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{"created":"2022-01-31T14:25:17.874024+00:00","id":"lit4560","links":{},"metadata":{"alternative":"Philosophische Studien","contributors":[{"name":"Marbe, Karl","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Philosophische Studien 17: 462-465","fulltext":[{"file":"p0462.txt","language":"de","ocr_de":"Berichtigung.\nYon\nEarl Marbe.\nAuf S. 116 f. des vorliegenden Bandes der \u00bbPhilosophischen Studien\u00ab hat G. F. Lipps einige Bemerkungen \u00fcber meine Schrift \u00bbNaturphilosophische Untersuchungen zur Wahrscheinlichkeitslehre\u00ab (Leipzig 1899) mitgetheilt, welche geeignet sind, \u00fcber den Inhalt derselben g\u00e4nzlich verkehrte Anschauungen zu verbreiten. Dieser Umstand bestimmt mich, die Lipps\u2019sehen Ausf\u00fchrungen zu berichtigen.\nWenn man eine M\u00fcnze einmal in die H\u00f6he wirft, so sind zwei (21) Ergebnisse denkbar: entweder f\u00e4llt Wappen oder Zahl. Wirft Tnan zweimal, so sind vier (22) Ergebnissgruppen (Wappen, Wappen oder Wappen, Zahl oder Zahl, Wappen oder Zahl, Zahl) denkbar. Wirft man n mal nacheinander, so sind 2\" Gruppen denkbar. Unter diesen 2n Gruppen besteht eine aus lauter Wappen und eine aus lauter Zahlen. Solche aus gleichen Elementen bestehende Gruppen nenne ich, um was f\u00fcr Elemente und um wieviel es sich auch handeln mag, reine Gruppen. Ich habe nun im Gegensatz zu der allgemein verbreiteten, vom rein mathematischen Standpunkt aus \u00fcbrigens durchaus richtigen Ansicht (auf S. 7 f. meiner Schrift, nicht auf S. 71, wie Lipps infolge eines Druckfehlers angibt) behauptet, dass in den F\u00e4llen, wo man die Wahrscheinlichkeitsrechnung anzuwenden pflegb reine Gruppen nicht Vorkommen, wenn n eine gewisse Anzahl \u00fcber steigt. Zu dieser Ansicht wurde ich durch logische Ueberlegungen (S. 7 ff.) gef\u00fchrt. Diese haben sich, nachdem von mir angestellt\u00ae Experimente zu keinem Ergebniss gef\u00fchrt hatten, hei den Boulette-spielresultaten (S. 15 ff.) best\u00e4tigt und wurden durch theoretisc e Ueberlegungen naturphilosophischer Art (S. 30 ff.) von mir begr\u00fcn e","page":462},{"file":"p0463.txt","language":"de","ocr_de":"Berichtigung.\n463\nIjipps sagt nun zun\u00e4chst, ich st\u00fctzte mich auf Behauptungen d\u2019Alembert\u2019s. Demgegen\u00fcber ist zu bemerken, dass ich mich ganz und gar nicht auf d\u2019Alembert \u00bbst\u00fctze\u00ab, sondern vielmehr (S. 10) d\u2019Alembert vorgeworfen habe, dass er seine, \u00fcbrigens werthvollen Behauptungen nicht zu begr\u00fcnden versucht hat. Ich st\u00fctze mich auf meine logischen Ueherlegungen, den Ausfall der Roulettespiel -resultate und ganz besonders auf meine naturphilosophischen Ausf\u00fchrungen, in denen ich eine \u00fcberzeugende Begr\u00fcndung (S. 30 oben) meiner Ansichten sehe.\nLipps behauptet weiterhin, ich stellte zu strenge Anforderungen hinsichtlich der Uebereinstimmung zwischen theoretisch berechneten und empirisch gefundenen Wahrscheinlichkeitswerthen. Er finde daher im Gegensatz zu mir in meinen eigenen Versuchen eine hinreichende Best\u00e4tigung der \u00fcblichen Auffassungsweise, da man doch nicht mehr verlangen k\u00f6nne, als dass die beobachtete Anzahl reiner Gruppen einmal kleiner, ein andermal gr\u00f6\u00dfer sei als die theoretisch bestimmte Anzahl. Durch diese Bemerkungen wird der Anschein erweckt, als h\u00e4tte ich auch auf Grund meiner Experimente meine theoretischen Anschauungen zu st\u00fctzen versucht. Dies ist aber durchaus nicht der' Fall. Ich habe aus meinen (3 \u2022 400) Experimenten weiter nichts geschlossen, als dass die Zahl von je 400 Versuchen f\u00fcr den Zweck meiner Untersuchung zu klein ist (S. 14), und ich habe nach einigen weiteren Erw\u00e4gungen das Experimentiren g\u00e4nzlich aufgegeben (S. 15). \u2014 Wenn hingegen Lipps in meinen Versuchen eine Best\u00e4tigung der \u00fcblichen Anschauungen zu finden glaubt, so ist seine Ansicht durchaus falsch. Wenn man Untersuchungen dar\u00fcber anstellen will, ob gewisse Ereignisse oder Er-eignissgruppen in dem auf Grund der Wahrscheinlichkeitsrechnung am meisten wahrscheinlichen Verh\u00e4ltniss auf treten oder ob sie h\u00e4ufiger oder seltener Vorkommen, so ist es bekanntlich erforderlich, das empirische Material in eine gr\u00f6\u00dfere Anzahl sogenannter Eractionen einzutheilen und f\u00fcr die einzelnen Fractionen zu untersuchen, wie sie sich zu den Ergebnissen der Rechnung verhalten. Erst wenn sich eme Abweichung von der Rechnung oder eine Uebereinstimmung derselben in der \u00fcberwiegenden Mehrzahl der Fractionen nach-^eisen l\u00e4sst, darf man einen Schluss \u00fcber das Verh\u00e4ltniss von Erfahrung und Rechnung ziehen. Wenn man demnach nur 3 \u2022 400","page":463},{"file":"p0464.txt","language":"de","ocr_de":"464\nKarl Marte.\nVersuche angestellt hat und wenn sich dabei zeigt, dass in einer Fraction \u00e0 400 die reinen Gruppen seltener und dass sie in den zwei anderen Fractionen \u00e0 400 h\u00e4ufiger Vorkommen, als man auf Grund der Rech nung erwarten m\u00fcsste, so kann man hieraus keineswegs schlie\u00dfen dass hei den fraglichen Versuchen die reinen Gruppen h\u00e4ufiger Vorkommen, als die Rechnung erwarten l\u00e4sst, und man kann noch viel weniger, wie Lipps will, schlie\u00dfen, dass bei solchen Versuchen Rechnung und Erfahrung im Einklang stehen\nDer Mangel an Ber\u00fccksichtigung der Principien, welche im Gebiet des Wahrscheinlichen f\u00fcr den Vergleich von Erfahrung und Rechnung ma\u00dfgebend sein m\u00fcssen, veranlasst Lipps, auch meine Schl\u00fcsse aus den Spielresultaten in ungerechtfertigter Weise zu kritisiren. Er sagt n\u00e4mlich, um meine Ansicht \u00fcber das Ausbleiben der reinen Gruppen bei einer gewissen Gr\u00f6\u00dfe von n zu ersch\u00fcttern, die Differenz zwischen Theorie und Erfahrung beim Roulettespiel sei einzeln betrachtet (d. h. wenn man jede der Fractionen, in welche ich das Gesammtmaterial eintheilte, f\u00fcr sich untersucht) gar nicht ung\u00fcnstig. Aber nicht auf die Abweichungen zwischen Erfahrung und Rechnung, die jede Fraction f\u00fcr sich aufweist, kommt es an, sondern vielmehr auf das allgemeine Verhalten der Gesammtheit dieser Abweichungen. Dieses Verhalten lehrt, wie Lipps zugibt, dass beim Roulettespiel die beobachteten reinen Gruppen hinter den theoretisch zu fordernden Zur\u00fcckbleiben. Uebrigens ist es, wie eine sehr elementare Betrachtung lehrt, zweckm\u00e4\u00dfig und daher sachlich begr\u00fcndet, den Vergleich zwischen der wirklichen und der wahrscheinlichen Anzahl der reinen Gruppen auf deren Quotienten und nicht, wie Lipps will, auf deren Differenz zu gr\u00fcnden. Denn die Quotienten, nicht aber die Differenzen sind unabh\u00e4ngig von der Gr\u00f6\u00dfe der untersuchten Fractionen und der Anzahl der ben\u00fctzten Gruppen.\nLipps tadelt weiterhin meine Verallgemeinerung der Resultate des Roulettespiels. Dass reine Gruppen von einer gewissen Gr\u00fc\u00dfe \u00fcberhaupt nicht mehr Vorkommen, folge aus ihnen nicht. Dabei stellt er die ganze Sache so dar, als h\u00e4tte ich weiter nichts gethan, als, gest\u00fctzt auf Behauptungen d\u2019Alembert\u2019s, Experimente angestellt und Spielresultate untersucht und als h\u00e4tte ich aus diesen Ergebnissen den allgemeinen Schluss gezogen, dass die d\u2019Alembert sehen hauptungen zutreffen. Dass ich zun\u00e4chst ohne die d\u2019Alembert sehen","page":464},{"file":"p0465.txt","language":"de","ocr_de":"Berichtigung.\n465\nDarlegungen zu kennen auf Grund logischer Erw\u00e4gungen zu denselben Ansichten gelangt hin wie er, dass sich diese Ansichten bei der Untersuchung des Roulettespiels bew\u00e4hrt haben und dass ich sie infolge der Uebereinstimmung der logischen Erw\u00e4gungen und der Spielresultate (vergl. S. 26) verallgemeinern zu k\u00f6nnen glaubte, sagt Lipps nicht. Endlich verschweigt er, dass ich die Hauptst\u00fctze meiner Ansichten in meinen naturphilosophischen Ausf\u00fchrungen sehe.\nEine ganz falsche Vorstellung \u00fcber den Zweck meiner Schrift erweckt Lipps' letzte Bemerkung. Er meint, die Unm\u00f6glichkeit eines Beweises f\u00fcr meine Ansichten erhelle aus folgendem Beispiel: \u00bbEs sind zwei Variet\u00e4ten einer Pflanzenspecies denkbar, deren relative H\u00e4ufigkeiten oder Wahrscheinlichkeiten f\u00fcr einen gewissen Landstrich bestimmt werden sollen. Die beiden Variet\u00e4ten k\u00f6nnen nun gleichm\u00e4\u00dfig gemischt sein; dann wird man keine reinen Gruppen finden. Es kann aber auch eine Variet\u00e4t blo\u00df auf den Bergen und die andere blo\u00df in der Ebene Vorkommen; dann wird man beliebig gro\u00dfe reine Gruppen finden, falls man ausschlie\u00dflich auf den Bergen oder in der Ebene botanisirt; man kann ferner eine beliebige Mischung der beiden Variet\u00e4ten erhalten, wenn man die Pflanzen den verschiedenartigen Standorten entnimmt.\u00ab Nun bin ich aber doch niemals auf die Idee verfallen, zu behaupten, es sei unm\u00f6glich, Beispiele zu fingiren, in denen beliebig gro\u00dfe reine \"Gruppen Vorkommen k\u00f6nnen. Ich habe lediglich behauptet, dass in den F\u00e4llen, in welchen man die Wahrscheinlichkeitsrechnung anzuwenden pflegt, reine Gruppen ^on einer gewissen Gr\u00f6\u00dfe an nicht mehr Vorkommen, und ich habe die F\u00e4lle, die ich in erster Linie im Auge hatte, der Reihe nach behandelt: es sind die Gl\u00fccksspiele, die Massenerscheinungen der menschlichen Gesellschaft und die Beobachtungsfehler. Schon im Vorwort meiner Schrift habe ich darauf hingewiesen, dass ich nicht \u00fcber mathematische Probleme, sondern \u00fcber thats\u00e4chliche Fragen geschrieben habe, \u00fcber den thats\u00e4chlichen Verlauf der Vorg\u00e4nge \u2019mmlich, auf welche man die Wahrscheinlichkeitsrechnung anzuwenden Pflegt. Will man \u00fcber diesen Verlauf Aussagen machen, so muss r(latl ibn untersuchen, nicht aber Beispiele fingiren, deren Ueberein-st\u00fbumung mit der Rechnung man von vornherein voraussetzt.","page":465},{"file":"p0466.txt","language":"de","ocr_de":"Druckfehlerberichtigung :\nS.\t205\tZeile\t14\tist\tzu\tlesen:\t*Di oder\u00ab statt: Dt \u2014 oder.\n\u00bb\t22?\t\u00bb\t16\t\u00bb\t\u00bb\t\u00bb\t\u00bbAussagen\u00ab nach: Protocol!\n\u00bb\t268\t\u00bb\t11\t\u00bb\t\u00bb\t\u00bb\t\u00bbCorti\u2019sche Organ\u00ab statt: Labyrinth.","page":466}],"identifier":"lit4560","issued":"1901","language":"de","pages":"462-465","startpages":"462","title":"Berichtigung","type":"Journal Article","volume":"17"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T14:25:17.874029+00:00"}