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{"created":"2022-01-31T12:35:36.678673+00:00","id":"lit4520","links":{},"metadata":{"alternative":"Philosophische Studien","contributors":[{"name":"Kiesow, Friedrich","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Philosophische Studien 14: 591-615","fulltext":[{"file":"p0591.txt","language":"de","ocr_de":"Schmeckversuche an einzelnen Papillen.\nY on\nF. Kiesow.\nMit einer Figur im Text.\nAngeregt durch die Blix\u2019sche Arbeit \u00bbExperim. Beitr\u00e4ge zur L\u00f6sung der Frage \u00fcber die specifische Energie der Hautnerven\u00ab1), sowie durch die Abhandlung Holmgren\u2019s \u00bbStudien \u00fcber die elementaren Farbenempfindungen\u00ab2), hat es Dr. Hjalmar Oebrwall versucht, in gr\u00f6\u00dferem Umfange Geschmackspapillen der Zunge isolirt zu reizen3). Da die Papillae circumvallatae und foliatae aus technischen Ursachen der Untersuchung bis jetzt noch un\u00fcberwindliche Schwierigkeiten entgegensetzen, sah sich Oehrwall gen\u00f6thigt, sich auf die Pr\u00fcfung pilzf\u00f6rmiger Papillen zu beschr\u00e4nken. Auch hierbei war angesichts der Kleinheit der Endapparate, die sich in der Papille vereinen, und der Unm\u00f6glichkeit, dieselben isolirt zu reizen, noch nicht vorauszusehen, oh die Arbeit zu irgend einem lohnenden Ergebnisse f\u00fchren w\u00fcrde. Allein Oehrwall stellte die folgende Erw\u00e4gung an: \u00bbWenn man also im voraus jeder Hoffnung entsagen muss, einen einzigen Endapparat oder den entsprechenden Primitivfaden isolirt reizen zu k\u00f6nnen, d\u00fcrfte es jedoch f\u00fcr die Theorie4) von Interesse sein und sich vielleicht ausf\u00fchren lassen, eine einzige pilzf\u00f6rmige\n1)\tZeitsohr. f. Biologie. Bd. XX. S. 141.\n2)\tSkandinav. Arch. f. Physiologie. Bd. I. S. 152.\n3)\tEL Oehrwall, Untersuchungen \u00fcber den Geschmackssinn. Skand. Arch, f. Physiologie. Bd. II. S. 1.\n4)\tTheorie der specifischen Energie der Sinnesorgane, von der Oehrwall ausging.","page":591},{"file":"p0592.txt","language":"de","ocr_de":"592\nF. Kiesovv.\nPapille zur Zeit zu erregen, um zu sehen, wie der Geschmackssinn dieser Papillen beschaffen ist. Wenn eine jede von ihnen die Tr\u00e4gerin einer gr\u00f6\u00dferen oder kleineren Anzahl von Geschmacksendapparaten ist, so k\u00f6nnen diese nat\u00fcrlich einander entweder gleichartig oder ungleichartig sein. In ersterem Falle w\u00fcrden die einzelnen pilzf\u00f6rmigen Papillen nach der Theorie gro\u00dfe Verschiedenheiten bieten; einige m\u00fcssten nur bitteren Geschmack, andere nur s\u00fc\u00dfen u. s. w. empfinden. Die Aehnlichkeiten in dem Bau der pilzf\u00f6rmigen Papillen mit dem der Papillae circumvallatae, welche letzteren als eine h\u00f6here Entwickelungsform der ersteren betrachtet werden k\u00f6nnen, schienen indessen eher zu der letzteren Annahme zu berechtigen, n\u00e4mlich dass eine jede der pilzf\u00f6rmigen Papillen mit mehreren verschiedenen Arten von Endapparaten versehen ist, ebensowohl wie die Papillae circumvallatae es sein m\u00fcssen, denn die letzteren reagiren bekanntlich auf Bitter, S\u00fc\u00df, Salzig und Sauer. Es lie\u00dfe sich indessen denken, dass diese Vertheilung der verschiedenen Arten von Endapparaten nicht v\u00f6llig regelm\u00e4\u00dfig w\u00e4re, und in diesem Falle m\u00fcssten die verschiedenen pilzf\u00f6rmigen Papillen jedenfalls functionelle Verschiedenheiten zeigen, deren Erforschung wohl eines Versuchs werth sein k\u00f6nnte1).\u00ab Nach einigen Vorversuchen lieferte dann eine erstmalige Pr\u00fcfung an zwei beliebig ausgew\u00e4hlten Papillen, die aus 32 Einzelversuchen bestand und mit 0,05 proc. salzsaurem Strychnin, 20 proc. Kochsalz, 10 proc. Zucker und 4 proc. Salzs\u00e4ure hei unwissentlichem Verfahren ausgef\u00fchrt wurde, ein ermuthigendes Ergehniss. Es wurden n\u00e4mlich bei diesen Versuchen nur in zwei F\u00e4llen Fehlangahen gemacht. O elir-wall verwandte hier, wie hei allen ferneren Versuchen, einen Hohlspiegel und applicirte die Schmecksubstanzen mittelst passend zugestutzter Pinsel. Beide der erw\u00e4hnten Papillen reagirten auf Salzs\u00e4ure, aber nicht auf Kochsalz, es reagirte ferner die eine nur auf Zucker und die andere nur auf Strychnin. Aus diesem Ergebniss war noch nicht auf die Unempfindlichkeit dieser Papillen f\u00fcr S\u00fc\u00df, resp. f\u00fcr Sauer zu schlie\u00dfen; denn, wie sich auch sp\u00e4ter zeigte, war es nicht ausgeschlossen, dass concentrirtere L\u00f6sungen die betreffende Sensation auf denselben hervorrufen w\u00fcrden. Allein der Versuch ergab zweifellos, dass die eine dieser Papillen mehr f\u00fcr Bitter, die andere mehr f\u00fcr\n1) Citirte Arbeit, S. 411.","page":592},{"file":"p0593.txt","language":"de","ocr_de":"Schmeckversuche an einzelnen Papillen.\n593\nS\u00fc\u00df empfindlich war, ein Resultat, das den Verfasser sehr zu weiteren Versuchen ermunterte. 0 ehr wall fertigte sich dann f\u00fcr die zu untersuchenden Zungentheile eine Karte an, in die er die einzelnen Papillen nach Gruppen und innerhalb dieser Gruppen je nach ihrer Gr\u00f6\u00dfe numerirt vertheilte. Er beschreibt seine Versuchstechnik selbst folgenderma\u00dfen: \u00bbIch schicke hierbei die Bemerkung voraus, dass die verschiedenen Versuche mit derselben Substanz auf derselben Papille niemals unmittelbar hinter einander, sondern in den meisten F\u00e4llen sogar an verschiedenen Tagen ausgef\u00fchrt sind. Gew\u00f6hnlich ging ich so vor, dass alle Papillen innerhalb einer oder ein paar Gruppen z. B. mit Chininl\u00f6sung mit einer Pause von einigen Minuten zwischen jedem Versuche untersucht wurden. Darnach wurden diese Papillen auf dieselbe Weise z. B. mit Zuckerl\u00f6sung untersucht u.s.w. Die Versuche wurden mit Kenntniss, welcher Art die schmeckbare Substanz war, gemacht (also nicht wie bei den ersten Versuchen). Man kann meiner Erfahrung nach mit gr\u00f6\u00dferer Bestimmtheit entscheiden, ob eine Sensation eintrifft oder nicht \u2014 was hier die Hauptsache war \u2014 wenn man wei\u00df, welche Sensation man m\u00f6glicher Weise zu erwarten hat, als wenn man dessen unkundig ist. Dagegen nahm ich keine Notiz von vorhergegangenen Versuchsserien und wechselte mit Absicht best\u00e4ndig mit den verschiedenen Gruppen ab, um nicht die Eigenth\u00fcmlichkeiten der Papillen kennen zu lernen und dadurch von yorausgefassten Meinungen beeinflusst zu werden v). \u00ab Oe hr wall\u2019s Verfahren war somit zum Theil ein wissentliches, zum Theil ein unwissentliches. Die verwandten L\u00f6sungen wurden von so intensivem Geschmack wie m\u00f6glich gew\u00e4hlt, doch so, dass sie nicht st\u00f6rend auf die Tastorgane einwirkten. Statt Strychninsalz wurden aus diesem Grunde Chininsalze bevorzugt. Zuletzt wurden L\u00f6sungen von 2 proc. salzsaurem Chinin, 40 proc. Zucker und 5,4 und 5 proc. Weins\u00e4ure verwandt. Bei Versuchen, in denen eine Mischung von Zucker und Chinin benutzt wurde, war die Zuckerl\u00f6sung eine 40-proc., die Chininl\u00f6sung eine 2 proc. Versuche mit Kochsalz wurden, obwohl viele Papillen bei isolirter Reizung durch Kochsalzl\u00f6sungen ad\u00e4quat reagirten, sp\u00e4ter unterlassen, weil, wie der Verfasser schreibt, \u00bbdie Empfindungen, die hierbei entstanden, gar nicht so stark und\n1) Citirte Arbeit, S. 47.","page":593},{"file":"p0594.txt","language":"de","ocr_de":"594\nF. Kiesow.\nunzweideutig waren wie die, welche bei Versuchen mit Weins\u00e4ure Chinin und Zucker hervortraten\u00ab I. Auch concentrirte L\u00f6sungen von Bromnatrium f\u00fchrten zu keinen sicheren Resultaten.\nIm Ganzen untersuchte 0 ehr wall auf diese Weise 125 pilzf\u00f6rmige Papillen, von denen 31 den R\u00e4ndern und die \u00fcbrigen der Spitze der Zunge angeh\u00f6rten. Das Gesammtergebniss seiner Versuche fasst Oehrwall selber folgenderma\u00dfen zusammen:\n\u00bbVon den 125 Papillen reagirten also 27 (oder 21 %) weder auf Weins\u00e4ure, Chinin und Zucker, w\u00e4hrend 98 (78,4 %) auf eine oder mehrere dieser Substanzen reagirten.\nUnter den 98, die \u00fcberhaupt ein Geschmacksverm\u00f6gen besa\u00dfen, reagirten\nauf Weins\u00e4ure\t91, davon nur auf Weins\u00e4ure\n\u00bb\tZucker\t79,\t\u00bb\t\u00bb\t\u00bb\tZucker\n\u00bb\tChinin\t71,\t\u00bb\t\u00bb\t\u00bb\tChinin\n\u00bb\tZucker\tu.\tWeins\u00e4ure\t72,\t\u00bb\t\u00bb\t\u00bb\tZucker\tu.\tWeins\u00e4ure\n\u00bb\tChinin\tu.\tWeins\u00e4ure\t67,\t\u00bb\t\u00bb\t\u00bb\tChinin\tu.\tWeins\u00e4ure\n\u00bb Zucker und Chinin 64,\t\u00bb\t\u00bb\t\u00bb Zucker und Chinin\nauf Zucker, Chinin und Weins\u00e4ure 60.\n12\n3 0\n12\n7\n4\nVon denselben 98 Papillen reagirten also\nauf Weins\u00e4ure\taber nicht\tauf Zucker 19\n\u00bb Zucker\t\u00bb \u00bb\t\u00bb Weins\u00e4ure 7\n\u00bb Weins\u00e4ure\t\u00bb \u00bb\t\u00bb Chinin 24\n\u00bb Chinin\t\u00bb \u00bb\t\u00bb Weins\u00e4ure 4\n\u00bb Zucker\t\u00bb \u00bb\t\u00bb Chinin 15\n\u00bb Chinin\t\u00bb\t\u00bb Zucker\t72).\nUm dem Einwande zu begegnen, dass auch st\u00e4rkere L\u00f6sungen oder Schmeckstoffe von noch intensiverem Geschmack m\u00f6glicher Weise auf bisher nicht reagirenden Papillen die betreffende Empfindung hervorrufen k\u00f6nnten, pr\u00fcfte Oehrwall 34 f\u00fcr 2\u20145 procentige Weins\u00e4urel\u00f6sung unempfindliche Papillen mit einer solchen von nach und fand, dass er nur in zwei E\u00e4llen eine \u00bbdeutlich saure Geschmacksempfindung\u00ab erhielt. Ebenso wurden die Papillen, welche auf Zucker,\n1) Citirte Arbeit, S. 57.\n2) Citirte Arbeit, S. 52 f.","page":594},{"file":"p0595.txt","language":"de","ocr_de":"Schmeckversuche an einzelnen Papillen.\n595\naber nicht auf Chinin und umgekehrt reagirt hatten, mit ges\u00e4ttigten L\u00f6sungen von salzsaurem Chinin und von Saccharin nachgepr\u00fcft. Im ersteren Falle wurde kein positives Resultat, im zweiten nur ein einziges, bei dem die Sensation zudem sehr schwach war, gewonnen. Auch bei gleichzeitiger Reizung von 2\u20143 Papillen erhielt 0ehrwall keine Reaction. Er schlie\u00dft: \u00bbAuf Grund dieser Versuche halte ich es f\u00fcr wahrscheinlich, dass die betreffenden Papillen bez. s\u00fc\u00dfer, bitterer und saurer Geschmacksperception ganz und gar entbehrten. Dem sei nun, wie ihm wolle: Offenbar ist es, dass ein bedeutender Theil der untersuchten 125 Papillen in functioneller Hinsicht gro\u00dfe Verschiedenheiten unter einander zeigt, die f\u00fcr die Theorie der spe-cifischen Sinnesenergien von gro\u00dfem Interesse sind. Es ist auch deutlich, dass diese functioneilen Verschiedenheiten gr\u00f6\u00dfer sein m\u00fcssen, als direct aus den oben angef\u00fchrten Zahlen hervorgeht. Denn aus leicht einzusehenden Gr\u00fcnden habe ich in den Versuchsprotocollen im allgemeinen keine Angaben von der Intensit\u00e4t der Reaction gemacht, die nat\u00fcrlich \u00e4u\u00dferst schwer zu sch\u00e4tzen ist, und in der Zusammenfassung ist keine R\u00fccksicht auf diese Aufzeichnungen genommen, aus welchen jedoch hervorgeht, dass einige Papillen von einer gewissen Substanz schwach, andere dagegen stark erregt wurden. W\u00e4ren schw\u00e4chere L\u00f6sungen angewandt worden, so w\u00fcrden wahrscheinlich etliche Papillen, die nun zu einer Gruppe gerechnet werden, verschiedenen Gruppen zugez\u00e4hlt worden sein. .. . Anstatt dessen h\u00e4tte nat\u00fcrlich die Anzahl der nicht reagirenden vergr\u00f6\u00dfert werden sollen, und es ist schwer zu sagen, oh die Verschiedenheiten mehr oder weniger auffallend geworden w\u00e4ren, wenn schw\u00e4chere L\u00f6sungen angewendet worden w\u00e4ren\u00ab)).\nDurch die im Nachfolgenden mitgetheilten Versuche sind die Resultate der Arbeit Oehrwall\u2019s durch ein v\u00f6llig unwissentliches Verfahren einer Nachpr\u00fcfung unterzogen worden. Als Versuchspersonen dienten mir meine Frau, sowie Herr stud. med. Segre, denen ich f\u00fcr ihre stete Bereitwilligkeit auch an dieser Stelle meinen besten Dank ausspreche. F\u00fcr einige Vorversuche, die ich noch in Leipzig ausf\u00fchrte und die mich sehr zu weiteren Untersuchungen ermunterten, hatte sich Herr Dr. M. Br ahn freundlichst bereit gefunden.\n1) Citirte Arbeit, S. 54.","page":595},{"file":"p0596.txt","language":"de","ocr_de":"596\nF. Kiesow.\nWir arbeiteten wie Oehrwall mit einem Hohlspiegel, doch stets bei Tageslicht. Ebenso wurden die Schmecksubstanzen von der Versuchsperson selbst mittelst Pinsels applicirt. Die letzteren waren Malpinsel feiner Sorte und am Ende ein wenig zugestutzt. Sie hatten eine L\u00e4nge von ca. 8 mm und angefeuchtet eine mittlere Dicke von ca. 1mm Durchmesser. Es bedarf kaum erw\u00e4hnt zu werden, dass auch wir pilzf\u00f6rmige Papillen untersuchten, und zwar wurden nur solche gew\u00e4hlt, die sich durch ihre Gr\u00f6\u00dfe und Farbe ein wenig von den Nachbarpapillen abhoben. Um die Methode Oehrwall\u2019s ohne Nachtheil etwas zu vereinfachen, lie\u00df ich nicht von allen zu untersuchenden Papillen sogleich eine Karte anfertigen, sondern Gruppen von 3 und 5 Papillen suchen und von diesen nach dem Spiegelbilde eine Karte anfertigen, wie sie die beigegebene Eigur zeigt. Dieselbe\nentspricht der auf Seite 600 mitgetheilten Versuchsreihe. In der Zeichnung waren die einzelnen Papillen numerirt. Dieselbe lag w\u00e4hrend der Versuche stets neben der Versuchsperson, so dass diese sich fortw\u00e4hrend leicht orientiren konnte. Da wir die aufgenommenen Zeichnungen aufbewahrten und bei jeder neu aufzunehmenden Papillengruppe wieder verglichen, so ist ausgeschlossen, dass eine und dieselbe Papille in mehr als eine Gruppe gelangen konnte. Ich selbst leitete die Versuche, indem ich der vor dem Spiegel sitzenden Versuchsperson den in eine der Schmecksubstanzen getauchten Pinsel reichte und dabei die Nummer der Papille nannte, welche gereizt werden sollte. Die Schmeckstoffe hielt ich in Bechergl\u00e4schen hinter einem Schirm vor den Augen der Versuchsperson verborgen. Sie hatten Zimmertemperatur und bestanden aus L\u00f6sungen von Kochsalz, Rohrzucker,","page":596},{"file":"p0597.txt","language":"de","ocr_de":"Schmeckversuche an einzelnen Papillen.\n597\nSalzs\u00e4ure und schwefelsaurem Chinin. Die Salzs\u00e4ure hatte eine Concentration von 0,2^, die L\u00f6sungen der \u00fcbrigen Stoffe waren nahezu ges\u00e4ttigt. Ich w\u00e4hlte, auch hier dem Beispiele Oehrwall\u2019s folgend, mit Absicht so hohe Concentrationsstufen, um sicher zu sein, dass das Reizmittel der \u00e4u\u00dfersten Schmeckf\u00e4higkeit der Papille entsprach. Die Salzs\u00e4ure habe ich nicht weiter verst\u00e4rkt, weil die L\u00f6sung mir hinreichend sauer schien und weil hei h\u00f6heren L\u00f6sungsstufen die begleitende Tastempfindung hier sehr intensiv wird und den Versuch leicht beeintr\u00e4chtigt. Es interessirte mich, L\u00f6sungen von Kochsalz beurtheilen zu lassen. Versuche mit Mischungen unterlie\u00df ich, um die Eindeutigkeit der Resultate zu steigern. Da die Versuche unwissentlich angestellt wurden, so war, wie aus den Angaben besser ersichtlich sein wird, in F\u00e4llen, in denen die Empfindung sehr schwach bleibt oder nicht recht \u00fcber die Schwelle gelangt, oder auch wenn periphere Erm\u00fcdung1) eintritt, den centralen Associationsvorg\u00e4ngen ein weiter Spielraum geboten. Die an sich schon oft sehr schwere Beurtheilung der unbekannten Reize wird in diesen F\u00e4llen durch Mischungen noch mehr erschwert, die Versuchsperson wird verwirrt, und es h\u00e4ufen sich uncontrollirbare Fehlangaben.\nAus dem hervorgehobenen Grunde war vorauszusehen, dass die Resultate unserer Versuche nicht durchweg in der Weise bestimmt und eindeutig ausfallen w\u00fcrden wie die, welche Dr. Oehrwall erhielt. Denn wenn man wei\u00df, welchen Schmeckstoff man zu beurtheilen hat, so kann man auf die gestellte Frage bestimmt mit Ja oder Kein oder h\u00f6chstens mit einem fraglich, unbestimmbar u. s. w. antworten, und Oehrwall hat gewiss Recht, wenn er in diesem Verfahren eine Erleichterung sah. Wenn ich trotzdem das Unwissentliche beibehielt, so geschah dies, weil man sich als Psychologe schwer auch nur zu einem halbunwissentlichen Verfahren entschlie\u00dft, mir schienen die Resultate, falls sie eine Best\u00e4tigung der 0ehrwall\u2019schen Befunde liefern sollten, einen um so gr\u00f6\u00dferen Werth zu haben, und ich hoffte zudem, hierdurch f\u00fcr die Erforschung des Geschmackssinnes event, neue Fragestellungen zu gewinnen. Meine Versuchspersonen waren angewiesen, die Aufmerksamkeit m\u00f6glichst auf die Erkennung der Empfindungsqualit\u00e4t einzustellen, da es mir auf die letztere vor allen\n1) Vergl. die Ausf. auf S. 599.","page":597},{"file":"p0598.txt","language":"de","ocr_de":"598\nF. Kiesow.\nDingen ankam. Ich lie\u00df daher weder auf die allm\u00e4hliche Entstehung der Geschmacksempfindung besonders achten (hier\u00fcber finden sich bei Oehrwall einige werthvolle Angaben), noch auf die begleitenden Tast- und Temperaturempfindungen und die Intensit\u00e4tsgrade, mit denen sie auftreten. Dennoch waren meine Versuchspersonen vielfach im Stande, \u00fcber alle diese Punkte unaufgefordert Aussagen zu machen, die auch alle in die Protocolle eingetragen wurden. Aus diesen aus eigenem Antriebe abgegebenen Urtheilen geht hervor, dass die Versuchspersonen bei den Geschmacksempfindungen im Ganzen 4 Intensit\u00e4tsgrade unterscheiden konnten, die sie als stark, gut, schwach und sehr schwach bezeichneten. Ebenso wurden Intensit\u00e4tsgrade der Tastempfindung unterschieden. Von der Tastempfindung nicht aus einander gehalten wurde offenbar die Schmerzempfindung. Bei den Angaben \u00bbbrennend, stechend, wie Nadelstiche\u00ab u. s. w. vermuthe ich Schmerzempfindungen. Dass die pilzf\u00f6rmigen Papillen schmerzempfindlich sind, konnte ich selbst bei Entfernung von Papillen mit der Scheere, Untersuchungen, die f\u00fcr einen anderen Zweck vorgenommen wurden, mehrfach beobachten. Ob die angegebenen Unterschiede in der St\u00e4rke der Temperaturempfindungen (durchweg k\u00fchl bei meiner Erau, kalt [freddo] bei Herrn Segre) nur auf einer ungef\u00e4hren Wiedergabe des Eindrucks beruhen oder in Wirklichkeit existirten, ist aus den Protocollen nicht ersichtlich, es ist aber wahrscheinlich, da die Versuchspersonen, wie bemerkt, keine Anweisung erhielten, auf Begleiterscheinungen zu achten1). Sei dem aber wie ihm wolle, so ergibt sich doch aus dem Vorstehenden die interessante Thatsache, dass sich auf dem anatomisch eng begrenzten Baume einer einzigen pilzf\u00f6rmigen Papille Empfindungen vier verschiedener Sinnesgebiete vereinen k\u00f6nnen, wozu noch kommt, dass der Geschmacksund der Temperatursinn auf der Papille mit verschiedenen Qualit\u00e4ten vertreten sein k\u00f6nnen. Um eine durch von Frey2) eingef\u00fchrte Bezeichnung weiter zu f\u00fchren, l\u00e4sst sich die genannte Combination von Sinnesapparaten auf einer Papille als Quatrion bezeichnen.\nBevor ich endg\u00fcltige Protocolle aufnahm, wurden die beiden\n1)\tVergl. hierzu die Angaben Oehrwall\u2019s, eitirte Arbeit, S. 55f.\n2)\tM. von Frey, Beitr\u00e4ge zur Sinnesphysiologie der Haut. 3. Mittheil. Leipziger Berichte 1895. S. 179.","page":598},{"file":"p0599.txt","language":"de","ocr_de":"Sclimeckversuche an einzelnen Papillen.\n599\nVersuchspersonen auf die Versuche l\u00e4ngere Zeit methodisch einge\u00fcbt, wobei auch Vexirversuche mit destillirtem Wasser eingeschoben wurden. Bei diesen Ein\u00fcbungsversuchen beobachtete ich, was 0 ehrwall entgangen zu sein scheint, periphere Erm\u00fcdungserscheinungen. War eine Papille mehrmals nach einander gereizt, so zeigte sie sich oft f\u00fcr Substanzen, die fr\u00fcher empfunden waren, in der Empfindlichkeit herabgesetzt oder ganz unempfindlich. Diese Beobachtung erwies sich mir f\u00fcr die weitere Ausf\u00fchrung der Untersuchung als sehr werthvoll, ohne dass ich zu behaupten wage, es w\u00e4re m\u00f6glich gewesen, die Erm\u00fcdungen g\u00e4nzlich auszuschalten. Ich reizte niemals eine und dieselbe Papille mehrmals unmittelbar nach einander, sondern wechselte in einer Serie fortw\u00e4hrend mit den einzelnen Papillen einer Gruppe, doch so, dass ich bei jeder neuen Serie eine neue Beizordnung w\u00e4hlte, um die Versuchspersonen an keine bestimmte Beihenfolge zu gew\u00f6hnen. Nach jedem Einzelversuch lie\u00df ich mit Brunnenwasser den Mund sp\u00fclen, um den hervorgerufenen Eindruck v\u00f6llig zu verwischen, und wartete dann bis zum folgenden 2\u20143 Minuten. Nach jeder Serie wurde eine Pause von mindestens 5 Minuten gemacht. Wie mit der Beihenfolge der Papillen wurde fortw\u00e4hrend mit der der Schmeckstoffe gewechselt, doch pflegte ich die Chininl\u00f6sung am Ende einer Serie zu reichen, da Bitterstoffe meistens die l\u00e4ngste Nachwirkung zeigen. Wo, um die Beihenfolge auch hier zu \u00e4ndern, die Chininl\u00f6sung zu Anfang oder in der Mitte einer Serie gereicht wurde, wurden die Versuche sofort durch die gr\u00f6\u00dfere Pause unterbrochen. Nach der Beobachtung aller dieser Begeln glaube ich annehmen zu k\u00f6nnen, dass das von uns befolgte Verfahren ein v\u00f6llig unwissentliches war.\nJede einzelne Papille ist mit jedem der erw\u00e4hnten Schmeckstoffe in der Begel f\u00fcnfmal gereizt worden. In den nachfolgenden Tabellen bezeichnet + eine positive Eeaction, ? vielleicht, schw. schwach, sof. sofort, 0 keine Beaction. Alle \u00fcbrigen Angaben sind ausgeschrieben eingetragen oder aus der Abk\u00fcrzung erkennbar. Ich bemerke sogleich, dass ich bei der Ausnutzung der Protocolle f\u00fcr die Schmeckf\u00e4higkeit einer Papille keine bestimmte Schlussfolgerung aus den Angaben ziehe, wenn dieselbe bei einer Schmecksubstanz nicht mindestens zweimal positiv reagirte; denn bei aller angewandten Sorgfalt bleibt doch ein Versuchsfehler nicht ausgeschlossen, so dass auch einmal eine","page":599},{"file":"p0600.txt","language":"de","ocr_de":"600\nF. Kiesow.\noder mehrere der Nachbarpapillen mit gereizt werden konnten oder dass das auf der Papille ruhende Tr\u00f6pfchen dorthin diffundirte.\nI. Versuchsperson: Frau E. Kiesow.\n1. Versuchsreihe: 5 Papillen der Zungenspitze (linke Zungenh\u00e4lfte). Siehe die vorstehende Figur (S. 596).\nPapille\tKochsalz\tRohrzucker\tSalzs\u00e4ure\tScbwefelsaures Chinin\n\tUnbestimmbar\t+\tSalz., prickelnd\tTastempfindung\n\tUnbestimmbar\t+\tPrickelnd\tUnbestimmbar\n1\t+ oder sauer\t+\tS\u00e4uerlich\t0\n\tTastempfindung\t+\t? salzig\t0\n\tUnbestimmbar\t+\tPrickelnd\t0\n\t0\t+\tPrickelnd\t0\n\t+ od. s\u00e4uerlich\t+\t+\t0\n2\t? +\t+\tPrickelnd\t0\n\tUnbestimmbar\t+\tUnbestimmbar\t0\n\t0\t+\tPrickelnd\tUnbestimmbar\n\t+ oder sauer\t0\t? salz., prickelnd\t0\n\tPrickelnd\t+\tSalzig od. sauer\t0\n3\t0\t+\tPrickelnd\t0\n\t0\t0\tUnbestimmbar\tUnbestimmbar\n\t0\t+\tTastempfindung\tUnbestimmbar\n\t+\t0\t0\t0\n\t? +\tUnbestimmbar\tPrickelnd\t0\n4\tPrickelnd\t0\t0\t+\n\tUnbestimmbar\t0\tUnbestimmbar\t0\n\tUnbestimmbar\t0\t0\t0\n\t0\t? +\tH\"\t0\n\t+\t+\tStark prickelnd\t0\n5\t+\tFraglich\tPrickelnd\t\u201c1\u201c\n\tTastempfindung\t? +\t? salzig\tTastempfindung\n\tTastempfindung\tTastempfindung\t? s\u00e4uerlich\tUnbestimmbar","page":600},{"file":"p0601.txt","language":"de","ocr_de":"Schmeekversuche an einzelnen Papillen.\n601\nSchon diese erste Versuchsreihe zeigt in der Schmeckf\u00e4higkeit der untersuchten Papillen gro\u00dfe Unterschiede. Es ergibt sich aus derselben ohne weiteres, dass die Papillen 1, 2 und 3 bestimmt auf Bohrzucker mit S\u00fc\u00df reagirten und dass diese seihen Papillen die Ohininl\u00f6sung nicht bitter empfanden. Eraglich muss bleiben, ob sie Salzig und Sauer empfanden. Wie schon erw\u00e4hnt, haben die Associationsvorg\u00e4nge hier ein leichtes Spiel. Au\u00dferdem scheint sich hier f\u00fcr Salzig und Sauer an Erwachsenen unter Benutzung der kleinsten Schmeckfl\u00e4chen zu wiederholen, was ich unter Anwendung von gr\u00f6sseren fr\u00fcher schon an Kindern fand, dass n\u00e4mlich zwischen diesen beiden Qualit\u00e4ten nicht gut unterschieden wird1). Ich habe meine Versuchspersonen auf diese Unterscheidung besonders einzu\u00fcben versucht, indem ich auf etwas gr\u00f6\u00dfere Stellen verschiedener Zungen-tlieile gleichzeitig von beiden Substanzen tr\u00e4ufelte und mir dann sagen lie\u00df, wo sie Salzig und wo Sauer empfanden. Diese Versuche sind auch wohl nicht ganz ohne Erfolg gewesen, aber wie die weiteren Angaben zeigen, sind die Schwierigkeiten der Beurtheilung doch nicht ganz \u00fcberwunden worden. Die als unbestimmbar bezeichnete Empfindung, die sich auch in den sp\u00e4teren Versuchsreihen wiederfindet, entspricht wohl der Angabe Oehrwall\u2019s: \u00bbZuweilen erfuhr ich bei diesen Versuchen auf einzelnen Papillen eine eigenth\u00fcmliche Sensation die unm\u00f6glich genauer zu charakterisiren ist), die gleichsam den bitteren Geschmack einleitete, aber gar keine Empfindung von Bitter war. Auf einigen Papillen trat diese eigenth\u00fcmliche Sensation zuweilen auf, ohne sich zu dem bitteren Geschmack zu entwickeln, oder ohne dass ein bitterer Geschmack auf dieselbe folgte, bei Versuchen sowohl mit Chinin allein als auch mit Mischungen von Chinin und Zucker\u00ab2). Wie die mitgetheilten Tabellen zeigen, trat diese undefinirbare Empfindung bei unseren Versuchen nicht nur bei Beizung von Chinin- und Zuckerl\u00f6sung, sondern bei allen vier verwandten Stoffen auf. Ich bin geneigt, dieselbe f\u00fcr jene Sensation zu halten, die man oft bei Schwellenbestimmungen unterhalb der Schwelle oder auch bei Mischungen von Geschmacksstoffen beobachtet.\n1)\tF. Kiesow, Beitr\u00e4ge zur Psychologie des Geschmackssinnes. Studien, Bd. X. S. 344.\n2)\tH. Oehrwall, citirte Arbeit, S. 56f., Anmerkung.\nPhilos.","page":601},{"file":"p0602.txt","language":"de","ocr_de":"602\nF. Kiesow.\nDie Papille 4 reagirte nach den vorstehenden Angaben bestimmt weder auf S\u00fc\u00df noch auf Sauer, es muss dahingestellt bleiben, ob sie f\u00fcr Salzig und Bitter empfindlich war.\nDie Papille 5 halte ich f\u00fcr salzempfindlich, ihre Schmeckf\u00e4higkeit f\u00fcr die \u00fcbrigen Substanzen l\u00e4sst sich ebenso wenig aus den Angaben entscheiden.\nWo in B\u00e4llen, wie in der Salzreihe der Papille 4 oder in der S\u00fc\u00dfreihe der Papille 5 einmal ein positives, ein anderes oder ein drittes Mal ein fragliches TJrtheil abgegeben wird, k\u00f6nnte man auch an eine geringe Empfindlichkeit der betreffenden Papille denken oder auch an Besonderheiten in der Anlage derselben, derart, dass sie nur unter besonders g\u00fcnstigen Bedingungen reagirt. Im einen wie im anderen Falle aber entzieht sich ihre Schmeckf\u00e4higkeit f\u00fcr die betreffenden Substanzen der Beurtheilung.\nKurz zusammengefasst w\u00fcrden die Resultate der vorstehenden Versuchsreihe demnach die folgenden sein:\nVon 5 Papillen reagiren mit der ad\u00e4quaten Empfindung\n3 (P. 1, 2 u. 3) auf Zucker, vielleicht auch auf Kochsalz und Salzs\u00e4ure, aber nicht auf Chinin,\n1 (P. 4) vielleicht auf Kochsalz und Chinin, aber nicht auf Zucker und Weins\u00e4ure,\n1 (P. 5) auf Kochsalz, und vielleicht auch auf Zucker, Salzs\u00e4ure und Chinin.\n2. Versuchsreihe: 5 Papillen des linken Zungenrandes, nahe der Zungenspitze.","page":602},{"file":"p0603.txt","language":"de","ocr_de":"Schmeckversuche an einzelnen Papillen.\n603\nPapille\tKochsalz\tRohrzucker\tSalzs\u00e4ure\tSchwefelsaures Chinin\n\tUnbestimmbar\t? +\t0\t0\n\tTastempfindung\tTastempfindung\tTastempf., Prick.\tUnbestimmbar\n1\t0\t+\tTastempfindung\tUnbestimmbar\n\t0\t+\tTastempfindung\tUnbestimmbar\n\t0\t+\tTastempfindung\tUnbestimmbar\n\t? s\u00fc\u00dflich\t? bitter\t? bitter\t.? +\n\tUnbestimmbar\t? bitter\t0\t4-\n2\t? salzig\t? bitter\t+ oder salzig\t+\n\tTastempfindung\tBitter\tTastempfindung\t+ m. Tastempf.\n\t? s\u00e4uerlich\tUnbestimmbar\tT astempfmdung\t4-\n\t? +\t+\tSalzig\t4-\n\t+\t+\tSalzig\t4- m. Tastempf.\n3\t+\t+ oder bitter\tSalzig\t? 4-\n\t+ oder s\u00fc\u00df\t+\tSalzig\t+\n\t4\u201c\t+\tSalzig\t+ m. Tastempf.\n\toder sauer\tBitter od. s\u00fc\u00df\tPrickelnd\tUnbestimmbar\n\tUnbestimmbar\t? +\tPrickelnd\tSalzig od. sauer\n4\t0\tBitter\tStarke Tastempf.\t4-\n\t+ oder sauer\t4\u201c\t0\t0\n\tTastempfindung\t+\tStarke Tastempf.\t+\n\t+\tUnbestimmbar\t? s\u00e4uerlich\t? 4-\n\t4-\t? 4-\t4- oder salzig\t? 4\"\n5\t4-\t+\t? + schwach\tFraglich\n\t0\t? +\t+\t? 4\u201c\n\t? s\u00e4uerlich\t+\t4- oder salzig\tFraglich\nW\u00e4hrend der Ausf\u00fchrung der vorstehenden Versuchsreihe traf es sich, dass die Versuchsperson von einem leichten Unwohlsein befallen wurde. Sie erm\u00fcdete leicht, so dass wir die Versuche oft unterbrechen mussten. Dennoch w\u00fcnschte sie die Reihe zu beenden, weil sie einmal angefangen war. Ich habe aber die ganze Reihe nach einigen Tagen der Ruhe wiederholt. Diese Wiederholung ergab die in der nachstehenden Tabelle zusammengestellten Resultate.\nWundt, Philos. Studien. XIY.\t40","page":603},{"file":"p0604.txt","language":"de","ocr_de":"604\nF. Kiesow.\nPapille\tKochsalz\t& Rohrzucker\tSalzs\u00e4ure\tSchwefelsaures Chinin\n1\tTastempfindung Tastempfindung Tastempfindung Leise Tastempf. ? s\u00fc\u00dflich, k\u00fchl\t4- schwach + + sofort -|- sofort + sofort\t0 0 Tastempfindung Deutl.Tastempf. Leise Tastempf.\tNur Tastempf. Unbestimmbar ? Tastempfind. 0 Leise Tastempf. 0\n2\t0 Metallisch,dann leise Tastempf. Tastempfindung 0 Unbestimmbar Unbest. ? s\u00fc\u00dfl.\t+ sehr schwach 0 Unbestimmbar + oder bitter 4- oder bitter ? + ? +.\tUnbest\u201emehrere Geschm\u00e4cke Unbest., etwas metallisch Im 1. Moment schw. bitter, dann 0\t-f- deutlich + deutlich 4- nach einigen S-jecunden,k\u00fchl + sofort deutl. + sofort deutl.\n3\t4- sof. erkannt + sof. erkannt 4- sof. erkannt sof. erk., schw. 4- sof. erk., schw.\t+ + mit unbestimmt). Nebengeschmack + sofort deutl. + sofort deutl.\tSalz. od.+, Empfindung nicht zu unterscheid. Salzig Unbestimmbar Salzig 4- deutlich Eher + als salz., etwas s\u00fc\u00df, Nebengeschm.\t+ sofort -f- sofort + sofort + sofort mit deutl. Tastempf. -)- sofort deutl.\n4\t0 0 0 0 Leise Tastempf.\t? + ? + Fraglich, unbestimmbar ? +, nicht deutl. + schw.\t0 0 Sehr leise Tastempfindung Leise Tastempf. 0 0\t+ ? Tastempfind. Tastempfindung 0 Schwer bestimmbar, deutl. k\u00fchl\n5\t4- oder sauer 4- sofort + sofort Tastempfindung sofort\tMan schmeckt etwas, ist aber nicht bestimmb. Unbestimmbar mit Tastempf. Tastempfindung K\u00fchl. 0\t0 Geprickel Salzig, schwach 0 Tastempfindung\tUnbest.schwach 0 Salz, oder sauer 0 Leise Tastempf.","page":604},{"file":"p0605.txt","language":"de","ocr_de":"605\nSchmeckversuche an einzelnen Papillen.\nVergleicht man diese beiden Tabellen unter einander, so ergibt sich auf den ersten Blick, dass die besonders deutlichen Reactionen in beiden F\u00e4llen yon den gleichen Papillen gewonnen wurden. Zusammengefasst ist das Resultat der vorstehenden Reihen folgendes :\nVon 5 Papillen reagiren mit der ad\u00e4quaten Empfindung\n1 (P. 3) auf Kochsalz, Zucker, Chinin, vielleicht auch auf Salzs\u00e4ure, 1 (P. 4) auf Zucker und Chinin, vielleicht auf Kochsalz, aber nicht auf Salzs\u00e4ure,\n1 (P. 1) nur auf Zucker, nicht auf Kochsalz, Salzs\u00e4ure u. Chinin.\n1 (P. 2) auf Zucker und Chinin, vielleicht auch auf Kochsalz und Salzs\u00e4ure,\n1 (P. 5) auf Kochsalz, vielleicht auch auf Zucker, Salzs\u00e4ure und Chinin.\nDie Angabe des sofortigen Auftretens der Bitterempfindung nach der Application der Chininl\u00f6sung auf den Papillen 2 und 3 der Wiederholungsreihe ist wohl als ein Ausdruck f\u00fcr den Klarheitsgrad zu deuten, mit der die Empfindung ins Bewusstsein trat. Es ist daran zu erinnern, dass die Versuchsperson die ganze Aufmerksamkeit auf die Erkennung des Geschmackseindrucks concentrirte. Bei strenger Beobachtung der Perceptionszeiten gewahrt man, dass die Bitterempfindung immer erst sp\u00e4ter auftritt als die S\u00fc\u00dfempfindung (Rubrik Kochsalz der P. 3 der letzten Reihe), die Angabe \u00bbnach einigen Secunden\u00ab in der Rubrik Chinin der P. 2 der Wiederholungsreihe d\u00fcrfte der Wirklichkeit mehr entsprechen. Auffallend ist die Ungleichheit der Intensit\u00e4t, mit der die Tastempfindung zuweilen auf der gleichen Papille hei Reizung mit demselben Schmeckstoff empfunden ward (P. 4 der Rubriken Salzs\u00e4ure). Wieweit hierf\u00fcr ausschlie\u00dflich centrale oder nur periphere Vorg\u00e4nge in Anspruch zu nehmen sind, oder ob beide zusammen wirken, l\u00e4sst sich nach dem Versuchsplan ebenfalls nicht entscheiden. Im Uebrigen erkennt man auch in diesen Reihen mehrfach das vorerw\u00e4hnte Spiel der Associationen.\n3. Versuchsreihe: 5 Papillen der linken vorderen Zungenh\u00e4lfte, ca. 1 cm von der Zungenspitze.\n40*","page":605},{"file":"p0606.txt","language":"de","ocr_de":"606\nF. Kiesow.\n\t\t\tSalzs\u00e4ure\t\nPapille\tKochsalz\t.Rohrzucker\t\tChinin\n\t0\t0\tLeise Tempera-\t0\n\t0\t0\tturempfindung\t0\n1\t0\t0\t0\t0\n\tLeise k\u00fchl\t0\tLeises Prick., s\u00fc\u00df\t0\n\t0\t0\t0\t0\n\t\t\tLeises Prickeln\t\n\t0\t0\t0\t? Temperatur-\n\t0\t0\t0\tempfindung\n2\t0 Leise Tastempf.\t0 0\tWarm 0\t0 0\n\tdung, warm\tK\u00fchl\t0\t0\n\t0\t\t\tWenig k\u00fchl\n\t0\t0\t0\t0\n\t0\t0\t0\t0\n3\t0\tLeise k\u00fchl\t0\t0\n\t0\tLeise Tastempf.\t0\t0\n\t0\t0\t0\t0\n\tK\u00fchl\tLeise k\u00fchl\t0\t0\n\t0\t0\t0\tk\u00fchl\n4\t0\tK\u00fchl\t0\tk\u00fchl\n\t0\t0\t0\t0\n\t0\t0\t0\t0\n\tSchw.+od. sauer\tUnbestimmb. ?\tLeises Prickeln\t0\n\tSchwach +\tschwach +\t0\tK\u00fchl\n\toder sauer\tUnbestimmbar, k\u00fchl 0\t0\tLeise Tast- und\n5\tUnbest, metallisch, bestimmt\t\t0 0\tTemperatur- empfindung\n\tnicht s\u00fc\u00df oder\tUnbestimmb. mit\t\tK\u00fchl\n\tbitter\tTastempfindung\t\tK\u00fchl\n\tZwischen + u.\t0\t\t\n\tsauer, schwach\t\t\t\nDiese Versuchsreihe ergibt folgendes:\nVon 5 Papillen reagirten\n4 (P. 1\u20144) auf keinen der verwandten Geschmacksstoffe,\n1 (P. 5) auf Kochsalz, vielleicht auch auf Zucker, aber nicht auf Salzs\u00e4ure und Chinin.","page":606},{"file":"p0607.txt","language":"de","ocr_de":"Schmeckversuche an einzelnen Papillen.\n607\nDass die Papille 5 in der That sehr oft, wenn vielfach auch nur schwach, auf Kochsalz ad\u00e4quat reagirte, zeigten zahlreiche Wiederholungsversuche, die ich an derselben mit Kochsalz und destillirtem Wasser anstellte. Ob sie auch auf Rohrzucker in gleicher Weise bestimmt reagirte, war durch gleiche Nachpr\u00fcfungen nicht sicher festzustellen.\n4. Versuchsreihe: 5 Papillen der Zungenspitze, rechts von der Mittellinie gelegen.\nPapille\tKochsalz\tRohrzucker\tSalzs\u00e4ure\tSchwefelsaures Chinin\n1\tZwischen + u. sauer Schwach + mit Tastempfind. + + oder sauer K\u00fchl, Tastempf.\tUnbestimmbar 0 Sehr schwach bitter 0 K\u00fchl\t-f- u. prickelnd + oder salzig, Tastempfind. + schwach Geprickel Leises Geprickel\tUnbestimmbar K\u00fchl K\u00fchl Schwer bestimmbar\n2\tUnbestimmbar, Tastempfind. ? sauer mit Tastempfindung Sehrschw. sauer Unbest., starke Tastempfind. 0\tSchwach Schwach + 0 Tastempfindung 0\t+ schwach, empfindung Starke Tastempfindung Leise Tastempf. ? s\u00fc\u00df, k\u00fchl\tK\u00fchl 0 Unbestimmbar ? s\u00fc\u00df K\u00fchl\n3\tS\u00fc\u00df, Nebengeschmack S\u00fc\u00df, Nebengeschmack Tastempf., sauer + ? + Tastempf.\t+ sofort + sofort + sofort -)-schw. aber sof. +\tUnbestimmbar, Tastempfind. + Tastempfind. Starke Tastempfindung Tastempfindung Geprickel\tUnbestimmbar ? Tastempfind. 0 Tastempfindung 0\n4\tS\u00fc\u00dfm. Tastempf. S\u00fc\u00df m. Tastempf. Sauer mit Tastempfindung Leise Tastempf. Leises Geprickel\t+ mit Tastempfindung + sofort q- sofort q-sof.m.Neben-geschmack -+- sofort\tH- Tastempfind. Tastempfindung + schw. Tastempfindung + schw. Tastempfindung ? + Tastempf.\t? + + + + und k\u00fchl Tastempfindung\n5\t0 Tastempfindung Tastempfindung Leise Tastempf. Unbestimmbar\tLeise Tastempf. Tastempfindung Leise Tastempf. Leise Tastempf.\tUnbestimmbar Unbestimmbar K\u00fchl, schwach, Tastempfind. 0\tK\u00fchl Tastempfindung K\u00fchl 0 + 0","page":607},{"file":"p0608.txt","language":"de","ocr_de":"608\nF. Kiesow.\nYon diesen 5 Papillen reagirten mit der ad\u00e4quaten Empfindung 1 (P. 4) auf Zucker, Salzs\u00e4ure u. Chinin, aber nicht auf Kochsalz,\n1\t(P. 1) auf Kochsalz und Salzs\u00e4ure, aber nicht auf Zucker u. Chinin.\n2\t(P. 2 u. 3) auf Zucker, vielleicht auch auf Kochsalz und Salzs\u00e4ure.\naber nicht auf Chinin,\n1 (P. 5) vielleichtauf Chinin, ab. nicht auf Kochsalz, Zucker u. Salzs\u00e4ure.\nII. Versuchsperson Herr Segre.\n1. Versuchsreihe: 5 Papillen der Zungenspitze, links von der Mittellinie gelegen.\nPapille\tKochsalz\tBohrzucker\tSalzs\u00e4ure\tSchwefelsaures Chinin\n\tWenig sauer\t+ gut\t+ stark\tSauer\n\tWenig sauer\t+ gut\t+ stark\t+\n1\tWenig sauer\t+ gut\t+ stark\tKalt\n\t+\t+ gut\t+ stark\t+\n\tBitter\t+ gut\t+ stark\t+\n\tUnbestimmbar\t0\t+\t0\n\t0\tBitter\t+\t0\n2\tWenig sauer\t0\t+\t0\n\tWenig sauer\t0\t+\t0\n\tWenig sauer\t0\t+\t0\n\tSauer\t+ schwach\t+\tH-\n\tWenig sauer\t+ schwach\t+\tKalt\n3\t0\t+ schwach\tStark brennend\t0\n\tUnbestimmbar\t+ schwach\t+\t0\n\tZwisch.+u. sauer\t+ schwach\t+\t0\n\tSchwach sauer\t0\t+\t0\n\tUnbestimmbar\t+ sehr schwach\t+\t0\n4\tSchwach sauer\t0\t+\t0\n\tSchwach sauer\t0\t+\t0\n\tSchwach sauer\t0\t+\t0\n\tWenig sauer\t0\t+ schwach\t+\n\tWenig sauer\t0\t+ schwach\t0\n5\tSehrschw. sauer\t+ sehr schwach\t+ schwach\tKalt\n\t+\tKalt\tschwach\t0\n\tUnbestimmbar\t0\t+ schwach\tUnbestimmbar","page":608},{"file":"p0609.txt","language":"de","ocr_de":"Schmeckversuehe an einzelnen Papillen.\n609\nVon diesen 5 Papillen reagiren mit der ad\u00e4quaten Empfindung 1 (P. 1) auf Zucker, Salzs\u00e4ure u. Chinin, vielleicht auch auf Kochsalz, 1 (P. 3) auf Zucker u. Salzs\u00e4ure, vielleicht auch auf Kochsalz u. Chinin, 1 (P. 5) auf Salzs\u00e4ure, vielleicht auch auf Kochsalz, Zucker u. Chinin, 1 (P. 4) auf Salzs\u00e4ure, vielleicht auch auf Kochsalz u. Zucker, aber nicht auf Chinin,\n1 (P. 2) auf Salzs\u00e4ure, vielleicht auch auf Kochsalz, aber nicht auf Zucker und Chinin.\n2. Versuchsreihe: 5 Papillen der Zungenspitze, rechts von der Mittellinie.\nPapille\tKochsalz\tKohrzucker\tSalzs\u00e4ure\tSchwefelsaures Chinin\n\t0\t0\t? salzig\t0\n\tUnbest., ? sehr\t+ sehr schwach\t0\t0 unbestimmb.\n1\tschwach s\u00fc\u00df\t+ sehr schwach\t0\t0\n\tUnbestimmbar\t+ sehr schwach\tSchwach salzig,\t0\n\t0 ? schwach s\u00fc\u00df\t+ sehr schwach\tfast nichts 0\t0\n\t+ schwach\t+\t+\tUnbestimmbar\n\t0\tH-\t+\t+ sehr schwach\n2\t+ kalt\t+\t+\t0\n\t0\t1\t+\t+ schwach, kalt\n\tStarke Tastempfindung\t+\t+\t0\n\twarm\t+ sehr schwach\t+ gut\t0\n\t+\t-f- sehr schwach\t+ gut\t+ kalt\n3\t+\t+ sehr schwach\t+ gut\t0\n\t+\t+ sehr schwach\t+ gut\t+ schwach\n\t+ stark\t+ oscillirend\tSalzig\t+ kalt\n\t+ gut\t+\t\t+ gut\n\t+ gut\t+\tSalzig\t+ gut\n4\t+ gut\t+\t+\t+ gut, kalt\n\t+ gut\t+\tSalzig, kalt\t+ kalt\n\t+ gut\t+\tSalzig\t+ gut\n\t+ gut\t+ gut\tSalz., schw. warm\t? + unbest.\n\t+ gut\t+ gut\t+\t+ sehr schwach\n5\t+ gut\t+ gut\t+\t+\n\t+ gut\t+ gut\t+\t+\n\t+ gut\t+ gut\t+\t+","page":609},{"file":"p0610.txt","language":"de","ocr_de":"610\nF. Kiesow.\nYon diesen Papillen reagiren mit der ad\u00e4quaten Empfindung 4 (P. 2\u20145) auf alle vier Geschmacksstoffe,\n1 (P. 1) auf Rohrzucker, vielleicht auch auf Salzs\u00e4ure, aber nicht auf Kochsalz und Chinin.\n3. Versuchsreihe: 3 Papillen des linken Zungenrandes nahe an der Spitze.\nPapille\tKochsalz\tRohrzucker\tSalzs\u00e4ure\tSchwefelsaures Chinin\n\t+ stark\t+ sehr schwach\tSalzig schwach\t+ schwach\n\t+\t+ sehr schwach\t4- stark\t0\n1\t+\t+ schwach\t+ stark\t0\n\tZwischen + u.\t0\tZwischen + u.\t+\n\tsauer\t+ schwach\tsalzig\t+\n\t+\t\tFraglich\t\n\t0\t+ schwach\t0\t+\n\t+\t+ schwach\t0\t+\n2\t+\t+ schwach\tS\u00fc\u00df\t0\n\t0\t+ schwach\t0\t0\n\t0\t+ schwach\t0\t+ stark\n\t+ stark\t+\t+\t+ stark\n\t+\t+\t+\t0\n3\t+\t+\t+\t+\n\t+ schwach\t+\tSalzig\t+\n\t+ stark\t+\t+ oder salzig\t+ schwach\nVon diesen 3 Papillen reagiren mit der ad\u00e4quaten Empfindung\n2 (P. 1 u. 3) auf alle 4 Substanzen,\n1 (P. 2) auf Kochsalz, Zucker und Chinin, aber nicht auf Salzs\u00e4ure.\n4. Versuchsreihe: 3 Papillen der finken Zungenh\u00e4lfte unweit der Spitze.","page":610},{"file":"p0611.txt","language":"de","ocr_de":"Schmeckversuche an einzelnen Papillen.\n611\nPapille\tKochsalz\tRohrzucker\tSalzs\u00e4ure\tSchwefelsaures Chinin\n\t+\t+\tSalzig\t+ Schwach\n\t+ stark\t+\t+ stark\t+ Schwach\n1\t+ stark\t+\t+\t+ Schwach\n\tSauer\t+\t+\t+ Schw., vorher\n\t+\t+\tSalzig\tein wenig s\u00fc\u00df +\n\t+\t+\tSalzig\t0\n\tSauer\t+\t+\t0\n2\t+\t+ stark, rauh\t+\t0\n\tSauer\t+\t+\t0\n\t+\t+\tSalzig\t0\n\tSauer, schwach\t+\t+\tKalt\n\t+\t+\tSalzig\t0\n3\tSauer\t+\t4*\t? wenig +\n\t+ mit einer Empf. von S\u00fc\u00df Wenig s\u00fc\u00df\t+ +\t+ +\tUnbestimmbar\nVon diesen Papillen reagiren mit der ad\u00e4quaten Empfindung 1 (P. 1) auf alle vier Schmockstoffe,\n1 (P. 2) auf Kochsalz, Zucker und Salzs\u00e4ure, aber nicht auf Chinin. 1 (P. 3) auf Kochsalz, Zucker, Salzs\u00e4ure und vielleicht auf Chinin.\n5. Versuchsreihe: 3 Papillen der rechten Zungenh\u00e4lfte nahe an der Spitze.","page":611},{"file":"p0612.txt","language":"de","ocr_de":"612\nF. Kiesow.\nPapille\tKochsalz\tRohrzucker\tSalzs\u00e4ure\tSchwefelsaures Chinin\n\t+ stark\t+\t+ Tastempfind.\tWenig s\u00fc\u00df\n1\t+\t+\t+ Tastempfind.\tWenig s\u00fc\u00df\n\t+\t+\t+\tSehr wenig s\u00fc\u00df\n\tSauer\t+\t+\t+ schwach\n\t+ stark\t+\t+\t0\n\t\t+\t+ Tastempfind.\tUnbestimmbar\n\tSauer\t+\tSalzig\t0\n2\t+ wenig\t+ kalt\tSalzig\tUnbestimmbar\n\t+\t0\tUnbestimmbar\t0\n\t+\t+ sehr schwach\tUnbestimmbar\t0\n\tSauer\t+ wenig, Tast-\t+ Tastempfind.\tUnbestimmbar\n\tSauer\tempfindung\tSehr salzig, auch\tUnbestimmbar\n\t+ wenig\t-f- wenig\tTastempfind.\t0\n3\t+ wenig\t+ wenig, kalt\t+ Tastempfind.\t0\n\t+ sehr wenig\tUnbestimmbar + wenig\tUnbestimmbar, Tastempfind.\t0\n\t\t\t+\t\nVon diesen Papillen reagiren mit der ad\u00e4quaten Empfindung\n1 (P. 1) auf Kochsalz, Zucker, Salzs\u00e4ure u. vielleicht auf Chinin,\n1 (P. 3) auf Kochsalz, Zucker, Salzs\u00e4ure, aber nicht auf Chinin,\n1 (P. 2) auf Kochsalz u. Zucker, vielleicht auch auf Salzs\u00e4ure, aber nicht auf Chinin.\nHier habe ich diese Versuche abgebrochen, weil sie mich auf andere Fragen leiteten und, soweit sie eine Nachpr\u00fcfung der Befunde Oehrwall\u2019s sein sollten, gen\u00fcgten, denn so unvollkommen die Versuche sein m\u00f6gen, so wird man nicht anstehen k\u00f6nnen, ohne Bedenken zuzugeben, dass sie zu demselben allgemeinen Resultate f\u00fchren, zu dem Dr. Oehrwall auf Grund der seinigen gelangte, zu dem n\u00e4mlich, dass von den untersuchten Papillen die Mehrzahl \u00bbin functioneller Hinsicht gro\u00dfe Verschiedenheiten zeigte\u00ab.\nIm Einzelnen sind die Resultate der vorliegenden Untersuchung nicht ohne weiteres mit denen Oehrwall\u2019s vergleichbar, weil sie","page":612},{"file":"p0613.txt","language":"de","ocr_de":"Schmeckversuche an einzelnen Papillen.\t613\nunter anderen Bedingungen gefunden wurden. Sie m\u00f6gen der besseren Uebersicht wegen nochmals zusammengestellt werden.\nIm Ganzen wurden 39 pilzf\u00f6rmige Papillen untersucht. Von diesen reagirten 4, weder auf Kochsalz, noch auf Zucker, Salzs\u00e4ure und Chinin.\nBetrachten wir die als \u00bbvielleicht\u00ab bezeichneten Beactionen als nicht vorhanden, so reagirten von den \u00fcbrigen 35 Papillen\nauf Kochsalz\t18,\tnur\tauf\tKochsalz\t3\nauf Zucker\t26,\tnur\tauf\tZucker\t7\nauf Salzs\u00e4ure\t18,\tnur\tauf\tSalzs\u00e4ure\t3\nauf Chinin\t13,\tnur\tauf\tChinin\t0\nZiehen wir die fraglichen Beactionen mit in Betracht, so reagirten von den 35 Papillen\nauf Kochsalz\t31,\tnur\tauf\tKochsalz\t0\nauf Zucker\t31,\tnur\tauf\tZucker\t1\nauf Salzs\u00e4ure\t29,\tnur\tauf\tSalzs\u00e4ure\t0\nauf Chinin\t21,\tnur\tauf\tChinin\t1\nIm ersten Falle reagirten von den 35 Papillen\nnicht auf Kochsalz 17, nicht auf Zucker 9, nicht auf Salzs\u00e4ure 17, nicht auf Chinin 22.\nIm zweiten Falle reagirten\nnicht auf Kochsalz 4, nicht auf Zucker 4, nicht auf Salzs\u00e4ure 6, nicht auf Chinin 14.\nHiermit sind aber noch nicht alle Fragen gel\u00f6st, die hier aufgeworfen werden k\u00f6nnen. Es erhebt sich vor allem die Frage : Wie verhalten sich die einzelnen Papillen inad\u00e4quaten Beizen gegen\u00fcber? Beagiren sie auf jeden beliebigen Beiz mit der ad\u00e4quaten Empfindung oder zeigen sich hier wenigstens gleiche functionelle Unterschiede? Ich habe s\u00e4mmtliche Papillen der vorstehenden Versuchsreihen von","page":613},{"file":"p0614.txt","language":"de","ocr_de":"614\nF. Kiesow.\nden Versuchspersonen mit passend zugeschnittenen Holzst\u00e4bchen mechanisch reizen lassen, aber in keinem einzigen Valle eine Ge-schmackssensation erhalten. Herr Segre gab nur einige Male an, neben der Tastempfindung auch eine Warmempfindung zu versp\u00fcren. Durch mechanische Reizung konnte ich somit bis jetzt pilzf\u00f6rmige Papillen f\u00fcr Geschm\u00e4cke nicht erregen. Ob dies durch eine verfeinerte Versuchstechnik gelingt, werden meine weiteren Versuche zeigen1). Mittelst des elektrischen Stromes habe ich hier\u00fcber bisher keine Versuche angestellt. Da die hierdurch erzeugten Vorg\u00e4nge sehr complicirter Natur sind, so w\u00fcrden die Angaben f\u00fcr den vorliegenden Zweck nicht eindeutig sein2). Auch Oehrwall beobachtete unter Benutzung des elektrischen Stroms auf den meisten Papillen schwer zu analysirende Empfindungen. Doch fand er, dass schwache Inductionsstr\u00f6me den am meisten hervortretenden sauren Geschmack nur auf den Papillen ausl\u00f6sten, \u00bbdie hei den vorhergegangenen Untersuchungen sich als mit Geschmacksverm\u00f6gen begabt erwiesen hatten\u00ab. Er bemerkt weiter: \u00bbAuf den 7 Papillen, die nur auf Zucker und Chinin, aber nicht auf Weins\u00e4ure reagirten, wurde von Inductionsstr\u00f6men kein saurer Geschmack verursacht. Auf einigen derselben glaubte ich einen schwach s\u00fc\u00dfen und bitteren Geschmack zu bemerken, konnte aber nie eine v\u00f6llig deutliche und ausgepr\u00e4gte Empfindung hiervon erhalten, in Folge des viel st\u00e4rker hervortretenden Gef\u00fchles von Hitze und Vibration\u00ab3). Der positive Pol des constanten Stroms l\u00f6ste ferner bei Oehrwall \u00bbauf allen sauerschmeckenden Papillen vorzugsweise sauren Geschmack nebst einem Gef\u00fchl von Hitze aus\u00ab, der negative vorzugsweise s\u00fc\u00dfen und bitteren nebst der Empfindung von Hitze. Oehrwall schlie\u00dft: \u00bbBei Anwendung schwacher Str\u00f6me konnten nie durch Beizung einzelner Papillen andere Geschmacksempfindungen erweckt werden, als solche, die bei gew\u00f6hnlicher Untersuchung mit\n1)\tDie Beobachtung, dass, wie ich fr\u00fcher mittheilen konnte, durch Reiben mit einem Glasstabe auf dem hinteren Theile der Zunge eine Bitterempfindung ausgel\u00f6st wird, geh\u00f6rt wohl nicht hierher. Ich konnte diese Beobachtung sp\u00e4ter an manchen anderen, obwohl nicht an allen Personen best\u00e4tigt finden.\n2)\tYergl. die Arbeiten von Hermann u. Laserstein, Pfl\u00fcg. Arch. Bd. 49. S. 519, sowie von Hofmann u. Bunzel, ebenda. Bd. 66. S. 215.\n3)\tH. Oehrwall, citirte Arbeit, S. 63.","page":614},{"file":"p0615.txt","language":"de","ocr_de":"Schmeckversuche an einzelnen Papillen.\n615\nschmeckbaren Substanzen von denselben ausgel\u00f6st werden konnten. Die Empfindung dauerte nicht nur w\u00e4hrend der Strom geschlossen war, sondern verblieb noch eine Weile, nachdem der Pinsel1) weggenommen\u00ab2). Er f\u00fcgt noch hinzu, dass die kleinen Papillen der \u00e4u\u00dfersten Zungenspitze sowohl f\u00fcr Inductions- wie f\u00fcr constante Str\u00f6me weit empfindlicher waren als die anderen.\nUeber die an diese Untersuchung sich kn\u00fcpfenden Fragen werde ich in sp\u00e4teren Mittheilungen berichten.\n1)\tDie Elektrode.\n2)\tH. Oehrwall, citirte Arbeit, S. 63.","page":615}],"identifier":"lit4520","issued":"1898","language":"de","pages":"591-615","startpages":"591","title":"Schmeckversuche an einzelnen Papillen","type":"Journal Article","volume":"14"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T12:35:36.678678+00:00"}