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{"created":"2022-01-31T13:08:14.788328+00:00","id":"lit4527","links":{},"metadata":{"alternative":"Philosophische Studien","contributors":[{"name":"Kirschmann, August","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Philosophische Studien 11: 147-189","fulltext":[{"file":"p0147.txt","language":"de","ocr_de":"Der Metallglanz und die Parallaxe des indirekten Sehens.\nVon\nA. Hirschmann.\nMit 3 Figuren im Text.\nIn einer fr\u00fcheren Abhandlung1) habe ich mich bem\u00fcht nachzuweisen, dass auch f\u00fcr das monoculare Sehen, abgesehen von den mit der Accommodations\u00e4nderung verbundenen Muskelempfindungen, eine Tiefenwahrnehmung, ein Aequivalent f\u00fcr die parallaktische Verschiedenheit der Bilder beim Sehen mit dem Doppelauge, angenommen werden muss. Ich habe auf dem Wege einfacher geometrischer Betrachtungen gezeigt, dass eine Parallaxe des indirecten Sehens existirt, und durch eben so einfache Rechnung und Construction dargethan, dass sie von so betr\u00e4chtlicher Gr\u00f6\u00dfe ist, dass von einer Vernachl\u00e4ssigung keine Rede sein darf. Des ferneren wurde in jener Abhandlung gezeigt, dass zwei der Erkl\u00e4rung bed\u00fcrftige Thatsachen sich unter der Annahme einer Parallaxe des indirecten Sehens in ungezwungener und hinreichender Weise erkl\u00e4ren lassen: \u00bbDie spaltf\u00f6rmigen Pupillen gewisser Thiere\u00ab und \u00bbdie Pupillarreaction beim Aendern der Accommodation\u00ab.\nHerr Professor Wundt gab in einem Briefe der Vermuthung Raum, dass sich die Theorie auch experimentell best\u00e4tigen lasse. Eine solche Best\u00e4tigung glaube ich nun allerdings erbringen zu k\u00f6nnen, wennschon es sich nur um eine Art Experimentum crucis\n1) Die Parallaxe des indirecten Sehens und die spaltf\u00f6rmigen Pupillen der Katze. Philos. Stud. IX, S. 447 ff.\nWundt, Philos. Studien. XI.\n11","page":147},{"file":"p0148.txt","language":"de","ocr_de":"148\nA. Kirschmann.\nin Bezug auf das Resultat einer Reihe von Schlussfolgerungen handelt. Ich glaube n\u00e4mlich theoretisch darthun zu k\u00f6nnen, dass eine gewisse, bekannte Erscheinung sich in keiner andern Weise als unter Zuh\u00fclfenahme der Parallaxe des indirecten Sehens erkl\u00e4ren l\u00e4sst. Zweitens bin ich im Stande praktisch zu zeigen, dass man die bewusste Erscheinung auch unter ganz ge\u00e4nderten Umst\u00e4nden k\u00fcnstlich hervorrufen kann, sofern man nur diejenigen Bedingungen erf\u00fcllt, welche das Zustandekommen der entsprechenden parallaktischen Verh\u00e4ltnisse erm\u00f6glichen. Die bekannte Erscheinung, um die es sich hier handelt, ist der \u00bbMetallglanz\u00ab.\nDie Frage des Metallglanzes hat ihre physikalische und ihre psychologische Seite. Der Physiker untersucht das an MetaM\u00e4chen reflectirte Licht auf seine Intensit\u00e4ts- und Polarisations - Eigenschaften, und besonders die Untersuchung der letzteren hat zu mannigfachen f\u00fcr die Wellentheorie des Lichtes \u00e4u\u00dferst werthvollen Resultaten gef\u00fchrt. Bei allen diesen Arbeiten des Physikers aber bilden die Lichtempfindungen zwar das wichtigste Hilfsmittel zur Erkennung der Natur der physischen Vorg\u00e4nge, aber sie stehen selbst nicht im Mittelpunkte des Interesses. Ja, die Ergebnisse der Untersuchungen \u00fcber die Metallreflexion w\u00fcrden nichts von ihrer Bedeutung verlieren, wenn es gar keinen Metallglanz g\u00e4be, d. h. wenn zwischen dem von Metallen und dem von andern K\u00f6rpern reflectirten Lichte f\u00fcr unsere Wahrnehmung gar keine charakteristische Verschiedenheit best\u00e4nde (so wie es beispielsweise an der physikalischen Seite der Lichterscheinungen absolut nichts \u00e4ndern w\u00fcrde, wenn wir die langwelligen Strahlen als Blau, die kurzwelligen als Roth empf\u00e4nden anstatt umgekehrt).\nDer Psychologe oder psychologische Optiker dagegen hat die Frage zu beantworten: Was muss sich in unserem Bewusstsein ereignen, d. h. welcher Art m\u00fcssen die Gesichtsempfindungen oder deren Complexe sein, wenn wir den Eindruck des Metallglanzes haben sollen? Wie aber f\u00fcr den Physiker manche Eigenschaften der Lichtempfindungen nur insofern einen Werth haben, als er sie als Erkennungszeichen f\u00fcr Verschiedenheiten in den physischen (d. i. Bewegungs-)Vorg\u00e4ngen verwendet, so haben auch f\u00fcr den psychologischen Optiker gewisse physikalisch \u00fcberaus wichtige Eigenschaften des Lichtes gar keine oder nur indirecte Bedeutung. Wenn","page":148},{"file":"p0149.txt","language":"de","ocr_de":"Der Metallglanz und die Parallaxe des indirecten Sehens.\t149\nz. B. nachgewiesen wurde, dass das an Metallfl\u00e4chen reflectirte Licht die Merkmale elliptischer Polarisation aufweist, oder dass Metallfl\u00e4chen keine Polarisationswinkel haben, so ist damit f\u00fcr die psychologische Seite ' der Frage wenig oder gar nichts gethan. Denn f\u00fcr unser Bewusstsein gibt es kein polarisirtes Licht. Wir unterscheiden letzteres von unpolarisirtem nur auf Umwegen und auf Grund von Helligkeitsverh\u00e4ltnissen. Unsere Gesichtsvorstellungen bestehen aus Bewusstseins-Elementen, deren jedes au\u00dfer den r\u00e4umlichen und zeitlichen Merkmalen (Ausdehnung, Form, Lage, Dauer etc.) nur noch die Eigenschaften der Intensit\u00e4t und Qualit\u00e4t besitzt, wobei die Qualit\u00e4t wieder in Farbe und S\u00e4ttigung zerf\u00e4llt. Psychologisch muss daher der Metallglanz auf die genannten vier Charaktere der Lichtempfindungen zur\u00fcckgef\u00fchrt werden ; d. h. es muss gezeigt werden, welche Qualit\u00e4ts-, Intensit\u00e4ts-, Kaum- und Zeitverh\u00e4ltnisse zusammen treten m\u00fcssen, um das herbeizuf\u00fchren, was wir Metallglanz nennen.\nUm dieser Aufgabe gerecht werden zu k\u00f6nnen, m\u00fcssen wir uns zun\u00e4chst dar\u00fcber klar werden, was wir unter \u00bbMetall\u00ab und \u00bbMetallglanz\u00ab zu verstehen haben. Denn Jedermann wei\u00df, dass auch unmetallische K\u00f6rper (Graphit, manche animalische und vegetabilische Stoffe) oder solche, die nicht reine Metalle sind (Erze), Metallglanz aufweisen, und anderseits besitzen die Metalle nicht immer diese Eigenschaft (z. B. Metalle in feinster Vertheilung). Ob Metalle im Zustande der Gl\u00fchhitze ihre charakteristischen Oberfl\u00e4cheneigenschaften beibehalten, scheint mir fraglich. Auch l\u00e4sst sich die Sache sehr schwer untersuchen, da das eigne Licht der gl\u00fchenden Fl\u00e4che die Beobachtung des reflectirten st\u00f6rt oder unm\u00f6glich macht.\nUeberhaupt ist der Begriff des Metalls nicht ein fest umschriebener und unzweideutiger wie der des Metallglanzes, und wenn schon die letztere Bezeichnung von ersterer abgeleitet ist, so ist das, was sie bezeichnet, doch das prim\u00e4re; denn urspr\u00fcnglich war der Metallglanz das Hauptmerkmal der Metalle. Sp\u00e4ter hat man sich zu einer bestimmteren Definition der Metalle gen\u00f6thigt gesehen, wonach dieselben einfache Stoffe von gewissen chemischen und physikalischen Eigenschaften sind, welche unter gewissen Umst\u00e4nden auch das Merkmal des Metallglanzes besitzen. W\u00e4hrend so der\n11*","page":149},{"file":"p0150.txt","language":"de","ocr_de":"150\nA. hirschmann.\nBegriff des Metalls auf einer complicirten und strengwissenschaftlichen Definition beruht, ist der beibehaltene Ausdruck \u00bb Metallglanz \u00ab lediglich eine conventionelle Bezeichnung f\u00fcr ein ganz bestimmtes Ph\u00e4nomen, welches jeder kennt und welches man eben so gut \u00bbdie Lichterscheinung X\u00ab nennen k\u00f6nnte. Ob ein K\u00f6rper ein Metall ist oder nicht, das ist selbst f\u00fcr den ge\u00fcbtesten Fachmann oft schwer zu entscheiden. Jedes Kind aber, wenn es einmal \u00bbMetallglanz\u00ab gesehen hat, wird \u2014 einerlei welchen Namen es daf\u00fcr gelernt hat \u2014 \u00fcber die Identit\u00e4t der Erscheinungen dieser Art auch nicht im geringsten im Zweifel sein.\nAuch der Unterschied zwischen \u00bbMetallreflexion\u00ab und Metallglanz darf nicht au\u00dfer Acht gelassen werden. Metallreflexion ist die Zur\u00fcckwerfung des Lichtes an Metalloberfl\u00e4chen ; und es darf a priori nicht angenommen werden, dass der \u00bbMetallglanz\u00ab da, wo er an nichtmetallischen K\u00f6rpern vorkommt, auch mit den charakteristischen Erscheinungen der Metallreflexion verbunden sei. Ueber-dies beziehen sich die einschl\u00e4gigen Arbeiten der Physiker fast ausschlie\u00dflich auf Metallspiegel, welche, da sie fast vollst\u00e4ndig regul\u00e4r reflectiren, die Eigenschaft des Metallglanzes nur in geringem Ma\u00dfe besitzen. Den sch\u00f6nsten Metallglanz aber zeigen gerade die optisch wenig untersuchten matten Metallfl\u00e4chen, z. B. frische Bruchfl\u00e4chen, gefeilte, geschliffene oder nicht bis zur vollkommenen Spiegelung polirte Fl\u00e4chen.\nIn der einschl\u00e4gigen Litteratur \u2014 soweit mir dieselbe bekannt geworden ist \u2014 finde ich, mit alleiniger Ausnahme der sp\u00e4ter zu citirenden Schrift Br\u00fccke\u2019s, den Metallglanz nicht gen\u00fcgend von den \u00fcbrigen Arten des Glanzes geschieden. Der bekannte Dove\u2019sche Versuch, bei welchem zwei farblose Fl\u00e4chen von verschiedener Helligkeit bei der stereoskopischen Vereinigung den Eindruck einer graphitartig gl\u00e4nzenden Fl\u00e4che hervorrufen, beweist f\u00fcr den Metallglanz gar nichts, obgleich dieser letztere in Folge jenes Versuches von einigen AutorenJ) geradezu mit dem stereoskopischen Glanze identi-ficirt wird. Aber erstlich ist der Schluss, dass der bei dem erw\u00e4hnten Experiment auftretende stereoskopische Glanz Metallglanz sei, weil er dem Glanze des Graphits und dieser demjenigen der\n1) Aubert, Physiol. Optik. S. 553.","page":150},{"file":"p0151.txt","language":"de","ocr_de":"151\nDer Metallglanz und die Parallaxe des indirecten Sehens.\nMetalle \u00e4hnlich sei, ein einfacher Trugschluss; und zweitens wird der Metallglanz monocular ebensogut wahrgenommen wie binocular. Der einzige Versuch Dove\u2019s, wo monocular Glanz, und zwar hier gerade metallartiger beobachtet werden konnte, ist derjenige1), wo eine Farbe, auf eine Glastafel aufgetragen, im durchfallenden Lichte roth, im reflectirenden gr\u00fcn aussah und an gewissen Stellen, wo sich beide Eindr\u00fccke mischten, wie Kupferbronce gl\u00e4nzte. Das letztere geschah aber offenbar, weil die betreffende Farbe, wie es ja auch bei Indigo und manchen anderen Lasurfarben der Fall ist, von Natur schon einen geringen Grad von Metallglanz besa\u00df, welcher aber bei der Auftragung auf Glas, wegen der Abwesenheit jeglicher St\u00f6rung durch deckenden Hintergrund, um so besser zur Geltung kam. Aehnliches d\u00fcrfte bei den Versuchen Paalzow\u2019s, \u00fcber welche an oben citirter Stelle von Dove kurz berichtet wird, der Fall gewesen sein. Uebrigens hat Dove bereits ganz richtig eingesehen, dass beim Glanz, welchen er consequenter als Br\u00fccke von der vollkommenen Spiegelung unterschied, \u00bbSpiegelung\u00ab und \u00bbZerstreuung\u00ab Zusammenwirken2).\nBr\u00fccke3) stellt drei Bedingungen f\u00fcr das Zustandekommen des Metallglanzes auf:\nErstens: Das Vorhandensein zweier verschiedener gespiegelter Farben, deren Licht rechtwinklig zu einander polarisirt ist. Der Unterschied zwischen den \u00bbnicht metallisch\u00ab gl\u00e4nzenden K\u00f6rpern und den Metallen besteht darin, dass bei ersteren die Localfarbe von dem Glanz unabh\u00e4ngig ist, w\u00e4hrend bei den Metallen die Localfarbe durch die Farbe des gespiegelten Lichtes bedingt ist (\u00bbEin rothes Metall gl\u00e4nzt roth, ein gelbes gl\u00e4nzt gelb\u00ab4)). An anderer Stelle5) sagt er: \u00bbDas Licht beider (rechtwinklig zu einander polarisirten) Bilder, die wir mit der dichroskopischen Lupe wahrnehmen, ist gespiegeltes, von diesem h\u00e4ngt also die Farbe ab, die wir den Metallen zuschreiben, und die Farbe des Metalles ist die Farbe des Glanzes. Dieser innige Zusammenhang zwischen Glanz und Farbe ist etwas, was sich dem Auge unmittelbar aufdr\u00e4ngt und\n1)\tMonatsber. der kgl. preu\u00df. Akad. 1857. S. 390.\n2)\tMonatsber. der kgl. preu\u00df. Akad. der Wiss. 1861. S. 522 ff.\n3)\tBr\u00fccke, Ueber den Metallglanz. Wiener Sitz.-Ber. Bd. 43. p. 177ff.\n4)\tebendas, p. 180.\t5) ebendas, p. 181.","page":151},{"file":"p0152.txt","language":"de","ocr_de":"152\nA. Kirschmaim.\nuns bestimmt, auch gewisse nichtmetallische K\u00f6rper, an denen er sich findet, als metallgl\u00e4nzend zu bezeichnen\u00ab. An einer anderen Stelle1) scheint er das Wesentliche dieser Bedingung nur in der Abwesenheit der Localfarbe zu sehen.\nZweitens: Die v\u00f6llige Undurchsichtigkeit der Metalle.\nDrittens: Die hohe Intensit\u00e4t der Lichtreflexion, selbst bei mangelnder Politur.\nWas den ersten Punkt anbelangt, so kann ich darin keinen rechten Sinn finden. Denn wenn Br\u00fccke unter \u00bbFarbe\u00ab einfach Qualit\u00e4t des Lichtes versteht, also auch die achromatischen Qualit\u00e4ten, Grau, Wei\u00df und Schwarz dazurechnet, so muss, sofern \u00fcberhaupt diffus reflectirtes Licht vorhanden ist, auch stets \u00bbLocalfarbe\u00ab da sein. Versteht er aber unter Farbe nur die chromatischen Qualit\u00e4ten, dann sehe ich nicht ein, wie er mit v\u00f6llig farblosen Metallen, wie Silber, welche gerade den sch\u00f6nsten Metallglanz besitzen, fertig werden will. Wenn aber die Abwesenheit der Localfarbe entscheidend ist, warum sind dann nicht alle farblosen gl\u00e4nzenden K\u00f6rper metallgl\u00e4nzend? Zur St\u00fctze seiner Ansicht von der Abwesenheit der Localfarbe f\u00fchrt Br\u00fccke die totale Reflexion ins Feld, bei welcher aus Mangel jeglicher diffusen Reflexion auch keine Localfarbe existirt. Aber bei der sogenannten totalen Reflexion liegt lediglich Spiegelung und kein Metallglanz vor, und an letzteren w\u00fcrde der unbefangene Beobachter dabei auch nicht einmal erinnert werden, wenn ihn nicht die Associationsreihe \u00bbSpiegelung, Spiegel, Spiegelmetall, Metall, Metallglanz\u00ab dazu verleiten w\u00fcrde. Endlich muss man fragen, warum die dichroitischen Mineralien. im durchfallenden Lichte nicht metallgl\u00e4nzend erscheinen. Die ganze Theorie, dass der Glanz auf dem Widerspruch verschiedener Farben oder Helligkeiten beruhe, hat eben nur dann einen Sinn, wenn au\u00dfer den reinen Qualit\u00e4ts- und Intensit\u00e4tsbedingungen noch andere angenommen werden (wie bei Dove z. B. die verschiedene Accommodation). Denn wenn mehrere Lichteindr\u00fccke, welche nur Qualit\u00e4ts- und Intensit\u00e4tsunterschiede aufweisen, durch dieselbe Netzhautstelle vermittelt werden, so mischen sie sich in allen F\u00e4llen zu einem einfachen Eindruck. Um gesondert wahr-\n1) Br\u00fccke, Die oben citirte Abhandlung S. 183.","page":152},{"file":"p0153.txt","language":"de","ocr_de":"Der Metallglanz und die Parallaxe des indireeten Sehens.\t153\no-enommen zu werden, m\u00fcssen sie entweder r\u00e4umlich oder zeitlich\n\u00d6\t1\nverschieden sein.\nWas die zweite Bedingung, die totale Undurchsichtigkeit, anbelangt, so beruht die Annahme derselben auf einem nunmehr l\u00e4ngst erkannten Irrthum. Man kann von undurchsichtigen K\u00f6rpern (= Gegenst\u00e4nden), nicht aber von undurchsichtigen Stoffen sprechen. Alle Stoffe lassen, wenn in gen\u00fcgend d\u00fcnnen Schichten angewandt, Licht durch. Die Durchsichtigkeit d\u00fcnner Metallplatten (bezw. Prismen) ist mehrfach Gegenstand der physikalischen Untersuchung gewesen1). Dass der Metallglanz aber mit betr\u00e4chtlichen Graden der Lichtdurchl\u00e4ssigkeit vereinbar ist, das beweist schon der Umstand, dass die an ihrer Oberfl\u00e4che einen gewissen metallartigen Glanz zeigenden Pigmente, wie Indigo, Carthamin2), manche Anilinfarben, niemals Deckfarben, sondern ausnahmslos Lasurfarben sind. Den einfachsten Beweis aber liefern die weiter unten zu beschreibenden, von mir angefertigten Pr\u00e4parate, die vollen Metallglanz zeigen und dennoch in ihrer ganzen Masse noch lichtdurchl\u00e4ssig sind.\nWas endlich die dritte Bedingung, die gro\u00dfe Reflexionsf\u00e4higkeit, anbelangt, so enth\u00e4lt hierin die Annahme Br\u00fccke\u2019s manches Wahre. Dass aber auch diese Eigenschaft f\u00fcr den Metallglanz nicht ausschlaggebend ist, l\u00e4sst sich gerade an den schwarzen, gl\u00e4nzenden K\u00f6rpern beweisen, von welchen Br\u00fccke meint, dass sie nur deshalb nicht metallgl\u00e4nzend seien, weil sie schwarz sind, d. h. zu wenig Licht reflectiren. Br\u00fccke sagt3): \u00bbW\u00fcrden sie so viel Licht reflec-tiren, dass wir sie metallgl\u00e4nzend nennen k\u00f6nnten, so w\u00fcrden sie bei glatter Oberfl\u00e4che das auf sie fallende Licht so zur\u00fcckgeben, wie es polirter Stahl thut, und eben deswegen nicht schwarz erscheinen; bei unebener Oberfl\u00e4che w\u00fcrden sie auch nicht schwarz erscheinen, sondern je nach Umst\u00e4nden heller oder dunkler grau, weil die Netzhautbildchen der einzelnen spiegelnden Stellen Lichtst\u00e4rke genug haben w\u00fcrden, um durch sogenannte Irradiation die dunklen Zwischenr\u00e4ume zu \u00fcberdecken, wie dies beim Anschauen des Graphit geschieht.\u00ab Hiergegen ist einzuwenden, dass es, wenn\n1)\tKundt, Sitz.-Ber. d. Berl. Akad. 1888. S. 255 ff. u. S. 1387 ff.; ferner du Bois u. Rubens, ebend. 1890. 2. Th. p. 955ff.\n2)\tDove, Ueb. d. opt. Eigenseh. d. Carthamin, in Pogg. Ann. B. 122. S. 454f.\n3)\ta. a. O. S. 191\u2014192.","page":153},{"file":"p0154.txt","language":"de","ocr_de":"154\nA. Kirschmann.\nwir lediglich den tats\u00e4chlichen Bestand unserer Lichtempfindungen in Betracht ziehen, gar keine schwarzen K\u00f6rper gibt, sondern nur farblose, d. h. solche, die \u00bbheller oder dunkler grau\u00ab sind. Es sind andere complicirtere Verh\u00e4ltnisse in dem optischen Verhalten, nicht die thats\u00e4chlich gegebene Helligkeit des reflectirten Lichtes, welche uns veranlassen, einen farblosen K\u00f6rper schwarz oder wei\u00df zu nennen. Wir erkl\u00e4ren einen sogenannten schwarzen Gegenstand auch dann noch f\u00fcr schwarz, wenn er im Sonnenschein liegt und thats\u00e4chlich mehr Licht reflectirt als ein wei\u00dfer oder grauer Gegenstand im tiefen Schatten. Wenn es daher lediglich an der Reflexionsintensit\u00e4t gelegen w\u00e4re, so m\u00fcsste man ja den schwarzen gl\u00e4nzenden K\u00f6rpern durch starkes Belichten Metallglanz beibringen k\u00f6nnen.\nFerner ist nicht einzusehen, warum nach Br\u00fccke die opaken wei\u00dfen gl\u00e4nzenden K\u00f6rper nicht metallgl\u00e4nzend sind, da hier doch alle drei Bedingungen erf\u00fcllt sind:| Abwesenheit einer Localfarbe, Undurchsichtigkeit und intensive Reflexion.\nDie zahlreichen den Glanz betreffenden Arbeiten von Oppel, Meyer, Brewster, Rood u. A. behandeln fast ausschlie\u00dflich den stereoskopischen Glanz und gehen auf eine specielle Er\u00f6rterung des Metallglanzes nicht n\u00e4her ein. Eine vollst\u00e4ndige Aufz\u00e4hlung der einschl\u00e4gigen Arbeiten bis zum Jahre 1865 findet sich in der dem historischen Theil des \u00a7 32 der physiologischen Optik von Helmholtz beigegebenen Litteraturangabe1). Die von Br\u00fccke citirte, in dem Helmholtz\u2019schen Litteraturbericht nicht aufgef\u00fchrte Arbeit Burckhardt\u2019s2), die \u00fcber monocularen, durch Combination von Schwarz und Wei\u00df hervorgebrachten Glanz handelt, ist mir leider nicht zug\u00e4nglich gewesen.\nv. Helmholtz scheint sich in seiner Physiologischen Optik3) zu der Ansicht Br\u00fccke\u2019s zu bekennen. Er sagt dort, dass der Metallglanz dadurch charakterisirt sei, dass das regelm\u00e4\u00dfig reflectirte Licht selbst schon gef\u00e4rbt und nicht wei\u00df sei, wie bei den durchsichtigen K\u00f6rpern. Auch er scheint nicht daran gedacht zu haben, dass es auch farblose Metalle gibt und dass die Br\u00fccke\u2019sche Theorie dem Auge die wunderbare F\u00e4higkeit zuerkennt, regelm\u00e4\u00dfig und\n1)\tS. 795 u. 796 der deutschen, 998 u. 999 der franz\u00f6s. Ausgabe.\n2)\tVerhandlungen der naturwiss. Gesellsch. in Basel. I. S. 154\u2014157.\n3)\tHelmholtz, Physiol. Optik. S. 784 der deutsch., 985 der franz\u00f6s. Ausg.","page":154},{"file":"p0155.txt","language":"de","ocr_de":"Der Metallglanz und die Parallaxe des indirecten Sehens.\n155\nunregelm\u00e4\u00dfig reflectirtes Licht ohne weiteres auseinander zu halten und au\u00dferdem wahrzunehmen, welches von beiden in der Mischung mit Farbe behaftet ist.\nHering1) unterscheidet den Glanz, der \u00bblediglich auf der gro\u00dfen Intensit\u00e4t beruht und ebenso den selbstleuchtenden Dingen zukommt, von demjenigen, welcher sich an unvollkommen spiegelnden Fl\u00e4chen zeigt\u00ab. Ueber den Metallglanz finde ich nur die folgenden S\u00e4tze: \u00bbDen leuchtenden K\u00f6rpern stehen am n\u00e4chsten die metallisch- und die seidengl\u00e4nzenden. Auch hier handelt es sich um Empfindungen, die heller sind als reinwei\u00dfe K\u00f6rperfarbe. Auf einer ganz gleichm\u00e4\u00dfig metallisch- oder seidengl\u00e4nzenden Fl\u00e4che sehen wir nicht blo\u00df Fl\u00e4chenfarbe, sondern zugleich Licht als solches. Gleichm\u00e4\u00dfig ausgehreiteter Glanz ist \u00fcbrigens bei spiegelnden Metallfl\u00e4chen selten, dagegen bei sogenannten mattgl\u00e4nzenden ganz gew\u00f6hnlich.\u00ab Diese in Bezug auf die Auseinanderhaltung dessen, was wirklich \u00bbgesehen\u00ab werden kann und dessen, was Erfahrung hineincorrigirt, keineswegs correcte Darstellung des sonst so verdienstvollen Forschers macht wohl nicht den Anspruch, eine Erkl\u00e4rung des Metallglanzes zu geben, um so mehr als sie zwischen Metallglanz und Seidenglanz kaum unterscheidet. Auf die sehr wichtige, oben erw\u00e4hnte Unterscheidung des Glanzes und die Bedeutung der absoluten Helligkeit f\u00fcr den Metallglanz werden wir noch zur\u00fcckkommen.\nAubert2) hat wie Br\u00fccke und Hering die irrige Ansicht, dass die Helligkeit als solche bei dem Glanze ma\u00dfgebend sei. Contrast, d. i. gro\u00dfe Helligkeitsdiflerenz, ist nach seiner Meinung ein unbedingt nothwendiges Erforderniss und zwar \u00bbnicht blo\u00df f\u00fcr die Empfindung des binocularen, metallischen Glanzes, sondern f\u00fcr alles, was wir Glanz nennen\u00ab. Hier sind binocularer und metallischer Glanz ganz und gar unter einen Hut gebracht.\nWundt hat in ausf\u00fchrlicher und entscheidender Weise dar-gethan3), dass aller Glanz, binocularer und monocularer, auf unvoll-\n1)\tHermann\u2019s Handbuch der Physiologie. 3. Bd. S. 576ff.\n2)\tAubert, Physiol. Optik. S. 553.\n3)\tWundt, Ueber die Entstehung des Glanzes. Pogg. Ann. Bd. 116. S. 627ff. Ferner: Beitr\u00e4ge zur Theorie der Sinneswahmehmung, S. 300ff., und Physiologische Psychologie. 4. Aufl. H. Bd. S. 205\u2014213.","page":155},{"file":"p0156.txt","language":"de","ocr_de":"156\nA. Hirschmann.\nkommener Spiegelung odeT, was dasselbe ist, auf der Parallaxe des Doppelauges oder des bewegten Einzelauges beruht, und dass starke Contraste, sowohl Intensit\u00e4ts- wie Qualit\u00e4tscontraste, die Erscheinung des Glanzes wesentlich beg\u00fcnstigen. Den eben so einfachen als klaren Ausf\u00fchrungen Wundt\u2019s \u00fcber den gew\u00f6hnlichen und stereoskopischen Glanz ist schwerlich etwas hinzuzuf\u00fcgen. Im Interesse der Behandlung unseres speciellen Gegenstandes, des Metallglanzes, halten wir es jedoch f\u00fcr nothwendig, mit ein paar Worten auf das allen Arten des Glanzes Gemeinsame zur\u00fcckzukommen.\nWenn Licht auf eine K\u00f6rperoberfl\u00e4che f\u00e4llt, so wird ein Theil desselben absorbirt, d. h. in Moleculararbeit umgesetzt, welche wir mit dem Gesichtssinn nicht wahrnehmen k\u00f6nnen, mithin als Licht vernichtet. Das nicht absorbirte Licht wird theils durchgelassen, theils refiectirt. Das zur\u00fcckgeworfene Licht muss nicht nothwendig von der Oberfl\u00e4che refiectirt sein; es kann auch aus mehr oder minder betr\u00e4chtlicher Tiefe stammen. Wenn die Menge des durchge-gelassenen Lichtes f\u00fcr unsere Wahrnehmung = 0 wird, was f\u00fcr verschiedene Stoffe bei verschiedener Dicke eintritt, so nennt man den K\u00f6rper (nicht den Stoff] undurchsichtig. Das reflectirte Licht, welches niemals = 0 wird (so lange nicht das ganze = 0 wird), kann von zweierlei Art sein. Es ist regelm\u00e4\u00dfig zur\u00fcckgeworfen, wenn zwischen der Richtung des einfallenden und der des reflectirten Lichtes eine gesetzm\u00e4\u00dfige Beziehung besteht. Es ist dagegen unregelm\u00e4\u00dfig oder diffus refiectirt, wenn eine solche gesetzm\u00e4\u00dfige Beziehung nicht existirt, d. h. wenn das in einer Richtung einfallende Licht unterschiedslos nach allen Richtungen zur\u00fcckgestrahlt wird. Man kann daher das von einem K\u00f6rper reflectirte Licht als aus zwei Componenten, einer regelm\u00e4\u00dfig und einer diffus reflectirten, zusammengesetzt ansehen, von welchen jede ann\u00e4hernd = 0 werden kann. Ist die Reflexion an einer ebenen oder stetig gekr\u00fcmmten Fl\u00e4che eine ann\u00e4hernd vollst\u00e4ndig regelm\u00e4\u00dfige, so haben wir die vollkommene Spiegelung. Gelangt dagegen nur diffus reflectirtes Licht ins Auge, so haben wir die matte K\u00f6rperoberfl\u00e4che, die aus jeder Richtung in gleicher Weise gesehen werden kann. In allen andern F\u00e4llen, in denen also beide Arten der Reflexion (einerlei ob wirklich oder scheinbar) in wahrnehm-","page":156},{"file":"p0157.txt","language":"de","ocr_de":"Der Metallglanz und die Parallaxe des indirecten Sehens.\n157\nbarer St\u00e4rke neben einander vorhanden sind, tritt f\u00fcr uns das Ph\u00e4nomen des Glanzes ein.\nDiese Eintheilung ist aber, wie leicht ersichtlich, nicht ersch\u00f6pfend; denn das Licht kann ja auch ann\u00e4hernd vollkommen regelm\u00e4\u00dfig reflectirt sein und von einer weder ebenen noch stetig gekr\u00fcmmten, sondern einer gebrochenen oder ganz unregelm\u00e4\u00dfig geformten Fl\u00e4che stammen. Dabei sind zwei F\u00e4lle m\u00f6glich: entweder sind die Theile dieser gebrochenen oder unregelm\u00e4\u00dfig geformten Fl\u00e4che gro\u00df genug, dass sie als besondere ausgedehnte Gebilde wahrgenommen werden, und dann gilt von ihnen einzeln, was oben von der ganzen Fl\u00e4che gesagt wurde. Oder aber sie sind zu klein, um gesondert als Fl\u00e4chen aufgefasst zu werden. Und zwar k\u00f6nnen sie alsdann so au\u00dferordentlich klein sein, dass sie auch dem kleinsten f\u00fcr uns wahrnehmbaren Theil der Gesammtfl\u00e4che gegen\u00fcber nicht in Betracht kommen, welcher Fall, wie leicht einzusehen, von demjenigen der reinen diffusen Reflexion praktisch nicht zu unterscheiden ist; oder aber sie sind gro\u00df genug, um auf Grund irgend welcher parallaktischer Verh\u00e4ltnisse wahrnehmbare Intensit\u00e4tsverschiebungen hervorzurufen, wie beispielsweise beim Glitzern. Dann liegt eine Art des Glanzes vor, welche nur scheinbar auf dem Zusammenwirken von diffusem und regul\u00e4r refiectirtem Licht beruht, da in Wirklichkeit nur Licht der letzten Art wirksam ist. Wir werden auf diesen Fall sp\u00e4ter noch zur\u00fcckkommen m\u00fcssen.\nVor zwei Irrth\u00fcmern muss hier nachdr\u00fccklich gewarnt werden. Erstlich darf man nicht den Fehler begehen, das Intensit\u00e4tsverh\u00e4lt-niss zwischen dem regelm\u00e4\u00dfig und dem diffus reflectirten Licht eines gl\u00e4nzenden K\u00f6rpers als von der Absorption irgendwie abh\u00e4ngig anzusehen. Ein K\u00f6rper, der im ganzen sehr wenig Licht reflectirt, kann dennoch einen sehr hohen Grad von Glanz oder gar Spiegelung aufweisen (polirte schwarze Gegenst\u00e4nde, schwarze Glasspiegel), und anderseits kann ein v\u00f6llig glanzloser K\u00f6rper sehr viel Licht reflec-tiren (wei\u00dfe Wolken, von der Sonne beschienener Schnee) oder gar den Eindruck des Leuchtens machen (Alpengl\u00fchen, der Mond).\nSelbstverst\u00e4ndlich wird von zwei im ganzen die gleiche Lichtmenge reflectirenden K\u00f6rpern, von welchen der eine gl\u00e4nzt, der andere matt ist, bei ebener Oberfl\u00e4che der erstere von einer gewissen Richtung aus heller erscheinen, als der andere, von allen andern","page":157},{"file":"p0158.txt","language":"de","ocr_de":"158\nA. Kirschmann.\nRichtungen aus aber dunkler. Sind die Oberfl\u00e4chen gekr\u00fcmmt, so wird es mehrere oder viele Richtungen geben, nach welchen der gl\u00e4nzende Gegenstand intensiveres Licht reflectirt, als der matte. Was aber an Intensit\u00e4t gewonnen wird, das geht an Ausdehnung verloren; denn der hellere Theil wird nun auch nur einen Bruch-theil der ganzen sichtbaren Oberfl\u00e4che betragen. Darauf beruht die secund\u00e4re Eigenschaft gl\u00e4nzender Fl\u00e4chen, dass auf ihnen Helligkeits-\ndifferenzen Vorkommen, die auf matten Oberfl\u00e4chen unter gleichen Beleuchtungsverh\u00e4ltnissen ganz unm\u00f6glich w\u00e4ren. Ebenso sieht man leicht ein, dass durch das Poliren eines K\u00f6rpers die Oberfl\u00e4che nicht nothwendig\n----an Gesammt-Re-\nflexionsverm\u00f6gen gewinnt ; sie kann sogar verlieren. In den meisten F\u00e4llen wird durch die Politur lediglich ein Theil der diffusen Reflexion in regul\u00e4re umgewandelt.\nWir haben gesehen, dass der Glanz auf dem Zusammenwirken diffus reflectirten und gespiegelten Lichtes beruht. Dies kann leicht zu der falschen Annahme verleiten \u2014 und das ist der zweite Irrthum, dem ich Vorbeugen m\u00f6chte \u2014 dass unser Auge eine unmittelbare F\u00e4higkeit bes\u00e4\u00dfe, derartig gemischtes Licht als solches zu erkennen. Dem aber ist die Thatsache entgegenzuhalten, dass aus dem Zusammenwirken mehrerer gleichzeitigen Lichtreizungen von verschiedener Qualit\u00e4t und Intensit\u00e4t auf demselben Theile der Netzhaut stets nur eine einfache Empfindung resultirt. In manchen","page":158},{"file":"p0159.txt","language":"de","ocr_de":"Der Metallglanz und die Parallaxe des indirecten Sehens.\n159\nx\nB\u00fcchern wird zwar noch von \u00bbSpaltung der Empfindung* und von dem \u00bbSehen einer Farbe durch eine andere hindurch\u00ab geredet. Aber es handelt sich in allen diesen F\u00e4llen nachgewiesenerma\u00dfen um T\u00e4uschungen, die darin ihren Grund haben, dass es uns so au\u00dferordentlich schwer wird, den thats\u00e4chlich gegebenen Empfindungsbestand von dem, was Erfahrung hineincorrigirt, zu trennen. Wenn es aber nicht Intensit\u00e4ts- oder Qualit\u00e4tsverh\u00e4ltnisse sind, auf Grund deren das gleichzeitige Vorhandensein von diffusem und gespiegeltem Licht die Erscheinung des Glanzes her-vorruft, so k\u00f6nnen es nur die r\u00e4umlichen und zeit-\t\\ \\\nliehen Verh\u00e4ltnisse sein, von welchen wiederum die letzteren theilweise au\u00dfer Frage kommen, da auch bei momentaner Beleuchtung Glanz wahrgenommen werden kann.\nHier ist es nun gerade das Verdienst Wundt\u2019s, gezeigt zu haben, dass zur Erkl\u00e4rung des Glanzes die r\u00e4umlichen Verh\u00e4ltnisse im zweidimensionalen Gesichtsfelde nicht ausreichen, sondern dass dazu die dritte Dimension\nerforderlich ist. F\u00fcr denjenigen, der noch an der parallaktischen Natur der Bedingungen des Glanzes zweifelt, mag die Betrachtung der drei Figuren 1\u20143 (S. 158\u2014160) von einigem Nutzen sein. Es sei AB die Oberfl\u00e4che eines gl\u00e4nzenden K\u00f6rpers; dieselbe sei in Fig. 1 eben, in Fig. 2 von convexer, in Fig. 3 von concaver Kr\u00fcmmung. J bezeichnet in allen drei Figuren die Lichtquelle, R und L die respectiven Oerter des rechten und linken Auges. Die Stelle der Maximalreflexion (diffuse Refl. + regelm\u00e4\u00dfige Refl.) muss dem katoptrischen Gesetze gem\u00e4\u00df in allen","page":159},{"file":"p0160.txt","language":"de","ocr_de":"160\nA. Kirschmann.\ndrei F\u00e4llen f\u00fcr das linke Auge bei l, f\u00fcr das rechte aber bei r liegen. Will der Beobachter nun den Lichtreflex einfach sehen, so muss er Augenachsen und Accommodation auf den Punkt# einstellen, hat aber dann selbstverst\u00e4ndlich Doppelbilder von den Punkten der Fl\u00e4che AB, soweit sie sich durch diffus zur\u00fcckgeworfenes Licht erkennbar macht. Accommodirt und convergirt er dagegen f\u00fcr Punkte dieser Oberfl\u00e4che, so sieht er die beiden Gebiete der Maximalreflexion gesondert und zwar genau so, wie er die Doppelbilder einer beim Punkte x befindlichen hellen Fl\u00e4che sehen w\u00fcrde.\nWas beim zwei\u00e4ugigen Sehen die binoculare Parallaxe leistet, das wird beim ein\u00e4ugigen durch die Ortsver\u00e4nderung des Auges erreicht. Wenn sich beispielsweise das Auge \u2014 unsere drei Figuren gelten auch f\u00fcr diesen Fall \u2014 den Punkt l der gl\u00e4nzenden Fl\u00e4che fixirend von L nach Ii bewegt, so wird sich der von der Spiegelung stammende Lichtreflex mitbewegen bis r. Will man dagegen den Lichtreflex selber w\u00e4hrend dieser Bewegung scharf im Auge behalten, so muss das Auge auf den Punkt x gerichtet und f\u00fcr dessen Entfernung accommodirt werden. Ueberall aber, wo wir wirklichen","page":160},{"file":"p0161.txt","language":"de","ocr_de":"Der Metallglanz und die Parallaxe des indirccten Sehens.\n161\nGlanz oder mehr oder minder vollkommene Spiegelung wahrnehmen, l\u00e4sst sich diese Parallaxe zwischen dem diffus reflectirten und dem gespiegelten Licht nachweisen. Wir nehmen dieselbe aber eben so unmittelbar (d. h. ohne jegliches Wissen um die in Frage kommenden Gegenst\u00e4nde) wahr, wie alle die andern parallaktischen Erscheinungen, auf welchen die Vorstellung von der dritten Dimension beruht.\nDen vorstehend beschriebenen Glanz wollen wir den eigentlichen oder parallaktischen Glanz nennen. Neben diesem, und oft mit ihm vereint, kommt aber noch eine andere Classe von Erscheinungen vor, welche lediglich auf einer besonderen Art der Ver-theilung der Helligkeiten auf einer K\u00f6rperoberfl\u00e4che beruhen und von manchen Autoren (Aubert, Br\u00fccke u. A.) irrth\u00fcmlicher Weise als charakteristisches Merkmal des Glanzes angesehen werden. Diese besonderen Intensit\u00e4ts-Combinationen w\u00e4ren, wenn der parallaktische Glanz, welchen sie oft begleiten, nicht existirte, gar keine von andern zweidimensionalen Lichteindr\u00fccken wesentlich verschiedene Erscheinungen. Auch Hering1) unterscheidet den Glanz, \u00bbwelcher lediglich auf gro\u00dfer Helligkeit beruht\u00ab, von dem, \u00bbwelcher sich an unregelm\u00e4\u00dfig2) oder unvollkommen spiegelnden Fl\u00e4chen zeigt.\u00ab Die erstereArt des Glanzes schreibt er auch den \u00bbselbstleuchtendenDingen und denjenigen, welche sehr intensives zerstreutes Licht zur\u00fcckwerfen\u00ab, zu. Diese auf einem unexacten Sprachgebrauch beruhende Confusion der Begriffe ist um so mehr unzul\u00e4ssig, als Wundt bereits in der 1862 erschienenen Arbeit3) diesen Punkt klargestellt hat. Das Leuchten oder Selbstleuchten ist \u00fcberhaupt keine Eigenschaft, die wir einem K\u00f6rper einfach auf Grund der unserem Gesichtssinne gelieferten Daten zuschreiben k\u00f6nnen. Wir unterscheiden, selbst in F\u00e4llen von extremen Intensit\u00e4ten, selbstleuchtende K\u00f6rper nur dann von beleuchteten K\u00f6rpern mit matter Oberfl\u00e4che, wenn wir au\u00dfer den direct gegebenen Daten des Gesichtssinns noch anderes \u00fcber ihr Verhalten erfahren haben. Darum m\u00fcssen wir dar\u00fcber\n1)\tHermann\u2019s Handb. d. Physiol. Band III S. 576.\n2)\tWas unter \u00bbunregelm\u00e4\u00dfiger Spiegelung\u00ab zu verstehen ist, ist mir nicht ganz klar. Wahrscheinlich ist die Reflexion an spiegelnden, aber unregelm\u00e4\u00dfig geformten Fl\u00e4chen gemeint.\n3)\tPogg. Ann. Band 116 S. 630.","page":161},{"file":"p0162.txt","language":"de","ocr_de":"162\nA. Kirschmna,\nbelehrt werden, dass Mond und Planeten nur reflectirtes Licht aussenden, darum sieht ein rothgl\u00fchendes St\u00fcck Eisen am hellen Tage nicht anders aus als beleuchtete rothe K\u00f6rper von matter Oberfl\u00e4che, und darum sind \u00fcber gewisse Lichterscheinungen, wie Kometenschweife, das Zodiakallicht, leuchtende Wolken und das Leuchten des Augenhintergrundes bei gewissen Thieren, die Akten noch nicht geschlossen.\nWorin aber bestehen nun die oben erw\u00e4hnten, den eigentlichen Glanz in vielen F\u00e4llen begleitenden und daher h\u00e4ufig f\u00fcr seine Ursache gehaltenen Helligkeitsverh\u00e4ltnisse ? Wir haben weiter oben schon gesehen, dass bei der regelm\u00e4\u00dfigen Reflexion an polirten Fl\u00e4chen Helligkeitsdifferenzen benachbarter Stellen auftreten, welche unter denselben Beleuchtungsverh\u00e4ltnissen an einer matten Oberfl\u00e4che nicht m\u00f6glich w\u00e4ren. Wir haben uns nun durch lange Erfahrung und durch die Gew\u00f6hnung, Licht und Schatten als Daten f\u00fcr die Erschlie\u00dfung der K\u00f6rpergestalt zu benutzen, eine gewisse Kenntniss der Reflexionsf\u00e4higkeiten matter und polirter Fl\u00e4chen angeeignet. Wir wissen, wie matte K\u00f6rper sieh bei unzweideutiger Beleuchtung an ihren Ecken und Kr\u00fcmmungen hinsichtlich der Lichtreflexion verhalten. Wir wissen beispielsweise, dass schroffe Intensit\u00e4tsgegens\u00e4tze (wenn nicht durch Schlagschatten verursacht) an einer stetig gekr\u00fcmmten matten Fl\u00e4che gar nicht Vorkommen k\u00f6nnen. Sehen wir nun auf einer Fl\u00e4che, \u00fcber deren r\u00e4umliche Beschaffenheit wir auf Grund anderweitiger Wahrnehmungen nicht im Zweifel sind, Helligkeiten neben einander, wie sie nach unserer Erfahrung an einer matten Oberfl\u00e4che nicht m\u00f6glich sind, so schlie\u00dfen wir, dass nicht lediglich diffuses Licht vorliegen k\u00f6nne, sondern dass die Fl\u00e4che gl\u00e4nze. Bei solchen Urtheilen sind wir aber nicht selten T\u00e4uschungen unterworfen, welche darauf beruhen, dass wir \u00fcber Einheitlichkeit, St\u00e4rke und Richtung der Beleuchtung, sowie \u00fcber die Zugeh\u00f6rigkeit der Fl\u00e4chentheile zu den von uns vermutheten Objecten stillschweigend Voraussetzungen machten, welche falsch waren. Darum k\u00f6nnte man f\u00fcr ein absolut ruhendes Auge den Effect dieses scheinbaren Glanzes auch dadurch hervor-rufen, dass man mit H\u00fclfe complicirter Beleuchtungseinrichtungen, aus Lichtquellen von passender Intensit\u00e4t und geeigneten Diaphragmen bestehend, die einzelnen Theile der betreffenden Fl\u00e4che","page":162},{"file":"p0163.txt","language":"de","ocr_de":"Der Metallglanz und die Parallaxe des indirecten Sehens.\t163\nunabh\u00e4ngig von einander belichtete. Und da, wo sich die Helligkeitsdifferenzen der Oberfl\u00e4che wirklich gl\u00e4nzender K\u00f6rper innerhalb gewisser Grenzen halten, l\u00e4sst sich f\u00fcr das unbewegte Einzelauge die gleiche Wirkung durch Auftr\u00e4gen heller und dunkler Pigmente erreichen. Dies ist der Grund, weshalb es dem Maler bei geschickter Benutzung der Contrastaufhellung bis zu einem gewissen Grade gelingt \u00bbGlanz\u00ab zu malen. Er kann auf der Leinwand nur die auf Helligkeitsverh\u00e4ltnissen beruhenden zuf\u00e4lligen Merkmale des Glanzes wiedergeben, und wir ersetzen das Fehlende dann aus unserer Phantasie. Dass dieser uneigentliche Glanz \u2014 wir wollen ihn den scheinbaren oder falschen nennen \u2014 der fast stetige Begleiter des wahren ist, liegt zwar mit in der Natur der regelm\u00e4\u00dfigen Reflexion begr\u00fcndet, berechtigt aber nicht im mindesten dazu, die Helligkeitsverh\u00e4ltnisse als solche zu den wesentlichen Merkmalen des wahren Glanzes zu rechnen.\nFassen wir das \u00fcber den Glanz im allgemeinen Gesagte nunmehr zusammen: Unter wahrem oder parallaktischem Glanz verstehen wir die auf dem Zusammenwirken von regelm\u00e4\u00dfiger und diffuser Reflexion beruhenden, die dritte Dimension voraussetzenden parallaktischen Lichterscheinungen. Dieselben werden, ungeachtet mancher durch unexacten Sprachgebrauch entstandener Verwirrung in den Benennungen, mit keinen anderen Erscheinungen verwechselt und treten ganz unabh\u00e4ngig von dem, was wir \u00fcber die in Frage kommenden Gegenst\u00e4nde wissen, ein. Als scheinbaren oder falschen Glanz dagegen bezeichnen wir gewisse, bei rein diffuser Reflexion ungew\u00f6hnliche Helligkeitsverh\u00e4ltnisse, welche uns zu dem meist richtigen, zuweilen aber auch tr\u00fcgenden Analogieschluss veranlassen, dass es sich in den betreffenden F\u00e4llen um Fl\u00e4chen handele, welche auch parallaktischen Glanz verursachen k\u00f6nnen.\nKehren wir nun zu dem eigentlichen Gegenstand unserer Abhandlung, dem Metallglanz zur\u00fcck, so erhebt sich zun\u00e4chst die Frage, ob derselbe den Erscheinungen, die wir als parallaktischen Glanz bezeichneten, zuzurechnen ist, oder nicht. Obgleich nun hier schon der unmittelbare Eindruck in derselben Weise entscheidend ist wie bei der Frage, ob Roth eine Farbe sei, so l\u00e4sst sich doch durch Ausschluss aller anderen M\u00f6glichkeiten zeigen,\nWundt, Philos. Stadien. XX.\t12","page":163},{"file":"p0164.txt","language":"de","ocr_de":"164\nA. Kirschmann.\ndass der Metallglanz \u00bbwirklicher Glanz\u00ab ist. Die drei M\u00f6glichkeiten, die uns hierbei interessiren, sind die folgenden:\nEntweder: der Metallglanz ist weder scheinbarer noch parallaktischer Glanz;\nOder:\tder Metallglanz beruht lediglich auf dem schein-\nbaren Glanz, d. h. auf Intensit\u00e4tscombinationen in der Fl\u00e4che;\nOder aber: das Wesentliche des Metallglanzes besteht in parallaktischen Verh\u00e4ltnissen.\nDie erste Eventualit\u00e4t ist ziemlich identisch mit der Annahme, dass der Metallglanz auf irgendwelchem Verhalten der ganzen metallgl\u00e4nzenden, als homogen gedachten Fl\u00e4che beruhe. Eigen-th\u00fcmlichkeiten homogener Fl\u00e4chen bestehen aber entweder in der Intensit\u00e4t und Qualit\u00e4t des Eindrucks, in der Gestalt, Gr\u00f6\u00dfe und Dauer, oder in den Beziehungen zu andern Theilen des Gesichtsfeldes. Nun macht eine metallgl\u00e4nzende Fl\u00e4che niemals den Eindruck einer Fl\u00e4che von homogener Intensit\u00e4t; und sobald sie es thun w\u00fcrde, w\u00e4re sie ja nicht mehr von gleich hellen, nichtmetallgl\u00e4nzenden Fl\u00e4chen zu unterscheiden. Die Existenz v\u00f6llig farbloser Metalle beweist, dass Farbe und S\u00e4ttigung, sowohl der ganzen Fl\u00e4che als auch der Theile derselben, nicht zu den Ursachen des Metallglanzes geh\u00f6ren. Dass nicht ein eigenth\u00fcmliches (oder sagen wir besser r\u00e4thselhaftes) Zusammenwirken von Farben, die sich eventuell zu Wei\u00df erg\u00e4nzen k\u00f6nnen, das Ph\u00e4nomen verursacht, wird durch die Thatsache dargethan, dass metallgl\u00e4nzende Fl\u00e4chen ihre charakteristische Eigenschaft auch in einfarbiger Beleuchtung beibehalten. Gestalt und Umgebung der Fl\u00e4chen und deren Beziehung zu andern im Gesichtsfelde vorhandenen Lichteindr\u00fccken haben auf den Metallglanz keinen wesentlichen Einfluss, denn metallgl\u00e4nzende Fl\u00e4chen erkennen wir mit gr\u00f6\u00dfter Sicherheit in jeder beliebigen Umgebung. Auch die Gr\u00f6\u00dfe der Fl\u00e4che ist f\u00fcr das Vorhandensein des Metallglanzes irrelevant, so lange dieselbe nicht so gering wird, dass der Eindruck des Punktf\u00f6rmigen entsteht. B\u00fcckt eine metallg\u00e4nzende Fl\u00e4che in so gro\u00dfe Entfernung, oder ist sie so klein, dass ihr Gesichtswinkel die f\u00fcr die Wahrnehmung distincter Punkte erforderliche Minimalgr\u00f6\u00dfe nicht","page":164},{"file":"p0165.txt","language":"de","ocr_de":"165\nDer Metallglanz und die Parallaxe des indireeten Sehens.\nerreicht, so h\u00f6rt die Erscheinung des Metallglanzes auf; wir sehen dann nur einen hellen, resp. leuchtenden, vielleicht auch scintilli-renden Punkt. Hinsichtlich der Dauer des Eindrucks muss con-statirt werden, dass Metallglanz sowohl hei dauernder, wie bei inter-mittirender, hei constanter und inconstanter, sowie bei sehr kurzer (sog. momentaner) Beleuchtung wahrgenommen wird. Es sind somit alle Eventualit\u00e4ten der erstgenannten M\u00f6glichkeit ausgeschlossen.\nWenn der Metallglanz nur scheinbarer Glanz w\u00e4re oder auf irgendwelchen Helligkeitscombinationen zweidimensionaler Art beruhte, so m\u00fcsste er sich auch durch Auftr\u00e4gen von Pigmenten oder durch locales Beleuchten einzelner Fl\u00e4chentheile herstellen lassen. Ebenso m\u00fcsste die Photographie eines metallgl\u00e4nzenden Gegenstandes (mindestens die Diapositive im durchfallenden Lichte) Metall-glauz besitzen. Aber beides ist nicht der Fall. Da damit die zweite M\u00f6glichkeit auch hinf\u00e4llig geworden ist, so bleibt nur noch die dritte \u00fcbrig. Damit ist aber bewiesen, dass auch der Metallglanz seine Ursache in parallaktischen Verh\u00e4ltnissen hat.\nNachdem im Vorstehenden die parallaktische Natur des Metallglanzes festgestellt wurde, erhebt sich nunmehr die weitere Frage: Sind die den Glanz im allgemeinen charakterisirenden Verh\u00e4ltnisse der binocularen und Bewegungs-Parallaxe auch ausreichend, das Specielle des Metallglanzes zu erkl\u00e4ren?\nAls Bedingung f\u00fcr den gew\u00f6hnlichen Oberfl\u00e4chenglanz haben wir, soweit derselbe binocular wahrgenommen wird, die Parallaxe des Doppelauges, bei monocularer Wahrnehmung aber die durch die Ortsver\u00e4nderung des Auges bewirkte Parallaxe erkannt. Dies gilt nat\u00fcrlich auch f\u00fcr metallgl\u00e4nzende Fl\u00e4chen, soweit sie den gew\u00f6hnlichen (durch die Politur zu erreichenden) Oberfl\u00e4chenglanz besitzen. Das Eigentliche des Metallglanzes aber, durch welches sich derselbe von jedem andern Glanz unterscheidet, kann nicht auf der binocularen Parallaxe beruhen; denn der Metallglanz wird auch monocular wahrgenommen. Ja er scheint sogar von den Functionen des Doppelauges ganz unabh\u00e4ngig zu sein. Denn bei der binocularen Vereinigung stereoskopischer Photographien von metallgl\u00e4nzenden Gegenst\u00e4nden kommt zwar der Oberfl\u00e4chenglanz sehr sch\u00f6n und deutlich zum Vorschein, nicht aber der Metallglanz.\n12*","page":165},{"file":"p0166.txt","language":"de","ocr_de":"166\nA. Kirschmann.\nEs k\u00f6nnte hier eingewandt werden, dass daran die mangelnde Intensit\u00e4t schuld sei ; dies ist aber irrig, denn auch bei transparenten Stereoskopien, die im durchfallenden Lichte hei beliebig intensiver Beleuchtung betrachtet werden k\u00f6nnen, sieht man zwar den Glanz des Glases oder Porzellans, denjenigen polirter Holz- und Steinfl\u00e4chen sowie den Glanz spiegelnder Wasseroberfl\u00e4chen in vollkommener Naturtreue, die Bilder metallischer Gegenst\u00e4nde dagegen zeigen immer nur Oberfl\u00e4chenglanz und keinen Metallglanz.\nAber auch die an die Ortsver\u00e4nderungen des Einzelauges gebundenen parallaktischen Verschiebungen k\u00f6nnen f\u00fcr den Metallglanz nicht von Bedeutung sein, denn derselbe wird auch hei mon-ocularer Fixation wahrgenommen. F\u00fcr ein absolut ruhendes Auge kann man eine mit gew\u00f6hnlichem Glanz begabte Fl\u00e4che durch eine matte mit entsprechender Localbelichtung ersetzen; wenigstens so lange man den Gegenstand nicht in so gro\u00dfe N\u00e4he bringt, dass die Parallaxe des indirecten Sehens in Frage kommt. Denn es handelt sich beim gew\u00f6hnlichen Oberfl\u00e4chenglanze ja stets um unvollkommene Spiegelung, d. h. f\u00fcr das ruhende Einzelauge um nicht scharf umschriebene Stellen verschiedener Intensit\u00e4t. Eine metallgl\u00e4nzende Fl\u00e4che dagegen l\u00e4sst sich niemals in befriedigender Weise durch ein zweidimensional, auf matter Fl\u00e4che angeordnetes System von Helligkeiten ersetzen.\nWir haben aber dargethan, dass der Metallglanz auf parallaktischen Verh\u00e4ltnissen der Lichtempfindungen beruhen m\u00fcsse. Sodann haben wir den Nachweis gef\u00fchrt, dass derselbe, soweit er nicht mit dem Oberfl\u00e4chenglanz zusammenf\u00e4llt, von der binocularen Parallaxe und derjenigen des fortbewegten Auges unabh\u00e4ngig ist. Die einzigen parallaktischen Verh\u00e4ltnisse, welche au\u00dfer den genannten und als ausgeschlossen bewiesenen bei unsern Gesichtseindr\u00fccken m\u00f6glich sind, sind nun diejenigen des indirecten Sehens. Es folgt daraus, dass das Wesentliche des Metallglanzes auf der Parallaxe des indirecten Sehens beruhen muss.\nWie aber sind diese Verh\u00e4ltnisse zu denken, da der Metallglanz doch an physikalisch homogen erscheinenden Fl\u00e4chen auftritt und bei unbewegtem Auge wahrgenommen wird? Was den letztem Punkt anbelangt, so muss darauf hingewiesen werden, dass das Auge auch bei empfundener Ruhe und beabsichtigter sch\u00e4rfster Fixation","page":166},{"file":"p0167.txt","language":"de","ocr_de":"Der Metallglanz und die Parallaxe des indirecten Sehens.\t167\nthats\u00e4chlich fortw\u00e4hrend kleine Bewegungen macht '). Uebrigens ist es, wie ich an anderer Stelle auseinander gesetzt habe 1 2), nicht nothwendig, dass die Bewegungen wirklich ausgef\u00fchrt werden. Es bleibt uns somit nur die Frage zu er\u00f6rtern \u00fcbrig: Wie k\u00f6nnen bei einer einheitlichen, glatten und homogen erscheinenden Fl\u00e4che parallaktische Verschiebungen eintreten?\nDies kann in zwei F\u00e4llen geschehen. Erstlich, wenn die Fl\u00e4che nicht wirklich homogen und glatt ist, sondern zahlreiche Unebenheiten besitzt, oder, was auf dasselbe hinauskommt, aus einer gro\u00dfen Menge kleiner zu einander geneigter, sei es nun ebener oder gekr\u00fcmmter Fl\u00e4chen zusammengesetzt ist, welche das Licht mehr oder weniger regelm\u00e4\u00dfig zur\u00fcckwerfen, oder auch vollkommen spiegelnd sind. In diesem Falle, welcher weiter oben schon ber\u00fchrt wurde, m\u00fcssen die unscheinbarsten Bewegungen des Objects oder des Auges oder die kleinsten Accommodations-Aenderungen wahrnehmbare und betr\u00e4chtliche Aenderungen in den Intensit\u00e4tsverh\u00e4ltnissen benachbarter Fl\u00e4chentheile hervorrufen; es muss eine Art continuirlichen Glitzerns entstehen, gleichsam eine Fl\u00e4che von lauter scintillirenden Punkten. Werden die kleinen zu einander geneigten Fl\u00e4chen durch Poliren in eine einzige Ebene \u00fcbergef\u00fchrt, so verschwindet der charakteristische Metallglanz und macht der vollst\u00e4ndigen Spiegelung Platz. Mit dieser Annahme l\u00e4sst sich jedoch die au\u00dferordentliche Intensit\u00e4t der Metallreflexion kaum in Einklang bringen. Auch k\u00f6nnte man mit einigem Rechte schlie\u00dfen, dass eine schnell bewegte Fl\u00e4che, beispielsweise eine schnell rotirende Metallscheibe, keinen Metallglanz zeigen d\u00fcrfe, was mit der Erfahrung in Widerspruch steht. Endlich w\u00e4re nicht recht einzusehen, warum andere undurchsichtige aber gl\u00e4nzende K\u00f6rper auf gebrochenen Fl\u00e4chen nicht eben Metallglanz zeigen sollten.\nDarum sehen wir uns zu der mehr gerechtfertigten Annahme veranlasst, dass das Licht nur zu einem Theile an der wirklichen Oberfl\u00e4che der metallgl\u00e4nzenden K\u00f6rper reflectirt wird, zu einem andern Theile bis zu einer gewissen Tiefe eindringt, auf diesem Wege aber eine Menge zur Einfallsrichtung des Lichts in keiner\n1)\tC. du Bois-Keymond, Zeitschr. f. Psych, u. Physiol, d. Sinnesorg. Bd.II.\n2)\tDie Parallaxe des indir. Sehens etc. Phil. Stud. Bd. IX S. 473.","page":167},{"file":"p0168.txt","language":"de","ocr_de":"168\nA. Kirschmami.\nnothwendigen Beziehung stehender spiegelnder Fl\u00e4chen (bei Metallen vielleicht die Oberfl\u00e4chen kleiner Krystalle) trifft, an welchen es nach ein- oder mehrmaliger Refraction und Zur\u00fcekwerfung zuletzt zur totalen Reflexion gelangt. Sind diese kleinen Fl\u00e4chen ganz unregelm\u00e4\u00dfig angeordnet, so wird die Zur\u00fcckstrahlung der ganzen Fl\u00e4che, wie bei der diffusen Reflexion, nach allen Richtungen ann\u00e4hernd dieselbe St\u00e4rke haben. Sie unterscheidet sich aber dadurch von der diffusen Reflexion, dass die Configuration der hellen und dunklen Punkte von jeder Richtung aus eine andere ist. Denn jede dieser kleinen Spiegelfl\u00e4chen strahlt entweder nur nach einer Richtung, oder \u2014 sofern sie von mehreren Seiten Licht erh\u00e4lt \u2014 nach mehreren Richtungen in verschiedener St\u00e4rke Licht zur\u00fcck. Das in der Richtung irgend einer Geraden nach dem Mittelpunkte des Hornhautbildes der Pupille zur\u00fcckgestrahlte Licht muss daher nothwendig aus mehreren Componenten von mehr oder minder erheblicher Wegdifferenz bestehen. Diese Wegdifferenz, welche, wie man leicht einsieht, auf Grund der mehrmaligen Refraction und Reflexion auch bei sehr geringer Dicke der Metallschicht eine ganz erhebliche sein kann, verursacht dann, auch bei v\u00f6llig constantem Lageverh\u00e4ltniss zwischen Auge und Object, die bei jeder Drehung des Auges um seinen Mittelpunkt und bei jeder Aenderung des Accommodationszustandes unvermeidlich eintretenden parallaktischen Verschiebungen der durch das indirecte Sehen vermittelten Intensit\u00e4ten und Lageverh\u00e4ltnisse.\nAn jeder der erw\u00e4hnten kleinen Spiegelfl\u00e4chen wird ein Theil des dort ankommenden Lichtes reflectirt. Der nicht reflectirte Theil wird gebrochen und geht dann weiter, bis er an der n\u00e4chsten Grenzfl\u00e4che wieder einen Theil durch Reflexion verliert und so fort, bis alles Licht unter irgend einem Winkel, gr\u00f6\u00dfer als 90\u00b0 zur Einfallsrichtung, wieder diesseits der metallgl\u00e4nzenden Fl\u00e4che angelangt ist. Trotzdem alle einzelnen Theilchen vollkommen durchsichtig sind, kann das Licht doch nur bis in eine gewisse Tiefe eindringen, welche um so geringer ist, je h\u00f6her der Brechungsindex der betreffenden Substanz ist. So erkl\u00e4rt sich dann auch die scheinbare Undurchsichtigkeit der Metalle bei ganz geringf\u00fcgiger Absorption, oder, was dasselbe ist, die au\u00dferordentliche Reflexionsf\u00e4higkeit. Es gehen eben, weder durch die Absorption noch durch den Durchtritt","page":168},{"file":"p0169.txt","language":"de","ocr_de":"Der Metallglanz und die Parallaxe des indirecten Sehens.\t169\nin das folgende Medium nennenswerthe Lichtmengen verloren ; durch Absorption deshalb nicht, weil die Theile des K\u00f6rpers den h\u00f6chsten Grad von Lichtdurchl\u00e4ssigkeit besitzen, und durch den Austritt ins n\u00e4chste Medium nicht, weil das Licht auf Grund der vielfachen partiellen und totalen Reflexion nicht bis zur hinteren Trennungsfl\u00e4che gelangen kann.\nHier k\u00f6nnte der Einwand erhoben werden, dass nach dem Vorstehenden der Schnee metallgl\u00e4nzend sein m\u00fcsste; denn er besteht aus durchsichtigen kleinen Krystallen, deren Fl\u00e4chen das Licht reflectiren. Dem gegen\u00fcber ist aber zu beachten, dass die kleinen Eiskryst\u00e4llchen des Schnees nur sehr unvollkommen spiegeln, und dass in Folge der gro\u00dfen Zwischenr\u00e4ume zwischen ihnen das Licht bis zu betr\u00e4chtlicher Tiefe in die ganze Schneemasse ein-dringen muss, um g\u00e4nzlich zur Reflexion zu gelangen. In Folge dieser beiden Umst\u00e4nde ist keine Richtung der Reflexion vor der andern bevorzugt, und die Schneefl\u00e4che sieht daher von allen Richtungen aus betrachtet gleich aus, n\u00e4mlich blendend wei\u00df.\nFerner, wenn wir oben verlangten, dass die Richtungen der kleinen Spiegelfl\u00e4chen nicht nothwendig in irgend einer Beziehung zur Einfallsrichtung des Lichts stehen, so schlie\u00dft das nicht aus, dass die Raumbeziehungen der kleinen Fl\u00e4chen zu einander gesetzm\u00e4\u00dfige sind, wie dies zum Beispiel bei den wirklichen Metallen, wo die kleinen Krystalle ganz entschieden einer gewissen Lageordnung unterworfen sind, geradezu gefordert ist. Ob diese gesetzm\u00e4\u00dfigen Lageverh\u00e4ltnisse nur einen f\u00f6rdernden Einfluss haben, oder ob sie in manchen F\u00e4llen \u2014 z. B. bei geringem Brechungsverm\u00f6gen \u2014 f\u00fcr das Vorhandensein des Metallglanzes entscheidend sind, kann hier nicht ausgemacht werden. So viel ist sicher: es m\u00fcssen, damit mehrfache Refraction und Reflexion m\u00f6glich ist, zwischen den kleinen Theilen der durchsichtigen Materie leere oder anderswie gef\u00fcllte Zwischenr\u00e4ume bestehen. Diese Zwischenr\u00e4ume aber m\u00fcssen sehr klein sein, da sonst dieselben st\u00f6renden Verh\u00e4ltnisse eintreten, wie beim Schnee. Die Zwischenr\u00e4ume k\u00f6nnen aber auf ein sehr kleines Gesammtvolumen reducirt werden, wenn die durch sie getrennten Fl\u00e4chen parallel sind, was bei gewissen Krystallformen ganz, bei andern nur theilweise durch Lagerung der Krystalle im selben Sinne erf\u00fcllt werden kann.","page":169},{"file":"p0170.txt","language":"de","ocr_de":"170\nA. Kirschmann.\nAls Ergebniss unserer im Vorstehenden ausgef\u00fchrten Deduction stellen wir nunmehr zwei S\u00e4tze auf, von denen der erste die psychologische, der andere die physikalische Seite der Frage betrifft:\nI.\tDas Charakteristische des Metallglanzes beruht auf der Parallaxe des indirecten Sehens.\nII.\tDas von einer metallgl\u00e4nzenden Fl\u00e4che reflectirte Licht besteht aus Componenten von erheblicher Wegdifferenz.\nIm Anschluss an den zweiten dieser S\u00e4tze lassen sich aus unseren Er\u00f6rterungen noch die nachfolgenden, die psychische Natur des Metallglanzes betreffenden Folgerungen ziehen.\n1)\tDa eine Wegdifferenz nur in seltenen Ausnahmef\u00e4llen gleich einer geraden Anzahl von Viertel-Wellenl\u00e4ngen ist, so liegt bei dem von metallgl\u00e4nzenden Fl\u00e4chen reflectirten Lichte stets auch eine Phasendifferenz vor, in Folge deren das reflectirte Licht die Merkmale der elliptischen Polarisation besitzen muss. Dies gilt nicht nur von Metallspiegeln, f\u00fcr welche es erwiesen ist, sondern auch f\u00fcr matte Metallfl\u00e4chen und alle Fl\u00e4chen \u00fcberhaupt, welche Metallglanz besitzen.\n2)\tWenn das von Metallfl\u00e4chen reflectirte Licht nicht einfach an der Oberfl\u00e4che zur\u00fcckgeworfen ist, sondern im Innern mehrmalige Brechung und Reflexion erf\u00e4hrt, so wird auch das von d\u00fcnnen Metallschichten durchgelassene Licht nicht nur bei seinem Ein- und Austritt gebrochen werden, sondern es muss angenommen werden, dass es ebenfalls auf seinem Wege Reflexion erleidet. Hat aber ein Theil des durchgelassenen Lichts im Innern des Metalls eine Reflexion oder eine ungerade Anzahl von Reflexionen erlitten, so muss das durchgelassene Licht die Erscheinungen der anomalen Dispersion erkennen lassen. Ist alles durchgelassene Licht als reflectirtes zu betrachten, so muss sich die Ordnung der Farbenzerstreuung vollst\u00e4ndig umkehren : das Roth muss scheinbar die gr\u00f6\u00dfte, das Violett die kleinste Brechbarkeit besitzen.\n3)\tAlle die moleculare Structur der Metalle ver\u00e4ndernden Vorg\u00e4nge, wie die Ver\u00e4nderung der Temperatur und Dichte, oder des elektrischen oder magnetischen Zustandes, m\u00fcssen auf die metallische Reflexion einen gewissen Einfluss aus\u00fcben.","page":170},{"file":"p0171.txt","language":"de","ocr_de":"Der Metallglanz und die Parallaxe des indirecten Sehens.\n171\n4) Wenn die Metalle aus kleinen durch anderswie gef\u00fcllte Zwischenr\u00e4ume getrennten durchsichtigen K\u00f6rperchen bestehen, so wird ein Theil des von sehr d\u00fcnnen Metallplatten durchgelassenen Lichts wieder austreten, ohne \u00fcberhaupt in das zweite Mittel (die Metallmasse) eingedrungen zu sein; es ist dies derjenige Theil, welcher, obgleich ein- oder mehrmalige Reflexion erleidend, die Zwischenr\u00e4ume nicht verl\u00e4sst bis zu seinem Austritt aus dem ganzen Systeme. Ein anderer Theil des durchgelassenen Lichts wird nur verh\u00e4ltnissm\u00e4\u00dfig geringe Strecken innerhalb derMetalltheile zur\u00fccklegen. Wenn nun aber gleichzeitig auf Grund der Dispersion eine Selection der Strahlengattungen stattfindet, so dass eine Verschiedenheit zwischen der Farbe des durchgelassenen Lichts und des von der Oberfl\u00e4che der kleinen Metalltheile reflectirten entsteht, so wird das Metall gef\u00e4rbt erscheinen; und auch das durch d\u00fcnne Platten desselben Materials hindurchgegangene Licht wird farbig sein. Aber das reflectirte Licht, welches in Wirklichkeit bis zu einer gewissen Tiefe die Metallmasse durchdrungen hat, wird die eigentliche Farbe der kleinen Metalltheile repr\u00e4-sentiren, w\u00e4hrend das von d\u00fcnnen Platten durchgelassene Licht seine abweichende F\u00e4rbung gerade denjenigen Strahlen verdankt, welche nur scheinbar durchgelassen, in Wirklichkeit aber auf dem Wege der Reflexion hinausgelangt sind. Man k\u00f6nnte daher die Farbe des von d\u00fcnnen Metallschichten durchgelassenen Lichts die Oberfl\u00e4chenfarbe der kleinen Metallkrystalle nennen. Da aber nach beiden Richtungen Licht beider Arten gelangt, also unter dem reflectirten sich auch solches befindet, welches wirklich von der Oberfl\u00e4che zur\u00fcckgeworfen wurde, und unter dem durchgelassenen auch wirklich gebrochenes, so folgt daraus, dass die Verschiedenheit der beiden Farben niemals diejenige zweier Complement\u00e4rfarben erreichen kann.\nFragen wir nun, in wie weit die Ergebnisse unserer Untersuchung durch die Resultate der physikalischen Forschung Best\u00e4tigung finden.\nSatz II, welcher ziemlich identisch ist mit der Annahme, dass die Metalle von nahezu vollkommener Durchsichtigkeit sind, steht ganz im Einklang mit den Vermuthungen der Physiker, welche schon lange auf die Analogie zwischen dem Verhalten der Metalle und demjenigen transparenter K\u00f6rper von hohem Brechungs-Verm\u00f6gen","page":171},{"file":"p0172.txt","language":"de","ocr_de":"172\nA. Kirschmann.\naufmerksam gemacht haben1). McCallegh hat auf Grund dieser Analogie von der Ver\u00f6ffentlichung seiner Theorie Abstand genommen, da er einerseits die Analogie zwischen der Metallreflexion und der Reflexion des Diamants anerkennen musste, anderseits aber, um derselben Rechnung zu tragen, dem Diamant eine betr\u00e4chtliche, absorbirende Kraft h\u00e4tte zuschreiben m\u00fcssen, was mit der \u00fcbrigen Erfahrung in Widerspruch steht2). An dieser Stelle glauben wir uns der Bemerkung nicht enthalten zu k\u00f6nnen, dass sich in die Ergebnisse physikalischer Untersuchung gar manche schwerwiegende Irrth\u00fcmer einschleichen auf Grund unkritischer Einf\u00fchrung mathematischer H\u00fclfsbegriffe (wie unendlich kleiner \u00bbTheilchen\u00ab, \u00bbunendlich benachbarter\u00ab Molec\u00fcle, unendlich d\u00fcnner Schichten u. s. w.), denen weder in dem physischen noch im psychischen Bestand der Thatsachen etwas entsprechen kann. Diese Begriffe sind au\u00dferordentlich sch\u00e4tzenswerthe H\u00fclfsmittel f\u00fcr Deduction und Rechnung; aber sie d\u00fcrfen nicht in die Voraussetzungen aufgenommen werden, von welchen dieselbe ausgeht; und ebenso m\u00fcssen sie in den Resultaten wieder verschwinden, wenn anders dieselben einen realen Werth besitzen sollen. Wir haben daher auch in der vorliegenden Darlegung, um nirgends den Boden des physikalisch und psychologisch Nachweisbaren zu verlassen, \u00fcberall von wirklichen d. h. ausgedehnten Metalltheilchen und Zwischenr\u00e4umen gesprochen. Ebenso haben wir uns aller hypothetischen Voraussetzungen \u00fcber die specielle Natur der Bewegungsvorg\u00e4nge, denen unsere Lichtempfindung entspricht, enthalten. Wo wir von \u00bbStrahlen\u00ab redeten, kann dieser der K\u00fcrze halber angewandte Ausdruck \u00fcberall durch correctere wie \u00bbFortpflanzungsrichtung\u00ab, Normale auf die Wellenfl\u00e4che u. a. ersetzt werden.\nDie Analogie zwischen metallischer und totaler Reflexion, welche fast alle die Metallreflexion behandelnden Physiker in so hohem Ma\u00dfe besch\u00e4ftigten, ist auch nach unserer Darlegung keine zuf\u00e4llige. Das in den metallgl\u00e4nzenden K\u00f6rper eindringende Licht trifft auf die oben er\u00f6rterten kleinen reflectirenden Fl\u00e4chen. Hier wird nat\u00fcrlich ein Theil des Lichts total, ein anderer Theil theilweise\n1)\tAiry, Cambr. Trans. TomeIV p.219; Verdet, Oeuvres, Tome6 p.537 ff.\n2)\tE. Verdet, Oeuvres, Tome 6 p. 563 ff.","page":172},{"file":"p0173.txt","language":"de","ocr_de":"Der Metallglanz und die Parallaxe des indireeten Sehens.\n173\nreflectirt; der nicht reflectirte Theil geht weiter, bis er auf eine andere Fl\u00e4che trifft, wo sich die Theilung wiederholt und so weiter, bis alles Licht zur Annahme einer Dichtung gezwungen ist, die um mehr als 90\u00b0 von der urspr\u00fcnglichen Eichtung des einfallenden Lichts abweicht.\nDass die kleinen Metallkrystalle v\u00f6llig durchsichtig sind, wird durch die von Voigt gefundene Thatsache best\u00e4tigt, dass hei schiefem Durchgang des Lichtes durch eine Metallschicht die Absorption nur um sehr wenig st\u00e4rker ist als bei geradem1). Die Verst\u00e4rkung der Absorption geschieht nicht in dem Verh\u00e4ltniss, welches aus dem beim schiefen Einfall vergr\u00f6\u00dferten Wege nach der gew\u00f6hnlichen Auffassung folgen w\u00fcrde. Das ist nach unserer Erkl\u00e4rung der Metallreflexion geradezu selbstverst\u00e4ndlich. Auch der Umstand, dass die Absorption ahnimmt, wenn die Brechbarkeit w\u00e4chst2), spricht f\u00fcr unsere Ansicht. Hierbei darf aber nicht vergessen werden, dass man unter Absorption zweierlei versteht. Absorhirt im eigentlichen Sinne des Wortes nennen wir denjenigen Theil des Lichtes, welcher als Licht vernichtet, d. h. in irgend eine Bewegungsart umgesetzt ist, f\u00fcr die unser Gesichtssinn unempfindlich ist. Bei lichtdurchl\u00e4ssigen K\u00f6rpern nennt man aber vielfach, obgleich v\u00f6llig uncorrect, das ganze nicht durchgelassene Licht absorhirt, obgleich ein gro\u00dfer Theil desselben keineswegs als Licht vernichtet, sondern nur, sei es regelm\u00e4\u00dfig oder diffus, reflectirt wird. So fast in allen F\u00e4llen, wo wir von Absorptions-Spektren reden. Eine mattgeschliffene Glasplatte l\u00e4sst ungef\u00e4hr die H\u00e4lfte des sie treffenden Lichtes durch; die nichtdurchgelassene H\u00e4lfte ist aber darum doch nicht absorhirt ; sie wird zur\u00fcckgeworfen und die wirkliche Absorption ist verschwindend gering. Ganz \u00e4hnlich ist es hei den Metallen. Seihst sehr d\u00fcnne Platten lassen nur sehr wenig Licht durch, weil auf Grund der oben dargelegten Verh\u00e4ltnisse fast alles Licht reflectirt wird. Die Absorption kann daher, trotz der scheinbaren Undurchsichtigkeit dieser Stoffe, nur ganz verschwindend gering sein.\nDie elliptische Polarisation des von Metallen reflectirten Lichtes ist seit den Arbeiten von Brewster, Senarmont, Jamin,\n1)\tVoigt, Wiedem. Annal. Bd. 23 S. 133 und 160.\n2)\tBeer, Pogg. Annal. Bd. 92 S. 418.","page":173},{"file":"p0174.txt","language":"de","ocr_de":"174\nA. Kirschmann.\nNeumann, McCullagh u. A. eine von den Physikern allgemein anerkannte Sache. Brewster, welcher zuerst die falsche Ansicht, dass Metalle das Licht gar nicht polarisirten, corrigirte, zeigte sp\u00e4ter auch, dass selbst ein geradlinig polarisirter Strahl bei der Reflexion an einer Metallfl\u00e4che wieder \u00bbtheilweise entpolarisirt\u00ab werden kann1). Die elliptische Polarisation an sich hat \u00fcbrigens f\u00fcr den Metallglanz keine entscheidende Bedeutung, da sie auch bei der Reflexion an Fl\u00e4chen beobachtet wird, welche die Eigenschaft des Metallglanzes nicht besitzen, und da ferner die diesbez\u00fcglichen physikalischen Versuche sich auf Metall-\u00bbSpiegel\u00ab, d. h. auf Objecte beziehen, welche au\u00dfer dem Metallglanz noch einen hohen Grad von gew\u00f6hnlichem Oberfl\u00e4chenglanz besitzen. Auch Voigt2) und Drude3) erkennen an, dass durch das Poliren einer Metallfl\u00e4che wesentliche Aenderungen in dem optischen Verhalten herbeigefuhrt werden. Durch das Poliren einer Metallfl\u00e4che werden die Lageverh\u00e4ltnisse der Metalltheilchen der \u00e4u\u00dfersten Schichten entschieden ge\u00e4ndert und die Zwischenr\u00e4ume mit den Tr\u00fcmmern der zerst\u00f6rten Metall-krystalle und des Polirmittels angef\u00fcllt. Ob dadurch die Durchsichtigkeit der obersten Schichten erh\u00f6ht oder verringert wird, bleibt sich gleich; in allen F\u00e4llen werden die Bedingungen des Metallglanzes dadurch ganz oder theilweise aufgehoben. Je mehr daher die Reflexion an einer polirten Metallfl\u00e4che sich der vollkommenen Spiegelung n\u00e4hert, desto geringer wird ihr \u00bbMetallglanz\u00ab. Drude spricht sich \u00fcber diesen Punkt in der oben citirten Arbeit (Satz 2 des Resum\u00e9) wie folgt aus: \u00bbDurch Poliren oder Ber\u00fchren mit Fl\u00fcssigkeiten entstehen Oberfl\u00e4chenschichten, welche bei durchsichtigen Medien die elliptische Polarisation, bei undurchsichtigen wesentliche Aenderungen der aus der Reflexionsbeobachtung berechneten Constanten hervorrufen. \u00ab\nDie elliptische Polarisation des von Metallspiegeln reflectirten Lichtes ist somit nicht beweisend. Dem Nachweis der elliptischen Polarisation bei matten (d. i. unpolirten) Metallfl\u00e4chen treten aber mannigfache Schwierigkeiten entgegen, von welchen die wichtigste\n1)\tBrewster, Phil. Trans. 1830 S. 287.\n2)\tVoigt, Wiedem. Annal. 31 S. 326.\n3)\tDrude, Wiedem. Annal. 36 S. 533.","page":174},{"file":"p0175.txt","language":"de","ocr_de":"Der Metallglanz und die Parallaxe des indirecten Sehens.\n175\ndarin bestellt, dass das Wesen des Metallglanzes, wie wir gezeigt haben, gerade in der verschiedenen Zusammensetzung des von benachbarten Punkten der Metallfl\u00e4che reflectirten Lichtes liegt. Von gr\u00f6\u00dferer Bedeutung scheint mir dagegen die Thatsache zu sein, dass auch das von Metallschichten durchgelassene Licht elliptisch polarisirt ist. Schon Paraday1) wies an dem von d\u00fcnnen Gold-und Platinbl\u00e4ttchen durchgelassenen Lichte partielle Polarisation nach, und Quincke2) hat dargethan, dass nicht blo\u00df der reflectirte Strahl, sondern auch das von Metallen durchgelassene Licht elliptisch polarisirt ist, wenn geradlinig polarisirtes Licht einf\u00e4llt. Auch Quincke ist der Ansicht, dass das Licht bis zu einer merklichen Tiefe in die Metalle eindringt und aus dem Innern reflectirt wird, sowie dass diese Tiefe eben so gro\u00df oder wenig kleiner als die Wellenl\u00e4nge sei3). Es muss aber hier nochmals darauf aufmerksam gemacht werden, dass nach unserer Theorie keineswegs gefordert ist, dass die Wegdifferenz der Componenten eines die Metalloberfl\u00e4che in einer bestimmten .Richtung verlassenden Lichtstrahls kleiner sei als die Dicke der Metallschicht. Die Wegdifferenz ist von dieser Dicke nur insofern abh\u00e4ngig, als bei einer gewissen unteren Grenze derselben keine Wegdifferenz mehr stattfinden kann. Es ist aber ganz selbstverst\u00e4ndlich, dass, je d\u00fcnner und durchsichtiger die Metallschicht ist, desto mehr Licht f\u00fcr die Reflexion verloren geht. Es muss daher bei au\u00dferordentlich gro\u00dfer Verd\u00fcnnung der Schicht der charakteristische Metallglanz verloren gehen.\nDie zweite der abgeleiteten Folgerungen findet sich sowohl in den von Beer4 5) aus den Ja min\u2019sehen Beobachtungen berechneten Brechungsindices als auch in den Ergebnissen der experimentellen Untersuchungen Kundt\u2019sb) und derjenigen von Du Bois und Rubens6) best\u00e4tigt. S\u00e4mmtliche Metalle zeigten anomale und\n1) Siehe Verdet, Oeuvres, T. 6 S. 596.\n2} Quincke\u2019s Arbeiten finden sieh in Poggen dorff\u2019s Ann. Bd.28 S. 541 ff.; Bd. 119 S. 368ff.; Bd. 120 S. 599ff.; Bd. 129 S. 177ff. u. Bd. 142 S. 177ff.\n3)\tQuincke, Poggendorff\u2019s Ann. Bd. 119 S. 378.\n4)\tBeer, Pogg. Annal. Bd. 99 S.402 ff.\n5)\tKundt, Sitz.-Ber. der Akademie der Wissenseh. zu Berlin, Jahrg. 1888 S. 255 ff. und S. 1387 ff.\n6)\tDu Bois und Rubens, ebendas. Jahrg. 1890, II, S. 955 ff.","page":175},{"file":"p0176.txt","language":"de","ocr_de":"176\nA. Kirschmann.\nzwar v\u00f6llig umgekehrte Dispersion; die langwelligen Farben besitzen anscheinend die gr\u00f6\u00dfte, die kurzwelligen die kleinste Brechbarkeit. Dass in den Resultaten Kundt\u2019s und seiner Sch\u00fcler Gold, Silber und Kupfer eine Ausnahme machen und normal dispergiren. ist nur scheinbar. Da f\u00fcr diese Metalle die Brechungsindices kleiner als 1 gefunden wurden, so zeigt gerade die normale Folge der Farben die Umkehrung der Dispersion an ; denn ein Prisma von geringerer optischer Dichte als seine Umgebung dispergirt normal, wenn die Farben in umgekehrter Ordnung austreten. Es ist daher ganz unzul\u00e4ssig, Gold, Silber und Kupfer als \u00bbMetalle mit normaler Dispersion^ zu bezeichnen1).\nF\u00fcr die dritte Folgerung m\u00fcssen die Untersuchungen von Kerr, Right, Kundt und Drude2), wonach die Polarisationsebene des von Stalilspiegeln reflectirten Lichtes in ihrer Richtung beeinflusst wird, als Best\u00e4tigung gelten. Hier verdienen auch einige interessante Angaben Quincke\u2019s Erw\u00e4hnung3). Silber, welches im durchfallenden Lichte gelb erschien, wurde durch blo\u00dfen Druck in blaues verwandelt. Ebenso \u00e4nderte r\u00f6thliches Gold unter den gleichen Einfl\u00fcssen seine Farbe in Gr\u00fcn. Dass hierbei nicht lediglich eine Ver\u00e4nderung der Dicke der absorbirenden Schicht stattfand, geht daraus hervor, dass die Metalle auch im reflectirten Lichte ein ver\u00e4ndertes Verhalten zeigten. Ferner: Silber, in welchem die Lichtgeschwindigkeit eine gr\u00f6\u00dfere war als in der Luft, verwandelte sich durch blo\u00dfes Liegen an der Luft in solches von geringerer Lichtgeschwindigkeit; dasselbe konnte bei Gold constatirt werden. Durch blo\u00dfen Contact mit S\u00e4uren, die keine chemische Verbindung mit Silber eingehen, wurde blau durchscheinendes Silber in gelbes verwandelt.\nDie vierte Forderung ist bei einigen Metallen in so fern erf\u00fcllt, als das von d\u00fcnnen Schichten durchgelassene Licht von anderer Farbe ist, als das reflectirte. So erscheint Gold im durchfallenden Lichte meist Blaugr\u00fcn oder Gr\u00fcn, Silber bl\u00e4ulich. Die Thatsache aber, dass diese Farben variiren, wie wir oben sahen, so dass Gold\n1)\tRubens, Die selective Reflexion der Metalle. Wiedem.Ann. Bd.37 S.265.\n2)\tSiehe die oben citirten Arbeiten von Kundt und Drude.\n3)\tQuincke, Pogg. Annal. Bd. 119 S. 382.","page":176},{"file":"p0177.txt","language":"de","ocr_de":"Der Metallglanz und die Parallaxe des indirecten Sehens.\t177\nunter Umst\u00e4nden auch braun und violett, Silber auch gelb und grauerscheinen kann1), beweist gerade, dass diese Farben nicht die wirkliche innere Farbe der durchsichtigen Metalltheilchen sind, sondern h\u00f6chstens als deren Oberfl\u00e4chenfarbe aufgefasst werden k\u00f6nnen. Daf\u00fcr, dass das scheinbar durchgelassene Licht zum gro\u00dfen Theile nur leere Zwischenr\u00e4ume und nicht die eigentliche Metallmasse durchsetzt hat, spricht auch der Umstand, dass beim senkrechten Durchgang durch eine Metallplatte (wie beim Passiren eines optisch d\u00fcnneren Mediums) eine Beschleunigung stattfindet. Dass nach unserer Theorie das Licht den Raum der Metallplatte nicht auf dem k\u00fcrzesten Wege passirt, steht in bestem Einklang mit einer Angabe Quincke\u2019s, nach welcher bei einer Metalldicke von '/io Wellenl\u00e4nge doch ein gr\u00f6\u00dferer Gangunterschied constatirt wurde. Hier darf auch eine andere zuerst von Quincke1) gemachte Beobachtung nicht unerw\u00e4hnt bleiben. Schaltet man n\u00e4mlich eine durchsichtige Silber- oder Goldschicht von gleichf\u00f6rmiger Dicke in den Gang des einen von zwei interferiren-den Strahlenb\u00fcndeln ein, so entsteht eine Verschiebung der Interferenzstreifen, welche nicht den Verschiebungen, die durch die Einschaltung stark absorbirender Substanzen hervorgebracht werden, entspricht, sondern ganz so beschaffen ist, als ob das Metall eine gew\u00f6hnliche durchsichtige Substanz mit einem Brechungsindex <( 1 w\u00e4re. Dies Resultat kann auf drei Arten zu Stande kommen :\nErstens: Die ganze Metallschicht besteht aus einer homogenen durchsichtigen Substanz von einem Brechungsverm\u00f6gen kleiner als das der Luft. Dieser Fall ist auf Grund der Widerspr\u00fcche mit den \u00fcbrigen optischen Eigenschaften ganz ausgeschlossen.\nZweitens: Das Metall besteht aus kleinen durchsichtigen mit sehr geringem Brechungsverm\u00f6gen begabten Theilchen (Krystallen), welche das von der Metallschicht durchgelassene Licht durchsetzt haben muss. Aber in diesem Fall ist nicht einzusehen, warum bei so geringem Brechungsverm\u00f6gen nicht mehr Licht durchgelassen wird. Auch bleibt dabei der w.eiter oben erw\u00e4hnte Gangunterschied, welcher gr\u00f6\u00dfer ist als die Dicke der Metallschicht, unaufgekl\u00e4rt. So bleibt als dritte M\u00f6glichkeit nur die folgende \u00fcbrig:\n1) Quincke, Pogg. Annal. Bd. 129 S. 186.","page":177},{"file":"p0178.txt","language":"de","ocr_de":"178\nA. Kirschmann.\nDas Metall besteht aus durchsichtigen durch (leere?) Zwischenr\u00e4ume getrennten und von regelm\u00e4\u00dfig reflectirenden Oberfl\u00e4chen begrenzten Theilchen. Das durchgelassene Licht hat nur zu einem Theile das Innere dieser Theilchen passirt; der gr\u00f6\u00dfere Theil ist auf einem optisch l\u00e4ngeren Wege, n\u00e4mlich durch Reflexion und ohne die erw\u00e4hnten Zwischenr\u00e4ume zu verlassen, nach au\u00dfen gelangt.\nWenden wir uns nun wieder zu dem ersten, die psychologische Seite betreffenden Satze unserer Ergebnisse, nach welchem das Charakteristische des Metallglanzes auf der Parallaxe des indirecten Sehens beruht. Wir haben diesen Satz nach Art des indirecten Beweises in der Mathematik, d. h. durch Ausschluss aller anderen M\u00f6glichkeiten theoretisch abgeleitet und wollen nun versuchen, seine Richtigkeit an einem praktischen Falle zu erproben.\nWenn unsere Deduction richtig ist, dann muss es mit H\u00fclfe durchsichtiger K\u00f6rper, sofern es gelingt, denselben eine solche r\u00e4umliche Anordnung zu geben, dass die parallaktischen Erscheinungen des indirecten Sehens eintreten, m\u00f6glich sein, die Erscheinung des Metallglanzes k\u00fcnstlich hervorzurufen. Die Verwendung der durchsichtigen Medien muss hierbei eine solche sein, dass auf Grund mehrmaliger Reflexion an einer Reihe von spiegelnden Fl\u00e4chen, deren Entfernung von einander zu gering ist, um direct eine Rolle in der Tiefenwahrnehmung zu spielen, diejenigen Verh\u00e4ltnisse f\u00fcr das monoculare Sehen eintreten, welche wir an anderem Orte als f\u00fcr die Parallaxe des indirecten Sehens charakteristisch nachgewiesen haben. Am einfachsten wird dies durch Combination einer Anzahl sehr d\u00fcnner Platten aus durchsichtigem Stoff erreicht. Ich habe nun zun\u00e4chst Versuche mit d\u00fcnnen Glasplatten gemacht , welche jedoch negativ ausfielen. Glasplatten von der Dicke der Deckgl\u00e4schen zu mikroskopischen Pr\u00e4paraten sind offenbar schon zu dick zu unserem Zwecke; d\u00fcnnere Glasplatten aber konnte ich nicht auftreiben. Ausgezeichnet dagegen waren die Resultate der Versuche mit Gelatine- und Glimmerplatten. Farblose Gelatinepl\u00e4ttchen, welche ich verwandt, hatten eine Dicke von Vso\u2014Yso mm ! ferner konnte ich durch Spalten von sch\u00f6nen glashellen Glimmertafeln, welche Herr Professor Coiemann mir in liebensw\u00fcrdiger Weise zur Verf\u00fcgung stellte, Bl\u00e4ttchen von beliebiger Dicke zwischen \u2018/so","page":178},{"file":"p0179.txt","language":"de","ocr_de":"Der Metallglanz und die Parallaxe des indireeten Sehens.\t179\nund etwa 1/l00\u20141/m mm hersteilen. (Diese Zahlen erheben keinen Anspruch auf Genauigkeit, da ich die Messung nicht anders vornehmen konnte, als durch Aufeinanderlegen von mehreren Hundert Bl\u00e4ttchen und Feststellung der Gesammtdicke.) Als brauchbarste Dicke erwies sich diejenige von Vso\u2014Veo mmi hie noch d\u00fcnnem Bl\u00e4ttchen bleiben nicht mehr eben, sondern verkr\u00fcmmen sich und zeigen \u00fcberdies oft Interferenzfarben.\nLegt man 25 \u2014 30 solcher Bl\u00e4ttchen von l/i0\u2014V,.,, mm Dicke aufeinander, so ist das Ganze noch schwach lichtdurchl\u00e4ssig: im auffallenden Lichte aber hat es genau dasselbe Aussehen wie blankes Weissblech. Hat der Glimmer eine Spur von gelblicher F\u00e4rbung, so bekommt die Combination das Aussehen von Nickelmetall oder Neusilber, mit br\u00e4unlichem Glimmer dagegen erh\u00e4lt man ungef\u00e4hr die Oberfl\u00e4che des Glockenmetalls oder der Bronce.\nDie auf diese Art hergestellten Pr\u00e4parate zeigen, \u00e4hnlich wie unvollkommen polirte Metalle, neben dem eigentlichen Metallglanz einen ziemlich hohen Grad von Oberfl\u00e4chenglanz. Es lassen sich jedoch auch matte Fl\u00e4chen in \u00fcberraschender Metall\u00e4hnlichkeit her-stellen und zwar durch geeignetes Pr\u00e4pariren des obersten Glimmerbl\u00e4ttchens. Dieses oberste Bl\u00e4ttchen wird mit einem feinen Messer vorsichtig geschabt und die so hergestellte rauhe Fl\u00e4che mit Glimmerpulver und Oel geschliffen. Es lassen sich auf diese Weise alle m\u00f6glichen Grade der Glanzlosigkeit der Oberfl\u00e4che erreichen, ja sogar Feilstriche und Aetzfiguren sehr t\u00e4uschend nachahmen. Unterlegt man das oberste Bl\u00e4ttchen mit einem sehr d\u00fcnnen, nicht zu stark gef\u00e4rbten Gelatinebl\u00e4ttchen, so kann man auch, sofern man \u00fcber die n\u00f6thigen Variet\u00e4ten farbiger Gelatine verf\u00fcgt, beliebige N\u00fcancirungen von farbigen matten Metalloberfl\u00e4chen herstellen. Mit H\u00fclfe von schwach mit Eosinroth gef\u00e4rbter Gelatine erh\u00e4lt man beispielsweise matte Kupferfl\u00e4chen in ganz \u00fcberraschender Naturtreue. Die Farbe des Goldes, diejenige der Bronce, des Messings erzielt man in \u00e4hnlicher Weise durch Anwendung entsprechend gef\u00e4rbter Lamellen.\nDie Imitation von blank polirten farbigen Metallen dagegen st\u00f6\u00dft auf gr\u00f6\u00dfere Schwierigkeiten und gelingt nicht in demselben Ma\u00dfe wie die der matten farbigen. Es findet sich n\u00e4mlich, dass hier das farbgebende Bl\u00e4ttchen unbedingt an der Oberfl\u00e4che liegen\nWundt, Philos. Studien. XI.\t13","page":179},{"file":"p0180.txt","language":"de","ocr_de":"180\nA. Kirschmann.\nmuss, wenn der metallische Effect nicht aufgehoben werden soll. Da nun die mir zur Verf\u00fcgung stehenden Gelatinebl\u00e4ttchen eine zu betr\u00e4chtliche Dicke besitzen (l/sv\u2014 V40 mm), um nicht als eine von der eigentlichen Metallreflexion r\u00e4umlich getrennte Schicht wahrgenommen zu werden, so konnte ich beispielsweise bei Anwendung eines gelben Bl\u00e4ttchens niemals vollst\u00e4ndig den Effect einer blank-polirten Messingfl\u00e4che erreichen. Die Pr\u00e4parate hatten alle das Aussehen von zwar polirten, aber au\u00dferdem mit einer d\u00fcnnen Lackschicht \u00fcberzogenen Messingfl\u00e4chen (genau so wie die lackirte Messingscheibe an manchen Apparaten). Dieses Ergebniss steht mit der oben dargelegten Theorie, wonach die Farben der Metalle keine Oberfl\u00e4chenfarben, sondern F\u00e4rbungen eines Mediums von sehr vollkommener Durchsichtigkeit sind, in bestem Einklang. Hiernach kann die Wirkung nur dann vollst\u00e4ndig erzielt werden, wenn s\u00e4mmtliche an einem Pr\u00e4parate betheiligten Glimmer- (oder Gelatine-) Bl\u00e4ttchen in entsprechender Weise schwach gef\u00e4rbt sind1).\nDass bei dem Metallglanz der beschriebenen Pr\u00e4parate die krystallinische Structur des Glimmers keine Rolle spielt, geht daraus hervor, dass der Effect auch mit amorphen und isotropen Medien, wie Gelatinebl\u00e4ttchen, erreicht wird. Dass die mit Gelatine ange-stellten Versuche nicht ganz so befriedigend ausfielen wie die andern, ist darauf zur\u00fcckzuf\u00fchren, dass die Gelatinebl\u00e4ttchen etwas zu dick und nicht ganz so durchsichtig und glatt waren, wie die Glimmer-amellen. Dass man Interferenz- und Farben d\u00fcnner Bl\u00e4ttchen in keiner Weise f\u00fcr den Metallglanz verantwortlich machen darf, wie dies von Br\u00fccke2) versucht wurde, wird durch den Umstand dar-gethan, dass gerade diejenigen Glimmerbl\u00e4ttchen sich als die am wenigsten geeigneten erwiesen, welche d\u00fcnn genug waren, um Interferenzfarben zu zeigen. Die von Br\u00fccke er\u00f6rterten metall-\n1)\tAnmerkung des Herausgebers. Herr Dr. Kirschmann hatte die\nG\u00fcte, mir eine Collection solcher aus Gelatine- und Glimmerpl\u00e4ttchen zusammengesetzter Combinationen zuzusenden, die, wie ich best\u00e4tigen kann, bei auffallendem Lichte betrachtet die verschiedenen Metalloberfl\u00e4chen, wie Gold, Bronce, Messing, Aluminium u. s.w., in der \u00fcberraschendsten Weise nachahmen, so dass Jeder, der diese Objecte ohne Kenntniss ihrer Entstehungsweise betrachtet, sie ohne weiteres f\u00fcr wirkliche polirte Metalloberfl\u00e4chen h\u00e4lt.\tW. Wundt.\n2)\tBr\u00fccke, die oben citirte Abhandlung S. 185.","page":180},{"file":"p0181.txt","language":"de","ocr_de":"Der Metallglanz und die Parallaxe des indirecten Sehens.\n18t\ngl\u00e4nzenden Harnsteine1) verdankten daher auch ihre Eigenschaft nicht den durch die geringe Dicke der Lamellen hervorgerufenen Interferenzfarben, sondern dem Umstande, dass sie aus einem System zahlreicher concentrischer Schichten von geringer Dicke und gro\u00dfer Durchsichtigkeit bestanden. Die goldgl\u00e4nzenden Z\u00e4hne mancher Gemsen2) sind aller Wahrscheinlichkeit nach von einer Anzahl sehr d\u00fcnner Schichten eines durchsichtigen und schwer l\u00f6slichen Calcium- oder Magnesiumsalzes bedeckt, wie sie von den jungen Alpenw\u00e4ssern, aus denen die Gemsen zu trinken pflegen, oft gef\u00fchrt werden.\nGlimmerst\u00fccke, welche durch angehende Verwitterung oder durch mechanischen Druck aufgebl\u00e4ttert sind, zeigen zuweilen auch einen gewissen Grad von Metallglanz. Es muss aber stets eine Trennung der einzelnen Lamellen, also die Herstellung von Zwischenr\u00e4umen erfolgt sein. Einen sehr sch\u00f6nen Metallglanz, ganz \u00e4hnlich demjenigen matten Silbers, erh\u00e4lt man, wenn man sehr d\u00fcnne Bl\u00e4ttchen farblosen Glimmers (Muskovit) bis zur Wei\u00dfgluth erhitzt.\nZusammenfassung.\nAm Schl\u00fcsse unserer Untersuchung angelangt, will ich versuchen, die Ergebnisse derselben in K\u00fcrze zusammenzufassen, und zwar in einer solchen Form, dass der Hauptgedankengang unserer Befrachtungen in einer Reihe von Schlussfolgerungen dargelegt wird, welchen wie den Gliedern einer mathematischen Deduction Noth-wendigkeit innewohnt.\n1. Der Metallglanz ist eine ganz charakteristische Erscheinung, welche jedermann unabh\u00e4ngig von jeglichem Vorwissen um Gegenst\u00e4nde, Beleuchtung u. s. w. von andern Lichterscheinungen unterscheidet. Eine Definition des Metallglanzes kann daher keinen andern Werth beanspruchen, als etwa die Definition der Empfindung Roth. Die Bezeichnung der Erscheinung ist ganz irrelevant: \u00bbMetall\u00ab und \u00bbMetallglanz\u00ab haben psychologisch nichts mit einander zu thun.\n1) Ebendaselbst S. 177 f.\n2) Ebendaselbst S. 178 f.\n13*","page":181},{"file":"p0182.txt","language":"de","ocr_de":"182\nA. Kirschmann.\n2.\tF\u00fcr unser Bewusstsein unterscheiden sich die Lichteindr\u00fccke nur hinsichtlich der Intensit\u00e4t, der Qualit\u00e4t (Farbe und S\u00e4ttigung) und der Raum- und Zeitverh\u00e4ltnisse. Das Charakteristische des Metallglanzes muss sich demnach auf diese vier Factoren oder auf einen Theil derselben zur\u00fcckf\u00fchren lassen.\n3.\tHinsichtlich der Intensit\u00e4t eines Lichteindrucks kann es sich handeln um:\na)\tdie Intensit\u00e4t der ganzen Fl\u00e4che,\nb)\tdie Intensit\u00e4tsverh\u00e4ltnisse der Theile der Fl\u00e4che zu einander oder der ganzen Fl\u00e4che zu andern Eindr\u00fccken,\nc)\tIntensit\u00e4tswechsel.\nDie unter h und c aufgef\u00fchrten Eventualit\u00e4ten fallen zugleich unter die r\u00e4umlichen resp. zeitlichen Verh\u00e4ltnisse und werden daher hei Er\u00f6rterung dieser zur Sprache kommen. Da der Metallglanz von der St\u00e4rke der Beleuchtung ganz unabh\u00e4ngig ist, so kann er nicht auf der absoluten Intensit\u00e4t der ganzen Fl\u00e4che beruhen.\n4.\tDa es v\u00f6llig farblose Metalle gibt, und da ferner metallgl\u00e4nzende Fl\u00e4chen auch in farbigem und selbst in ann\u00e4hernd monochromatischem Lichte ihre charakteristische Eigenschaft beibehalten, so ist auch die Betheiligung des Farbentones und der S\u00e4ttigung an den wesentlichen Bedingungen des Metallglanzes ausgeschlossen.\n5.\tWas die Zeitverh\u00e4ltnisse anbelangt, so ist der Metallglanz von der Dauer des Gesammteindrucks der betreffenden Fl\u00e4che unabh\u00e4ngig; auch bei sehr kurzer, sogenannter momentaner Beleuchtung wird Metallglanz wahrgenommen. Ebenso kann ein Wechsel in den Eigenschaften des Gesammteindrucks nicht die Ursache des Metallglanzes sein, da der letztere auch bei nachweisbarer Constanz der optischen Verh\u00e4ltnisse der betreffenden Fl\u00e4che und des Auges wahrgenommen wird.\nDie zeitlichen Verh\u00e4ltnisse einzelner Theile der Fl\u00e4che fallen zugleich unter \u00bbItaumveih\u00e4ltnisse\u00ab und finden daher im Folgenden ihre Er\u00f6rterung.\n6.\tDie Raumverh\u00e4ltnisse sind entweder diejenigen der ganzen Fl\u00e4che oder diejenigen der Fl\u00e4chentheile zu einander. Die Raumverh\u00e4ltnisse der ganzen Fl\u00e4che sind: Gestalt, Gr\u00f6\u00dfe und Lagever-h\u00e4ltniss zu andern Fl\u00e4chen im Gesichtsfelde. Form und Gr\u00f6\u00dfe sind ganz irrelevant f\u00fcr den Metallglanz. Da ferner auch die Umgebung","page":182},{"file":"p0183.txt","language":"de","ocr_de":"Der Metallglan! und die Parallaxe des indirecten Sehens.\t183\nder metallgl\u00e4nzenden Fl\u00e4che ohne Einfluss auf das Charakteristische der Erscheinung ist, so kann der Metallglanz auf den Raumverh\u00e4ltnissen der ganzen Fl\u00e4che nicht beruhen. Die einzige die Raumverh\u00e4ltnisse des Gesammteindrucks angehende Bedingung f\u00fcr den Metallglanz ist die, dass der Eindruck ein fl\u00e4chenhafter ist. Ein Punkt im Gesichtsfelde, d. h. ein Lichteindruck, der nicht als Fl\u00e4che wahrgenommen wird, hat, einerlei welcher Art seine Intensit\u00e4t oder sein Intensit\u00e4tswechsel sei, niemals die Eigenschaft des Glanzes.\n7.\tEs bleibt somit als einzige M\u00f6glichkeit die Folgerung \u00fcbrig, dass der Metallglanz auf r\u00e4umlichen oder r\u00e4umlich-zeitlichen Beziehungen der Tlieile des Eindrucks zu einander beruht. Diese Beziehungen k\u00f6nnen nur dann eine Bedeutung haben, wenn die in Frage kommenden Theile des Eindrucks zugleich Intensit\u00e4ts- oder Qualit\u00e4tsverschiedenheiten aufweisen. Da aber, wie schon oben erw\u00e4hnt, Metallglanz an Objecten auftritt, welche vollkommen farbloses Licht reflectiren, und da ferner auch einfarbige Beleuchtung den Metallglanz nicht aufhebt, so kann die Qualit\u00e4t der Theile des Eindrucks nicht ma\u00dfgebend sein. Es muss demnach der Metallglanz auf r\u00e4umlichen oder r\u00e4umlich-zeitlichen Verh\u00e4ltnissen von Partial-Eindr\u00fccken verschiedener Intensit\u00e4t beruhen.\n8.\tDie genannten Beziehungen der Theile des Eindrucks oder des Netzhautbildes zu einander sind entweder constant, also lediglich r\u00e4umlich, oder wechselnd, also r\u00e4umlich-zeitlich. Wenn constante Raumbeziehungen der Erscheinung des Metallglanzes zu Grunde l\u00e4gen, so m\u00fcsste sich diese Erscheinung durch irgend eine Anordnung verschiedener Intensit\u00e4ten in der Ebene vollkommen herstellen lassen. Dies ist aber nicht der Fall. Es k\u00f6nnen demnach nur inconstante Verh\u00e4ltnisse vorliegen. Diese k\u00f6nnen aber sein:\na)\tIntensit\u00e4tswechsel bei festen Raumverh\u00e4ltnissen; oder\nb)\tIntensit\u00e4tswechsel bei wechselnden Raumverh\u00e4ltnissen.\nDer erste Fall kann nur dann eintreten, wenn die Theile der\nmetallgl\u00e4nzenden Fl\u00e4che entweder selbstleuchtend oder unabh\u00e4ngig von einander von verschiedenen in ihrer Intensit\u00e4t ver\u00e4nderlichen Lichtquellen beleuchtet sind. Dieser Fall ist aber ganz ausgeschlossen. Es muss sich also um Intensit\u00e4tswechsel bei wechselnden Raumverh\u00e4ltnissen handeln.","page":183},{"file":"p0184.txt","language":"de","ocr_de":"184\nA. Kirschmann.\n9.\tDiese Vorg\u00e4nge, welche sich, so weit es das Netzhautbild anbelangt, im zweidimensionalen Raum abspielen, m\u00fcssen nun, so weit es die Objecte betrifft, entweder ebenfalls zweidimensionaler Natur sein, oder aber sie bed\u00fcrfen zu ihrem Zustandekommen der Tiefendimension. Im ersteren Falle m\u00fcsste eine Lagever\u00e4nderung der Punkte von verschiedener Intensit\u00e4t in der Fl\u00e4che angenommen werden. Diese Lagever\u00e4nderung kann nicht durch eine Ver\u00e4nderung der r\u00e4umlichen Beziehungen der Objectfl\u00e4che zum Auge ersetzt werden; denn durch eine solche w\u00fcrde man nichts erhalten, was nicht auch durch Bewegung von Objecten mit matter und nicht homogener Oberfl\u00e4che zu erreichen w\u00e4re. Da nun aber bei den uns bekannten metallgl\u00e4nzenden Gegenst\u00e4nden von einer objectiven Lagever\u00e4nderung der einzelnen reflectirenden Theile keine Rede sein kann, so bleibt nur die eine M\u00f6glichkeit \u00fcbrig, dass die die Erscheinung des Metallglanzes veranlassende objectiv-Anordnung der Lichtvorg\u00e4nge eine dreidimensionale ist.\n10.\tInconstante dreidimensionale Beziehungen im Gesichtsraume bei constanten Raumverh\u00e4ltnissen der Theile des Objects zu eine ander k\u00f6nnen nur parallaktische Verh\u00e4ltnisse sein. Der Metallglanz muss demnach seine Ursache in irgendwelchen parallaktischen Beziehungen zwischen Sehorgan und Object haben.\n11.\tEs sind dreierlei parallaktische Verh\u00e4ltnisse im dreidimensionalen Gesichtsraume m\u00f6glich:\n1)\tdie binoculare Parallaxe,\n2)\tdie Bewegungsparallaxe,\n3)\tdie Parallaxe des indirecten Sehens.\nDie binoculare Parallaxe kann f\u00fcr den Metallglanz in keiner Weise ma\u00dfgebend sein, denn derselbe wird ebenso gut monocular wahrgenommen. Die Parallaxe des Doppelauges scheint sich nicht einmal f\u00f6rdernd zu betheiligen; denn bei der binocularen Vereinigung stereoskopischer Photographien erscheint zwar der Oberfl\u00e4chenglanz vorz\u00fcglich, von Metallglanz dagegen keine Spur. Auch die auf der Ortsver\u00e4nderung des Auges oder der Objecte beruhenden parallaktischen Erscheinungen haben f\u00fcr den Metallglanz keine Bedeutung, denn dieser wird auch bei unbewegtem Auge und vollkommener Ruhe des Objects wahrgenommen.","page":184},{"file":"p0185.txt","language":"de","ocr_de":"185\nDer Metallglani und die Parallaxe des indirecten Sehens.\n12.\tEs folgt somit als einzige M\u00f6glichkeit, dass der Metallglanz auf der Parallaxe des indirecten Sehens beruht.\n13.\tDie Erscheinungen der Parallaxe des indirecten Sehens sind bei anscheinend homogenen Fl\u00e4chen, wie sie die metallgl\u00e4nzenden K\u00f6rper zu besitzen scheinen, in den folgenden F\u00e4llen m\u00f6glich:\na) die Oberfl\u00e4che ist nicht wirklich eben oder von stetiger Kr\u00fcmmung, sondern sie ist zusammengesetzt aus vielen kleinen, zu einander geneigten Fl\u00e4chen, welche regelm\u00e4\u00dfig reflectiren und so klein sind, dass sie nicht einzeln wahrgenommen werden k\u00f6nnen. Da jede dieser kleinen Spiegelfl\u00e4chen das Licht der jeweilig st\u00e4rksten Lichtquelle nur in einer Richtung zur\u00fcckwirft, so muss jede, auch die kleinste Orts Ver\u00e4nderung des Objects oder des Auges, sowie jede kleinste Schwankung der Accommodation oder der Fixation eine Aenderung in den Lage- und Helligkeitsverh\u00e4ltnissen der einzelnen Lichtpunkte her vorrufen. Diese Ver\u00e4nderungen oder parallaktischen Verschiehungen sind zwar zu klein, um direct r\u00e4umlich wahrgenommen zu werden; sie sind aber gro\u00df genug, um, auf Grund der eigenth\u00fcmlichen Verwerthung der Parallaxe des indirecten Sehens f\u00fcr die Tiefenwahrnehmung, eine eigenth\u00fcmliche, mit nichts anderem zu verwechselnde Erscheinung hervorzurufen.\nh) Der metallgl\u00e4nzende K\u00f6rper besteht aus vielen, durch leere (oder mit einem optisch sehr d\u00fcnnen Stoffe gef\u00fcllte) Zwischenr\u00e4ume getrennten Theilk\u00f6rperchen (Krystallen), welche einen hohen Grad von regelm\u00e4\u00dfiger Lichtdurchl\u00e4ssigkeit (Durchsichtigkeit) und spiegelnde (d. i. regelm\u00e4\u00dfig reflectirende) Oberfl\u00e4chen besitzen. Das in einer bestimmten Richtung zur\u00fcckgeworfene Licht besteht alsdann aus mehreren Componenten, welchen auf Grund des verschiedenen Reflexions-Ursprungs eine mehr oder minder gro\u00dfe Weg-Differenz anhaftet. Die Componenten desselben Strahles verhalten sich daher wie Strahlen aus verschiedener Entfernung. Jede Ver\u00e4nderung in den dioptrischen Zust\u00e4nden des Auges (Accommodations\u00e4nderung, Verschiebung des Diaphragmas bei der Drehung des Auges um seinen Mittelpunkt), auch wenn sie au\u00dferordentlich klein ist und v\u00f6llig unbewusst verl\u00e4uft, muss daher die erw\u00e4hnten, f\u00fcr die Parallaxe des indirecten Sehens charakteristischen Aenderungen in der Configuration der hellem und dunklern Stellen des Netzhautbildes veranlassen.","page":185},{"file":"p0186.txt","language":"de","ocr_de":"186\nA. Kirschmann.\nVon den beiden erw\u00e4hnten M\u00f6glichkeiten besitzt die unter b aufgef\u00fchrte einen h\u00f6hern Grad von Wahrscheinlichkeit, da die Ergebnisse der physikalischen Untersuchung der Metallreflexion mit derselben in Einklang stehen.\n14.\tDie Erscheinung des Metallglanzes muss sich k\u00fcnstlich mit H\u00fclfe ganz unmetallischer Mittel hervorrufen lassen, sofern es gelingt, die Bedingungen f\u00fcr das Eintreten der Parallaxe des indirecten Sehens in einer solchen Weise herzustellen, dass die parallaktischen Verschiebungen nicht direct als Ortsver\u00e4nderungen und Distanzen aufgefasst werden k\u00f6nnen.\nDie vorstehende Folgerung findet sich in den von uns angefertigten und weiter oben (S. 179 f.) beschriebenen Pr\u00e4paraten, von welchen Proben Herrn Professor Wundt zur Beurtheilung unterbreitet wurden, vollkommen best\u00e4tigt.\n15.\tIm Folgenden wollen wir die uns bekannten Wege zur k\u00fcnstlichen Hervorbringung von Metallglanz zusammenstellen:\nA.\tFl\u00e4chen mit mattem Metallglanz erh\u00e4lt man:\n1)\tDurch Aufstreuen krystallinischer Pulver von gen\u00fcgender Feinheit auf Glasfl\u00e4chen. So viel ich wei\u00df, benutzen die Vergolder zuweilen Glimmerpulver als Surrogat f\u00fcr Silberbronce, jedoch mit verh\u00e4ltnissm\u00e4\u00dfig geringem Erfolge, welch letzterer darauf zur\u00fcckgef\u00fchrt werden muss, dass die Glimmerpartikelchen noch zu gro\u00df und zu sehr mit rauhen Bruchfl\u00e4chen behaftet sind. Vielleicht sind auch die Zwischenr\u00e4ume zu gro\u00df.\n2)\tDurch Aufbl\u00e4ttern d\u00fcnner Glimmerplatten mittelst der Gl\u00fchhitze.\n3)\tDurch Auflegen d\u00fcnner Platten von gro\u00dfer, aber diffuser Lichtdurchl\u00e4ssigkeit (ge\u00f6ltes Seidenpapier, mattgeschliffene Gelatine-, Glimmer- oder Glasbl\u00e4ttchen u. s. w.) auf Metallspiegel, auf gew\u00f6hnliche (Silberamalgam-) Spiegel und auf Systeme d\u00fcnner planparalleler Platten. (Durch Auflegen solcher Bl\u00e4ttchen von diffuser Lichtdurchl\u00e4ssigkeit auf einfache spiegelnde Glasfl\u00e4chen, z. B. auf schwarze Glasspiegel, erh\u00e4lt man keinen Metallglanz, sondern einen Glanz, welcher demjenigen matter Seide sehr \u00e4hnlich ist.)\nB.\tDas Aussehen mehr oder minder gut polirter Metallfl\u00e4chen kann in t\u00e4uschender Weise nachgeahmt werden:","page":186},{"file":"p0187.txt","language":"de","ocr_de":"Der Metallglanz und die Parallaxe des indirecten Sehens.\n187\n4) Durch Systeme auf einander gelegter aber dennoch durch Zwischenr\u00e4ume getrennter, hinreichend durchsichtiger, planparalleler Platten, deren Dicke gen\u00fcgend ist, um das Auftreten von Interferenzfarben zu verh\u00fcten, aber nicht hinreicht, um den Eindruck einer einheitlichen Fl\u00e4che zu zerst\u00f6ren. Es ist dabei nicht nothwendig, dass die Platten ein krystallinisches Gef\u00fcge haben oder anisotrop sind.\nZur Erg\u00e4nzung des Vorstehenden sowie der fr\u00fcheren Abhandlung \u00fcber die Parallaxe des indirecten Sehens lassen wir in den beigegehenen Tafeln eine Zusammenstellung der in Betreff der Parallaxe bestehenden M\u00f6glichkeiten f\u00fcr das binoculare wie f\u00fcr das monoculare Sehen folgen.","page":187},{"file":"p0188.txt","language":"de","ocr_de":"188\nA. Kirschmann.\nTafel\nder M\u00f6glichkeiten des binocnlaren Sehens.\nI.\nBegrenzungslinien.\n1.\tDie dem rechten und linken Auge entsprechenden Bilder sind (psychisch) congruent (d. h. gleich in Gestalt, Gr\u00f6\u00dfe undLageverh\u00e4lt-nissen) und werden zu einem einfachen Eindruck vereinigt:\n(Binoculares Einfachsehen der Conturen von Gegenst\u00e4nden in gro\u00dfer Entfernung und der Theile \u00e4quidistanter Fl\u00e4chen.)\n2.\tDie von beiden Augen vermittelten Bilder sind nicht congruent, werden aber dennoch zu einem einfachen Eindruck vereinigt:\n(Stereoskopisches Einfachsehen der Conturen dreidimensionaler Gebilde oder binoculareTiefenwahr-nehmung.)\n3.\tDie Bilder des rechten u. linken Auges werden nicht vereinigt:\n(Doppelbilder.)\nII.\nIntensit\u00e4t.\n1. Die Intensit\u00e4ten der Bilder des rechten und linken Auges sind gleich:\n(Binoculares Sehen matter Oberfl\u00e4chen.)\n2. Die Intensit\u00e4ten der Bilder sind nicht gleich, verschmelzen aber dennoch zu einem einheitlichen Eindruck:\n(Binoculare Mischung der Helligkeiten.)\n3. Die Intensit\u00e4ten sind nicht gleich und verschmelzen nicht: (Wettstreit der Sehfelder hinsichtlich der Helligkeiten.)\nIII.\nFarbenton.\n1. Die vom rechten und vom linken Auge vermittelten Bilder sind von gleicher Farbe:\n(Binoculares Sehen farbiger Oberfl\u00e4chen.)\n2. Die Bilder des rechten u. linken Auges sind von verschiedener Farbe, werden aber zu einem die Mischfarbe besitzenden Eindruck vereinigt :\n(Binoculare Farbenmischung.)\n3. Die Bilder der beiden Augen haben verschiedene Farben und es tritt keine Verschmelzung zur Mischfarbe ein:\n(Wettstreit der Sehfelder hinsichtlich des Farbentons.)\nIV.\nS\u00e4ttigung.\n1. Die farbigen Bilder des rechten und linken Auges besitzen gleiche S\u00e4ttigung :\n(Binoculares Sehen matter farbiger Oberfl\u00e4chen.)\n2. Die S\u00e4ttigung der Bilder ist eine verschiedene, aber es kommt eine Verschmelzung zu einer mittleren S\u00e4ttigung zu Stande :\n(Binoculare Mischung der S\u00e4ttigungen.)\n3. Die S\u00e4ttigungen der farbigen Bilder sind verschieden und verschmelzen nicht:\n(Wettstreit der Sehfelder hinsichtlich der S\u00e4ttigung.)\nWir lassen hier die wichtigsten Combinationen der aufgef\u00fchrten M\u00f6glichkeiten folgen, wobei wir der Einfachheit halber die unter III. und IV. rubricirten, welche Farbenton und S\u00e4ttigung, die einer Gesichtswahrnehmung nicht noth-wendig zukommen, betreffen, nicht ber\u00fccksichtigen werden.\nIi\t+ Hi = Binoculares Sehen von Theilen \u00e4quidistanter Fl\u00e4chen und\nGegenst\u00e4nde in gro\u00dfer Entfernung.\nIl + II2 = Binoculare Mischung der Intensit\u00e4ten in der Fl\u00e4che.\n11\t+ H3 = Wahrnehmung stereoskopischen Glanzes auf nicht stereo-\nskopisch gesehener Fl\u00e4che.\n^\t= Stereoskopisches Sehen von K\u00f6rpern mit matter Oberfl\u00e4che.\n12\t+ II3 = Wahrnehmung der Spiegelung, des Oberfl\u00e4chenglanzes und\nder Durchsichtigkeit auf Grund der binocularen Parallaxe.\n13\t+ Hi (od. II2 od. II3) = Doppelbilder.\nDer Hinzutritt der unter III. und IV. aufgef\u00fchrten M\u00f6glichkeiten bedingt die Farbigkeit des' Eindrucks resp. den Wettstreit der Sehfelder hinsichtlich Farbe und S\u00e4ttigung.","page":188},{"file":"p0189.txt","language":"de","ocr_de":"Der Metallglanz und die Parallaxe des indirecten Sehens.\n189\nTafel\nder M\u00f6glichkeiten des monocnlaren Sehens.\nI.\nBegrenzungslinien.\n1.\tBei Aenderungen der Accommodation und bei solchen Verschiebungen der Bilder im Gesichtsfeld, bei welchen die Distanzen der Objectpunkte von einander und vom Augenmittelpunkt constant bleiben, bleibt die Configuration der Begrenzungslinien sieh selbst congruent:\n(Monoculares Sehen der Conturen von Gegenst\u00e4nden in grosser Entfernung, sowie der Theile \u00e4quidistanter Fl\u00e4chen.)1)\n2.\tBei den unter 1 erw\u00e4hnten Aenderungen der Accommodation und der Lage der Bilder auf derNetzhaut \u00e4ndert sich die Configuration der Begrenzungslinien :\n(Parallaxe des indirecten Sehens.)\nII.\nIntensit\u00e4t.\n1. Bei den unter L genanntenAenderungen bleiben die Intensit\u00e4ten unge\u00e4ndert.\n2. Bei den erw\u00e4hnten Aenderungen der Accommodation und der Lage der Bilder auf der Netzhaut treten Aenderungen der Intensit\u00e4ten ein.\nIII.\nFarbenton.\n1. Bei den unter L genanntenAenderungen bleibt der Farbenton der Eindr\u00fccke unge\u00e4ndert.\n2. Die erw\u00e4hnten Aenderungen verursachen Ver\u00e4nderungen im Farbenton.\nIV.\nS\u00e4ttigung.\n1. Bei den unter It genanntenAenderungen bleibt die S\u00e4ttigung der farbigen Eindr\u00fccke unge\u00e4ndert.\n2. Bei den erw\u00e4hnten Aenderungen treten Ver\u00e4nderungen in der S\u00e4ttigung der farbigen Eindr\u00fccke ein.\nCombinationen aus vorstehenden M\u00f6glichkeiten.\nIi + Hi = Monoculares Sehen von Objecten in gr\u00f6\u00dferer Entfernung, sowie von Theilen \u00e4quidistanter Fl\u00e4chen.\n11\tII2 = Wahrnehmung des Metallglanzes (bei punktf\u00f6rmigen Licht-\neindr\u00fccken des Glitzerns).\n12\t-f- IIi = Monoeulare Tiefenwahrnehmung von K\u00f6rpern mit matter\nOberfl\u00e4che.\nI2 + II2 = Monoeulare Tiefenwahrnehmung von K\u00f6rpern mit gl\u00e4nzender Oberfl\u00e4che.\nDer Hinzutritt der unter III] und IVi aufgef\u00fchrten M\u00f6glichkeiten bedingt die Farbigkeit der Eindr\u00fccke. Die unter IIIo und IV2 aufgef\u00fchrten Verh\u00e4ltnisse bedingen das (monocular wahrzunehmende) Irisiren und Changiren der F arben.\n1) Unter \u00e4quidistanten Fl\u00e4chen sind hier wie in der anderen Tafel Kugelfl\u00e4chen zu verstehen, deren Mittelpunkt im Drehungscentrum des Auges liegt.","page":189}],"identifier":"lit4527","issued":"1895","language":"de","pages":"147-189","startpages":"147","title":"Der Metallglanz und die Parallaxe des indirecten Sehens","type":"Journal Article","volume":"11"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T13:08:14.788334+00:00"}