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{"created":"2022-01-31T14:16:38.915666+00:00","id":"lit4525","links":{},"metadata":{"alternative":"Philosophische Studien","contributors":[{"name":"Biervliet, Jules J. van","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Philosophische Studien 11: 125-134","fulltext":[{"file":"p0125.txt","language":"de","ocr_de":"Ueber den Einfluss der Geschwindigkeit des Pulses auf die Zeitdauer der Reactionszeit bei Licht- und Tasteindr\u00fccken.\nVon\nDr. J. J. van Biervliet,\no. Professor an der Universit\u00e4t Gent.\nIn unserer vorhergehenden Studie1) haben wir unsere Untersuchungen haupts\u00e4chlich auf die Frage des Einflusses der Geschwindigkeit des Pulses auf die Zeitdauer der Reactionszeit hei Schalleindr\u00fccken gerichtet. Unsere Resultate haben gezeigt, dass sich die Dauer der Reactionszeit im allgemeinen vermindert, wenn die Pulsfrequenz zunimmt. Es handelte sich nun darum zu untersuchen, ob sich dies f\u00fcr alle Gattungen von Reactionen und nicht blo\u00df ausschlie\u00dflich f\u00fcr die Geh\u00f6rseindr\u00fccke als g\u00fcltig erweise. Zu diesem Zweck wurden Beobachtungen mit Licht- und Tasteindr\u00fccken ausgef\u00fchrt.\nUnsere Untersuchungen erstreckten sich auf zwei Arten von Beobachtern, erstens auf solche, welche sich bereits an \u00e4hnlichen Experimenten betheiligt, und zweitens auf solche, die noch nie Reactionen ausgef\u00fchrt hatten. Es ist leicht erkl\u00e4rlich, dass die letzteren viel l\u00e4nger einge\u00fcbt werden mussten als die ersteren. Die Versuche erstreckten sich auf 12 Beobachter, von denen 6 Reactionen des Gesichtssinns und die andern 6 Reactionen des Tastsinns machten. Jeder Beobachter hat 200 brauchbare Reactionen\n1) Philos. Stud. X, S. 160 ff.","page":125},{"file":"p0126.txt","language":"de","ocr_de":"126\nJ. J. van Biervliet.\ngemacht. Bei den Neugekommenen wurden die Reactionen der Ein\u00fcbungsperiode ausgeschlossen, und bei allen andern Beobachtern diejenigen Reactionen, welche zu weit von der mittleren Variation abwichen.\n\u00a7 1. Lichteindr\u00fccke.\nDie Gesichtsreactionen wurden in meinem Laboratorium w\u00e4hrend der Monate Januar, Februar und M\u00e4rz 1894 ausgef\u00fchrt.\nI. Technik der Untersuchungen.\nUm die Gesichtsreize hervorzubringen, haben wir das in dem Werk von W. Wundt1) beschriebene Spaltpendel angewendet, welches in allen psychologischen Laboratorien in Gebrauch ist. Vor allem musste nun ein Reiz gefunden werden, welcher immer die gleichen Eigenschaften behielt. Wir entschlossen uns f\u00fcr einen Auerschen Gasbrenner, nachdem eigens in dem physikalischen Cabinet angestellte Vergleichsversuche zwischen einer elektrischen Lampe von immer gleich starkem Lichte und einem Gasbrenner Auer den Vorzug des letzteren erwiesen hatten. Diese photometrische Untersuchung in dem physikalischen Laboratorium hatte Herr Professor Schoentjes die G\u00fcte zu leiten. Der Gasbrenner Auer befand sich bei den Reactionsversuchen hinter dem Pendel, die Flamme war von einem Glimmercylinder umschlossen, welch letzteren alsdann ein Metallcylinder umgab, in welchem sich eine l\u00e4ngliche \u00d6ffnung befand. Das Pendel hat zwei Schirme, wovon der eine fest und der andere beweglich ist und welche Wundt in seinem Werk durch die Buchstaben A, A, andeutet.\nF\u00fcr s\u00e4mmtliche Serien unserer Untersuchungen waren die Spalt\u00f6ffnungen beider von gleicher Gr\u00f6\u00dfe, n\u00e4mlich 4 mm. Der Platindraht, welcher an dem untern Theil des Pendels angebracht ist, war derma\u00dfen regulirt, dass er in demselben Augenblick, wo die zwei Spalten zur Deckung kamen, in das Quecksilber fiel. Der ganze Apparat war in einem Dunkelraum auf einem Fu\u00df, welcher in der Mauer festgemacht war, aufgestellt. Das Pendel, der Gas-\n1) Grundz\u00fcge der Physiol. Psychologie, II. 4. Aufl. S. 334.","page":126},{"file":"p0127.txt","language":"de","ocr_de":"Ueber den Einfluss der Geschwindigkeit des Pulses etc.\n127\nbrenner u. s. w. fanden ihren Platz in einer viereckigen Kiste von Holz, welche zwei Seiten, die Vorder- und die R\u00fcckseite, offen hatte. Mein Assistent hielt sich auf der R\u00fcckseite, um das Pendel in Bewegung zu setzen. Die Vorderseite war durch einen dicken Pappdeckel, welcher auf der H\u00f6he der Oeffnung des festen Schirmes eine weite Oeffnung von 1 cm breit auf 4 cm hoch hatte, abgeschlossen. Diese Einrichtung hatte den Zweck, den mindesten Lichtstrahl vor und nach dem genauen Augenblick der Lichtreizung zu verbergen.\nDer Beobachter hielt sich auf eine andere in der Mauer festgemachte Console gest\u00fctzt, welche ungef\u00e4hr 3.00 m von der Lichtquelle angebracht war. Auf dieser Console befand sich ein Laster f\u00fcr die Bewegung der Hand, um den Strom des Chronoskops zu unterbrechen. Das Chronoskop, das Rheochord, der Taster, die Batterien befanden sich in dem Hauptzimmer des Laboratoriums. Das Chronoskop wurde regelm\u00e4\u00dfig mittelst des gro\u00dfen Controlhammers (neues Modell) controlirt. Alle Operationen leitete ich selbst, wie ich es bereits bei den Untersuchungen \u00fcber Geh\u00f6rreactionen that. Die Uebung, welche ich mir angeeignet hatte, erlaubte mir mit einer gro\u00dfen Gleichm\u00e4\u00dfigkeit zu arbeiten, was von gro\u00dfem Vortheil ist. Der Beobachter arbeitete im Dunkeln, wie bereits oben bemerkt. Ich sparte aber keine M\u00fche, dass sich derselbe immer in der gleichen Lage hielt, um die Bewegung der Hand auf den Knopf des Tasters so viel als m\u00f6glich zu erleichtern. Um keinen anderweitigen Reizungen ausgesetzt zu sein, hatte der Beobachter seine Ohren vollst\u00e4ndig mit Watte verstopft.\nII. VeTSuchsbedingungen.\nDie Studirenden, die an den Gesichtsreactionen theilnahmen, waren vier. Dazu kamen noch mein Assistent Herr de Wankel und ein au\u00dfergew\u00f6hnlicher Assistent, Herr Dr. Willem. Alle unsere Untersuchungen wurden zwischen 5 und 7 Uhr Abends gemacht, wie bei den Geh\u00f6rsreactionen, und zwar in zwei Abtheilungen, deren jede zweimal in der Woche je eine Stunde lang arbeitete. Jeder Beobachter machte in jeder Serie 60 Reactionen. Die Ge-sammtzahl der Reactionen betrug, abgesehen von der l\u00e4ngeren Ein\u00fcbungsperiode, f\u00fcr jeden Beobachter 200, vertheilt in Reihen von 20.","page":127},{"file":"p0128.txt","language":"de","ocr_de":"128\nJ. J. van Biervliet.\nDer Beobachter lie\u00df sich vor jeder Serie den Puls f\u00fchlen. Mein Assistent nahm den Puls der linken und ich den der rechten Hand oder umgekehrt. Wir z\u00e4hlten jeder f\u00fcr sich und zwar leise eine Minute lang. Die Anzahl der Pulsschl\u00e4ge wurde gemeinschaftlich aufgezeichnet, ohne jedoch dieselben dem Beobachter mitzutheilen, um denselben nicht zu beeinflussen.\nIm Fall einer Verschiedenheit in der Anzahl der durch meinen Assistenten und mich gez\u00e4hlten Pulsschl\u00e4ge f\u00fchlten wir den Puls nochmals. Augenblicklich nachdem der Puls gez\u00e4hlt war, begann die Untersuchung.\nDen genauen Werth des leuchtenden Bandes, welches dazu diente, die Netzhaut zu reizen, habe ich nicht in Kerzen berechnet. Es gen\u00fcgte mir zu wissen, dass: 1) das Licht immer von gleicher St\u00e4rke war, 2) dass dasselbe sich immer in gleicher Entfernung von dem Beobachter befand, 3) dass die Oeffnungen der beiden Schirme, des beweglichen wie des unbeweglichen, immer genau von derselben Breite waren, n\u00e4mlich 4 mm, und 4) dass die \u00d6ffnung des Pappendeckels gleichfalls dieselben Ma\u00dfe beibehielt. Obgleich ich den St\u00e4rkegrad des Reizes nicht habe messen k\u00f6nnen, so kann ich doch versichern, dass diese St\u00e4rke so weit merklich die gleiche in allen unsern Untersuchungen blieb. Die Hauptsache bei meinen Untersuchungen war, dass alle Bedingungen dieselben blieben, mit Ausnahme des Pulses, und ich glaube, dass alle Vorsichtsma\u00dfregeln getroffen wurden, um dieses Ziel zu erreichen.\nDas Signal, welches auf den Eintritt des Reizes vorbereitete, bestand aus einem einzigen nicht allzustarken Glockenschlage, 5 Secunden ehe die Lichtreizung sich einstellte. Die Reactionen folgten einander alle 15 Secunden. Alle Reactionen waren wieder sensorielle.\nIII. Resultate.\nIm Folgenden geben wir in Form von Uebersichtstafeln die verschiedenen Resultate :","page":128},{"file":"p0129.txt","language":"de","ocr_de":"Ueber den Einfluss der Geschwindigkeit des Pulses etc.\t129\n\td\te Wanckel\t\tA. Jonckx\t\t\nPuls\tM\tmV\tn\tM\tmV\tn\nvon 60 bis 70\t187\t23\t80\t\t\t\n\u00bb 70 \u00bb 80\t174\t23\t120\t\t\t\n\u00bb 80 \u00bb 90\t\t\t\t226\t21\t150\n\u00bb 90 \u00bb 100\t\t\t\t213\t22\t50\nWenn die Leser dieser Studien meinen fr\u00fcheren Artikel (Bd. X, S. 160) nochmals nachsehen wollen, so k\u00f6nnen sie sich \u00fcberzeugen, dass der Beobachter Jonckx, welcher sich den Untersuchungen \u00fcber die Geh\u00f6rsreactionen unterworfen hat, dort beinahe dieselben Zahlen aufweist, wie hier, und dass sein Puls sehr wenig Verschiedenheit zeigt.\n\tJ. Berten\t\t\tL. Daei\t\t\nPuls\tM\tmV\tn\tM\tmV\tn\nvon 60 bis 70\t208\t21\t15\t\t\t\n\u00bb 70 \u00bb 80\t192\t19\t100\t\t\t\n\u00bb 80\t\u00bb 90\t185\t21\t50\t209\t13\t50\n\u00bb 90 \u00bb 100\t171\t13\t20\t188\t14\t100\n\u00bb 100 \u00bb 110\t123\t13\t15\t176\t17\t50\nWie man sieht, best\u00e4tigen bis jetzt all diese Zahlen die Regel, welche ich als Schlussfolgerung in meiner ersten Studie aufstellen zu k\u00f6nnen glaubte. Nun kommen aber zwei Beobachter, bei denen die Reactionszeit, wenn die Geschwindigkeit des Pulses auf sein Maximum gekommen ist, an Zeitdauer zunimmt, statt abzunehmen. Den gleichen Fall haben wir bereits f\u00fcr die Geh\u00f6rsreactionen wahrgenommen. Ganz besonders bei Herrn Bracq, bei welchem die Anzahl der Pulsschl\u00e4ge in der Minute niemals unter 100 sank. Dieser Beobachter hatte, wenn sein Puls 110 oder mehr Pulsschl\u00e4ge\nWundt, Philos. Studien. XI.\t9","page":129},{"file":"p0130.txt","language":"de","ocr_de":"130\nJ. J. van Biervliet.\naufwies, alsdann Reactionen, welche nach und nach langsamer wurden. Derselbe Beobachter hat sich nun aus eigenem Antriebe an-geboten, auch Gesichtsreactionen zu machen. Sein Puls hatte an Geschwindigkeit abgenommen. Bei einer Anzahl von weniger als 110 Pulsschl\u00e4gen f\u00fchrte er 160 Reactionen aus. F\u00fcr diese 160 Reactionen nun hat sich wieder die oben angef\u00fchrte Thatsache best\u00e4tigt gezeigt, wie die folgende Tabelle aufweist:\n\tDr. Willem\t\t\tBracq\t\t\t\t\nPuls\tM\tmV\tn\tM\t\t\tmV\tn\nvon 70 bis 80\t175\t23\t15\t\t\t\t\t\n> 80 \u00bb 90\t170\t20\t50\t\t\t\t\t\n\u00bb\t90\t\u00bb 100\t165\t18\t80\t\t263\t\t21\t60\n\u00bb 100 \u00bb 110\tI194!\t22\t15\t\t206\t\t20\t100\n\u00bb 110 \u00bb 120\t\t\t\t\t206\t\t15\t40\nDarnach nehmen sowohl die Geh\u00f6rs- wie die Gesichtsreactionen an Geschwindigkeit zu, wenn der Puls an Frequenz zunimmt. Doch besteht f\u00fcr 2 Beobachter eine obere Grenze, jenseits deren diese Regel nicht mehr gilt. Ist nun diese Grenze bei einem und demselben Beobachter immer dieselbe f\u00fcr Gesichts- wie Geh\u00f6rs-reactionen? Die Zahlen von Bracq scheinen darauf hinzuweisen; doch ist eine viel gr\u00f6\u00dfere Anzahl von Resultaten n\u00f6thig, um ganz sicher schlie\u00dfen zu k\u00f6nnen.\n\u00a7 2. Tastreactionen.\nDie Tastreactionen wurden w\u00e4hrend der Monate April und Mai laufenden Jahres vorgenommen. In der Erkl\u00e4rung unserer Untersuchungen befolgen wir denselben Weg wie bei den Gesichtsreactionen.","page":130},{"file":"p0131.txt","language":"de","ocr_de":"Heber den Einfluss der Geschwindigkeit des Pulses etc.\n131\nI. Technik der Untersuchungen.\nUni die Tasteindr\u00fccke hervorzubringen, wollten wir keinen Gebrauch von dem elektrischen Strom machen. Wir besitzen bekanntlich besondere Apparate, welche geeignet sind, in einem gegebenen Augenblick auf die Fingerspitze einen elektrischen Schlag hervorzubringen: so z. B. der Schl\u00fcssel von Ewald. Dieser Apparat hat aber wie alle andern, welche von der Elektricit\u00e4t Gebrauch machen, eine gro\u00dfe Unannehmlichkeit: je weniger n\u00e4mlich der Beobachter seinen Finger auf dem Aufsatze von Ebonit ruhen l\u00e4sst oder die Kupferdr\u00e4hte ber\u00fchrt, um so weniger findet der Strom Widerstand, und er verursacht deshalb einen viel st\u00e4rkeren Sto\u00df. Ebenso wird, wenn der Finger des Beobachters mehr oder weniger feucht ist, der Sto\u00df schw\u00e4cher oder st\u00e4rker. Wir aber mussten vor allem einen Sto\u00df haben, welcher immer der gleiche blieb.\nIn zweiter Linie war es unbedingt n\u00f6thig, bei den Beobachtern immer denselben Theil der Hand zu beeinflussen und dieses wom\u00f6glich immer mit der gleichen St\u00e4rke. Wir haben deshalb einen ganz einfachen Apparat anfertigen lassen, welchen wir sp\u00e4ter in einem speciellen Artikel zu beschreiben gedenken. Hier sei nur bemerkt, dass bei demselben der n\u00e4mliche Hammer benutzt wird, welchen man anwendet, um Geh\u00f6rsreizungen hervorzubringen. Der das Chronoskop ablenkende Strom, statt beim Niederfallen des Hammers durch den Kopf des Hammers und den Ambo\u00df zu gehen, geht durch den Stiel des Hammers, durch ein M\u00e4ntelchen von Kupfer und durch einen Beh\u00e4lter von Quecksilber. Bei den Geh\u00f6rs-reactionen wird in dem Augenblick, wo der Hammer f\u00e4llt, durch die Ber\u00fchrung des Hammerkopfes und des Ambo\u00dfes ein Kreis geschlossen, durch welchen Strom geht, der die Zeiger des Chrono-skopes stille h\u00e4lt. In meinem Apparat taucht dagegen der kupferne Stiel des Hammers in demselben Augenblicke, wo der Hammer niederf\u00e4llt und die Hand des Beobachters ber\u00fchrt, in das Quecksilber und schlie\u00dft damit den Strom, welcher die Zeiger des Chrono-skopes stille h\u00e4lt. Die Hand des Beobachters wurde immer in derselben Weise angebracht und zwar der Art, dass der Hammer bei seinem Niederfallen auf die Mitte des ersten Gelenkes des Mittelfingers fiel. Der Beobachter legte seine linke Hand derart, dass\n9*","page":131},{"file":"p0132.txt","language":"de","ocr_de":"132\nJ. J. van Biervliet.\ndie Oberfl\u00e4che, welche ber\u00fchrt werden sollte, sich immer in einer Entfernung von 3 mm von dem Kopfe des Hammers befand, wenn derselbe in aufgehobener Lage war. Die so angewendete Tastreizung bestand somit in einem Schlage, hervorgebracht durch den Kopf des Hammers, wenn derselbe von einer H\u00f6he von 3 mm in die Mitte des Gelenkes des Mittelfingers der linken Hand fiel. Das Fallen des Hammers wurde aber auf dieselbe Weise wie bei den Geh\u00f6rsreizungen hervorgebracht.\nDa die verschiedenen Beobachter H\u00e4nde von verschiedener Gr\u00f6\u00dfe und Dicke hatten, so haben wir, um die linke Hand aufzulegen, eine Unterlage aus sehr hartem Holz, bestehend aus 2 Brettchen mit geneigter Fl\u00e4che, anfertigen lassen, was alsdann erlaubte, das eine \u00fcber das andere hinwegzuschieben und so die Hand h\u00f6her oder niedriger zu stellen. Man lie\u00df den Beobachter seine Hand auf den Aufsatz auflegen; alsdann stellte man denselben, bis das Gelenk des Mittelfingers sich genau 3 mm von dem Kopfe des Hammers entfernt befand, worauf der Aufsatz mittelst Druckschrauben befestigt wurde.\nDer beschriebene Apparat wurde in dem Dunkelzimmer auf gestellt. Der Beobachter verstopfte sich die Ohren mit Watte, seine linke Hand hielt er auf die Unterlage gest\u00fctzt und seine rechte auf den Stromunterbrechungsknopf. Chronoskop, Rheochord, Batterien u. s. w. befanden sich in dem Hauptzimmer des Laboratoriums. Das Chronoskop wurde regelm\u00e4\u00dfig controlirt.\nIch selbst versah stets die Stelle des Experimentators.\nII. Versuchsbedingungen.\nSechs Studirende haben sich mit der gr\u00f6\u00dften Regelm\u00e4\u00dfigkeit betheiligt, von denen 3 der Facult\u00e4t der Rechte und 3 der medi-cinischen Facult\u00e4t angeh\u00f6rten. Alle Untersuchungen wurden zwischen 5 und 7 Uhr Abends vorgenommen. Jede Gruppe fand sich zweimal in der Woche im Laboratorium ein und jeder Beobachter machte 60 Reactionen im Abend. Nach einer Anzahl von Abenden, an denen die Beobachter an die Apparate und an das Versuchsverfahren gew\u00f6hnt wurden, begannen die eigentlichen Reactionen. Jeder Beobachter machte alsdann deren 200, vertheilt in Serien","page":132},{"file":"p0133.txt","language":"de","ocr_de":"Ueber den Einfluss der Geschwindigkeit des Pulses etc.\t133\nvon 20. Der Puls wurde auf dieselbe Weise untersucht wie bei den Gesichtsreactionen.\nEs ist unm\u00f6glich, die St\u00e4rke der Tastreizungen, welche durch das Niederfallen des Hammers hervorgebracht wurden, ihrem wirklichen Werthe nach zu bestimmen. Alles was wir wissen, und dies gen\u00fcgt uns, ist, dass der Sto\u00df ein und desselben Theiles der Haut immer genau auf dieselbe Weise hervorgebracht worden ist, dass also seine St\u00e4rke constant war. Das Signal bestand aus einem einzigen Glockenschlage, nicht allzustark und 5 Secunden gegeben, ehe die Tastreizung einwirkte.\nDie Eeactionen folgten sich in Zwischenr\u00e4umen von 15 Secunden und alle Eeactionen waren wieder sensorielle.\nIII. Eesultate.\n\tJ. Berten\t\t\tvan\tde Calseyde\t\nPuls\tM\tmV\tn\tM\tmV\tn\nvon 60 bis 70\t199\t14\t50\t\t\t\n\u00bb 70 \u00bb 80\t190\t14\t90\t186\t22\t100\n\u00bb 80 \u00bb 90\t179\t15\t40\t150\t20\t100\n\u00bb 90\t\u00bb 100\t176\t13\t20\t\t\t\n\tvan de Weyer\t\t\tvan Ackere1)\t\t\nPuls\tM\tm V\tn\tM\tmV\tn\nvon 80 bis 90\t167\t12\t110\t175\t18\t50\n\u00bb 90 \u00bb 100\t164\t20\t90\t164\t19\t150\n\t\t\t\t\t\t\n1) Dieser Herr van Ackere ist nicht derselbe, welcher als Beobachter f\u00fcr die Gesichtsreactionen gedient hat.","page":133},{"file":"p0134.txt","language":"de","ocr_de":"134 J- J. van Biervliet. Ueber den Einfluss der Geschwindigkeit des Pulses etc.\nBossaert\nde Brouwer\nvdn 70 bis 80\n\u00bb 100\n\u00bb 100\n\u00bb 110\n> 110\n\u00bb 120\nWie man aus obenstehenden Uebersichtstabellen ersehen kann, vermindern sich alle Reactionen an Dauer, wenn der Puls an Schnelligkeit zunimmt; eine Ausnahme jedoch bilden die 40 Reactionen, die Herr de Brouwer mit einer Anzahl von Pulssehl\u00e4gen ausf\u00fchrte, die mehr als 110 betrug.\nEs ergibt sich aus unsern Untersuchungen, welche wir an 17 verschiedenen Beobachtern ausgef\u00fchrt haben, und welche im Ganzen 6 800 Geh\u00f6rs-, Gesichts- und Tastreactionen umfassen, dass sich im allgemeinen die Zeitdauer der Reactionszeit mit dem Pulse ver\u00e4ndert, indem, je schneller der Puls wird, um so mehr die Zeitdauer der Reactionszeit abnimmt. Diese Regel trifft aber nicht mehr zu, wenn der Puls einerseits ein Minimum und besonders wenn er anderseits ein Maximum der Geschwindigkeit erreicht. Diese Unterschiede des Pulses k\u00f6nnen bei manchen Personen bedeutende Ver\u00e4nderungen in der Zeitdauer der Reactionszeit hervorbringen. Hieraus ist ersichtlich, dass, wenn man die Verh\u00e4ltnisse der Aufmerksamkeit nach dem gew\u00f6hnlichen Verfahren mittelst der Zeitdauer der Reactionszeiten studiren will, auf den Zustand des Pulses der Versuchspersonen R\u00fccksicht zu nehmen ist.","page":134}],"identifier":"lit4525","issued":"1895","language":"de","pages":"125-134","startpages":"125","title":"Ueber den Einfluss der Geschwindigkeit des Pulses auf die Zeitdauer der Reactionszeit bei Licht- und Tasteindr\u00fccken","type":"Journal Article","volume":"11"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T14:16:38.915671+00:00"}