m2 . n0)a2 + . . .,\t)\nwo die Summe und das Product wieder in die Normalform zu bringen sind.------\nDie Subtraction ist nicht unbedingt, sondern nur als Umkehrung der Addition ausf\u00fchrbar. Denn die Mannigfaltigkeit r) enth\u00e4lt kein Nullelement, da ai durch tk Einheiten ai+k (i, k = 0, 1, 2 ...) ersetzt werden und somit jede Einheit neben jeder anderen bestehen kann. ----\u25a0\nDie Division ist dagegen unbedingt ausf\u00fchrbar. Sind n\u00e4mlich zun\u00e4chst zwei Theilanzahlen gegeben, so kann man sie gem\u00e4\u00df (36) in","page":220},{"file":"p0221.txt","language":"de","ocr_de":"Untersuchungen \u00fcber die Grundlagen der Mathematik.\n221\nTheilanzahlen mit Einheiten gleicher Ordnung, to,-\u00ab*,. und n^, verwandeln und ihren Quotienten mi\u00ab,- : niai wie folgt berechnen. Man bestimme f\u00fcrs erste die Anzahl p0T^\\ in welcher p0 angibt, wie oft n{ von to,- suhtrahirt werden kann, und verwandle den Rest von miai in Einheiten ai+l, deren Anzahl gleich mi+l sei; sodann bestimme man pl t(\u2019), wo pl angiht, wie oft n{ von to,.+1 suhtrahirt werden kann, und verwandle den Rest von mi+i ai+i in Einheiten <*i+2, um nunmehr p2t1-'1) zu bestimmen, u. s. f. Auf diese Weise findet man p0T^ + p^) -f-p2ifr) + . . . als Quotienten to^\u00ab*,- : \u00ab,.<*,-. Sind aber zwei beliebige Anzahlen a und b gegeben, so treten zu den Theilanzahlen to,\u00ab*,- und niai noch solche von niedrigerer Ordnung. Man bestimme nun, wie soeben angegeben wurde, p0t(\u00b0) wiederum f\u00fcr die Theilanzahlen to,-\u00ab*,- und ra,-\u00ab*,-, wobei jedoch Sorge zu tragen, dass p0r^. b von a suhtrahirt werden kann. Erh\u00e4lt man so a! = a \u2014 PoT^ . b, so ist der Rest an Einheiten <*,- in Einheiten ai+i zu verwandeln, um sodann f\u00fcr die nunmehr vorhandenen Theilanzahlen to,-+1 ai+l von a' und niai von b die Anzahl p{z^) zu bestimmen, so dass jpjTl1). b von a! suhtrahirt werden kann. Es resultirt alsdann a\" = a! \u2014 p^O . b. Nach Verwandlung der restirenden Einheiten ai+l in Einheiten <*i+2 wird ferner p^) bestimmt, so dass p2tW . b von a\" suhtrahirt werden kann, und in der bezeichneten Weise fortgefahren. Es ergibt sich so:\na : b = p0rt#)\t+ p2r^ + . . .\t(41)\nDa insbesondere die Einheitsanzahl 1 aa durch jede beliebige Anzahl dividirt werden, und somit zu jeder Anzahl b eine Anzahl e gefunden werden kann, so dass\nloo \u2014 b.c,\t(42)\nso erhellt, dass die Mannigfaltigkeit \u00dcfZ{x) unbegrenzt viele der Grundeinheit \u00ab*0 \u00e4quivalente Elemente mit den Anzahlen b . c besitzt. Auf denselben beruht die unbedingte Ausf\u00fchrbarkeit der Division in analoger Weise wie auf den Nullelementen von \u00ae}Z[v) die unbedingte Ausf\u00fchrbarkeit der Subtraction. Denn wie f\u00fcr die Anzahlen von \u00aefc[v) auf Grund des Nullelementes b c \u2014 0 an Stelle der Subtraction von b die Addition von c treten kann, so l\u00e4sst sich auch\nWundt, Philos. Studien. XIV.\t15","page":221},{"file":"p0222.txt","language":"de","ocr_de":"222\nGotti, Friedr. Lipps.\nf\u00fcr die Anzahlen von \u00a7)tZ{%) auf Grund des der Grundeinheit \u00e4quivalenten Elementes b . c = la0 die Division mit b durch die Multiplication mit c ersetzen.---\n\u00a7 18.\nVergleicht man nun zwei beliebige Anzahlen a und b in der Normalform (38), so ist entweder jede Theilanzahl von a gleich dazugeh\u00f6rigen von b, so dass auch a \u2014 b\\ oder es gibt Paare verschiedener Theilanzahlen. Ist das erste derartige Paar mkak und nkak und beispielsweise mk \u2014 nk +jp, wo p mindestens gleich 1, so kann man rnkak durch [mk_x)ak + \\ak und 1 ak durch die unbegrenzte Reihe (37) ersetzen, so dass\nmkak = imk \u2014 1 )<*k + {t \u2014 1 W+i +[t\u2014 1W+2 + \u2022\u25a0\u2022 in inf.\nSubstituirt man diese Summe in a, so kann jede auf nkak folgende Theilanzahl in b, den f\u00fcr die Normalform festgesetzten Bedingungen zufolge, von der entsprechenden Theilanzahl in a subtrahirt werden. Es kann somit die Anzahl b von der Anzahl a subtrahirt werden. Man sagt dann, dass b kleiner als a, oder a gr\u00f6\u00dfer als b sei. Von zwei beliebigen Anzahlen a und b der Mannigfaltigkeit 0IZ[t) ist daher entweder die eine gleich der anderen oder es ist die eine gr\u00f6\u00dfer resp. kleiner als die andere, so dass\nentweder a = b, oder a )> b, oder a <6 .\nDiese Eigenschaft ist f\u00fcr die Mannigfaltigkeit \u00a7\u00cf\u00cfC{x) charakteristisch. Denn sie gilt nur dann, wenn die Subtraction als Umkeh-r rung der Addition auftritt, weil nur dann eines der beiden Elemente das andere in sich enth\u00e4lt. Es ist daher z. B. von den beiden Anzahlen 2a + 5aq und 3a -f- 4at, wenn zwischen a und a, keine Relation von der Form (36) besteht, keine gr\u00f6\u00dfer oder kleiner als die andere. Ebenso wenig kann man von den Anzahlen ma und na{ der Mannigfaltigkeit &lZ{v) die eine gr\u00f6\u00dfer oder kleiner als die andere nennen, da keines der beiden zugeh\u00f6rigen Elemente das andere umschlie\u00dft und die Subtraction nicht im eigentlichen Sinne, sondern nur als Addition der entsprechenden Anzahl der anderen Art aus-","page":222},{"file":"p0223.txt","language":"de","ocr_de":"Untersuchungen \u00fcber die Grundlagen der Mathematik.\n223\nf\u00fchrbar ist. Wenn trotzdem von der Anzahl nax oder \u2014 n gesagt wird, dass sie, kleiner als ma oder + rn sei, so ist dies eine Consequenz des formalen mathematischen Standpunktes, der die negativen Zahlen \u2014 n als Differenzen 0 \u2014 n definirt und auf dieselben die Eigenschaften der thats\u00e4chlich durch Subtraction herstellbaren Zahlen \u00fcbertr\u00e4gt.\nInsbesondere ist, da von der Anzahl 1 ai jede Anzahl lai+Jc subtrahirt werden kann,\nI \u00bb0\t1 <*1\t1 <*2\t1 <*3 \u2022 \u2022 \u2022 ,\nwodurch der Inhalt der Relationen (36) in anderer, und zwar weniger pr\u00e4ciser Form ausgedr\u00fcckt wird. Es kann aber \u00fcberhaupt jede Reihe verschiedener Anzahlen der Gr\u00f6\u00dfe nach geordnet werden, so dass f\u00fcr die Glieder der Reihe a, b, c, d . . . die Beziehung\na > b > c > d . . .\ngilt.\nDies hat zur Folge, dass f\u00fcr die Gesammtheit aller Anzahlen von\teine Ordnung nach der Gr\u00f6\u00dfe als denkbar erscheint.\nDiese Ordnung kann aber nicht hergestellt werden, da zwischen je zwei verschiedenen Anzahlen stets eine unersch\u00f6pfliche F\u00fclle von \u00ab*. Anzahlen sich einordnet. Sind n\u00e4mlich zwei Anzahlen a und b verschieden, so ist auch ihre Differenz a \u2014 b oder b \u2014 a eine Anzahl c und es gibt unbegrenzt viele Anzahlen, die kleiner als c sind, da jede nicht verschwindende Theilanzahl miai von c durch die Summe\nmi . [t \u2014 l)dq+i + % \u2022 (t \u2014 l)\u00bb,-+2 + ... in inf.\nersetzt werden kann, die, wie man sieht, unbegrenzt viele kleinere Anzahlen enth\u00e4lt.\nMan kann somit keine, der Gr\u00f6\u00dfe nach der Anzahl a folgende /\u25a0 oder vorangehende Anzahl angeben, ohne dass eine unbegrenzte F\u00fclle dazwischen liegender Anzahlen angebbar w\u00e4re. Insbesondere ist keine kleinste Anzahl f\u00fcr die Mannigfaltigkeit \u00a7\u00cf\u00cfZ{%) angebbar, da die Anzahl 0 kein Element von \u00a7)IZ{r) bezeichnet. Ebenso wenig gibt es eine gr\u00f6\u00dfte Anzahl, was daraus folgt, dass die Anzahlen w0a0 der Unbegrenztheit der Zahlenreihe zufolge kein Mavironm besitzen.\n15*","page":223},{"file":"p0224.txt","language":"de","ocr_de":"224\nGotti. Friedr. Lipps.\nHierdurch wird man gen\u00f6thigt, bei der Untersuchung der Mannigfaltigkeit\tdie denkbaren, aber nicht herstellbaren Anzahlen zu\nber\u00fccksichtigen.\nDa diese Anzahlen Elemente von \u00a7\u00cf\u00cfZ{x) charakterisiren sollen, so muss ihnen gleich den herstellbaren Anzahlen das Merkmal, gr\u00f6\u00dfer oder kleiner als andere Anzahlen zu sein, zukommen. Ihre Gr\u00f6\u00dfe kann nur nicht dadurch bestimmt werden, dass man ihre Theilanzahlen der Eeihe nach angibt, weil darin die Herstellung der Anzahl besteht. Es ist indessen sehr wohl m\u00f6glich, eine denkbare, aber nicht herstellbare Anzahl dadurch zu definiren, dass sie Heiner oder gr\u00f6\u00dfer als jede herstellbare Anzahl sein soll. Denn es gibt ja weder eine kleinste noch eine gr\u00f6\u00dfte angebbare Anzahl f\u00fcr \u00a7\u00cf\u00cfZ{%). Eine solche Anzahl kann ferner, eben weil sie eine Anzahl ist, den Operationen unterworfen gedacht werden, und sofern sie definirt, d. h. hinsichtlich ihrer Eigenschaften bestimmt wurde, k\u00f6nnen auch die Resultate der Operationen nach Ma\u00dfgabe der Bestimmtheit, die sie durch jene Definition gewinnen, charakterisirt werden.\nEs bezeichne nun a irgend eine in bestimmter Weise hergestellte Anzahl von\tw\u00e4hrend e als Collectivbezeichnung f\u00fcr jede \u00fcber-\nhaupt herstellbare Anzahl dienen soll. Es werde ferner zur Definition der Anzahlen e, Und e', die kleiner resp. gr\u00f6\u00dfer als jede -herstellbare Anzahl e sein sollen,\ne,<e; e'>e\t(43)\ngesetzt. Alsdann ist zugleich als unmittelbare Folge der Gr\u00f6\u00dfenbeziehung zwischen en e und e'\na + e, < a -f-\te ;\t\u00e9 a~^> e\ta\t\\\na \u2014 ef^> a \u2014\te ;\te'\t\u2014 a^> e \u2014\ta\t;\na . e, < a .\te ;\ta\t. e'.> a . e ;\na : e, > a :\te ;\ta\t: \u00eb < a : e*\nwozu nodi ausdr\u00fccklich bemerkt werden mag, dass selbstverst\u00e4ndlich \u00ab +\t+ a . e, = e,. a ; a 4- e' \u00ab= e' -+- a ; a . \u00ab' \u00bb e'. \u00ab ;\nwie derm \u00fcberhaupt f\u00fcr die blo\u00df denkbaren Anzahlen die n\u00e4mlichen allgemeinen Gesetzm\u00e4\u00dfigkeiten bez\u00fcglich der Summen- Und Product-bildung bestehen wie f\u00fcr die herstellbaren Anzahlen.","page":224},{"file":"p0225.txt","language":"de","ocr_de":"Untersuchungen \u00fcber die Grundlagen der Mathematik.\n225\nAus (44) folgt, dass es keine von a verschiedene angebbare Anzahl gibt, welche die Gr\u00f6\u00dfe von a + e, oder a \u2014e, bezeichnen k\u00f6nnte. Es muss daher, wenn a + e/ oder a \u2014 e, als Eechnungsresultat auf-tritt, dessen Gr\u00f6\u00dfe mitgetheilt werden soll,\na + e,== a \u2014 e, = a oder e, = 0\t(46)\ngesetzt werden. Andererseits ergibt sich aus (44), dass nicht nur e\u2019, sondern auch \u00eb + a und \u00eb \u2014 a gr\u00f6\u00dfer als jede angebbare Anzahl sind, so dass, wenn blo\u00df diese Thatsache zum Ausdruck gebracht werden soll,\n\u00eb + a \u2014 \u00eb \u2014 a = \u00eb\t(47)\nzu setzen ist. Vorsichtshalber f\u00fcge ich noch bei, dass die Ungleichung a \u2014 e,^> a \u2014 e nur f\u00fcr die Werthe e<a und die Ungleichung \u00eb \u2014 a > e \u2014 a nur f\u00fcr die Werthe e > a einen Sinn hat. Es kommen jedoch nur diese Werthe bei den ausgesprochenen Folgerungen in Betracht.\nW\u00e4hrend durch a + e blo\u00df Anzahlen gr\u00f6\u00dfer als a, durch a \u2014 e blo\u00df Anzahlen kleiner als a darstellbar sind, werden durch a. e und a : e alle herstellbaren Anzahlen bezeichnet, wofern e jede herstellbare Anzahl repr\u00e4sentirt. Man kann daher in (45) a . e und a : e durch das Symbol e ersetzen, so dass\na . e, < e ; a . e' > e ; a : e, )> e ; a : e' < e ;\n(48)\nund somit die n\u00e4mlichen Ungleichheitsbedingungen f\u00fcr a. e, und a : \u00eb resp. a . \u00eb und a : e, wie f\u00fcr e, resp. \u00eb gelten. Zugleich mit der Anzahl e, resp. \u00eb muss daher jede Anzahl a . e, und a : \u00eb resp. a . \u00eb und a : e, als eine mit den n\u00e4mlichen Eigenschaften wie e, resp. \u00eb behaftete denkbare Anzahl anerkannt werden.\nEs wird demgem\u00e4\u00df durch (43) nicht je eine individuelle Anzahl, sondern je eine Mannigfaltigkeit von Anzahlen definirt, so dass jeder Anzahl a eine Anzahl a . e, resp. a . \u00eb zur Seite steht und \u00fcberdies die Anzahlen a . e, und a : \u00eb einerseits, a . \u00eb und a : e, andererseits sich wechselweise entsprechen. Die beiden Mannigfaltigkeiten von Anzahlen a . e, und a . \u00eb treten demnach in eine Beziehung zu einander, die durch eine an sich willk\u00fcrliche Festsetzung geregelt werden","page":225},{"file":"p0226.txt","language":"de","ocr_de":"226\nGotti. Friedr. Lipps.\nkann, wenn das Product \u00eb . e, gleich einer bestimmten Anzahl, z. B. gleich la, vorausgesetzt wird.\nDurch (44) und (45) werden aber die m\u00f6glichen Folgerungen aus (43) nicht ersch\u00f6pft. Denn es ist nun auch\ne,. e, < e,.e\\ \u00eb. \u00eb > \u00eb. e .\noder, da e,. e durch e, und \u00eb . e durch \u00eb ersetzt werden kann, e,. e, < e, ; e', \u00eb > \u00eb.\nIn gleicher Weise ist\ne,.e,.e,<e,.e,; \u00eb . \u00eb . \u00eb > \u00eb . \u00eb\nund man erkennt, dass zugleich mit (43) allgemein die beiderseits unbegrenzte Reihe der Ungleichungen\n. . . (e')3 > [\u00ebf > e' > e > \u00df/ > e? > e> . . .\t(49)\nbesteht. Was von \u00eb und e, gesagt wurde, gilt nun auch von jeder Anzahl e/ und (e')\\ wo i = 1, 2, 3 ... ; es entspricht jeder angeb-haren Anzahl a eine denkbare Anzahl a . ej und a . (\u00eb)* und die Beziehung zwischen den so definirten Mannigfaltigkeiten von Anzahlen wird wiederum durch die willk\u00fcrliche Annahme e} . {\u00eb f = 1 a geregelt.\nDa somit die Voraussetzung der Anzahl en die kleiner als jede angebbare Anzahl sein soll, die Anerkennung der Mannigfaltigkeiten von Anzahlen ae,\\ aef1 ; \u00abe/ ; ... einschlie\u00dft, so gibt es f\u00fcr \u00a7)lZ{x] nicht nur keine kleinste angehbare Anzahl, sondern nicht einmal eine kleinste denkbare Anzahl. Man kann folglich nicht nur keine der Gr\u00f6\u00dfe nach der Anzahl a folgende oder vorhergehende Anzahl angehen, sondern nicht einmal eine solche Anzahl als denkbar annehmen, ohne dass zugleich eine unersch\u00f6pfliche F\u00fclle dazwischen hegender Anzahlen als denkbar zugestanden werden m\u00fcsste.\nHieraus folgt, dass die Gesammtheit der Anzahlen von nicht als eine der Gr\u00f6\u00dfe nach geordnete, abgeschlossen vorliegende Reihe gedacht werden kann. Denn es gibt weder eine herstellbare noch eine denkbare ohgre oder untere Grenze, die der Mannigfaltigkeit \u00a7\u00cf\u00cfZ{%j angeh\u00f6re, und es gibt weder eine herstellbare","page":226},{"file":"p0227.txt","language":"de","ocr_de":"Untersuchungen \u00fcber die Grundlagen der Mathematik.\n227\nnoch eine denkbare Anzahl, die einer gegebenen Anzahl der Gr\u00f6\u00dfe nach unmittelbar, d. i. ohne Dazwischentreten unbegrenzt vieler Anzahlen, folge oder vorangehe. Es sind daher blo\u00df Reihen von Anzahlen herstellbar oder denkbar, die der Mannigfaltigkeit \u00a7J1Z(t) angeh\u00f6ren, ohne sie zu ersch\u00f6pfen.\nDies hindert nicht, dass die Gesammtheit der Anzahlen von \u00a7)}C[t) ebenso wie die Gesammtheit der Anzahlen einer anderen Mannigfaltigkeit als wohl definirter Gegenstand des Denkens auftrete. Denn es ist zwar unm\u00f6glich, zu einer gegebenen Anzahl eine der Gr\u00f6\u00dfe nach unmittelbar folgende zu denken und auf diese Weise die Gesammtheit der Anzahlen im Denken zu erfassen ; es kann aber auf mannigfache Art ein Weg bezeichnet werden, auf dem man in unbegrenztem Weiterschreiten zu jeder Anzahl gef\u00fchrt wird. Es ist z. B. m\u00f6glich, jedem Gliede in der unbegrenzten Reihe der Theil-anzahlen m0 a0 jede Theilanzahl der Reihe 0au 1 at ... [t\u2014 i )al und wiederum jedem Gliede dieser Reihe jede Theilanzahl 0a2 . . . [t \u2014 l)a2 zuzuordnen und diese Zuordnungsweise f\u00fcr die auf einander folgenden Theilanzahlen ins Unbegrenzte fortgesetzt zu denken. Es wird so die Gesammtheit der Anzahlen im j\u00dfenken erfasst; sie wird aber nicht als eine der Gr\u00f6sse nach geordnete fortlaufende Reihe, sondern als ein unbegrenztes System in einander geschalteter und immer wieder ahhrechender Reihen gedacht.\n\u00a7 19.\nDie Anzahlen von &1Z{%) sind die positiven, reellen Zahlen der Mathematik, die in ganze und gebrochene, rationale und irrationale und \u00fcberdies in algebraisch und transcendent irrationale Zahlen geschieden werden. Denn auf Grund der Relationen (36) ist la0 \u2014 t. 1 ax \u2014 t2. 1 a2 = . . ., so dass 1\t\u2014 1 a0 : t ; 1 a2 = 1\t: t2 ;\n\u25a0 . . und die allgemeine Anzahl a, wenn die Grundeinheit aa nicht bezeichnet wird, in der Form\n1 1\net := vn^ -f- YYiy . \u2014 j\u2014 vn2 . \u2014 -j- ... auftritt, wodurch bekanntlich jede positive reelle Zahl dargestellt wird.","page":227},{"file":"p0228.txt","language":"de","ocr_de":"228\nGotti. Friedr. Lipps.\nDiese Zahlen beruhen demnach auf der durch t angegebenen Form des beziehenden Denkens, die ebenso in den mechanischen Theilungsprocessen wie in den organischen Vermehrungsprocessen ihre Realisirung findet.\nDie Beispiele der letzteren Art zeigen, dass die Br\u00fcche und die irrationalen Zahlen keineswegs die Vorstellung einer stetig theil-baren geometrischen Erstreckung voraussetzen ; sie k\u00f6nnen \u00fcberdies als ein Schutzmittel gegen die Uebertragung der geometrischen Stetigr Jiceit auf die Mannigfaltigkeit der Zahjen dienen.\nTritt n\u00e4mlich die Denkth\u00e4tigkeit % als Theilungsprocess in die Erscheinung, so findet derselbe seine vollkommenste Darstellung in der Theilung einer als Grundeinheit angenommenen Strecke, welche einer von einem Punkte \u2014 dem Nullpunkte \u2014 aus ins Unendliche sich erstreckenden Geraden angeh\u00f6rt. Setzt man nun axiomatisch fest, dass einerseits jede denkbare Theilung und Vervielfachung der Einheitsstrecke zu einem bestimmten Punkte der Geraden f\u00fchrt, und dass andererseits jeder Punkt der Geraden durch Theilung und Vervielfachung der Einheitsstrecke erreicht gedacht werden kann, so entspricht jeder Anzahl von\tein Punkt der Geraden und jedem\nPunkte der Geraden eine Anzahl von \u00a7)?C{t). Es liegen aber die Punkte in der Geraden als eine abgeschlossene Mannigfaltigkeit vor Augen und man kann sich \u00fcberdies einen Punkt innerhalb der Geraden beweglich vorstellen, so dass er die Gerade und somit alle Punkte der Geraden durchl\u00e4uft. Es will daher scheinen, als oh auch die Gesammtheit der Anzahlen von &fc{%) als abgeschlossen vorhegende, der Gr\u00f6\u00dfe nach geordnete Reihe gedacht werden k\u00f6nnte, und als ob eine ver\u00e4nderliche Anzahl successiv die Werthe aller Anzahlen der Reihe nach anzunehmen im Stande w\u00e4re.\nSolche Vorstellungen entstehen nicht, wenn man die Realisirung von t in einem periodisch wiederkehrenden Vermehrungsprocesse sucht. Denn wird beispielsweise ein Samenkorn, das die Grundeinheit darstellen soll, in der Weise getheilt, dass man es auss\u00e4t und die geernteten Samenk\u00f6rner theilt, oder die letzteren wiederum auss\u00e4t, um nach der zweiten, dritten Ernte u. s. f. die Theilung vorzunehmen, so sind die K\u00f6rner der ins Unbegrenzte auf einander folgenden Ernten die objectiven Darstellungen der aus der Grundeinheit abgeleiteten Einheiten, ohne dass sie \u2014 wie die Theile der","page":228},{"file":"p0229.txt","language":"de","ocr_de":"Untersuchungen \u00fcber die Grundlagen der Mathematik.\n229\nEinheitsstrecke in der Geraden \u2014 einen anschaulichen Traget besitzen. Es findet ferner jede Anzahl von \u00a7\u00cf\u00cfZ[%) in einem System von K\u00f6rnern der verschiedenen Ernten ihre objective Grundlage, ohne dass sich die Gesammtheit der denkbaren Systeme zu einer Vorstellung, wie sie f\u00fcr die Gesammtheit der Punkte in der Geraden vorhanden ist, verschmelze.\nHierdurch wird man darauf aufmerksam, dass eben die Gerade, sofern sie als der anschauliche Tr\u00e4ger ihrer Punkte die Vorstellung der abgeschlossen vorliegenden Gesammtheit veranlasst, eine der Mannigfaltigkeit \u00a7MZ[t) fremde Zuthat ist, und dass vollends der durch Bewegung vermittelte stetige Uebergang von einem Punkte der Geraden zu einem anderen auf die Anzahlen von\tdie\nnur im Denken existiren, keine Anwendung finden kann. H\u00e4lt man aber daran fest, dass die Anzahlen von S\u00dfZ{x) einen Tr\u00e4ger, der ihre Gesammtheit der Anschauung darhiete, nicht besitzen, und beachtet man, dass die Punkte der Geraden nur, sofern sie ihrer Lage nach bestimmt,sind oder als bestimmt ^gedacht werden, nicht aber als bewegliche Punkte die Repr\u00e4sentanten der Anzahlen sind, so hat das wechselweise Entsprechen von Punkt und Anzahl keine irrth\u00fcmliche Auffassung zur Eolge. Denn nach Ausschluss des Nullpunktes, welchem die der Mannigfaltigkeit QlZir) nicht angeh\u00f6rende Anzahl 0 entspricht, kann kein Punkt mit kleinster oder gr\u00f6\u00dfter Entfernung vom Nullpunkte angegeben oder gedacht werden, und es ist kein Punkt angebbar oder denkbar, der einem anderen in der Geraden vorangehe oder nachfolge, ohne dass zugleich eine unersch\u00f6pfliche F\u00fclle dazwischen liegender Punkte gedacht werden m\u00fcsste. Es ist daher die Gesammtheit der Punkte einer Geraden so wenig wie die Gesammtheit der Anzahlen von\tals\neine abgeschlossen vorliegende Reihe denkbar, und es gibt f\u00fcr die ihrer Lage nach bestimmt gedachten Punkte so wenig wie f\u00fcr die ihrer Gr\u00f6\u00dfe nach geordnet gedachten Anzahlen von &tZ{%) einen Uebergang von einem Gliede der Gesammtheit zu einem anderen, der wie bei der Bewegung eines Punktes als ein Durchlaufen aller dazwischen liegenden, f\u00fcr das Denken unersch\u00f6pflichen F\u00fclle von Gliedern aufgefasst werden k\u00f6nnte.","page":229},{"file":"p0230.txt","language":"de","ocr_de":"230\nGotti. Friedr. Lipps.\n\u00a7 20.\nWenn die positiven, reellen Zahlen in der Mannigfaltigkeit \u00eaffc(z) ihre Begr\u00fcndung finden, so ist klar, dass die Mannigfaltigkeit 0fc[v, r), f\u00fcr welche die Combinationen von v und r commutativ sind, zu den positiven und negativen reellen Zahlen oder zu den reellen Zahlen schlechthin f\u00fchrt. Denn f\u00fcr die Einheiten aik (i, k = 0, 1, 2 . . .) von \u00a7)?C{v, t), die durch\nr(0 vWaw \u2014 aik\nauf einander bezogen werden, ist aik = aik+2 und 1 aik = tai+i>k, so dass die Anzahlen in der Form\n+ \u212210<*10 + ^20^20 + \u2022 \u2022 \u2022\n+\ta-Qi + J\t-f- . . .\nauftreten, die, wenn a und b Anzahlen von \u00a7VZ[t) bezeichnen, durch a + 1 v . b darstellbar sind und somit entweder eine positive oder eine negative reelle Zahl angehen.\nMan erkennt dann auch in den Anzahlen der Mannigfaltigkeit \u00a7VZ{i, t), f\u00fcr welche it = n, die sogenannten gew\u00f6hnlichen com-plexen Zahlen, die, wenn a und b Anzahlen der Mannigfaltigkeit \u00a7)?Z[v, t) bedeuten, durch\na + 11. b oder a + i . b ; [i = Y \u2014 1)\ndargestellt werden und in den Punkten der Ebene in gleicherweise wie die reellen Zahlen in den Punkten der Geraden ihre Repr\u00e4sentanten finden.\nDiese Mannigfaltigkeiten werden dadurch charakterisirt, dass ihre Anzahlen die unbedingte Ausf\u00fchrung der Subtraction und Division gestatten. Nachdem nun bereits (\u00a7 15) bemerkt wurde, dass die Ausf\u00fchrbarkeit der Subtraction f\u00fcr die allgemeine Mannigfaltigkeit \u00a7\u00cf\u00cfC[a, \u00df, y..) an die Bedingung \u00a7)JZ(a, \u00df, y ..) =\t\u00ab, \u00df, y ..)\ngekn\u00fcpft ist, fragt es sich, oh die allgemeinste Mannigfaltigkeit bestimmt werden kann, welche die Ausf\u00fchrbarkeit der Division unbeschr\u00e4nkt zul\u00e4sst.","page":230},{"file":"p0231.txt","language":"de","ocr_de":"Untersuchungen \u00fcber die Grundlagen der Mathematik.\n231\nUm diese Frage f\u00fcr eine Mannigfaltigkeit \u00a7)\u00ceZ{a) mit nur einer unbekannten Denkth\u00e4tigkeit a zu beantworten, schicke ich folgende Bemerkung; voraus.\nZu jeder bestimmten Anzahl a von \u00a7)JZ[x) ist eine gr\u00f6\u00dfere und eine kleinere Anzahl angebbar, von welchen man sich durch dazwischen liegende Anzahlen der Gr\u00f6\u00dfe von a n\u00e4hern kann, ohne dass dem N\u00e4herungsprocess ein Ende gesetzt werden m\u00fcsste. Man kann daher auch eine unbekannte Anzahl durch successive Ann\u00e4herung mit jedem beliebigen Grade von Genauigkeit bestimmen. Sind nun a0, au a2 . .. irgend welche Anzahlen von \u00a7HlZ[x\\ die mit Ausnahme von a0 theil-weise gleich 0 sein d\u00fcrfen, so kann man auf diese Art stets eine Anzahl x von \u00a7flc(x) finden, so dass\na\u00fc = eq . x + \u00ab2 \u2022 *2 + \u2022 \u2022 \u2022\t(50)\nEs gibt jedoch, da \u00a7)\u00ceC{x) kein Nullelement besitzt, keine Anzahl x dieser Mannigfaltigkeit, f\u00fcr welche\n0 = a0 + at x + a-iX2 + \u2022 \u2022 \u2022\t(51)\nw\u00e4re. Bedeuten aber a\u00fc) au a-2 ... Anzahlen von \u00a7\u00dcZ[i, x) oder &C{x), so gibt es stets f\u00fcr jede Gleichung der Form (50) oder (51) eine der Mannigfaltigkeit \u00a7)\u00ceC{i, x) angeh\u00f6rende L\u00f6sung, und es gibt im ganzen n L\u00f6sungen, wenn der Grad der Gleichung der n-te ist.\nSoll nun 2flZ[a) die Division gestatten, so folgt Q1Z[a) = \u00a7)\u00ceZ[a, x), da der mit lx identische Quotient la0 : t, wo a0 die Grundeinheit angibt, eine Anzahl von \u00a7flZ{a) bezeichnen muss. Es kann daher, wenn a0, au \u00ab2 \u2022 \u2022 \u2022 wie oben Anzahlen von Stfclx) sind, jede Anzahl von \u00a77Z[a) in die Form\nOq. 1 cxq -f- ai . loq \u2014{\u2014 $2 \u2022 1\t+ \u2022 \u2022 * oder\t\u2014f~ a, . 1 a \u2014j\u2014\t. (1 a)2 \u2014(\u2014 ...\ngebracht werden. Es muss aber auch la0 : la oder allgemein a0 : la gleich einer Anzahl von \u00a7Wc(a) sein, so dass es ein der Grundeinheit oder allgemein ein dem Elemente mit der Anzahl a0 \u00e4quivalentes Element geben muss, das der Bedingung\nOq = Oj . la + \u00ab2 . (la)2 + a3 . (la)3 + ...\t(52)","page":231},{"file":"p0232.txt","language":"de","ocr_de":"232\nGotti. Friedr. Lipps.\ngen\u00fcgt. Da jedoch gem\u00e4\u00df (50) stets eine Anzahl x von &tZ(x) exi-stirt, welche die n\u00e4mliche Bedingung erf\u00fcllt, so folgt, wenn\nA = Gtj -j- ^(i \u00df -{\u2014 x) \u2014(- 0^3 ((1 \u00df)^ -f- 1 \u00df . X -j\u2014 x^j \u2014f- . . .\ngesetzt wird, mit R\u00fccksicht auf (50) und (52)\n1 a . A = x . A .\nEs ist daher entweder 1 a \u2014 x, oder A = 0, d. h. die Mannigfaltigkeit \u00a7WZ(a) gestattet entweder blo\u00df die Division, nicht aber die Subtraction in unbeschr\u00e4nkter Weise, und es ist dann, da kein Nullelement vorhanden sein kann, la \u2014 x und somit &Z(a) identisch mit SffZ(x), oder die Mannigfaltigkeit &Z(a) gestattet neben der Division auch die unbedingte Subtraction, so dass auch A = 0 sein kann.\nIst aber das letztere der Fall, so kann von vom herein \u00eatfZ(a) \u2014 \u00eaV\u00f9la, (, t) angenommen werden, so dass, wenn a0, au a>j . . . Anzahlen von \u00a7MZ(i, %) sind, jede Anzahl von \u00a7VZ(a) in der Form\n\u00ab0 \u2022 1 \u00bb0 + a\\ \u2022 1\t+ \u00ab2 \u2022 1 \u00bb2 + \u2022 \u2022 oder a0 + ax . 1 a + a2 . (1 a)2 +\nvorausgesetzt werden kann. Die Ausf\u00fchrbarkeit der Division fordert alsdann wieder das Bestehen einer Gleichung von der Form (52). Ist diese Gleichung vom rc-ten Grade, so gibt es n Anzahlen xu x<t ... xn von \u00a7ffZ(i, x), welche sie befriedigen, und es kann (52) in die Productform\n0 = (la \u2014 Xi) . (la \u2014 x^j ... (I\u00df \u2014 xH)\t(53)\ngebracht werden, deren Factoren Anzahlen von \u00a7ffZ(a) sind. Da jedoch ein Product nur dann gleich Null sein kann, wenn einer der Factoren gleich Null ist, so ist l\u00df entweder gleich xv oder gleich x\u2018i \u2022 \u2022 \u2022 oder gleich x\u201e, in jedem Falle also gleich einer Anzahl von \u00eaVZ(i., r) und somit \u00a7)/Z(a) identisch mit \u00a7VZ(i, x). Bricht aber die Gleichung (52) nicht mit einem bestimmten Gliede ab, so gibt es eine unbegrenzte Reihe von Anzahlen xiy x1, x3 . . . in &Z(i, x\\ welche die Zerlegung in ein Product von der Form (53) mit imendlich vielen Factoren gestatten, so dass immer noch \u00a7MZ(a) f\u00fcr identisch mit \u00a7\u00cf\u00cfZ(ii r) gelten muss.","page":232},{"file":"p0233.txt","language":"de","ocr_de":"Untersuchungen \u00fcber die Grundlagen der Mathematik.\n233\nInsbesondere folgt, dass\tt) \u2014 \u00a7\u00cf\u00cfZ{i, r), wo sn die Be-\nziehung des M-gliedrigen Gegensatzes darstellt, wahrend \u00a7)/Z(en) von \u00a7)}c{l) verschieden ist. Denn es gibt n Anzahlen von t), welche die zur Oharakterisirung von sn dienende Gleichung xn \u2014 1 a0 erf\u00fcllen.\nJede Mannigfaltigkeit \u00a7ffZ[a) mit nur einer unbekannten Denkth\u00e4tigkeit a ist also identisch mit QlZ{x) oder mit resp. der hierin enthaltenen Mannigfaltigkeit \u00a7)/Z(v,t), je nachdem nur die Division oder zugleich auch die Subtraction unbedingt ausf\u00fchrbar sein solL\nDie n\u00e4mlichen Folgerungen bleiben in Kraft, wenn n Denk-th\u00e4tigkeiten \u00ab4, a2 \u2022 \u2022 \u2022 an durch die Denkacte = at ; a2a0 = a2; . . . una0 = an in der Weise definirt werden, dass f\u00fcr die Einheits-anzahlen der Mannigfaltigkeit \u00a7tfZ{au a2 . . . an) Multiplications-regeln von der Form\n\\ai.\\ak \u2014 am . 1<*0 %ti \u2022 l\u00bbi + \u2022 \u2022 \u2022 aiJcn . la\u201e (54) (*', i\u00abl, 2...#)\nbestehen, wo durch aik0, aikl . . . aikn Anzahlen von \u00eaVZ[i, %), d. h. gew\u00f6hnliche complexe Zahlen, dargestellt werden. Man erh\u00e4lt dann ein sogenanntes begrenztes, aus n Haupteinheiten gebildetes complexes Zahlensystem, dessen Einheitsproducte linear durch die Einheiten selbst sich ausdr\u00fccken; und es l\u00e4sst sich f\u00fcr jede Einheitsanzahl laf aus (54) durch Elimination der \u00fcbrigen eine Gleichung ableiten, so dass la, sich ebenso wie oben la als Anzahl von t) erweist.\nSolche Zahlensysteme hat man in der Kegel im Auge, wenn man von h\u00f6heren komplexen Zahlen im Gegensatz zu den gew\u00f6hnlichen spricht. Sie k\u00f6nnen daher nur dann als Anzahlen von Mannigfaltigkeiten, die nicht mit \u00a7VZ[i, r) oder den hierin enthaltenen Mannigfaltigkeiten \u00eaffciv, t) oder\tidentisch sind, gelten, wenn der\nSatz, dass ein Product nur f\u00fcr den Fall des Verschwindens eines seiner Factoren gleich Hui sein kann, nicht f\u00fcr verbindlich gehalten \u25a0wird. Ein Durchbrechen dieser Schranke mag nun zwar f\u00fcr die formale mathematische Auffassungsweise als m\u00f6glich gelten; aber f\u00fcr uns besteht diese M\u00f6glichkeit nicht; denn sollte a . b \u2014 0 sein, ohne dass a oder b gleich Null w\u00e4re, so m\u00fcsste der dem Producte a. b","page":233},{"file":"p0234.txt","language":"de","ocr_de":"234\nGotti. Friedr. Lipps.\nentsprechende Process A SB in der Mannigfaltigkeit, welcher die An. zahlen \u0153 und b angeh\u00f6ren, ein nicht vorhandenes Element ergeben k\u00f6nnen, w\u00e4hrend A und SB thats\u00e4chlich existirende Elemente angeben, und es m\u00fcsste in Consequenz damit ein Denkact aa = 0 m\u00f6glich sein, der aus dem gegebenen Objecte a durch die Denk-th\u00e4tigkeit a zu nichts f\u00fchren w\u00fcrde.\nEs scheint sonach, dass die Anzahlen der allgemeinen Mannigfaltigkeiten \u00e4/6(\u00ab, \u00df, y . . .) zwar die gew\u00f6hnlichen reellen und complexen Zahlen der Mathematik, aber nicht die h\u00f6heren complexen Zahlen abzuleiten gestatten. Man kann jedoch auf der gewonnenen Grundlage auch dem Bed\u00fcrfniss nach Einf\u00fchrung dieser h\u00f6heren complexen Zahlen durch folgende Erw\u00e4gung gerecht werden.\n\u00a7 21.\nBei der Darstellung des Denkactes a a \u2014 oq wurde selbstverst\u00e4ndlich ein bestimmtes Object a als Grund und eine bestimmte Beth\u00e4tigungsweise a des Denkens vorausgesetzt, woraus sich wiederum ein bestimmtes, thats\u00e4chlich f\u00fcr das Denken existirendes Object al als Folge ergab. Man kann indessen annehmen, dass ein und dasselbe Object a der Tr\u00e4ger verschiedener, aber gleichartiger Denk-th\u00e4tigkeiten cq, a2 ... an sei und diese verschiedenen Denkth\u00e4tig-keiten, eben weil sie gleichartig sind, durch eine Oollectivhezeichnung a andeuten. Es ist alsdann a entweder gleich cq oder gleich a2 .. . oder gleich an ; es kann jedoch dahin gestellt bleiben, welches die eigentliche Bedeutung von a sei, so dass auch der Erfolg von a a nicht bestimmt angehbar ist, da auf Grund von\ncqa = oq ; a2a = a2 ;\t... ana \u2014 an\na a ebenso wohl gleich au wie gleich a2 . . . oder gleich an sein kann. Erst ein aus den ax ... an gebildeter Verein von Denkth\u00e4tig-keiten, dessen Bedeutung sich nicht \u00e4ndert, wenn die oq ... an mit einander vertauscht werden, stellt zugleich, nach Einf\u00fchrung der Oollectivhezeichnung a, einen solchen Verein der a und der Com-binationen von a dar, dessen Erfolg an a bestimmt ist, welches auch die wahre Bedeutung von a sei.","page":234},{"file":"p0235.txt","language":"de","ocr_de":"Untersuchungen \u00fcber die Grundlagen der Mathematik.\n235\nDaher sind auch die Elemente von \u00a7ffc[a) im allgemeinen w-deutig, und eine Anzahl a tritt als Oollectivbezeichnung f\u00fcr n Anzahlen au a<i ... an auf, ohne dass man sagen kann, welche dieser Anzahlen in Wahrheit durch a bezeichnet wird. Man hat somit kein Recht, eine der Differenzen a \u2014 au a \u2014 a2, ... a \u2014 an gleich Null zu setzen. Ebenso wenig kann man mit Bestimmtheit behaupten, dass [a \u2014 %) . (a \u2014 a2) oder [a \u2014 at) . (a \u2014 a2) . (a \u2014 a:i) u. s. w. gleich Null sei. Man wei\u00df nur, dass das Product der n Factoren\n(a \u2014 ax) . (a \u2014 a2) . ... (a \u2014 an) = 0\nist. Dieses Product wird demgem\u00e4\u00df gleich Null, obwohl man nicht wei\u00df, welcher der n Factoren gleich Null ist; man muss jedoch daran festhalten, dass irgend einer, unbestimmt welcher, gleich Null sei.\nDass hierdurch in der That ein Anschluss an die Theorie der aus n Haupteinheiten gebildeten complexen Zahlen oder Gr\u00f6\u00dfen, die von Weierstra\u00df und Dedekind entwickelt wurde1), erreicht wird, erhellt aus den von Dedekind gegebenen2) \u00bbErl\u00e4uterungen zur Theorie der sogenannten allgemeinen complexen Gr\u00f6\u00dfen\u00ab, woselbst gesagt wird:\n\u00bbUm die Erscheinung des Verschwindens von Producten aus nicht verschwindenden Factoren im Reiche der gew\u00f6hnlichen, aber mehrwerthigen Anzahlen zu erl\u00e4utern, schicke ich folgende Bemerkung voraus. Ist v eine mehrwerthige Zahl, d. h. bestimmt v unterschiedslos jeden der n von einander verschieden bestimmten Zahlenwerthe\nv', v\" ... v(n>,\nso wird folgerichtig, wenn <p(t), xpit) ganze Functionen einer Ver\u00e4nderlichen t mit bestimmten (d. h. einwerthigen) Coefficienten sind, die Behauptung\ncp[v) = lp[v)\nstets und nur dann f\u00fcr wahr gelten, wenn die n Behauptungen (p[v') = xp{v')\\\tq){v\u201d) = ip(v\");\t... cp[v\"') = xpiy\"')\n1)\tIn den G\u00f6ttinger Nachrichten 1884 (Weierstra\u00df); 1885 (Dedekind).\n2)\tG\u00f6ttinger Nachrichten 1887; Nr. 1, S. 1\u20147.","page":235},{"file":"p0236.txt","language":"de","ocr_de":"236\tGotti. Friedr. Lipps.\ns\u00e4mmtlich erf\u00fcllt sind, d. h. wenn die ganze Function q>(t) \u2014 ip(t) durch die ganze Function\nf[t) = (t \u2014 v'){t - v\") ... {t\u2014 vW)\ntheilbar ist\u00ab.\n\u00bbIst daher z. B. v eine zweiwerthige Gr\u00f6\u00dfe, welche unterschiedslos jeden der beiden Werthe \u00b1 1 bedeutet, so verschwindet weder die Gr\u00f6\u00dfe v + 1, noch v \u2014 1, aber ihr Product v2 \u2014 1 verschwindet. \u00ab\nDen Zahlensystemen, welche durch die Erscheinung des Verschwindens von Producten mit nicht verschwindenden Factoren ausgezeichnet sind, tritt in den Quatemionen ein System von anderer Art gegen\u00fcber. Sind n\u00e4mlich a0, au a2, a3 beliebige reelle Zahlen und iu iA complexe Haupteinheiten mit der Bedingung\nh2 = h2 \u2014 h2 = \u2014 1 ; % \u2022 h = h ; so kann im Gebiete der Quatemionen\nao + a\\ \u2022 h + <h \u2022 h +\t\u2022 h\ndie Subtraction und Division ausgef\u00fchrt werden, obgleich die Einheiten %, i2, i3 nicht mit der gew\u00f6hnlichen imagin\u00e4ren Einheit i = Y\u20141 identisch sind, und ohne dass ein Product gleich Null gesetzt werden m\u00fcsste, wenn keiner seiner Factoren gleich Null ist. Solche Producte w\u00fcrden erst dann auftreten, wenn a0, au a^r a3 als gew\u00f6hnliche complexe Zahlen vorausgesetzt w\u00fcrden1).\nSoll auch dieses Zahlensystem auf einer Mannigfaltigkeit &fc beruhen, so m\u00fcssen demnach iterirbare Denkth\u00e4tigkeiten iu i<2, t:s angebbar sein, f\u00fcr welche die Combinationen\tt3t3 iden-\ntisch mit v und zur Bestimmung von dienen kann. Es folgt aber aus der Bedingung \u2014v nichts anderes, als dass ^ und ebenso und 43 mit 1 (d. i. der Beziehung des viergliedrigen Gegensatzes) identisch sind, wenn sie durch einen Denkact schlechthin definirt werden sollen.\n1) Ein solches w\u00e4re z. \"B. (% -(- i) (i, \u2014 *) =\t\u2014 i2 = 0. \u2014 Bekanntlich\nsind die aus reellen Zahlen a0, <n, 0%, 03 gebildeten Quatemionen neben den reellen und den gew\u00f6hnlichen complexen Zahlen die einzigen allgemeinen Zahlen der Mathematik, f\u00fcr die es keine verschwindenden Producte mit nicht verschwindenden Factoren gibt.","page":236},{"file":"p0237.txt","language":"de","ocr_de":"Untersuchungen \u00fcber die Grundlagen der Mathematik.\n237\nIndessen, wenn es gestattet ist, in der Darstellung des Denkactes \u00ab\u00bb \u2014 a, die Denkth\u00e4tigkeit \u00ab als unbestimmten Repr\u00e4sentanten von n verschiedenen, jedoch gleichartigen Denkth\u00e4tigkeiten vorauszusetzen, so ist es wohl auch erlaubt, den G-rund a als eine begrifflich zusammengeh\u00f6rige Vielheit verschiedener Objecte aufzufassen, so dass nach Ma\u00dfgabe dieser Verschiedenheit auch die aus dem Grunde \u00bb entwickelte Folge \u00bb, als verschieden zu gelten hat. Denkt man sich z. B. \u00bb0 als eine Gattung, welche die Arten \u00bb01, a02 . . . a0n in sich begreift, so wird sich auch die aus \u00bb0 durch aa0 \u2014 ax entwickelte Folge ax in die Folgen \u00bbn, al2 . . . \u00bbln gliedern, indem\n\u00ab<*oi\u2014\u00bbui aa02 = aL2; ... aann = aln.\nMan kann jedoch a0 als den gemeinsamen Grund dieser Folgen fest-halten und daf\u00fcr die an \u00bb0 ausgef\u00fchrte Denkth\u00e4tigkeit durch a,, a2... a\u201e bezeichnen, je nachdem a0 als \u00bb01 oder a02 . . . oder a0n specialisirt gedacht wird. Man erh\u00e4lt so die Darstellungen\n\u00ab\u00bb01 == \u00ab1\u00bb0 = \u00bb11\n\u00ab\u00bb0\u00ee == \u00ab2^0 == <*12\n\u00ab\u00abW \"\t\u00ab\u00bb\u00bbo == ai n >\nwo \u00ab!, a2 ... an als Besonderungen von a aufzufassen sind, die dadurch bedingt werden, dass \u00bb0 in n-fach verschiedener Art denkbar ist. Sind nun au a2 ... an iterirbar und combinirbar, so erzeugen sie die Mannigfaltigkeit \u00a7)?C[au a2 ... an), die sofort zur Mannigfaltigkeit \u00a7ffc{u) wird, wenn die Specialisirungen \u00bb01, \u00bb02 ... a0n von a0 aufgehoben gedacht werden.\nW\u00e4hrend also vorher eine Mannigfaltigkeit mit bestimmten Denkth\u00e4tigkeiten a, . . . an durch eine solche mit einer unbestimmt gelassenen Denkth\u00e4tigkeit a ersetzt wurde, tritt hier eine Mannigfaltig-faltigkeit\tauf Grund einer Besonderung des a in \u00ab, . . . an\nals OJOytty . . . an) auf. Es wird somit keine Mehrdeutigkeit eingef\u00fchrt, sondern im Gegentheil eine weitergehende Unterscheidung vorgenommen.\nSo k\u00f6nnen denn t,, t2, i3 als Besonderungen von i gelten, wofern es m\u00f6glich ist, eine Gattung \u00bb0 zu denken, deren Individuen je\nWundt, Philos. Studien. XIV.\tj\u00df","page":237},{"file":"p0238.txt","language":"de","ocr_de":"238\nGotti. Friedr. Lipps.\nnach ihrer Zugeh\u00f6rigkeit zu einer der drei Arten a0l, a02, a03 als Tr\u00e4ger von i in der durch t1; t3 bezeichneten Bestimmtheit auf-treten k\u00f6nnen. Dies geschieht aber thats\u00e4chlich bei der geometrischen Deutung der Quatemionen als Paare von Strecken, die von einem Punkte des Raumes ausgehen und durch die Ebene, in der sie liegen, und den Winkel, welchen sie einschlie\u00dfen, bestimmt werden. Denn nun wird die Grundeinheit a0 durch jedes Paar zusammenfallender Strecken von gleicher L\u00e4nge dargestellt und an jedem Paar kann die Beziehung des viergliedrigen Gegensatzes durch die vier Hauptlagen, in denen die Strecken den Winkel 0\u00b0, 90\u00b0, 180\u00b0, 270\u00b0 bilden, versinnlicht werden. Es bedeutet sonach ia\u00fc allgemein die Drehung einer von zwei zusammenfallenden Strecken, so dass sie einen rechten Winkel bilden. Je nachdem aber diese Drehung in der horizontalen oder in einer der beiden senkrecht zu einander stehenden verticalen Hauptebenen ausgef\u00fchrt wird, ist sie als i3a(l oder resp. t3a0 zu deuten, so dass in der That von den Repr\u00e4sentanten der Grundeinheit a0 die in den drei Hauptebenen liegenden besonders hervortreten und so drei Arten a01, a02, t%,\tvon a0 darstellen, f\u00fcr welche\n<<*i)i = ha\u00abl\t== h \u00abo !\t= *3<*o\t\u2022\nJedes t|, /,,, t3 ist iterirbar; denn nach erfolgter Drehung innerhalb einer bestimmten Ebene kann die n\u00e4mliche Drehung nochmals ausgef\u00fchrt werden, und zwar ist\nijt! \u2014 I2I2 = I3I3 \u2014 v,\nwo v die Ueberf\u00fchrung eines Paares zusammenfallender Strecken in zwei einander entgegengesetzt gerichtete bedeutet. Es existiren ferner die Combinationen\nh t2 = \u00a33 ;\thh = hl\th h\t\u2014 h. I\n= VI3\t\u00a33 h == v h\tl\th h\t== v h !\nindem z. B. an die durch \u00a3t bezeichnete Drehung in der horizontalen Ebene sich die Drehung in jeder der beiden verticalen Hauptebenen anschlie\u00dfen kann. Denn man kann jedes Streckenpaar innerhalb der Ebene, in der es liegt, unter Festhalten seines Winkels und des gemeinsamen Ausgangspunktes verschieben und somit die eine oder die","page":238},{"file":"p0239.txt","language":"de","ocr_de":"239\nUntersuchungen \u00fcber die Grundlagen der Mathematik.\nandere der beiden Strecken mit jeder Ebene, in der eine neue Drehung vorgenommen werden soll, zum Schnitt bringen.\n\u00a7 22.\nMan ersieht aus diesen Erw\u00e4gungen, dass weder zur Erkl\u00e4rung der Quatemionen noch der complexen Zahlen mit verschwindenden Producten aus nicht verschwindenden Eactoren eine andere Mannigfaltigkeit als &C[i, x) erfordert wird. In logischer Hinsicht bieten somit diese h\u00f6heren complexen Zahlen im Vergleich zu den gew\u00f6hnlichen nichts wesentlich Neues. Ihr thats\u00e4chlich bestehender mathematischer Werth wird jedoch durch diese Erkenntniss nicht beeintr\u00e4chtigt. Derselbe tritt insbesondere in dem Zusammenhang mit dei Grruppentheorie hervor, der namentlich durch die Untersuchungen von Study1) und Scheffers2), die auch eine gro\u00dfe An sah! von Zahlensystemen berechnet haben, klargelegt wurde.\nEs kann sonach als erwiesen gelten, dass in der That die allgemeinen Zahlen der Mathematik die Anzahlen von Mannigfaltigkeiten sind, in welchen iterirbare Beth\u00e4tigungsweisen des beziehenden Denkens, n\u00e4mlich r, v und t oder, mit letzterem gleichbedeutend, sn ihre Darstellung finden.\nHierdurch ist aber die Erage noch nicht entschieden, ob die Mannigfaltigkeit x) die allgemeinste ist, welche f\u00fcr ihre Anzahlen die unbedingte Ausf\u00fchrung der Subtraction und Division gestattet. Denn diese Frage wurde blo\u00df f\u00fcr die Mannigfaltigkeit mit nur einer unbekannten Denkth\u00e4tigkeit beantwortet. Es ist daher auch nicht gewiss, dass die gew\u00f6hnlichen complexen Zahlen nebst den als ihre \\ ariationen sich darbietenden h\u00f6heren complexen Zahlen die allgemeinsten ihrer Art sind.\nGeht man nun zu Mannigfaltigkeiten mit zwei unbekannten\n1)\tUeber Systeme von complexen Zahlen. G\u00f6ttinger Nachrichten 1889. \u2014 Complexe Zahlen und Transformationsgruppen. Ber. d. k\u00f6nigl. s\u00e4chs. Gesellsch. d. Wiss. Math.-phys. Classe, 1889.\n2)\tZur Theorie der aus n Haupteinheiten gebildeten Gr\u00f6\u00dfen; sowie Ueber die Berechnung von Zahlensystemen. Ber. d. k\u00f6nigl. s\u00e4chs. Ges. d. Wiss. Math -Phys. Classe, 1889.\n16*","page":239},{"file":"p0240.txt","language":"de","ocr_de":"S'\n240\tGotti. Friedr. Lipps.\nDenkth\u00e4tigkeiten a und \u00df, neben welchen auch r, v, i auftreten k\u00f6nnen, \u00fcber, so erkennt man unmittelbar, dass die Bedingung\na\u00df \u2014 \u00dfa \u2014 cr0\ngen\u00fcgt, um in\t\u00df, z) einerseits, in \u00a7\u00cf\u00cfC(a, \u00df, v, t) resp. S\u00dfc{a, \u00df, i, t)\nandererseits Mannigfaltigkeiten zu erhalten, deren Anzahlen einerseits die unbedingte Division ohne Subtraction, andererseits die unbedingte Subtraction und Division gestatten. Sind n\u00e4mlich \u00ab0, <q,\t... bu\nb2 . . . Anzahlen von \u00a7ftc(%) oder \u00a7Vc(v, t) resp.\tr), so k\u00f6nnen\ndie Anzahlen jener drei Mannigfaltigkeiten in jedem Falle durch\noder\nUq . 1\t~i~\t\u00f6q\t.\t\u00ee&i + Ct2\t.\t\u201c1\u201c\t\u2022\t\u2022\t\u2022\n+\tbx\t\u2022\tl^i + b2\t. 1^2\t+\t\u2022\t\u2022\t\u2022\n. Ickq\t-j-\toq\t.\tla + \u00ab2 \u2022\t(lu)2\t+\t\u2022\t\u2022\t-\n+\tby\t.\t\\\u00df + b2 .\t(I/?)2\t+\t\u2022\t\u2022\t\u2022\ndargestellt werden, wenn die aus der Grundeinheit a0 abgeleiteten Einheiten durch\n\u00ab(')<*\u201e = a{ ; /?W\u00bb0 =\ndefinirt werden; und aus dieser Darstellungsform folgt ohne weiteres die Richtigkeit jener Behauptung. Hierzu ist jedoch zu bemerken, dass im allgemeinen nur die unbegrenzte Fortsetzbarkeit der Division behauptet werden, aber nichts \u00fcber die M\u00f6glichkeit, sie abzubrechen und angen\u00e4hert auszuf\u00fchren, gesagt werden kann; denn a und \u00df k\u00f6nnen rein qualitative Beziehungen darstellen, die nicht unter den Begriff der Gr\u00f6\u00dfe fallen.\nIndessen wird hierdurch wenigstens die M\u00f6glichkeit gezeigt, Anzahlen anzugeben, die den gew\u00f6hnlichen Gesetzen gehorchen, ohne mit den Anzahlen von\tr) identisch zu sein oder durch k\u00fcnst-\nliche Wendungen aus ihnen abgeleitet zu werden. Auch ist zu beachten, dass die Zur\u00fcckf\u00fchrung der allgemeinen Zahlen der Mathematik auf die Anzahlen von Mannigfaltigkeiten Erweiterungen des Zahlbegriffs gestattet, die nicht durch die Frage nach der Ausf\u00fchrbarkeit der Subtraction und Division motivirt sind, sondern auf rein qualitativen Beziehungen beruhen. Man wird alsdann zu folgender Definition gef\u00fchrt:","page":240},{"file":"p0241.txt","language":"de","ocr_de":"Untersuchungen \u00fcber die Grundlagen der Mathematik.\t241\nDie allgemeinen Zahlen der Mathematik sind die Anzahlen der Mannigfaltigkeiten\t\u00df, y . . .).\nSie schlie\u00dft das Zugest\u00e4ndnis ein, dass nicht der Begriff des Quantums, sondern der Begriff der iterirharen Beziehung des Denkens die Grundlage der allgemeinen Zahl und der auf ihr beruhenden mathematischen Untersuchungsgehiete ist. Denn nur in der Mannigfaltigkeit &Z{ r) tritt das Quantum in seiner Beinheit zu Tage.","page":241}],"identifier":"lit4510","issued":"1898","language":"de","pages":"157-241","startpages":"157","title":"Untersuchungen \u00fcber die Grundlagen der Mathematik, Fortsetzung zu Band XI, S. 306","type":"Journal Article","volume":"14"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T12:34:33.743305+00:00"}