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{"created":"2022-01-31T14:22:56.692268+00:00","id":"lit4557","links":{},"metadata":{"alternative":"Philosophische Studien","contributors":[{"name":"Krueger, Felix","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Philosophische Studien 17: 185-310","fulltext":[{"file":"p0185.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Theorie der Combinationst\u00f6ne.\nVon\nFelix Krueger.\nEinleitung.\nIm vorigen Bande dieser Zeitschrift (59, 307ff., 568ff.)1) berichtete ich \u00fcber eine Reihe von Beobachtungen an Stimmgabelzweikl\u00e4ngen. Ich habe jetzt die historischen und theoretischen Zusammenh\u00e4nge anzugehen, denen die beobachteten Thatsachen sich einf\u00fcgen.\nDie physiologische Akustik befindet sich gegenw\u00e4rtig in einer lebhaften Bewegung. Am meisten umstritten ist die physiologische Entstehung der Combinationst\u00f6ne; dieses Problem ist von entscheidender Bedeutung f\u00fcr die Theorie des H\u00f6rens \u00fcberhaupt. Das ist der Gesichtspunkt, unter dem die vorliegende Studie steht. Es sollen zun\u00e4chst von den bisher vorliegenden Angaben \u00fcber die Combinations-erscheinungen alle wichtigeren zusammengestellt und kritisch verglichen werden (Capitel I und II). Danach wird der Streit der Theorien zu er\u00f6rtern sein. Wie verhalten sich die bisher versuchten Zusammenfassungen und Erkl\u00e4rungen zu den Thatsachen? Welche Conseq\u00fcenzen ergeben sich aus den Beobachtungen \u00fcber Combinationst\u00f6ne und verwandte Erscheinungen f\u00fcr die physiologische Akustik?2).\n1)\tDie eingeklammerten Zahlen beziehen sich auf die Nummern des ange-h\u00e4ngten Litteraturverzeiehnisses.\n2)\tDie am Schl\u00fcsse meiner vorigen Arbeit (59, S. 623; vgl. 311) angek\u00fcndigte Untersuchung \u00fcber das Consonanzproblem wird den Gegenstand einer besonderen, dritten Abhandlung bilden. Die Frage, welche Bedeutung die that-s\u00e4chlich festgestellten Combinationserscheinungen f\u00fcr den psychologischen Eindruck der Kl\u00e4nge, besonders f\u00fcr die Consonanz und Dissonanz besitzen, ist unabh\u00e4ngig von der physiologischen Erkl\u00e4rung dieser Erscheinungen.\nWundt, Philos. Studien. XVII.\n13","page":185},{"file":"p0186.txt","language":"de","ocr_de":"186\nFelix Krueger.\nErstes Capitel.\nDie Thatsaclien.\nZahlreiche irrth\u00fcmliche Beschreibungen der Combinationserschei-nungen und weiter reichende theoretische Differenzen erkl\u00e4ren sich aus der L\u00fcckenhaftigkeit der Beobachtungen, die es hier im Zusammenh\u00e4nge zu begreifen galt. Viele Theoretiker waren selbst mit den thats\u00e4chlichen Ergebnissen ihrer Vorg\u00e4nger nur ungenau vertraut; die meisten verzichteten, wie es scheint, von vornherein darauf, den Widerstreit der Vorgefundenen Angaben kritisch zu schlichten. Ich konnte durch meine Versuche das Beohachtungsmaterial erheblich vermehren und erg\u00e4nzen. Eben dadurch gelang es, auch in der \u00e4lteren Litteratur werthvolle Angaben nachtr\u00e4glich besser zu w\u00fcrdigen, zweifelhafte historisch zu verstehen und nach M\u00f6glichkeit nutzbar zu machen.\na) Eigene Beobachtungen \u00fcber die Combinations-erscheinungen.\nUm die Er\u00f6rterung zu vereinfachen, und schon im Interesse einer eindeutigen Bezeichnungsweise, muss ich zun\u00e4chst die Hauptergebnisse meiner eigenen Versuche noch einmal zusammenfassen.\nDanach gilt Folgendes als Regel:\nAus dem Zusammenklange zweier ann\u00e4hernd gleich starker T\u00f6ne von mittlerer Lage (200 bis 1500 Schwingungen) entstehen ein Summationston und 4 bis 5 Differenzt\u00f6ne. Die Tonh\u00f6hen dieser Differenzt\u00f6ne sind derart zu berechnen, dass man zun\u00e4chst die Schwingungszahlen der prim\u00e4ren T\u00f6ne und dann fortgesetzt die beiden kleinsten Schwingungszahlen von einander subtrahirt. Zum Beispiel heim Zusammenklange der T\u00f6ne 1024 [n = e3] und 1328 [\u00ab'] : A = nl \u2014 n = 304; Di \u2014 n \u2014 Di \u2014 720; A = A \u2014 TJl = 416; Dt =\nA - A = 112; A = A - A = 192.\nDiese Regel erleidet einige leicht erkl\u00e4rbare Einschr\u00e4nkungen. Vor allem durch die Thatsache der Verschmelzung nahe benachbarter T\u00f6ne. Wie zwei prim\u00e4re T\u00f6ne, deren H\u00f6henunterschied","page":186},{"file":"p0187.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Theorie der Combinationst\u00f6ne.\n187\nweniger als einen halben Ton betr\u00e4gt, g\u00e4nzlich zu einem Zwischenton verschmelzen, so gibt es auch Zwischent\u00f6ne aus Differenzt\u00f6nen. Sind zwei benachbarte Differenzt\u00f6ne noch zu weit von einander entfernt, um v\u00f6llig zu verschmelzen, so h\u00f6rt man nicht selten einen Zwischenton und daneben einen der constituirenden T\u00f6ne oder beide. Dadurch kann die Zahl der wahrnehmbaren Differenzt\u00f6ne bis auf sechs steigen (vgl. 59, S. 658, M\u00f657 hei 512 + 944). Andrerseits vermindert sich diese Zahl nat\u00fcrlich da, wo zwei oder mehr D-T\u00f6ne mit einander oder mit dem Grundton ganz verschmelzen oder zusammenfallen. Man sieht schon theoretisch leicht ein, dass die Mehrzahl aller die Doppeloctave nicht wesentlich \u00fcberschreitenden Intervalle mindestens einen Differenzton enthalten muss, der einem anderen zu nahe liegt, um gesondert hervortreten zu k\u00f6nnen. \u2014 Die meisten Intervalle, die innerhalb der angegebenen Grenzen bleiben, enthalten ferner (namentlich bei tieferer Lage der prim\u00e4ren T\u00f6ne) einen theoretischen Differenzton, der zu tief ist, um als Ton, oder um \u00fcberhaupt wahrgenommen zu werden. Die untere H\u00f6rgrenze der Differenzt\u00f6ne liegt, m\u00e4\u00dfige Intensit\u00e4t des prim\u00e4ren Klanges vorausgesetzt, hei etwa 44 Schwingungen; f\u00fcr D-T\u00f6ne h\u00f6herer Ordnung noch etwas h\u00f6her. Der Differenzton 5. Ordnung wird hiervon wie auch von der Zwischentonverschmelzung am h\u00e4ufigsten betroffen (die anderen in abnehmendem Ma\u00dfe mit abnehmender Ordnungszahl). I). war denn auch kaum mit Sicherheit festzustellen, wenn beide Prim\u00e4rt\u00f6ne tiefer als 512 lagen; im \u00fcbrigen trat er nur sporadisch und fast nie anders als in Zwischentonverschmelzung auf. Meistens war sein Vorhandensein nur aus Schwebungen und aus der Verst\u00e4rkung eines anderen D zu erkennen. Er ist durchschnittlich weitaus der leiseste und undeutlichste Differenzton. D-T\u00f6ne 1. bis 4. Ordnung, deren Schwingungszahl \u00fcber der H\u00f6rgrenze hegt, treten selten so weit zur\u00fcck, dass sie auch hei wiederholter Untersuchung des Klanges unvemehmlich bleiben; D, und D% nur dann zuweilen, wenn sie (bei Intervallen jenseits der Octave) h\u00f6her als n, zwischen den Prim\u00e4rt\u00f6nen liegen. (Vgl. hierzu au\u00dfer dem eingangs citirten Experimentalberichte S. 208 ff. dieses Capitels). Bei einem einzelnen Versuche k\u00f6nnen nat\u00fcrlich zuf\u00e4llige Umst\u00e4nde zur Folge haben, dass bald der eine, bald der andere Combinationston unentdeckt bleibt. Erst durch genaue Analysen und durch Vergleichen zahlreicher Kl\u00e4nge ergab sich\n13*","page":187},{"file":"p0188.txt","language":"de","ocr_de":"188\nFelix Krueger.\ndie oben aufgestellte Regel als einfachste zusammenfassende Beschreibung der Thatsachen.\nDie Intervalle von relativ einfachem Schwingungsverh\u00e4ltniss der Prim\u00e4rt\u00f6ne sind dadurch ausgezeichnet, dass hier auch die Combi-nationst\u00f6ne unter einander und zu den Prim\u00e4rt\u00f6nen s\u00e4mmtlich harmonisch sind. Ferner fallen hier regelm\u00e4\u00dfig zwei oder mehr Differenzt\u00f6ne mit einander oder mit dem Grundtone zusammen. Und zwar treffen bei den vollkommensten Oonsonanzen die meisten, bei den unvollkommeneren weniger Differenzt\u00f6ne auf einander. Die Prime und die Octave k\u00f6nnen \u00fcberhaupt keinen D h\u00f6ren lassen, weil hier einer mit 0, die andern alle mit dem Grundton zusammenfallen. Die\nQuinte und die Duodecime haben nur je einen Differenzton | \u2014\nbezw. 2n) ; bei der Quarte, der gro\u00dfen Sexte, gro\u00dfen Decime und Doppeloctave ist die Zahl der Z)-T\u00f6ne auf zwei beschr\u00e4nkt u. s. f. Dr\u00fcckt man in der \u00fcblichen Weise das Schwingungsverh\u00e4ltniss der consonanten Kl\u00e4nge durch m\u00f6glichst kleine Zahlen aus, so entspricht jeweils die Zahl 1 dem tiefsten m\u00f6glichen Differenzton. Dieser tiefste Theilton von der Yerh\u00e4ltnisszahl 1 ist es zugleich, auf den bei allen Oonsonanzen zwei oder mehr Differenzt\u00f6ne sich vereinigen. Das Aufeinanderfallen mehrerer D-T\u00f6ne hat zur Folge eine Verst\u00e4rkung des betreffenden \u00bbcharakteristischen\u00ab Tones (vgl. die Zusammenfassung unten Cap. II, 3) Diese Verst\u00e4rkung ist bei den unvollkommensten Oonsonanzen, wo I)- mit einem andern D zusammenf\u00e4llt, am geringsten und theilweise nicht sicher nachzuweisen; es gelang mir bisher nur in den F\u00e4llen, wo D5 mit einem Dl oder D.t verschmilzt (kleine Terz und kleine Septime), oder wo der fragliche Ton relativ hoch\nn \\\n=4 = 3 ) \u2019\nWahrscheinlichkeit noch f\u00fcr die None und kleine Decime. Dasselbe gilt f\u00fcr die Schwebungen, an denen Ds nur mit einem anderen I) betlieiligt ist.\nDifferenzt\u00f6ne verhalten sich nicht nur im Punkte der Zwischentonverschmelzung und der wechselseitigen Verst\u00e4rkung ganz wie prim\u00e4re T\u00f6ne, sondern auch hinsichtlich der Schwebungen. Von den unbegrenzt vielen Intervallen, die zwischen Prime und Doppeloctave liegen, sind nur die consonanten als frei von Schwebungen\nliegt (Tredecime und Quatuordecime: D5=3 bezw. Z)5\nmit","page":188},{"file":"p0189.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Theorie der Combinationst\u00f6ne.\n189\nzu betrachten. Verstimmt man eines dieser Intervalle von relativ einfachen Schwingungsverh\u00e4ltnissen, so entstehen Schwebungen zwischen den jetzt von einander abr\u00fcckenden (und zun\u00e4chst zu einem Zwischenton verschmelzenden) Differenzt\u00f6nen. Diese Schwebungen werden mit fortschreitender Uebung immer sicherer geh\u00f6rt und den betheiligten D-T\u00f6nen zugeschrieben. Sie sind, unter sonst gleichen Umst\u00e4nden, mehr oder weniger aufdringlich je nach der Zahl und St\u00e4rke der einander benachbarten Theilt\u00f6ne. Der theoretische Abstand dieser Theilt\u00f6ne bedingt die Geschwindigkeit der Schwebungen.\nb) Historisch vorliegende Angaben1).\nDer deutsche Organist Sorge und der Geiger Tartini, die um 1740 bezw. 1754 die Differenzt\u00f6ne entdeckten, und ebenso deren Zeitgenossen scheinen bei Zweikl\u00e4ngen nie mehr als einen Differenzton beachtet zu haben.\nSorge h\u00f6rte an der Orgel bei einigen consonanten Zusammenkl\u00e4ngen aus zwei T\u00f6nen je einen \u00bbdritten Klang\u00ab, und zwar (2, Cap. 5), nach unsrer Bezeichnungsweise, bei der Quinte den Dl=i=i, bei der gro\u00dfen Terz den D1=4, bei der gro\u00dfen Sexte den D4=3. Die ersten Combinationst\u00f6ne also, von denen uns berichtet wird, waren durch das Zusammenfallen mehrerer in einen verst\u00e4rkt: es sind, neben dem charakteristischen Differenzton der Quarte, die st\u00e4rksten Combinationst\u00f6ne, die es \u00fcberhaupt gibt.\nSchon Tartini (3) stellte f\u00fcr die Tonh\u00f6he \u00bbdes\u00ab Combinations-tones eine allgemeine Regel auf. Sie erstreckt sich ausschlie\u00dflich auf die Intervalle, deren Schwingungsverh\u00e4ltniss durch zwei aufeinander folgende ganze Zahlen ausgedr\u00fcckt werden kann (2:3, 3:4 u. s. w.), und behauptet, dass hier jederzeit der Ton 2 [also die Octave des DJ neben den Prim\u00e4rt\u00f6nen zu h\u00f6ren sei. Diese Angabe hat man sp\u00e4ter schlechtweg als irrth\u00fcmlich bezeichnet. Aber bei den meisten Consonanzen \u2014 und solche hat auch Tartini vorzugsweise beobachtet \u2014 ergibt sich ja der Ton 2 als Differenzton h\u00f6herer Ordnung; bei den von ihm angef\u00fchrten Intervallen: der Quarte als\n1) Beitr\u00e4ge zur Geschichte der Differenzt\u00f6ne finden sich bei Vieth (8,266), Roeber (13), Helmholtz (17, 497) und neuerdings bei Meyer (46, 178).","page":189},{"file":"p0190.txt","language":"de","ocr_de":"190\nFelix Krueger.\nDt, der gro\u00dfen Terz als J)3, der kleinen Terz als Dv Es ist ferner zu beachten, dass Tartini an der obertonreichen Violine seine Bestimmungen machte: die beiden ersten Obert\u00f6ne des prim\u00e4ren Klanges ergeben jedesmal den von ihm geforderten Ton als ihren Dt. Wenn er freilich den Ton 2 auch f\u00fcr die Quinte notirt, wo er mit dem G-rundton zusammenfallen w\u00fcrde, so ist das wohl nur der Kegel zu Liebe geschehen.\nDass die ersten Beobachter immer nur einen Differenzton fanden, daran ist ohne Zweifel die Bevorzugung der consonanten Intervalle haupts\u00e4chlich schuld. Die Zahl der Diiferenzt\u00f6ne ist bei den Consonanzen thats\u00e4chlich beschr\u00e4nkt. Alle gleichzeitig vorhandenen Theilt\u00f6ne sind unter einander harmonisch und daher schwer zu unterscheiden. Endlich dr\u00e4ngt hier jedesmal ein Differenzton, der tiefste, durch seine verst\u00e4rkte Intensit\u00e4t die andern zur\u00fcck.\nIm Anf\u00e4nge unsres Jahrhunderts erweiterte Chladni '(6, 207; 7, 73) die Sorge\u2019sehe Bestimmung dahin, dass \u00fcberall, wo das Schwingungsverh\u00e4ltniss der Prim\u00e4rt\u00f6ne durch zwei relative Primzahlen ausgedr\u00fcckt werden kann, dem Combinationstone die Verh\u00e4ltniss-zahl 1 entspreche. Doch scheint Chladni diese unzutreffende Regel nur durch rechnerische Ueberlegungen gefunden zu haben.\nWilhelm Weber (1829; 10, 216) ber\u00fccksichtigte als erster auch irrationale Verh\u00e4ltnisse der Schwingungszahlen. Er corrigirt zun\u00e4chst den Zahlenwerth des \u00bb Tartini sehen Tones\u00ab im Sinne Sorge\u2019s. Des weiteren macht er die f\u00fcr viele F\u00e4lle richtige Bemerkung: auch solche Zweikl\u00e4nge, deren Schwingungsverh\u00e4ltnisse nicht allzuweit von den \u00bbw\u00e4hren Verh\u00e4ltnissen\u00ab abweichen, d. h. wenig verstimmte Consonanzen, erg\u00e4ben den (abgeschw\u00e4chten) B des n\u00e4chstgelegenen consonanten Intervalls. Wobei zu bedenken ist, dass selbst f\u00fcr prim\u00e4re T\u00f6ne von geringem H\u00f6henunterschied die Thatsache des Zwischentones erst in unsern Tagen, von Stumpf festgestellt ist. Weber speculirt weiter: bei einem Intervall, das zwischen 4 : 5 und 5: 6 liege, tr\u00e4ten m\u00f6glicherweise im Wechsel bald der D der gro\u00dfen, bald der der kleinen Terz sehr schwach hervor. Experimente seien erw\u00fcnscht. F\u00fcrs erste entwickelt Weber die Schwingungsverh\u00e4ltnisse der fraglichen Intervalle in einem Kettenbruche und berechnet daraus eine Reihe von N\u00e4lierungswerthen, deren jedem ein Combinationston entsprechen k\u00f6nne.","page":190},{"file":"p0191.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Theorie der Combinationst\u00f6ne.\n191\nWichtiger ist eine Reihe von Beobachtungen, die Weber seiner Abhandlung anf\u00fcgt. Sie waren ihm von Alexander von Humboldt mitgetheilt worden und stammten von einem franz\u00f6sischen Baron Blein (1827; 9).\nDieser ehemabge Genieoffizier untersuchte mit schwingenden Saiten eine Anzahl Zweikl\u00e4nge, die den Grundton c' 256 gemein hatten und gleichm\u00e4\u00dfig \u00fcber die eingestrichene Octave vertheilt waren. Es waren au\u00dfer der reinen Prime und Octave 19 Intervalle, darunter alle in der Musik gebr\u00e4uchlichen. Blein verzeichnet nun bei allen zwischen der Prime und der Quinte gelegenen Kl\u00e4ngen einen Combinationston, der mit D,\u2014, bei den \u00fcbrigen einen solchen, der mit D, genau \u00fcbereinstimmt. Der tiefste von Blein wahrgenommene Differenzton ist D{ 44. E\u00fcr 256 + 300 und drei andere, zwischen Quarte und Quinte stehende Intervalle notirt er je zwei Combinationst\u00f6ne, n\u00e4mlich unsere Dl und I)\u00ef >). Offenbar ist der gr\u00f6\u00dfere Theil der von Blein angegebenen Zahlenwerthe nicht durch reine Erfahrung gewonnen, sondern durch Rechnung corrigirt. 25tel Schwingungen kann Blein nicht mit dem Ohre unterschieden haben. Er gelangte wahrscheinlich halb inductiv, halb intuitiv zu dem richtigen Princip der einfachen Differenzen. Weber wei\u00df mit diesen Ergebnissen nicht viel anzufangen, er findet darin betr\u00e4chtliche Abweichungen von seiner (Weber\u2019s) Theorie und bedauert, dass Blein die \u00bbEntstehungsart der Tartini\u2019schen T\u00f6ne nicht gekannt\u00ab habe. Thats\u00e4chlich wird die Entstehung der Combinationst\u00f6ne noch heute sehr verschieden erkl\u00e4rt, und die Erfahrung best\u00e4tigt nur in den seltensten F\u00e4llen die Weber\u2019sehe Kettenbruchhypothese. Dagegen bedeuten Blein\u2019s Versuche einen entschiedenen Fortschritt auf dem einzigen Wege, der zu einem theoretischen Begreifen f\u00fchren kann: dem der experimentellen Beobachtung.\nWeber\u2019s Aufsatz veranlasste den schwedischen Akustiker G. G. H\u00e4llstr\u00f6m (11, 438; 1832), auf eine Reihe von Versuchen zur\u00fcckzukommen, deren Hauptergebnisse er schon im Jahre 1819 in einer\n1) Schon Thomas Young (5, 130\u2014133 bezw. 544f.) hatte bemerkt, dass der Zusammenklang zweier T\u00f6ne zuweilen zwei weitere T\u00f6ne enthalte; z. B. bei der gro\u00dfen Terz e':e' neben (7 [Z?1=4] noch g[D.2\\]. \u2014 Die Young\u2019sehen Angaben wurden in England zun\u00e4chst mehrfach bestritten; nach Gough beruhten sie lediglich auf Einbildung. Vergl. die Darstellung dieses Streites bei Yieth (8, 266).","page":191},{"file":"p0192.txt","language":"de","ocr_de":"192\nFelix Krueger.\nDissertation niedergelegt hatte. Angeregt durch den theoretischen Streit der englischen Physiker, analysirte H\u00e4llstr\u00f6m mit hoher Voraussetzungslosigkeit eine gro\u00dfe Anzahl Zweikl\u00e4nge aus Violin-nnd Orgelt\u00f6nen. Das Chi ad ni\u2019sehe, seinerzeit von vielen angenommene Gesetz w\u00fcrde fordern, dass bei allm\u00e4hlicher Verstimmung eines Intervalls der Combinationston ebenso wie die Zahl der Schwebungen sich sprungweise \u00e4nderte. H\u00e4llstr\u00f6m \u00fcberzeugte sich durch das Experiment, dass in diesem Falle die Natur einfacher sei als die herk\u00f6mmliche Theorie.\nAn einer \u00bbvortrefflichen Orgel\u00ab z\u00e4hlte er in mehrfach wiederholten Versuchen die Schwebungen, die bei s\u00e4mmtlichen kleinen Secunden der Contraoctave (C\\ \u2014 ca. 33; C, + Cisv Cist -f- I)i u. s. f.) zu h\u00f6ren waren. Die Mittelwerthe schienen ihm jeweils fast genau der Differenz der Schwingungszahlen zu entsprechen1). H\u00e4llstr\u00f6m stellte unzweideutig fest, dass mit zunehmendem Abstande zweier benachbarter T\u00f6ne die Geschwindigkeit ihrer Schwebungen conti-nuirlich zunimmt, dass also die Zahl der Schwebungen dem Schwingungsunterschiede der betheiligten T\u00f6ne proportional ist.\nDie Differenzt\u00f6ne verfolgte er an Zweikl\u00e4ngen der Violine. Seinem Experimentalberichte stellt er eine Uebersicht derjenigen Combinationst\u00f6ne voran, die man nach seinen Erfahrungen bei Zweikl\u00e4ngen erwarten k\u00f6nne, wenn sie auch nicht immer stark genug seien, um wirklich zu Geh\u00f6r zu kommen. Hier werden vier Arten Combinationst\u00f6ne unterschieden: ein erster = n' \u2014 n [identisch mit dem I)l unsrer Bezeichnungsweise]; ein zweiter als Differenz des Grundtones und des ersten D zu berechnender \u2014 2n \u2014 n' ; [A; jenseits der Octave mit \u2014 1 zu multipliciren] ; ein dritter gleich der Differenz des zw\u00e9iten I) und des h\u00f6heren Prim\u00e4rtones = 2 in' \u2014 n). Auf diesen dritten Combinationston H\u00e4llstr\u00f6m\u2019s komme ich nach dem Berichte \u00fcber seine Ergebnisse zur\u00fcck. Er f\u00fchrt in seinem Schema endlich einen vierten Combinationston an, aus der Differenz des ersten und des zweiten =3n \u2014 2 n} [T):j bei Intervallen innerhalb einer Octave; die Formel ist f\u00fcr die Intervalle zwischen Quinte und Octave mit entgegengesetzten Vorzeichen zu schreiben],\n1) Thats\u00e4chlich gibt H\u00e4llstr\u00f6m in seiner Arbeit durchg\u00e4ngig die doppelten Differenzen an; er hat das aber sp\u00e4ter (im 15. Jahresberichte von Berzelius; auf ein Versehen zur\u00fcckgef\u00fchrt und richtig gestellt.","page":192},{"file":"p0193.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Theorie der Combinationst\u00f6ne.\n193\nDie tats\u00e4chlichen Beobachtungen erstrecken sich auf 29 durchweg in der Musik \u00fcbliche Intervalle mit verschiedenen Grundt\u00f6nen und innerhalb der H\u00f6hengrenzen el 256 bis e3 1280. Zwei von diesen Kl\u00e4ngen waren weiter als eine Octave, n\u00e4mlich hx + cP und h' + e3. \u2014 Die kleine Secunde c* + m2 war das einzige Intervall, bei dem H\u00e4llstr\u00f6m keine Spur eines Combinationstones entdecken konnte. Bei der Quinte c2 + <f [Dl=t=i=s = e'\\ D3= 0] verzeichnet er c' als m\u00f6glich; er sei aber \u00bbnicht leicht von c2 [n] unterscheidbar\u00ab. Von den anderen 27 Intervallen enthielten 13 f\u00fcr H\u00e4llstr\u00f6m\u2019s Ohr je zwei deutliche Combinationst\u00f6ne, und zwar: die kleine Terz h' dl [nach unsrer Kennweise]: Dt etwas st\u00e4rker als I)3] die kleine Terz fis\"- + a2: I),=- > Ds. Die gro\u00dfe Terz c2 -}- er : I), Ds. Die Quarte cP + f1 : Dt f> D1=3; die Quarten dl + g\", dis2 + gis2 und fis2 + h2 : Di=i und Ds, gleich deutlich. Die kleinen Sexten e2 + c3, fis2 + cP, h{ + g2 :Bi und Dr Die gro\u00dfe Sexte d2 + h2 :1)l deutlicher als Di=y Die kleine Decime h' + d3 : L)\u00b1 und D.s. Die Undecime h' + cd : I).,\tD3=4.\nBei der kleinen Septime c* + b2 verzeichnet H\u00e4llstr\u00f6m: \u00bb//\u2019 [.D{ ] deutheh, wenn gleich wegen des murmelnden B [D2, schwebend mit Dr>?] rauh\u00ab. F\u00fcr die \u00fcbrigen 14 Kl\u00e4nge notirt er nur je einen Combinationston, und zwar: f\u00fcr eine gro\u00dfe Terz [D4=4J, eine verminderte Quinte (e2 + b2), eine kleine Sexte, zwei gro\u00dfe Sexten und eine kleine Septime, also 6mal, den I){ ; f\u00fcr eine gro\u00dfe Secunde, eine verminderte kleine Terz (c2 + dis2), eine Quarte und eine verminderte Quinte (c\u2018! + fis2), also 4mal, den Dt\\ f\u00fcr eine gro\u00dfe Septime den D3 ; f\u00fcr eine gro\u00dfe Secunde und zwei kleine Terzen den T)v\nDer bei der gro\u00dfen Secunde c2 + cP hervorgetretene I)i ist in H\u00e4llstr\u00f6m\u2019s Schema nicht enthalten; ebensowenig der D3, den er bei der kleinen Decime und bei der Undecime h\u00f6rte. Den dritten Combinationston seines Schemas h\u00f6rte er thats\u00e4chlich nur bei (3 von 4) kleinen Terzen, wo der Zahlenwerth dieses Tones ausnahmsweise mit demjenigen unseres D4 \u2014, und einmal bei der gro\u00dfen Terz, wo er mit unserm D3 zusammenf\u00e4llt. H\u00e4llstr\u00f6m gibt f\u00fcr seinen dritten Combinationston \u2014 wir wollen ihn Dm nennen \u2014 die Formel : 2(n' \u2014 n). Diese Formel f\u00fchrt naturgem\u00e4\u00df \u00fcberall auf die Octave des -D,. Leitet man den Dm jedoch mit H\u00e4llstr\u00f6m aus der Combination des h\u00f6heren Prim\u00e4rtons mit dem zweiten Differenzton","page":193},{"file":"p0194.txt","language":"de","ocr_de":"194\nFelix Krueger.\nab {n' \u2014 Dt), so erh\u00e4lt man nur f\u00fcr die Intervalle der ersten Periode den Werth 2 \u2022 D{ ; jenseits der Octave dagegen jederzeit die Octave des Grundtones, 2 n.\nF\u00fcr den D,n \u2014 2 \u25a0 Dt finden sich auch sonst in der Lit-teratur nur ganz vereinzelte Angaben, wobei stets die M\u00f6glichkeit einer Octavent\u00e4uscliung oder eines Differenztones aus 2 n und 2 n', also aus den beiden ersten Obert\u00f6nen offen bleibt. In meinen Versuchen wurden (vgl. 59, 369) bei verstimmten gro\u00dfen Terzen der dreigestrichenen Octave nicht selten die Schwebungen auch oder ausschlie\u00dflich dem D3 zugeschrieben, der hier die h\u00f6here Octave des charakteristischen ZDt+4 bildet und mit H\u00e4llstr\u00f6m\u2019s Um schweben k\u00f6nnte. Aber U3 h\u00e4tte dann regelm\u00e4\u00dfig seiner H\u00f6he nach zu diesem Tone m\u00fcssen hingezogen erscheinen, was nicht der Fall war; eine Octavent\u00e4uschung hinsichtlich des Tr\u00e4gers der Schwebungen begegnete zuweilen auch bei anderen verstimmten Consonanzen, namentlich beim Tritonus derselben Octave (D, statt ZD3+i), wo jene Deutung versagt. Die H\u00f6henlage der Schwebungen zu bestimmen ist nat\u00fcrlich da besonders schwierig, wo sie leise und undeutlich sind, und wo \u00fcber dem charakteristischen Schwebungston noch andere Theilt\u00f6ne wahrgenommen werden, die mit jenem harmoniren1 *). Bei tieferer Tonlage des prim\u00e4ren Klanges wird das Urtheil \u00fcber den Tr\u00e4ger von Terzenschwebungen dadurch leicht irre gef\u00fchrt, dass gleichzeitig an den h\u00f6heren Differenzt\u00f6nen die der verstimmten Prime charakteristischen Schwebungen, zum mindesten als feine Rauhigkeit noch zu versp\u00fcren sind. Nur zweimal finde ich in allen meinen Protocollen die Angabe, dass ein gesonderter, mit anderen Differenzt\u00f6nen nicht zusammenfallender Dm zu h\u00f6ren sei. Erstens bei 512 -f- 600 (vgl. meine Tabelle III in 59, S. 630, Me8), wo Hr. Me. neben D{ und I)i den Ton 164, \u00bbetwa die Octave des tieferen\u00ab no-tirte [.D{ 88]; ich selbst glaubte unmittelbar an den Gabeln, wie am Ende der Leitung \u00fcber dem deutlichen, brummenden I)t undeutlich, aber sicher 172 zu vernehmen. Wie ich sp\u00e4ter ausrechnete, entspricht f\u00fcr dieses Intervall der Werth 160 dem D5; wahrscheinlich handelt es sich also um eine subjective Angleichung dieses stets\n1) Das ist z. B. bei der W\u00fcrdigung der unten (S. 199) citirten Beobachtun-\ngen von Helmholtz zu ber\u00fccksichtigen.","page":194},{"file":"p0195.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Theorie der Combinationst\u00f6ne.\n195\nsehr leisen Differenztones an die Octave des I)l. Der zweite Fall betrifft den nahezu reinen Tritonus ca. 250 + 350. Hier bestimmte Hr. M\u00f6. sehr genau einen ZDi+l 138 und den jD3=1 49 (Bestimmung durch die h\u00f6here Octave), sowie als leisesten Differenzton Di 150; dazu, scheinbar etwas st\u00e4rker als : 198. Ich konnte im Beohachterzimmer die ersten drei Angaben sehr ann\u00e4hernd best\u00e4tigen, h\u00f6rte aber sowohl dort wie an den Gabeln nicht 198, sondern dessen tiefere Octave ca. 100 [D{\\.\nH\u00e4llstr\u00f6m beschr\u00e4nkte, wie man sieht, seine Versuche auf eine ziemlich kleine Auswahl von Intervallen. Er selbst erkannte als erster meines Wissens, dass die Zahl der m\u00f6glichen Differenzt\u00f6ne hei den verschiedenen Intervallen mehr oder weniger begrenzt ist, am engsten bei den vollkommensten Oonsonanzen. H\u00e4tte er die Dissonanzen st\u00e4rker ber\u00fccksichtigt, so w\u00e4ren seine Ergebnisse noch mannigfaltiger und zugleich einheitlicher geworden. Die Tonh\u00f6hen der geh\u00f6rten Combinationst\u00f6ne bestimmte er offenbar ohne Vergleichst\u00f6ne, unmittelbar aus seinem Intervallged\u00e4chtniss. So erkl\u00e4rt es sich, dass er die gefundenen T\u00f6ne einfach mit den Namen der musikalischen Leiter bezeichnet, und ferner, dass die wichtige Thatsache der Zwischentonverschmelzung nahe benachbarter Differenzt\u00f6ne ihm verborgen blieb. Bemerkenswerth ist endlich, dass nach H\u00e4llstr\u00f6m\u2019s Befunden im Gegensatz zu den meinigen die charakteristischen (zusammenfallenden) Differenzt\u00f6ne der Consonanzen nicht immer die st\u00e4rksten jeweils vorhandenen waren und zuweilen gar nicht festgestellt wurden. Abgesehen von der Verschiedenheit der Klangquellen kommt hier zun\u00e4chst seine ungenaue Art der Tonbestimmung in Betracht, wobei Octavent\u00e4uschungen und andere Verwechslungen zwischen harmonischen T\u00f6nen unvermeidlich sind. Ferner kann auch der beste Geiger einen Zweiklang nicht mit mathematischer Genauigkeit und nicht immer gleich rein greifen. Nun treten aber, wie ich fr\u00fcher ausf\u00fchrlich beschrieben habe, bei jeder Verstimmung eines consonanten Intervalls die tiefen zusammenfallenden Theilt\u00f6ne verh\u00e4ltnissm\u00e4\u00dfig weit auseinander, sodass aus dem starken und deutlichen Hauptcom-hinationston ein unklarer und ahgeschw\u00e4chter Zwischen-Differenzton wird. Die hei verstimmten Oonsonanzen regelm\u00e4\u00dfig auftretenden Ger\u00e4usche verst\u00e4rkt der Geiger noch durch die Reibeger\u00e4usche des Bogens. Dergleichen Nebenempfindungen erschweren und beschr\u00e4nken","page":195},{"file":"p0196.txt","language":"de","ocr_de":"196\nFelix Krueger.\ndie Analyse. Gelegentlich der gro\u00dfen Septime c* + A* berichtet H\u00e4llstr\u00f6m: *g' [D3] unter dem Ger\u00e4usch der \u00fcbrigen h\u00f6rbar\u00ab.\nDie \u00e4ltere Theorie hatte so ausschlie\u00dflich die einfachsten Schwingungsverh\u00e4ltnisse im Auge, dass sie1) immer nur von dem \u00bbtiefen harmonischen Tone\u00ab redete. Auch die mathematische Construction Weber\u2019s beruht im Grunde auf einer theoretischen Bevorzugung der Consonanzen. H\u00e4llstr\u00f6m \u00fcberwand principiell diese Einseitigkeit. Er bewies durch das Experiment, dass oft auch \u00e4u\u00dferst dissonirende Differenzt\u00f6ne zu h\u00f6ren sind, und f\u00fchrte deshalb den (von Vieth vorgeschlagenen) Ausdruck \u00bbCombinationst\u00f6ne\u00ab endg\u00fcltig in den wissenschaftlichen Sprachgebrauch ein. Ebenso erkannte er die herk\u00f6mmliche Meinung als ein Vorurtheil, wonach die Combinationst\u00f6ne noth-wendig tiefer w\u00e4ren, als beide Prim\u00e4rt\u00f6ne. Sein theoretischer Dm m\u00fcsste schon bei der Quinte den Grundton \u00fcbersteigen, wie es Di jenseits der Octave, Dt bei der Duodecime thut. Wenn H\u00e4llstr\u00f6m trotz dieser allgemeinen Einsicht niemals einen zwischenliegenden D beobachtet hat, so beruht das z. Th. auf der relativen Schw\u00e4che und Undeutlichkeit dieser T\u00f6ne (vgl. unten S. 210 und Cap. II, 3).\nH\u00e4llstr\u00f6m hatte gelegentlich bei der gro\u00dfen Septime C{ + //, neben einem st\u00f6renden Ger\u00e4usche starke Octavenst\u00f6\u00dfe bemerkt und diese Schwebungen auf die Interferenz des Grundtones mit dem ersten Combinationston zur\u00fcckgef\u00fchrt. Genauer wurden solche nicht unmittelbar durch die Prim\u00e4rt\u00f6ne erzeugten Schwebungen von dem Krefelder Kaufmann H. Scheibler untersucht. Den ausf\u00fchrlichsten Bericht \u00fcber diese Versuche lieferte der B\u00fcrgerschullehrer A. Roeber (1834; 12, 333\u2014362 und 492\u2014510). Getrieben von dem praktischen Bed\u00fcrfniss nach einer exacten Methode des Stimmens, z\u00e4hlte Scheibler mit H\u00fclfe eines verschiebbaren Pendels die Schwebungen zahlreicher Zusammenkl\u00e4nge von Stimmgabel-Resonanzt\u00f6nen. Zun\u00e4chst stellte er endg\u00fcltig fest, dass die Schwebungen der verstimmten Prime an Zahl genau gleich sind der Differenz der Doppelschwingungen der erzeugenden T\u00f6ne. Die Verschmelzungsgrenze der Schwebungen zu einer einheitlichen Empfindung bestimmte er auf nur 16 p. sec., ohne die H\u00f6henlage zu ber\u00fccksichtigen. Weiterhin entdeckte er in\n1) Namentlich in England; vgl. jedoch schon Komieus \u00bbsons harmoniques graves\u00ab (1). Diese Abhandlung war mir im Original nicht zug\u00e4nglich.","page":196},{"file":"p0197.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Theorie der Combinationst\u00f6ne.\n197\nverstimmten Accorden Schwebungen \u00bbh\u00f6heren Grades\u00ab, deren Geschwindigkeit auf die Betheiligung von Diiferenzt\u00f6nen schlie\u00dfen lie\u00df. Die Differenzt\u00f6ne selbst und die H\u00f6henlage der Schwebungen wurden nicht besonders untersucht. Scheibler st\u00fctzte sich auf die Ergebnisse H\u00e4llstr\u00f6m\u2019s und auf die Annahme, dass alle Schwebungen jenseits der Yerschmelzungsgrenze einfach in einen Combinationston \u00fcbergingen. Wiederholentlich h\u00f6rte er Octavenst\u00f6\u00dfe und erkannte das Gesetz ihrer Geschwindigkeit [$vni = n \u2014 DJ. Die verstimmte Doppeloctave n : 4w \u2014 4 ergab 4 Schwebungen p. sec., die auf das Zusammenwirken des Grundtones mit D.3 zur\u00fcckgef\u00fchrt wurden. Im \u00fcbrigen handelte es sich stets um disharmonische Drei- und Vierkl\u00e4nge und um Schwebungen, f\u00fcr die man Differenzt\u00f6ne erster oder zweiter Ordnung verantwortlich machen konnte. Die messende Beobachtung ergab regelm\u00e4\u00dfig die theoretisch erwartete Geschwindigkeit der Schwebungen; d. h. die sorgf\u00e4ltig festgestellten Schwebungszahlen waren jedesmal sehr ann\u00e4hernd gleich dem Schwingungsunterschiede der beiden n\u00e4chstbenachbarten, nach H\u00e4llstr\u00f6m berechneten Combinationst\u00f6ne. Die \u00bbH\u00f6rbarkeit\u00ab der beobachteten Schwebungen war im allgemeinen um so geringer, je h\u00f6her die Ordnungszahl der als betheiligt angenommenen Differenzt\u00f6ne war. Scheibler entwickelte aus seinen Ergebnissen verschiedene Methoden, um Octaven und engere Intervalle mit H\u00fclfe der Schwebungen- rein abzustimmen, und er selbst verfuhr praktisch danach. Hinsichtlich der Differenzt\u00f6ne zieht Boeber aus alledem den Schluss, \u00bbdass die Combinationst\u00f6ne, gleichwie die gew\u00f6hnlichen T\u00f6ne, beim Zusammentreffen St\u00f6\u00dfe erzeugen, deren Zahl gleich der Differenz derjenigen Vibrationszahlen ist, durch welche die Combinationst\u00f6ne auszudr\u00fccken sind\u00ab. In diesem Sinne formulirte er allgemein die Schwebungsgeschwindigkeit f\u00fcr die verstimmte Octave, Quinte, Quarte und die beiden Terzen.\nSoweit die Versuche Scheibler\u2019s mit meinen Beobachtungen an Zweikl\u00e4ngen verglichen werden k\u00f6nnen, haben sich seine Ergebnisse mir in allem Wesentlichen best\u00e4tigt. Alle secund\u00e4ren Schwebungsarten, die Scheibler und Boeber anf\u00fchren, sah auch ich auf Grund der Thatsachen mich gen\u00f6thigt zu unterscheiden, und zwar noch ehe ich die Boeber\u2019sche Arbeit kannte. Da ich eine erheblich gr\u00f6\u00dfere Zahl von Zweikl\u00e4ngen untersuchte, konnte ich diese Schwebungen in verschiedenen Tonlagen genauer, namentlich auch bis an ihre","page":197},{"file":"p0198.txt","language":"de","ocr_de":"198\nFelix Krueger.\nVerschmelzungsgrenzen verfolgen. In vollkommener Analogie zu Roeber\u2019s theoretischer Betrachtungsweise fand ich au\u00dfer den genannten noch charakteristische Schwebungen um den Tritonus 5:7, die beiden Sexten, die nat\u00fcrliche Septime 4:7, die kleine Septime 5 : 9, und jenseits der Octave um die None, die verminderte Decime, die kleine und die gro\u00dfe Decime, die Undecime, Duodecime, Tre-decime, verminderte Quatuordecime 2 : 7 und Quatuordecime 3 : 11 ; Schwebungen, bei denen theilweise Differenzt\u00f6ne 4. und 5. Ordnung als betheiligt nachzuweisen sind. Bo eher hat in der theoretischen Discussion der Scheibler\u2019schen Versuche nachtr\u00e4glich (13, 38 f.) erkl\u00e4rt, die Herleitung der St\u00f6\u00dfe aus Combinationst\u00f6nen h\u00f6herer Ordnung besage nicht nothwendig, dass solche Combinationst\u00f6ne thats\u00e4chlich f\u00fcr jene Schwebungen verantwortlich zu machen seien; es handle sich zun\u00e4chst nur um eine einfache Ausdrucksweise. Ich habe mich nun bei den verschiedenartigen Schwebungen nicht darauf beschr\u00e4nkt, ihre Geschwindigkeit, St\u00e4rke und Deutlichkeit zu be-urtheilen, sondern habe \u00fcberall auch die H\u00f6henlage der Schwebungen d. h. die Schwingungszahlen der schwebenden und der an den Schwebungen unbetheiligten T\u00f6ne untersucht. (Im dritten Abschnitt des folgenden Oapitels muss diese Frage genauer er\u00f6rtert werden). Die Ergebnisse rechtfertigen das Ro eher\u2019sehe Verfahren der Beschreibung und Berechnung: es handelt sich thats\u00e4chlich um schwebende Differenzt\u00f6ne h\u00f6herer Ordnung.\nHelmholtz (1856; 17 und 18. Vgl. 21, S. 254; 325) gab den hier betrachteten Combinationst\u00f6nen den Namen Differenzt\u00f6ne, um sie von den Summationst\u00f6nen, die er entdeckt hat, zu unterscheiden. Auf seine theoretischen Anschauungen gehe ich erst in einem sp\u00e4teren Zusammenh\u00e4nge ein, wo ich auch von den theoretischen Er\u00f6rterungen der Scheibler\u2019schen und H\u00e4llstr\u00f6m\u2019schen Versuche das Wichtigste erw\u00e4hnen werde. Was die von Helmholtz mitgetheilten thats\u00e4chlichen Beobachtungen betrifft, so konnte er beim Zusammenklange zweier Stimmgabeln nur den ersten Differenzton (= n1 \u2014 n) \u00bbdeutlich\u00ab h\u00f6ren. An anderen Instrumenten (Orgelpfeifen, Violine) vernahm er unverkennbar auch den Differenzton 2. Ordnung; namentlich bei einer gro\u00dfen Terz, einen Tritonus 5: 7, einer kleinen und einer gro\u00dfen Sexte aus Sirenenkl\u00e4ngen; aber D{ war bei weitem deutlicher. Bei einer schwach verstimmten Octave, Quinte, Quarte","page":198},{"file":"p0199.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Theorie der Combinationst\u00f6ne.\n199\nund gro\u00dfen Terz constatirte er (mit abnehmender St\u00e4rke) die nach Scheibler zu erwartenden Schwebungen. Als schwebende T\u00f6ne glaubte er hier stets die Differenzt\u00f6ne zu h\u00f6ren, \u00bb welche Scheib 1er\u2019s Theorie fordert\u00ab. Indessen seien Octavent\u00e4uschungen dabei nicht ausgeschlossen. Helmholtz bezeichnet als seinem Ohre besonders wahrscheinliche Tr\u00e4ger der Schwebungen f\u00fcr die Quarte den D2 und f\u00fcr die gro\u00dfe Terz den Dr (Nach Roeber\u2019s Berechnung und nach meinen Beobachtungen schwebt im ersten Falle vielmehr D1=3, die tiefere Octave des I)\u00b1 und im zweiten Di=i, die tiefere Octave des D.y Helmholtz wird an H\u00e4llstr\u00f6m\u2019s Dm = \u00bb' \u2014 D2 \u2014 2D, gedacht haben, der freilich bei der verstimmten Quarte mit Dt, bei der gro\u00dfen Terz mit D3 schweben m\u00fcsste, und zwar genau in derselben Phase, wie D, mit D.t bezw. mit DJ. Zuweilen erzielte Helmholtz durch Angeben dritter, tiefer als die prim\u00e4ren Kl\u00e4nge gelegener T\u00f6ne Schwebungen, die \u00bbnicht durch Combinationst\u00f6ne erster Ordnung, sondern nur durch solche h\u00f6herer Ordnung erkl\u00e4rt werden k\u00f6nnen\u00ab. Helmholtz scheint nur die (reinen und schwach verstimmten) Consonanzen der ersten Intervallperiode genauer auf Differenzt\u00f6ne hin analysirt zu haben, d. h. nur solche Kl\u00e4nge von relativ einfachem Schwingungsverh\u00e4ltniss, die nicht \u00fcber die Octave hinausreichten.\nZusammenh\u00e4ngende Beobachtungen \u00fcber die Combinationser-scheinungen wurden seit H\u00e4llstr\u00f6m und Scheibler erst wieder in den 70er Jahren von Rudolf Koenig angestellt (1876; 23, 177; 25, 87). Diese (nach Stumpf\u2019s Urtheil) vorz\u00fcgliche experimentelle Studie ist die umfassendste von den vorliegenden Bearbeitungen unseres Gebietes. Koenig benutzte einen reichen Apparat von Stimmgabeln, deren T\u00f6ne zwischen den Grenzen E{ 40 und e5 4096 sich bewegten. Die Grundt\u00f6ne der untersuchten Zweikl\u00e4nge waren i?, 40, \u00dft 48, C 64, c 128, c1 256, c2 512, c3 1024, c4 2048. Koenig war der erste Akustiker, der systematisch auch solche Intervalle untersuchte, die weiter waren als eine Octave. Nur bei den Grundt\u00f6nen 40, 48 und 2048 beschr\u00e4nkte er sich auf die erste Intervallperiode (1:1 bis 1: 2). Im \u00fcbrigen ging die Untersuchung regelm\u00e4\u00dfig \u00fcber die Octave hinaus bei n \u2014 64 und = 128 bis einschlie\u00dflich zur 7. Periode (bis 1:8); bei n = 256 bis zur 5. Periode (1:6); bei n \u2014 512 und = 1024 bis zur 3. Periode (1: 4, Doppeloctave).","page":199},{"file":"p0200.txt","language":"de","ocr_de":"200\nFelix Krueger.\nDie Ergebnisse sind am reichhaltigsten hinsichtlich der Schwebungen. Zun\u00e4chst traten Schwebungen hei der Verstimmung aller derjenigen Intervalle hervor, hei denen die Schwingungszahl des h\u00f6heren Prim\u00e4rtones [n'] ein ganzes Vielfaches der Schwingungszahl des Grundtones war, also hei der verstimmten Prime, Octave, Duo-decime, Doppeloctave u. s. w. Mitunter konnte Koenig noch um C + d1 und sogar um C + e2 (1:9 und 1:10, wenig verstimmt) einige St\u00f6\u00dfe wahrnehmen. Diese Schwebungen waren jedoch sehr schwach und einem nicht besonders ge\u00fcbten Ohre unh\u00f6rbar, w\u00e4hrend alle \u00fcbrigen von ihm berichteten Erscheinungen f\u00fcr jedes normale Ohr gelten. Abgesehen von den Schwebungen der verstimmten Mul-tipla waren noch innerhalb der vier ersten Perioden an verschiedenen Stellen Schwebungen zu h\u00f6ren, die Koenig aus theoretischen Gr\u00fcnden secund\u00e4re St\u00f6\u00dfe nennt. Am mannigfaltigsten in der ersten Periode. In den drei tiefsten Tonlagen waren nur bei verstimmten Quinten bis 2 (Grundton 40), 8\u201410 (n \u2014 48) und 8 (n = 64) solche St\u00f6\u00dfe zu vernehmen; bei den Grundt\u00f6nen 128 bis 2048: um die gro\u00dfe Terz, die Quinte, Quarte, gro\u00dfe Sexte und verminderte Septime 4: 7. In der zweiten Periode ergaben sich Schwebungen der schwach verstimmten gro\u00dfen Decime in allen untersuchten Tonlagen (n = 64 bis n \u2014 1024) ; Schwebungen der verstimmten Undecime 3:8 bei den Grundt\u00f6nen c 128 und c3 1024; Schwebungen um die verminderte Decime 3: 7 bei n = 128 und (kaum h\u00f6rbar) bei n \u2014 512; nahe der None 4:9 beim Grundton 1024. Von den Intervallen der driften Periode (Duodecime bis Doppeloctave) lie\u00dfen nur die verminderte Quatuordecime 2:7 und die Quatuordecime 3: 11 z. T. \u00bbsecund\u00e4re St\u00f6\u00dfe\u00ab h\u00f6ren, jene bei den Grundt\u00f6nen 64, 128, 256 und 1024, diese beim Grundton 128. Endlich waren innerhalb der vierten Periode bis 4 Schwebungen festzustellen in n\u00e4chster N\u00e4he der um 2 Octaven erweiterten gro\u00dfen Secunde c + \u00e6 (2 : 9).\nDer Vergleich der Koenig\u2019schen Schwebungsbeobachtungen mit den meinigen zeigt eine weitgehende Uebereinstimmung. Koenig\u2019s Versuche erstreckten sich \u00fcber ein viel gr\u00f6\u00dferes Tongebiet und waren naturgem\u00e4\u00df f\u00fcr einzelne Intervallperioden weniger zahlreich. In den h\u00f6heren Tonlagen (jenseits e2 512) beschr\u00e4nkte sich Koenig auf die Intervalle von einfacheren Schwingungsverh\u00e4ltnissen, also im","page":200},{"file":"p0201.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Theorie der Combinationst\u00f6ne.\n201\nallgemeinen auf die Stufen der musikalischen Scala. So ist es zu erkl\u00e4ren, dass Koenig die (relativ leisen und undeutlichen) Schwebungen um die kleine Terz, den Tritonus 5: 7, die kleine Sexte, die kleine Septime, die kleine Decime und die Tredecime nicht bemerkt hat; dass er ferner die von ihm notirten \u00bbsecund\u00e4ren St\u00f6\u00dfe\u00ab nirgends weiter verfolgt hat, als bis zu 16 p. sec. (Quintenst\u00f6\u00dfe bei n \u2014 256). F\u00fcr die als \u00bbprim\u00e4re St\u00f6\u00dfe\u00ab bezeichneten Schwebungen ergibt sich aus den Beobachtungen Koenig\u2019s, was jetzt allgemein bekannt und durch meine Versuche auch f\u00fcr die anderen Schwebungsarten festgestellt ist (vgl. die Tabellen auf S. 344, 360, 371, 574, 583 der \u00bbBeobachtungen\u00ab): dass Schwebungen gleicher Herkunft bis zu einer um so gr\u00f6\u00dferen Frequenz gesondert vernehmbar bleiben, d. h. um so sp\u00e4ter zu einem continuirlichen Eindruck verschmelzen, je h\u00f6her die schwebenden T\u00f6ne liegen1 *).\nWeniger ergiebig waren Koenig\u2019s Beobachtungen \u00fcber die Combinationst\u00f6ne. Die Intervalle mit den drei tiefsten Grundt\u00f6nen (40; 48; 64) he\u00dfen in keiner Periode und die Intervallperioden jenseits der dritten (also die Intervalle, die \u00fcber die Doppeloctave hinausgingen) he\u00dfen in keiner H\u00f6henlage einen Combinationston h\u00f6ren. Von den Kl\u00e4ngen erster Periode mit dem Grundton 128 war nur bei der Quinte c + g leise und undeutlich ein C wahrzunehmen. Dieser Ton ist identisch mit den Differenzt\u00f6nen 1. und 2. Ordnung, die bei der Quinte zusammenfallen. Im weiteren nehme ich mir die Freiheit, Koenig\u2019s \u00bbSto\u00dft\u00f6ne\u00ab mit den fr\u00fcher eingef\u00fchrten und definirten Differenztonbezeichnungen wiederzugeben, weil die Beobachtungen sich dadurch viel einfacher und \u00fcbersichtlicher beschreiben lassen. Bei zehn Intervallen (cf. 23, 224; 25, 133 ff.), deren h\u00f6herer Prim\u00e4rton e4 2048 festlag, und deren Grundton zwischen li3 1920 und 2012 sich bewegte, war jeweils T)l laut zu h\u00f6ren; ebenso bei acht Kl\u00e4ngen, die zwischen 3968 -}- c5 (4096) und 4070 -f- c5 lagen. Die Prim\u00e4rt\u00f6ne waren hier ungew\u00f6hnlich stark. Auch die Differenzt\u00f6ne waren sehr laut und weithin h\u00f6rbar; sie konnten, wie man sieht, bis zu einer Tiefe von 32 bezw. 26 Schwingungen (bei den beiden engsten Inter-\n1) Koenig hat diesen f\u00fcr die Kritik seiner theoretischen Anschauungen\nnicht unwichtigen Thatbestand bei der Zusammenfassung seiner Ergebnisse stets\n\u00fcbersehen; wie er denn auch hinsichtlich der die \u00bbmultiplen\u00ab Schwebungen be-\ndingenden T\u00f6ne im Irrthum war (vgl. unten Cap. II, 3 und III, 2 a.\nWundt, PMlos. Studien. XVII.\t]4","page":201},{"file":"p0202.txt","language":"de","ocr_de":"202\nFelix Krueger.\nvallen) verfolgt werden. F\u00fcr die gew\u00f6hnlich benutzten Stimmgabeln und bei tieferen Prim\u00e4rld\u00e4ngen betrug die Tiefengrenze der Differenzt\u00f6ne etwa 36 Schwingungen.\nInnerhalb der eingestrichenen Octave war zwischen der gro\u00dfen Terz 256 + 320 und dem Intervall 256 + 440 \u00fcberall ein leiser D, und daneben ein D,2 zu constatiren, der jedoch \u00bbselbst mit H\u00fclfs-gabeln kaum vernehmlich\u00ab wurde. In den h\u00f6heren Tonlagen (Grundt\u00f6ne 512 bis 2048) erstreckte sich die Analyse, wie erw\u00e4hnt, nur auf relativ wenige Intervalle, aber die Differenzt\u00f6ne waren hier st\u00e4rker und deutlicher. In der ersten Periode notirt Koenig zwischen gro\u00dfer Secunde und nat\u00fcrlicher Septime f\u00fcr alle Kl\u00e4nge \u00fcberall den I\\ ; zwischen gro\u00dfer Terz und gro\u00dfer Septime \u2014 in der h\u00f6chsten Tonlage [n = 2048) zwischen Quarte und 2048 + 4032 (32: 63) \u2014 den Dr Bei 2048 + 2816 (8 : 11) und 2048 + 3328 (8 :13) war neben Di (gi bezw. e3) und Zl2 (e3 bezw. ff) noch D3 (e2) zu h\u00f6ren. \u2014 Yon den Intervallen der zweiten Periode enthielten: die None & (512) + d3 den /)\u00e4=5, die None c3 (1024) -j- d* den Hi=- laut und den D3 schwach; die verminderte Decime 512 + 1194,6 (3:7) den D\u00ee=i und seine h\u00f6here Octave D3; die gro\u00dfen Decimen e2 + e3 und c3 + e4 den D2=3, sehr laut bezw. laut; die Undecime c3 + /'4 den Dj, stark und seine tiefere Octave Z>3==4 schw\u00e4cher; das Intervall 1024 (e3) + 2816 (4 : 11) den _DS schwach und den Z>3=5 gut h\u00f6rbar. \u2014 F\u00fcr die dritte Periode gibt Koenig nur bei den Intervallen mit dem Grundton c3 Combinationst\u00f6ne an, und zwar: bei\n+ 3328 (4: 13) den D3 ~ \u2022 D. j ; bei der Tredecime + al den\nD3=5 und \u2014 damit verschmelzend \u2014 die h\u00f6here Octave Zl4; bei der verminderten Quatuordecin^e + 3584 (2 : 7) den D3=4, laut und deutlich; bei e3 + Id (4: 15) den D4, schwach aber deutlich; endlich bei + 3968 (8 : 31) den i>4.\nImmer wieder hebt Koenig die \u00bbau\u00dferordentlich gro\u00dfe Intensit\u00e4t\u00ab (\u00bbintensit\u00e9 formidable\u00ab) seiner Stimmgabeln hervor. Dass er z. B. bei den Intervallen 8:11 und 8:13 der viergestrichenen Octave neben I)i und ld.2 noch Z>3 wahrnehmen konnte, f\u00fchrt er darauf zur\u00fcck. Ich darf nach zahlreichen vergleichenden Beobachtungen umgekehrt behaupten : dass Koenig nur in diesen beiden F\u00e4llen drei Differenzt\u00f6ne und niemals mehr wahrgenommen hat, beruht unter","page":202},{"file":"p0203.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Theorie der Combinationst\u00f6ne.\n'\t203\nanderem auf der \u00fcberm\u00e4\u00dfigen St\u00e4rke der von ihm benutzten prim\u00e4ren T\u00f6ne.\nDie zur Bildung von Oombinationst\u00f6nen nothwendige Intensit\u00e4t der Prim\u00e4rkl\u00e4nge wird noch heute \u2014 vorwiegend aus theoretischen Gr\u00fcnden \u2014 vielfach \u00fcbersch\u00e4tzt; so auch von Koenig (vgl. 23, 219 oben). Diesem Vorurtheil ist meines Wissens zuerst Stumpf entgegengetreten. Er gibt an (32, 248), zu Zeiten, wo er viel darauf achtete, habe er \u00bbDifferenzt\u00f6ne von der Violine, am Clavier, bei gedeckten Pfeifen u. s. f. hundertfach auch in F\u00e4llen geh\u00f6rt, wo die Tongebung die schw\u00e4chste war, die \u00fcberhaupt hergestellt werden konnte. Ja, bei solchem Pianissimo traten die Differenzt\u00f6ne . . . . noch deutlicher hervor, als bei st\u00e4rkerem Prim\u00e4rklang\u00ab. Aehnliches wurde von den besten neueren Beobachtern festgestellt, von Hermann (35), Meyer (46) u. a. Auf Grund derselben Erfahrung legte ich schon bei der Bestellung meiner Stimmgabeln kein Gewicht auf ungew\u00f6hnlich gro\u00dfe Tonst\u00e4rke, die bekanntlich meistens durch einen gr\u00f6\u00dferen Beichthum an Obert\u00f6nen erkauft werden muss. Meine Gabeln t\u00f6nten bei gleich kr\u00e4ftigem Streichen nicht so laut, wie die Koenig\u2019schen, die ich damit vergleichen konnte; sie waren, wie fr\u00fcher erw\u00e4hnt, s\u00e4mmtlich durch schwere Laufgewichte ged\u00e4mpft. Trotzdem fand ich es nicht nur nicht n\u00f6thig, sondern sogar ung\u00fcnstig, sie mit gr\u00f6\u00dftm\u00f6glicher Kraft zu streichen (vgl. 59, 317 ; 604). Maximale St\u00e4rke der prim\u00e4ren Kl\u00e4nge erschwert ganz allgemein die Analyse und feinere Bestimmung der Theilerscheinungen ; die leisesten darunter werden hierdurch meist ganz unter die Schwelle der Merklichkeit hinabgedr\u00fcckt; am ehesten, wenn man, wie Koenig, im Tonerzeugungsraum selbst beobachtet, wo noch die starken sogenannten Erzeugungsger\u00e4usche hinzukommen. Es ist mir in theilweisem Gegens\u00e4tze zu Stumpf (a. a. O.) sogar wahrscheinlich, dass diesseits einer bestimmten Intensit\u00e4t, bei mittelstarken oder etwas \u00fcber mittelstarken Prim\u00e4rt\u00f6nen die leiseren Combinationserscheinungen nicht nur im Vergleich zum Prim\u00e4rklange, sondern absolut st\u00e4rker sind als jenseits dieser Intensit\u00e4tsgrenze. Wenn Koenig bei seinen allerlautesten Gabeln den einzigen Differenzton sehr enger Intervalle bis zu 26 Schwingungen nach der Tiefe verfolgen, und ebenso, wenn er zuweilen noch um das Intervall 1:10 Schwebungen feststellen konnte, so waren das gewiss Erfolge seiner ungew\u00f6hnlich starken Tongebung,\n14*","page":203},{"file":"p0204.txt","language":"de","ocr_de":"204\nFelix Krueger.\n\u2014\tim zweiten Palle offenbar durch die Mitwirkung von Obert\u00f6nen erreicht. Aber dem steht der Nachtheil gegen\u00fcber, dass von den feineren Combinationserscheinungen ihm ein gro\u00dfer Theil entgangen ist. Auf dieselbe Weise erkl\u00e4rt sich auch bei anderen Akustikern manches negative Ergebniss.\nKoenig theilt nichts dar\u00fcber mit, wie er die herausgeh\u00f6rten T\u00f6ne qualitativ bestimmte. Es hat den Anschein, als h\u00e4tte er sich im allgemeinen darauf beschr\u00e4nkt, sie mit den T\u00f6nen der musikalischen Leiter zu vergleichen. Die notirten Tonh\u00f6hen entsprechen, analog wie bei v. Blein und H\u00e4llstr\u00f6m, mathematisch genau den erwarteten Sto\u00dft\u00f6nen. In der n\u00e4heren Umgebung aller consonanten Intervalle sind in Wirklichkeit nicht die von Koenig angegebenen T\u00f6ne, sondern mehr oder weniger davon abweichende zu h\u00f6ren, n\u00e4mlich Zwischent\u00f6ne zwischen ihnen oder (in der Mehrzahl der F\u00e4lle) zwischen einem von ihnen und einem Differenzton h\u00f6herer Ordnung.\nDie von Koenig wahrgenommenen Differenzt\u00f6ne sind thats\u00e4ch-lich im allgemeinen, als \u00bbcharakteristische\u00ab nach unsrer Bezeichnungsweise, lauter und deutlicher als die von ihm nicht bemerkten. Wo er die St\u00e4rkeverh\u00e4ltnisse der T\u00f6ne angibt, stimmen seine Beobachtungen gr\u00f6\u00dftentheils mit den (fr\u00fcher eingehend beschriebenen) meini-gen \u00fcberein; noch besser hinsichtlich der relativen Intensit\u00e4t der verschiedenen Schwebungsarten. Ich komme hierauf im folgenden Capitel (Abschn. 3) zur\u00fcck, wo ich auch zu der principiellen Unterscheidung Koenig\u2019s zwischen Sto\u00dft\u00f6nen und Differenzt\u00f6nen Stellung zu nehmen habe.\nWerthvolle Mittheilungen, die ich zum gr\u00f6\u00dften Theile best\u00e4tigen kann, macht Stumpf an zahlreichen Stellen seiner Tonpsychologie (32) \u00fcber Schwebungen und Combinationst\u00f6ne, namentlich \u00fcber feinere Eigenth\u00fcmlichkeiten ihrer Auffassung. Ich \u00fcbergehe diese allgemein bekannten Angaben hier ebenso, wie die zusammenfassenden S\u00e4tze der neueren Lehrb\u00fccher \u2014- sie st\u00fctzen sich s\u00e4mmtlich auf die oben dargestellten Versuchsreihen; vielfach ist noch immer von \u00bbdem\u00ab Differenzton die Bede, worunter gew\u00f6hnlich der J\\ verstanden wird\n\u2014\tund wende mich noch in K\u00fcrze zu den beiden ausf\u00fchrlichen Monographien Max Meyer\u2019s \u00fcber unsern Gegenstand (46 und 47), weil dieser Akustiker aus seinen Beobachtungen theoretische Conse-quenzen von gro\u00dfer Tragweite zieht.","page":204},{"file":"p0205.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Theorie der Combinationst\u00f6ne.\n205\nDie Zweikl\u00e4nge, f\u00fcr die Meyer die Ergebnisse vollst\u00e4ndiger Analysen angibt (46, 193 ff.), wurden von Stimmgabeln auf Resonanzk\u00e4sten erzeugt und lagen alle innerhalb der ersten Intervallperiode. Darunter waren sieben, deren Verh\u00e4ltnisszahlen sich nur um eine Einheit unterscheiden, n\u00e4mlich 4:5 (die Schwingungszahlen waren die entsprechenden Hunderter), 5:6 u. s. f. bis 9:10, und 16 : 17. Dazu kam die kleine Sexte 5 : 8 und die nat\u00fcrliche Septime 4:7. Bei allen diesen Kl\u00e4ngen h\u00f6rten Meyer und seine vier Beobachter je 3 bis 4 Differenzt\u00f6ne, von denen die \u00fcberwiegende Mehrzahl den D-T\u00f6nen 1. bis 5. Ordnung entspricht. In zwei F\u00e4llen (4:5 u. 5 : 6) notirt Meyer noch den Ton 2n' \u2014 n\\ ferner bei 400 + 700 neben Dl und D\u00ee=4 (stets geh\u00f6rt) noch f\u00fcr den Fall, dass n' st\u00e4rker t\u00f6nte, als n, 600 [2 nl * * \u2014 2n \u2014 Dm \u2014 2 DJ und etwas schw\u00e4cher 500 [= 600 \u2014 D., = oder n' \u2014 D3 oder 4/s (2 n' \u2014 n)\\. Da die Kl\u00e4nge ohne Fortleitung unmittelbar an den Gabeln beurtheilt wurden, bin ich geneigt, diese T\u00f6ne [in der angedeuteten Weise] auf die Mitwirkung von Obert\u00f6nen zur\u00fcckzuf\u00fchren. Meyer l\u00e4sst sie in seiner sogleich zu erw\u00e4hnenden Zusammenfassung au\u00dfer Betracht. Ich selbst habe bei Stimmgabelzweikl\u00e4ngen der ersten Periode niemals solche zwischenliegenden Differenzt\u00f6ne beobachtet '). Bei 1600 + 1700 notirt Meyer neben Du D6 und einem Zwischenton der. Prim\u00e4rt\u00f6ne den Ton 1000 [D. \u2014 2D, (=2n' \u2014 2n) ?]. Diese letzte Beobachtung kann ich nach meinen Erfahrungen mir nur schwer erkl\u00e4ren. Bei der Undeutlichkeit und geringen St\u00e4rke der Differenzt\u00f6ne so enger Intervalle ist die M\u00f6glichkeit einer T\u00e4uschung wohl nicht ausgeschlossen. \u2014 In einem anderen Zusammenh\u00e4nge (46, 188) erw\u00e4hnt Meyer acht Stimmgahelzweikl\u00e4nge mittlerer Tonlage (zwischen 387 und 813), die stets die beiden ersten Differenzt\u00f6ne h\u00f6ren lie\u00dfen. Einige Versuche mit drei zusammenklingenden T\u00f6nen best\u00e4tigten die schon von Scheibler und Helmholtz gesicherte Thatsache, dass ein Differenzton mit einem (dritten) Prim\u00e4rtone sowie mit einem Differenztone anderen Ursprungs schweben und einen neuen Differenzton bilden kann.\n1) Neuerdings h\u00e4lt Meyer es ganz allgemein f\u00fcr wahrscheinlich, dass sub-\njective Differenzt\u00f6ne, die zwischen den Prim\u00e4rt\u00f6nen l\u00e4gen, \u00fcberhaupt nicht vor-\nk\u00e4men (51, 55).","page":205},{"file":"p0206.txt","language":"de","ocr_de":"206\nFelix Krueger.\nIn seiner zweiten Abhandlung \u00fcber die Differenzt\u00f6ne (47, 2; 48, 26) fasst Meyer die Combinationserscheinungen der Zweikl\u00e4nge in allgemeinen Regeln zusammen:\n1. \u00bbBei Halbton- oder noch kleineren Intervallen entsteht einzig und allein der direct der Differenz der Prim\u00e4rt\u00f6ne entsprechende Differenzton [DJ.\n2a. \u00bbBei gr\u00f6\u00dferen Intervallen bis zur Octave, von denen die Voraussetzung erf\u00fcllt wird, dass ihre Verh\u00e4ltnisszahlen sich um eine Einheit unterscheiden, entstehen au\u00dfer 1 [DJ, der am st\u00e4rksten auf-tritt, noch einige derjenigen T\u00f6ne, die den in der absteigenden Zahlenreihe auf die Prim\u00e4rt\u00f6ne zun\u00e4chst folgenden Zahlen entsprechen, z. B. heim Intervall 8 : 9 au\u00dfer 1 noch die T\u00f6ne 7 [DJ, 6 [DJ und 5 [DJ, bei 6:7 au\u00dfer 1 die T\u00f6ne 5 [DJ und 4 [DJ.\n2b. \u00bbUnterscheiden sich die Prim\u00e4rt\u00f6ne um mehr als eine Einheit, so entstehen die Differenzt\u00f6ne h \u2014 t, 2 t \u2014 h und 2 h \u2014 3 t, wobei h die Schwingungszahl des h\u00f6heren, t die des tieferen Tones darstellt\u00ab\n[A ; A; Al-\n3.\t\u00bbBei Intervallen, die \u00fcber die Octave hinausgehen, entsteht derjenige Ton, dessen Verh\u00e4ltnisszalil gleich der kleinsten Differenz ist, die man erh\u00e4lt, wenn man h vom Doppelten oder Dreifachen von t (bezw. dieses von h) abzieht. So h\u00f6rt man beim Intervall 4 : 9 den Differenzton 1[DJ, da 9 \u2014 2 X 4 = 1, bei 4 : 11 ebenfalls 1 [DJ, da 3x4 \u2014 11 = 1 ist\u00ab.\n4.\tSind die bez\u00fcglichen Differenzen klein, so h\u00f6rt man stets neben den Differenzt\u00f6nen (hei ganz kleinen Differenzen an ihrer Statt) \u00bbdie entsprechende Anzahl Schwebungen\u00ab. \u2014 Meyer\u2019s Angaben \u00fcber die Intensit\u00e4tsverh\u00e4ltnisse stelle ich weiter unten (Cap. II, 3) mit anderen und meinen eigenen Beobachtungen zusammen.\nHinsichtlich der Differenzt\u00f6ne macht Meyer, die Einschr\u00e4nkung, man d\u00fcrfe sich nie auf eine Regel verlassen, sondern jeweils nur auf die Ergebnisse der Beobachtung. Danach muss ich die soeben citirten S\u00e4tze in folgenden Punkten erg\u00e4nzen und dadurch zugleich vereinfachen.\nAd 1. Erweitert man den Abstand zweier Stimmgabelt\u00f6ne mittlerer St\u00e4rke vom Einklang aus, so machen sich regelm\u00e4\u00dfig, ehe noch der tiefe D4 hervortritt, die h\u00f6heren Differenzt\u00f6ne geltend, zun\u00e4chst dadurch, dass der tiefere Prim\u00e4rton sp\u00e4ter (d. h. erst bei gr\u00f6\u00dferem","page":206},{"file":"p0207.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Theorie der Combinationst\u00f6ne.\n207\nSchwingungsunterschied) und weniger klar herausgeh\u00f6rt wird, als der h\u00f6here; sobald der Grundton gesondert wahrzunehmen ist, h\u00f6rt man ihn merklich vertieft, n\u00e4mlich in Zwischentonverschmelzung mit D\u00b1 ; weiterhin, und zwar sp\u00e4testens da, wo D{ zum ersten Male als Ton auftritt, sind h\u00f6here Prim\u00e4rt\u00f6ne (Dt bis D.) von rasch wachsender Anzahl unterhalb des Grundtones zu h\u00f6ren, vorerst paarweise zu Zwischent\u00f6nen verschmolzen, allm\u00e4hlich sich sondernd nach ihren theoretischen Schwingungszahlen. Diese Thatsachen habe ich mit neun v\u00f6llig unbefangenen Beobachtern sicher gestellt und in meiner ersten Mittheilung (59) f\u00fcr drei verschiedene Tonlagen ausf\u00fchrlich beschrieben. Uebrigens verzeichnet Meyer selbst in dem einzigen hierher geh\u00f6rigen Beispiel seiner fr\u00fcheren Abhandlung, bei 1600 + 1700, neben T){ einen D. als sicher, und mehrere andere hohe D-T\u00f6ne, darunter D.2, Di und Dt als m\u00f6glicherweise vorhanden. Dass Differenzt\u00f6ne mit anderen oder mit prim\u00e4ren T\u00f6nen hei hinreichend geringem Abstande zu Zwischent\u00f6nen verschmelzen, genau wie prim\u00e4re T\u00f6ne unter sich, scheint auch ihm entgangen zu sein; ebenso die hierauf beruhende H\u00f6hen\u00e4nderung des Grundtones hei bestimmten Intervallen. Gelegentlich erw\u00e4hnt Meyer ohne weiteren Zusatz, dass er und seine Mitarbeiter \u00bbbei den Differenztonbeobachtungen h\u00e4ufig den tiefsten Differenzton bis zu einem halben Tone zu hoch h\u00f6rten\u00ab '). Dabei hat es sich wahrscheinlich meistens um einen Differenzton gehandelt, der mit einem benachbarten h\u00f6heren verschmolz. Das begegnet naturgem\u00e4\u00df den tiefsten Differenzt\u00f6nen weitaus am h\u00e4ufigsten, n\u00e4mlich bei allen verstimmten Consonanzen.\nIn den folgenden Meyer\u2019schen Regeln [2a und b] werden die Intervalle, deren Verh\u00e4ltnisszahlen sich durch zwei aufeinander folgende ganze Zahlen ausdr\u00fccken lassen, von allen \u00fcbrigen hinsichtlich ihrer Differenzt\u00f6ne ahgetrennt. Diese Umst\u00e4ndlichkeit wird durch die Thatsachen nicht gefordert und erinnert an die historische Bevorzugung jener Schwingungsverh\u00e4ltnisse. Meyer scheint der ersten (unter 2a fallenden) Gruppe von Kl\u00e4ngen im allgemeinen mehr Differenzt\u00f6ne zuzuschreiben als der zweiten, f\u00fcr die er nur D\u201e T), und i>3 angibt. Eher w\u00e4re das Umgekehrte berechtigt. Wo das Yer-\n1) Herr Professor Stumpf best\u00e4tigte mir pers\u00f6nlich diese Beobachtung, als noch der Erkl\u00e4rung bed\u00fcrftig.","page":207},{"file":"p0208.txt","language":"de","ocr_de":"208\nFelix Krueger.\nh\u00e4ltniss der prim\u00e4ren Schwingungszahlen durch zwei um eine Einheit verschiedene kleine Zahlen auszudr\u00fccken ist (bis 6) und ebenso, wo diese Yerh\u00e4ltnisszahlen gr\u00f6\u00dfer sind als etwa 16, ist die Zahl der vernehmbaren Differenzt\u00f6ne relativ beschr\u00e4nkt. Im ersten Falle dadurch, dass jeweils zwei oder mehr Differenzt\u00f6ne zusammenfallen; aber dasselbe gilt von allen consonanten Intervallen, also auch von 3:5, 4:7, 5 : 7, 5 : 8, 1: 3 u. s. w und von deren geringen Verstimmungen. Die engsten Intervalle andrerseits, von der Prime bis etwa zur kleinen Secunde, k\u00f6nnen, gleichviel welche Zahlen ihr Schwingungsverh\u00e4ltniss ausdr\u00fccken m\u00f6gen, deshalb nur wenige Differenzt\u00f6ne deutlich h\u00f6ren lassen, weil hier die h\u00f6heren einander und dem Grundtone zu nahe liegen, w\u00e4hrend der tiefste die untere H\u00f6rgrenze entweder gar nicht oder nur wenig \u00fcberschreitet. Aber dasselbe gilt genau von der verstimmten Octave, ann\u00e4hernd von der Duodecime und Doppeloctave ; und ein wegen zu geringer Tonh\u00f6he unh\u00f6rbarer oder undeutlicher Differenzton ergibt sich noch bei sehr vielen anderen Kl\u00e4ngen. Dass man im allgemeinen die Zahl der Differenzt\u00f6ne nicht auf 3 beschr\u00e4nken darf, am wenigsten bei den Dissonanzen und unvollkommenen Consonanzen der ersten Periode, brauche ich nach den Berichten \u00fcber meine Versuche nicht n\u00e4her auszuf\u00fchren.\nAuch Meyer\u2019s dritte Eegel, die \u00fcber die Octave hinausgehenden Kl\u00e4nge betreffend, ist zu eng. Manche Intervalle der zweiten und dritten Periode lassen den dort allein geforderten D-Ton auf keine Weise h\u00f6ren; und die meisten enthalten, wie meine Versuche zeigen, mehr als einen.\nNach jener Hegel g\u00e4be es keine zwischen die Prim\u00e4rt\u00f6ne fallenden Differenzt\u00f6ne. Diese vielfach und neuerdings wieder von Schaefer vertretene Ansicht ist von Meyer fr\u00fcher ausdr\u00fccklich bek\u00e4mpft worden (46, 186). Er selbst h\u00f6rte hei zwei Stimmgabelt\u00f6nen vom Verh\u00e4ltnis 3-: 8 den D, (vgl. dagegen neuestens 51, 55) und Stumpf berichtete, er habe an der Geige mehrfach (z. B. ebenfalls bei der Undecime) zwischenliegende Differenzt\u00f6ne, auch solche, die nicht von Obert\u00f6nen hergeleitet werden k\u00f6nnen, unzweifelhaft, wenn auch nur schwach geh\u00f6rt. Meyer\u2019s Mittheilung,- dass auch Koenig bei 3:8 den Dl geh\u00f6rt habe, muss freilich auf einem Versehen beruhen. Koenig versichert vielmehr (23, 216; ch S. 194) bei c3 + fl [3:8] \u00bbdurchaus kein a3 [5]\u00ab und auch bei einigen","page":208},{"file":"p0209.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Theorie der Combinationst\u00f6ne.\n209\nanderen consonanten Intervallen, die \u00fcber die Octave hinausreicliten, \u00bbkeine Spur\u00ab des D{ bemerkt zu haben; nur durch St\u00f6\u00dfe mit Hlilfs-gabeln hat er ihn bei tieferer Lage der Prim\u00e4rt\u00f6ne festgestellt. In seine Tabellen ist kein einziger zwischenliegender D aufgenommen. Koenig bezweifelte damals nicht die Realit\u00e4t zwischenliegender Differenzt\u00f6ne, hielt sie aber im allgemeinen f\u00fcr sehr schwach. Diese bisher wenig ber\u00fccksichtigten T\u00f6ne hat Schaefer in den Mittelpunkt einer neueren Untersuchung (56, vgl. 57) gestellt. Sie gewannen dadurch ein so starkes theoretisches Interesse, dass ich auf die That-sachenfrage hier etwas n\u00e4her eingehen muss.\nSchaefer suchte den ersten D-Ton in Zweikl\u00e4ngen aus T\u00f6nen von Stimmgabeln und Flaschen, des Claviers, des Harmoniums und des Appunn\u2019schen Dreiklangapparates. Die zahlreichen (mehr als 50) Intervalle erstreckten sich \u00fcber ein weites Tongebiet von 100 bis 7500 Schwingungen und standen in sehr verschiedenen Verh\u00e4ltnissen (etwa 30) zwischen 5:9 und 1:16, ungef\u00e4hr zur H\u00e4lfte zwischen 1:2 und 1:4. Die Ergebnisse waren derart, dass Schaefer allen Grund hatte, aus den Versuchen \u00bbmit gro\u00dfer Wahrscheinlichkeit\u00ab zu folgern: \u00bbEs gibt sowohl objective als subjective zwischenliegende Differenzt\u00f6ne1) entweder \u00fcberhaupt nicht, oder sie sind wenigstens im Gegensatz zu den \u00fcbrigen Differenzt\u00f6nen zu schwach, um unter den \u00fcblichen Bedingungen des H\u00f6rens wahrgenommen zu werden\u00ab. Schon unterhalb der Octave, bei 6: 11 verschwand der D{ und blieb bei allen weiteren Intervallen v\u00f6llig unh\u00f6rbar. Ein einziges Mal, am Dreiklangapparat, h\u00f6rten Schaefer und Stumpf bei c + e1 (2:5) sehr schwach aber bestimmt im Resonator g[\u2014 3); aber hier war & (==4X2) als 3. Oberton des Grundtones nachzuweisen, und mit R\u00fccksicht auf alle \u00fcbrigen Beobachtungen lag es nat\u00fcrlich am n\u00e4chsten, jenen DifEerenzton auf das Zusammenwirken des Obertones 8 mit dem h\u00f6heren Prim\u00e4rton 5 zur\u00fcckzuf\u00fchren.\nTrotzdem die Bedingungen der Schaefer\u2019schen Versuche mit denen der meinigen nicht ganz \u00fcbereinstimmten, hat dieses v\u00f6llig negative Ergebniss mich \u00fcberrascht. Es bedeutet unter allen mir bekannt gewordenen exacten Feststellungen die gr\u00f6\u00dfte Abweichung\n1) Der Unterschied zwischen objectiven und subjectiven D-T\u00f6nen kann an dieser Stelle noch au\u00dfer Betracht bleiben.","page":209},{"file":"p0210.txt","language":"de","ocr_de":"210\nFelix Krueger.\nvon meinen Beobachtungen. Meine hierher geh\u00f6rigen Versuche waren innerhalb ihres engeren Rahmens zahlreicher als die von Schaefer mitgetheilten. Sie erstreckten sich, abgesehen von vielen nach unten verstimmten Octaven dreier Tonlagen, durch die ganze zweite Periode mit den Grundt\u00f6nen 256 und 512, die dritte Periode mit dem Grundton 256 und ein St\u00fcck weit \u00fcber die Doppeloctave hinaus; demnach kann ich etwa die H\u00e4lfte der Schaefer\u2019sehen Versuche mit den meinigen unmittelbar vergleichen. Meine Beobachtungen (vgl. 59, 568ff., 576 ff., 584 ff.) stimmten darin mit allen fr\u00fcheren \u00fcberein, dass die zwischenliegenden Differenzt\u00f6ne im allgemeinen erheblich leiser und undeutlicher sind, als D-T\u00f6ne derselben Ordnung bei Kl\u00e4ngen innerhalb der Octave, \u2014 was in geringerem Grade auch von den \u00fcbrigen, tiefer als der Grundton gelegenen Differenzt\u00f6nen gilt. Aber dass es zwischenliegende Differenzt\u00f6ne gibt, auch solche, die in keiner Weise von Obert\u00f6nen abgeleitet werden k\u00f6nnen, steht nach den Versuchen unbestreitbar fest. In zahlreichen F\u00e4llen haben meine Mitarbeiter und ich, unabh\u00e4ngig von einander, Differenzt\u00f6ne oberhalb des Grundtones unzweifelhaft geh\u00f6rt und unwissentlich genau bestimmt. (Auf die tr\u00fcgerische Methode der schwebenden Hiilfsgaheln lie\u00df ich mich nirgends ein). Jeder einzelne bemerkte ferner selbst\u00e4ndig die durch Dt bezw. I),_ bezw. !>., bedingte Erh\u00f6hung des Grundtones bei der nach oben verstimmten Octave, Duodecime, Doppeloctave. Im Verlaufe der zweiten Periode (zwischen Octave und Duodecime) steigt D, von n bis 2n\\ U, ebenso in der dritten Periode, wo die Tonh\u00f6he des D, weiter bis 3 n zunimmt. Diese T\u00f6ne waren keineswegs immer die leisesten und undeutlichsten ihres Complexes. Nur von dem relativ h\u00f6chsten, dem D{ der dritten Periode kann gesagt werden, er stand mit wenigen Ausnahmen hinter allen gleichzeitig wahrnehmbaren D-T\u00f6nen zur\u00fcck; er .war auch, wie seinerzeit erw\u00e4hnt, von ungew\u00f6hnlich kurzer Dauer. Octavent\u00e4uschungen und harmonische Angleichungen an andere Combinationst\u00f6ne, namentlich an D.2 und den Summationston, waren f\u00fcr ihn besonders h\u00e4ufig zu berichten. Er war von den genannten zwischenliegenden Differenzt\u00f6nen der einzige, bei dem es oft vorkani, dass die Beobachter trotz der Absicht einer vollst\u00e4ndigen Klanganalyse ihn nicht selbst\u00e4ndig bemerkten, ja, etwa in der H\u00e4lfte aller hierher geh\u00f6rigen Versuche konnte \u2018 er, namentlich von den weniger Ge\u00fcbten, nicht sicher","page":210},{"file":"p0211.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Theorie der Combinationst\u00f6ne.\n211\nconstatirt werden, selbst wenn seine genaue oder ungef\u00e4hre Tonlage ihnen bekannt war. Aber folgende Beispiele werden gen\u00fcgen, die H\u00f6rbarkeit und das wirksame Vorhandensein auch dieses Tones zu beweisen. Dabei beschr\u00e4nke ich mich auf solche Bestimmungen, die vollkommen unwissentlich am Tonmesser erfolgten. [Die Abk\u00fcrzungen sind dieselben, wie in den Tabellen und im Texte meiner fr\u00fcheren Abhandlung], 256 + 780 [Dt 524; D\u201e 268; D, 244], Me24 [nach + 748]: Schwebungen deutlicher, sehr deutlich, langsamer. Grundton merklich erh\u00f6ht im Zusammenklange, Haupttr\u00e4ger der S. Neben ihm, lauter als die D-T\u00f6ne vorhin: 264 [Z aus n und DJ, schwebt auch. Zuletzt bemerkt: 524, \u00e4u\u00dferst leise aber sicher, tritt erst auf, wenn n' ausklingt, besser bestimmbar als der (st\u00e4rkere) 264. \u2014256 + 828 [DD 572; 316; 60; 196], M\u00f624 [nach+ 808]: Wahrscheinlich schwebt ein Ton um 300 [nach B : ca 312 : DJ mit dem Grundton; dieser jedenfalls nicht glatt. Zwischen <P und cP ein leiser Ton, schwer bestimmbar, vieleicht 542 [DJ. \u2014 256 + 860 [604; 348; 92; 164; D5 72], M\u00f6\u00dfl [nach + 808]: Noch 8 vorhanden, aber nicht discret. Eine Menge von T\u00f6nen und Ger\u00e4uschen; leise stechender Wirrwarr. Ca. 304, Bestimmung unsicher. [Octavent\u00e4u-schung f\u00fcr D,. \u2014 Gefragt, ob der Ton etwa eine Octave tiefer l\u00e4ge, um 160 (DJ]: Eher eine Octave h\u00f6her. 164 nicht vorhanden, aber 368 [DJ neben dem anderen. \u2014 256 + 868 [612; 356; 100; 156], Me25 [nach + 848]: Unklare Schwebungen. Deutlichster und st\u00e4rkster D : 352 [DJ, st\u00e4rker als vorhin 340. Viel leiser und undeutlicher, sehr leise: 108\u2014110 \\Z Ds+J. St\u00e4rker als dieser, recht deutlich: ca 612. \u2014 Zwischen diesem Intervall und + 896 [2:7] war der Dt nur einmal unsicher festzustellen: bei + 888 [632] : 644, \u00bbeinmal einen Moment geh\u00f6rt\u00ab. \u2014 In der zweiten H\u00e4lfte der Periode war er noch etwas kr\u00e4ftiger und merklicher als diesseits + 868. Z. B. + 920 [664; 408; 152; 104] D78: 332\u2014336 [Octavent\u00e4uschung]. M\u00f665: ca. 640 [unter anderen; M\u00f6 hezeichnete dieses Intervall als besonders klar]. Me29: 664; etwas leiser ca. 412\u2014420 [DJ; sehr leise, am leisesten ca. 156 [DJ.\nVon den \u00fcbrigen zwischenliegenden Differenzt\u00f6nen der oben angegebenen Intervallgruppen [Dt in der dritten, D, und D., in der 2. Periode] muss durchaus als Hegel gelten, dass sie wahrgenommen und im Laufe einer eindringlichen Analyse sicher bestimmt werden","page":211},{"file":"p0212.txt","language":"de","ocr_de":"212\nFelix Krueger.\nk\u00f6nnen. F\u00fcr alles Weitere verweise ich auf die kurzen, aber ziemlich ersch\u00f6pfenden Angaben meines zusammenh\u00e4ngenden Berichtes. Diese Beobachtungen auf Obert\u00f6ne zur\u00fcckzuf\u00fchren geht aus mehr als einem Grunde nicht an.\nIm n\u00e4chsten Capitel werde ich f\u00fcr alle meine Versuche die Einflusslosigkeit der Obert\u00f6ne nachweisen. Schaefer hat auch bei sehr obertonreichen Kl\u00e4ngen niemals einen zwischenliegenden Differenzton entdecken k\u00f6nnen, und selbst seine Stimmgabeln und Flaschen waren, wie meine Interferenzversuche mir beweisen, jedenfalls nicht obertonreiner als meine Gabeln. Dazu kommt, dass gegen die vorz\u00fcglich in Frage stehenden zwischenliegenden Differenzt\u00f6ne erster Ordnung der Einwand der Obert\u00f6ne fast durchweg \u00fcberhaupt unm\u00f6glich ist. Man versuche z. B. f\u00fcr 256 + 920 zwei Obert\u00f6ne herauszurechnen, die den hier ganz zweifellos geh\u00f6rten Ton 664 als Differenzton erg\u00e4ben.\nWie kommt es aber, dass ein so erfahrener Akustiker wie Schaefer niemals einen zwischenliegenden Differenzton mit Sicherheit wahrgenommen hat? Hier\u00fcber kann ich nur Vermuthungen \u00e4u\u00dfern. Instrumente mit vielen und starken Obert\u00f6nen, wie das Klavier oder die Appunn\u2019schen Zungenapparate sind nach meinen Erfahrungen zu feineren Klanganalysen ungeeignet. Die Ohert\u00f6ne selbst und ihre Combinationserscheinungen verdr\u00e4ngen da die leisesten Theilt\u00f6ne und gestatten bei den Dissonanzen kaum die st\u00e4rksten Differenzt\u00f6ne und Schwebungen genau festzustellen; bei den Consonanzen werden gewisse Differenzt\u00f6ne zu sehr auf Kosten der anderen verst\u00e4rkt, mit denen keine Differenzt\u00f6ne aus Obert\u00f6nen zusammenfallen. Wir m\u00fcssen ja die physiologische und psychische Leistungsf\u00e4higkeit des Geh\u00f6rs in jedem Momente als begrenzt annehmen. Sehr h\u00e4ufig fand ich bei meinen Versuchen best\u00e4tigt, was Stumpf (32, 319; vgl. meine \u00bbBeobachtungen\u00ab, 604) \u00fcber die Unterschiedsempfindlichkeit bei gleichzeitigen Toncomplexen angibt. Das Heraush\u00f6ren leiser Theilt\u00f6ne wird \u00fcberall erschwert durch gro\u00dfe Zahl und Intensit\u00e4t anderer Theilt\u00f6ne, ganz besonders aber durch gro\u00dfe Unterschiede in der St\u00e4rke des gleichzeitig Gegebenen. \u2014 Allgemein scheint Schaefer seine Beobachtungen unmittelbar neben den t\u00f6nenden Instrumenten gemacht zu haben. Da m\u00f6gen die bei der Tonerzeugung unvermeidlichen Ger\u00e4usche : ' des Streichens, Anschlagens, oder Blasens schwache und","page":212},{"file":"p0213.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Theorie der Combinationst\u00f6ne.\n213\nkurze T\u00f6ne verschlungen haben. Bei meinen Versuchen wurden, wie fr\u00fcher geschildert, die Kl\u00e4nge durch eine lange Leitung dem Beobachter zugef\u00fchrt, dessen Baum vom Tonerzeugungszimmer durch zwei starke W\u00e4nde getrennt war. In dem Stadium der Versuche, dem die meisten Beobachtungen an Intervallen h\u00f6herer Perioden angeh\u00f6ren, war ich im gleichzeitigen Streichen der beiden Stimmgabeln schon so ge\u00fcbt, dass Reibeger\u00e4usche der B\u00f6gen und andere Ungleichm\u00e4\u00dfigkeiten nur recht wenig zu bemerken waren. Trotzdem machte ich auch hier vielfach die fr\u00fcher (59, 319) mitgetheilte Erfahrung, dass unmittelbar an den Gabeln weniger und weniger genau geh\u00f6rt wurde, als am Ende der Leitung; hier wurde die Analyse schon durch das H\u00f6ren mit nur einem Ohre, besonders aber durch den g\u00e4nzlichen Eortfall st\u00f6render Nebenerscheinungen erleichtert. Hinsichtlich der leisesten und undeutlichsten zwischenliegenden Differenzt\u00f6ne (D{ jenseits der Duodecime) finde ich in meinem Protocollen h\u00e4ufig den Vermerk, dass die im Beobachterzimmer genau geh\u00f6rten direct neben den Gabeln nicht sicher festzustellen waren. \u2014 Ein erheblicher Bruchtheil der von Schaefer untersuchten Intervalle stand in ziemlich einfachen Schwingungsverh\u00e4ltnissen, sodass auch der gesuchte Differenzton zu anderen Theilt\u00f6nen des Complexes harmonisch war. Die leisesten und h\u00f6chsten T\u00f6ne eines harmonischen Mehrklanges gehen aber am leichtesten v\u00f6llig in dem Gesammteindruck auf. Nach meinen Ergebnissen waren, wie man sich erinnert, die Consonanzen und ihre n\u00e4chste Umgehung am ung\u00fcnstigsten f\u00fcr die Wahrnehmung der hohen zwischenliegenden Differenzt\u00f6ne. Bei geringen Verstimmungen tritt der Factor der harmonischen Verschmelzung zur\u00fcck; aber hier kommen die deutlichen Schwebungen der tieferen Differenzt\u00f6ne oder des Grundtones erschwerend hinzu. \u2014 Endlich hat Schaefer, wie es scheint, in jedem einzelnen Palle seine Aufmerksamkeit auf einen einzigen Ton concentrirt, auf die bestimmte Tonh\u00f6he, in der er eben den Dl erwartete. Wo ich dieses wissentliche Verfahren mit dem von mir regelm\u00e4\u00dfig angewendeten unwissentlichen verglich, f\u00fchrte das letztere gew\u00f6hnlich zu mannigfaltigeren und sichereren Resultaten, vorausgesetzt, dass die zu der Analyse noth-wendige Zeit nicht beschr\u00e4nkt war. Im ersten Palle findet man h\u00e4ufig, auch abgesehen von Octavent\u00e4uschungen, einen thats\u00e4chlich vorhandenen Combinationston zun\u00e4chst viel h\u00f6her oder tiefer als","page":213},{"file":"p0214.txt","language":"de","ocr_de":"214\nFelix Krueger.\nden gesuchten und zum Vergleich daneben gehaltenen; auch der Klangfarbenunterschied zwischen den Vergleichst\u00f6nen und den Differenzt\u00f6nen ist hierbei st\u00f6render. H\u00e4tte Schaefer sich nicht ausschlie\u00dflich auf die Tonh\u00f6he des 7t, eingestellt, so h\u00e4tte er wahrscheinlich bei allen 5 nach unten verstimmten Octaven, wo D{ \u00bbunh\u00f6rbar\u00ab war, eine Vertiefung des Grundtones constatirt; ebenso bei den 5 ersten Intervallen jenseits der Octave eine Erh\u00f6hung des Grundtones. Die Kl\u00e4nge 300 + 575 (12:23) und 300 + 620(15:31:) k\u00f6nnen unm\u00f6glich den 77, gesondert h\u00f6ren lassen, weil er dem Grundton zu nahe liegt; sein Dasein macht sich aber zweifellos dadurch geltend, dass er den Grundton zu sich herunter- bezw. heraufzieht. Auch bei den Intervallen, die der Octave schon etwas ferner liegen als die beiden genannten, w\u00fcrde ich keinen klaren Differenzton in der Tonh\u00f6he des theoretischen 7t,, sondern vielmehr Zwischent\u00f6ne aus diesem und dem Grundton (diesseits der Octave noch zwischen ihm und Z>3) erwarten. Meine ge\u00fcbteren Beobachter fanden es s\u00e4mmt-lich am g\u00fcnstigsten (vgl. 59, 601), beim Heraush\u00f6ren der Differenzt\u00f6ne die Aufmerksamkeit wandern zu lassen und in jedem Falle den zuerst bemerkten D, der gew\u00f6hnlich der tiefste war, zuerst zu beachten. Dann pflegten die h\u00f6heren nach und nach vernehmbar und deutlicher zu werden. Die h\u00f6chsten Combinationst\u00f6ne traten fast immer relativ am sp\u00e4testen ins Bewusstsein (59, 374). Die Dauer der Analyse war in der \u00fcberwiegenden Mehrzahl der Versuche nicht beschr\u00e4nkt, und betrug bei schwierigeren Kl\u00e4ngen, wozu namentlich die \u00fcber die Octave hinausreichenden geh\u00f6rten, nicht selten 3/4 bis 1 Stunde. In den Monaten, in denen ich Intervalle der h\u00f6heren Perioden untersuchte, konnte keiner meiner Mitarbeiter den Versuchen so viel Zeit widmen, wie Herr Professor Me. So kam es, dass dieser gut musikalische Beobachter rasch eine sehr hohe Uebung gewann, wie schon die wenigen oben mitgetheilten Zahlen beweisen; aber selbst er \u00e4u\u00dferte bis zum Ende wiederholt einen gewissen Respect vor den weiten Intervallen. Vielleicht ist die Vermuthung gestattet, dass Schaefer, mit R\u00fccksicht auf die zahlreichen negativen Ergebnisse seiner eigenen und fr\u00fcherer Analysen, zuweilen den Versuch zu fr\u00fch aufgab, einen zwischenliegenden Differenzton zu entdecken.\nWo meine Beobachtungen von anderen, historisch vorliegenden abweichen, da handelt es sich beinahe \u00fcberall um ein Mehr von je-","page":214},{"file":"p0215.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Theorie der Combinationst\u00f6ne.\n215\nweils wahrgenommenen Erscheinungen auf meiner Seite. Auch die Abweichungen hinsichtlich der Intensit\u00e4ten, worauf ich noch zu sprechen komme, lassen sich gr\u00f6\u00dftentheils darauf zur\u00fcckf\u00fchren. Die allermeisten vor mir \u00fcber die Combinationserscheinungen angestellten Versuche befolgten das wissentliche Verfahren und wurden durch v\u00f6llig unbefangene Beobachter nicht controlirt. Nur bei Koenig waren die Kl\u00e4nge \u00fcber ein gr\u00f6\u00dferes Gebiet gleichm\u00e4\u00dfig und so dicht vertheilt, wie in meinen Versuchen; Koenig hat aber die Tonh\u00f6hen der herausgeh\u00f6rten Differenzt\u00f6ne nicht genau bestimmt. Die historisch wohl begreifliche Beschr\u00e4nkung auf die musikalischen und namentlich die consonanten Intervalle war in ihren (Konsequenzen bereits mehrfach zu erw\u00e4hnen. Niemals wurden bisher (abgesehen nat\u00fcrlich von Interferenzversuchen) die T\u00f6ne \u00fchergeleitet, sondern unmittelbar an den Tonerzeugern beobachtet. Dazu kommen andere rein technische Unterschiede. Koenig z. B. brachte, wie ich aus einer gelegentlichen Bemerkung (23, 225) ersehe, seine Stimmgabeln nicht gleichzeitig, sondern nach einander zum T\u00f6nen, sodass die erste schon im Verklingen war, wenn die zweite zu schwingen anhoh. Dabei sind in h\u00f6herer Tonlage die leisesten und zuletzt auftretenden Theil-erscheinungen schwer zu h\u00f6ren.\nWas viele meiner Feststellungen erst erm\u00f6glichte, war die ungew\u00f6hnlich gro\u00dfe undununterbrochene Ausdauer meiner Hauptversuchspersonen. Stumpf hebt (32, 249) mit Hecht den \u00bbau\u00dferordentlichen Einfluss der Uebung\u00ab auf die Wahrnehmung der Combinationst\u00f6ne hervor. \u00bbIst man gerade in der Uebung, so treten Einem Combinationst\u00f6ne fast unvermeidlich . . . entgegen. Aber die Uebung schwindet auch sehr leicht.\u00ab In dieser Beziehung waren, wie ich nach dem fr\u00fcher Mitgetheilten nicht n\u00e4her zu begr\u00fcnden brauche, meine t\u00e4glichen Versuche ungemein g\u00fcnstig gestellt und sind mit gelegentlichen, durch gr\u00f6\u00dfere Zeitr\u00e4ume getrennten Beobachtungen nicht unmittelbar zu vergleichen. Von der Mehrzahl meiner Mitarbeiter und von mir seihst darf ich annehmen, dass jeder nach ziemlich kurzer Zeit sein Maximum der Ge\u00fcbtheit erreichte und bis zum Abschluss der Untersuchung nicht wieder verlor. In seinen ersten Versuchsstunden entdeckte z. B. keiner einen Summationston (n + n>) ; nach und nach wurden diese leisen T\u00f6ne von allen regelm\u00e4\u00dfig Mitarbeitenden bei der gew\u00f6hnlichen, mittelstarken Tongebung unwissentlich bemerkt.","page":215},{"file":"p0216.txt","language":"de","ocr_de":"216\nFelix Krueger.\nPreyer (26, 138) und Meyer (46, 184) h\u00f6rten Summationst\u00f6ne bei Stimmgabeln nur, wenn diese sehr stark gestrichen wurden. Stumpf ist (32, 254) mit Gr. Appunn der Meinung, sie seien nur auf Instrumenten mit scharfer Klangfarbe zu h\u00f6ren. Der r\u00fchmlich bekannte Akustiker Hermann (35, 500) berichtet auch f\u00fcr diese F\u00e4lle, es sei ihm weder je gelungen sie zu h\u00f6ren, noch jemand zu finden, der sie h\u00f6ren konnte1).\nWenn ein Helmholtz, Koenig oder Stumpf eine positiv beobachtete Thatsaehe mittheilen, die man selbst nicht best\u00e4tigen kann, wird man eher die Zuverl\u00e4ssigkeit der eigenen Beobachtungen bezweifeln, als die Realit\u00e4t der angegebenen Erscheinung. Anders, wenn man unter sorgf\u00e4ltiger Controlle Thatsachen findet, die andere bisher nicht bemerkt oder sogar f\u00fcr unwahrscheinlich erkl\u00e4rt haben. Da darf man auch gegen die hervorragendsten Experimentatoren an den eigenen Beobachtungen festhalten. So betrachte ich die fr\u00fcher gegebene und im Eing\u00e4nge dieses Oapitels kurz zusammengefasste Beschreibung der Combinationserscheinungen als den ad\u00e4quaten und bis auf weiteres einfachsten Ausdruck der Thatsachen.\nZweites Capitel.\nVorfragen f\u00fcr die Erkl\u00e4rung der Combinationserscheinungen.\n1. Objective und subjective Combinationst\u00f6ne.\nBekanntlich sind die Combinationst\u00f6ne gewisser Instrumente als pendelf\u00f6rmige Schwingungen in der Luft nachzuweisen. Helmholtz hat als erster mit H\u00fclfe seiner Resonatoren und mitschwingender Membranen diesen Nachweis gef\u00fchrt, und zwar f\u00fcr Differenzt\u00f6ne verschiedener Ordnung und f\u00fcr Summationst\u00f6ne hei Zweikl\u00e4ngen der Doppelsirene und des Harmoniums (17, 539; 21, 259). Im\n1) Vgl. \u00fcber die Summationst\u00f6ne meine \u00bbBeobachtungen\u00ab (59, 334 ; 357; 368; 379; 572; 580; 589; 602); dazu im Folgenden Cap. III, 3.","page":216},{"file":"p0217.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Theorie der Combinationst\u00f6ne.\n217\nJahre 1886 berichtete Lummer in der Berliner physikalischen Gesellschaft (28, 67) in Helmholtzens Gegenwart \u00fcber Versuche mit einem Mikrophonresonator. Der Apparat sprach auf die Summationst\u00f6ne von Harmoniumkl\u00e4ngen deutlich an, z. B. auf den Ton 11 der kl. Terz 5:6. Sp\u00e4ter wiesen R\u00fccker und Eds er (42, 341) an der Doppelsirene objective Differenzt\u00f6ne erster Ordnung und objective Summationst\u00f6ne nach mit H\u00fclfe eines empfindlichen Stimmgabelresonanzapparates. Schaefer fand (56 und 57) an dem von Helmholtz selbst benutzten Harmonium und an dem Appunn\u2019schen Dreiklangapparat alle \u00fcberhaupt h\u00f6rbaren Combinationst\u00f6ne, auch den durch Resonatoren verst\u00e4rkt. Die Verst\u00e4rkung war (57, 75) im Verh\u00e4ltnis zur Intensit\u00e4t dieser T\u00f6ne nicht gro\u00df, aber unbe-zweifeibar. Helmholtz hat, was seine Gegner nicht immer gen\u00fcgend ber\u00fccksichtigen, schon in seiner ersten Abhandlung \u00fcber Combinationst\u00f6ne hervorgehoben, dass nur unter ganz bestimmten \u00bbgeeigneten Umst\u00e4nden\u00ab die den Combinationst\u00f6nen entsprechenden Schwingungen au\u00dferhalb des Ohres Vorkommen k\u00f6nnen, n\u00e4mlich dann, wenn die beiden prim\u00e4ren Tonbewegungen gleichzeitig dieselbe Luftmasse in starke Schwingungen versetzen. Diese Bedingung ist erf\u00fcllt, wo zwei L\u00f6cherreihen einer rotirenden Scheibe (Sirene) oder zwei durchschlagende Zungen (Harmonium, Dreiklangapparat) von einem gemeinsamen Windraum her angehlasen werden.\nSie ist nicht erf\u00fcllt bei getrennten Tonquellen. In der That bemerkte Helmholtz in diesem Falle niemals mit Sicherheit eine Resonanzwirkung der Combinationst\u00f6ne. Erregte er am Harmonium nur eine Zunge yon dem gew\u00f6hnlichen Blasebalge aus, eine andere durch einen isolirten Reservebalg, so waren die Combinationst\u00f6ne f\u00fcr die Empfindung nicht merklich schw\u00e4cher, ihre Verst\u00e4rkung durch Resonatoren hingegen viel geringer (nach Schaefer\u2019s k\u00fcrzlich vorgenommenen Controllversuchen: gleich Null; vgl. 57, 74). Helmholtz schloss aus diesem Experimente, dass auch bei den Combinationst\u00f6nen des Harmoniums und der Sirene die objective, d. h. in der Luft nachweisbare Schwingungsbewegung nur einen kleinen Theil der Tonst\u00e4rke bedinge, und dass in jedem Falle die Combinations-erscheinungen vorwiegend innerhalb des Ohres entst\u00e4nden.\nDie weitere theoretische Gestaltung dieser Anschauungen wird am Ende des n\u00e4chsten Capitels (Abschnitt 5) zu er\u00f6rtern sein.\nWundt, Philos. Studien. XVII.\t15","page":217},{"file":"p0218.txt","language":"de","ocr_de":"218\nFelix Krueger.\n\"Was das rein Thats\u00e4chliche angeht, so haben sich die Angaben Helmholtzens auch in ihrem negativen Theile nur best\u00e4tigt. In anderen als den von ihm beschriebenen Ausnahmef\u00e4llen hat meines Wissens bisher niemand \u00bbobjective\u00ab Combinationst\u00f6ne festgestellt. Vielmehr bemerkt schon Koenig (23, 221), dass die von ihm an Stimmgabeln wahrgenommenen Combinationst\u00f6ne jeder Art durch Resonatoren nicht verst\u00e4rkt wurden. Zu demselben negativen Exgehniss gelangte M. Wien (30, 853) hei Gelegenheit seiner noch unter Helmholtz\u2019 Leitung vorgenommenen sorgf\u00e4ltigen Tonst\u00e4rkemessungen : ein h\u00f6chst empfindlicher Resonator wurde durch den deutlichen Differenzton zweier Lippenpfeifen oder einer Pfeife und eines Telephons niemals merklich erregt. Hermann (35, 516) konnte durch die beiden telephonisch \u00fcbertragenen Stimmgabelt\u00f6ne ax und c2 die dem ersten Differenzton entsprechende Gabel F niemals zu dem leisesten Mitschwingen bringen. Neuerdings f\u00fchrte die schon erw\u00e4hnte Untersuchung von R\u00fccker und Edser zu dem gleichen Resultat. Derselbe feine Resonanzapparat, der auf den ersten Differenzton und den Summationston von Sirenenkl\u00e4ngen stets lebhaft reagirte, that dies in keiner Weise bei Prim\u00e4rkl\u00e4ngen aus Stimmgabel- oder Orgelpfeifent\u00f6nen.\nIch stimmte wiederholt eine Gabel genau auf den st\u00e4rksten Differenzton zweier Stimmgabeln ah und stellte die Resonanzk\u00e4sten dieser beiden dem der H\u00fclfsgabel nahe gegen\u00fcber. Auch die lautesten Differenzt\u00f6ne, z. B. der der Quinte brachten, selbst bei st\u00e4rkstem Streichen der prim\u00e4ren Gabeln, die Resonanzgabel niemals zum Mitschwingen; deutliche Summationst\u00f6ne ebensowenig. Ferner stellte ich mehrmals den sogleich n\u00e4her zu beschreibenden, gut functionirenden Interferenzapparat auf einen Differenz- oder Summationston ein, ohne dadurch eine merkliche Abschw\u00e4chung zu erzielen.\nEs bleibt also dabei: die Combinationst\u00f6ne zweier getrennter Tonquellen, d. h. weitaus die meisten in der Musik vorkommenden Differenz- und Summationst\u00f6ne haben keine objective Existenz in dem Sinne, dass in der Luft, au\u00dferhalb des wahrnehmenden Ohres eine ihnen entsprechende pendelf\u00f6rmige Schwingungsbewegung nachweisbar w\u00e4re.","page":218},{"file":"p0219.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Theorie der Combinationst\u00f6ne.\n219\n2. Die Combinationserscheinungen und die Obert\u00f6ne.\n(Neue Interferenz versuche.)\nWichtiger als die soeben er\u00f6rterte war f\u00fcr mich die Frage, inwieweit die beobachteten Combinationserscheinungen von Obert\u00f6nen der prim\u00e4ren Kl\u00e4nge abhingen. Die M\u00f6glichkeit einer Entstehung von Differenzt\u00f6nen aus Obert\u00f6nen hat schon Ohm (1839; 15, 465) gegen H\u00e4llstr\u00f6m betont. Der gro\u00dfe Physiker fand es theoretisch unzul\u00e4ssig, mehr als einen Combinationston von zwei prim\u00e4ren T\u00f6nen herzuleiten; vielmehr seien alle Differenzt\u00f6ne h\u00f6herer als erster Ordnung einfach darauf zur\u00fcckzuf\u00fchren, dass harmonische Obert\u00f6ne des prim\u00e4ren Klanges paarweise ihre Combinationst\u00f6ne (erster Ordnung) h\u00f6ren lie\u00dfen. In der That kann man die theoretischen Werthe der Differenzt\u00f6ne jederzeit als Differenzen der Schwingungszahlen von Obert\u00f6nen ausdr\u00fccken ; z. B. beim Intervall 5:6, Z>s 4 = 2 X 5 \u2014 1X6; A 3 = 3x5 \u2014 2x6; D(2=4x5-3X6; Ds = l 1 = 5 X 5 \u2014 4X6. Nur beim I)i ist diese M\u00f6glichkeit beschr\u00e4nkt (was f\u00fcr die Frage der zwischenliegenden Differenzt\u00f6ne wichtig ist), indem man mit abnehmender Einfachheit des prim\u00e4ren Schwingungsverh\u00e4ltnisses immer h\u00f6here Multipla heranziehen muss ; bei 2 : 5 z. B. 4x2 und 1 X 5 ; bei 3:7 bereits 6x3 und 2 X 7.\nOhm, dem \u00bbdie Natur ein musikalisches Ohr ganz und gar versagt\u00ab hatte, st\u00fctzte sich lediglich auf mathematisch-physikalische Erw\u00e4gungen und auf (fremde) Differenztonbeobachtungen an der Violine. Schwingende St\u00e4be k\u00f6nnten, wie er meinte, keine Combinationst\u00f6ne h\u00f6herer als erster Ordnung ergeben, weil sie von harmonischen Obert\u00f6nen frei w\u00e4ren. Inzwischen sind mit immer feineren Methoden harmonische Obert\u00f6ne bei allen \u00fcberhaupt gebr\u00e4uchlichen Klangerzeugem nachgewiesen worden. In einer gr\u00fcndlichen neueren Untersuchung \u00fcber diesen Gegenstand (33, 660) berichtet Stumpf sogar von einigen Stimmgabeln, dass sie zahlreiche Obert\u00f6ne enthielten; \u00bbes d\u00fcrfte \u00fcberhaupt keine Klangquelle geben, die nicht den ersten geradzahligen Theilton, die Octave, mit erzeugte\u00ab. So hat denn schon Helmholtz gefordert, dass man bei der Beobachtung von Combinationserscheinungen den Einfluss der Obert\u00f6ne auch dann ber\u00fccksichtige, wenn die prim\u00e4ren Kl\u00e4nge durch Stimmgabeln erzeugt","page":219},{"file":"p0220.txt","language":"de","ocr_de":"220\nFelix Krueger.\nwerden, und seither ist diese Forderung besonders gegen die Koenig-schen Versuche vielfach eingewendet worden.\nBei meinen Beobachtungen war ein wirksames Hervortreten der Obert\u00f6ne schon durch die Anordnung der Versuche erschwert. Die ziemlich kurzen und dicken Stimmgabeln (vgl. das N\u00e4here 59, 311 ff.) trugen s\u00e4mmtlich schwere Laufgewichte, wodurch die Bildung von Knotenpunkten behindert wird. Alle ohne Laufgewichte schwingenden Gabeln, die ich damit verglich, lie\u00dfen mit dem blo\u00dfen Ohre mindestens den zweiten oder ersten, tiefere Gabeln stets zwei Obert\u00f6ne erkennen. Dagegen konnten hei meinen Prim\u00e4rgabeln auch die ge\u00fcbtesten Beobachter keinen Oberton mit Sicherheit unmittelbar entdecken. Versuche mit resonirenden Stimmgabeln hatten folgendes Ergebniss: die beiden tiefsten Gabeln c' brachten, auf ihrem Resonanzkasten stark gestrichen, ihre Octave (2n) und Duodezime (3n), nicht mehr die Doppeloctave, zu schwachem Mitschwingen, wenn auch diese H\u00fclfsgabeln auf ihren Resonanzk\u00e4sten standen. Die vier h\u00f6heren Gabeln bewirkten auch bei st\u00e4rkstem Streichen nicht das geringste wahrnehmbare Mitschwingen von Gabeln mit doppelter oder dreifacher Schwingungszahl. Zur Beobachtung wurden die T\u00f6ne, wie fr\u00fcher beschrieben, durch eine 8 m lange Leitung nach einem dritten Raum \u00fcbergef\u00fchrt, der vom Tonerzeugungszimmer durch zwei W\u00e4nde getrennt war. Die Stimmgabeln wurden mit Violinb\u00f6gen etwas \u00fcber mittelstark gestrichen. Sie waren regelm\u00e4\u00dfig in Resonanzk\u00e4sten eingeschraubt, und diese K\u00e4sten waren jeder in einen viereckigen, mit Filz umh\u00fcllten Aufnahmetrichter aus starker Pappe hineingeschoben. Alle Zwischenr\u00e4ume zwischen einem Resonanzkasten und seinem Schalltrichter waren mit Watte ausgef\u00fcllt; die Aufnahmek\u00e4sten wie die mit Gummi umgebenen kurzen F\u00fc\u00dfe der Resonanzk\u00e4sten ruhten auf einer Schicht von Tuch und Watte. Das Leitungsrohr war an seinen Durchgangsstellen durch die beiden W\u00e4nde dicht von Watte umgeben, die jederseits zu starken B\u00e4uschen sich erweiterte. Wurde die Schallleitung irgendwo unterbrochen, so war der Ton dr\u00fcben sehr erheblich geschw\u00e4cht; wurden die R\u00f6hren an der Unterbrechungsstelle verstopft, so drang selbst bei starkem Streichen einer Gabel keine wahrnehmbare Schallbewegung in das Beobachterzimmer. Es gelangte also von jeder Gabel nur der Theil der gesammten Schwingungsbewegung in das Ohr des Beobachters, der durch den Reso-\n*","page":220},{"file":"p0221.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Theorie der Combinationst\u00f6ne.\n221\nnanzkasten verst\u00e4rkt wurde. Am Ende der Leitung, im Beobachterzimmer war der Eindruck eines prim\u00e4ren Tones noch reiner und einfacher als unmittelbar an der Gabel; seine Klangfarbe war dort nach dem Streichen von derjenigen eines Combinationstones gleicher H\u00f6he kaum zu unterscheiden.\nDass Obert\u00f6ne bei den Versuchen nicht in wirksamer Weise mitsprachen, wird zun\u00e4chst durch folgende mittelbare Kriterien wahrscheinlich. Nach den soeben berichteten Resonanzversuchen bestand kein Zweifel, dass die beiden tiefsten Gabeln urspr\u00fcnglich je zwei Obert\u00f6ne enthielten, und dass die Obert\u00f6ne der vier anderen Gabeln (deren Laufgewichte einen viel gr\u00f6\u00dferen Theil des Gesammtgewichts und der Schenkell\u00e4nge ausmachten) zum mindesten erheblich schw\u00e4cher waren. Aber die Combinationserscheinungen traten bei den Kl\u00e4ngen der eingestrichenen Octave nicht in gr\u00f6\u00dferer Mannigfaltigkeit hervor, als bei Verwendung der h\u00f6heren Gabeln, sondern eher umgekehrt.\nGelegentlich der Resonanzversuche bemerkte ich, dass die zweite Stimmgabel, wenn sie von c* aus h\u00f6her gestimmt wurde, die entsprechenden Obertongabeln stellenweise schw\u00e4cher, zum Theil gar nicht miterregte. Aus physikalischen Gr\u00fcnden muss man bei verstimmbaren Gabeln allgemein annehmen, dass gewisse Stellungen der Laufgewichte f\u00fcr die Entstehung von Knotenlinien weniger g\u00fcnstig sind als andere. Aber die Versuche ergaben in keiner Intervallperiode ein pl\u00f6tzliches Zur\u00fccktreten der Combinationserscheinungen bei bestimmten Kl\u00e4ngen oder Klanggruppen.\nEtwa vorhandene Obert\u00f6ne m\u00fcssen bei der angewendeten Methode, die Kl\u00e4nge unmittelbar von den Resonanzk\u00e4sten aus \u00fcberzuleiten, mindestens geschw\u00e4cht am Ende der Leitung ankommen. Trotzdem war hier, wie mehrfach erw\u00e4hnt, die Analyse im allgemeinen ergiebiger, als unmittelbar an den Gabeln auch nach dem Streichen.\nIm Laufe der Zeit \u00fcbten sich alle Beobachter im Heraush\u00f6ren auch solcher Theilt\u00f6ne, die mit anderen, gleichzeitig wahrgenommenen harmonirten. Niemals wurde die Aufmerksamkeit auf ganz bestimmte T\u00f6ne oder Tonlagen ausschlie\u00dflich eingestellt. Die gro\u00dfe Mehrzahl der Bestimmungen geschah ganz unwissentlich. Und doch war unter den vielen tausend Beobachtungen keine, die unmittelbar auf einen Oberton gedeutet werden d\u00fcrfte. Die sehr vereinzelten","page":221},{"file":"p0222.txt","language":"de","ocr_de":"222\nFelix Krueger.\nF\u00e4lle, in denen genau oder ann\u00e4hernd ein Vielfaches einer der prim\u00e4ren Schwingungszahlen notirt worden war, controllirte ich dadurch, dass ich die betreffende Gabel allein kr\u00e4ftig strich: jedesmal verschwand dann der vermuthete \u00bbOberton\u00ab ; er lie\u00df sich regelm\u00e4\u00dfig dadurch begreifen, dass ein (anderweitig festzustellender) Differenzoder Summationston der angegebenen Tonh\u00f6he oder einer harmonischen nahe kam.\nEin feines und sicheres Erkennungszeichen leiser T\u00f6ne sind die Schwebungen. Bei einigen consonanten Intervallen f\u00e4llt der Summationston oder der h\u00f6here Prim\u00e4rton oder ein Differenzton mit einem Multiplum des Grundtones zusammen; so ist der Summationston hei der Octave =3 n, hei der Duodecime = 4n, bei der Doppel-octave =5 n; der h\u00f6here Prim\u00e4rton bei denselben Kl\u00e4ngen bezw. = 2\u00bb, 3n, in, der erste Differenzton bei der Duodecime = 2n, bei der Doppeloctave = 3 n, w\u00e4hrend Dt hier den Werth 2 n erreicht. Wo hei schwachen Verstimmungen dieser Intervalle die kritischen T\u00f6ne geh\u00f6rt wurden, fragte ich regelm\u00e4\u00dfig die Beobachter und mich seihst, ob sie Schwebungen tr\u00fcgen. Fast immer wurde diese Frage mit Bestimmtheit verneint, und niemals mit Sicherheit bejaht. Auf die Tonlage der Octavenschwebungen komme ich in diesem Capitel noch zur\u00fcck (S. 240 ff.).\nAlle verstimmten Oonsonanzen obertonreicher Kl\u00e4nge lassen Schwebungen zwischen mindestens zwei Obert\u00f6nen h\u00f6ren. Die Schwebungen, die auch ich in der Umgebung aller vorgekommenen Oonsonanzen fand und genau untersuchte, hafteten, mit Ausnahme der verstimmten Prime, wo sie zun\u00e4chst beiden Prim\u00e4rt\u00f6nen angeh\u00f6ren, niemals an einem Ton, der h\u00f6her lag als der Grundton.\nIm vorigen Capitel wurde berichtet, dass Tartini an der Geige in der Kegel einen Combinationston zu h\u00f6ren glaubte, der die Octave des -D, bildete (ich fand diese Angabe bei obertonreichen Instrumenten vielfach best\u00e4tigt), und ich erw\u00e4hnte bereits, dass dieser auch von H\u00e4llstr\u00f6m theoretisch geforderte Combinationston aus dem Zusammenwirken der beiden ersten Obert\u00f6ne 2n' und 2n sich ergeben kann. Es ist nun im gegenw\u00e4rtigen Zusammenh\u00e4nge wichtig, dass bei meinen Versuchen die Octave des T), niemals festgestellt wurde, wo nicht ausnahmsweise dieser Ton mit einem Differenzton h\u00f6herer Ordnung des prim\u00e4ren Klanges zusammenfiel.","page":222},{"file":"p0223.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Theorie der Combinationst\u00f6ne.\n223\nEntscheidend waren die Versuche mit Ausschaltung von Obert\u00f6nen durch Interferenz.\nDie Interferenzversuche.\nDer Interferenzapparat ist ein noch lange nicht genug gew\u00fcrdigtes H\u00fclfsmittel der experimentellen Akustik. Deshalb, und weil die Unentbehrlichkeit des Interferenzversuchs in Zukunft immer f\u00fchlbarer werden wird, theile ich meine technischen Erfahrungen ziemlich ausf\u00fchrlich mit.\nZun\u00e4chst bediente ich mich des von Stumpf und Meyer angewendeten Verfahrens (Herschel, Quincke), die Leitung zu theilen und die beiden Zweigleitungen um eine halbe Wellenl\u00e4nge des auszul\u00f6schenden Tones verschieden lang zu machen, so dass die beiden Theile der Schwingungsbewegung mit dem Phasenunterschiede einer halben Wellenl\u00e4nge wieder aufeinandersto\u00dfen. Allein auch wenn ich zwei solche Apparate hinter einander schaltete und dabei die beachtenswerthen Erfahrungen Meyer\u2019s (46, 190) genau ber\u00fccksichtigte, blieb von starken T\u00f6nen ein deutlich h\u00f6rbarer, wenngleich relativ geringer Theil zur\u00fcck. Drei oder mehr Apparate dieser Art mit allen Vorsichtsma\u00dfregeln st\u00e4ndig zu benutzen, ist praktisch beinahe undurchf\u00fchrbar. Ich wandte mich daher zu dem anderen Interferenzprincip, das meines Wissens von N\u00f6rremberg zuerst beschrieben wurde. Dabei wird der nothwendige Glangunterschied durch senkrecht an die Hauptleitung angesetzte R\u00f6hren bewirkt, deren L\u00e4nge eine viertel Wellenl\u00e4nge des zu beseitigenden Tones betr\u00e4gt. Eine solche R\u00f6hre kann nicht so viel leisten, wie ein Apparat der ersten Art, weil die urspr\u00fcngliche Schwingungsbewegung sich mi* einer blo\u00df reflectirten, also schw\u00e4cheren vereinigt. Aber die Wirkung l\u00e4sst sich leicht vervielf\u00e4ltigen, indem man mehrere Ansatzr\u00f6hren benutzt. So verfuhr mit gutem Erfolge Sauberschwarz bei einer experimentellen Analyse von Vocalen. Es wurde zun\u00e4chst ein Apparat genau nach dem Muster des seinigen (beschrieben 44, 11), nur etwas massiver angefertigt. Sechs R\u00f6hren von 50, 60, 70 bis 100 cm L\u00e4nge standen um je 10 cm von einander ab. Die zu ihrem Verschluss, ihrer Verl\u00e4ngerung und Verk\u00fcrzung dienenden, verschiebbaren Kolben waren aus Messing gearbeitet und setzten sich nach","page":223},{"file":"p0224.txt","language":"de","ocr_de":"224\nFelix Krueger.\noben in runde Messingst\u00e4be fort, deren h\u00f6lzerner Handgriff jederzeit aus der R\u00f6hre herausragte. Scalen gestatteten eine genaue Abmessung der R\u00f6hrenl\u00e4ngen. Der massive Stempel, der das untere Ende jedes Kolbens bildete, verschloss die R\u00f6hre hermetisch und war unten m concaver Kr\u00fcmmung so ausgeh\u00f6hlt, dass bei der tiefsten Stellung sammtlicher Kolben (0 der Scala) das Innere der horizontalen Hauptr\u00f6hre sich von der \u00fcbrigen Hauptleitung nicht unterschied. Alle R\u00f6hren des Apparates hatten gleich den anderen Theilen der Leitung einen Durchmesser von 1 cm.\nDer Versuch mit Einstellung aller sechs Ansatzr\u00f6hren auf y4 Wellenl\u00e4nge des auszul\u00f6schenden Tones zeigte zun\u00e4chst, dass starke T\u00f6ne nicht ganz verschwanden, hohe T\u00f6ne in gr\u00f6\u00dferem Ma\u00dfe und auch sonst verschiedene T\u00f6ne verschieden geschw\u00e4cht wurden. Durch zeitraubende Versuche mit einer Interferenzr\u00f6hre und Verschiebung der (ausziehbaren) Hauptleitung ergab sich des N\u00e4heren - wor\u00fcber ich\nin der physikalischen Litteratur nirgends eine Andeutung fand ____\ndass der Punkt nicht gleichg\u00fcltig ist, an dem das Ansatzrohr von der Hauptr\u00f6hre senkrecht abzweigt. Vielmehr ist die Interferenzwirkung dann am gr\u00f6\u00dften, wenn dieser Punkt von der R\u00fcckwand des Stimmgabel-Resonanzkastens um ein ganzes Vielfaches einer halhfen Wellenl\u00e4nge des abzuschw\u00e4chenden Tones entfernt, also ein Knotenpunkt der Wellenbewegung ist, und am schw\u00e4chsten in den Mittelpunkten der Schwingungsb\u00e4uche, also in allen Punkten, die vom geschlossenen Ende des Resonanzkastens um ungerade Vielfache einer Viertelwellenl\u00e4nge abliegen. Diese f\u00fcr zahlreiche Wellenl\u00e4ngen sichergestellte Thatsache stimmt auf\u2019s beste mit Erfahrungen an optischen und elektrischen Wellen \u00fcberein. Es ist physikalisch wohl begreiflich, dass an absoluten Wellenb\u00e4uchen die Bewegung gar keinen Anlass hat, in die Interferenzr\u00f6hre einzutreten, w\u00e4hrend an den Punkten st\u00e4rkster periodischer Luftverdichtung diese Abweichung von der Hauptrichtung bei ge\u00f6ffneter Ansatzr\u00f6hre am energischsten stattfinden muss. Ich schlug nach diesen Beobachtungen dem Herrn Director des Institutes vor, entweder den Apparat auch in der L\u00e4ngsrichtung ausziehbar machen oder ihm ein f\u00fcr alle Mal solche Dimensionen geben zu lassen, wie sie f\u00fcr die Zwecke meiner Untersuchung am h\u00e4ufigsten gebraucht w\u00fcrden. Im Interesse der Stabilit\u00e4t des ganzen R\u00f6hrensystems wurde der zweite Weg gew\u00e4hlt. Die","page":224},{"file":"p0225.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Theorie der Combinationst\u00f6ne.\n225\nHauptr\u00f6lire wurde in der Mitte zwischen je zwei Ansatzr\u00f6liren durcli-geschnitten und mit verl\u00e4ngernden Zwischenst\u00fccken fest verl\u00f6thet. In anbetracht des beschr\u00e4nkten Raumes und mit R\u00fccksicht auf die meist verwendeten Grundt\u00f6ne lie\u00df ich die vier l\u00e4ngsten Interferenzr\u00f6hren um je 33,2 cm (= */4 Wellenl\u00e4nge des c*512) von einander ahr\u00fccken, die beiden k\u00fcrzesten folgten darauf in Abst\u00e4nden von 16,6 cm (\u2014 Wellenl\u00e4nge von c31024), so dass der Apparat die auf 8. 312 meiner vorigen Abhandlung dargestellte Form erhielt1 *). Demnach konnte ich durch Verschieben des Zuleitungsrohres f\u00fcr den Ton c' 256 drei Interferenzr\u00f6hren, f\u00fcr c* f\u00fcnf, f\u00fcr c3 (1024) und alle seine Multipla sechs R\u00f6hren in die g\u00fcnstigste Stellung bringen.\nDie Abschw\u00e4chung eines starken Prim\u00e4rtones war schon bei Verwendung einer sorgf\u00e4ltig eingestellten R\u00f6hre nicht gering; sie wurde durch Hinzuf\u00fcgen einer zweiten und dritten R\u00f6hre wesentlich vergr\u00f6\u00dfert, durch die \u00fcbrigen nur noch unerheblich. Der Erfolg war besser als mit zwei Apparaten der anderen Art. Schaltete ich einen dieser beiden zu dem neuen Apparate hinzu, so wurde dessen Wirkung nicht merklich gesteigert.\nWurde die Gabel 256 stark gestrichen, und der Apparat auf diesen Ton eingestellt, so blieb davon am Ende der Leitung ein leiser Rest \u00fcbrig; bei schwachem Streichen nichts mit Sicherheit. 512 wurde auch bei mittelstarkem Streichen ganz ausgel\u00f6scht; 1024 konnte man noch st\u00e4rker streichen; und den Prim\u00e4rton 2048 gelang es auch bei st\u00e4rkster Tongebung g\u00e4nzlich zu beseitigen. Sauberschwarz berichtet (44), er habe mit den sechs R\u00f6hren stets vollst\u00e4ndige Interferenz erzielt. Er arbeitete durchweg mit ziemlich hohen und leiseren (gesungenen) T\u00f6nen; seine Leitung war l\u00e4nger als die meinige und mehrfach durch Kautschukschl\u00e4uche unterbrochen. Ich vermuthete, der bei starken und tiefen T\u00f6nen \u00fcbrig bleibende Rest beruhe auf Eigenschwingungen des Apparats. Daher umwickelte ich die ganze Leitung mit Watte und f\u00fcgte an zwei Stellen, vor und hinter dem Apparat, kurze St\u00fccke Gummischlauch ein. Dadurch wurde die Wirkung noch etwas verbessert.\n1) Neuerdings wurde f\u00fcr das Kieler psychologische Laboratorium ein gr\u00f6\u00dferer,\nin der L\u00e4ngsrichtung verschiebbarer Interferenzapparat nach meinen Angaben\nangefertigt, dessen Einrichtung bei Gelegenheit beschrieben werden mag.","page":225},{"file":"p0226.txt","language":"de","ocr_de":"226\nFelix Krueger.\nDagegen konnte ich nicht finden, was Meyer fordert, dass das Ende der Leitung mit einem Schwingungshauche zusammenfallen m\u00fcsste. Das Endst\u00fcck der R\u00f6hren im Beobachterzimmer war ausziehbar. Aber innerhalb der Grenzen einer ganzen Wellenl\u00e4nge konnte niemand mit Sicherheit einen Unterschied der Wirkung feststellen. Bei ungest\u00f6rten T\u00f6nen empfiehlt es sich ja das Ohr in einen Schwingungsbauch zu bringen, wenn man m\u00f6glichst wenig h\u00f6ren will. Je vollkommener aber die Interferenz gelingt, um so gleichg\u00fcltiger muss die Entfernung des Leitungsendes von den Interferenzpunkten sein.\nF\u00fcr alle h\u00e4ufiger in Frage kommenden Tonh\u00f6hen wurde die g\u00fcnstigste L\u00e4nge der Ansatzr\u00f6hren durch zahlreiche Versuche festgestellt. Da die Temperatur der Arbeitszimmer ann\u00e4hernd 16\u00b0 betrug, konnten die Wellenl\u00e4ngen in der \u00fcblichen Weise f\u00fcr eine Fortpflanzungsgeschwindigkeit des Schalles von 340 m berechnet werden. Es ergab sich aber, dass die Interferenzr\u00f6hren stets etwas (durchschnittlich um 6^) l\u00e4nger gemacht werden mussten, als i/i der so berechneten Wellenl\u00e4nge. Diese in physikalischen Instituten wohlbekannte Erscheinung beruht wahrscheinlich in erster Linie auf St\u00f6rungen der Wellenbewegung bei der Zur\u00fcckwerfung.\nBemerkenswerth ist das Hervortreten einiger Obert\u00f6ne bei der Interferenz des Grundtones. Oie c'-Gabeln lie\u00dfen in diesem Falle leise aber deutlich die beiden ersten Obert\u00f6ne (512 u. 768) erkennen, einen dritten nicht mit Sicherheit. Die c\u2019-Gabeln undeutlich und sehr leise den ersten, 1024; h\u00f6here Gabeln, namentlich auch die beiden f\u00fcr c3 1024 : keinen mit Sicherheit. Bei sorgf\u00e4ltiger Einstellung auf den Grundton blieb von 1024 und h\u00f6heren T\u00f6nen stets nur ein unqualificirbares hauchartiges Ger\u00e4usch zur\u00fcck; ebenso von 512 bei mittelstarker, von 256 bei schwacher Tongebung. W\u00e4hrend des Streichens der tieferen Gabeln waren die genannten leisen Obert\u00f6ne allein zu h\u00f6ren; nach dem (starken) Streichen waren sie noch etwas vernehmlicher als der Rest des Grundtones. Herr Geh. Rath Wundt hatte die Freundlichkeit, im letzten Stadium dieser Versuche den Apparat selbst zu pr\u00fcfen. Er rieth mir, mit der erreichten Interferenzwirkung mich zufrieden zu geben, und war der Meinung, dass Obert\u00f6ne bei genauer Einstellung aller sechs R\u00f6hren mit Sicherheit als unwirksam zu betrachten seien.","page":226},{"file":"p0227.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Theorie der Combinationst\u00f6ne.\n227\nDie Schwingungszahlen der Obert\u00f6ne, f\u00fcr die der Apparat im Folgenden praktisch verwendet wurde, lagen niemals unter 512, es handelt sich dabei fast ausnahmslos um Mul tip la von 256.\nBei den Interferenzversuchen wurde ich regelm\u00e4\u00dfig durch einen Assistenten unterst\u00fctzt, der auf einen kurzen Zuruf die Stempel der Ansatzr\u00f6hren bis zu der vorher verabredeten L\u00e4nge herauszog oder wieder auf 0 einstellte. Der Experimentator brauchte also seinen Platz an den Gabeln nicht zu verlassen, und Aenderungen am Apparat geschahen sehr rasch. Was hier, und ob \u00fcberhaupt etwas ge\u00e4ndert wurde, davon wusste der im dritten Zimmer befindliche Beobachter nichts. Er notirte schriftlich seine Wahrnehmungen hei \u00bbStellung No. 1\u00ab \u00bbNo. 2\u00ab u. s. f. Alle wirklich verschiedenen Stellungen des Apparats, darunter vor allem auch die Ausgangsstellung, wurden in bunter Reihenfolge mehrfach vorgelegt. Wo der Einfluss verschiedener Ohert\u00f6ne nach einander untersucht wurde, enthielt demnach das Protocoll \u00fcber zehn und mehr mit einander verglichene \u00bbStellungen\u00ab. Als Beobachter wirkten abwechselnd alle ge\u00fcbteren Theilnehmer an meinen Versuchen, die Herren A., B., F., Me., M\u00f6. und St. (A. und F. seltener) ; ich seihst \u00fcbernahm \u00f6fter als sonst die Rolle des unwissentlich Beobachtenden.\na. Ohert\u00f6ne und Schwebungen.\nBekanntlich k\u00f6nnen selbst sehr leise, ja unh\u00f6rbare T\u00f6ne noch Schwebungen verursachen. F\u00fcr die bei allen verstimmten Consonan-zen von mir festgestellten Schwebungen kann man Obert\u00f6ne direct, ohne R\u00fccksicht auf ihre Differenzt\u00f6ne verantwortlich machen. Bei allen consonanten Zweikl\u00e4ngen fallen ja theoretisch mindestens zwei Obert\u00f6ne zusammen, deren Tonh\u00f6he man erh\u00e4lt, wenn man die Schwingungszahl des einen Prim\u00e4rtons mit der Verh\u00e4ltnisszalil des anderen multiplicirt (z. B. f\u00fcr die Quarte 300 : 400, die Ohert\u00f6ne 3 X 400 = 4 X 300). Man wei\u00df, welche Bedeutung Helmholtz diesen Obertonschwebungen beimisst; und in der That kann man sie an obertonreichen Kl\u00e4ngen gut beobachten. In meinen F\u00e4llen spricht schon die sichere, immer wiederkehrende Localisation der Schwebungen gegen diese Deutung. Immerhin war es nothwendig, sie experimentell zu pr\u00fcfen.","page":227},{"file":"p0228.txt","language":"de","ocr_de":"228\nFelix Krueger.\nIch untersuchte 15 verschiedene Schwebungsarten hinsichtlich ihrer unmittelbaren Abh\u00e4ngigkeit von Obert\u00f6nen. Es wurden nur solche Kl\u00e4nge ausgew\u00e4hlt, deren Schwebungen der Beobachter sicher und deutlich h\u00f6rte; vorzugsweise diejenigen, hei denen nach fr\u00fcheren oder ad hoc eingeschobenen Versuchen die Schwebungen der betreffenden Art am merklichsten waren. In h\u00f6herer Tonlage kamen demnach im Durchschnitt frequentere Schwebungen zur Beobachtung als in der Tiefe. Aus den dargelegten technischen Gr\u00fcnden beschr\u00e4nkte ich mich auf die Grundt\u00f6ne 256, 512 und 1024. Die engeren Intervalle wurden s\u00e4mmtlich in diesen drei Tonlagen vorgelegt; die weiteren nur mit den beiden ersten oder nur mit dem tiefsten Grundton, soweit eben mein Material an Stimmgabeln reichte. Von den ex hypothesi betheiligten Obert\u00f6nen wurde immer nur einer ausgeschaltet, n\u00e4mlich der des Grundtones ; auf ihn wurden alle sechs R\u00f6hren des Apparates abgestimmt. Dabei ist noch zu ber\u00fccksichtigen, dass die Einstellung eines Interferenzsystems f\u00fcr einen Ton n gleichzeitig f\u00fcr dessen ungerade Multiplen, 3 n, 5n u. s. f. gilt. Die T\u00f6ne, f\u00fcr die der Interferenzapparat unmittelbar eingestellt wurde, waren nach dem Gesagten, wenn n die Schwingungszahl des Grundtons ausdr\u00fcckt : 2n hei den verstimmten Octaven, 3 n bei der Quinte und Duodecime, 4 n hei der Quarte und Doppeloctave, 5n bei der gro\u00dfen Terz, gro\u00dfen Sexte und gro\u00dfen Decime, 6n bei der kleinen Terz, 7 n beim Tritonus, hei der verminderten Septime 4: 7, der verminderten Decime 3: 7 und der verminderten Quatuordecime 2:7, 8 n hei der kleinen Sexte und der Undecime 3: 8. Die vollkommeneren von diesen (verstimmten) Consonanzen, bei denen die kritischen Obert\u00f6ne am tiefsten liegen, wurden am h\u00e4ufigsten und an den zahlreichsten Beispielen untersucht, namentlich die Octave, Doppeloctave, Quinte und Duodecime. Hier kamen auch solche (stark verstimmte) Intervalle zur Beobachtung, bei denen die Schwebungen der Verschmelzungsgrenze nahe lagen und daher leise waren. In den F\u00e4llen, wo nicht, wie bei der Octave, Duodecime und Doppeloctave, der h\u00f6here Prim\u00e4rton den zweiten hypothetischen Schwebungston bildet, sondern einer seiner Obert\u00f6ne, schickte ich zur Controlle auch beide Prim\u00e4rt\u00f6ne durch den Interferenzapparat, wodurch bei schwachen Verstimmungen zweifellps auch der zweite \u2014 dem ersten nahe benachbarte \u2014 der kritischen Obert\u00f6ne ausgeschlossen wurde.","page":228},{"file":"p0229.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Theorie der Combinationst\u00f6ne.\n229\nW\u00e4ren nun bei meinen Versuchen die genannten Obert\u00f6ne an den wahrgenommenen Schwebungen irgend wesentlich hetheiligt gewesen, so h\u00e4tte die geschilderte Interferenzeinstellung die Schwebungen zum mindesten regelm\u00e4\u00dfig und merklich abschw\u00e4chen m\u00fcssen. Die Frage lautete daher : Sind die Schwebungen st\u00e4rker oder schw\u00e4cher, deutlicher oder undeutlicher als das vorige Mal, oder unver\u00e4ndert? Das Ergehniss war durchaus negativ. In der \u00fcberwiegenden Mehrzahl der F\u00e4lle konnte auch die mehrfach wiederholte Beobachtung keinen Unterschied mit Sicherheit constatiren. Einige Beobachter, die nicht gern Gleichheit aussagten, gaben zuweilen unsicher eine geringe Verst\u00e4rkung oder Abschw\u00e4chung an, aber v\u00f6llig unregelm\u00e4\u00dfig, beides etwa eben so oft bei Interferenz, wie ohne Interferenz, auch in derselben Versuchsstunde. Dabei ist zu beachten, dass die St\u00e4rke der Tongebung nicht immer ganz gleich gehalten werden konnte, eine Fehlerquelle, die ich wie fr\u00fcher dadurch zu umgehen suchte, dass ich den Klang in jedem Falle mehrmals (immer m\u00f6glichst gleich, n\u00e4mlich mittelstark) zu Geh\u00f6r brachte. Ein kleiner Unterschied der D eutlichkeit wurde etwas \u00f6fter ausgesagt, aber fast immer zu Gunsten der Interferenzstellung. Das wird so zu erkl\u00e4ren sein, dass ohne Interferenz ein minimales Quantum des betreffenden Obertons, vielleicht auch seines dreifachen, thats\u00e4chlich, vielleicht als physiologische Erregung mitwirkte und den Gesammteindruck tr\u00fcbte (die Obert\u00f6ne entsprechen meistens nicht ganz genau ihren theoretischen Werthen), wie denn bei Einstellung der Interferenzr\u00f6hren zuweilen der ganze Klang ein wenig klarer, durchsichtiger zu werden schien. Aber auch diese Unterschiede waren \u00e4u\u00dferst gering und wenig regelm\u00e4\u00dfig; nach immer wiederkehrenden Aussagen der f\u00fcr Schwebungen besonders ge\u00fcbten Herren Me. und St.: \u00bbwohl nur subjectiv\u00ab.\nAus diesen Ergebnissen, wodurch die fr\u00fcher mitgetheilten Beobachtungen \u00fcber die H\u00f6henlage der Schwebungen best\u00e4tigt werden, ist mit Sicherheit zu schlie\u00dfen: alle in meinen Versuchen hervorgetretenen Schwebungen waren nicht Schwebungen zwischen Obert\u00f6nen, sondern (mit Ausnahme der verstimmten Prime, wo die beiden Prim\u00e4rt\u00f6ne haupts\u00e4chlich betheiligt sind) Schwebungen von Differenzt\u00f6nen, entweder unter sich oder mit dem Grundtone. Das bedeutet allgemein: auch solche Schwebungen, die nicht (Primenst\u00f6\u00dfe)","page":229},{"file":"p0230.txt","language":"de","ocr_de":"230\nFelix Krueger.\nunmittelbar zwischen zwei prim\u00e4ren T\u00f6nen stattfinden, k\u00f6nnen unabh\u00e4ngig davon entstehen, oh der Klang benachbarte Obert\u00f6ne von einer der Schwebungszahl entsprechenden Schwingungsdifferenz enth\u00e4lt.\nDass die fraglichen Schwebungen von Obert\u00f6nen \u00fcberhaupt unabh\u00e4ngig seien, darf hiernach noch nicht behauptet werden. Soviel ist gewiss : wir haben sie, in Uebereinstimmung mit den unmittelbaren Beobachtungen, auf Differenzt\u00f6ne zur\u00fcckzuf\u00fchren, und zwar in der Mehrzahl der F\u00e4lle auf Differenzt\u00f6ne h\u00f6herer als erster Ordnung. Aber diese Differenzt\u00f6ne k\u00f6nnen, wie wir sahen, ihrerseits als durch Obert\u00f6ne bedingt aufgefasst werden. Eine \u00e4hnliche Hypothese hinsichtlich der Summationst\u00f6ne wird im dritten Abschnitt des n\u00e4chsten Capitels erw\u00e4hnt werden.\nb. Obert\u00f6ne und Differenzt\u00f6ne.\nEs war freilich nach allen bisher dargestellten Erfahrungen unwahrscheinlich, dass die zu meinen Versuchen benutzten Kl\u00e4nge Obert\u00f6ne von hinreichender St\u00e4rke enthalten sollten, um von sich aus Differenzt\u00f6ne zu erzeugen. Aber die in Frage stehende Hypothese setzt im allgemeinen tiefere Obert\u00f6ne (niederer Ordnung) voraus, als die vorige. So kann der zweite Differenzton jederzeit auf das Zusammenwirken des h\u00f6heren Prim\u00e4rtons (nvj mit der Octave des tieferen (2 n) zur\u00fcckgef\u00fchrt, der dritte bis zur Octave stets als Differenz von 3raund2w' berechnet werden; Di bis zur Quinte aus 4 n und 3 m1, zwischen Quinte und Octave aus 5 n und 3 n' u. s. w.\nDanach w\u00e4re, um zwei thats\u00e4chlich gepr\u00fcfte Beispiele anzuf\u00fchren, beim Intervalle 512 + 616:\t408 bedingt durch 2 X 512 und 616;\nD3 304 durch 3 X 512 und 2 X 616;\t200 durch 4 X 512 und\n3 X 616. Bei 512 + 1160 w\u00e4ren die (ebenso sicher geh\u00f6rten) Differenzt\u00f6ne _DS 136 abh\u00e4ngig von 1160 und 2 X 512; D3 376 von 3 X 512 und 1160; Dt 240 von 5 X 512 und 2 X 1160.\nDie untersuchten Kl\u00e4nge waren wiederum auf die drei Grundt\u00f6ne c1, C\" und c3 m\u00f6glichst gleichm\u00e4\u00dfig vertheilt. F\u00fcr die zweite Periode (Octave bis Duodecime) musste ich mich auf die beiden tieferen .Grundt\u00f6ne, f\u00fcr die dritte (Duodecime bis Doppeloctave) auf den Grundton c' beschr\u00e4nken. Hier lagen die gepr\u00fcften Intervalle dichter bei einander als innerhalb der ersten Perioden. Es waren gr\u00f6\u00dften-","page":230},{"file":"p0231.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Theorie der Combinationst\u00f6ne,\n231\ntheils andere Intervalle als die der vorigen Versuchsreihe. Sie wurden zun\u00e4chst so ausgew\u00e4hlt, dass jeweils ein Differenzton h\u00f6herer als erster Ordnung besonders laut und deutlich war. Au\u00dferdem pr\u00fcfte ich zahlreiche F\u00e4lle, in denen mehrere Differenzt\u00f6ne mit Sicherheit zu unterscheiden waren, wo ich dann zwischen allen in Betracht kommenden Interferenzeinstellungen unregelm\u00e4\u00dfig abwechselte. Zuweilen wurden auch drei B\u00f6hren des Apparats f\u00fcr einen, und die \u00fcbrigen drei f\u00fcr einen anderen Oberton oder je zwei B\u00f6hren f\u00fcr drei verschiedene Obert\u00f6ne eingestellt. Von den beiden an der Bildung eines Differenztones m\u00f6glicherweise betheiligten Obert\u00f6nen wurde gew\u00f6hnlich nur der eine ausgeschaltet, und zwar der des Grundtones. Einige von den untersuchten Differenzt\u00f6nen waren mit Schwebungen oder Bauhigkeit behaftet. In diesem Falle lie\u00df ich auch die Intensit\u00e4t und Deutlichkeit der Schwebungen beurtheilen und vergleichen. Die Hauptfrage war stets, ob der oder die Differenzt\u00f6ne an St\u00e4rke, Deutlichkeit und Qualit\u00e4t ver\u00e4ndert seien oder nicht.\nDie Ergebnisse stimmten so vollst\u00e4ndig mit den vorhin wiedergegebenen \u00fcberein, dass es unn\u00f6tliig ist, sie im Einzelnen mitzutheilen. Meistens war alles unver\u00e4ndert. Zuweilen ergab sich eine geringe Abschw\u00e4chung, zuweilen Verst\u00e4rkung, ohne jede Begelm\u00e4\u00dfigkeit. Wo zwischen verschiedenen gleichzeitig wahrgenommenen Differenzt\u00f6nen Unterschiede der relativen St\u00e4rke und Deutlichkeit sicher behauptet wurden, lie\u00df ich diese Unterschiede f\u00fcr jede \u00bbStellung\u00ab von neuem beurtheilen. Nur selten wurde eine Aenderung dieser Beilien-folge angegeben, fast niemals zu Ungunsten des durch die Interferenz bedrohten Theiltones. Hinsichtlich der Deutlichkeit zeigte sich etwas Aehnliches, wie bei den Schwebungsbeobachtungen. In einigen F\u00e4llen n\u00e4mlich, besonders bei Abstimmung dreier B\u00f6hren auf 2 n und der \u00fcbrigen auf 3 n schienen im Falle der Interferenz alle Differenzt\u00f6ne, auch der erste, etwas deutlicher zu werden; danach bei Verschluss der Ansatzr\u00f6hren: etwas unklarer, unreiner; in ihrer n\u00e4chsten Umgebung schien etwas Ununterscheidbares hinzugekommen ; die Zwischenr\u00e4ume zwischen zwei T\u00f6nen schienen \u00bbweniger kahl\u00ab (St. bei 1024\t1168). Es handelt sich dabei wohl wieder um unbestimm-\nbare Wirkungen leiser Obert\u00f6ne.\nNach alledem darf ich als gesichert annehmen, dass die bei meinen Versuchen hervorgetretenen Differenz!\u00f6ne und Schwe-","page":231},{"file":"p0232.txt","language":"de","ocr_de":"232\nFelix Krueger.\nbungen von Obert\u00f6nen unabh\u00e4ngig waren. Daraus folgt allgemein: der Zusammenhang zweier einfacher T\u00f6ne ist hinreichende Bedingung f\u00fcr das Entstehen der Differenzt\u00f6ne erster bis f\u00fcnfter Ordnung und ihrer Folgeerscheinungen.\nInterferenzversuche mit der Fragestellung der oben beschriebenen wurden bisher nur von zwei Forschern angestellt, von Stumpf und von Meyer. Beide bedienten sich des zuerst erw\u00e4hnten Verfahrens. Stumpf (33, 660) pr\u00fcfte in erster Linie die Koenig\u2019sche Behauptung, dass auch ein einfacher Ton mit jedem wenig verstimmten Multiplum schwebe. Der tiefere Prim\u00e4rton wurde gew\u00f6hnlich von einer schwingenden Zunge gebildet, der h\u00f6here im Beobachterzimmer, am Ende der Leitung durch eine Stimmgabel. Stumpf bemerkte zun\u00e4chst, es seien zwei verschiedene Arten Schwebungen zu unterscheiden, die das Ohr bei einiger Hebung sehr wohl auseinanderhalten k\u00f6nne: hohe Schwebungen des h\u00f6heren Prim\u00e4rtones und tiefe, die an dem Grundtone hafteten. Diese Angaben kann ich f\u00fcr Grundt\u00f6ne von Zungen, Saiten oder schlanken frei schwingenden Gabeln durchaus best\u00e4tigen. In zahlreichen Versuchen Stumpf\u2019s ergab sich nun regelm\u00e4\u00dfig Folgendes: Ohne Interferenz waren beide Schwebungsarten zu h\u00f6ren. Wurde dagegen der Interferenzapparat auf den dem h\u00f6heren Prim\u00e4rton n\u00e4chstgelegenen Oberton des Grundtons eingestellt, so verschwanden die hohen Schwebungen, w\u00e4hrend die tiefen unver\u00e4ndert erhalten blieben. Dasselbe zeigte sich bei Grundt\u00f6nen von Stimmgabeln. Stumpf erkl\u00e4rt die hohen Schwebungen nat\u00fcrlich aus dem Zusammenwirken des h\u00f6heren Prim\u00e4rtones mit dem nahegelegenen Oberton des Grundtones; die tiefen aber durch die Nachbarschaft des Grundtones und eines Differenztones. F\u00fcr die verstimmte Octave zieht er ganz in Uebereinstimmung mit meinen Ergebnissen, den 2. Differenzton des prim\u00e4ren Klanges heran. F\u00fcr das weite Intervall 100 -f- 605 recurrirt er auf den ersten Differenzton aus dem Gabelton 605 und dem 4. Oberton 500 der Zunge 100.\nMeyer hat dieses Ergebniss in einem Falle nachgepr\u00fcft \u2014 mit abweichendem Erfolge (47, 9; 48, 33). Ein milder, aber ziemlich starker Flaschenton klang mit seiner verstimmten Octave zusammen. Es waren wie bei Stumpf sowohl die hohen als die tiefen Schwebungen zu h\u00f6ren. Wurde nun der Interferenzapparat auf den ersten Oberton des Grundtons eingestellt, so konnte Meyer \u00bbbei keinem","page":232},{"file":"p0233.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Theorie der Combinationst\u00f6ne.\n233\nIntensit\u00e4tsverh\u00e4ltniss und bei keiner Verstimmung (von 1 bis mehr als 10 Schwingungen) der h\u00f6heren Octave Schwebungen h\u00f6ren, weder solche des tieferen noch solche des h\u00f6heren Tones. Sobald jedoch der Oberton etwas zugelassen wurde, traten sie beide gleichzeitig auf. Stets waren beiderlei Schwebungen da oder gar keine\u00ab. Die Feststellungen Stumpf\u2019s erkl\u00e4rt er dadurch, es m\u00fcsse der betreffende Oberton nicht vollst\u00e4ndig genug ausgeschlossen gewesen sein. Wenn der Oberton sehr schwach vorhanden ist, seien die tiefen Schwebungen bedeutend auff\u00e4lliger. Diese Erkl\u00e4rung ist wenig einleuchtend. Nach seinen anderweitigen, werthvollen Beobachtungen wird Meyer am wenigsten etwa bestreiten, dass es m\u00f6glich ist, gewisse Theilt\u00f6ne eines Mehrklangs als schwebend und andere, gleichzeitige mit Sicherheit als glatt zu beurtheilen. Was hat aber dann bei der verstimmten Octave der Oberton 2 n mit den tiefen, am Grundton haftenden Schwebungen zu thun? Dass andrerseits bei etwas weiterer Verstimmung der Octave der von Stumpf und mir herangezogene Dl deutlich f\u00fcr sich zu h\u00f6ren ist, folgt aus Meyer\u2019s eigenen Angaben. Bei wenig verstimmten Octaven kann man sich von dem wirksamen Vorhandensein des I)i jeden Augenblick dadurch \u00fcberzeugen, dass man die H\u00f6hen\u00e4nderung des ihm benachbarten Grundtones beachtet. Die Meyer\u2019sehe Beobachtung kann ich nicht mit Sicherheit erkl\u00e4ren, weil die Versuchsbedinguugen nicht genauer angegeben sind. Am n\u00e4chsten liegt die Annahme, dass die prim\u00e4ren Flaschent\u00f6ne zu schwach waren, um den die tiefen Schwebungen bedingenden Differenzton auch dann noch mit hinreichender St\u00e4rke zu erzeugen, wenn der Grundton den Interferenzapparat passirte. Meyer hat gelegentlich selbst bemerkt (46, 190), dass die T\u00f6ne durch seine Interferenz-R\u00f6hrenleitung \u00bbsehr geschw\u00e4cht\u00ab wurden1), was ich freilich von der meinigen nicht sagen kann. Vielleicht aber liegt ein Versehen vor, das auch mir bei der ersten Untersuchung von Octavenschwebungen mit Interferenz begegnete. Stumpf erzeugte den h\u00f6heren Prim\u00e4rton am Ende der Leitung, im Beobachterzimmer. Meyer dagegen schickte bei seinen fr\u00fcheren Versuchen beide Prim\u00e4rt\u00f6ne durch den Interferenzapparat. Verfuhr er bei dem Octavenversuch ebenso, dann\n1) Nach einer neueren Angabe Meyer\u2019s {51, 59): um die H\u00e4lfte ihrer Intensit\u00e4t.\nWundt, Philos. Studien. XVII.\n16","page":233},{"file":"p0234.txt","language":"de","ocr_de":"234\nFelix Krueger.\nerkl\u00e4rt sich sein \u00fcberraschendes Ergebniss sehr einfach. Nach meinen Erfahrungen schw\u00e4cht n\u00e4mlich ein f\u00fcr einen bestimmten Ton m\u00f6glichst genau abgestimmter Interferenzapparat die diesem Tone bis zu etwa 25 Schwingungen nahegelegenen T\u00f6ne ebenfalls erheblich ab; jede Einstellung war f\u00fcr einen Tonhezirk von ca. 15 Schwingungen gleich g\u00fcnstig. L\u00e4sst man nun beide T\u00f6ne einer verstimmten Octave durch einen auf 2 n eingestellten Interferenzapparat gehen, so wird regelm\u00e4\u00dfig der von 2 n wenig abweichende h\u00f6here Prim\u00e4rton derma\u00dfen geschw\u00e4cht, dass auch die tiefen Octaven-schwebungen viel leiser und undeutlicher oder ganz unh\u00f6rhar werden.\nIch konnte in dieser Weise bei m\u00e4\u00dfigem Streichen Octavenst\u00f6\u00dfe bis zu 20 p. sec. zum Verschwinden bringen. Auf Grund solcher Beobachtungen theilte ich die Schallleitung im Tonerzeugungszimmer und isolirte die beiden Tonquellen in der fr\u00fcher (312 f. ; oben S. 220) beschriebenen Weise. Jede Stimmgabel bekam ihren besonderen Aufnahmekasten und nur von dem einen Kasten wurde der Schall durch den Interferenzapparat geleitet, w\u00e4hrend die den anderen Schalltrichter fortsetzende R\u00f6hre neben dem Interferenzapparat vorbeigef\u00fchrt wurde. Die beiden Zweige der Leitung vereinigten sich mit sanfter Biegung erst kurz vor der Wand des ersten Zimmers1).\nMeyer bemerkt hei der Schilderung des fraglichen Versuches, durch Einstellung des Apparates seien die Schwebungen verschwunden, \u00bbobwohl der tiefe Ton sehr gut h\u00f6rbar war\u00ab. Aber der h\u00f6here Prim\u00e4rton, der sich bei der Octave so leicht der Aufmerksamkeit entzieht, \u2014 war der vielleicht versehentlich mit ausgel\u00f6scht?\nStumpf hatte aus seinen zahlreichen Beobachtungen an multiplen Intervallen geschlossen, die tiefen Schwebungen werde man immer vernehmen; er berichtet nicht einmal von einer Schw\u00e4chung dieser\n1) Nat\u00fcrlich sorgte ich daf\u00fcr, dass der durch Interferenz zu reinigende Prim\u00e4rton nicht durch den zweiten Schalltrichter unmittelbar ins Ohr des Beobachters gelangen konnte, zun\u00e4chst dadurch, dass seine Theilleitung etwas k\u00fcrzer gemacht und der zugeh\u00f6rige Aufnahmekasten mit seiner Oeffnung von der des anderen m\u00f6glichst weit abger\u00fcckt wurde. Ferner wurden alle Zwischenr\u00e4ume zwischen den Resonanzk\u00e4sten und ihren Aufnahmetrichtern, ja auch der Raum zwischen diesen (von dickem Filz umgebenen) Pappk\u00e4sten mit Watte ausgef\u00fcllt. Der auf S. 220 angegebene Controllversuch hatte den gleichen Erfolg, ob ich die gemeinsame Hauptleitung oder eine der Zweigleitungen vor ihrer Vereinigung mit der unbenutzten unterbrach und verstopfte.","page":234},{"file":"p0235.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Theorie der Combinationst\u00f6ne.\t235\nSchwebungen durch den Ausschluss des kritischen Obertones. Ich kann dieses Ergehniss der \u00bbmit aller Sorgfalt durchgef\u00fchrten Versuche\u00ab um so weniger bezweifeln, als ich es, wie gesagt, hei allen von mir untersuchten Octaven, Duodecimen und Doppeloctaven voll best\u00e4tigt fand.\nDie Octavenschwehungen habe ich \u00fcbrigens noch einem experi-mentum crucis unterworfen. Meyer und die anderen Vertreter der Ohertontheorie k\u00f6nnten auch gegen mich einwenden, der Oberton 2 n sei vielleicht nicht vollst\u00e4ndig genug ausgeschlossen gewesen. Daher ging ich nun dem Grundton mit Interferenz zu Leibe. Die Einstellung des Apparates auf irgend einen Grundton beseitigt bekanntlich auch seine ungeraden Multiplen, nicht aber die geraden, also nicht den 2. Theilton. Werden die Octavenschwehungen vorwiegend oder ausschlie\u00dflich durch 2 n und den h\u00f6heren Prim\u00e4rton n' bewirkt, so kann die Ausschaltung des Grundtones ihnen nichts anhaben. Th ats\u00e4chlich machte sie regelm\u00e4\u00dfig die Schwebungen ganz oder nahezu verschwinden. Mit dem Grundton 512 war diese Wirkung auch bei mittelstarker Tongebung vollkommen. Aber selbst die Gabel 256, deren Ton ich ja nicht v\u00f6llig beseitigen konnte, musste stark gestrichen werden, sollten in diesem Falle Schwebungen vernehmlich sein. Ihre Ahschw\u00e4chung war f\u00fcr alle Beobachter so gro\u00df, wie bei keinem der Versuche mit Interferenz von Obert\u00f6nen. Wurde der Grundton wieder zugelassen, so traten die Octavenschwehungen sofort in voller St\u00e4rke und Deutlichkeit hervor, gleichviel ob die Interferenzr\u00f6hren nun auf 0 oder alle sechs f\u00fcr den ersten Oberton eingestellt wurden.\nMeyer hat noch eine zweite Schwebungsart hinsichtlich ihrer Abh\u00e4ngigkeit von Ohert\u00f6nen gepr\u00fcft, n\u00e4mlich (47, 7; 48, 32) die Schwebungen der verstimmten gro\u00dfen Terz 400 + (nahe) 500, anscheinend von Zungent\u00f6nen.\nDie Ausschaltung des Obertons 2000 beseitigte nicht die Schwebungen des tiefen Differenztones 100 \u2014 was in der ersten Leihe meiner Interferenzversuche sich best\u00e4tigt hat. Stellte Meyer jedoch den Apparat so ein, dass die T\u00f6ne zwischen 1500 und 1600 verschwanden, so war der Differenzton zwar noch \u00bbrecht laut\u00ab zu h\u00f6ren, aber vollst\u00e4ndig \u00bbglatt und klar\u00ab. \u00bbDaneben h\u00f6rte man den Ton 2000 sehr deutlich schweben.\u00ab Der Oherton 1500 ist derselbe,\n16*","page":235},{"file":"p0236.txt","language":"de","ocr_de":"236\nFelix Krueger.\nden auch ich hei verstimmten gro\u00dfen Terzen ausschaltete, \u2014 mit negativem Erfolge. Ich bestreite keineswegs, dass die Obert\u00f6ne 1600 und (nahe) 1500, wo sie kr\u00e4ftig genug sind, durch ihren Differenzton den von mir herangezogenen und genauer verfolgten, mit Dl 100 schwebenden Differenzton 4. Ordnung der Prim\u00e4rt\u00f6ne verst\u00e4rken. In dem Zungenklange Meyer\u2019s werden die Prim\u00e4rt\u00f6ne im Vergleich zu den starken und zahlreichen Obert\u00f6nen so schwach gewesen sein, dass sie einen D4 von sich aus nicht mehr erzeugten, oder dass doch der Fortfall jener Verst\u00e4rkung gen\u00fcgte, um den Di unwirksam zu machen.\nBei einigen anderen Intervallen, deren Verh\u00e4ltnisszahlen sich nur um eine Einheit unterschieden, gelangte Meyer mit der Ausschaltung von Obert\u00f6nen bisher nicht \u00bbzu sicheren Ergebnissen\u00ab. Er vermuthet jedoch die Differenztonschwebungen allemal bedingt durch die Obert\u00f6ne f und h (h \u2014 2), wo t die Verh\u00e4ltnisszahl des tieferen, h die des h\u00f6heren Prim\u00e4rtons bedeutet. Die gleichen Obert\u00f6ne (f\u00fcr die \u00fcbrigen Oonsonanzen sind entsprechende Formeln leicht zu berechnen) machte ich, wie man sich erinnert, insoweit unwirksam, als sie einen Differenzton erzeugen k\u00f6nnten, der mit einem solchen der Prim\u00e4rt\u00f6ne schwebte. Bei dieser Fassung der Hypothese, und eine andere w\u00e4re mir unverst\u00e4ndlich, gen\u00fcgte es zu ihrer Pr\u00fcfung, einen der beiden Obert\u00f6ne zu beseitigen.\nIch erhielt aber auch dann ein g\u00e4nzlich negatives Ergebniss, wenn beide Obert\u00f6ne ausgeschlossen oder zum mindesten geschw\u00e4cht waren.\nMeyer hat das Verdienst, zum ersten (und meines Wissens bisher zum einzigen) Male die wichtige Frage experimentell untersucht zu haben, ob ein Differenzton h\u00f6herer als erster Ordnung an das Dasein von Obert\u00f6nen des prim\u00e4ren Klanges gebunden sei. Zu diesem Zwecke wurde (46,192 f.) der Flaschenklang 5 : 8 in zwei verschiedenen Tonlagen mit allen Vorsichtsma\u00dfregeln darauf hin gepr\u00fcft, ob der zweite Differenzton 2 nur aus dem Zusammenwirken des h\u00f6heren Prim\u00e4rtones mit der Octave des tieferen entstehe; d. h. es wurde der Oberton 2X5 durch Interferenz vollst\u00e4ndig beseitigt. Das Resultat1) stimmte genau mit dem meinigen \u00fcberein : bei Vernichtung\n1} Meyer hat es k\u00fcrzlich \u2014 gegen Schaefer \u2014 von Neuem betont (51, 58 f.).","page":236},{"file":"p0237.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Theorie der Combinationst\u00f6ne.\n237\ndes Obertons war der Differenzton \u00bbnur sehr wenig schw\u00e4cher\u00ab, und Meyer hielt es danach f\u00fcr \u00bbbewiesen, dass die T\u00f6ne 5 und 8 auch ohne Obert\u00f6ne den Differenzton 2 erzeugen\u00ab. Gilt aber diese Unabh\u00e4ngigkeit des Ds vom Dasein des Obertons 2 n auch im Gebiete der Quinte, so kann die angegebene Vermuthung Meyer\u2019s \u00fcber die Schwebungen verstimmter Consonanzen hier jedenfalls nicht zutreffen; denn bei der verstimmten Quinte m\u00fcssen D, und J>t miteinander schweben, wie bei der verstimmten Octave Dv bei der Duodecime Dt, bei der Doppeloctave D3 mit dem Grundton.\nWegen der ausschlaggebenden Bedeutung, die nach der Obertontheorie der erste Oberton des Grundtones f\u00fcr den D5 und mittelbar wohl auch f\u00fcr die Differenzt\u00f6ne h\u00f6herer Ordnung besitzen m\u00fcsste, lie\u00df ich w\u00e4hrend meiner Versuche oft tagelang alle Interferenzr\u00f6hren, f\u00fcr diesen Oberton 2 n eingestellt und kehrte nur vor\u00fcbergehend zur Normalstellung der B\u00f6hren zur\u00fcck. Von den zahlreichen Intervallen zweiter Periode, die ich mit dem Grundton c2 512 untersuchte, ist die gro\u00dfe Mehrzahl zuerst unter Ausschluss des Tones 1024 analysirt und dann ohne Interferenz nachgepr\u00fcft worden. Niemals zeigte sich ein irgend bemerkenswerther Unterschied.\n3. Schwebungen, \u00bbSto\u00dft\u00f6ne\u00ab und Differenzt\u00f6ne.\nDie Intensit\u00e4tsverh\u00e4ltnisse.\nIn K\u00fcrze m\u00fcssen jetzt die St\u00e4rkeverh\u00e4ltnisse der verschiedenen Combinationserscheinungen betrachtet werden, soweit sie f\u00fcr die Theorie dieser Thatsachen von Bedeutung sind. Koenig hat zuerst aus Beobachtungen \u00fcber diese Intensit\u00e4tsverh\u00e4ltnisse theoretische (Konsequenzen gezogen. Wesentlich auf Grund solcher Beobachtungen glaubte er die Combinationserscheinungen anders beschreiben zu m\u00fcssen, als es oben in der Zusammenfassung seiner, wie aller anderen Versuchsergebnisse geschah. Er statuirte, abgesehen von den Summationst\u00f6nen, zwei wesentlich verschiedene Arten von Combinationst\u00f6nen, n\u00e4mlich Sto\u00dft\u00f6ne und Differenzt\u00f6ne. F\u00fcr die Differenzt\u00f6ne accep-tirte er die (im n\u00e4chsten Abschnitt zu er\u00f6rternde) Helmholtz\u2019sche Theorie der subjectiven Combinationst\u00f6ne. Die Sto\u00dft\u00f6ne dagegen","page":237},{"file":"p0238.txt","language":"de","ocr_de":"238\nFelix Krueger.\nsollen unmittelbar aus Schwebungen der Prim\u00e4rt\u00f6ne entstehen, wobei die schon erw\u00e4hnte Annahme zu Grunde liegt, dass jeder prim\u00e4re Ton nicht nur mit einem anderen von geringem Schwingungsunterschied (verstimmte Prime), sondern auch mit jedem seiner verstimmten Multiplen direct, d. h. ohne Vermittelung von Combinations- und Obert\u00f6nen, Schwebungen oder St\u00f6\u00dfe erzeuge. Diese letzte Annahme mag vorl\u00e4ufig auf sich beruhen. Soviel k\u00f6nnen wir auf Grund des fr\u00fcher Mitgetheilten best\u00e4tigen: es gibt solche \u00bbmultiplen\u00ab Schwebungen zum mindesten bis jenseits der Doppeloctave, unabh\u00e4ngig von Obert\u00f6nen. Ebenso braucht die vor Ohm und Helmholtz weitverbreitete Lehre hier noch nicht er\u00f6rtert zu werden, wonach Schwebungen und Combinationst\u00f6ne dieselben physikalischen und physiologischen Ursachen h\u00e4tten. Die Frage lautet zun\u00e4chst : Ist der Dualismus zwischen Sto\u00dft\u00f6nen und Differenzt\u00f6nen unmittelbar durch That-sachen gefordert?\nDie Schwingungszahl der \u00bbprim\u00e4ren Sto\u00dft\u00f6ne\u00ab Koenig\u2019s ist gleich der Zahl der prim\u00e4ren St\u00f6\u00dfe, d. h. gleich dem Schwingungsunterschied der beiden Prim\u00e4rt\u00f6ne (beim verstimmten Einklang) oder gleich der Schwingungsdifferenz des h\u00f6heren Prim\u00e4rtones von dem nach unten oder nach oben n\u00e4chstgelegenen Multiplum des tieferen. Ist die Schwingungszahl des tieferen Tones \u00ab, die des h\u00f6heren n\\ so ist die Zahl der \u00bbunteren St\u00f6\u00dfe\u00ab allgemein = n' \u2014 hn, die der \u00bboberen\u00ab = (h + 1) n \u2014 n', wo h eine ganze Zahl ist und jeweils die Ordnung der Intervallperiode ausdr\u00fcckt (Prime bis Octave 1, Octave bis Duodecime: 2 u. s. f.). Ueberall wo die Zahl der pri-\nm\u00e4ren St\u00f6\u00dfe nicht viel kleiner ist als ^, kann man gleichzeitig untere\nund obere St\u00f6\u00dfe, wie auch den unteren und oberen Sto\u00dfton h\u00f6ren. Beide Sto\u00dft\u00f6ne verhalten sich zu einander ebenso, wie zwei prim\u00e4re T\u00f6ne von derselben Intensit\u00e4t; d. h. (23, 195) \u00bbsind sie dem Einklang nahe, so lassen sie starke St\u00f6\u00dfe h\u00f6ren ; bilden sie nahezu das Intervall der Octave, so geben sie ebenfalls St\u00f6\u00dfe, welche jedoch schw\u00e4cher sind, und in gleicher Weise kann auch noch ihre gest\u00f6rte Duodecime St\u00f6\u00dfe h\u00f6ren lassen\u00ab. Diese \u00bbsecund\u00e4ren\u00ab St\u00f6\u00dfe gehen nach Koenig bei hinreichender Zahl ebenso wie die prim\u00e4ren in (secund\u00e4re) Sto\u00dft\u00f6ne \u00fcber.\nUeber die St\u00e4rkeverh\u00e4ltnisse der St\u00f6\u00dfe und der Sto\u00dft\u00f6ne be-","page":238},{"file":"p0239.txt","language":"de","ocr_de":"239\nZur Theorie der Combinationst\u00f6ne.\nhauptet Koenig weiter: 1) die prim\u00e4ren werden schw\u00e4cher mit zunehmender Ordnungszahl der Intervallperioden ; 2) von ihnen sind in jeder Periode die unteren st\u00e4rker als die oberen; 3) innerhalb einer Intervallperiode sind die secund\u00e4ren St\u00f6\u00dfe schw\u00e4cher als die prim\u00e4ren. \u2014 Secund\u00e4re Sto\u00dft\u00f6ne konnte er nur in zwei F\u00e4llen beobachten: bei den fr\u00fcher erw\u00e4hnten Intervallen 8:11 und 8:13 der viergestrichenen Octave (c4) 2048 + 2816 und 2048+ 3328, wo sie mit einem D3 zusammenfallen.\nWas zun\u00e4chst die prim\u00e4ren St\u00f6\u00dfe angeht, so sind auch nach meinen Beobachtungen die Primenschwebungen st\u00e4rker als die der Octave, diese durchschnittlich st\u00e4rker als die der Duodecime, und wieder etwas schw\u00e4cher sind die Schwebungen der verstimmten Doppel-octave. Das gilt aber nur f\u00fcr Schwebungen von subjectiv ann\u00e4hernd gleicher Frequenz. Bei sehr verschiedener Geschwindigkeit ist der Gesammteindruck zu verschieden, um eine Intensit\u00e4tsvergleichung zu gestatten. Aber Schwebungen z. B. der verstimmten Doppeloctave von mittlerer Geschwindigkeit und noch ganz deutlich discontinuir-lichem Charakter machen einen intensiveren Eindruck als etwas raschere Octavenst\u00f6\u00dfe, die der Verschmelzungsgrenze n\u00e4her liegen.\nDasselbe ist von den \u00bbsecund\u00e4ren St\u00f6\u00dfen\u00ab im Vergleich mit den prim\u00e4ren und mit einander zu sagen. Diese lassen sich \u00fcberall viel weiter verfolgen, als Koenig angibt, aber im allgemeinen nicht so weit, wie die Schwebungen der verstimmten Multiplen, und weiter bei den vollkommenen als bei den unvollkommenen Consonanzen. Hiernach ist also der Satz Koenig\u2019s einzuschr\u00e4nken: \u00bbDie H\u00f6rbarkeit der St\u00f6\u00dfe h\u00e4ngt allein von ihrer Anzahl und von der Intensit\u00e4t der prim\u00e4ren T\u00f6ne ab, und ist unabh\u00e4ngig von der Weite des Intervalles.\u00ab Ferner verschmelzen Schwebungen gleicher Art um so eher zu einer continuirlichen Rauhigkeit und verschwinden um so fr\u00fcher ganz, je tiefer der prim\u00e4re Klang liegt. Bei \u00bbsecund\u00e4ren\u00ab Schwebungen wirkt die Tonh\u00f6he der schwebenden Differenzt\u00f6ne in demselben Sinne. Sie ist relativ am niedrigsten bei den unvollkommensten Consonanzen, deren Schwebungen Koenig nicht regelm\u00e4\u00dfig und zum Theil gar nicht bemerkt hat. Da er die Tonlage der Schwebungen unbeachtet lie\u00df, ist es nicht ausgeschlossen, dass er stellenweise, namentlich bei den tieferen Kl\u00e4ngen und in der ersten Intervallperiode, solche Schwebungen thats\u00e4chlich geh\u00f6rt, aber mit denen einer benachbarten Con-","page":239},{"file":"p0240.txt","language":"de","ocr_de":"240\nFelix Krueger.\nsonanz verwechselt hat. Wo jedoch Koenig die St\u00e4rkeverh\u00e4ltnisse seiner secund\u00e4ren Schwebungen angibt, stimmen diese Beobachtungen durchaus mit den meinigen \u00fcberein. Von den secund\u00e4ren Schwebungen der ersten Periode sind auch bei ihm die der Quinte am st\u00e4rksten; in der zweiten Periode die der gr. Decime u. s. w. Die Schwebungsarten, die er nicht angibt, m\u00fcssten auch nach seiner Theorie besonders leise sein. Danach w\u00fcrden bei der kleinen Terz und der kleinen Septime die beiden prim\u00e4ren Sto\u00dft\u00f6ne mit einander schweben, die hier, mit den Dl und D., zusammenfallend, im Verh\u00e4ltnis der Doppeloctave stehen; bei der Tredecime bildet Koenig\u2019s oberer prim\u00e4rer Sto\u00dfton [Dt) die Octave des unteren (J)z). P\u00fcr den Tritonus, die kleine Sexte und die kleine Decime m\u00fcsste die Theorie der multiplen Schwebungen einen secund\u00e4ren Sto\u00dfton zu H\u00fclfe nehmen ; denn die beiden prim\u00e4ren Sto\u00dft\u00f6ne stehen hier \u00fcberall im Verh\u00e4ltnis der Quinte.\nMeine etwas eingehendere Untersuchung der Schwebungserscheinungen hatte, wie man sich erinnert, zu dem Eesultat gef\u00fchrt, dass alle Schwebungen ohne Ausnahme auf dem Vorhandensein einer verstimmten Prime beruhen. Abgesehen von den Schwebungen des prim\u00e4ren verstimmten Einklangs, die hier nicht in Betracht kommen, konnte ich f\u00fcr Koenig\u2019s prim\u00e4re St\u00f6\u00dfe \u00fcberall einen Differenzton nahe dem Grundtone, f\u00fcr die secund\u00e4ren zwei benachbarte Differenzt\u00f6nc nachweisen. Diese Auffassung stimmt zun\u00e4chst allein mit dem bis jetzt unersch\u00fctterten Ergebniss der Stumpf\u2019sehen Versuche \u00fcber Obert\u00f6ne (33, 660), wonach ein einfacher prim\u00e4rer Ton mit einem anderen von ann\u00e4hernd multipler Schwingungszahl Schwebungen nur bilden kann durch Vermittelung mindestens eines Differenztones.\nMeyer\u2019s oben zur\u00fcckgewiesene Einschr\u00e4nkung dieses Satzes w\u00e4re der Koenig\u2019schen Theorie ebenso ung\u00fcnstig. Entscheidend sind die Beobachtungen \u00fcber die Tonh\u00f6he der Schwebungen. Koenig\u2019s Anschauung w\u00fcrde f\u00fcr alle schwebenden Zweikl\u00e4nge mit Ausnahme der verstimmten Primen fordern, dass zwei von einander weit entfernte Theilt\u00f6ne als schwebend geh\u00f6rt w\u00fcrden, von denen der h\u00f6here die Octave, Duodecime oder ein anderes Multiplum des tieferen darstellte. Die Schwebungen z. B. der verstimmten Octave, Duodecime und Doppeloctave m\u00fcssten an beiden Prim\u00e4rt\u00f6nen haften. F\u00fcr","page":240},{"file":"p0241.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Theorie der Combinationst\u00f6ne.\n241\ndiese drei F\u00e4lle tlieilt Koenig gelegentlich (23, 188) mit, dass hei gleicher St\u00e4rke der beiden prim\u00e4ren T\u00f6ne und hei sehr geringen Verstimmungen die beiden T\u00f6ne abwechselnd im Rhythmus der (langsamen) Schwebungen hervortr\u00e4ten. Sei der h\u00f6here Prim\u00e4rton schwach oder der Schwebungsrhythmus einigerma\u00dfen schnell, so h\u00f6re man nur den Grundton schweben. Sp\u00e4ter beschrieb K\u00f6nig in einem Briefe an Stumpf (32, 493) die Erscheinungen \u00e4hnlich f\u00fcr h\u00f6here Multipla und gab zu, sie damals nicht hinreichend beachtet zu haben. Stumpf erkl\u00e4rt den von Koenig beobachteten Ton Wechsel als eine durch den Intensit\u00e4tswechsel des Grundtons bedingte T\u00e4uschung \u2014 beim Schwebungsmaximum werde der h\u00f6here Ton f\u00fcr die Wahrnehmung unterdr\u00fcckt \u2014 und stellte ihr mehrere sichere Beobachtungen entgegen. Bosanquet und Thompson haben bei jedem St\u00e4rkeverh\u00e4ltniss der Prim\u00e4rt\u00f6ne nur den tieferen schweben geh\u00f6rt. Und Stumpf selbst hat zu verschiedenen Zeiten, unabh\u00e4ngig von beiden, genau dasselbe beobachtet. Er l\u00e4sst die theoretische Deutung dieser Thatsache offen und findet weitere Beobachtungen w\u00fcnschenswerth, h\u00e4lt aber die mit der meinigen \u00fcbereinstimmende Erkl\u00e4rung Bosanquet\u2019s f\u00fcr \u00bbsehr plausibel\u00ab. Mir war bis vor kurzem von der hierher geh\u00f6rigen Litteratur nur die soeben mitgetheilte Angabe Koenig\u2019s bekannt. Meine Beobachtungen entscheiden die Frage allgemein im Sinne der Auffassung1), die f\u00fcr die verstimmten Multipla schon von Bosanquet verfochten, von den \u00e4lteren Beobachtern (H\u00e4llstr\u00f6m, Scheibler) als beinahe selbstverst\u00e4ndlich vorausgesetzt wurde, von Koenig aber ausdr\u00fccklich bek\u00e4mpft wird. Vor genauerer Analyse eines Schwebungen enthaltenden Klanges ist man stets geneigt, das Ganze als schwebend zu beurtheilen (vgl. meine \u00bbBeobachtungen\u00ab S. 340, 613). Aber mit zunehmender Uebung gelingt es immer sicherer, die an den Schwebungen unbetheiligten, glatten Theile eines Toncomplexes von den schwebenden zu unterscheiden. Ein rhythmisch abwechselndes Hervortreten der beiden Prim\u00e4rt\u00f6ne wurde nur zuweilen bei der Octave von weniger ge\u00fcbten Beobachtern bemerkt und, wie von Koenig, nur bei sehr geringen Schwebungsfrequenzen. Bei genauem\n1) Vgl. die Abschnitte \u00fcber Schwebungen in meiner fr\u00fcheren Abhandlung (59) und den demn\u00e4chst erscheinenden Bericht \u00fcber den Pariser Psychologencongress vom August 1900. Die bei Stumpf citirten Aufs\u00e4tze Bosanquet\u2019s konnte ich im Original noch nicht einsehen.","page":241},{"file":"p0242.txt","language":"de","ocr_de":"242\nFelix Krueger.\nHinh\u00f6ren ergab sich auch hier der h\u00f6here Prim\u00e4rton stets als glatt und stetig. Das wurde von meinen g\u00e4nzlich unbefangenen Beobachtern hundertfach, am h\u00e4ufigsten f\u00fcr die verstimmte Octave festgestellt. Arbeitet man, wie Koenig, mit Stimmgabeln ohne Laufgewichte, und beobachtet unmittelbar im Tonerzeugungszimmer, so werden freilich die ersten Obert\u00f6ne des Grundtones leicht stark genug sein, um selbst\u00e4ndig mit dem h\u00f6heren Prim\u00e4rton merkliche Schwebungen zu erzeugen. Bei obertonreinen Zweikl\u00e4ngen r\u00fccken selbst die Primenschwebungen mit zunehmender Geschwindigkeit mehr und mehr von dem h\u00f6heren Prim\u00e4rtone nach der Tiefe ab, wo neben dem Zwischenton und dem Grundton, wenig tiefer, die hohen Differenzt\u00f6ne hervortreten. F\u00fcr die Schwebungen der unvollkommenen Con-sonanzen ergibt die genauere Untersuchung als Tr\u00e4ger stets den tiefsten Theil des Klanges, n\u00e4mlich zwei benachbarte Differenzt\u00f6ne, die bei geringer Verstimmung des Intervalls zu einem Zwischentone verschmelzen, bei st\u00e4rkerer Verstimmung meist beide neben einander zu h\u00f6ren sind. Leise und undeutliche Schwebungen dieser Art scheinen zuweilen auch oder ausschlie\u00dflich an dem starken Grundton oder einem h\u00f6heren Differenzton zu haften, der die Octave des charakteristischen Schwebungstones bildet. Aber dieses Urtheil wird von ge\u00fcbteren Beobachtern regelm\u00e4\u00dfig zu Gunsten der in der Tiefe vernehmbaren verstimmten Prime corrigirt. Nach der Koenig\u2019sehen Theorie der multiplen Schwebungen m\u00fcssten streng genommen stets alle Theilt\u00f6ne eines schwebenden Zweiklanges Schwebungen tragen (gleichg\u00fcltig, wie man sich die Combinationst\u00f6ne entstanden denkt); denn z. B. bei der Quinte verhalten sich die Schwingungszahlen der thats\u00e4chlich vorhandenen Theilt\u00f6ne wie 1:2:3, ebenso bei der Duo-decime ; bei der Doppeloctave und Quarte wie 1: 2 : 3 : 4 u. s. f. Davon ist aber keine Bede.\nSchon durch diese Thatsachen verliert Koenig\u2019s Classification der Combinationserscheinungen an innerer Berechtigung. Sie wird v\u00f6llig unhaltbar, wenn man die Intensit\u00e4tsverh\u00e4ltnisse der Combinationst\u00f6ne genauer beachtet. Hierauf in erster Linie gr\u00fcndet Koenig seine Unterscheidung zwischen Sto\u00dft\u00f6nen und Differenzt\u00f6nen: diese seien stets \u00bbau\u00dferordentlich viel schw\u00e4cher als die Sto\u00dft\u00f6ne\u00ab (23, 236).\nDabei sind auf Seiten der Sto\u00dft\u00f6ne nur die oben definirten","page":242},{"file":"p0243.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Theorie der Combinationst\u00f6ne.\n243\n\u00bbprim\u00e4ren\u00ab gemeint, ein anderer wurde ja nur in zwei F\u00e4llen bemerkt. Differenzt\u00f6ne, die nicht mit Sto\u00dft\u00f6nen zusammenfallen, hatte Koenig in seiner ersten Untersuchung durch schwebende H\u00fclfsgaheln festzustellen geglaubt. Sp\u00e4ter (25, 130) fasste er diese \u2014 auch hei sehr schwacher Tongebung wahrgenommenen \u2014 Schwebungen der H\u00fclfsgabel als multiple St\u00f6\u00dfe auf zwischen ihrem Tone und einem prim\u00e4ren Sto\u00dfton oder einem Prim\u00e4rton. In zwei F\u00e4llen hervorgetretene Summationst\u00f6ne f\u00fchrte er jetzt (als Sto\u00dft\u00f6ne) auf die Mitwirkung subjectiver Ohert\u00f6ne zur\u00fcck. Der Satz der ersten Abhandlung (23, 236, UI 6), wonach die Differenz- und Summationst\u00f6ne viel schw\u00e4cher seien als die Sto\u00dft\u00f6ne und eine von ihnen unabh\u00e4ngige Erscheinung darstellten, wird demnach in den Exp\u00e9riences dahin zugespitzt (25, 147, III 6) : L\u2019existence de sons diff\u00e9rentiels et de sons d\u2019addition ne peut \u00eatre d\u00e9montr\u00e9e jusqu\u2019\u00e0 pr\u00e9sent avec quelque certitude par aucune exp\u00e9rience.\nDie Frage kann, wie Koenig selbst hervorhob, innerhalb der ersten Intervallperiode (zwischen Prime und Octave) nicht entschieden werden; denn hier f\u00e4llt von den beiden prim\u00e4ren Sto\u00dft\u00f6nen der untere mit dem ersten, der obere mit dem zweiten Differenzton zusammen. Jenseits der dritten Periode hat Koenig, wie fr\u00fcher berichtet wurde, nirgends einen Oombinationston wahrgenommen. In der zweiten Periode ist der untere Sto\u00dfton mit unserm Z)2, der obere mit Z>3 identisch; in der dritten Periode: der untere Sto\u00dfton mit D\u00e4, der obere mit Di. Es kann sich also nur um das Intensit\u00e4tsverh\u00e4ltniss handeln: in der zweiten Periode des Dl zu T)i und I).t, in der dritten Periode des DK und T\\ zu D3 und Dv Durch diese Ueberlegung schrumpft der in Frage stehende Gegensatz zwischen Sto\u00dft\u00f6nen und Differenzt\u00f6nen von vorn herein erheblich zusammen. Man wird danach ohne weiteres gegen den (seither mehrfach citirten) Satz Bedenken tragen, den Koenig ans Ende seiner Abhandlung stellt (23, 236): \u00bbDie Sto\u00dft\u00f6ne lassen sich nicht durch die Ursache der Differenzt\u00f6ne . . . erkl\u00e4ren, da ihre Schwingungszahlen in vielen F\u00e4llen andere sind, als diese Ursache erfordern w\u00fcrde\u00ab.\nZun\u00e4chst fand ich (59, 568), dass bei den Intervallen jenseits der Octave alle Combinationst\u00f6ne im Durchschnitt leiser und undeutlicher werden, als in der ersten Periode (ebenso innerhalb der Octave: zwischen Quinte und Octave leiser als diesseits der Quinte).","page":243},{"file":"p0244.txt","language":"de","ocr_de":"244\nFelix Krueger.\nDiese Beobachtung hat auch Koenig gemacht. Die Tliatsache findet sich in der Litteratur mehrfach angedeutet, z. B. bei Helmholtz (21, 255). Ferner sind nach meinen Ergebnissen jenseits der Octave die St\u00e4rkeunterschiede der gleichzeitig vernehmbaren Differenzt\u00f6ne im Vergleich zur ersten Periode geringer. Hier sind (59, 357) mit Ausnahme einiger enger Zwischendifferenztongebiete Dt und Zt, durchschnittlich st\u00e4rker und deutlicher als die D-T\u00f6ne h\u00f6herer Ordnung. F\u00fcr die \u00fcber eine Octave hinausgehenden Kl\u00e4nge lie\u00df sich das nicht mehr allgemein behaupten. Namentlich ist in der dritten Periode (Duodecime bis Doppeloctave) der hohe, von 2 n bis 3 n aufsteigende Dl vielfach der leiseste Differenzton und nicht \u00fcberall mit Sicherheit nachzuweisen.\nAlle nicht mit Sto\u00dft\u00f6nen zusammenfallenden, also alle hier zum Vergleich in Betracht kommenden Differenzt\u00f6ne liegen h\u00f6her als der Grundton, zwischen den beiden Prim\u00e4rt\u00f6nen. Solche zwischenliegenden Differenzt\u00f6ne hat Koenig in seiner Hauptversuchsreihe niemals bemerkt. In tieferer Tonlage hat er nur an H\u00fclfs-gabeln von entsprechender Tonh\u00f6he Schwebungen wahrgenommen. Dadurch kam er (23, 216) zu dem Schl\u00fcsse, \u00bbdass die Differenzt\u00f6ne in jedem Falle ganz au\u00dferordentlich viel schw\u00e4cher sein m\u00fcssen, als die Sto\u00dft\u00f6ne sind\u00ab. Obwohl durch meine Beobachtungen die that-s\u00e4chliche Grundlage dieses Ergebnisses stark eingeschr\u00e4nkt wird (vgl. oben S. 210), habe ich bereits angegeben, dass zwischenliegende Differenzt\u00f6ne im allgemeinen auch relativ leiser und undeutlicher sind als Differenzt\u00f6ne derselben Ordnung innerhalb der ersten Periode, im Vergleich mit solchen h\u00f6herer Ordnung. Sie sind vor allem schwieriger zu bemerken, entziehen sich leichter der Aufmerksamkeit. Das hat mannigfache besondere Ursachen und scheint einer allgemeinen Gesetzm\u00e4\u00dfigkeit des Empfindungslebens zu entsprechen. Bei drei prim\u00e4ren T\u00f6nen verh\u00e4lt es sich f\u00fcr mein Ohr ganz analog. Schlage ich auf dem Claviere einen \u00fcber die Octave hinausreichenden Zweiklang stark an und gebe gleichzeitig m\u00f6glichst leise einen dritten Ton, so erscheint mir regelm\u00e4\u00dfig dieser dritte, wenn er zwischen den starken T\u00f6nen liegt, leiser und weniger deutlich, ja er wird eher unmerklich, als wenn er, gleichweit von einem der starken T\u00f6ne entfernt, unter oder \u00fcber dem Hauptzweiklange gelegen ist. (Analoges scheint mir im Gebiete des Hautsinnes obzuwalten. Doch m\u00fcssten","page":244},{"file":"p0245.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Theorie der Combinationst\u00f6ne.\n245\nbez\u00fcgliche Versuche mit besseren H\u00fclfsmitteln angestellt werden, als sie mir gegenw\u00e4rtig zur Verf\u00fcgung stehen).\nDass Koenig keinen zwischenliegenden Differenzton mit Sicherheit h\u00f6ren konnte, beruht jedenfalls auf mehreren zum Theil rein technischen Umst\u00e4nden, wie sie im vorigen Oapitel hervorgehoben sind. Ungew\u00f6hnlich gro\u00dfe Intensit\u00e4t des prim\u00e4ren Klanges z. 33. raubt gerade den h\u00f6chsten Differenzt\u00f6nen viel von ihrer Merklichkeit. Bei den von ihm vorzugsweise ber\u00fccksichtigten einfachen Schwingungsverh\u00e4ltnissen werden sie von der harmonischen Verschmelzung aller Theilt\u00f6ne betroffen. In der n\u00e4heren Umgebung der consonanten Kl\u00e4nge wird ihre Deutlichkeit durch Schwebungen ung\u00fcnstig beeinflusst, namentlich dann, wenn man die Tonlage der Schwebungen unbeachtet l\u00e4sst, d. h. den verworrenen Gfesammteindruck in dieser Hinsicht nicht analysirt.\nThats\u00e4chlich sind die zwischenliegenden Differenzt\u00f6ne nicht \u00fcberall leiser und weniger deutlich als die mit den Sto\u00dft\u00f6nen identischen. Und keineswegs sind diese immer am lautesten. Ich verweise auf meine zahlreichen Angaben \u00fcber die Intervalle zwischen Octave und Doppeloctave (im Vorstehenden und 59, 568, 576, 584). In der dritten Periode tritt der hohe Dt im allgemeinen sehr zur\u00fcck; aber hier \u00fcberwiegt T)\u00b1 die Sto\u00dft\u00f6ne [I).t und 1\\) regelm\u00e4\u00dfig, wenn man von den Consonanzen und ihrer n\u00e4heren Umgebung absieht.\nKoenig scheint die M\u00f6glichkeit eines Differenztones h\u00f6herer als erster Ordnung selten erwogen zu haben. Niemals stellte er einem seiner Sto\u00dft\u00f6ne einen anderen als zum Vergleich gegen\u00fcber. Niemals hat er die Ablenkung bemerkt, die die meisten von ihm notirten Hauptcombinationst\u00f6ne thats\u00e4chlich dadurch erfahren, dass ein nahegelegener Differenzton ganz oder theilweise mit ihnen verschmilzt. Die dadurch zugleich entstehende Verst\u00e4rkung hat er zwar fast immer wahrgenommen, nicht aber ihre Ursache erkannt. Von den beiden prim\u00e4ren Sto\u00dft\u00f6nen \u00fcberwiegt nach Koenig (in Uebereinstimmung mit der Theorie der multiplen Schwebungen) jeweils der tiefere, d. h. abgesehen von den drei Mittelzonen, um die Quinte, gro\u00dfe Decime und verminderte Quatuordecime 2:7, wo die Sto\u00dft\u00f6ne dem Einklang nahe und ann\u00e4hernd gleich stark sind, domi-niren nach Koenig oder ert\u00f6nen allein: zwischen Prime und Quinte D,; von der Quinte bis zur gro\u00dfen Decime von der","page":245},{"file":"p0246.txt","language":"de","ocr_de":"246\nFelix Krueger.\ngro\u00dfen Decime bis zur verminderten Quatuordecime (Mitte der 3. Periode) D3 ; von hier bis zur Doppeloctave Dr Nun verfolge man diese Differenzt\u00f6ne rechnerisch durch die drei Perioden, und man erkennt sofort, dass sie jeweils am h\u00e4ufigsten, ja fast allein in die Lage kommen, mit anderen, ihnen naheliegenden Differenzt\u00f6nen zu verschmelzen. Diese (von mir rein empirisch festgestellte und genauer verfolgte) Thatsache entzieht der Sto\u00dftontheorie ihre wichtigste St\u00fctze. Sie erkl\u00e4rt, warum die Mehrzahl der Koenig\u2019schen Angaben \u00fcber die Intensit\u00e4tsverh\u00e4ltnisse richtig sind, und warum diese richtigen Beobachtungen doch nicht das Geringste f\u00fcr die dualistische Beschreibung der Combinationserscheinungen beweisen. D, f\u00e4llt bei der kleinen Terz mit D5, bei der gro\u00dfen Terz mit D4, bei der Quarte mit D3, bei der Quinte mit 1\\, D4 und D. zusammen. Zwischen Quinte und Octave begegnet D2 denselben Differenzt\u00f6nen in umgekehrter Reihenfolge. Er kreuzt zwischen Octave und gro\u00dfer Decime die Bahnen des D5 (None), D4 (verminderte Decime), Ds und D5 (gro\u00dfe Decime). Ds trifft weiterhin, zwischen gro\u00dfer Decime und Duodecime mit denselben Differenzt\u00f6nen, zwischen Duodecime und verminderter Quatuordecime (2: 7) mit D5, I)i zusammen. Beim Intervall 3:11 ist I)i = ZI. Ganz entsprechend h\u00f6rte Koenig bei allen gro\u00dfen Terzen und Quarten den tieferen \u00bbSto\u00dfton\u00ab (D1=4 bezw. Dt=3) lauter als den h\u00f6heren (DJ; ebenso bei der verminderten Septime 2048 + 3584 (D2=4 > DJ; bei der None c3 + d3 (D2=5 > Ds). Eine Octave tiefer notirt er f\u00fcr dasselbe Intervall nur den D2=5. Die st\u00e4rksten Combinationst\u00f6ne fand er, wie ich, bei der Quinte, der gro\u00dfen Decime und der verminderten Quatuordecime 2:7, wo alle unterhalb des Grundtones \u00fcberhaupt m\u00f6glichen Differenzt\u00f6ne auf dessen tiefere Octave sich vereinigen. Die in solcher Weise ausgezeichneten Kl\u00e4nge standen durchaus im Vordergr\u00fcnde der Koenig\u2019schen Untersuchung. Nur in den tieferen Tonlagen ber\u00fccksichtigte er auch ihre Verstimmungen. Aber seine schon erw\u00e4hnte ungenaue Tonh\u00f6henbestimmung lie\u00df ihn auch hier den tiefen und lauten Differenzton \u00fcberall mit dem unteren Sto\u00dfton identificiren, w\u00e4hrend er thats\u00e4chlich in der Mehrzahl dieser F\u00e4lle nur Zwischent\u00f6ne zwischen zwei benachbarten Differenzt\u00f6nen geh\u00f6rt haben kann. In der n\u00e4heren Umgebung der Consonanzen sind auch diese Zwischent\u00f6ne relativ verst\u00e4rkt. In der ersten und zweiten","page":246},{"file":"p0247.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Theorie der Combinationst\u00f6ne.\n247\nIntervallperiode grenzen, wie man sich erinnert, die Zwischentongebiete der Differenzt\u00f6ne nahe aneinander. Ja, bei tieferer Tonlage der prim\u00e4ren Kl\u00e4nge greifen sie theilweise in einander \u00fcber, so dass hier die st\u00e4rksten und aufdringlichsten Combinationst\u00f6ne fast ohne Ausnahme durch Verschmelzung oder Zusammenfallen zweier oder mehrerer Differenzt\u00f6ne entstehen.\nDie ausschlaggebende Bedeutung dieses Factors l\u00e4sst sich selbst in der dritten Intervallperiode (Duodecime bis Doppeloctave), wo alle St\u00e4rkeunterschiede, auch f\u00fcr Koenig, geringer werden, mit Sicherheit nachweisen. Nach der Koenig\u2019schen Theorie w\u00e4re in der ersten H\u00e4lfte dieser Periode D3, in der zweiten D4 der lauteste Com-binationston. Nahe um die Tredecime 3 :10 (Grundton 256, vgl. 59, 584 ff.) konnte ich regelm\u00e4\u00dfig einen Z D3+5 feststellen, der, mit seiner h\u00f6heren Octave D4 verschmelzend, den zwischenliegenden Ds zur\u00fcckdr\u00e4ngt. Bei dem wenig weiteren Intervall 256 -f- 868 waren D:t und D4 bereits verschmolzen. Bis + 908 war nirgends ein reiner D3 oder D4, sondern \u00fcberall ein Z Di+i zu verzeichnen, der zwischen + 888 und + 900 den st\u00e4rksten und deutlichsten Differenzton darstellte. Der Klang + 896 [2: 7] bildet die Mitte der Periode und enth\u00e4lt den lautesten und klarsten Differenzton, D3=4. Zwischen + 928 und + 988 stand D3 im Vordergr\u00fcnde, von dem bis + 960 ein Z D t+5 als tiefere Octave schwer zu sondern war. Abgesehen von den beiden Zonen der Verschmelzung zweier tiefer Differenzt\u00f6ne \u00fcberwiegen in der ersten H\u00e4lfte der Periode D2, in der zweiten D2 und D4, stellenweise D3.\nDas erste Beispiel, das Koenig anf\u00fchrt, um den Dualismus zwischen Sto\u00dft\u00f6nen und Differenzt\u00f6nen zu begr\u00fcnden (23, 216), ist der ersten Intervallperiode entnommen und betrifft das St\u00e4rke-verh\u00e4ltniss der beiden Sto\u00dft\u00f6ne bei der gro\u00dfen Septime e3 + h'K Hier konnte er nur den oberen Sto\u00dfton c [DJ und keine Spur des unteren [DJ wahrnehmen. Bei diesem Intervall konnte in der ein-und zweigestrichenen Octave auch ich keinen klar bestimmten Ton von der Schwingungszahl des D( feststellen; wohl aber einen Zwischenton aus ihm und dem nahe gelegenen D3, sowie eine (schon hei etwas engeren Intervallen beginnende) Vertiefung des Grundtones, die nur auf die Mitwirkung des D, zur\u00fcckzuf\u00fchren ist. Hier wie bei den benachbarten Intervallen ergeben die hohen, einander und dem","page":247},{"file":"p0248.txt","language":"de","ocr_de":"248\nFelix Krueger.\nGrundtone nahegelegenen Differenzt\u00f6ne ein unsauberes und schwer analysirbares Gemisch, von dem der tiefe und v\u00f6llig isolirte D\u00b1 sich deutlich abheht; er ist bei der reinen gro\u00dfen Septime vielleicht noch durch seine unanalysirten Octaven (D. und De) verst\u00e4rkt. In den exp\u00e9riences d\u2019acoustique (1882; 25, 130) corrigirt sich Koenig \u00fcbrigens dahin, dass hei der gro\u00dfen Septime c1 + h' der Dt durch St\u00f6\u00dfe mit der H\u00fclfsgabel 220 nachzuweisen sei, und dass der untere Sto\u00dfton auf diese Weise allgemein sogar bis zum Intervall 14:15 sich verfolgen lasse. Der zweite von Koenig herangezogene Klang ist die gro\u00dfe None c3 + c/4, wo er nur den unteren Sto\u00dfton c' entdecken konnte. Dieser ist hier mit Di=5 identisch und also verst\u00e4rkt. Neben ihm beobachtete ich in beiden tieferen Tonlagen schw\u00e4cher aber ganz deutlich und wiederholt den Dv obwohl auch Meyer und Schaefer diesen zwischenliegenden D nicht finden konnten. Verstimmt man die None nach oben um 4 bis 12 Schwingungen, so ist A sogar vor\u00fcbergehend der vernehmlichste Combinationston. Bei dem dritten Intervalle, auf das Koenig sich ausdr\u00fccklich beruft, bei der Undecime 3 : 8, h\u00f6rte er seine beiden Sto\u00dft\u00f6ne [D,=1 und dessen h\u00f6here Octave DJ, aber durchaus keinen Dr Meyer und ich haben auch diesen festgestellt.\nBei der Mehrzahl seiner Intervalle hat Koenig zwei Differenzt\u00f6ne unterschieden, von denen der tiefere ihm als der st\u00e4rkere erschien. Wo er nur einen der beiden \u00bbSto\u00dft\u00f6ne\u00ab notirt, ist es regelm\u00e4\u00dfig der tiefere. Hier erinnere ich an die \u00fcbereinstimmenden Aussagen aller meiner Beobachter (59, 374, 602, 607 f.) \u00fcber die relative Aufdringlichkeit des jeweils tiefsten Differenztones. Er klingt breit, massig und meistens brummend, ferner, namentlich wenn es ein Zwischenton ist, kurz und sto\u00dfartig ; er ist am h\u00e4ufigsten mit Schwebungen oder Rauhigkeit behaftet; er f\u00e4llt gew\u00f6hnlich zuerst ins Geh\u00f6r, und dieses sein fr\u00fches Auftreten scheint von der willk\u00fcrlichen Richtung der Aufmerksamkeit unabh\u00e4ngig zu sein. \u00bbMan ist zun\u00e4chst immer geneigt, den tiefsten D wegen seines aufdringlichen Charakters f\u00fcr den lautesten zu halten, auch wenn er es f\u00fcr die genauere Beobachtung keineswegs ist\u00ab, ganz besonders aber dann, wenn dicht neben ihm noch ein zweiter, schwer zu isolirender Differenzton vorhanden ist; da glaubt man zun\u00e4chst regelm\u00e4\u00dfig einen subjectiv verst\u00e4rkten Ton zu h\u00f6ren. Hierbei ist Koenig in diesem","page":248},{"file":"p0249.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Theorie der Oombinationst\u00f6ne.\n249\nFalle stets stehen geblieben. Alle jene Ursachen einer Ueberscb\u00e4tzung der Tonst\u00e4rke fallen bei den hoben Differenzt\u00f6nen fort. Und ganz allgemein werden die h\u00f6heren Theilt\u00f6ne eines Mehrklanges durch gleichzeitige tiefe mehr geschw\u00e4cht als umgekehrt.\nNach alledem m\u00fcssen wir an der fr\u00fcher gegebenen Beschreibung der Combinationserscheinungen festhalten. Gleichviel wie diese Erscheinungen physiologisch weiter zu erkl\u00e4ren sind: Der von Koenig eingef\u00fchrte Dualismus zwischen Sto\u00dft\u00f6nen und Differenzt\u00f6nen ist durch die Thatsachen der unmittelbaren Erfahrung nicht gerechtfertigt. Zu diesem Ergebniss (das ich bereits gegen Ende des Jahres 1898 Herrn Geh. Bath Wundt mittheilte) gelangte ich durch eine genaue experimentelle Pr\u00fcfung der Koenig\u2019schen Angaben und der zu Grunde hegenden Thatsachen. Eine damit \u00fcbereinstimmende Anschauung hat zum erstenmale und bis jetzt allein Schaefer ausgesprochen. Aus theoretischen Erw\u00e4gungen zieht er (56, 508) den Schluss, \u00bbdass keine Veranlassung vorliegt, unter dem Namen der Sto\u00dft\u00f6ne eine besondere Kategorie von T\u00f6nen aufzustellen. Die Sto\u00dft\u00f6ne sind nichts anderes als die Differenzt\u00f6ne\u00ab *). Dabei ist hemerkenswerth, dass Schaefer diesen Standpunkt gewinnt, trotzdem er gerade solche Kl\u00e4nge in gro\u00dfer Zahl untersucht hat, die \u00fcber die Octave hinausgehen, und trotzdem er die St\u00e4rke und Merk-lichkeit der zwischenliegenden Differenzt\u00f6ne zweifellos untersch\u00e4tzt, ja sogar die Bealit\u00e4t solcher Differenzt\u00f6ne, die nicht mit den Koenig-schen Sto\u00dft\u00f6nen zusammenfallen, bezweifelt.\nIm Anschluss an diese Er\u00f6rterungen, die insbesondere auf die St\u00e4rkeverh\u00e4ltnisse der Differenzt\u00f6ne sich bezogen, sei noch erw\u00e4hnt, dass ein Vorzug der harmonischen Intervalle in dieser Hinsicht schon vielen Beobachtern aufgefallen ist, obwohl die meisten in jedem Zweiklange nur zwei, manche sogar nur einen Differenzton vermutheten. Jener Vorzug ist, namentlich bei nicht ganz vollst\u00e4ndiger Analyse, so gro\u00df, dass er, wie wir fr\u00fcher mehrfach sahen, auf die Geschichte der Differenzt\u00f6ne von Einfluss gewesen ist. In voller Uebereinstimmung mit meinen Stimmgabelversuchen hat Stumpf (32, 245) besonders an Fl\u00f6tenpfeifen wiederholt beobachtet, dass, wenn man eine Quinte, eine gro\u00dfe Terz oder kleine Terz nicht ganz\n1) Herr Professor Stumpf theilte mir k\u00fcrzlich mit, ihm sei der Gegensatz zwischen Differenz- und Sto\u00dft\u00f6nen stets zweifelhaft gewesen.\nWundt, Philos. Studien. XVII.\n17","page":249},{"file":"p0250.txt","language":"de","ocr_de":"250\nFelix Krueger.\nrein angibt und dann der Reinheit n\u00e4hert, \u00bbder Differenzton, w\u00e4hrend er sich in seiner H\u00f6he erheblich ver\u00e4ndert, zugleich bis zum Punkt der Reinheit an St\u00e4rke zu wachsen\u00ab scheint. Gerade hiermit bringt Stumpf die historische Thatsache in Zusammenhang, dass der Geiger Tartini die Differenzt\u00f6ne selbst\u00e4ndig gefunden und gro\u00dfes Gewicht darauf gelegt hat: \u00bbman kann eben auf der Geige rein spielen\u00ab. Stumpf citirt noch sechs \u00e4ltere, gute Beobachter mit gelegentlichen verwandten Angaben. Einige waren sogar des Irrthums, man k\u00f6nne Differenzt\u00f6ne nur hei Consonanzen wahrnehmen. Chladni (Akustik) fordert, das Intervall, bei dem man einen Differenzton geh\u00f6rig wahmehmen wolle, m\u00fcsse \u00bbentweder ganz rein sein oder nur wenig von der wahren Reinigkeit abweichen\u00ab. Stumpf begr\u00fcndet die Erscheinung, meines \"Wissens zum ersten Male, genau in derselben Weise wie ich: durch das Zusammenfallen mehrerer Differenzt\u00f6ne bei den reinen Consonanzen.\nDer einzige Akustiker, der im Thats\u00e4chlichen hier widerspricht, ist Meyer (47, 10; 48, 34). Er f\u00fchrt die ihm wohlbekannten Angaben \u00fcber die gr\u00f6\u00dfere St\u00e4rke \u00bbdes\u00ab Differenztones bei reinen Intervallen auf eine T\u00e4uschung zur\u00fcck, die im wesentlichen auf den Schwebungen der verstimmten Consonanzen beruhe. Seine Erkl\u00e4rung ist so k\u00fcnstlich und hypothetisch, dass man nur in der gr\u00f6\u00dften theoretischen Noth sich ihr anschlie\u00dfen d\u00fcrfte. Ueher die That-sachenfrage kann nat\u00fcrlich nur das Experiment entscheiden. Meyer stellte einmal mit zwei Galtonpfeifen folgenden Versuch an. Die eine gab den constanten Ton 4800, die andere wurde \u00bbganz langsam, continuirlich\u00ab ver\u00e4ndert, von 4900 bis zur Quinte 7200; sie klang in allen diesen Tonh\u00f6hen gleich stark. Nun verfolgte Meyer den (ersten) Differenzton von 100 bis 2400, \u00bbhin und zur\u00fcck, mehrere-male, konnte aber an keinem Punkte feststellen, dass er auch nur die geringste St\u00e4rkeschwankung machte, obwohl die Prim\u00e4rt\u00f6ne hier alle m\u00f6glichen reinen und verstimmten Intervalle durchlaufen\u00ab. \u2014 Dieser Versuch beweist nichts; denn er stellt f\u00fcr die Beobachtung der fraglichen Erscheinungen die denkbar ung\u00fcnstigsten Bedingungen dar. Bei ganz langsamer, continuirlicher Verstimmung des prim\u00e4ren Klanges nimmt auch die St\u00e4rke des Differenztones langsam und ganz continuirlich ab und zu. Wollte man die Aenderung der St\u00e4rkeverh\u00e4ltnisse, die bei einigerma\u00dfen kr\u00e4ftigen Prim\u00e4rkl\u00e4ngen und discon-","page":250},{"file":"p0251.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Theorie der Combinationst\u00f6ne.\n251\ntinuirlicher Verstimmung ganz unverkennbar ist, einem Beobachter verheimlichen, so k\u00f6nnte man gar nichts Besseres thun, als in der Meyer\u2019schen Weise verfahren. Das negative Ergebniss Meyer\u2019s ist tun so verwunderlicher, als er Differenzt\u00f6ne zweiter bis f\u00fcnfter Ordnung sehr wohl kennt, und als seine eigene Theorie des H\u00f6rens f\u00fcr die verschiedenen Intervalle Differenzt\u00f6ne von recht verschiedener St\u00e4rke fordert. Meyer kann auch die St\u00e4rkeverh\u00e4ltnisse gleichzeitiger Differenzt\u00f6ne zu einander nicht h\u00e4ufig genau beachtet haben. Seine f\u00fcr die erste Intervallperiode aufgestellten Hegeln (47, 2; 48, 26) stimmen mit denen Koenig\u2019s \u00fcberein. Danach sei zwischen Prime und Quinte D{, zwischen Quinte und Octave Z), der st\u00e4rkste Differenzton, \u2014 was wir oben als eine halbe Wahrheit erkannten.\nNach meinen zahlreichen Beobachtungen und Vergleichen sehr verschiedener Intervalle liegen die Dinge nicht so einfach, wie Koenig und Meyer sie darstellen, aber auch nicht so regellos, wie die meisten anderen Akustiker anzunehmen scheinen. E\u00fcr den Zusammenklang zweier einfacher T\u00f6ne von ann\u00e4hernd gleicher Intensit\u00e4t darf ich folgende Regelm\u00e4\u00dfigkeiten als gesichert betrachten:\n1.\tDie Differenzt\u00f6ne werden im ganzen leiser mit Erweiterung des prim\u00e4ren Intervalls, derart dass sie zwischen Prime und Quinte durchschnittlich am st\u00e4rksten sind, schw\u00e4cher zwischen Quinte und Octave, noch schw\u00e4cher zwischen Octave und Duo-decime u. s. f.\n2.\tInnerhalb der ersten Periode (Prime bis Octave) sind, soweit nicht die folgenden Regeln modificirend eintreten, T)i und Di lauter als Dg und Z>4, diese lauter als D5.\n3.\tDie zwischen den Prim\u00e4rt\u00f6nen gelegenen Differenzt\u00f6ne der \u00fcbrigen Perioden (Di in der zweiten, D, und I)., in der dritten) sind abgeschw\u00e4cht, um so mehr, je weiter sie sich von dem Grrundton entfernen.\n4.\tRelativ schwach sind ferner die einem anderen Theil-ton naheliegenden, eben noch f\u00fcr sich h\u00f6rbaren, und ebenso\n5.\tdie allertiefsten, der unteren H\u00f6rgrenze sich n\u00e4hernden Differenzt\u00f6ne.\n6- Tiefe aber deutlich tonartige Differenz t\u00f6ne machen einen relativ starken Eindruck.\nDie Intervalle mit zwei oder mehr zusammmenfallenden\n17*","page":251},{"file":"p0252.txt","language":"de","ocr_de":"252\tFelix Krueger.\nDifferenzt\u00f6nen, d. h. die consonanten Kl\u00e4nge enthalten die st\u00e4rksten Differenzt\u00f6ne.\n8.\tDiese Verst\u00e4rkung des charakteristischen tiefsten Theiltones erstreckt sich (in abnehmendem Ma\u00dfe) auch auf die wenig verstimmten Consonanzen, also auf die Zwischent\u00f6ne nahe benachbarter Differenzt\u00f6ne.\n9.\tDie Verst\u00e4rkung ist um so gr\u00f6\u00dfer, je mehr Differenzt\u00f6ne in einen zusammenflie\u00dfen und je niederer Ordnung sie sind, je weniger Differenzt\u00f6ne also neben dem verst\u00e4rkten tiefsten \u00fcbrig bleiben. \u2014 Daher ergeben innerhalb jeder Periode die mittelsten Intervalle (Quinte \u2014 gro\u00dfe Decime \u2014 verminderte Quatuor-decime 2 : 7) den st\u00e4rksten Differenzton. Die tiefen Differenzt\u00f6ne der Quarte und gro\u00dfen Sexte sind st\u00e4rker als die der gro\u00dfen Terz und verminderten Septime 4:7, diese st\u00e4rker als die der kleinen Sexte, der kleinen Terz u. s. f.\n10.\tWo ein oder mehrere Differenzt\u00f6ne mit dem Grundton zusammenfallen, also bei der Octave, Duodecime und Doppel-octave ist der Grundton im Zusammenklange verst\u00e4rkt.\nDrittes Capitel.\nDiejphysiologischen Theorien.\n1. Helmholtzens Theorie der subjectiven \u2022 Oombinationst\u00f6ne.\nIm Anf\u00e4nge des vorigen Oapitels erinnerte ich an den Unterschied zwischen objectiven und subjectiven Oombinationst\u00f6nen. Solche der ersten Art kommen nur in gewissen Ausnahmef\u00e4llen, bei einer ganz bestimmten Art der Klangerzeugung vor. Die gro\u00dfe Mehrzahl der bisher beobachteten, so auch alle von mir festgestellten Combi-nationst\u00f6ne sind subjectiv in dem Sinne, dass sie erst innerhalb des Ohres entstehen.\nDiese subjectiven Oombinationst\u00f6ne waren seit jeher ein Stein","page":252},{"file":"p0253.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Theorie der Combinationst\u00f6ne.\n253\ndes Ansto\u00dfes f\u00fcr die Helmholtz-Hens en\u2019sehe Theorie des H\u00f6rens. Danach werden bekanntlich durch jede physikalische Schallbewegung unter Vermittelung der \u00fcbertragenden Organe des Trommelfells und der Geh\u00f6rkn\u00f6chelchen ganz bestimmte elastische Gebilde des inneren Ohres in Mitschwingung versetzt. Diese Resonatorenhypothese ist eine Deutung des physiologischen Processes unmittelbar nach Analogie physikalischer Vorg\u00e4nge. Die physikalische Erfahrung und Theorie zeigt aber, dass elastische K\u00f6rper nur durch pendelf\u00f6rmige Schwingungen k\u00f6nnen zur Resonanz gebracht werden, w\u00e4hrend f\u00fcr die subjectiven Combinationst\u00f6ne entsprechende Pendelschwingungen mit den feinsten physikalischen Methoden bisher in der Luft nicht nachzuweisen waren.\nUm diese Schwierigkeit zu beseitigen, hat Helmholtz bekanntlich seine Theorie durch einen Zusatz erweitert, wonach unter gewissen Voraussetzungen die von der Resonatorenhypothese geforderten pendelf\u00f6rmigen Schwingungscomponenten im Mittelohre physikalisch entstehen k\u00f6nnen; n\u00e4mlich dann, wenn 1) die Schwingungsweite der prim\u00e4ren T\u00f6ne so gro\u00df ist, dass sie, verglichen mit den Dimensionen der schwingenden Massen, nicht mehr als unendlich klein betrachtet werden darf. In diesem Falle sind die elastischen Bewegungskr\u00e4fte, die durch die Entfernung der schwingenden Theilchen aus der Gleichgewichtslage entstehen, diesen Entfernungen nicht mehr einfach proportional; auch h\u00f6here Potenzen der Entfernungsgr\u00f6\u00dfe gewinnen Einfluss auf die Bewegungen : es findet keine einfache Superposition der prim\u00e4ren Schwingungen mehr statt. Die bekannte lineare Schwingungsgleichung, die nur unter der Voraussetzung unendlich kleiner Amplituden gilt, ist nun zu einfach, um den mechanischen Vorgang auszudr\u00fccken. Es m\u00fcssen neue, den h\u00f6heren Potenzen der Elongationen entsprechende Glieder in sie eingef\u00fchrt werden. Und durch Integration dieser complicirteren Gleichung ergeben sich theoretisch neben den Prim\u00e4rt\u00f6nen noch Differenz- und Summationst\u00f6ne verschiedener Ordnung, in erster Linie der erste Differenzton nK \u2014 n und der einfache Summationston n -j- nK (die Helmholtz im weiteren allein ber\u00fccksichtigt). Die Rechnung f\u00fchrt indessen zu diesem Ergebniss nur unter zwei weiteren Voraussetzungen, von denen Helmholtz die eine ausdr\u00fccklich hervorhebt: es muss 2) der schwingende K\u00f6rper asymmetrische Elasticit\u00e4t besitzen; seine Entfernungen aus der Gleich-","page":253},{"file":"p0254.txt","language":"de","ocr_de":"254\nFelix Krueger.\ngewichtslage m\u00fcssen nach der einen Seite hin mit gr\u00f6\u00dferer Beschleunigung erfolgen, als nach der anderen, wenn das Quadrat der Elongationen Einfluss auf die Bewegungen haben soll. Andernfalls, hei Annahme symmetrischer Elasticit\u00e4t, w\u00e4ren, wie Hermann nachgewiesen hat (35, 506), Combinationst\u00f6ne nicht \u00fcberhaupt unm\u00f6glich; aber die Beschleunigung m\u00fcsste dann eine ungerade Function der Elongation sein, und es erg\u00e4ben sich als Schwingungszahlen von Com-binationst\u00f6nen nur ungerade, also tern\u00e4re, quin\u00e4re u. s. f. Combi-nationen der prim\u00e4ren Schwingungszahlen, also unter anderen nicht die (bin\u00e4ren) Oombinationen nK \u2014 n und n + n'.\nAls unsymmetrisch schwingende Organe nimmt Helmholtz, wie man wei\u00df, bestimmte Theile des Mittelohres in Anspruch, er weist auf den unsymmetrischen Bau des Trommelfells hin und f\u00fcr starke T\u00f6ne besonders auf das lockere, sperrzahnartige wirkende Hammer-Ambo\u00dfgelenk. Gegen diese specielle anatomisch-physiologische Vermuthung hat Dennert eingewendet (29, 173), Patienten ohne Trommelfell, ja, \u00bbauch solche ohne Trommelfell, Hammer und Ambo\u00df, mit nur erhaltenem Steigb\u00fcgel\u00ab h\u00e4tten Combinationst\u00f6ne geh\u00f6rt. Diese kurz und beil\u00e4ufig mitgetheilte Beobachtung ist leider niemals nachgepr\u00fcft worden. Sie w\u00e4re nat\u00fcrlich nur entscheidend, wo die fraglichen Organe beider Ohren functionsunf\u00e4hig w\u00e4ren. Hermann berichtet \u2014 was ich best\u00e4tigen kann \u2014, dass man auch mit gut verstopften Ohren Combinationst\u00f6ne noch wohl vernimmt, und betont gegen Helmholtz andrerseits, dass das Trommelfell ziemlich gro\u00dfe Excursionen ausf\u00fchren m\u00fcsste, um den Bedingungen der Theorie zu gen\u00fcgen. Aber die ganze, von Helmholtz nur ver-muthungsweise aufgestellte Trommelfellhypothese scheint mir von secund\u00e4rer Bedeutung zu sein. Es bliebe die M\u00f6glichkeit offen, einem anderen, zwischen dem Trommelfell und den Nervenendigungen gelegenen Theile des Geh\u00f6rapparates das geforderte unsymmetrische Verhalten zuzuschreiben. Dass z. B. der Steigb\u00fcgel mit genau derselben Geschwindigkeit in das ovale Fenster eindringt, als mit der er zur\u00fcckschwingt, ist mir aus mehr als einem Grunde unwahrscheinlich. Gegenw\u00e4rtig wissen wir von der Mechanik des Trommelh\u00f6hlenapparates und vollends von den Bewegungsvorg\u00e4ngen innerhalb der Schnecke zu wenig, um eine symmetrische Elasticit\u00e4t aller in Betracht kommenden Theile behaupten zu d\u00fcrfen.","page":254},{"file":"p0255.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Theorie der Combinationst\u00f6ne.\n255\nWichtiger als das Dennert\u2019sche Argument ist ein gegen die Helmholtz\u2019sche Theorie der subjectiven Combinationst\u00f6ne mehrfach erhobener, von Hermann (35, 503) am ausf\u00fchrlichsten begr\u00fcndeter Einwand, der sich auf die Intensit\u00e4tsverh\u00e4ltnisse st\u00fctzt: alle Combinationst\u00f6ne, namentlich aber die Differenzt\u00f6ne m\u00fcssten nach der Theorie sehr viel schw\u00e4cher sein, als sie es in Wirklichkeit sind. Dass der prim\u00e4re Klang nicht sonderlich kr\u00e4ftig zu sein braucht, um Combinationst\u00f6ne vernehmen zu lassen, ist seit Helmholtz von mehreren Experimentatoren, so auch von mir festgestellt worden. Hieraus erw\u00e4chst der Theorie noch keine un\u00fcberwindliche Schwierigkeit. Wenn Yoigt gegen Helmholtz betont (31), dass f\u00fcr Stimmgabelt\u00f6ne auch bei betr\u00e4chtlicher St\u00e4rke die lineare Schwingungsgleichung noch merklich erf\u00fcllt sei, so weist Hermann (49, 501) dieses Argument mit Recht zur\u00fcck. Helmholtz \u00bbnimmt durchaus nicht an, dass schon in der Luft die prim\u00e4ren T\u00f6ne sich nicht ungest\u00f6rt superponiren\u00ab. Aber Hermann legt an demselben Orte unwiderleglich dar, dass aus der Helmholtz\u2019schen mathematischen Ableitung sich Combinationst\u00f6ne \u00fcberhaupt nur dann ergeben, wenn die den h\u00f6heren Potenzen der Elongation entsprechenden H\u00fclfsgr\u00f6\u00dfen sehr klein sind im Vergleich mit den \u00fcbrigen Gliedern der Gleichung, dass daher die theoretisch erwiesenen Differenzt\u00f6ne und noch mehr die Summationst\u00f6ne stets von unvergleichlich kleinerer Amplitude w\u00e4ren, als die Prim\u00e4rt\u00f6ne. Diesen mathematischen Zusammenhang hat Helmholtz wohl erkannt (19, 14 Anm.; 21, 262 Anm.), die darin liegende Schwierigkeit jedoch nirgends hervorgehoben. Er untersch\u00e4tzte, wie wir fr\u00fcher sahen, die relative St\u00e4rke der Combinationst\u00f6ne. Sie wird neuerdings nach meinen Beobachtungen meistens \u00fcbersch\u00e4tzt. Wenn man von mehreren gleichzeitig vorhandenen Differenzt\u00f6nen nur einen \u2014 es ist gew\u00f6hnlich der st\u00e4rkste und tiefste \u2014 bemerkt, so erscheint dieser erheblich st\u00e4rker, als er ist. Bei genauer und vollst\u00e4ndiger Analyse von Zweikl\u00e4ngen habe ich niemals, wie mehrere neuere Akustiker von sich angeben, einen Com-binationston beobachtet, der an St\u00e4rke den Prim\u00e4rt\u00f6nen gleich oder nahe gekommen w\u00e4re. Andrerseits ist zu beachten, dass die (fast hnmer vorzugsweise untersuchten) consonanten Intervalle je einen durch Zusammenfallen von mindestens zweien verst\u00e4rkten Differenzton enthalten, und'dass auch die Helmholtz\u2019sche Gleichung f\u00fcr","page":255},{"file":"p0256.txt","language":"de","ocr_de":"256\nFelix Krueger.\ndiesen Fall entsprechend viele identische T\u00f6ne ergibt, deren Amplituden sich summiren. Indessen, nach derselben mathematischen Theorie nehmen die den h\u00f6heren Combinationen entsprechenden T\u00f6ne an St\u00e4rke noch gegen die niederen erheblich ah. Ein einfacher, ungest\u00f6rt f\u00fcr sich zur Geltung kommender Differenzton erster Ordnung d\u00fcrfte nach Hermann\u2019s approximativer Berechnung auf Grund der fraglichen Theorie h\u00f6chstens V10 der Amplitude der Prim\u00e4rt\u00f6ne, also nur Vioo direr Intensit\u00e4t besitzen. Das ist denn freilich mit den Thatsachen unvereinbar.\nAm Ende dieses Capitels wird eine M\u00f6glichkeit zu er\u00f6rtern sein, wie man die subjectiven Oomhinationst\u00f6ne in anderer Weise, als es Helmholtz versuchte, mit der Resonanztheorie in Einklang bringen k\u00f6nnte.\nVorher jedoch erheben sich folgende Fragen: Erwachsen der Resonatorenhypothese aus den Thatsachen noch andere Schwierigkeiten als die der subjectiven Oomhinationst\u00f6ne? Sind diese Schwierigkeiten un\u00fcberwindlich? Lassen sich die Erscheinungen vielleicht besser erkl\u00e4ren durch eine von Helmholtzens Grundanschauung abweichende Theorie der Oomhinationst\u00f6ne oder des H\u00f6rens \u00fcberhaupt?\n2. Erweiterungen der (Ohm-) Helmholtz\u2019schen Theorie\ndes H\u00f6rens.\na. Die Theorie der Schwebungst\u00f6ne (Koenig). Die Unter-brechungs- und Variationst\u00f6ne.\nKoenig nimmt keinen Ansto\u00df an der soeben besprochenen Theorie der subjectiven Oomhinationst\u00f6ne und h\u00e4lt auch im allgemeinen an der Resonatorenhypothese fest. Soweit die Differenzt\u00f6ne nicht mit seinen Sto\u00dft\u00f6nen zusammenfallen, gelten sie ihm ja zum mindesten als au\u00dferordentlich leise. Zur physiologischen Erkl\u00e4rung der Sto\u00dft\u00f6ne aber greift er auf die alte Anschauung von Lagrange (4, 11) und Young (5, 106) zur\u00fcck, wonach das Ohr jede beliebige Periodik von Luftverdichtungen und -Verd\u00fcnnungen innerhalb gewisser Frequenzgrenzen als Ton empfinde. Den ersten Theoretikern der Oomhinationst\u00f6ne war diese Anschauung ganz gel\u00e4ufig. (So bezeichnet Ro eher den Differenzton erster Ordnung gelegentlich als \u00bbOs-","page":256},{"file":"p0257.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Theorie der Combinationst\u00f6ne.\n257\ncillationston\u00ab). Als allgemeine Theorie des H\u00f6rens ohne weitere Einschr\u00e4nkung hingestellt, begegnete sie schon fr\u00fche dem Widerspruch der Mathematiker und Physiker. Poggendorff antwortete auf die Ausf\u00fchrungen Ro eh er \u2019s sofort (14, 520) mit einem kritischen Zusatze, dessen wesentlicher Inhalt in Folgendem besteht: die Youngsche Theorie kann nicht erkl\u00e4ren, 1) dass man neben einem Differenzton auch die Prim\u00e4rt\u00f6ne vernimmt, 2) dass au\u00dfer dem Differenzton erster Ordnung noch solche h\u00f6herer Ordnung und durch sie bedingte Schwebungen entstehen. In der That, wenn jede periodische Luftbewegung nur den Ton ergibt, dessen Schwingungszahl der Zahl der periodischen Maxima und Minima entspricht, so ist schon die Grund-thatsache der Klangwahrnehmung unbegreiflich, dass wir beim Zusammenklange zweier prim\u00e4ren T\u00f6ne diese beiden h\u00f6ren k\u00f6nnen. Die M\u00f6glichkeit der Klanganalyse wurde erst verst\u00e4ndlich, als Ohm den Satz auf stellte, dass das Ohr jede periodische Luftbewegung in ihre pendelf\u00f6rmigen Oomponenten zerlege, und dass wir nur pendelf\u00f6rmige Schwingungen als T\u00f6ne empf\u00e4nden. Helmholtz hat diese Hypothese durch zahlreiche und verschiedenartige Beobachtungen gest\u00fctzt, mathematisch und 'physikalisch eingehend begr\u00fcndet, anatomisch und physiologisch weiter ausgehaut. Sie bildete bis in die neueste Zeit die Grundanschauung aller akustischen Theorie.\nAber schon Seeheck versuchte die Ohm\u2019sehe Definition des Tones im Sinne der \u00e4lteren Theorie zu erweitern. Er dachte die \u25a0 Klangfarbe zwar vorzugsweise von der Zahl und Art der in dem Klange enthaltenen Pendelschwingungen, theilweise aber auch unmittelbar von der Form der Gesammtwelle abh\u00e4ngig. Bekanntlich ist die Wellenform eines und desselben Mehrklanges sehr verschieden je nach dem Phasenverh\u00e4ltniss der Theilt\u00f6ne. Helmholtz fand nun durch sein bekanntes synthetisches Verfahren (21, 194), dass beliebige Phasenunterschiede der Theilt\u00f6ne die Klangfarbe von Mehrkl\u00e4ngen nicht ver\u00e4ndern. Koenig kam zu dem entgegengesetzten Ergehniss (24, 369; 25, 222) auf Grund von Versuchen mit seiner Wellensirene, wo zwei in Blech geschnittene und gegen einander beliebig verschiebbare Curven angeblasen werden. Aber thats\u00e4chlich entstehen heim Anblasen der Wellensirene ganz andere Schwingungsformen in der Luft, als die in Blech geschnittenen. Hermann, der dies am ausf\u00fchrlichsten theoretisch und experimentell nachgewiesen hat (37, 391 ;","page":257},{"file":"p0258.txt","language":"de","ocr_de":"258\nFelix Krueger.\nhier ist die \u00fcbrige Litteratur zu finden), widerlegt auch die anderen Argumente Koenig\u2019s f\u00fcr einen Einfluss der Phasenverschiebung auf die Klangfarbe und f\u00fcr die consequenterma\u00dfen von Koenig behauptete F\u00e4higkeit des Ohres, Richtungsumkehrungen der Schallbewegung zu erkennen. Positiv entscheidend sind die Hermann\u2019schen Versuche mit dem Edison-Phonographen, der eine vollst\u00e4ndige Umkehrung aller Bewegungsrichtungen gestattet, dabei aber die Klangfarbe obertonreicher Kl\u00e4nge ganz unver\u00e4ndert l\u00e4sst. Die Frage, ob Phasenverschiebung der Theilt\u00f6ne f\u00fcr sich allein die Klangfarbe beeinflusse, scheint mir nunmehr endg\u00fcltig negativ, d. h. im Sinne Helmholtzens beantwortet zu sein. Darin liegt zugleich ein wichtiges Argument f\u00fcr die reine Zerlegungstheorie, wonach ein zusammengesetzter Klang lediglich nach Ma\u00dfgabe der in ihm enthaltenen Sinusschwingungen empfunden wird, unabh\u00e4ngig von der Form der Gesammtwelle.\nSeebeck\u2019s scharfsinnige Einw\u00e4nde gegen die Ohm\u2019sche Definition des Tones werden neuerdings wieder von Meyer (49; 50) gegen Ohm und Helmholtz verwerthet. Seebeck st\u00fctzte sich bei seiner Behauptung, die Form der Gesammtwelle sei f\u00fcr die Klangwahrnehmung mitbestimmend, vor allem auf die Beobachtung, dass die an sich nur schwachen Obert\u00f6ne eines zusammengesetzten Klanges den Grundton verst\u00e4rken. Ohm erkl\u00e4rte dies (16, 15) f\u00fcr eine associativ bedingte \u00bbGeh\u00f6rst\u00e4uschung\u00ab. Aber im Thats\u00e4chlichen hat Seebeck recht behalten. Bekanntlich pflegen wir jeden zusammengesetzten Klang nach der Tonh\u00f6he seines Grundtones aufzufassen und zu benennen. Zur Erkl\u00e4rung verweist Helmholtz (17, 497; 21, 97) auf die \u00fcberwiegende St\u00e4rke des Grundtones. Dem gegen\u00fcber betont Pipping (43, 535), dass \u00bbdiejenigen Kl\u00e4nge, welche unser Ohr am h\u00e4ufigsten trelfen, die Vocalkl\u00e4nge oft, ja bei m\u00e4nnlichen Stimmen vielleicht in der Regel nur sehr schwache Grundt\u00f6ne haben\u00ab. Pipping ersetzt deshalb die herk\u00f6mmliche Theorie von der subjectiven Tonh\u00f6he der Kl\u00e4nge durch folgende Hypothese: \u00bbEin Klang von der Schwingungszahl n wird empfunden, sowie eine hinreichende Anzahl von Theilt\u00f6nen vorhanden ist, deren Schwingungszahlen gerade Vielfache von n sind. Kein Theilton gen\u00fcgt an und f\u00fcr sich, um eine sichere H\u00f6henempfindung hervorzurufen (Oc-tavent\u00e4uschungen bei einfachen T\u00f6nen), und keiner, auch nicht der","page":258},{"file":"p0259.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Theorie der Combinationst\u00f6ne.\n259\nGrundton, ist zu diesem Zweck unentbehrlich\u00ab. Die Obert\u00f6ne verst\u00e4rken nach Pipping nicht, wie Seebeck meinte, den Grundton, sondern den Gesammtklang. Diese neue Theorie der Klangauffassung wird ohne weitere Erkl\u00e4rung hingestellt und durch Pipping\u2019s Beispiele meines Erachtens nicht ausreichend unterst\u00fctzt. Aber Pipping selbst weist einige Male, wenngleich zaghaft, auf den Factor hin, der milder wesentliche und entscheidende zu sein scheint: selbst da, wo man aus einem zusammengesetzten Klange den Grundton objectiv beseitigt, ist dieser Ton jederzeit als Differenzton mehrfach vorhanden, denn alle aufeinander folgenden Obert\u00f6ne stehen paarweise um seine Schwingungszahl von einander ab. Pipping unterscheidet zu wenig das Resultat der physikalischen Klanganalyse von der thats\u00e4chlich wahrgenommenen Empfindungsst\u00e4rke der Theilt\u00f6ne. Die dem Grundton entsprechende objective Schwingungscomponente kann eine sehr geringe Amplitude besitzen, ja vielleicht ganz fehlen, und doch der entsprechende (gleich hohe) Differenzton in Folge seiner Vervielf\u00e4ltigung und als tiefster Ton des Klanges f\u00fcr die Empfindung der st\u00e4rkste Theilton sein.\nAuf \u00e4hnliche Weise erkl\u00e4rt sich das Ergebniss des bekannten Versuches, den ein Freund Ohm\u2019s nach dessen Aufforderung anstellte (16, 16). Er strich auf der Violine einen Ton (n) und dessen Octave (2n) zugleich an und lie\u00df danach pl\u00f6tzlich n oder 2 n allein erklingen. Der h\u00f6here Ton schien, wenn er allein \u00fcbrig blieb, st\u00e4rker zu werden. Der tiefere dagegen war in diesem Palle \u00bbrecht f\u00fchlbar geschw\u00e4cht\u00ab. Ich habe das Experiment an verschiedenen Instrumenten mit dem gleichen Erfolge wiederholt. Das St\u00e4rkerwerden von 2 n begreift man am einfachsten durch die gew\u00f6hnliche Erfahrung, dass im Zusammenklange jeder Theilton jedem anderen etwas von seiner physiologischen und psychologischen Energie raubt. Die viel deutlichere und erstaunliche Ahschw\u00e4chung des allein zur\u00fcckbleibenden Grundtones aber beruht zweifellos darauf, dass im Zusammenklange mindestens ein Differenzton Dt (\u2014 Bi = T)i etc.) verst\u00e4rkend mit ihm zusammenf\u00e4llt. Sie ist sofort geringer, ja bald unmerklich, wenn man die beiden Octavent\u00f6ne unrein w\u00e4hlt. Auch dies hebt bereits Ohm hervor (16, 17); er l\u00e4sst jedoch den v\u00f6llig zureichenden Factor der Differenzt\u00f6ne au\u00dfer Betracht und hricht die ganze Er\u00f6r-terung kurz ab, weil er hier \u00bbwie der Blinde von der Farbe\u00ab rede.","page":259},{"file":"p0260.txt","language":"de","ocr_de":"260\nFelix Krueger.\nDie Unterbrechungs- und Variationst\u00f6ne.\nKoenig hat zu Gunsten der Young\u2019schen Theorie die Unterbrechungst\u00f6ne angef\u00fchrt, die dann entstehen, wenn ein gegebener Ton innerhalb gewisser zeitlicher Grenzen regelm\u00e4\u00dfig abgeschnitten und wieder zugelassen oder abgeschw\u00e4cht und wieder verst\u00e4rkt wird; ihre Tonh\u00f6he entspricht genau der Zahl der Unterbrechungen oder periodischen St\u00e4rkeschwankungen. Ohm und Helmholtz kannten solche Unterbrechungst\u00f6ne sehr wohl; aber sie waren offenbar der Ueberzeugung, dass es dabei regelm\u00e4\u00dfig auch zur Entstehung einer pendelf\u00f6rmigen Componente von entsprechender Schwingungszahl komme. Diese n\u00e4chstliegende Annahme m\u00fcsste erst widerlegt werden, wenn man, wie das seit Koenig immer wieder geschieht, die Ohm\u2019sche Definition des Tones und Helmholtzens H\u00f6rtheorie wegen der Unterbrechungst\u00f6ne bek\u00e4mpfen will.\nDeutlicher als diese T\u00f6ne sind bei ihrer Erzeugung gew\u00f6hnlich die sogenannten Variationst\u00f6ne, n + m und n \u2014 m, wo n die Schwingungszahl des unterbrochenen Tones, m die Zahl der Unterbrechungen darstellt. (Litteratur bei Stumpf 32, 343; dazu Meyer 46, 205). Auch solche Variationst\u00f6ne hat Koenig beobachtet; ich selbst habe mich wie andere von ihrem Dasein \u00fcberzeugt und sie, namentlich den tieferen, oft st\u00e4rker gefunden als den Unterbrechungston. Helmholtz berichtet in der 16. Beilage der Lehre von den Tonempfindungen (21, 661) \u00fcber einen hierher geh\u00f6rigen Versuch mit Unterbrechung eines Stimmgabeltones durch die Doppelsirene. Er stellt die dabei aufgetretenen T\u00f6ne n + m und n \u2014 m in eine Beihe mit den objectiven Oombinationst\u00f6nen, die er an der Doppelsirene beobachtet und deren mathematische Theorie er kurz zuvor entwickelt hat. Nun hebt neuerdings Schaefer (56, 510 f.) mit Hecht hervor) dass die Rechnung in diesem Falle auch die Differenzt\u00f6ne m == n [n m) 2 m \u2014 [n m) \u2014 (n \u2014 m) ergibt. Danach w\u00e4re \u00fcberall da, wo es zur Bildung der Variationst\u00f6ne n -f- m und n \u2014 m kommt, der Unterbrechungston m als Differenzton 2. Ordnung begreiflich. Meyer\u2019s und meine gesicherten Beobachtungen \u00fcber Differenzt\u00f6ne h\u00f6herer Ordnung und ihre Unabh\u00e4ngigkeit von Obert\u00f6nen unterst\u00fctzen diese Auffassung.\nAber auch abgesehen von den Variationst\u00f6nen, lassen sich die Unter-","page":260},{"file":"p0261.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Theorie der Combinationst\u00f6ne.\n261\nbrechungst\u00f6ne in vielen F\u00e4llen als Differenzt\u00f6ne begreifen, n\u00e4mlich \u00fcberall da, wo durch die Art ihrer Erzeugung einige von den T\u00f6nen entstehen, deren Schwingungszahlen auf einander folgende Multipla der Schwingungszahl des Unterbrechungstones darstellen. Pipping (43, 538) erzeugte mit H\u00fclfe einer Zahnradsirene voll zusammengesetzte Kl\u00e4nge mit periodisch wiederkehrender Unterbrechung. Als dominirend und sehr deutlich wurde die der Zahl der Unterbrechungen entsprechende Tonh\u00f6he empfunden. Bei genauerer Analyse l\u00f6ste sich der Gesammtklang in eine Reihe harmonischer Theilt\u00f6ne auf, deren Schwingungszahlen die auf einander folgenden Multiplen derjenigen des \u00bbUnterbrechungstones\u00ab darstellten. Besonders deutlich war darunter jeweils der Ton von der Schwingungszahl (was Pipping nicht hervorhebt) des tieferen Variationstones. Bei einer anderen Anordnung der Z\u00e4hne entstanden Kl\u00e4nge mit einer geringeren Zahl harmonischer Theilt\u00f6ne. Hier war der \u00bbUnterbrechungston\u00ab (43, 545) erheblich leiser und undeutlicher als bei den theilton-reichen Kl\u00e4ngen. Daraus schlie\u00dft Pipping, der sogenannte Unterbrechungston sei nichts als der Gesammtklang; denn w\u00e4re er mit dem Grundton identisch, so m\u00fcsste er am undeutlichsten geh\u00f6rt werden, wo zahlreiche Obert\u00f6ne vorhanden sind, am deutlichsten, wo die Obert\u00f6ne sp\u00e4rlich sind. Dieser Schluss ist keineswegs stringent; die Thatsache der Differenzt\u00f6ne ist dabei \u00fcbersehen. Aber auch wenn man Pipping\u2019s Theorie der Klangh\u00f6he ablehnt, und selbst ohne R\u00fccksicht auf die von Helmholtz theoretisch begr\u00fcndeten Variationst\u00f6ne, begreift sich der \u00bbUnterbrechungston\u00ab als Differenzton seiner paarweise bennachbarten Multiplen, und zwar um so besser, je vollst\u00e4ndiger die Reihe dieser Multiplen vorhanden ist.\nDie neue Specialuntersuchung der Unterbrechungst\u00f6ne von Zwaardemaker (58, 60) geht auf die beiden hier hervorgehobenen M\u00f6glichkeiten nicht ein, wonach diese T\u00f6ne auch in solchen F\u00e4llen, in denen sie als Sinusschwingungen sich objectiv nicht sollten nach-weisen lassen, als Differenzt\u00f6ne zu erkl\u00e4ren sind. Trotzdem h\u00e4lt Zwaardemaker es nicht f\u00fcr erwiesen, dass durch sie der Resonatorenhypothese eine un\u00fcberwindliche Schwierigkeit erw\u00fcchse. Er bezeichnet mit Recht das Problem als ein vorzugsweise physikalisches UQd gibt selbst einige Andeutungen, wie man die Intermittenzt\u00f6ne im Sinne der Ohm-Helmholtz\u2019schen Definition des Tones ableiten","page":261},{"file":"p0262.txt","language":"de","ocr_de":"262\nFelix Krueger.\nk\u00f6nne. Aehnlich wie Pipping warnt Zwaardemaker davor, auf Grund noch umstrittener Thatsachen die mannigfach bew\u00e4hrte Pe-sonatorenhypothese voreilig aufzugehen.\nDie mathematische Theorie der complicirten Bewegungsvorg\u00e4nge, die bei der periodischen Tonunterbrechung in der Luft entstehen, ist meines Wissens seit Helmholtz nicht weiter gef\u00fchrt worden. In keinem Falle wurde bisher der strenge Beweis geliefert, dass ein wahrgenommener \u00bbUnterbrechungston\u00ab weder als Differenzton erkl\u00e4rbar, noch auf eine in der Luft vorhandene pendelf\u00f6rmige Schwingungs-componente zur\u00fcckf\u00fchrbar w\u00e4re. Diese Erscheinungen d\u00fcrfen daher vorl\u00e4ufig gegen die Helmholtz\u2019sehe Theorie des H\u00f6rens nicht ins Feld gef\u00fchrt werden1).\nDamit verliert aber auch die Hypothese Koenig\u2019s ihre wichtigste St\u00fctze, wonach die multiplen Schwebungen unmittelbar durch die Maxima und Minima der Gesammtwelle entst\u00e4nden. Nach der Helmholtz\u2019schen Theorie des H\u00f6rens k\u00f6nnen Schwebungen nur entstehen, wo zwei benachbarte T\u00f6ne zugleich gegeben sind. Thats\u00e4chlich konnte ich nicht nur die Schwebungen der verstimmten Multiplen, sondern alle \u00fcberhaupt festgestellten Schwebungsarten in dieser Weise auf verstimmte Primen zur\u00fcckf\u00fchren, indem ich die betheiligten T\u00f6ne ermittelte und weiter verfolgte. Koenig hat, wie fr\u00fcher erw\u00e4hnt, die Tonh\u00f6he der Schwebungen im allgemeinen nicht beachtet. Die Mehrzahl seiner Schwebungsbeobachtungen l\u00e4sst sich nach Analogie der meinigen auf (theilweise unanalysirte) Differenzt\u00f6ne zur\u00fcckf\u00fchren; in einigen F\u00e4llen, n\u00e4mlich hei den multiplen Schwebungen der weitesten Intervalle, wirkten h\u00f6chstwahrscheinlich\n1) Die vorliegende Arbeit war bereits abgeschlossen, als mir durch die Freundlichkeit des Herrn Schaefer dessen in Gemeinschaft mit Abraham angestellte \u00bb Studien \u00fcber Unterbrechungst\u00f6ne \u00ab bekannt wurden (inzwischen erschienen : 60 , 207). Die Unterbrechungst\u00f6ne wurden dabei auf die beiden bisher am h\u00e4ufigsten angewendeten Arten erzeugt: einmal in der Dennert\u2019schen Weise mit angeblasenen rotirenden Scheiben, die in kreisf\u00f6rmiger Anordnung einen periodischen Wechsel von undurchschlagener Fl\u00e4che und von gleich gro\u00dfen, gleich weit von einander entfernten L\u00f6chern boten; ferner nach dem Vorg\u00e4nge Koenig\u2019s mit L\u00f6chern von periodisch zu- und abnehmender Gr\u00f6\u00dfe. In beiden F\u00e4llen wurde der \u00bbUnterbrechungston\u00ab durch einen auf ihn abgestimmten .Resonator erheblich verst\u00e4rkt und demnach als objective pendelf\u00f6rmige Com-ponente in der gesammten Sehwingungsbewegung nachgewiesen. Die Unterbrechungst\u00f6ne der ersten Art waxen von Obert\u00f6nen begleitet.","page":262},{"file":"p0263.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Theorie der Combinationst\u00f6ne.\n263\nObert\u00f6ne mit, die einander oder dem h\u00f6heren Prim\u00e4rtone nahelagen oder mit anderen Theilt\u00f6nen entsprechende Differenzt\u00f6ne bildeten.\nAlle Schwebungen sollen nach Koenig bei bestimmten Frequenzen in T\u00f6ne, die sogenannten Sto\u00dft\u00f6ne, \u00bb\u00fcbergehen\u00ab. Diese alte Anschauungsweise erscheint ja sehr einfach und naheliegend angesichts der Thatsache, dass bei gr\u00f6\u00dferer Schwebungsfrequenz stets auch (zun\u00e4chst neben den Schwebungen) ein Oombinationston auf tritt, dessen Schwingungszahl der Zahl der Schwebungen gleich ist; aber bei genauerem Zusehen verliert sie erheblich an Bestimmtheit und einleuchtender Kraft. Hermann, der sich ihr eine Zeit lang zugeneigt hatte (35, 514), erkl\u00e4rt sie in einer seiner neuesten Abhandlungen (36, 493) f\u00fcr undurchf\u00fchrbar: \u00bbKoenig hat zwar die sehr gl\u00fcckliche Ausdrucksweise gefunden, dass das Ohr jede Art von Periodik innerhalb gewisser Frequenzgrenzen als Ton wahrnimmt. Aber worin soll die wahrgenommene Periodik beim Zusammenklingen mehrerer T\u00f6ne bestehen ? Es k\u00f6nnen doch nur die Durchg\u00e4nge durch die Gleichgewichtslage oder die Gipfel der Curve, d. h. die Richtungswechsel der Bewegung gez\u00e4hlt werden. Aber schon beim Zusammenklingen eines Tones mit seiner Octave k\u00f6nnen, wenn letztere eine hinreichend gro\u00dfe Amplitude hat, Durchg\u00e4nge und Gipfel entstehen, deren Zeitabstand mit dem Amplituden- und Phasenverh\u00e4ltniss wechselt, und welche also zu einem wahren Gewirr von T\u00f6nen Anlass geben m\u00fcssten. Schon dies zwingt uns, eine Zerlegung der Bewegung nach dem Resonanzprincip anzunehmen ; nur so werden diese zuf\u00e4lligen Durchg\u00e4nge und Gipfel ohne Einfluss bleiben und beide Prim\u00e4rt\u00f6ne rein auf das Ohr wirken.\u00ab Dass Phasenverschiebung der Prhn\u00e4rt\u00f6ne die Zahl und Qualit\u00e4t der wirklich h\u00f6rbaren Combinationst\u00f6ne ver\u00e4ndere, hat noch niemand behauptet, und es ist nach allen bisherigen Erfahrungen h\u00f6chst unwahrscheinlich. Auch das St\u00e4rkeverh\u00e4ltniss der beiden T\u00f6ne hat, wie ich aus Erfahrung sagen kann, keinen derartigen Einfluss. Nur wenn einer der T\u00f6ne \u00fcberm\u00e4\u00dfig laut ist, pflegen die leisesten und undeutlichsten Combinationserscheinungen unmerklich zu werden. Aber dieselbe Wirkung hat eine maximale Intensit\u00e4t beider Prim\u00e4rt\u00f6ne. Auch ist es bekannt und aus allgemeinen psychologischen wie physiologischen Gr\u00fcnden wohl begreif-tich, dass \u00fcberall ein schwacher akustischer Theilinhalt von gleichzeitig erheblich st\u00e4rkeren leicht unterdr\u00fcckt wird. Eine Aenderung","page":263},{"file":"p0264.txt","language":"de","ocr_de":"264\nFelix Krueger.\nder herausanalysirbaren Tonh\u00f6hen habe ich bei Aenderungen des prim\u00e4ren Verh\u00e4ltnisses nie bemerkt.\nF\u00fcr \u00bbSto\u00dft\u00f6ne\u00ab von h\u00f6herer Schwingungszahl kann die Schwebungstheorie sich nicht mehr auf die Analogie wahrnehmbarer Tonst\u00f6\u00dfe berufen. Da ist sie wiederum ausschlie\u00dflich auf die Form der Gesammtwelle angewiesen; und dem steht eben vor allem die unbezweifelbare Einflusslosigkeit der Phasen\u00e4nderung entgegen. Au\u00dferdem fragt Schaefer (56, 513) mit Recht, welche Theile der Curve denn f\u00fcr den Sto\u00dfton-Impuls sollen in Anspruch genommen werden. Die absolute H\u00f6he und Breite des mittelsten Gipfels wechsle von Fall zu Fall, und das der Differenz der Schwingungszahlen entsprechende \u00bbperiodische Wachsen und Kleinerwerden der einzelnen Gipfel, das freilich \u00e4u\u00dferlich an eine Sinus-curve erinnert\u00ab, ist (wie ich nach meinen Zeichnungen best\u00e4tigen kann) nicht einmal dann regelm\u00e4\u00dfig nachzuweisen, wenn man f\u00fcr die Prim\u00e4rt\u00f6ne gleiche Amplituden und gleiche Anfangsphasen annimmt. Einen Differenzton h\u00f6herer als erster Ordnung irgendwie aus der Curve herauszulesen, ist mir noch nie mit Sicherheit gelungen. Aber seihst wenn man sich zun\u00e4chst auf den 1. Differenzton beschr\u00e4nkt, und die scheinbar einfache Annahme zul\u00e4sst, dass die periodisch wiederkehrenden Maxima der Gesammtcurve einen ihrer Frequenz entsprechenden Ton erzeugten, muss noch willk\u00fcrlich entschieden werden, \u2014 eine Frage, die erst Meyer (48, 39) aufgeworfen hat \u2014, ob man die absoluten oder die positiven Maxima, d. h. die absolut oder die relativ gr\u00f6\u00dften Druckschwankungen z\u00e4hlen soll. In vielen F\u00e4llen ergibt nur die zweite, in anderen nur die erste Methode die gesuchte Schwebungs- und \u00bbTonsto\u00df\u00ab-frequenz.\nSchlie\u00dflich ist noch ein Bedenken beachtenswerth, das Pipping (43, 539) gegen die ganze Theorie vom Toncharakter jeder beliebigen Schwingungsperiodik erhoben hat. Jede Periode von der Schwingungszahl n stellt ja ohne weiteres auch Perioden von den Schwingungszahlen\t-, U. s. w. dar. Es m\u00fcsste also nach jener Theorie\nneben jedem Tone die ganze Reihe seiner harmonischen Untert\u00f6ne h\u00f6rbar sein, was thats\u00e4chlich nirgends der Fall ist (vergl. unten S. 275).\nKoenig hielt die Entstehung der Sto\u00dft\u00f6ne aus Schwebungen f\u00fcr sehr einfach und f\u00fcr vereinbar mit der Resonanzhypothese.","page":264},{"file":"p0265.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Theorie der Combinationst\u00f6ne.\n265\nHelmholtz seihst war anderer Meinung. Gelegentlich der Discussion der Lummer\u2019sehen Versuche wies er auch aus physiologischen Gr\u00fcnden diese Annahme zur\u00fcck. Daf\u00fcr, dass \u00bbein Wechsel starker und schwacher Nervenerregungen als Ton wirke\u00ab, sei \u00bbnicht die geringste Analogie in anderen Nerven zu finden\u00ab.\nb. Voigt\u2019s Versuch einer mathematischen Ableitung der Combinationst\u00f6ne.\nDie Koenig\u2019sche Anschauung, dass jede periodisch zu- und abnehmende Schwingungsbewegung der Luft einen Ton bedinge, hat W. Voigt einer mathematischen Theorie der Combinationserschei-nungen zu Grunde gelegt (31, 652 f.), ohne die Resonatorenhypothese fallen zu lassen, aber mit ausdr\u00fccklicher Zustimmung zu der Theorie der Schwebungst\u00f6ne. Die rein physikalische Betrachtung der Stimmgabelschwingungen, woraus, wie schon erw\u00e4hnt wurde, weder f\u00fcr noch gegen Helmholtz etwas folgt, veranlasste ihn, die St\u00f6rung der Superposition aufzugeben und an der linearen Schwingungsgleichung festzuhalten. Daraus leitete er rechnerisch sowohl Koenig\u2019sche Sto\u00dft\u00f6ne ah (f\u00fcr den Fall, dass die lebendige Kraft des tieferen Prim\u00e4rtones die des h\u00f6heren \u00fcbertrifft), als auch Differenz- und Summationst\u00f6ne (f\u00fcr den Fall ann\u00e4hernd gleicher lebendiger Kr\u00e4fte). Aber die ganze Deduction beruht auf der alten, soeben zur\u00fcckgewiesenen Voraussetzung, dass beliebige periodisch wiederkehrende Maxima der Gesammtcurve einen Ton entstehen lie\u00dfen, womit Voigt, ohne es ausdr\u00fccklich zu bemerken, die Ohm-Helmholtz\u2019sche Zerlegungstheorie aufgiht.\nUebrigens kommt Voigt auch so nur zu einem fragw\u00fcrdigen Begreifen der Combinationst\u00f6ne. Bez\u00fcglich der Summationst\u00f6ne gibt er zu (31, 657): \u00bbSelbst bei den im Obigen gemachten, wie wir sehen werden g\u00fcnstigen Annahmen erscheint ihre Beobachtung, im Falle die prim\u00e4ren T\u00f6ne das Intervall der Quinte, Quarte und Terz besitzen, fast ausgeschlossen, bei gro\u00dfer Sexte und Duodecime sehr fraglich\u00ab.\nWundt, Philos. Studien. XVII.\n18","page":265},{"file":"p0266.txt","language":"de","ocr_de":"266\nFelix Krueger.\nc. Die Theorie der directen Erregbarkeit des H\u00f6rnerven\n(W undt).\nGest\u00fctzt auf die mathematischen Er\u00f6rterungen Voigt\u2019s und auf verschiedene Beobachtungen, schlug Wundt (39, 641; 38, 477 folgende Erweiterung der Helmholtz\u2019schen H\u00f6rtheorie vor. Die Wahrnehmung prim\u00e4rer T\u00f6ne und der leisen Comhinationst\u00f6ne sei nach der urspr\u00fcnglichen Resonatorenhypothese zu erkl\u00e4ren. Aber der vor seiner Endausbreitung unmittelbar von harten, knochigen W\u00e4nden umschlossene H\u00f6rnerv sei auch ohne Vermittelung des 0orti\u2019sehen Organes direct durch Kopfknochenleitung erregbar. So entst\u00e4nden die Koenig\u2019schen St\u00f6\u00dfe und bei gen\u00fcgender Frequenz die Sto\u00dft\u00f6ne durch directe intermittirende Reizung des Nerven. Die gleichzeitige, gesonderte und bestimmte Wahrnehmung einer Tonmehrheit sei auch hier nicht ausgeschlossen : da (38, 477) \u00bbdie Tonempfindung, die eine H\u00f6rnervenfaser vermittelt, nicht nur von der Zahl der sie in der Zeiteinheit treffenden Impulse, sondern auch davon ahh\u00e4ngen wird, oh sie durch einen Ton mehr oder weniger leicht angesprochen werden kann, so wird selbst dann, wenn eine diffuse Tonmasse direct auf den H\u00f6rnerven ein wirkt, bis zu einem gewissen Grade eine Sonderung der Tonempfindungen entstehen k\u00f6nnen, indem jede Faser durch diejenigen Oscillationen vorzugsweise erregbar ist, die in Folge des Zusammenhangs ihrer Endigungen mit bestimmten resonanzgehenden Theilen der Schnecke ihre gew\u00f6hnlichen Erreger sind.\u00ab\nUeber die physiologisch-anatomische Seite dieser Hypothese wage ich auf Grund des bis jetzt vorliegenden Thatsachenmaterials kein bestimmtes Urtheil. Wundt verweist in erster Linie auf die sogenannten centralen Schwebungen, ferner auf die Ewald\u2019schen und seine eigenen (40, 496) Schallversuche an labyrinthlosen Tauben. Indessen sind \u00fcber diese beiden Fragen die Acten noch nicht geschlossen, und Wundt seihst h\u00e4lt weitere Experimente f\u00fcr dringend w\u00fcnschenswerth. Bei der Untersuchung der anscheinend binauralen Schwebungen ist es bekanntlich sehr schwierig, Knochenleitung von einem Ohr zum anderen auszuschlie\u00dfen. Gegen die Versuche, an operirten Thieren den hlo\u00dfgelegten H\u00f6rnerven direct zu reizen, wird immer wieder eingewendet, dass die beobachteten Reactionen der","page":266},{"file":"p0267.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Theorie der Combinationst\u00f6ne.\n267\nThiere auf unvermeidliche Tastreize hin erfolgten (Litteratur bei Meyer 46, 215); sind aber auch, was sich nicht mit Sicherheit bestreiten l\u00e4sst, in einigen Versuchen Ewald\u2019s und Wundt\u2019s die Re-actionen von Schallreizen als solchen ausgel\u00f6st worden, so bleibt naturgem\u00e4\u00df jedes genauere Verh\u00e4ltniss der erschlossenen sensiblen Vorg\u00e4nge zu den Reizen problematisch. Die Schwierigkeit, welche Theile der G-esammtcurve f\u00fcr die in Frage stehenden T\u00f6ne als ma\u00dfgebend gelten sollen, erhebt sich auch gegen die Wundt\u2019sehe Theorie. Z\u00e4hlt man alle Schwingungsmaxima, so ergeben sich, wie Hermann wiederum einwendet, oft zu viele und thats\u00e4chlich nicht vorhandene T\u00f6ne. Sucht man eine sinus\u00e4hnliche Ab- und Zunahme der Gipfel in der Curve, so findet man, abgesehen von der Unbestimmtheit dieser Vorstellungsweise, meist zu wenig T\u00f6ne, nicht einmal in jedem Falle die prim\u00e4ren Sto\u00dft\u00f6ne Koenig\u2019s.\nDer Hauptgrund, weshalb Koenig die Schwebungstheorie theil-weise wiedereinf\u00fchrte, lag f\u00fcr ihn in seiner fundamentalen Unterscheidung zwischen Sto\u00dft\u00f6nen und Differenzt\u00f6nen. Auch Wundt hebt diesen Gegensatz stark hervor; ihm war es vorzugsweise darum zu thun, die Koenig\u2019sehen Beobachtungen physiologisch begreiflich zu machen, einschlie\u00dflich des behaupteten Phaseneinflusses auf die Klangfarbe. Ich konnte nun (vgl. oben S. 237 ff. ; 249) auf Grund vollst\u00e4ndigerer Analysen die Beobachtungen Koenig\u2019s mit den meinigen einfacher zusammenfassen und den Unterschied zwischen Sto\u00dft\u00f6nen und Differenzt\u00f6nen, zwischen multiplen St\u00f6\u00dfen und Differenztonschwebungen, soweit er unmittelbar auf Thatsachen der Wahrnehmung bezogen wurde, aufheben. Als ich Herrn Geh. Rath Wundt hier\u00fcber berichtete, erkannte er mein Ergebniss als eine wichtige Vereinfachung in der Beschreibung der Erscheinungen an. Man darf zweifeln, ob er danach und nach den neuesten negativen Befunden Hermann\u2019s hinsichtlich der Phasenfrage seine physiologische H\u00fclfshypothese zum Verst\u00e4ndniss der sogenannten Sto\u00dft\u00f6ne noch f\u00fcr nothw.endig halten wird.\nIn verschiedenen Zusammenh\u00e4ngen hat Wundt gegen die beinahe mystische Anwendung opponirt, die Helmholtz von dem Princip der specifischen Sinnesenergien f\u00fcr die Physiologie des H\u00f6rens macht. Nach Wundt ist das Entscheidende bei der Tonwahrnehmung nicht eine ein f\u00fcr alle Mal gegebene Pr\u00e4disposition jedes peripheren Ner-\n18*","page":267},{"file":"p0268.txt","language":"de","ocr_de":"268\nFelix Krueger.\nvenelementes, noch weniger sein anatomischer Ort, sondern die Form des Reizungsvorgangs und im Ohre dessen Aufnahme von bestimmten Resonatoren. Jede Nervenendigung hat sich erst allm\u00e4hlich an die ihr besonders h\u00e4ufig zugeleiteten Reize physiologisch angepasst. Die Consequenz ist eine gewisse Breite der Erregbarkeit jeder nerv\u00f6sen Endfaser, wie sie, abgesehen von allgemeinen Gr\u00fcnden der Em-pfindungs- und Entwicklungslehre, durch die Thatsachen des H\u00f6rens gefordert wird. Diese Auffassung des Verh\u00e4ltnisses zwischen Reiz und Nervenprocess bleibt auch dann nothwendig, wenn man die Entstehung aller Combinationserscheinungen oder jede akustische Erregung des H\u00f6rnerven \u00fcberhaupt als durch das Labyrinth vermittelt annimmt.\nDas Resonanzprincip kommt bei Wundt, wie die vorhin citirten S\u00e4tze zeigen, mittelbar auch f\u00fcr die Oomhinationst\u00f6ne zur Geltung, die er durch directe Reizung des Acusticusstammes erkl\u00e4rt.\nDie Koenig\u2019sche Unterscheidung zwischen Sto\u00dft\u00f6nen und Differenzt\u00f6nen und ihre scheinbare mathematische Begr\u00fcndung durch Voigt ist in zahlreiche neuere Darstellungen unseres Gegenstandes ohne Kritik \u00fchergegangen, so z. B. in die werthvolle Akustik von Melde in Winckelmann\u2019s Handbuch der Physik. Selbst Hermann, der auf die Inconsequenz der Voigt\u2019schen Theorie zuerst hingewiesen hat, misst in demselben Zusammenh\u00e4nge der fraglichen Unterscheidung eine gro\u00dfe theoretische Bedeutung bei (35, 500).\nd. Hermann\u2019s Thorie des phasenwechselnden Mitteltones.\nHermann verwirft vorz\u00fcglich auf Grund der Intensit\u00e4tsverh\u00e4ltnisse die Helmholtz\u2019sehe Erkl\u00e4rung der subjectiven Differenzt\u00f6ne. Er findet eine L\u00f6sung dieser und anderer Schwierigkeiten in folgender, experimentell gest\u00fctzter Ueberlegung (36, 485 f.). Die comhinirte Curve, die der Interferenz zweier einfacher T\u00f6ne n und n' von gleicher Amplitude entspricht, zeigt in gleichen Zeitr\u00e4umen Durchg\u00e4nge durch die Gleichgewichtslage und stellt eine ann\u00e4hernde Sinus-\nn +\ncurve dar f\u00fcr die Schwingungszahl\n-, gleich dem arithmetischen\nMittel der beiden prim\u00e4ren Schwingungszahlen (vgl. schon Koenig\u2019s","page":268},{"file":"p0269.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Theorie der Combinationst\u00f6ne.\n269\n\u00bbson moyen\u00ab 25, 143). Dieser Mittelton kann seinerseits nicht leicht zur Wahrnehmung gelangen, vor allem deshalb, weil er an der Grenze je zweier Perioden seine Phase wechselt. Hier treffen regelm\u00e4\u00dfig zwei Th\u00e4ler zusammen, die Mitteltoncurve wiederholt sich in genau symmetrischer Weise, aber mit entgegengesetzter Folge von Berg und Thal, und der auf den Mittelton abgestimmte Resonator w\u00fcrde in jeder Periode mit entgegengesetzter Phase erregt werden; wobei zu beachten ist, dass zwischen zwei Phasenumkehrungen relativ sehr wenige Schwingungen des Mitteltons erfolgen, namentlich bei weiterem Abstande der Prim\u00e4rt\u00f6ne (beim Ganzton 8'/\u201e bei der gro\u00dfen Terz 4'/,,\nI\nder Quinte 2'/t, der Octave l1/,; allgemein 2 (\u00ab\u00bb \u201e^Schwingungen).\nEinige musikalische Mitarbeiter Hermann\u2019s haben trotzdem \u00bbin vielen F\u00e4llen\u00ab einen Ton von der erwarteten, ihnen zuvor meistens unbekannt gewesenen Schwingungszahl zu h\u00f6ren angegeben; Hermann seihst glaubte nur in einigen wenigen F\u00e4llen ihn zu h\u00f6ren. Durch Resonatoren wurde er nicht verst\u00e4rkt. In der Regel wird aus den angef\u00fchrten Gr\u00fcnden der Mittelton seinen Resonator im Labyrinth nicht hinreichend erregen, um selbst zur Empfindung zu kommen. Aber er ist \u2014 nach Hermann \u2014 nicht v\u00f6llig wirkungslos. Durch seinen periodischen Phasenwechsel und das gleichzeitige Auf- und Niederschwanken seiner Amplitude werde vielmehr ein tieferer, auf diese Periodicit\u00e4t abgestimmter Resonator erregt. Jeder Resonator wirke auf seine Acusticusfaser nicht direct, sondern durch Vermittelung einer Nervenzelle, und jede dieser \u00bbZ\u00e4hlzellen\u00ab sei mit allen Resonatoren functionell verbunden.\nAn der Zahnradsirene stellte Hermann durch verschiedene Anordnung der Z\u00e4hne fest, 1) dass ein Ton noch geh\u00f6rt werden kann, wenn regelm\u00e4\u00dfig nach etlichen Schwingungen (bis zu 4 im Minimum) seine Phase sich umkehrt; und 2), dass dabei, \u00e4hnlich wie hei periodischen Intermittenzen, ein Ton entstehen kann, dessen Schwingungszahl gleich der Zahl der Phasenumkehrungen ist. Demnach erkl\u00e4rt Hermann jeden Differenzton durch den regelm\u00e4\u00dfigen Amplituden- und Phasenwechsel des Mitteltons derjenigen Prim\u00e4rt\u00f6ne, als deren einfache Differenz der Differenzton aufzufassen ist. \u00bbDer Tartini\u2019sche Ton ist der Intermittenzton des Mitteltones.\u00bb\nDas Resultat der Hermann\u2019schen Sirenenversuche fand Meyer","page":269},{"file":"p0270.txt","language":"de","ocr_de":"270\nFelix Krueger.\n(46, 199) in allem Wesentlichen best\u00e4tigt, als er an derselben Zahnradsirene die Versuche wiederholte, als er ferner durch eine Lochsirene mit entsprechend angeordneten, gleich gro\u00dfen L\u00f6chern phasenwechselnde T\u00f6ne erzeugte, und ebenso bei langsamer Rotation einer L\u00f6cherscheibe, durch die eines continuirhchen Pfeifentones Phase und Amplitude periodisch ge\u00e4ndert wurde. Aber Meyer macht auf den wichtigen Umstand aufmerksam, dass im ersten Palle die Gr\u00f6\u00dfe der Luftst\u00f6\u00dfe jeweils dieselbe blieb, und dass auch bei der zweiten Methode, langsame Rotation der Scheibe vorausgesetzt, die mittleren Schwingungen jeder Periode gleiche Amphtude besa\u00dfen, w\u00e4hrend erst nahe an den Stellen des Phasenwechsels die Amphtude abnahm. Auch die phasenwechselnden T\u00f6ne, die Hermann durch die Zahnradsirene erhielt, waren von gleich bleibender Amphtude Der Mittelton seiner Theorie m\u00fcsste dagegen von der Mitte bis zu den Grenzen jeder Periode stetig zwischen einem Maximum der Amphtude und Null schwanken. Bei schnellerer Umdrehung der Scheibe n\u00e4hert sich das zweite Meyer\u2019sche Verfahren mehr und mehr diesen Bedingungen. Dann aber treten die beiden Variationst\u00f6ne immer mehr gegen den phasenwechselnden Ton hervor und bleiben schlie\u00dfhch allein \u00fcbrig, w\u00e4hrend dieser verschwindet. Schon vor Meyer hat Pipping (43, 524; oben S. 261; cfr. dazu Hermann, Pfl\u00fcg. Arch. Bd. 61, S. 198, 1895) mit einer von der Hermann\u2019schen etwas abweichenden Zahnradsirene phasenwechselnde Schwingungen hergestellt: er h\u00f6rte unter anderen die beiden Variationst\u00f6ne, aber nicht mit Sicherheit den phasenwechselnden Ton. Hermann kann zwar gegen\u00fcber den zuletzt erw\u00e4hnten Meyer\u2019sehen Versuchen sich darauf berufen, dass mit zunehmender Rotationsgeschwindigkeit der L\u00f6cherscheibe immer weniger Schwingungen des phasenwechselnden Tones auf eine Periode kommen; die Beobachtungen m\u00fcssten in dieser Richtung noch fortgesetzt werden. Indessen bleibt es ein schwerwiegender Einwand gegen die Mitteltontheorie, dass die Existenz des phasenwechselnden Tones um so unsicherer wird, je genauer die experimentellen Bedingungen mit denen der Theorie \u00fcbereinstimmen.\nWas die Wahrnehmung des Mitteltons selbst angeht, so weist Meyer (46, 197) daraufhin, dass Octavenverwechselungen mit Obert\u00f6nen dabei sehr nahe liegen. Von anderen Akustikern sind niemals","page":270},{"file":"p0271.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Theorie der Combinationst\u00f6ne.\n271\nBeobachtungen mitgetheilt -werden, die die Annahme eines wahrnehmbaren Mitteltones nothwendig machten. Der von Stumpf zuerst beschriebene, von mir genauer untersuchte Zwischenton findet sich nur hei engen Intervallen, h\u00f6chstens bis zur kleinen Terz. Er wird von Stumpf v\u00f6llig zureichend nach der reinen Zerlegungstheorie und Reso-nanzhypothese erkl\u00e4rt (32, 484; cf. die folgenden Seiten 272 ff.). Diese Erkl\u00e4rung st\u00fctzt sich auf die wohlbegr\u00fcndete Annahme, dass jeder einfache physikalische Ton eine ganze Anzahl benachbarter Nerven-elemente erregt (wobei man den Begriff der Nachbarschaft sich beliebig ins Eunctionelle umdenken kann), und dass die beiden Erregungszonen der prim\u00e4ren T\u00f6ne theilweise \u00fcbereinander greifen; die mehr oder weniger sinus\u00e4hnliche Mitteltoncurve kommt dabei als solche gar nicht in Betracht.\nDie theoretische Deduction Hermann\u2019s geht von dem Ausnahmefalle gleicher Amplituden der Prim\u00e4rt\u00f6ne aus. In allen anderen F\u00e4llen weicht, wie Hermann seihst hervorhebt, die Schwingungszahl des Mitteltones vom arithmetischen Mittel der prim\u00e4ren Schwingungszahlen ah, und was bedenklicher ist: die Gipfel seiner Welle fallen dann nicht mehr in die Mitte zwischen zwei Durchg\u00e4ngen durch die Gleichgewichtslage, die Curve entfernt sich mehr und mehr von der Sinusform. Hermann deutet zwar an (36, 497), bei den von Helmholtz vorausgesetzten Resonatoren des inneren Ohres brauche man nicht nothwendig nur an mechanische Elasticit\u00e4t zu denken; er erinnert an den wellenf\u00f6rmigen Ablauf der Nervenerregung und an die elektrischen Vorg\u00e4nge, die den Gesetzen der linearen Elasticit\u00e4t analog verlaufen; er denkt an complement\u00e4re Schwankungen um einen nerv\u00f6sen Gleichgewichtszustand, an einen periodischen Wechsel zwischen einem Spaltungs- und einem synthetischen Restitutions-process (Dissimilation und Assimilation nach Hering). Auch mir ist es wegen der Kleinheit der in Frage kommenden anatomischen Gebilde h\u00f6chst wahrscheinlich, dass die Resonatorenhypothese, falls sie alle \u00fcbrigen Angriffe \u00fcberleben wird, in diesem Sinne \u00fcber die rein mechanische Auffassung hinaus entwickelt werden muss. Allein an der Zerlegung der combinirten Schwingungen genau nach dem Ohm\u2019schen Principe muss so lange wie m\u00f6glich festgehalten werden. Denkt man sich den einer einfachen Tonempfindung entsprechenden physiologischen Vorgang auch durch solche Schwingungen ausgel\u00f6st,","page":271},{"file":"p0272.txt","language":"de","ocr_de":"272\nFelix Krueger.\ndie erheblich von der Pendelform abweichen, so gibt man das Wesentliche der Helmholtz\u2019schen H\u00f6rtheorie auf und damit das Yerst\u00e4ndniss zahlreicher Grundthat,Sachen der Klangwahrnehmung.\ne. Ebbinghaus\u2019 Erweiterung der Resonatorenhypothese.\nZwischenton; Untert\u00f6ne.\nDer bis jetzt vorliegende Theil der Psychologie von Ebbinghaus (52) bricht leider gerade in der Darstellung seiner Theorie des H\u00f6rens ab, von der nur die Grundlinien bisher gegeben sind. Ebbinghaus h\u00e4lt im allgemeinen an der Helmholtz\u2019schen Resonatorenhypothese fest, findet aber Schwierigkeiten 1) darin, dass man beim verstimmten Einklang Schwebungen auch dann noch wahrnehme, wenn die beiden T\u00f6ne schon zu weit von einander entfernt seien, um einen Zwischenton zu erzeugen; 2) in der oben besprochenen Helmholtz\u2019schen Erkl\u00e4rung der subjectiven Differenzt\u00f6ne (wegen der Intensit\u00e4tsverh\u00e4ltnisse und, weil die Entstehung der Differenzt\u00f6ne dort nicht aus demselben Princip abgeleitet und nicht an denselben anatomischen Ort verlegt werde wie die der Schwebungen); 3) in der Thatsache der Unterbrechungst\u00f6ne.\nDer letzte Einwand ist, wie wir fr\u00fcher sahen, nicht zwingend; auch hat Ebbinghaus selbst vorl\u00e4ufig nur im allgemeinen die Tonunterbrechungen mit den Schwebungen in Parallele gesetzt.\nWas den ersten Punkt angeht, die schnelleren Schwebungen, so ist zun\u00e4chst zur Sache zu constatiren, dass die bisher vorliegenden sp\u00e4rlichen Angaben \u00fcber den Zwischenton, selbst die ausf\u00fchrlichsten von Stumpf, den Thatbestand nicht ganz ersch\u00f6pfen. Ich habe zahlreiche Versuche dieser Frage besonders gewidmet und das Wesentliche, sicher Festgestellte seinerzeit mitgetheilt (59, 323 ; 347 ; 365 1). Danach ist in allen drei von mir untersuchten Tonlagen ein Zwischenton noch bei erheblich weiteren Intervallen zu vernehmen, als bis zu einer Schwingungsdifferenz der Prim\u00e4rt\u00f6ne um einen Halbton (Stumpf, Ebbinghaus). Bei den engsten Intervallen, bis etwa 8 Schwingungen Distanz, h\u00f6rt man nur den Zwischenton (dem Grundton n\u00e4her liegend). Weiterhin tritt zun\u00e4chst der h\u00f6here, dann auch der tiefere Prim\u00e4rton neben ihm hervor. Aber bis etwa zur kleinen Secunde dominirt der Zwischenton. Er tritt im weiteren","page":272},{"file":"p0273.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Theorie der Combinationst\u00f6ne.\n273\nmehr und mehr hinter die Prim\u00e4rt\u00f6ne zur\u00fcck, wird leiser und undeutlicher, auch in seiner relativen Lage zu den prim\u00e4ren T\u00f6nen unbestimmter, ist aber stets bis jenseits der gro\u00dfen Secunde sicher nachzuweisen. Er verschwindet definitiv erst ganz nahe unterhalb der kleinen Terz. Auch die Schwebungen werden mit zunehmender Zahl, also mit zunehmender Erweiterung des Klanges immer leiser und undeutlicher. Die Grenze des Zwischentones liegt in der eingestrichenen Octave etwa bei 256 -)- 304, in der zweigestrichenen bei 512 + 612, in der dreigestrichenen Octave bei 1024 + 1216; die entsprechenden Grenzen der Primenschwebungen: ca. bei + 308, + 608, -ff 1200. Zwischen der kleinen und gro\u00dfen Secunde \u00fcberwiegen die beiden prim\u00e4ren T\u00f6ne mehr und mein-, so-dass man den auch in seinem Charakter unklaren, verschwommenen Zwischenton leicht \u00fcberh\u00f6rt und die Schwebungen dann ausschlie\u00dflich den benachbarten deutlich wahrgenommenen Theilt\u00f6nen zuschreibt. Ge\u00fcbte Beobachter sagen an der Grenze des Zwischentongebietes nicht selten aus, ein Zwischenton sei als Ton nicht sicher zu behaupten, aber die Schwebungen l\u00e4gen doch vorzugsweise zwischen den beiden Prim\u00e4rt\u00f6nen.\nDas alles erkl\u00e4rt sich aufs beste aus der von Stumpf in engem Anschluss an die Helmholtz\u2019schen Anschauungen entwickelten physiologischen Theorie des Zwischentons. Jeder Ton erregt nicht eine isolirte Faser der Basilarmembran, sondern mit abnehmender St\u00e4rke auch eine gewisse Anzahl der zu beiden Seiten benachbarten. Die Breite dieser Erregungszonen konnte bis jetzt (auch von Helmholtz) nur vermuthungsweise abgesch\u00e4tzt werden. Durch psychologische Beobachtung ist sie deshalb nicht exact zu begrenzen, weil den schw\u00e4chsten physiologischen Erregungen keine Empfindungen mehr entsprechen, und weil ferner, wie die physikalische Erfahrung und die akustische Beobachtung lehren, alle von einer einfachen Tonwelle getroffenen Fasern im Rhythmus dieser Welle, der, wie wir annehmen, der mittelsten Faser am ad\u00e4quatesten ist, mitschwingen. Beim ganz wenig verstimmten Einklang ist die von beiden T\u00f6nen gemeinsam erregte Zone breiter und st\u00e4rker afficirt, als die von einem der Prim\u00e4rt\u00f6ne allein getroffenen. Bei weiterer Entfernung der Prim\u00e4rt\u00f6ne, also auch ihrer Erregungs-centra, wird die gemeinsame Erregungszone immer schm\u00e4ler, und die Intensit\u00e4t ihrer Erregung immer geringer. Es muss bald eine Grenze","page":273},{"file":"p0274.txt","language":"de","ocr_de":"274\nFelix Krueger.\nerreicht werden, wo jeder der beiden Prim\u00e4rt\u00f6ne f\u00fcr sich st\u00e4rker zur Geltung kommt, als der Zwischenton. (Der tiefere Prim\u00e4rton tritt deshalb sp\u00e4ter deutlich f\u00fcr sich hervor, weil dicht unter ihm die hohen Differenzt\u00f6ne entstehen). Es muss weiterhin eine Grenze geben, wo die beiden Prim\u00e4rt\u00f6ne zwar noch eine schmale Zone gemeinsam erregen, aber nur mehr so schwach, dass der Zwischenton zun\u00e4chst in seiner Qualit\u00e4t unbestimmt wird und schlie\u00dflich f\u00fcr die Empfindung verschwindet. Ich hebe noch hervor, dass sicherlich jenseits der kleinen Secunde die St\u00e4rke und Deutlichkeit des Zwischentones rascher ahnimmt, als die der Schwebungen. Aber es ist ja bekannt, dass man oft leise Schwebungen noch wahrnimmt, w\u00e4hrend die schwebenden T\u00f6ne bereits theilweise oder ganz unmerklich sind. Dazu kommt, was bisher niemand beachtet zu haben scheint, dass hei der verstimmten Prime unterhalb des Grundtons sofort die hohen Differenzt\u00f6ne Di; D3, Bi bis Dx hervortreten, die mit einander und dem Grundtone s\u00e4mmtlich paarweise die gleichen Schwebungen ausf\u00fchren, wodurch deren St\u00e4rke und Deutlichkeit nat\u00fcrlich gesteigert ist, w\u00e4hrend die der Theilt\u00f6ne schon durch ihre Mehrheit, die Deutlichkeit jedes einzelnen auch durch die Nachbarschaft der anderen vermindert wird.\nAm schwersten wiegt unter den von Ebbinghaus gegen Helmholtz erhobenen Einw\u00e4nden offenbar der (oben bereits als berechtigt anerkannte) Widerspruch gegen Helmholtzens Erkl\u00e4rung der sub-jectiven Differenzt\u00f6ne : sie m\u00fcssten danach viel leiser sein und d\u00fcrften nur hei viel st\u00e4rkeren Prim\u00e4rt\u00f6nen auftreten, als der Fall ist.\nEbbinghaus fordert zun\u00e4chst, wie Wundt, eine Erweiterung des Princips der specifischen Energien. Er lehrt ferner: nicht nur, dass jeder Resonator, in abnehmendem Ma\u00dfe, auch auf die seiner Eigenschwingung nahekommenden Schwingungsrhythmen anspricht; jeder Resonator schwingt \u2014 und hierin liegt der Kern der Theorie \u2014 auch dann, unter Bildung von Knotenpunkten, mit, wenn solche Tonwellen ihn treffen, deren Schwingungszahl ein ganzes Vielfaches seiner Eigenperiode betr\u00e4gt; und die zugeh\u00f6rigen Ncrvenelemente reagiren auch auf diese Rhythmik als auf eine Tonerregung. Umgekehrt also: jede einfache Tonwelle erregt au\u00dfer dem auf sie als Grundton abgestimmten Resonator auch, in abnehmendem Ma\u00dfe und bis zu einer gewissen Grenze, die Resonatoren der harmonischen Untert\u00f6ne (*/,, Y3, Y4 u- s' f- der Schwingungszahl des objectiven Tones).","page":274},{"file":"p0275.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Theorie der Combinationst\u00f6ne.\n275\nHelmholtz hat in der XI. Beilage seiner Tonlehre (21, 650) die theoretische M\u00f6glichkeit angedeutet, dass eine Querfaser der Ba-silarmemhran unter Bildung von Knotenpunkten und mit rasch viel kleiner werdender Amplitude auch auf die multiplen T\u00f6ne mitschwinge. Br verweist dahei ausdr\u00fccklich auf die Riemann\u2019sche Theorie der Untert\u00f6ne, betont jedoch zugleich, dass beim Erklingen eines Tones seine harmonischen Untert\u00f6ne thats\u00e4chlich nicht wahrzunehmen sind, und erkl\u00e4rt das durch die geringe Amplitude dieser Schwingungen, sowie vor allem durch die starke D\u00e4mpfung der Resonatoren, wodurch die Bildung von Knotenlinien sehr erschwert werde. Die Riemannsche Theorie ist sp\u00e4ter von Stumpf (32, 264) unter Widerlegung der von Riemann angef\u00fchrten physikalischen Analogien zur\u00fcckgewiesen worden. Aus meinen Versuchen ergibt sich mit Sicherheit, dass die harmonischen Untert\u00f6ne f\u00fcr die Empfindung nicht existiren; sonst h\u00e4tten sie hei den eindringlichen Analysen und der gro\u00dfen Ge\u00fcbtheit der Beobachter unzweideutig m\u00fcssen festgestellt werden. Statt dessen traten die der Untertonreihe eines der Prim\u00e4rt\u00f6ne an-geh\u00f6rigen T\u00f6ne nie anders als im Zusammenklange auf und nur in den Ausnahmef\u00e4llen, wo Differenzt\u00f6ne mit ihrem theoretischen Werthe zusammenfielen. Die von Stumpf gelegentlich zweifelnd ge\u00e4u\u00dferte M\u00f6glichkeit (32, 218), es k\u00f6nnten die entsprechenden Nervenerregungen unmerklich vorhanden sein, ist vorl\u00e4ufig nicht v\u00f6llig zu widerlegen; aber sie wird unter anderem dadurch sehr unwahrscheinlich, dass in diesem Falle wenigstens Schwebungen eines benachbarten Differenztones h\u00e4ufig auch da zu erwarten w\u00e4ren, wo nach meinen Untersuchungen keine Spur davon zu h\u00f6ren ist (Untert\u00f6ne des h\u00f6heren Prim\u00e4rtones!).\nIch w\u00fcrde die Untertontheorie v\u00f6llig \u00fcbergangen haben, h\u00e4tte nicht Meyer in einer Kritik der Ebbinghaus\u2019schen Hypothese (47, 13; 48, 37) sie auch in diesem Sinne verstanden, und Ebbinghaus in seiner Replik (53, 152) das unwidersprochen gelassen. Wollte man mit Riemann die Differenzt\u00f6ne unmittelbar als Unter-t\u00f6ne der Prim\u00e4rt\u00f6ne auffassen, so gew\u00e4nne man dadurch allenfalls eine Erkl\u00e4rung einiger Differenzt\u00f6ne von consonanten Intervallen (zusammenfallende und dadurch verst\u00e4rkte Untert\u00f6ne beider Prim\u00e4r-^\u00f6ne), um so r\u00e4thselhafter blieben alle die Differenzt\u00f6ne, d. h. die","page":275},{"file":"p0276.txt","language":"de","ocr_de":"276\nFelix Krueger.\ngro\u00dfe Mehrzahl der thats\u00e4chlich vorhandenen, die in keiner Weise als Untert\u00f6ne zu berechnen sind.\nHinsichtlich der Resonatoren erkl\u00e4rt jedoch Ebbinghaus ausdr\u00fccklich (52, 320), was ja allein den physikalischen Erfahrungen \u00fcber Resonanz elastischer K\u00f6rper auf einen anderen als ihren Eigenton entspricht, die Untertonresonatoren f\u00fchrten s\u00e4mmtlich nichts anderes als die erregende (zu ihrer Eigenperiode multiple) Schwingung aus. Meyer hat hiergegen eingewendet, die Thatsache der Tonl\u00fccken w\u00fcrde dadurch unverst\u00e4ndlich, denn f\u00fcr einen zerst\u00f6rten Resonator oder eine au\u00dfer Function gesetzte Nervenzelle m\u00fcsste dann jederzeit eine ganze Anzahl weit ahliegender Untertonresonatoren mit ihren Adnexen eintreten. Dem gegen\u00fcber weist Ebbinghaus mit Recht darauf hin, dass fast ohne Ausnahme hei den solcher Art Erkrankten die allgemeine H\u00f6rf\u00e4higkeit stark herabgesetzt ist, es k\u00f6nne sehr wohl die relativ schwache Erregung der Untertonresonatoren in diesem Falle unverm\u00f6gend sein, f\u00fcr sich allein den erregenden Ton zur Empfindung zu bringen.\nAber was wird durch die Annahme von Ebbinghaus theoretisch gewonnen? Bei allen verstimmten Consonanzen kann man benachbarte Untert\u00f6ne, also auch benachbarte Untertonresonatoren herausrechnen. Lie\u00dfen sich von hier aus vielleicht die Schwebungen der \u00fcber die Secunde hinausreichenden Dissonanzen erkl\u00e4ren? Ebbinghaus hat zwar die Helmholtz\u2019sche Anschauung fallen gelassen, wonach Schwebungen \u00fcberall nur durch das Zusammenwirken nahe benachbarter T\u00f6ne entstehen. Er leitet die Schwebungen mit Koenig unmittelbar aus der Form der combinirten Welle ah. Diese Ableitung w\u00fcrde, wie mir scheint, die hier in Frage stehende Annahme unn\u00f6thig machen, sie ist aber noch niemandem einwandfrei gelungen und von mir durch Thatsachen (Tonlage der Schwebungen u. a.) weiter erschwert worden. Dagegen k\u00f6nnte man versuchen, nach der Ebbinghaus\u2019schen Theorie alle Schwebungen aus dem einfachen Princip von Helmholtz zu begreifen. Dasselbe Princip habe ich \u00fcberall best\u00e4tigt gefunden, wo es \u00fcberhaupt Schwebungen gab, aber in anderer Weise. Ich konnte ja, wie erw\u00e4hnt, in jedem Falle zwei oder mehr einander oder dem Grundton benachbarte Differenzt\u00f6ne und die Schwebungen als ausschlie\u00dflich ihnen zugeh\u00f6rig nachweisen. Diese Differenzt\u00f6ne weichen mit zunehmender Verstimmung der","page":276},{"file":"p0277.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Theorie der Combinationst\u00f6ne.\n277\nOonsonanzen immer weiter von den benachbarten Untert\u00f6nen ab, die nur bei den reinen Oonsonanzen mit ihnen, wie mit einander, zusammenfallen. Die Untertonresonatoren sollen im Rhythmus des erregenden Multiplum schwingen; aber sie k\u00f6nnten vielleicht eine der Schwingungsdifferenz ihrer Eigent\u00f6ne entsprechende Anzahl Schwebungen mit einander bilden. Unter dieser Voraussetzung erh\u00e4lt man f\u00fcr die sogenannten multiplen Schwebungen, der Octave, Duodecime, Doppel-octave, die richtigen Frequenzzahlen, die sich auch aus meiner Theorie der schwebenden Differenzt\u00f6ne ergeben. F\u00fcr alle \u00fcbrigen Schwebungsarten dagegen ergibt die Rechnung erheblich zu kleine Schwebungsfrequenzen. Die um drei Schwingungen verstimmte Quinte zum Beispiel, 200 + 303, l\u00e4sst zweifellos sechs Schwebungen h\u00f6ren, die ich auf Grund der Beobachtung st\u00e4rker verstimmter Quinten und in Analogie zu allen \u00fcbrigen Erfahrungen auf die um je sechs Schwingungen von einander entfernten Differenzt\u00f6ne Dl} und Dt zur\u00fcckf\u00fchre. Die hier vorausgesetzte Theorie der schwebenden Untertonresonatoren k\u00f6nnte nur auf die Untert\u00f6ne 100 und 101 recurriren, wonach bei jenem Intervall nur eine Schwebung, bei jeder beliebigen Verstimmung eine 6fach zu kleine Schwebungszahl zu erwarten w\u00e4re. Bei der Quarte wird die nach n\u00e4chstbenachbarten Untert\u00f6nen berechnete Zahl von der Wirklichkeit regelm\u00e4\u00dfig um das 12fache, bei der gro\u00dfen Terz um das 20fache, bei der kleinen Sexte um das 40fache \u00fcbertroffen u. s. w. Sie ist den Thatsachen gem\u00e4\u00df bei allen Dissonanzen mit dem Producte aus den Verh\u00e4ltnisszahlen der n\u00e4chstgelegenen Oonsonanz zu multipliciren ; bei der verstimmten kleinen Terz mit 5 X 6 \u2014 30, bei der gro\u00dfen Sexte mit 3 X 5 = 15 u. s. f.\nDer Versuch, aus solchen Untertonschwebungen Combinationst\u00f6ne entstanden zu denken, w\u00e4re zwecklos; denn man k\u00e4me dabei durchweg auf T\u00f6ne, die thats\u00e4chlich nicht vorhanden sind, und die wirklich entstehenden DifEerenzt\u00f6ne blieben unerkl\u00e4rt.\nMacht man f\u00fcr die Schwebungen der Untertonresonatoren die andere, n\u00e4her liegende Annahme, dass ihre Zahl der Schwingungsdifferenz der erregenden T\u00f6ne entspreche, so ergibt sich h\u00f6chstens eine Verdoppelung des Problems und des Erkl\u00e4rungsprincipes. Wo Schwebungen von einer der Schwingungsdifferenz der Prim\u00e4rt\u00f6ne entsprechenden Geschwindigkeit wirklich vorhanden sind, erkl\u00e4ren sie sich zwanglos aus der Interferenz der prim\u00e4ren T\u00f6ne.","page":277},{"file":"p0278.txt","language":"de","ocr_de":"278\nFelix Krueger.\nIn seiner Beschreibung des rein Thats\u00e4chlichen schlie\u00dft sich Ebbinghaus f\u00fcr die Schwebungen wie f\u00fcr die Differenzt\u00f6ne naturgem\u00e4\u00df (1897) an die Beobachtungen Koenig\u2019s an. Er erkl\u00e4rt daher diejenigen Differenzt\u00f6ne, die thats\u00e4chlich die sogenannten multiplen Schwebungen bedingen, und allgemein die mit Koenig\u2019s Sto\u00dft\u00f6nen nicht zusammenfallenden Differenzt\u00f6ne f\u00fcr unerwiesen. Auf diese oben ausf\u00fchrlich widerlegten Annahmen brauchen wir nicht mehr einzugehen.\nGesetzt es gel\u00e4nge, alle Arten Schwebungen ohne Ber\u00fccksichtigung der Differenzt\u00f6ne zu erkl\u00e4ren, so w\u00e4re die Theorie der Com-binationserscheinungen noch keineswegs vollendet. Die \u00bbEntstehung der Differenzt\u00f6ne aus Schwebungen\u00ab wird durch Hinweis auf die Unterhrechungst\u00f6ne nicht erkl\u00e4rt. Man kann ja ohne Zweifel jeden beliebigen Differenzton durch Ver\u00e4nderung des prim\u00e4ren Klanges so lange vertiefen, bis zun\u00e4chst neben ihm, dann statt seiner die dem theoretischen Werthe des Differenztones gleiche Zahl Schwebungen (an einem h\u00f6heren Theile des Klanges) hervortritt. Aber diese zeitliche und numerische Uebereinstimmung beweist keinen directen Causalzusammenhang der Differenzt\u00f6ne mit den Schwebungen, sondern weist nur auf gesetzm\u00e4\u00dfig zusammenh\u00e4ngende Entstehungsbedingungen beider Erscheinungsreihen hin. Die Primenschwehungen erkl\u00e4ren sich zureichend aus der Helmholtz\u2019schen Theorie, und alle \u00fcbrigen Schwebungsarten lassen sich auf eine in dem Klange enthaltene verstimmte Prime zur\u00fcckf\u00fchren. Bes\u00e4\u00dfen wir eine befriedigende Theorie der Entstehung von Combinationst\u00f6nen, so w\u00fcrden damit zugleich alle Schwebungen als nothwendig begriffen. Eine solche Theorie m\u00fcsste wom\u00f6glich, wie es immer Helmholtzens Tendenz war, die Summationst\u00f6ne mit den Differenzt\u00f6nen zugleich umfassen.\n3. Die Summationst\u00f6ne und die suhjectiven Obert\u00f6ne.\nDie von Koenig wieder eingef\u00fchrte Lagrange-Young\u2019sche Theorie der Schwehungst\u00f6ne weist Helmholtz besonders auch aus dem Grunde zur\u00fcck, weil sie \u00fcber die Entstehung der Summationst\u00f6ne keinen Aufschluss gibt. Diese fr\u00fcher unbekannten T\u00f6ne waren f\u00fcr ihn ein wesentlicher Grund, jene alte Theorie durch zwei neue","page":278},{"file":"p0279.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Theorie der Combinationst\u00f6ne.\n279\nzu ersetzen, von denen die eine alle objectiven, die andere alle subjektiven Combinationst\u00f6ne erkl\u00e4ren soll. Seine Ableitung der sub-jectiven Combinationst\u00f6ne stimmte noch darin mit den Thatsachen \u00fcberein, dass sie f\u00fcr die Summationst\u00f6ne erheblich geringere Amplituden ergab, als f\u00fcr die Differenzt\u00f6ne. Aber sie scheitert, wie wir sahen, an den Intensit\u00e4tsverh\u00e4ltnissen der Differenzt\u00f6ne.\nDie Anh\u00e4nger der Schwebungstheorie haben verschiedentlich versucht, die Existenz besonderer Summationst\u00f6ne aus der Welt zu schaffen, indem sie mit Heranziehung von Obert\u00f6nen sie als Differenzt\u00f6ne erkl\u00e4rten; aber, wie auch Ebbinghaus (52, 309) zugibt, ohne \u00fcberzeugenden Erfolg. Um einen Summationston als Differenz der Schwingungszahlen zweier Obert\u00f6ne herauszurechnen, muss man im allgemeinen sehr hohe Obert\u00f6ne in Anspruch nehmen; bei Zweikl\u00e4ngen, deren prim\u00e4re Verh\u00e4ltnisszahlen sich um eine Einheit unterscheiden, muss man diese beiden mit der Verh\u00e4ltnisszahl des Summationstones multipliciren; z. B. bei der Quinte 2:3 [Su. 5] ist 5x3 \u2014 5X2 = 5, bei der gro\u00dfen Secunde [Su. 8 + 9 = 17] 17 X 9 \u2014 17 X 8 = 17. Trotzdem diese Ableitung bei der gro\u00dfen Mehrzahl der an meinen Stimmgabeln sicher nachgewiesenen Summationst\u00f6ne geradezu phantastisch ist, pr\u00fcfte ich sie in der fr\u00fcher beschriebenen Weise bei mehreren Intervallen, wo ausnahmsweise tiefer liegende Obert\u00f6ne in Betracht kommen k\u00f6nnten. Die Beseitigung eines der fraglichen Obert\u00f6ne durch Interferenz bewirkte niemals auch nur eine Abschw\u00e4chung des Summationstones. H\u00fccker und Eds er untersuchten die gleiche Frage f\u00fcr die von ihnen festgestellten objectiven Summationst\u00f6ne bei Sirenenkl\u00e4ngen (42, Y), indem sie den Hesonanzapparat auf die in Betracht kommenden Obert\u00f6ne selbst und auf tiefer gelegene Obert\u00f6ne einstellten: mit dem gleichen negativen Erfolge. Sie hoben mit Hecht hervor, dass nach jener Theorie stets eine gro\u00dfe Anzahl Differenzt\u00f6ne von Obert\u00f6nen zu erwarten w\u00e4ren. Ihr empfindlicher Apparat reagirte indessen regelm\u00e4\u00dfig nur auf den 1- Differenzton und den Summationston der Prim\u00e4rt\u00f6ne.\nMehrere Akustiker sind geneigt, nach dem Vorg\u00e4nge Eo eher\u2019s (1856. Historisches bei Stumpf 32, 254; vergl. noch Preyer, ^6 und 27), den Summationston in anderer Weise ahzuleiten, n\u00e4mlich als Differenzton 2. Ordnung aus dem Zusammenwirken des A nuit dem ersten Oberton des h\u00f6heren Prim\u00e4rtones, \u20142 n' \u2014","page":279},{"file":"p0280.txt","language":"de","ocr_de":"280\nFelix Krueger.\n[n' \u2014 n). Leider vers\u00e4umte ich seinerzeit, auch auf diese n\u00e4herliegende Hypothese die Interferenzprohe zu machen. Sie ist Inhaber nach den zahlreichen \u00fcbereinstimmenden Erfahrungen \u00fcber die Unwirksamkeit der Obert\u00f6ne bei meinen Stimmgabel versuchen, nach Interferenzversuchen Meyer\u2019s und auch nach den Feststellungen R\u00fccker\u2019s und Edser\u2019s \u00fcber objective Combinationst\u00f6ne sehr unwahrscheinlich. Preyer, der jene Herleitung des Summationstones selbst\u00e4ndig ermittelte und als seine Entdeckung in Anspruch nahm, gelangte durch wiederholte Versuche mit ged\u00e4mpften Stimmgabeln schlie\u00dflich (27, 135 f.) zu dem Ergebniss, dass der Ton auch dann zu h\u00f6ren ist, wenn alle Obert\u00f6ne als ausgeschlossen gelten k\u00f6nnen, dass es also Summationst\u00f6ne als eine selbst\u00e4ndige Classe von Erscheinungen neben den Differenzt\u00f6nen gibt. Denselben Erfolg hatten gr\u00fcndlichere Versuche Meyer\u2019s mit Interferenz (46, 184). Der Summationston blieb sehr gut h\u00f6rbar, wenn 2 n ganz beseitigt war, und er \u00fchertraf nicht selten den ersten Differenzton, n' \u2014 n, erheblich an St\u00e4rke.\nStumpf sucht die Auffassung des Summationstones als eines secund\u00e4ren Differenztones im Sinne Ro eher\u2019s durch folgende Beispiele zu unterst\u00fctzen: \u00bbM\u00fcssten wir doch sonst bei dem Accord e1 e' g' e'\u00e4, der durch die Zahlen 4 : 5 : 6 : 8 dargestellt ist, die T\u00f6ne h\u00f6ren 9, 10, 11, 12, 13, 14, das hei\u00dft d*, e2, ca. /&2, g\u2018\\ ca. as2, ca. ais*. Was sollte daraus werden, wenn z. B. in der Zauberfl\u00f6te die Priester den herrlichen dreifachen B-dur-Accord in die H\u00f6rner sto\u00dfen?\u00ab\nDiese Argumentation scheint mir nur die mit der Erfahrung \u00fcbereinstimmende geringe St\u00e4rke und Deutlichkeit der Summationst\u00f6ne zu best\u00e4tigen. Denn thats\u00e4chlich enthalten ja alle musikalischen Instrumente die von jener Theorie in Anspruch genommenen ersten Obert\u00f6ne in betr\u00e4chtlicher St\u00e4rke. Dass Summationst\u00f6ne in gewissen F\u00e4llen wirklich st\u00f6rend werden k\u00f6nnen, ist nach meinen Beobachtungen nicht zu bestreiten. Bei meinen mittelstarken Stimmgabelzweikl\u00e4ngen empfanden die musikalischen Beobachter nicht selten einen Summationston als unangenehm dissonant, wenn er zu anderen gleichzeitigen Theilt\u00f6nen in irrationalen Verh\u00e4ltnissen stand. Aber im allgemeinen war hei meinen, wie bei vielen fr\u00fcheren Versuchen der Summationston der leiseste der Theilt\u00f6ne und nicht so regelm\u00e4\u00dfig zu h\u00f6ren, wie die Differenzt\u00f6ne erster bis vierter Ordnung.","page":280},{"file":"p0281.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Theorie der Combinationst\u00f6ne.\n281\nPie meisten Beobachter konnten ihn nicht entdecken, wenn die Stimmgabeln sehr stark gestrichen wurden ; einige Male schien er bei schw\u00e4chster Tongebung am deutlichsten zu sein (anders Meyer, 46, 184). In den vollen Mehrkl\u00e4ngen der Musik werden die Summationst\u00f6ne von den zahlreichen Prim\u00e4r-, Ober- und Differenzt\u00f6nen, von denen die meisten durch vielfaches Zusammenfallen sich noch verst\u00e4rken, wohl in der Regel f\u00fcr die Wahrnehmung ganz verdr\u00e4ngt. Immerhin w\u00e4ren weitere Versuche im Sinne der zuletzt erw\u00e4hnten (Roeher \u2019sehen) Theorie erw\u00fcnscht. Mit H\u00fclfe der Interferenz l\u00e4sst sich die physiologisch wichtige Frage endg\u00fcltig l\u00f6sen.\nDas gilt freilich nur unter einer bisher stillschweigend angenommenen Voraussetzung: dass jeder physikalisch einfache Ton nur die seiner Schwingungszahl entsprechende Tonempfindung ausl\u00f6st, nicht etwa zugleich einen gr\u00f6\u00dferen oder geringeren Theil seiner harmonischen Obert\u00f6ne. Die entgegengesetzte Annahme w\u00e4re, wie ich nicht n\u00e4her auszuf\u00fchren brauche, f\u00fcr die Theorie der Combinationserscheinungen von erheblicher Bedeutung.\nDie M\u00f6glichkeit subjectiver Obert\u00f6ne ist vom Standpunkte der Resonanzhypothese prinCipiell nicht zu bestreiten. Nach Helmholtz (21, 263) entstehen sie theoretisch dann, wenn die durch eine Sinusschwingung ausgel\u00f6sten elastischen Kr\u00e4fte zu den Entfernungen der schwingenden Theilchen aus der Gleichgewichtslage merklich unproportional werden, also nur bei gro\u00dfer Schwingungsweite. Einige Akustiker, darunter Koenig (vergl. oben S. 243), haben subjective Obert\u00f6ne zur Erkl\u00e4rung von Combinationst\u00f6nen herangezogen, aber ohne rechte Consequenz. Die theoretische Ableitung der entsprechenden Schwingungen ist ja unanfechtbar. Aber dadurch ist nat\u00fcrlich ihre psychologische oder auch nur physiologische Wirksamkeit noch nicht bewiesen. Helmholtz weist schon darauf hin, dass in jedem Falle die durch St\u00f6rung der einfachen Superposition bedingten Obertonschwingungen lange vor dem Grundtone verschwinden m\u00fcssen. Ferner sind hierbei viel einfachere physikalische Bedingungen vorausgesetzt, als das Ohr sie bietet. Stumpf hebt (32, 262) mit Recht hervor, es k\u00f6nnten leicht im Bau der mitschwingenden Organe Hindernisse f\u00fcr die Bildung multipler Schwingungen gegeben sein, wie Helmholtz sie f\u00fcr die Untert\u00f6ne statuirt. Thatsachen, die die Annahme subjectiver Obert\u00f6ne nothwendig machten, sind bisher nicht\nWundt, Philos. Studien. XVII.\t19","page":281},{"file":"p0282.txt","language":"de","ocr_de":"282\nFelix Krueger.\nfestgestellt worden. Aus meinen Beobachtungen zu schlie\u00dfen, ist ihre Existenz ebenso unwahrscheinlich, wie die der Untert\u00f6ne und Mittelt\u00f6ne.\n4. Neue Theorien des H\u00f6rens.\nDie zahlreichen Schwierigkeiten, die man auf Grund der That-sachen in der Helmholtz\u2019schen H\u00f6rtheorie fand oder zu finden vermeinte, legten den Gedanken nahe, statt mit Erweiterungen und Zusatzhypothesen, es mit einer v\u00f6llig anderen Auffassung des physiologischen Vorganges zu versuchen. Seihst Stumpf, dessen Tonpsychologie im allgemeinen auf dem Boden jener Theorie stand, und der alle dagegen erhobenen Einw\u00e4nde mit vorsichtiger Zur\u00fcckhaltung behandelte, erkl\u00e4rt in einer seiner neuesten Ver\u00f6ffentlichungen gelegentlich (34, 18 Anm.), die Resonanzhypothese werde \u00bbnicht wohl mehr zu halten sein\u00ab.\na. Meyer\u2019s Theorie der Wellenzerlegung.\nMeyer gelangte unmittelbar durch das Studium der Differenzt\u00f6ne (46) zu dem Versuche, die Physiologie des H\u00f6rens \u00fcber Helmholtz hinaus weiterzubilden. Die Helmholtz\u2019sche Erkl\u00e4rung der subjectiven Combinationst\u00f6ne konnten auch wir nicht als befriedigend anerkennen. Von allen gegen die Resonatorentheorie erhobenen Einw\u00e4nden bleibt dieser allein bei genauerem Zusehen \u00fcbrig. Das gilt auch von den kritischen Ausf\u00fchrungen Meyer\u2019s. Sein Versuch (47, 19; 48, 43) \u00bbdie Unm\u00f6glichkeit der Existenz von Resonatoren im Ohre\u00ab allgemein darzuthun, ist keineswegs \u00fcberzeugend gelungen.\nDie von Helmholtz als Resonatoren in Anspruch genommenen Fasern der Grundmembran sind im Vergleich zu ihren vorausgesetzten Eigent\u00f6nen so klein, dass von vorn herein eine starke Belastung jedes dieser mitschwingenden Theilchen angenommen wurde, und schon Helmholtz hat diese nothwendige Annahme durch anatomische Thatsachen gest\u00fctzt. Meyer findet die L\u00e4ngen Verschiedenheiten der Membranfasem im Vergleich zu dem Umfang der Tonwahrnehmung so gering und die dadurch geforderten Unterschiede der Belastung so \u00bbcolossal\u00ab, dass die Resonat\u00f6rentheorie schon an ihren anatomischen Voraussetzungen scheitere. Thats\u00e4chlich","page":282},{"file":"p0283.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Theorie der Combinationst\u00f6ne.\n283\nw\u00e4chst die Breite der Membran von ihrem Anf\u00e4nge bis zum Ende nach Meyer selbst (48, 61) auf etwa das Sechsfache, nach Hensen\u2019s Messungen heim Neugeborenen (vergl. Helmholtz 21, 239) auf mehr als das Zw\u00f6lffache. Die feinere Anatomie der Schnecke ist noch heute ziemlich dunkel. Physikalische und mathematische Untersuchungen \u00fcber die Resonanz so kleiner und complicirter Gebilde, wie sie hier in Betracht kommen, fehlen bisher. Und andrerseits ist eine rein mechanische Betrachtungsweise hier wie auf allen Gebieten der Nervenphysiologie zweifellos unzureichend, sind functionelle Verschiedenheiten der nerv\u00f6sen Elemente h\u00f6chst wahrscheinlich.\nDie gr\u00fcndlichen Untersuchungen Bezold\u2019s \u00fcber Toninseln und circumscripte Taubheit (45) bildeten f\u00fcr Bez old seihst und wohl f\u00fcr viele andere ein wichtiges Argument zu Gunsten der Helmholtz-schen H\u00f6rtheorie. Meyer findet ganz im Gegentheil die \u00bbUnm\u00f6glichkeit der Existenz von Resonatoren im Ohre\u00ab dadurch bewiesen. Sonst h\u00e4tten die Kranken, wo ein Grundton f\u00fcr sie in eine H\u00f6rl\u00fccke fiel, regelm\u00e4\u00dfig irgendwelche Obert\u00f6ne h\u00f6ren m\u00fcssen (vgl. oben S. 276). Nun hat aber Bezold festgestellt, dass die an partieller Taubheit Leidenden regelm\u00e4\u00dfig auch allgemein schwerh\u00f6rig sind. Es ist also sehr wohl m\u00f6glich, dass die schwachen Obert\u00f6ne von Stimmgabeln ihnen auch dann unmerklich bleiben, wenn ihre H\u00f6rf\u00e4higkeit f\u00fcr die betreffenden T\u00f6ne noch nicht v\u00f6llig erloschen ist.\nEndlich h\u00e4lt Meyer die Octavenschwebungen f\u00fcr unvereinbar mit der Resonanzhypothese, genauer: die Thatsache, dass bei der verstimmten Octave der tiefere Prim\u00e4rton zu schweben scheint. Ich musste hier im Thats\u00e4chlichen widersprechen (oben S. 232 ff.), insofern Meyer diese Schwebungen an das Vorhandensein des Obertones 2 n gebunden glaubt. Aber die Existenz des ersten Differenztones hei verstimmten Octaven wird von ihm nicht bestritten. Thatsache ist, dass in allen diesen F\u00e4llen Differenzt\u00f6ne an den Schwebungen betheiligt sind, und dass (wie Meyer selbst an anderem Orte hervorhebt) ein Differenzton mit jedem nahe benachbarten Tone genau wie ein prim\u00e4rer Ton schwebt. Meyer will eine Erkl\u00e4rung der Octavenst\u00f6\u00dfe durch Differenzt\u00f6ne \u00bbnicht gelten lassen, so lange letztere nicht selbst erkl\u00e4rt sind\u00ab. Sein Einwand d\u00fcrfte also ausschlie\u00dflich dahin lauten: die Differenzt\u00f6ne sind mit der Resonatorenhypothese nicht zu vereinigen; \u2014 was zu beweisen w\u00e4re.\n19*","page":283},{"file":"p0284.txt","language":"de","ocr_de":"284\nFelix Krueger.\nMeyer\u2019s eigene Theorie des H\u00f6rens (46\u201450) geht von der Thatsache aus, dass die memhrana hasilaris keine feste Wand, sondern eine dehnbare Membran ist, die innerhalb bestimmter Grenzen dem Druck der umgebenden Fl\u00fcssigkeit wird nachgeben k\u00f6nnen. Jede positive Bewegung des Steigb\u00fcgels wird zur Folge haben, dass die Membran sich ausbuchtet, und diese Ausbuchtung wird von der Schneckenbasis zur Sehne ckenspitze bin allm\u00e4hlich fortsebreiten. Bei geringer Excursion des Steigb\u00fcgels soll die Ausbuchtung auf den Anfang der Membran beschr\u00e4nkt bleiben, bei gr\u00f6\u00dferer Amplitude sich \u00fcber einen gr\u00f6\u00dferen Tbeil der Membran erstrecken, so dass die Intensit\u00e4t ein\u00e7s empfundenen Tones von der Zahl der gereizten Nervenendigungen abbinge. Die Tonh\u00f6he sei bedingt durch die Frequenz, mit der ein peripheres nerv\u00f6ses Endorgan periodisch bewegt werde. Hinsichtbch der R\u00fcckw\u00e4rtsbewegung des Steigb\u00fcgels nimmt Meyer an (47, 24; 48, 48), dass die entsprechende Zur\u00fcckbewegung der Membran \u00fcber deren Ausgangslage nicht hinausgehe; wegen ihrer unsymmetrischen Belastung sei es wahrscheinlich, dass die Membran thats\u00e4chbch nur nach einer Seite hin sich ausbuchte. (Die entgegengesetzte Annahme w\u00fcrde die ganze Theorie erheblich compliciren.) Ferner findet Meyer es sehr wahrscheinlich, \u00bbdass die membran\u00f6sen W\u00e4nde des Schneckencanals als weiche, in Fl\u00fcssigkeit gebettete, organische K\u00f6rper, wenn sie aus ihrer normalen Lage durch \u00e4u\u00dfere Kr\u00e4fte verr\u00fcckt worden sind, nur verh\u00e4ltnissm\u00e4\u00dfig langsam (erst nach mehreren Secunden) wieder in den alten Zustand zur\u00fcckkehren werden, falls dies nicht wiederum durch \u00e4u\u00dfere Kr\u00e4fte geschieht.\u00ab Es wird daher angenommen, dass die Membran nur durch \u00e4u\u00dfere Kr\u00e4fte bewegt werde; s\u00e4mmtliche von der Theorie in Anspruch genommenen Theile werden als absolut unelastisch vorausgesetzt (50, 360). Jede beliebige die Steigb\u00fcgelhewegung darstellende, zusammengesetzte Welle wird nun nach Meyer (50, 359) \u00bbvom Ohre so zerlegt, dass 1. die s\u00e4mmtlichen Hin- und Herhewegungen zur Wirkung kommen; dass 2. gleichzeitig auch alle, die \u00fcbrig bleiben, wenn man die kleinste Hin- und Herbewegung vernachl\u00e4ssigt, einen zweiten Ton bedingen; dass 3. auch alle, die \u00fcbrig bleiben, wenn man die n\u00e4chstkleinste Hin- und Herbewegung vernachl\u00e4ssigt, einen dritten Ton bedingen u. s. w.\u00ab\nF\u00fcr alles N\u00e4here sei auf die mehrfachen Originaldarstellungen","page":284},{"file":"p0285.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Theorie der Combinationst\u00f6ne.\n285\nMeyer\u2019s in zahlreichen Abhandlungen und Recensionen (46\u201450) verwiesen. Die Darstellung der Theorie ist bisher nur auf geometrischem Wege gelungen, und ihre Anwendung auf concrete F\u00e4lle dadurch sehr erschwert.\nEs ist klar, dass die neue Theorie sowohl die Helmholtz-Hensen\u2019sche Resonatorenhypothese g\u00e4nzlich aufgibt, als auch die dieser zu Grunde liegende Ohm\u2019sche Zerlegungstheorie, wonach das Ohr jede Schwingungshewegung der Luft in ihre pendelf\u00f6rmigen Oomponenten aufl\u00f6st. Und es scheint mir ebenfalls zweifellos zu sein, dass die thats\u00e4chliche Wahrnehmung eines aus verschiedenen Pendelschwingungen zusammengesetzten ohjectiven Klanges durch die \u00e4ltere Theorie einfacher erkl\u00e4rt wird. Die physikalischen und anatomischen Voraussetzungen der Meyer\u2019schen Theorie sind an sich nicht besser begr\u00fcndet und nicht weniger complicirt, als die der Helmholtz\u2019schen Lehre.\nDen wirklich schwachen Punkt dieser Lehre bilden die Combinationst\u00f6ne. Wie steht es hier mit Meyer\u2019s Theorie? Seine Curven-zerlegungen ergaben im allgemeinen die Prim\u00e4rt\u00f6ne und die wirklich wahrnehmbaren Differenzt\u00f6ne. Aber, zun\u00e4chst f\u00fchren sie in vielen F\u00e4llen auch auf solche Differenzt\u00f6ne, die thats\u00e4chlich nicht zu h\u00f6ren sind. Schaefer (50, 515) construite und zerlegte nach den Angaben Meyer\u2019s die combinirte Curve der einfachen T\u00f6ne 4 und 9 und erhielt die Theilt\u00f6ne 9, 8, 6, 4, 2 und 1. In mehreren anderen F\u00e4llen ergab sich Aehnliches, und Schaefer vermuthete danach, man w\u00fcrde \u00bbbei nur gen\u00fcgend gro\u00dfen Dimensionen der Zeichnung immer s\u00e4mmtliche T\u00f6ne, vom h\u00f6chsten Prim\u00e4rton an bis herunter zu 1 erhalten\u00ab. Meyer erhielt f\u00fcr dasselbe Intervall 4:9 bei demselben (gleichen) Intensit\u00e4tsverh\u00e4ltniss und nur kleineren absoluten Ausmessungen der Zeichnung (!) lediglich die T\u00f6ne 9, 4 und 1. Der D{ 5 kam in beiden F\u00e4llen nicht heraus; ihn habe ich aber bei den verschiedensten Intensit\u00e4tsverh\u00e4ltnissen sicher festgestellt.\nDen Einfluss der Phasenverschiebung auf das Ergebniss seiner Curvenzerlegungen hat Meyer nicht untersucht. Soweit ich sehe, m\u00fcsste nach seiner Theorie sowohl das Phasen- als das Intensit\u00e4tsverh\u00e4ltniss der Prim\u00e4rt\u00f6ne f\u00fcr Zahl und St\u00e4rke der Differenzt\u00f6ne eine Bedeutung haben, wie sie thats\u00e4chlich das erste gar nicht, das zweite in viel geringerem Grade besitzt.","page":285},{"file":"p0286.txt","language":"de","ocr_de":"286\nFelix Krueger.\nDass ein thats\u00e4chlich vorhandener Theilton in Meyer\u2019s Con-structionen verschwindet, begegnet noch h\u00e4ufiger als das Umgekehrte. So ergeben sich ihm (46, 218; 47, 29; 48, 52) aus 5 + 8 die T\u00f6ne 8, 5, 2 und 1, nicht, so lange 8 nicht objectiv st\u00e4rker ist als 5, der zweifellos h\u00f6rbare D{ 31); hei 5 + 8 + 10 ergeben sich die T\u00f6ne 1, 3 (als st\u00e4rkster), 4, 6 [?], 8, 10 (mehr als dreimal so schwach wie 6) : der Prim\u00e4rton 5 f\u00e4llt aus. Ebenso bei2) 4(10) + 20(20) + 23(20) der Prim\u00e4rton 4.\nVielfach muss Meyer, um die Consequenzen seiner Theorie mit den Thatsachen in Einklang zu bringen, H\u00fclfshypothesen einf\u00fchren. So soll (47, 31; 48, 54 ff.) die periodisch wiederkehrende Folge von sieben \u00bbReizen\u00ab und einer Reizunterbrechung eben so wie der Rhythmus von acht Reizen den Ton 8 erregen. So sollen gelegentlich je zwei Reizungen wie eine wirken; und eine eigenth\u00fcmliche \u00bbZweideutigkeit\u00ab der Reize soll in vielen F\u00e4llen eine \u00bbabwechselnde Verst\u00e4rkung\u00ab bald des einen, bald eines anderen Differenztones zur Folge haben, wof\u00fcr ich wenigstens in den Thatsachen der Beobachtung keinen Anhalt finde.\nDie Mehrzahl der Meyer\u2019sehen Constructionen und Berechnungen f\u00fchrt auf Differenzt\u00f6ne, die an Intensit\u00e4t einen oder beide Prim\u00e4rt\u00f6ne erheblich \u00fcbertreffen. Durchschnittlich sind die Differenzt\u00f6ne der Theorie viel st\u00e4rker, die Prim\u00e4rt\u00f6ne schw\u00e4cher als in Wirklichkeit. Meyer selbst bezeichnet (47, 33 ; 48, 58) die aus seinen Hypothesen sich ergebenden relativen Intensit\u00e4ten der Theilt\u00f6ne als am meisten Bedenken erregend. Er verweist dem gegen\u00fcber auf zwei der Einfachheit wegen bisher zu Grunde gelegte Voraussetzungen, von denen die eine m\u00f6glicherweise, die andere sicherlich den Thatsachen nicht entspricht. Die speciellen Ueber-legungen und Berechnungen gingen n\u00e4mlich von der Annahme aus, dass die Nervenendigungen von der Schneckenbasis bis zur Schneckenspitze gleich dicht \u00fcber die Grundmembran vertheilt seien, und dass ferner die L\u00e4nge der ausgebuchteten Membranstrecke der jeweiligen Amplitude der Steigh\u00fcgelbewegung einfach proportional sei. In der\n1)\tWie Herr Professor Stumpf mir mittheilte, h\u00f6rte auch er bei der kleinen Sexte, im Gegensatz zu Meyer, regelm\u00e4\u00dfig den Differenzton 3, und zwar st\u00e4rker als 2.\n2)\tDie eingeklammerten Zahlen bedeuten die relativen Amplituden.","page":286},{"file":"p0287.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Theorie der Combinationst\u00f6ne.\n287\nausf\u00fchrlichsten Darstellung seiner Anschauungen (48; Anhang II) erweitert Meyer die Theorie nach dieser zweiten Richtung hin. Der Querschnitt des Schneckencanals und mit ihm die Breite der Basilar-membran nimmt ja vom Anfang bis zur Schneckenspitze erheblich zu. Diese (bei der Kritik der Resonatorenhypothese als sehr geringf\u00fcgig behandelte) Thatsache wird nun herangezogen, um die Intensit\u00e4tsverh\u00e4ltnisse der Theilt\u00f6ne besser zu erkl\u00e4ren. Der Steigb\u00fcgel verdr\u00e4ngt hei jeder positiven Bewegung eine Fl\u00fcssigkeitsmenge, die, wie man annehmen kann, seiner Entfernung aus der Ruhelage proportional ist. Die nach der Theorie jeweils in Mitleidenschaft gezogene Membranstrecke ist aber nicht proportional der verdr\u00e4ngten Fl\u00fcssigkeitsmenge, sondern wegen der zunehmenden Erweiterung des Schneckencanals bleibt die L\u00e4nge der ausgehuchteten Membranstrecke mit wachsender Amplitude der Steigh\u00fcgelhewegung mehr und mehr hinter jener Proportionalit\u00e4t zur\u00fcck. Daraus ergibt sich im Sinne der Theorie eine Verschiebung der relativen Intensit\u00e4ten zu Gunsten der h\u00f6heren T\u00f6ne.\nAuf diese Weise lassen sich aber keineswegs alle Inconsequenzen zwischen der Theorie und den Thatsachen beseitigen. Beim Zusammenklange der T\u00f6ne 5 \u2014(\u2014 8 \u2014|\u2014 10 oder 4 \u2014(\u2014 20 \u2014{\u2014 23 f\u00e4llt z. B. nach der Theorie jeweils der tiefste Prim\u00e4rton g\u00e4nzlich aus (46, 222; 224). Um solche Schwierigkeiten zu umgehen, hatte Meyer seiner Zeit (46, 227) ganz im Sinne Helmholtzens auf die verschiedene Breite der Grundmemhran hingewiesen. Es sei nicht ausgeschlossen, dass jede einzelne Stelle der Membran auf einen bestimmten Ton in Mitschwingung gerathe, und diese specifische Resonanz sollte mit den \u00fcbrigen, von der neuen Theorie geforderten Bewegungsvorg\u00e4ngen zusammen entstehen. Bald danach (47) hat Meyer diesen Rest Helmholtz\u2019scher Anschauungen ausdr\u00fccklich fallen gelassen, ohne jedoch die nun entstandene theoretische L\u00fccke auszuf\u00fcllen. Urspr\u00fcnglich sollte die neue Theorie nur da Platz greifen, wo die alte versage. Seihst die Helmholtz\u2019sche Theorie der subjectiven Combinationst\u00f6ne hatte Meyer noch neben der seinigen stehen gelassen und in einem concreten Falle einen unbezweifelten Summationston danach erkl\u00e4rt (46, 222).\nDie Meyer\u2019sehe Theorie gibt keinerlei Aufschluss \u00fcber die Entstehung der Summationst\u00f6ne. Sie erkl\u00e4rt, wie wir sahen, auch","page":287},{"file":"p0288.txt","language":"de","ocr_de":"288\nFeli^ Krueger.\ndie Erscheinungen, f\u00fcr die sie gemacht ist, die Wahrnehmung der Differenzt\u00f6ne neben den prim\u00e4ren T\u00f6nen, durchaus nicht einwandfrei. Die zahlreichen anderen Thatsachen, die eine Theorie des H\u00f6rens im Zusammenh\u00e4nge begreifen muss, hat Meyer bisher nicht ber\u00fccksichtigt. Die partielle Taubheit z. B., deren Erkl\u00e4rung nach der Resonatorentheorie er \u00fcberscharf zur\u00fcckweist, wird auf dem Boden seiner eigenen Hypothesen v\u00f6llig unverst\u00e4ndlich.\nb. Ewald\u2019s Theorie der Schallbilder.\nDie Gr\u00fcnde, durch die Ewald sich veranlasst sieht, die Resonatorenhypothese fallen zu lassen (55, 151), sind folgende:\n1. Resonanz tritt physikalisch auch da ein, wo die Schwingungszahl des erregenden Tones um ein Geringes von dem Eigenton des Resonators abweicht. Dem gegen\u00fcber erscheine die von Helmholtz angenommene organische Verbindung der verschieden abgestimmten Resonatoren mit einer zusammenh\u00e4ngenden Membran (der Grundmembran) als sehr ung\u00fcnstig f\u00fcr ein isolirtes Mitschwingen einzelner Resonatoren. Von jedem m\u00fcssten die Schwingungen jederzeit auch auf die n\u00e4chst benachbarten sich \u00fcbertragen. \u2014 Aber dass dem wirklich so ist, scheint mir aus zwei Thatsachen deutlich hervorzugehen : T\u00f6ne von sehr geringem Schwingungsunterschiede werden bekanntlich subjectiv nicht unterschieden, und wenn sie gleichzeitig erklingen, vernimmt das Ohr einen Ton, der bei weiterem Abstande der ob-jectiven T\u00f6ne bis zu einer gewissen Grenze auch neben ihnen noch wahrzunehmen ist. Diese Thatsachen: der qualitativen Unterschiedsschwelle und des Zwischentones muss jede Theorie des H\u00f6rens zu erkl\u00e4ren suchen. Eine gewisse physiologische Mehrdeutigkeit der Reize muss daher in jedem Ealle angenommen werden. Sie w\u00e4re \u00fcbrigens unter den Voraussetzungen der (sogleich zu er\u00f6rternden) Ewald sehen Theorie in Anbetracht der geringen L\u00e4ngenausdehnung der Membran kaum weniger erheblich zu denken, als nach der Resonatorenhypothese. Helmholtz hat, wie man wei\u00df, die hier hervorgehobene Schwierigkeit wohl bedenkend, auf die (verschieden starke) Belastung der einzelnen Membrantheile, sowie besonders darauf hingewiesen, dass die Grundmembran in der Querrichtung erheblich gespannt ist, in der L\u00e4ngsrichtung dagegen eine s\u00eahr","page":288},{"file":"p0289.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Theorie der Combinationst\u00f6ne.\n289\ngeringe Spannung und einen lockeren organischen Zusammenhang\naufweist.\n2.\tDie Intermittenz- und subjectiven Differenzt\u00f6ne blieben bei Helmholtz unerkl\u00e4rt. \u2014 Auf den zweiten Punkt brauchen wir vorl\u00e4ufig nicht von neuem einzugehen. Die Unterbrechungst\u00f6ne bilden nach dem fr\u00fcher Gesagten (S. 260 ff.) keine Schwierigkeit, sondern vielmehr eine Best\u00e4tigung der Resonanztheorie.\n3.\tSetzte Helmholtz einmal voraus, dass nur pendelf\u00f6rmige Luftschwingungen als akustische Reize wirken k\u00f6nnen, so musste er consequenterweise die Ger\u00e4usche als Complexionen aus zahlreichen (in ihrem Zusammentreten und Verschwinden unregelm\u00e4\u00dfig wechselnden) Pendelschwingungen auffassen. Man kennt die synthetischen und analytischen Erfahrungen, die diese Auffassung best\u00e4tigen. Da die meisten Ger\u00e4usche sehr hohe Theilt\u00f6ne enthalten, konnte Helmholtz noch die zunehmende qualitative Unbestimmtheit der h\u00f6chsten T\u00f6ne zu seiner Erkl\u00e4rung heranziehen (21, 350). Ewald findet den Unterschied zwischen Ger\u00e4uschen und musikalischen T\u00f6nen oder Kl\u00e4ngen gr\u00f6\u00dfer, als er nach Helmholtz sein d\u00fcrfte.\nNeuere Untersuchungen haben uns geleimt, dass als Minimum bereits zwei Tonschwingungen gen\u00fcgen, um die der Geschwindigkeit ihrer Aufeinanderfolge entsprechende Tonh\u00f6he erkennen zu lassen. Dem stellt Ewald die Helmholtz\u2019sehe Vermuthung gegen\u00fcber, dass die erste Schwingung stets alle Resonatoren, die zweite auch noch eine gro\u00dfe Anzahl erregen werde. \u2014 Aber diese Vermuthung bildet keinen integrirenden Bestandtheil der Resonanzhypothese. Es ist keineswegs wahrscheinlich, dass alle Membranfasem auch nur auf die erste Schwingung in gleicher Weise ansprechen sollten. Vielmehr werden schon die beiden ersten Schwingungen den auf sie \u00bbabgestimmten\u00ab Resonator st\u00e4rker erregen, als alle \u00fcbrigen. Dazu kommt vor allem, dass die Zahl der Resonanzschwingungen und diejenige der erregenden Luftverdichtungen und -Verd\u00fcnnungen nicht identisch sind. Ein Resonator, dem eine fremde Schwingungsbewegung aufgezwungen Wlrd, schwingt ja in seiner Eigenperiode nach, aber schw\u00e4cher und k\u00fcrzer als ein mit der Phase seines Eigentones erregter Resonator.\nZum Beweise seiner These, dass zwischen T\u00f6nen und Ger\u00e4uschen ein gr\u00f6\u00dferer, principieller Unterschied bestehen m\u00fcsse, als Helmholtz ihn begreiflich mache, f\u00fchrt Ewald des weiteren an: \u00bbUnmu-","page":289},{"file":"p0290.txt","language":"de","ocr_de":"290\nFelix Krueger.\nsikalische unterscheiden die Ger\u00e4usche so gut, wie Musikalische\u00ab. Und \u00bbwer es nicht merkt, dass unrein gesungen wird, unterscheidet doch zwei Personen mit Sicherheit an der Sprache. \u00ab \u2014 Die erste dieser Behauptungen ist nur cum grano salis richtig. Feinere qualitative Unterschiede werden selbst hei Ger\u00e4uschen von Musikalischen besser erkannt. Der zweite Satz bezeichnet eine wichtige Thatsache, die jedoch ohne neue physiologische Hypothesen erkl\u00e4rt werden kann. Man muss dabei, wie es Helmholtz thut, das Problem der Klangfarben und das der Ger\u00e4usche zun\u00e4chst auseinanderhalten. Die Klangfarben im engeren Sinne des Wortes, die Helmholtz in bisher unersch\u00fctterter Weise ausschlie\u00dflich auf die Zahl und die musikalischen Eigenschaften der Theilt\u00f6ne zur\u00fcckf\u00fchrt, sie werden zweifellos von musikalisch Ge\u00fcbten besser unterschieden und wiedererkannt als von Unmusikalischen. Zur Klangfarbe im weiteren Sinne des Wortes pflegt man noch alle diejenigen charakteristischen Eigenschaften zu rechnen, wodurch auch zwei in ihrem musikalischen Theile gleiche Klangeindr\u00fccke sich von einander zu unterscheiden pflegen: die zeitlichen Verschiedenheiten in der Dauer, im An- und Abklingen der Lautcomplexe und ihrer Theile, ferner vor allem die wesentlich verschiedenen sogenannten Erzeugungsger\u00e4usche beim Sprechen, Singen, Blasen, Streichen, Zupfen u. s. w. (vgl. Helmholtz 21, 112). Bekanntlich bestehen die Consonanten der Sprache fast ausschlie\u00dflich aus eigenth\u00fcmlichen Ger\u00e4uschen; und auch die Vocale, namentlich die gesprochenen, setzen sich zum Theil aus Ger\u00e4uschen zusammen. Neuerdings hat Wundt wiederum darauf hingewiesen, dass auch innerhalb derselben Sprachgemeinschaft erhebliche Unterschiede der allgemeinen Articulationsweise bestehen (41, 365). Es ist nun kein Zweifel, dass die verh\u00e4ltnissm\u00e4\u00dfig sehr weit verbreitete und fein entwickelte F\u00e4higkeit, Lautcharaktere nach der Art ihrer Erzeugung zu unterscheiden und wiederzuerkennen, gr\u00f6\u00dftenteils auf die erw\u00e4hnten charakteristischen Ger\u00e4usche zur\u00fcckgeht. Man muss dabei zun\u00e4chst bedenken, dass Ger\u00e4usche aller Art im gew\u00f6hnlichen Lehen ungleich h\u00e4ufiger und in ihren Verschiedenheiten praktisch wichtiger sind als musikalische T\u00f6ne oder Kl\u00e4nge. Die auffallende Sicherheit im Wiedererkennen individueller Sprechweisen ist ganz besonders durch eine tausendfache Uebung bedingt, die hier durch die hoch entwickelte F\u00e4higkeit des H\u00f6rers zu eigener Erzeugung \u00e4hnlicher","page":290},{"file":"p0291.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Theorie der Combinationst\u00f6ne.\n291\nSprach laute unterst\u00fctzt wird. Die Sprechweise eines Individuums \u2014 und \u00e4hnliches gilt von den meisten Naturlauten \u2014 ist au\u00dfer durch die Eigenschaften der einzelnen Laute stets durch solche Eigenth\u00fcm-lichkeiten charakterisirt, die dem zeitlichen Verlauf der zusammenh\u00e4ngenden Rede angeh\u00f6ren: durch Nuancen der Modulation, des Rhythmus und der Betonung \u00fcberhaupt. Der ganze, f\u00fcr gew\u00f6hnlich nicht analysirte Complex dieser Eigenschaften gibt jeder individuellen Sprechweise eine sehr bestimmte F\u00e4rbung. Schon die Klangfarbe im engeren, musikalischen Sinne des Wortes bildet, in der Terminologie von Ehrenfels und Cornelius zu reden, eine Gestalt-qualit\u00e4t, d. h. eine \u00fcber die Qualit\u00e4ten aller Theilinhalte hinausgehende specifische Eigenschaft des Empfindungsganzen. W\u00e4hrend nun die musikalische Ge\u00fcbtheit vorzugsweise in einer durch Uehung erworbenen F\u00e4higkeit der Analyse besteht, hat man es heim Unterscheiden und Wiedererkennen von Klangfarben mit Eigenschaften akustischer Complexe zu thun, die auch ohne genauere Analyse bemerkt werden und der Aufmerksamkeit sich mehr aufdr\u00e4ngen, als die Eigenschaften elementarerer akustischer Inhalte. Dasselbe gilt in gesteigertem Ma\u00dfe von der durch die Vielheit ihrer Componenten einzigartig qualificirten Sprechweise eines jeden Menschen.\nEin 4. Einwand Ewald\u2019 s richtet sich nicht unmittelbar gegen die Resonatorenhypothese : der Unterschied zwischen Consonanz und Dissonanz werde von Helmholtz nicht befriedigend erkl\u00e4rt. Ewald behauptet nicht \u2014 was sich auch schwerlich beweisen lie\u00dfe \u2014 die Thatsachen der Consonanz und Dissonanz st\u00e4nden der Helmholtz-schen H\u00f6rtheorie entgegen. Seine Ausf\u00fchrungen beziehen sich vorzugsweise auf die Unannehmlichkeit der Dissonanzen und wenden sich gegen die Zur\u00fcckf\u00fchrung der Dissonanz auf Schwebungen. Hierauf wird meine n\u00e4chste, ausschlie\u00dflich dem Consonanzproblem gewidmete Abhandlung des n\u00e4heren eingehen.\nAn 5. Stelle verweist Ewald auf die fundamentale Thatsache, dass wir von zwei T\u00f6nen eindeutig entscheiden k\u00f6nnen, welcher der h\u00f6here ist. Daf\u00fcr gebe die Resonanztheorie keine Erkl\u00e4rung. Er beruft sich auf eine Aeu\u00dferung Mach\u2019s: \u00bbWir ordnen die T\u00f6ne ihrer \u00f6 e nach in eine Reihe. Wie gelangen wir dazu? Dies ist noch v\u00b0u gar keiner Seite aufgekl\u00e4rt\u00ab. Mach hatte, im allgemeinen auf dem Boden der Helmholtz\u2019schen H\u00f6rtheorie stehend, daf\u00fcr eine","page":291},{"file":"p0292.txt","language":"de","ocr_de":"292\nFelix Krueger.\neigenth\u00fcmliche, wie er meinte, sehr nahe liegende Erkl\u00e4rung versucht (22, 298). Er schrieb bekanntlich dem tensor tympani die Function zu, durch seine Spannungs\u00e4nderungen die Organe des Mittelohres in ihrer Mitschwingungsf\u00e4higkeit zu beeinflussen und dadurch f\u00fcr die verschiedenen Tonh\u00f6hen zu accommodiren. Nun setzte er die Tonreihe in Analogie zu dem nach der Lotze-Wundt\u2019schen Localzeichentheorie erkl\u00e4rten Gesichtsraume: sie sollte dadurch entstehen, dass \u00bbsich die Tonh\u00f6hen mit jenen Spannungen [der Ohrmuskeln; genauer: den entsprechenden Muskelempfindungen] associiren, welche zu ihrer deutlichsten Wahrnehmung n\u00f6thig sind.\u00ab Abgesehen von den inneren Schwierigkeiten dieser Theorie \u2014 die zur deutlichsten Wahrnehmung eines Tones n\u00f6thige Muskelspannung h\u00e4ngt wahrscheinlich nicht nur von dessen H\u00f6he, sondern auch von seiner St\u00e4rke ab; in Wirklichkeit wird der Tonus der Ohrmuskeln jedenfalls noch durch andere als diese Factoren bestimmt; wie soll man sich ferner die qualitative Unterscheidung einer gleichzeitigen Tonmehrheit denken? \u2014, die ganze Anschauung beruht auf der dem Physiker naheliegenden, psychologisch aber unhaltbaren Voraussetzung, dass die qualitative Aehnlichkeit zweier psychischer Inhalte jederzeit in dem gemeinsamen Vorhandensein qualitativ gleicher und nur intensiv abgestufter Theile bestehe1). Wenn wir auch die Qualit\u00e4tsabstufungen der T\u00f6ne mit r\u00e4umlichen Symbolen zu bezeichnen pflegen, so haben diese qualitativen Aehnlichkeiten und Verschiedenheiten doch mit r\u00e4umlichen Relationen gar nichts zu thun. Sie d\u00fcrfen nur \u2014 mu-tatis mutandis \u2014 zu den Farbenqualit\u00e4ten in Parallele gesetzt werden; die Farbenunterschiede hat wohl noch niemand auf Spannungs\u00e4nderungen der Accommodationsmusculatur zur\u00fcckzuf\u00fchren versucht. So ist denn auch Mach\u2019s Theorie der Tonqualit\u00e4tenreihe meines Wissens von niemandem acceptirt worden. Ewald l\u00e4sst sie v\u00f6llig unerw\u00e4hnt. Aber sein vorhin wiedergegebener Einwand gegen die Resonatorentheorie beruht auf \u00e4hnlichen erkenntnisstheoretischen und psychologischen Voraussetzungen, wie die Fragestellung und die Zusatzhypothese Mach\u2019s. Zur Begr\u00fcndung seines Bedenkens hebt\n1) Diese Ansicht hat Mach mit Bezug auf die einfachen T\u00f6ne ausdr\u00fccklich formulirt in einem von Ewald (65, 181 f.) ohne Widerspruch abgedruckten und zur Erh\u00e4rtung seiner Theorie herangezogenen Passus der \u00bbBeitr\u00e4ge zur Analyse der Empfindungen\u00ab.","page":292},{"file":"p0293.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Theorie der Combinationst\u00f6ne.\n293\nEwald hervor, dass nach der Resonanzhypothese die r\u00e4umliche Anordnung der Resonatoren im inneren Ohre principiell gleichg\u00fcltig sei. Aber wird die Thatsache der qualitativen Tonunterscheidung denn im geringsten begreiflicher, wenn man die Helmholtz\u2019sche Annahme einer specifischen Abgestimmtheit einzelner Memhrantheile aufgibt und daf\u00fcr mit Ewald stets die ganze Basilarmembran in Mitschwingung gerathen l\u00e4sst, nur f\u00fcr jeden Ton in anderer Form? \u00bbWir k\u00f6nnen\u00ab, sagt Ewald, \u00bbdoch weder die Zahl der Schwingungen der beiden T\u00f6ne z\u00e4hlen, noch ein Urtheil dar\u00fcber gewinnen, welcher der beiden Resonatoren n\u00e4her der Schneckenbasis und welcher n\u00e4her der Schneckenspitze liegt\u00ab. Aber eben so wenig k\u00f6nnten wir durch das blo\u00dfe H\u00f6ren dar\u00fcber etwas erfahren, wie viele Knotenlinien unsere nach der neuen Theorie schwingende Grundmembran bildete, und wie diese Knotenlinien zu einander geordnet w\u00e4ren, \u2014 obwohl Ewald es zuweilen so ausdr\u00fcckt. Mach war durch die vermeinte Analogie seiner Hypothese mit einer Theorie der optischen Raumwahrnehmung irre gef\u00fchrt worden. Ewald gelangt von einer anschaulichen Theorie der Membranschwingungen zu einer Darstellung der vorausgesetzten physiologischen Vorg\u00e4nge beim H\u00f6ren, als w\u00e4ren diese unmittelbar anschaulich. Mit vollem Rechte wollte Mach, wie es scheint, zwei Fragen von einander scheiden: wie kommt es, dass wir 1. \u00fcberhaupt verschiedene T\u00f6ne h\u00f6ren, z. B. 500 Tonschwingungen anders empfinden als 900? dass wir 2. alle Tonqualit\u00e4ten in eine (eindimensionale) Reihe ordnen k\u00f6nnen? Die von Ewald urgirte Feinheit der Unterschiedsempfindlichkeit (55, 155) ist principiell ganz gleichg\u00fcltig. Das Erste ist psychologisch eine nicht weiter erkl\u00e4rbare, letzte Thatsache, \u2014 f\u00fcr die Physiologie des Ohres ein Hauptproblem. Dass (2.) der physikalische Ton 600 f\u00fcr das Bewusstsein \u00bbh\u00f6her\u00ab ist als 500, der Ton 700 noch h\u00f6her u. s. f., dass alle Tonempfindungen der H\u00f6he nach vergleichbar und gegen einander abstufbar sind, kann psychologisch insofern weiter zur\u00fcckgef\u00fchrt werden, als es auf allen Gebieten des psychischen Lebens Aehnlichkeit und Grade der Aehnlichkeit gibt (vgl. Cornelius 54, 41 ff.). Wenn nicht alle T\u00f6ne in gewisser \"Weise \u00e4hnlich w\u00e4ren, w\u00fcrden wir sie nicht mit demselben Namen bezeichnen. Dabei sind gerade die T\u00f6ne ein untr\u00fcgliches Beispiel, dass es Aehnlichkeit ohne gemeinsame gleiche Theile gibt. Eine Anzahl T\u00f6ne oder Kl\u00e4nge kann weiterhin","page":293},{"file":"p0294.txt","language":"de","ocr_de":"294\nFelix Krueger.\nin allem Uebrigen sehr verschieden, d. h. ganz anders- und verschiedenartig nach Aehnlichkeiten abgestuft sein (Intensit\u00e4t, Dauer, Klangfarbe u. s. w.), sie wird doch eindeutig immer derselben Reihe der Tonh\u00f6hen eingeordnet. Wir k\u00f6nnen ja auch sonst Aehnlichkeiten in bestimmter Hinsicht und deren Grade beachten und von anderen ab-strahiren. Die Physiologie hat angesichts dieser (unter 2. zusammengefassten) psychologischen Thatsachen so lange wie m\u00f6glich an dem fruchtbaren psychophysischen Arbeitsprincipe festzuhalten, dass \u00e4hnlichen psychischen Vorg\u00e4ngen \u00e4hnliche physiologische zur Seite gehen. Diesem Principe wird die Resonatorenhypothese durchaus gerecht. Die neue Bwald\u2019sche Theorie, die sich ebenfalls nur auf die Vorg\u00e4nge im peripheren Sinnesorgan erstreckt, ist in diesem Punkte nicht schlechter, aber auch um kein Haar besser daran als sie.\nOhne eine ersch\u00f6pfende Kritik liefern zu wollen, \u00e4u\u00dfert Ewald schlie\u00dflich ein 6. Bedenken gegen Helmholtzens Theorie. Sie k\u00f6nne eine allgemeine Vervollkommnung und Anpassung des Ohres durch nat\u00fcrliche Zuchtwahl nicht erkl\u00e4ren. Die f\u00fcr das Leben einer Gattung wichtigen T\u00f6ne und Ger\u00e4usche, hervorgebracht von den Thieren selbst, ihren Feinden, ihren Beutethieren, \u00e4nderten sich erheblich im Laufe der Generationen. Unter Voraussetzung der Resonanzhypothese w\u00e4re immer nur eine partielle Vervollkommnung des Geh\u00f6rorgans, n\u00e4mlich der jeweils am h\u00e4ufigsten gebrauchten Resonatoren m\u00f6glich, welche Vervollkommnung bei jeder Aenderung der Lebensbedingungen relativ nutzlos w\u00fcrde. Thats\u00e4chlich zeige das normale Ohr, abgesehen von den Grenzen der Tonskala, eine gleichm\u00e4\u00dfige Ausbildung f\u00fcr alle Tonh\u00f6hen. Entspr\u00e4che die Resonatorentheorie den Thatsachen, so m\u00fcssten Geh\u00f6rl\u00fccken, auch hei sonst Normalh\u00f6rigen, viel h\u00e4ufiger sein, als sie wirklich sind.\nWas den letzten Punkt betrifft, so werden sicherlich zahlreiche F\u00e4lle von partieller Taubheit deshalb nicht entdeckt, weil alle im Leben vorkommenden Kl\u00e4nge und Ger\u00e4usche aus verschiedenen T\u00f6nen zusammengesetzt sind, von denen in der Regel nur ein kleiner Theil in eine etwa vorhandene Geh\u00f6rl\u00fccke fallen wird. Thats\u00e4chlich sind solche Geh\u00f6rl\u00fccken zweifellos festgestellt und bleiben (abgesehen von F\u00e4llen isolirter Basstaubheit) nach der bereits angedeuteten Ewald-schen Theorie unerkl\u00e4rbar. Dass neben partieller Taubheit fast jedesmal auch andere M\u00e4ngel, namentlich eine allgemeine Schwer-","page":294},{"file":"p0295.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Theorie der Combinationst\u00f6ne.\n295\nH\u00f6rigkeit, nachzuweisen sind, kann bei der Kleinheit des Corti\u2019schen Organes und dem innigen Zusammenh\u00e4nge aller seiner Theile nicht Wunder nehmen. Wo indessen anderweitige Geh\u00f6rsanomalien nicht bestehen sollten, da m\u00fcsste eine partielle Taubheit, vollends auf einem Ohre, um so leichter unentdeckt bleiben. Im Uebrigen ist auf das Ewald\u2019sehe Argument Folgendes zu erwiedern. Ob unsern thierischen Ahnen wesentlich andere Resonatoren n\u00f6thig und n\u00fctzlich waren, als dem entwickelten Menschen, ist sehr fraglich, wenn man die Zusammengesetztheit und Mannigfaltigkeit der Naturlaute bedenkt und neben den hohen Obert\u00f6nen z. B. die tiefen Differenzt\u00f6ne ber\u00fccksichtigt. Ferner ist das Princip der nat\u00fcrlichen Zuchtwahl nicht das einzige, das die organische Entwicklung beherrscht. Ich erinnere nur an die Thatsachen der Mit\u00fcbung und der Correlation der Organe.\nZum Ersatz der Resonanzhypothese entwickelt Ewald eine geistvolle, wegen ihrer Einfachheit zun\u00e4chst bestechende neue Theorie des H\u00f6rens. Er spannte eine d\u00fcnne Gummimembran schlaff in der L\u00e4ngsrichtung auf einen kleinen Holzrahmen. In der Querrichtung war sie entweder viel st\u00e4rker oder (bei der Mehrzahl der Versuche) gar nicht gespannt. In beiden F\u00e4llen waren, wenn eine schwingende Stimmgabel von mittlerer Tonh\u00f6he gegen das eine Ende der Membran gedr\u00fcckt wurde, eigenth\u00fcmliche \u00bbSchallbilder\u00ab auf der gl\u00e4nzend gemachten Fl\u00e4che zu bemerken. Die Schwingungsperiode der Stimmgabel wurde der Membran aufgedr\u00e4ngt, und durch die Reflexion der Schwingungsbewegung an der jenseitigen Rahmenleiste kam es zur Bildung stehender Wellen. Diese stehenden Wellen wurden auf der Membran als dunkle, quergestellte Streifen sichtbar, zwischen denen m gleichen Abst\u00e4nden hellere Streifen lagen. Es zeigte sich, dass die Wellenl\u00e4nge der Membranschwingungen in einem gesetzm\u00e4\u00dfigen Verh\u00e4ltnis zur Schwingungszahl des erregenden Tones stand. Der Abstand je zweier Knotenlinien war bei der tieferen Octave doppelt so gro\u00df wie bei der h\u00f6heren u. s. f. Wurde die Membran durch zwei im Verh\u00e4ltniss der Octave oder der Quinte schwingende Gabeln gleichzeitig angesprochen, so lagerten sich die beiden entsprechenden Streifensysteme ohne gegenseitige St\u00f6rung \u00fcber einander; wo zwei Knotenlinien theoretisch zusammenfielen, entstand auf der Membran e'n breiterer Streifen (vgl. die Abbildungen 55, 166; 169; 170). Die","page":295},{"file":"p0296.txt","language":"de","ocr_de":"296\tFelix Krueger.\nExperimente gelangen auch, wenn die Membran beiderseitig von Wasser umgeben war.\nGanz analog diesen interessanten Erscheinungen denkt sich nun Ewald die Bewegungen der Basilarmembran beim H\u00f6ren von T\u00f6nen und Kl\u00e4ngen. Sie soll dann ebenfalls in ihrer ganzen L\u00e4ngenausdehnung schwingen, unter Bildung von stehenden Wellen, deren Zahl oder L\u00e4nge f\u00fcr die H\u00f6he des empfundenen Tones ma\u00dfgebend sei. Der specifische Nervenreiz f\u00fcr eine bestimmte Tonh\u00f6he besteht demnach nicht in isolirtem Mitschwingen eines bestimmten Membrantheils, sondern in einem charakteristischen Schallbilde, d. h. in der Verkeilung der r\u00e4umlich jeweils feststehenden Knotenlinien und Wellenb\u00e4uche \u00fcber die ganze Membran. Je h\u00f6her der Ton, um so zahlreicher sind die Knotenlinien, um so kleiner ihre immer gleichen Abst\u00e4nde von einander. Ist eine einzelne Stelle der Membran functionsunf\u00e4hig, so bleibt die typische Gestalt des Schallbildes vollst\u00e4ndig erhalten; sie wird in gesetzm\u00e4\u00dfig charakteristischer Weise alterirt, wenn eine regelm\u00e4\u00dfige Folge von Tonimpulsen periodisch auf kurze Zeit unterbrochen wird. Ein einzelner Luftsto\u00df oder eine unperiodische Luftbewegung k\u00f6nnen auf der Membran nur laufende Wellen, f\u00fcr das Bewusstsein nur den Eindruck von Ger\u00e4uschen erzeugen. \u2014\nDass wir es im inneren Ohre mit erheblich complicirteren physikalischen Bedingungen zu thun haben, als bei den von Ewald benutzten Gummimembranen, liegt auf der Hand. Zun\u00e4chst sind ja die Ausmessungen der Basilarmembran so klein, dass jedes functionsf\u00e4hige Modell sehr weit dar\u00fcber hinausgehen muss. Wichtiger ist, dass der Grundmembran die Schwingungen des Trommelfells nicht durch einen ihr unmittelbar aufliegenden festen K\u00f6rper mitgetheilt werden, der die Stelle der Ewald\u2019schen Stimmgabel vertr\u00e4te. Auch besteht die Grundmembran bekanntlich nicht aus einer einheitlichen und gleichf\u00f6rmigen Masse, sondern ist aus lebendigen Zellen sehr verschiedenartig aufgebaut (vergl. Meyer 50, 347 ff.); sie ist durch zahlreiche, zu ihrer L\u00e4ngsrichtung senkrecht gestellte, relativ schwere und von einander unabh\u00e4ngige Gebilde belastet. Sie ist ferner in der Querrichtung ziemlich straff, in der L\u00e4ngsrichtung dagegen sehr schwach gespannt und leicht zerrei\u00dfbar. Eben aus diesen Thatsachen, namentlich aus der zuletzt erw\u00e4hnten, von Hens en festgestellten, folgerte Helmholtz, ganz im Gegensatz zu Ewald, in der L\u00e4ngs-","page":296},{"file":"p0297.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Theorie der Combinationst\u00f6ne.\n297\nrichtung der Membran sei eine Wellenbildung ausgeschlossen, eine solche finde vielmehr nur in der Querrichtung statt, und die Querfasern m\u00fcssten, wie gespannte Saiten, nahezu unabh\u00e4ngig von einander schwingen.\nAber nehmen wir einmal an, die Basilarmembran vollf\u00fchre beim H\u00f6ren thats\u00e4chlich Bewegungen von ganz analoger Form, wie die Ewald\u2019scben Membranen bei der Ber\u00fchrung schwingender Stimmgabeln. Dann h\u00e4tten wir f\u00fcr jeden einfachen, allein erklingenden Ton eine bestimmte Anzahl gleich weit von einander abstehender Knotenlinien und dazwischen die entsprechenden, unter sich genau gleichen Wellenb\u00e4uche. Das Bild wird aber sofort viel weniger einfach und \u00fcbersichtlich, wenn zu einem gegebenen auch nur ein. zweiter Ton hinzutritt. Von den Knotenlinien des ersten bleiben dann nur diejenigen erhalten, die mit Knotenlinien des zweiten zusammenfallen. Betrachten wir zun\u00e4chst den einfachsten Fall, dass die Schwingungszahl des h\u00f6heren Tones ein ganzes Vielfaches derjenigen des tieferen betrage. Nur dann k\u00f6nnen f\u00fcr den tieferen Ton wieder so viele Knotenlinien sich ergeben, als wenn er allein erkl\u00e4nge. Stehen die beiden T\u00f6ne z. B. im Verh\u00e4ltnis der Octave, so liegt es ja am n\u00e4chsten, anzunehmen, dass alle Knotenlinien des tieferen Tones mit den ungeradzahligen des h\u00f6heren zusammenfallen, w\u00e4hrend dann, wie bei der Ewald\u2019schen Membran, die geradzahligen Knoten des h\u00f6heren Octaventones nat\u00fcrlich in die Mitte der Spatien des tieferen zu liegen k\u00e4men. Soll nun, wie Ewald es f\u00fcr einzelne T\u00f6ne annimmt, der gleichm\u00e4\u00dfig sich wiederholende Abstand zweier absoluter Minima der Schwingungsbewegung, also zweier Knotenlinien im strengen Sinne des Wortes f\u00fcr die Tonempfindung ma\u00dfgebend sein? Dann k\u00e4men beim Octavenzweiklang nur die Knotenlinien des tieferen Tones in Betracht, und man d\u00fcrfte nur ihn h\u00f6ren. Unter derselben Voraussetzung erg\u00e4be sich f\u00fcr jedes Schwingungsverh\u00e4ltniss der objectiven T\u00f6ne subjectiv ein Ton, der zu dem prim\u00e4ren Klange jeweils ein anderes Verh\u00e4ltnis h\u00e4tte; z. B. f\u00fcr 32:45, wie Meyer (50, 351) nchtig ausf\u00fchrt, der Toni; denn wenn wiederum die beiden Wellern Systeme mit der gleichen Phase beginnen, so sind hier die absoluten Minima, d. h. die zusammenfallenden Knotenstellen um 32 Knoten des tieferen oder um 45 des h\u00f6heren Tones von einander entfernt. Anf diese Weise erhielten wir f\u00fcr jedes beliebige Intervall den Ton, Wiundt, Philos. Studien. XVII.\t20","page":297},{"file":"p0298.txt","language":"de","ocr_de":"298\nFelix Krueger.\ndessen Verh\u00e4ltnisszahl den gr\u00f6\u00dften gemeinschaftlichen Theiler der prim\u00e4ren Verh\u00e4ltnisszahlen darstellt; also, wenn das prim\u00e4re Schwin-gungsverh\u00e4ltniss in m\u00f6glichst kleinen Zahlen ausgedr\u00fcckt ist: jederzeit den Ton 1.\nMeyer hat (50, 351\u2014355) ersch\u00f6pfend die verschiedenen M\u00f6glichkeiten untersucht, wie man die Ewald\u2019sehe Theorie eindeutig interpretiren k\u00f6nnte. Es sind au\u00dfer der bereits erw\u00e4hnten noch f\u00fcnf. F\u00fcr einen wahrzunehmenden Ton k\u00f6nnte ma\u00dfgebend sein: der Abstand zweier n\u00e4chsthenachharter Stellen 2. von relativen Reizminimen, 3. von gleich gro\u00dfen relativen Reizminimen, 4. vom absoluten Reizmaximum, 5. von relativen oder 6. von gleich gro\u00dfen relativen Reizmaximen. Eine einfache Ueberlegung zeigt, dass keine dieser Annahmen auch nur die gleichzeitige Wahrnehmung zweier Prim\u00e4rt\u00f6ne begreiflich macht. Schon hier also m\u00fcsste Ewald, um den Grundgedanken seiner Theorie zu behaupten, eine und jedenfalls mehr als eine H\u00fclfshypothese einf\u00fchren. Ich unterlasse es, ihm darin vorzugreifen.\nYon Ewaid\u2019s Einw\u00e4nden gegen die Resonanzhypothese konnten wir nur einen als berechtigt anerkennen: dass sie die subjectiven Combinationst\u00f6ne nicht erkl\u00e4re. An diesem Punkte vor allen m\u00fcsste eine neue H\u00f6rtheorie ihre Ueberlegenheit gegen\u00fcber der Helmholtz-schen erweisen. Ewald f\u00fchrt zu diesem Zwecke nur einen concreten Fall an, die reine Quinte (55, 187). Ein Blick auf die (ebendort S. 170 wiedergegebene) Figur zeige, \u00bbdass der Differenzton im Schallbilde dargestellt wird.\u00ab Macht man die vorhin zuerst angegebene Voraussetzung, dass der Abstand je zweier absoluter Reizminima f\u00fcr einen Ton entscheidend sei, so ersieht man aus diesem Schallbilde allerdings den bei der Quinte allein m\u00f6glichen Differenzton 1. Aber zun\u00e4chst bleibt, wie wir fanden, die Wahrnehmung der Prim\u00e4rt\u00f6ne dann unerkl\u00e4rt. Und wie steht es bei den \u00fcbrigen Intervallverh\u00e4ltnissen? In bestimmten F\u00e4llen tritt auf diese Weise von den thats\u00e4chlich vorhandenen Combinationst\u00f6nen einer in dem Schallbilde hervor. N\u00e4mlich dann, wenn einer der Differenzt\u00f6ne durch die Verh\u00e4ltnisszahl 1 ausgedr\u00fcckt werden kann. Das gilt bei den Intervallen, deren prim\u00e4re Verh\u00e4ltnisszahlen nur um eine Einheit verschieden sind (2:3, 3:4, 4:5 u. s. w), nat\u00fcrlich f\u00fcr den ersten Differenzton. Bei den anderen ergibt sich auf diesem Wege ein Diffe-","page":298},{"file":"p0299.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Theorie der Combinationst\u00f6ne.\n299\nrenzton h\u00f6herer Ordnung; z. B. f\u00fcr die gro\u00dfe Sexte und die gro\u00dfe D\u00e9cim\u00e9 1D\u00e4=3, f\u00fcr den Tritonus (5:7) und die kleine Sexte D3=i] allgemein der charakteristische Differenzton im fr\u00fcher er\u00f6rterten Sinne, aber kein anderer. Durch allerhand H\u00fclfsannahmen versuchte ich, die \u00fcbrigen Differenzt\u00f6ne gleichfalls aus den nach Ewald construirten Schallbildern herauszulesen: ohne jeden Erfolg. Bei allen Dissonanzen, die nicht durch zwei auf einander folgende ganze Zahlen k\u00f6nnen ausgedr\u00fcckt werden, l\u00e4sst uns die Schallbildertheorie vollends im Stich. Sie ergibt also bei der \u00fcberwiegenden Mehrzahl der m\u00f6glichen Intervalle keinen einzigen Differenzton. Der Summationston bleibt \u00fcberall unerkl\u00e4rt.\nNach alledem k\u00f6nnen wir die principiell weniger wichtigen Punkte, die bei dieser Theorie bedenklich sind, und einige andere, die an sich daf\u00fcr sprechen w\u00fcrden, uner\u00f6rtert lassen.\n5. Schaefer\u2019s Erkl\u00e4rung der subjectiven Combinationst\u00f6ne auf Grund der Resonanzhypothese.\nAlle Versuche, den Grundgedanken der Helmholtz\u2019schen H\u00f6rtheorie zu durchbrechen oder ganz aufzugehen, sahen wir scheitern. Von all diesen verschiedenartigen akustischen Hypothesen finden wir uns um so entschiedener auf die Resonanztheorie als diejenige zur\u00fcckverwiesen, die die Thatsachen am einfachsten und vollst\u00e4ndigsten erkl\u00e4rt. Nur eine wesentliche L\u00fccke ist in dieser Lehre noch unaus-gef\u00fcllt, um derentwillen allein die neueren Theorien ausf\u00fchrlich zu erw\u00e4gen waren. Helmholtzens Erkl\u00e4rung der subjectiven Combinationst\u00f6ne kann nicht gen\u00fcgen. Ebensowenig k\u00f6nnen die im Gegensatz zu Helmholtz aufgestellten Hypothesen diese wichtigen Thatsachen befriedigend erkl\u00e4ren. Da liegt es am n\u00e4chsten, auf dem Boden der Resonanztheorie eine neue Erkl\u00e4rung zu versuchen. Ein solcher Versuch ist im vorigen Jahre von Schaefer, im Anschl\u00fcsse an Hel m h o 11 z, gemacht worden ; wie mir scheint, mit gutem Erfolge.\nIm Eingang des n. Capitels sind die Thatsachen mitgetheilt worden, die es n\u00f6thig machen, subjective und objective Combinationst\u00f6ne zu unterscheiden. F\u00fcr die objectiven hat Helmholtz eine bisher unersch\u00fctterte mathematische Theorie geliefert (21, Beilage XVI,\n20*","page":299},{"file":"p0300.txt","language":"de","ocr_de":"300\nFelix Krueger.\nS. 660), die v\u00f6llig unabh\u00e4ngig ist von der oben zur\u00fcckgewiesenen Ableitung der subjectiven Combinationst\u00f6ne aus der unsymmetrischen Elasticit\u00e4t des schwingenden K\u00f6rpers und von der darin enthaltenen Annahme einer nicht als unendlich klein zu betrachtenden Gr\u00f6\u00dfe der Schwingungen. Ueberall, wo es zur Bildung objectiver, in der Luft als pendelf\u00f6rmige Schwingungsbewegung nachweisbarer Combinationst\u00f6ne kommt, haben wir \u00bbOeffnungen, deren Weite periodisch wechselt, und haben auf der einen Seite Luft unter gr\u00f6\u00dferem Druck als auf der anderen\u00ab. Es sind ferner in diesen F\u00e4llen mindestens zwei Oeffnungen (bezw. L\u00f6cherreihen) von an sich verschiedener Weite gegeben. Dann erf\u00e4hrt der Druckunterschied an der einen Oeffnung pendelperiodische Schwankungen, die durch die periodischen Luftbewegungen an der anderen bedingt sind. Und die resultirende, dem Ohre mitgetheilte Wellenbewegung enth\u00e4lt nicht nur sinusf\u00f6rmige Componenten f\u00fcr die prim\u00e4ren T\u00f6ne n und n\\ sondern ebensolche mindestens noch f\u00fcr den Summationston n + n' und den ersten Differenzton n1 \u2014 n.\nAnaloge Vorg\u00e4nge finden nach Schaefer (56, 524; cf. 57) im inneren Ohre statt, wenn es von zwei T\u00f6nen gleichzeitig getroffen wird. Die Schwingungen der auf den tieferen Ton abgestimmten Corti\u2019schenFaser erf\u00fchren pendelperiodische Amplitudenschwankungen im Rhythmus der Schwingungen des h\u00f6heren Tones, und umgekehrt. Schaefer hatte diese Hypothese im ersten Entw\u00fcrfe etwas zu apodiktisch hingestellt; er hatte insbesondere nicht ausdr\u00fccklich hervorgehoben, dass unter den gew\u00f6hnlichen, einfachsten physikalischen Bedingungen die Schwingungen eines t\u00f6nenden K\u00f6rpers durch diejenigen eines anderen, daneben schwingenden K\u00f6rpers nicht unmittelbar derart beeinflusst werden, dass es zu den von der Theorie geforderten Amplitudenschwankungen k\u00e4me. Dies ist der berechtigte Kern einer schroff ablehnenden Kritik, mit der Meyer alsbald (51) den Schaefer\u2019schen Vorschlag beantwortete, \u2014 einer Kritik, die im \u00fcbrigen weit \u00fcber ihr Ziel hinausschie\u00dft. Einige Missverst\u00e4ndnisse Meyer\u2019s und unbegr\u00fcndete Zweifel, vor allem hinsichtlich der objectiven Combinationst\u00f6ne, hat Schaefer bereits richtiggestellt (57).\nDass die subjectiven Combinationst\u00f6ne im Labyrinth auf \u00e4hnliche Weise objectiv entst\u00e4nden, wie die objectiven in der Luft, begr\u00fcndet","page":300},{"file":"p0301.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Theorie der Combinationst\u00f6ne.\n301\nSchaefer durch seine oben er\u00f6rterten Beobachtungen \u00fcber den zwischenliegenden Differenzton erster Ordnung. Diesen Differenzton konnte er weder an Stimmgabeln, an der Flaschenorgel, am Klavier, noch am Harmonium und Appunn\u2019schen Dreiklangapparat, wo sonst objective Differenzt\u00f6ne nachzuweisen sind, sicher feststellen. In seiner Replik auf Meyer\u2019s Einwendungen tr\u00e4gt er noch einige Versuche am Dreiklangapparate nach, die ihm die Analogie zwischen ohjectiven und subjectiven Differenzt\u00f6nen voll zu machen scheinen: hei Intervallen um die gro\u00dfe Septime war der objective Differenzton im Resonator zuweilen gar nicht, zuweilen \u00bberst bei l\u00e4ngerem, aufmerksamem Horchen etwas deutlicher\u00ab zu h\u00f6ren. F\u00fcr das unbewaffnete Ohr schien ihm, wie man sich erinnert, der Differenzton erster Ordnung jenseits der gro\u00dfen Septime bei jeder Art der Klangerzeugung endg\u00fcltig zu verschwinden. Ich habe oben (S. 208 ff.) ausf\u00fchrlich nachgewiesen, dass es solche und zwischenliegende Differenzt\u00f6ne thats\u00e4ch-lich gibt. Gegen die neuen Schaefer\u2019sehen Versuche \u00fcber objective Combinationst\u00f6ne hei der gro\u00dfen Septime habe ich denselben Einwand zu erheben, wie gegen die fr\u00fcher besprochenen Versuche mit unbewaffnetem Ohre: Schaefern war, wie allen seinen Vorg\u00e4ngern, die Thatsache unbekannt, dass Differenzt\u00f6ne mit nahegelegenen Prim\u00e4rt\u00f6nen oder anderen Differenzt\u00f6nen zu Zwischent\u00f6nen verschmelzen. Bei der gro\u00dfen Septime ist in den von Schaefer benutzten Tonlagen der erste Differenzton dem dritten und anderseits dem Grundtone nahe genug, um mit beiden bereits zu Zwischent\u00f6nen zu verschmelzen. Schaefer aber hat nur auf die theoretische Tonh\u00f6he des ersten Differenztones geachtet und auf diese auch den Resonator eingestellt. Meyer gibt ihm, im Gegensatz zu seinen eigenen fr\u00fcheren Beobachtungen (und irrth\u00fcmlicherweise nach den meinigen) zu, dass subjective zwischenliegende Differenzt\u00f6ne nicht existirten. Des weiteren hebtMeyer mit Recht hervor, dass R\u00fccker undEdser die Existenz objectiver zwischenliegender Differenzt\u00f6ne unzweifelhaft nachgewiesen haben. Diese beiden Forscher sahen (42, 349 f.) ihren Stimmgabelresonator auf einen zwischenliegenden Differenzton etwas schw\u00e4cher (rather feebler) aus-schlagen als auf einen unterhalb des Grundtones gelegenen, und Meyer weist (51, 57) noch darauf hin, dass in jenem Falle aus technischen Ursachen auch die Prim\u00e4rt\u00f6ne schw\u00e4cher waren; er er-mnert ferner an den \u2014 oben erw\u00e4hnten \u2014 R\u00fccker-Eds er\u2019sehen","page":301},{"file":"p0302.txt","language":"de","ocr_de":"302\nFelix Krueger.\nNachweis objectiver echter Summationst\u00f6ne, w\u00e4hrend Schaefer die \"Wahrnehmbarkeit solcher Summationst\u00f6ne, die nicht mit H\u00fclfe von Obert\u00f6nen als Differenzt\u00f6ne zu begreifen sind, bestritten hatte. Schaefer hatte allerdings nicht die objective Existenz von Summations- und zwischenhegenden Differenzt\u00f6nen geleugnet, sondern nur ihre H\u00f6rbarkeit; in seiner zweiten Ver\u00f6ffentlichung (57, 77) schr\u00e4nkte er auch diese Angabe noch etwas ein : die fraglichen T\u00f6ne seien zwar \u00bbunter gew\u00f6hnlichen Umst\u00e4nden nicht h\u00f6rbar\u00ab, sie k\u00f6nnten aber sowohl im Ohre als in der Luft schwach vorhanden sein.\nDurch meine Beobachtungen \u00fcber subjective Summations- und zwischenliegende Differenzt\u00f6ne wird nun die von Meyer behauptete \u00bbNicht\u00fcbereinstimmung\u00ab der subjectiven mit den objectiven Com-binationst\u00f6nen theilweise wieder aufgehoben; nur theilweise, denn z. B. die Zwischentonverschmelzung besteht nat\u00fcrlich nur f\u00fcr die subjectiven Differenzt\u00f6ne. Das von Schaefer angewendete Helmholtz-sche Verfahren, objective Combinationst\u00f6ne festzustellen (Verst\u00e4rkung f\u00fcrs Ohr duch Resonatoren), weicht ja von den physikalischen Methoden R\u00fcck er\u2019s und anderer insofern erheblich ah, als dabei die Erregung des resonirenden K\u00f6rpers nicht f\u00fcr das Auge wahrnehmbar gemacht wird; sondern das gleichzeitig von beiden Prim\u00e4rt\u00f6nen getroffene Ohr mit allen dadurch gesetzten physiologischen Bedingungen bleibt als nothwendiger Apparat in den Versuch eingeschaltet. Zweifellos ist die Verschmelzung nahe benachbarter und die Abschw\u00e4chung hoher T\u00f6ne neben gleichzeitigen tiefen, wahrscheinlich auch die relativ geringe Empfindungsst\u00e4rke der zwischenliegenden Differenzt\u00f6ne rein physiologisch, durch die Eigenschaften des Geh\u00f6rorganes bedingt.\nDurch neue, zahlreichere und genauere Experimente nach der (noch zu vervollkommnenden) Weise R\u00fcck er\u2019s und Edser\u2019s m\u00fcssen die Eigenschaften der objectiven Combinationst\u00f6ne aller Art f\u00fcr sich untersucht werden. Weitgehende Analogien zwischen objectiven und subjectiven Combinationst\u00f6nen werden sich dann wahrscheinlich herausstellen. Was Schaefer dar\u00fcber bisher beigebracht hat, ist unzureichend begr\u00fcndet und stimmt nicht ganz zu den von mir festgestellten Thatsachen. Aber der Gedanke, Helmholtzens Theorie der objectiven Combinationst\u00f6ne auf die subjectiven zu \u00fcbertragen, ist darum nicht minder fruchtbar; er w\u00fcrde es bleiben, selbst wenn","page":302},{"file":"p0303.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Theorie der Combinationst\u00f6ne.\n303\ndie beiden Erscheinungsreihen in noch anderen Punkten, als den vorhin angedeuteten, Verschiedenheiten zeigen sollten.\nDass die von Schaefer herangezogene Theorie einen Summa-tionston und einen ersten Differenzton von genau der gleichen Amplitude ergibt, w\u00e4hrend die Empfindungsst\u00e4rke der Summationst\u00f6ne im allgemeinen erheblich geringer ist, daraus l\u00e4sst sich durchaus kein principielles Bedenken herleiten. Wird doch selbst von zwei prim\u00e4ren T\u00f6nen, die physikalisch gleich stark zusammen erklingen, der h\u00f6here regelm\u00e4\u00dfig f\u00fcr die Empfindung abgeschw\u00e4cht. Helmholtz hat seiner Theorie der ohjectiven Combinationst\u00f6ne die einfachsten m\u00f6glichen Annahmen zu Grunde gelegt. Er sagt deutlich genug (21, 667): \u00bbIn Wirklichkeit werden nun die Gleichungen immer viel complicirter werden, als ich sie liier hingestellt habe, um den Vorgang in seiner einfachsten Gestalt darzustellen. Es wird der Ton n \\n'] ebenso gut Einfluss auf den Druck p haben wie m [n], ja sogar die Combinationst\u00f6ne werden p ver\u00e4ndern, endlich wird meistens die Gr\u00f6\u00dfe der Oeffnung nicht durch eine so einfache periodische Function, wie wir f\u00fcr io angenommen haben [=4 (1 \u2014 sin 2mit)}, ausgedr\u00fcckt werden k\u00f6nnen\u00ab. \u00bbDie vollst\u00e4ndige mathematische Theorie eines solchen Falles wird au\u00dferordentlich complicirt\u00ab. Das gilt schon f\u00fcr das Zusammenwirken zweier Sirenen- oder Zungent\u00f6ne in der Luft. Soviel aber ist gewiss, dass wir im Labyrinthe, wo die hetheiligten K\u00f6rper lebendig zellige, z. T. contractile und mit einander organisch verbundene Gebilde sind, es mit viel complicirteren physikalischen Bedingungen zu thun haben. Von einer genauen, vollends mathematischen Beschreibung der Vorg\u00e4nge, die bei der Wahrnehmung eines Zusammenklanges im Geh\u00f6rorgane sich ahspielen, sind wir gegenw\u00e4rtig noch sehr weit entfernt, was ja schon aus den gro\u00dfen Meinungsverschiedenheiten hervorgeht, die selbst bez\u00fcglich der allgemeinsten mechanischen Eigenschaften dieser Processe immer von neuem entstehen. F\u00fcr die Schwingungsvorg\u00e4nge, die durch objective, in der Luft nachweisbare Combinationst\u00f6ne gekennzeichnet sind, f\u00fchrt Helmholtz aus, dass bei genauerer mathematischer Darstellung der physikalischen Verh\u00e4ltnisse auch einige Obert\u00f6ne der prim\u00e4ren T\u00f6ne und deren Combinationst\u00f6ne sich aus der Rechnung ergeben werden. Thatsache ist, dass auch da, wo die Bedingungen objectiver Combinationst\u00f6ne fehlen, der Zusammenklang zweier ein-","page":303},{"file":"p0304.txt","language":"de","ocr_de":"304\nFelix Krueger.\nf\u00e2cher T\u00f6ne subjectiv einen Summationston und vier bis f\u00fcnf Differenzt\u00f6ne zu enthalten pflegt, w\u00e4hrend die Ohert\u00f6ne in der Empfindung ebensowenig wie in der Luft nachzuweisen sind. Solange wir an der Resonanzhypothese und der Ohm\u2019sehen Zerlegungstheorie festhalten, m\u00fcssen wir postuliren, dass die thats\u00e4chlich wahrzunehmenden subjection Combinationst\u00f6ne neben den Prim\u00e4rt\u00f6nen als pendelf\u00f6rmige Schwin-\ngungscomponenten irgendwo im Ohre objectiv entstehen, und dass alle anderen, von irgend einer Theorie geforderten Tonschwingungen entweder in ihrer Entstehung gehindert sind oder in ihrer Intensit\u00e4t unter die Reizschwelle hinabgedr\u00fcckt werden. Es liegt vorl\u00e4ufig am n\u00e4chsten, die hierdurch geforderten \u00dfewegungsvorg\u00e4nge als wesentlich analog zu denken den Luftbewegungen, die Helmholtz f\u00fcr den Fall der Entstehung objectiver Combinationst\u00f6ne beschreibt.\nWas die Differenzt\u00f6ne h\u00f6herer als erster Ordnung angeht, so erscheint es zun\u00e4chst am einfachsten, jeden von ihnen wie einen Dt auf das Zusammenwirken derjenigen Theilt\u00f6ne zur\u00fcckzuf\u00fchren, deren Schwingungsdifferenz seiner Schwingungszahl entspricht. Dann h\u00e4tte die Theorie der Differenzt\u00f6ne principiell nur die Aufgabe, aus dem gleichzeitigen Gegehensein zweier sinusf\u00f6rmiger Schwingungsbewegungen im inneren Ohre den ersten Differenzton begreiflich zu machen. Gegen den Versuch, alle Differenzt\u00f6ne als solche erster Ordnung zu deuten, indem man jeweils einen oder auch zwei niedere Differenzt\u00f6ne wie Prim\u00e4rt\u00f6ne auffasst, sind die Intensit\u00e4tsverh\u00e4ltnisse der wirklich wahrzunehmenden Differenzt\u00f6ne eingewendet worden. Aber ich vermag darin keine un\u00fcberwindliche Schwierigkeit zu erblicken. Meyer, der diese Schwierigkeit besonders betont hat, f\u00fchrt anderseits einige thats\u00e4chliche Beispiele daf\u00fcr an, dass man \u00bbunter Umst\u00e4nden wohl einen Differenzton, den ihn erzeugenden Prim\u00e4rton aber nicht h\u00f6ren kann\u00ab (47, 5; 48, 29). Die fr\u00fcher eingehend besprochenen regelm\u00e4\u00dfigen St\u00e4rkeunterschiede, soweit sie unabh\u00e4ngig von der Ordnungszahl der Differenzt\u00f6ne bestehen, werden ihre besonderen physiologischen Ursachen haben. Ich meine vor allem die relativ geringe Intensit\u00e4t der zwischenliegenden und die relative Aufdringlichkeit der tiefen Differenzt\u00f6ne. Abgesehen von diesen beiden Regelm\u00e4\u00dfigkeiten ist ein einfacher Differenzton h\u00f6herer Ordnung nur selten st\u00e4rker als ein gleichzeitig vorhandener niederer. Wo gr\u00f6\u00dfere St\u00e4rkeunterschiede in dieser Richtung Vorkommen, da erkl\u00e4ren sie sich","page":304},{"file":"p0305.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Theorie der Combinationst\u00f6ne.\n305\nfast ausnahmslos durch die bisher sehr wenig ber\u00fccksichtigten und erst im Zusammenh\u00e4nge meiner Versuche genauer festgestellten That-sachen des Zusammenfallens oder undeutlichen Auseinandertretens zweier Theilt\u00f6ne.\nZwischen Comhinationst\u00f6nen und prim\u00e4ren, durch objective Sinusschwingungen bedingten T\u00f6nen kann physiologisch ein wesentlicher Unterschied nicht bestehen. Die Thatsachen fordern vielmehr gebieterisch, den oben in anderem Zusammenh\u00e4nge bereits for-mulirten Grundsatz hier anzuwenden, wonach f\u00fcr \u00e4hnliche psychische Vorg\u00e4nge auch \u00e4hnliche physiologische vorauszusetzen sind. Ich erinnere nur an folgende Uebereinstimmungen zwischen beiden Erscheinungsreihen : die untere H\u00f6rgrenze ist f\u00fcr Differenzt\u00f6ne ann\u00e4hernd dieselbe wie unter sonst gleichen Umst\u00e4nden f\u00fcr prim\u00e4re T\u00f6ne. Differenzt\u00f6ne erzeugen mit einander und mit prim\u00e4ren T\u00f6nen neue Differenzt\u00f6ne, Schwebungen und, was bisher unbekannt gewesen ist, Zwischent\u00f6ne in derselben Weise, wie Prim\u00e4rt\u00f6ne unter sich. \u2014\nDer Fortschritt der physiologischen Akustik h\u00e4ngt wesentlich davon ah, wie die Anatomie des Labyrinthes und die mathematische Bewegungslehre fortschreiten. Aber vor aller physiologischen Theorienbildung liegt hier noch die psychologische Beobachtung und Analyse des im Bewusstsein Vorgefundenen. Die Physiologie der Sinne hat ja keine andere Aufgabe als, die Thatsachen der Empfindung in den allgemeineren Zusammenhang des k\u00f6rperlichen Lebens und des physikalischen Geschehens einzuordnen. F\u00fcr dieses Unternehmen gibt es nur einen Ausgangspunkt und nur eine zuverl\u00e4ssige Controlle: die experimentell geregelte Beobachtung der unter gegebenen physikalischen Bedingungen wirklich erlebten Empfindungen.\nDie psychologische Analyse f\u00fchrt au\u00dferdem zu rein psychologischen, von der physiologischen Interpretation relativ unabh\u00e4ngigen Ergebnissen, wie ich deren f\u00fcr die Auffassung von Zusammenkl\u00e4ngen oinige bereits fr\u00fcher berichtet habe, andere demn\u00e4chst unter dem Titel \u00bbDifferenzt\u00f6ne und Consonanz< ver\u00f6ffentlichen werde.\nAus den vorstehend mitgetheilten Beobachtungen und Erw\u00e4gungen ergab sich im wesentlichen Folgendes:\n1- Der Zusammenklang zweier T\u00f6ne enth\u00e4lt f\u00fcr die Wahrneh-*n der Regel einen Summationston und vier bis f\u00fcnf Differenz-e- Alle diese Combinationst\u00f6ne mit ihren Folgeerscheinungen","page":305},{"file":"p0306.txt","language":"de","ocr_de":"306\nFelix Krueger.\n(Schwebungen, Zwischent\u00f6nen u. a.) sind an das Dasein von Obert\u00f6nen des prim\u00e4ren Klanges nicht gebunden.\n2.\tAlle Schwebungen sind auf das Vorhandensein von mindestens zwei benachbarten, d. h. um h\u00f6chstens eine gro\u00dfe Terz von einander entfernten T\u00f6nen zur\u00fcckzuf\u00fchren; es gibt keine multiplen Schwebungen im Sinne Koenig\u2019s.\n3.\tDie von Koenig sogenannten \u00bbSto\u00dft\u00f6ne\u00ab sind nicht die einzigen Comhinationst\u00f6ne. Es gibt insbesondere auch zwischen den Prim\u00e4rt\u00f6nen gelegene Differenzt\u00f6ne.\n4.\tEs gibt nur zwei Arten Comhinationst\u00f6ne : Differenzt\u00f6ne und Summationst\u00f6ne. Die Unterscheidung von Sto\u00dft\u00f6nen und Differenzt\u00f6nen ist durch die Thatsachen nicht gefordert. Sie erkl\u00e4rt sich historisch aus einer unzureichenden Ber\u00fccksichtigung der Dissonanzen und einer damit zusammenh\u00e4ngenden irrth\u00fcmlichen Verallgemeinerung bestimmter St\u00e4rkeverschiedenheiten der Differenzt\u00f6ne.\n5.\tHermann\u2019sche Mittelt\u00f6ne, Riemann\u2019sche Untert\u00f6ne und subjective Obert\u00f6ne existiren nicht.\n6.\tAlle bis jetzt hervorgetretenen Versuche, die Ohm\u2019sche Zerlegungstheorie und die darauf gegr\u00fcndete Helmholtz-Hensen\u2019sche Resonanzhypothese principiell aufzugehen und durch andere Annahmen zu ersetzen, leiden an gro\u00dfen inneren Schwierigkeiten oder (und) widerstreiten der akustischen Erfahrung.\n7.\tDie gegen die Helmholtz\u2019sehe Theorie des H\u00f6rens erhobenen Einw\u00e4nde, auch der der Unterhrechungst\u00f6ne, sind nicht stringent.\n8.\tHelmholtz ens Erkl\u00e4rung der subjectiven Comhinationst\u00f6ne ist unbefriedigend.\n9.\tDie physiologische Theorie dieser T\u00f6ne braucht den Boden der Resonanzhypothese nicht zu verlassen. Es empfiehlt sich vielmehr zun\u00e4chst der Versuch, Helmholtz ens Theorie der objectiven Comhinationst\u00f6ne auf die Vorg\u00e4nge anzuwenden, die bei der Wahrnehmung suhjectiver Comhinationst\u00f6ne im inneren Ohre stattfinden.","page":306},{"file":"p0307.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Theorie der Combinationst\u00f6ne.\n307\nLitteratur.\n1)\tRomieu, Nouvelle d\u00e9couverte des sons harmoniques graves etc. 1743 (1751\nder Academie in Montpellier \u00fcberreicht).\n2)\tA. Sorge, Vorgemach der musikal. Composition 1745\u201447.\n3)\tTartini, Trattato di musica secondo la vera scienza dell\u2019 armonia 1754.\n4)\tde la Grange, Nouvelles recherches sur la nature et la propagation du son.\nMiscel. phil.-math. soc. priv. Taurinensis T. I. 1759.\n5)\tTh. Young, Outlines of experiments and inquiries resp. sound a. light.\nPhil, transact, of the R. Soc. P. I. 1800. Auch in Lect. on nat. phil.\nV.\tII. 1807.\n6)\tChladni, Akustik 1802.\n7)\t---, Neue Beitr\u00e4ge zur Akustik 1817.\n8)\tVieth, Ueber Combinationst\u00f6ne, in Bez. a. einige Streitschr. \u00fcber sie zwei\nengl. Physiker, Th. Young u. J. Gough. Annal, d. Physik ed. L.\nW.\tGilbert Bd. I. 1805.\n9)\tLe baron Bl ein, Expos\u00e9 de quelques exp\u00e9riences nouveaux sur l\u2019acoustique\netc. 1827.\n10)\tW. Weber, Ueber die Tartini\u2019schen T\u00f6ne. Poggendorff\u2019s Annal, d.\nPhys. u. Chem. Bd. 15. 1829.\n11)\tG. G. H\u00e4llstr\u00f6m, Von den Combinationst\u00f6nen. Pogg. Ann. 24. 1832.\n12)\tA. Roeber, Untersuchungen des Herrn Scheibler \u00fcb. d. sog. Schl\u00e4ge,\nSchwebungen od. St\u00f6\u00dfe. Pogg. Ann. 32, 1834.\n13)\t--, Akustik, Repertor. d. Physik ed. Dove Bd. III. 1839. __\n14)\tPoggendorff, Zusatz (zu 12), ibid.\n15)\tG. S. Ohm, Bemerkungen \u00fcb. d. Combinationst\u00f6ne u. St\u00f6\u00dfe. Pogg. Ann.\n47. 1839.\n16)\t--, Noch ein paar Worte \u00fcber die Definition des Tones. Pogg. Ann.\n62. 1844.\n17)\tH. Helmholtz, Ueber Combinationst\u00f6ne. Pogg. Ann. 99. 1856.\n18)\t--, Ueber die Combinationst\u00f6ne. Monatsber. d. Preu\u00df. Acad. 1856.\n19)\t--, Theorie der Luftschwingungen in R\u00f6hren mit offenen Enden. Joum.\nf. d. reine u. angew. Mathem. ed. Crelle, Bd. 57, 1860.\n20)\t--, Bemerkung (zu dem Experimentalberichte Hummer\u2019s, cf. 28) 1886.\n21)\t\u2014\u2014, Die Lehre von den Tonempfindungen. 5. Ausg. 1896.\n22)\tE. Mach, Zur Theorie des Geh\u00f6rorgans. Sitzgsber. d. Wien. Acad. Bd. 482.\n1863 (unver\u00e4ndert abgedr. Prag 1872).\n23)\tR. Koenig, Ueber den Zusammenklang zweier T\u00f6ne. Pogg. Ann. 157.\n1876.\n----, Bemerkungen \u00fcb. d. Klangfarbe. Wied. Ann. d. Phys. u. Chem. Bd.\n14. 1881.\n~~\u2014, Quelques exp\u00e9riences d\u2019acoustique. 1882.","page":307},{"file":"p0308.txt","language":"de","ocr_de":"308\nFelix Krueger.\n26)\tW. Prey er, Akustische Untersuchungen 1879.\n27)\t---, Ueber Corabinationst\u00f6ne. Wied. Ann. 38. 1889.\n28)\t0. Lummer, Ueber eine empfindl. obj. Klanganalyse. Yerhandl. d. Berl.\nphys. Gesellseh. i. J. 1886. Jahrg. V, 1887.\n29)\tH. Dennert, Akustisch-physiol. Untersuchungen. Arch. f. Ohrenheilkunde\nBd. 24. 1887.\n30)\tM. Wien, Ueber d. Messung d. Tonst\u00e4rke. Wied. Ann. 36. 1889.\n31)\tW. Voigt, Ueber d. Zusammenklang zweier einfacher T\u00f6ne. Wied. Ann.\n40. 1890 (auch in Nacbr. v. d. Gotting. Ges. d. Wiss. 1890).\n32)\tC. Stumpf, Tonpsychologie, Bd. II, 1890.\n33)\t---, Ueber die Ermittelung v. Obert\u00f6nen, Wied. Ann. 57. 1896.\n34)\t---, Consonanz u. Dissonanz. Beitr. z. Akustik u. Musikwissensch. 1. Heft\n1898.\n35)\tL. Hermann, Zur Theorie der Combinationst\u00f6ne. Pfl\u00fcger\u2019s Archiv f. d.\nges. Physiologie etc., Bd. 49. 1891.\n36)\t\u2014, Beitr\u00e4ge zur Lehre v. d. Klangwahrnehmung. Pfl\u00fcg. Arch. 56. 1894.\n37)\t---, Zur Frage betr. d. Einfluss der Phasen auf die Klangfarbe. Wied.\nAnn. 58. 1896.\n38)\tW. Wundt, Grundz\u00fcge der physiol. Psychologie. Bd. I. 4. Aufl. 1893.\n39)\t---, Ist der H\u00f6rnerv direct durch Tonschwingungen erregbar? Philos. Stu-\ndien Bd. VIH. 1893.\n40)\t---, Akustische Versuche an einer labyrinthlosen Taube. Philos. Studien IX.\n1894.\n41)\t---, V\u00f6lkerpsychologie I. Bd. 1. Theil. 1900.\n42)\tA. W. H\u00fccker and W. Edser, On the objective reality of combination\ntones. Philos. Magazine T. 39; 5. ser. 1895.\n43)\tH. Pipping, Zur Lehre v. d. Vocalkl\u00e4ngen. Zeitschr. f. Biologie Bd. 31;\nN.F. Bd. 13. 1895.\n44)\tE. Sauberschwarz, Interferenzversuche mit Vocalkl\u00e4ngen. Pfl\u00fcg. Arch.\n61. 1895.\n45)\tFr. Bezold, Das H\u00f6rverm\u00f6gen der Taubstummen mit bes. Ber\u00fccks. der\nHelmholtz\u2019sehen Theorie u. s. w. 1896.\n46)\tM. Meyer, Ueber Combinationst\u00f6ne u. einige hierzu in Bez. steh, akust.\nErscheingn., Zeitschr. f. Psych, u. Physiol, d. S. 11. 1896.\n47)\t---, Zur Theorie d. Differenzt\u00f6ne u. d. Geh\u00f6rsempf. \u00fcberhaupt, Zeitschr. f.\nPsych. 16. 1898. (Abgedr. u. durch zwei Anh\u00e4nge vermehrt in:\n48)\t--- Beitr. zur Akust. u. Musikw. 2. Heft. 1898).\n49)\t---, Ueber die Function des Geh\u00f6rorgans. Verhandl. d. Berl. Physik. Ge-\nsellsch. 1898. 17. Jahrg.\n50)\t---, Zur Theorie des H\u00f6rens. Pfl\u00fcg. Arch. 78. 1899.\n51)\t---, Karl L. Schaefer\u2019s \u00bbNeue Erkl\u00e4rung der subj. Combinationst\u00f6ne\u00ab.\nPfl\u00fcg. Arch. 81. 1900.\n52)\tH. Ebbinghaus, Grundz\u00fcge der Psychologie. 1. Hlbbd. 1897.\n53)\t---, Bemerkungen zu der Abhandl. Meyer\u2019s \u00bbZur Theorie der Differenz-\nt\u00f6ne\u00ab u. s. w. Zeitschr. f. Psych. 16. 1898.\n54)\tH. Cornelius, Psychologie als Erfahrungswissenschaft. 1897.\n55)\tK. Ewald, Zur Physiologie des Labyrinths. VI. Mittheil. Eine neue H\u00f6r-\ntheorie, Pfl\u00fcg. Arch. 76. 1899.","page":308},{"file":"p0309.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Theorie der Combinationst\u00f6ne.\n309\n50) K. L. Schaefer, Eine neue Erkl\u00e4rung der suhj. Combinationst\u00f6ne auf Grund d. Helmholtz\u2019sehen Resonanzhypothese. Pfl\u00fcg. Arch. 78. 1899.\n57)\t__, Weitere Bemerkungen zu meiner \u00bbneuen Erkl\u00e4rung etc.\u00ab Pfl\u00fcg. Arch.\n83. 1900.\n58)\tH. Zwaardemaker, Ueber Intermittenzt\u00f6ne. Arch. f. Anat. u. Physiol.\ned. His u. du Bois-Reymond. Suppl. Bd. 1900.\n59)\tF. Krueger, Beobachtungen an Zweikl\u00e4ngen. Philos. Stud. 16. 1900.\n60)\tK. L. Schaefer u. O. Abraham, Studien \u00fcber Unterbrechungst\u00f6ne. I. Mit-\ntheil. Pfl\u00fcg. Arch. 83. 1901.","page":309},{"file":"p0310.txt","language":"de","ocr_de":"Inhalts\u00fcb ersieht.\nSoite\nEinleitung..................................................................185\nErstes Oapitel. Die That Sachen.....................................186\u2014216\na.\tEigene Beobachtungen \u00fcber die Combinationserscheinungen . . 186\nb.\tHistorisch vorliegende Angaben................................189\nZweites Capitel. Vorfragen f\u00fcr die Erkl\u00e4rung der Combinationserscheinungen.............................................. 216\u2014252\n1.\tObjective und subjective Combinationst\u00f6ne..............216\n2.\tDie Combinationserscheinungen und die Obert\u00f6ne. (Neue Interferenzversuche) .............................................219\na.\tObert\u00f6ne und Schwebungen..............................227\nb.\tObert\u00f6ne und Differenzt\u00f6ne............................230\n3.\tSchwebungen, \u00bbSto\u00dft\u00f6ne\u00ab und Differenzt\u00f6ne. Die Intensit\u00e4tsverh\u00e4ltnisse ................................................237\nDrittes Capitel. Die physiologischen Theorien.................. 252\u2014306\n1.\tHelmholtzens Theorie der subjectiven Combinationst\u00f6ne .\t.\t252\n2.\tErweiterungen der (Ohm-)Helmholtz\u2019schen Theorie des H\u00f6rens 256\na.\tDie Theorie der Schwebungst\u00f6ne (Koenig). Die Unter-\nbreohungs- und Variationst\u00f6ne..........................256\nb.\tVoigt\u2019s Versuch einer mathematischen Ableitung der Combinationst\u00f6ne ...........................................265\nc.\tDie Theorie der directen Erregbarkeit des H\u00f6merven (Wundt) 266\nd.\tHermann\u2019s Theorie des phasenwechselnden Mitteltones. . 268\ne. Ebbinghaus\u2019 Erweiterung der Resonanzhypothese.\nZwischenton. \u00bbUntert\u00f6ne\u00ab................................272\n3.\tDie Summationst\u00f6ne und die \u00bbsubjectiven Obert\u00f6ne\u00ab...........278\n4.\tNeue Theorien des H\u00f6rens....................................282\na.\tMeyer\u2019s Theorie der Wellenzerlegung.....................282\nb.\tEwald\u2019s Theorie der Schallbilder........................288\n5.\tSchaefer\u2019s Erkl\u00e4rung der subjectiven Combinationst\u00f6ne auf\nGrund der Resonanzhypothese.................................299\nZusammenfassung........................................................305\nLitteratur.............................................................307","page":310}],"identifier":"lit4557","issued":"1901","language":"de","pages":"185-310","startpages":"185","title":"Zur Theorie der Combinationst\u00f6ne","type":"Journal Article","volume":"17"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T14:22:56.692273+00:00"}