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{"created":"2022-01-31T14:24:35.683298+00:00","id":"lit4570","links":{},"metadata":{"alternative":"Philosophische Studien","contributors":[{"name":"Fischer, Otto","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Philosophische Studien 19: 128-163","fulltext":[{"file":"p0128.txt","language":"de","ocr_de":"Ueber die Bedingungen und den Beginn der Abl\u00f6sung der Fersen vom Boden.\nVon\nOtto Fischer.\nLeipzig.\nMit 4 Figuren.\nF\u00fcr eine zu Ehren des Herrn Geheimen Raths Professor W. Wundt veranstaltete Festschrift ein Thema zu finden, welches zu den Leistungen des hochverehrten Jubilars in Beziehung steht, f\u00e4llt dank der bewunderungsw\u00fcrdigen Vielseitigkeit desselben auch denjenigen unter seinen Sch\u00fclern nicht schwer, welche nicht mit der Philosophie in enger Ber\u00fchrung geblieben sind. So m\u00f6ge denn der folgende Beitrag zur Muskelmechanik in erster Linie dem Verfasser der \u00bbLehre von der Muskelbewegung\u00ab ') und des \u00bbHandbuchs der medicinischen Physik\u00ab1 2) zu seinem 70. Geburtstage als Zeichen der dauernden Verehrung und Dankbarkeit ehrerbietigst gewidmet sein.\nDurch die zahlreichen Schriften, welche seit mehreren Jahren im Anschluss an den bekannten Web er\u2019sehen Versuch zur Bestimmung der absoluten Muskelkraft \u00fcber die Frage des Abl\u00f6sens der Ferse vom Boden ver\u00f6ffentlicht worden sind, kann das rein statische Problem des Stehens auf den Zehen als gel\u00f6st angesehen werden, soweit hei der Aufstellung der Gleichgewichtshedingungen nicht auch der Beweglichkeit in den Knie- und H\u00fcftgelenken Rechnung getragen werden soll. Wenn auch noch Verschiedenheiten in der Auffassung\n1)\tBraunschweig, Verlag von Friedrich Vieweg u. Sohn. 1858.\n2)\tErlangen, Verlag von Friedrich Enke. 1867.","page":128},{"file":"p0129.txt","language":"de","ocr_de":"Ueber die Bedingungen u. den Beginn d. Abl\u00f6sung d. Fersen v. Boden. 129\ndes ganzen Mechanismus vorhanden sind, so besteht doch hinsichtlich der, urspr\u00fcnglich von Ed. Weber falsch angegebenen Bedingungen des Gleichgewichts jetzt im wesentlichen Uebereinstimmung. Bei der Discussion des statischen Problems sind nun auch von verschiedenen Seiten kinetische Fragen gestreift worden, ohne dass \u00fcber dieselben bis jetzt vollkommene Einigung erzielt w\u00e4re.\nEs soll daher im Folgenden das Zustandekommen der Abl\u00f6sungsbewegung klargelegt und insbesondere untersucht werden, unter welchen Bedingungen ein, wenn auch noch so minimales Abl\u00f6sen der Fersen vom Boden \u00fcberhaupt eintreten kann.\nSo einfach vom Standpunkte der Mechanik aus das Gleichgewichtsproblem des Stehens mit erhobenen Fersen erscheint, so l\u00e4sst sich von vornherein nicht verkennen, dass man es bei der Untersuchung des Abl\u00f6sungsvorganges mit complicirteren Verh\u00e4ltnissen zu thun hat. W\u00e4hrend in jenem Falle die Massen der beiden Abschnitte des K\u00f6rpers nur insofern eine Bolle spielen, als sie die Lage der Schwerpunkte und die in ihnen angreifenden Gewichtskr\u00e4fte bestimmen, kommt f\u00fcr die Bewegung auch die Vertheilung der Masse innerhalb der beiden Abschnitte in Frage, soweit dieselbe in der Gr\u00f6\u00dfe der Tr\u00e4gheitsmomente ihren Ausdruck findet. Au\u00dferdem ist dabei vor allen Dingen der Einfluss in B\u00fccksicht zu ziehen, welchen die einem K\u00f6rpertheil ertheilte Beschleunigung auf den anderen aus\u00fcbt. Es wird sich auch zeigen, dass die Kenntniss des Hebelgesetzes, etwa verbunden mit einem gewissen Gef\u00fchl f\u00fcr mechanische Wahrheiten, nicht ausreicht, um das kinetische Problem in allen Theilen exact zu l\u00f6sen. Die Verh\u00e4ltnisse sind jedoch immer noch einfach genug, dass die L\u00f6sung sich in elementarer und anschaulicher Weise darstellen l\u00e4sst.\nEs m\u00f6gen nun zun\u00e4chst diejenigen S\u00e4tze der Mechanik kurz angef\u00fchrt werden, deren Kenntniss zum Verst\u00e4ndniss der folgenden Auseinandersetzungen erforderlich ist.\nWenn ein starrer K\u00f6rper sich nur um eine im Baume feststehende Axe drehen kann, so wird jede Kraft, deren Bichtung nicht gerade durch die Axe hindurchgeht oder derselben parallel l\u00e4uft, wenn sie allein wirkt, den K\u00f6rper in Drehung versetzen. F\u00fcr die Gr\u00f6\u00dfe dieser Drehung kommt nur dann die ganze Kraft in Betracht, wenn sie zu der Axe senkrecht gerichtet oder, mit anderen Worten, einer Ebene parallel ist, welche auf der Drehungsaxe senkrecht steht. Ist das\nWundt, Philos. Studien. XIX.\t9","page":129},{"file":"p0130.txt","language":"de","ocr_de":"130\nOtto Fischer.\nletztere nicht der Fall, so hat man sich die Kraft in zwei rechtwinklige Oomponenten zerlegt zu denken, von denen die eine in der Richtung der Axe verl\u00e4uft, dann ist die andere zu derselben senkrecht gerichtet. Nur die letztere Componente kann auf den K\u00f6rper drehend einwirken ; ist ihre Gr\u00f6\u00dfe K und der k\u00fcrzeste Abstand ihrer Kichtung von der der Drehungsaxe k, so wird das von der Kraft in Bezug auf die feste Axe ausge\u00fcbte Drehungsmoment D durch das Product Kk gemessen. Die Gr\u00f6\u00dfe der eintretenden Drehung h\u00e4ngt nun au\u00dferdem von der Massenvertheilung im K\u00f6rper um die Drehungsaxe ah, soweit dieselbe in dem Tr\u00e4gheitsmoment in Bezug auf die Axe ihren Ausdruck findet. Besitzt dieses Tr\u00e4gheitsmoment die Gr\u00f6\u00dfe M, so wird die von der Kraft dem K\u00f6rper mitgetheilte Winkel-heschleunigung co um die feste Drehungsaxe durch den Quotient I) : M bestimmt. Das Drehungsmoment D seihst ist also gleich dem Product Mw. Greifen zugleich mehrere Kr\u00e4fte an dem K\u00f6rper an, so gilt dieselbe Beziehung, wenn man unter D das resultirende Drehungsmoment aller Kr\u00e4fte K versteht. Von besonderer Bedeutung f\u00fcr das Problem der Fersenahl\u00f6sung ist der Fall, dass an dem K\u00f6rper an verschiedenen Punkten in einer zur Drehungsaxe senkrechten Ebene zwei Kr\u00e4fte von gleicher Gr\u00f6\u00dfe, aber genau entgegengesetzter Kichtung angreifen. Zwei solche Kr\u00e4fte kann man nach dem Vorgang von P o i n s o t als zusammengeh\u00f6rig auf fassen; man nennt sie dann ein Kr\u00e4fte paar. Das resultirende Drehungsmoment der beiden Kr\u00e4fte eines Kr\u00e4ftepaares wird, wovon man sich leicht \u00fcberzeugen kann, durch das Product aus der Gr\u00f6\u00dfe einer der beiden Kr\u00e4fte und dem Arm des Paares, d. h. dem Abstand der beiden Kraftrichtungen, gemessen. Jedem Kr\u00e4ftepaar kommt dabei ein bestimmter Drehungssinn zu.\nIst die Axe, um welche sich der starre K\u00f6rper drehen kann, nicht im Raume fest, sodass sie w\u00e4hrend der Drehung selbst eine Bewegung ausf\u00fchrt, oder besitzt der K\u00f6rper \u00fcberhaupt viel gr\u00f6\u00dfere Freiheit in seiner Bewegung, so-kann man sich die Wirkung einer Kraft am besten dadurch veranschaulichen, dass man die Bewegung, welche die Kraft dem Schwerpunkte des starren K\u00f6rpers ertheilt, und die Drehung, welche der K\u00f6rper um den Schwerpunkt erleidet, gesondert in Betracht zieht.\nEs stellt sich n\u00e4mlich heraus, dass die Bewegung des Schwerpunktes gerade so ausf\u00e4llt, als ob die ganze Masse des K\u00f6rpers in ihm vereinigt w\u00e4re, und auch die Kraft direct an ihm angriffe. Ist","page":130},{"file":"p0131.txt","language":"de","ocr_de":"Ueber die Bedingungen u. den Beginn d. Abl\u00f6sung d. Fersen v. Boden. 131\nK die Gr\u00f6\u00dfe der Kraft und m die Masse des K\u00f6rpers, so erf\u00e4hrt demnach der Schwerpunkt eine Beschleunigung y, welche durch den Quotient K : m gemessen wird. Die Kraft K muss daher gleich dem Product my sein, welches man als die Effectivkraft des Schwerpunktes bezeichnet. Greifen zugleich mehrere Kr\u00e4fte an dem starren K\u00f6rper an, so gilt wiederum dieselbe Beziehung, wenn man unter K die Resultante s\u00e4mmtlicher nach dem Schwerpunkt verlegt gedachter Kr\u00e4fte versteht.\nWeiterhin ergibt sich, dass die Drehung des starren K\u00f6rpers um den Schwerpunkt gerade so stattfindet, als wenn der Schwerpunkt festgehalten w\u00e4re. Die Kraft \u00fcbt dann ein Drehungsmoment D0 um den Schwerpunkt aus, welches durch das Product Kk0 gemessen wird, unter kQ den Abstand der Kraftrichtung vom Schwerpunkt verstanden. Die Axe, um welche dabei die Kraft den K\u00f6rper zu drehen sucht, steht im Schwerpunkt senkrecht auf der Ebene, die den Schwerpunkt mit der Kraftrichtung verbindet; sie soll kurz die \u00bbAxe des Drehungsmoments\u00ab hei\u00dfen. Die Drehung seihst findet nun, was wohl zu beachten ist, im allgemeinen nicht um die Axe des Drehungsmomentes statt. Dies ist hei vollkommen freier Bewegung des K\u00f6rpers nur der Fall, wenn die Axe des Drehungsmomentes mit einer Haupttr\u00e4g-heitsaxe oder, wie man sie auch nennt, einer freien Axe des starren K\u00f6rpers zusammenf\u00e4llt. Da diese Voraussetzung hei der Bewegung des Abl\u00f6sens der Ferse f\u00fcr die beiden Abschnitte des K\u00f6rpers gen\u00fcgend genau erf\u00fcllt ist, so braucht also hier nur der specielle Fall in Betracht gezogen zu werden, dass die Drehung des K\u00f6rpers that-s\u00e4chlich um die Axe des Drehungsmomentes stattfindet. Besitzt der starre K\u00f6rper in Bezug auf diese Axe durch den Schwerpunkt das Tr\u00e4gheitsmoment M0, so wird wiederum die Winkelbeschleunigung ioQ, welche von der Kraft dem K\u00f6rper um die betreffende Schwerpunkts-axe mitgetheilt wird, durch den Quotient D0 : M0 gemessen. Demnach ist das Drehungsmoment D0 selbst wieder gleich dem Product M0ci)0. Bei mehreren Kr\u00e4ften bedeutet D0 das resultirende Drehungsmoment s\u00e4mmtlicher Kr\u00e4fte.\nMan k\u00f6nnte nat\u00fcrlich auch hei einem um eine im Baume fest\u00e9 Axe drehbaren K\u00f6rper, sofern die Axe nicht durch den Schwerpunkt hindurchgeht, nach der Bewegung des Schwerpunktes und-der Drehung um den Schwerpunkt fragen, und auf diese Weise den\n9*\t. \u00bb","page":131},{"file":"p0132.txt","language":"de","ocr_de":"132\nOtto Fischer.\nBewegungseffect der einwirkenden Kraft ableiten. Man w\u00fcrde dann ebenfalls zum Ziele gelangen. Der Umstand, dass in diesem Falle die Bewegung des Schwerpunktes in enger Beziehung zu der Drehung um die feste Axe steht, l\u00e4sst es jedoch als zweckm\u00e4\u00dfiger erscheinen, gleich die Drehung um diese Axe in Betracht zu ziehen, denn man gewinnt dadurch den Yortheil, die an der fixirten Axe selbst angreifenden Kr\u00e4fte unber\u00fccksichtigt lassen zu k\u00f6nnen. Dagegen w\u00fcrde man zu absolut falschen Resultaten gelangen, wenn man bei einem K\u00f6rper, der sich um eine zwar im K\u00f6rper feste, aber in Bezug auf den ruhenden Raum in Bewegung begriffene Axe dreht, die drehende Einwirkung einer Kraft so auffassen wollte, als oh die Axe auch im Raume fest w\u00e4re. Denn durch jede Beschleunigung, welche die Axe erf\u00e4hrt, wird im allgemeinen auch die Drehung des K\u00f6rpers um diese Axe modificirt. Dies kommt beim Problem der Fersenabl\u00f6sung vor allen Dingen f\u00fcr die Bewegung des um die obere Sprunggelenk-axe drehbaren K\u00f6rperabschnittes in Betracht.\nDie angef\u00fchrten S\u00e4tze beziehen sich zun\u00e4chst zwar nur auf die Bewegung eines einzigen starren K\u00f6rpers. Es zeigt sich aber, dass mit ihrer H\u00fclfe auch die Abh\u00e4ngigkeit der Bewegungen der einzelnen Theile eines Gelenksystems von den einwirkenden Kr\u00e4ften in ver-h\u00e4ltnissm\u00e4\u00dfig einfacher Weise dargestellt werden kann. Man hat sich zu diesem Zwecke nur dar\u00fcber Rechenschaft zu geben, in welcher Weise ein jeder von zwei durch ein Gelenk verbundenen K\u00f6rperteilen durch Vermittelung des Gelenkes auf den anderen einwirkt. Rechnet man alle diese als Druck oder Zug in einem Gelenk sich \u00e4u\u00dfernden Einwirkungen den \u00fcbrigen am K\u00f6rperteil angreifenden Kr\u00e4ften hinzu, so braucht man dann keine R\u00fccksicht mehr auf den Zusammenhang mit den \u00fcbrigen K\u00f6rperteilen zu nehmen, und kann also direct die f\u00fcr einen einzigen starren K\u00f6rper geltenden Gesetze zur Verwendung bringen. \u2014\nNach diesen allgemeinen Auseinandersetzungen, welche geeignet sein d\u00fcrften, die folgende Untersuchung ganz allgemein verst\u00e4ndlich zu machen, soll nun auf das specielle Problem des Abl\u00f6sens der Ferse vom Boden selbst eingegangen sein.\nUm die mechanischen Verh\u00e4ltnisse m\u00f6glichst einfach zu gestalten, sei angenommen, dass die beiden F\u00fc\u00dfe mit ihren L\u00e4ngsaxen parallel stehen und sich beim Abl\u00f6sen der Fersen gleichzeitig um eine","page":132},{"file":"p0133.txt","language":"de","ocr_de":"Ueher die Bedingungen u. den Beginn d. Abl\u00f6sung d. Fersen v. Boden. 133\ngemeinsame feste Axe durch das K\u00f6pfchen des I. Metatarsus jeder Seite drehen. Der Umstand, dass in Wirklichkeit die Drehungsaxe heim Erheben auf die Zehen etwas nach vom wandert *), f\u00e4llt in Anbetracht der sonstigen vereinfachenden Voraussetzungen f\u00fcr den Beginn des Abl\u00f6sens der Fersen nicht ins Gewicht. Da die beiden F\u00fc\u00dfe identische Bewegungen ausf\u00fchren sollen, so k\u00f6nnen sie zusammen als einziger starrer K\u00f6rper behandelt werden; die Masse desselben sei mit to, bezeichnet. In gleicher Weise soll der ganze \u00fcbrige K\u00f6rper mit Ausnahme der F\u00fc\u00dfe als starrer K\u00f6rper aufgefasst werden, der sich nur um die gemeinsame Axe der oberen Sprunggelenke beider Seiten drehen kann; die Masse desselben sei to2. Unter diesen Voraussetzungen erscheint also der ganze K\u00f6rper als aus zwei starren Abschnitten zusammengesetzt, von denen der erste sich gegen den Fu\u00dfboden um die durch die I. Metatarsusk\u00f6pfchen gehende Axe, dagegen der zweite sich gegen den ersten um die Axe der oberen Sprunggelenke drehen kann. Beide Axen stehen auf der Medianebene des K\u00f6rpers senkrecht; ihre Schnittpunkte mit dieser Ebene seien M und F (Fig. 1). In die Medianebene fallen auch die Schwerpunkte S{ und St beider Abschnitte; dabei liegt der Schwerpunkt Sl des ersten Abschnittes nahezu in der Verbindungslinie der beiden Axenpunkte M und F. Macht man noch die ann\u00e4hernd verwirklichte Annahme, dass alle auf die beiden Abschnitte einwirkenden Kr\u00e4fte der Medianebene parallel laufen, und beachtet, dass auch die Bewegung des Abl\u00f6sens der F\u00fc\u00dfe parallel dieser Ebene stattfindet, so gen\u00fcgt es, den ganzen K\u00f6rper mit allen Kr\u00e4ften auf diese Ebene projicirt zu denken, und nur die Bewegungen in dieser Projection zu untersuchen. Die Verbindungsstrecken MF und FSt sollen kurz die L\u00e4ngsaxen der beiden Abschnitte hei\u00dfen; die erstere bilde mit der nach hinten gerichteten Horizontalen den Winkel cpi, die letztere den Winkel </),. Durch diese beiden Winkel ist dann die Haltung, und durch die Aenderungen derselben die Bewegung des ganzen K\u00f6rpers eindeutig bestimmt. Insbesondere bildet die L\u00e4ngsaxe des zweiten Abschnittes mit der Verl\u00e4ngerung der L\u00e4ngsaxe des ersten Abschnittes \u00fcber F hinaus den Winkel cp.2\u2014r/>,, welcher mit ip bezeichnet sein\n1) Vgl. Gr\u00fctzner, Ueber den Mechanismus des Zehenstandes. Archiv f. d. ges. Physiologie. Bd. LXXIII, S. 631.\t,\t-","page":133},{"file":"p0134.txt","language":"de","ocr_de":"134\nOtto Fischer.\nFig. 1.\nsoll ; der Winkel zwischen den beiden L\u00e4ngsaxen selbst ist der Sup-plementswinkel von xp.\nAuf den ersten Abschnitt wirken nun folgende Kr\u00e4fte ein, die ihn zu drehen suchen. Erstens im Schwerpunkt S{ das vertical nach unten ziehende Gewicht Gi beider F\u00fc\u00dfe. Zweitens an den Ansatzstellen der \u00fcber die Sprunggelenke hinwegziehenden Muskeln, die durch active Contraction oder auch nur durch die elastische Spannung derselben hervorgerufenen Muskelkr\u00e4fte in der Richtung nach dem zweiten Abschnitt hin. Drittens in F der Druck, welchen der zweite Abschnitt infolge des Gelenkzusammenhanges auf den ersten aus\u00fcbt. Dieser ist nach dem Newton-schen Princip der Gleichheit von Action und Reaction genau entgegengesetzt gleich der Einwirkung, die der zweite Abschnitt in F von Seiten des ersten erf\u00e4hrt. Die Kraft, mit welcher der erste Abschnitt in F auf den zweiten einwirkt, muss aber nach den fr\u00fcheren Auseinandersetzungen nach Gr\u00f6\u00dfe und Richtung gerade so beschaffen sein, dass sie im Verein mit den \u00fcbrigen am zweiten Abschnitt angreifenden \u00e4u\u00dferen Kr\u00e4ften dem Schwerpunkte St seine Beschleunigung ertheilt. Es ist daher n\u00f6thig, gleichzeitig n\u00e4her auf die Bewegung des zweiten Abschnitts einzugehen.\nBleibt insbesondere St in Ruhe, oder f\u00fchrt derselbe eine gleichf\u00f6rmige geradlinige Bewegung aus, bei welcher also die Beschleunigung den Werth Null besitzt, so muss zwischen den genannten Kr\u00e4ften Gleichgewicht bestehen, wenn man sie nach einem Punkte verlegt. Daraus ergibt sich nach dem Princip der Gleichheit von Action und Reaction unmittelbar, dass bei ruhen-","page":134},{"file":"p0135.txt","language":"de","ocr_de":"Ueber die Bedingungen u. den Beginn d. Abl\u00f6sung d. Fersen v. Boden. 135\ndem <S'2 der r\u00fcckw\u00e4rts von Seiten des zweiten Abschnitts in F auf den ersten Abschnitt ausge\u00fcbte Druck sich als die Resultante s\u00e4mmt-licher am zweiten Abschnitt angreifenden Kr\u00e4fte darstellt, nachdem dieselben alle nach F verlegt worden sind.\nZu Beginn des Abl\u00f6sens der Fersen aus der Ruhe erf\u00e4hrt nun aber im allgemeinen St eine Beschleunigung. Diese wird hier, wo noch keine Winkelgeschwindigkeiten vorhanden sind, allein durch die Winkelbeschleunigungen cp\" und r/>2\" bestimmt, mit denen bei der Bewegung die beiden L\u00e4ngsaxen MF und F8% ihre Neigung gegen die Horizontalebene ver\u00e4ndern. Man kann die Beschleunigung von auffassen als die Resultante aus der Beschleunigung des Punktes F und der zu diesem Punkte relativen Beschleunigung von 8V Der Punkt F beschreibt bei allen Bewegungen einen Kreis um M\\ seine Beschleunigung aus der Ruhe besitzt daher die Richtung der Tangente an die Kreisbahn und die Gr\u00f6\u00dfe l,q>\"7 unter /, den Abstand des Punktes F von M verstanden. Denn die Winkelbeschleunigung cp\" wird durch die Tangentialbeschleunigung eines Punktes in der Entfernung 1 von M gemessen. Wenn der K\u00f6rper schon in Bewegung ist, so liefert zwar auch die Winkelgeschwindigkeit des ersten Abschnittes einen Beitrag zur Beschleunigung des Punktes F, welcher unter dem Namen der Centripetal- oder Normalbeschleunigung bekannt ist. Diese Beschleunigungscomponente kommt aber nat\u00fcrlich nicht in Frage, wenn es sich um den Beginn der Bewegung aus der Ruhe handelt. Wie F bei der Bewegung des ganzen K\u00f6rpers einen Kreis um M beschreibt, so bewegt sich auch 8t relativ zu F auf einer Kreisbahn, dessen Mittelpunkt F ist; ein Unterschied besteht zwischen beiden Bewegungen nur insofern, als F selbst in Bewegung ist, w\u00e4hrend M fest bleibt. Die Beschleunigung von 8t relativ zu F besitzt daher ebenfalls die Richtung der Tangente an die Kreisbahn um F und die Gr\u00f6\u00dfe rsf/>2\", wenn unter r2 der Abstand des Schwerpunktes 8t von F verstanden wird. Es setzt sich also die Beschleunigung yt des Schwerpunktes Si im Ganzen aus zwei Componenten zusammen, von denen die eine senkrecht zur L\u00e4ngsaxe des ersten, und die andere senkrecht zur L\u00e4ngsaxe des zweiten Abschnittes gerichtet ist. Die Zusammensetzung dieser beiden Componenten geschieht auf ganz die gleiche Weise wie die Zusammensetzung von zwei an einem Punkte angreifenden Kr\u00e4ften zu einer Resultante.","page":135},{"file":"p0136.txt","language":"de","ocr_de":"136\nOtto Fischer.\nMultiplicirt man die resultirende Beschleunigung des Schwerpunktes S4 mit der Masse m2 des zweiten Abschnittes, so erh\u00e4lt man die zugeh\u00f6rige Effectivkraft. Diese muss aber nach den fr\u00fcheren Auseinandersetzungen gleich der Besultante der s\u00e4mmtlichen am zweiten Abschnitte angreifenden Kr\u00e4fte, d. h. also der direct angreifenden Kr\u00e4fte und des in F auf den zweiten Abschnitt ausge\u00fcbten Druckes sein. Daraus geht hervor, dass der Druck in F als Resultante aus der Effectivkraft des Punktes <S'2 und der s\u00e4mmtlichen in entgegengesetzter Richtung genommenen, direct an dem zweiten Abschnitt angreifenden Kr\u00e4fte aufgefasst werden kann. Da nun dieser Druck nach dem Princip der Gleichheit von Action und Reaction entgegengesetzt gleich dem in F auf den ersten Abschnitt ausge\u00fcbten Druck sein muss, so stellt sich demnach der letztere als die Resultante aus der in entgegengesetzter Richtung genommenen Effectivkraft des Schwerpunktes St und der s\u00e4mmtlichen an dem zweiten Abschnitt direct angreifenden, in ihrer wahren Richtung genommenen Kr\u00e4fte dar. Es kommt also bei bewegtem Schwerpunkt St zu den schon in der Ruhe vorhandenen Druckcomponenten in F nur noch eine Componente hinzu, welche gleiche Gr\u00f6\u00dfe, aber entgegengesetzte Richtung wie die Effectivkraft des Schwerpunktes besitzt.\nSieht man von dem Einfluss des Luftwiderstandes ab, so wirken auf den zweiten Abschnitt direct die Schwere und die Spannungen der \u00fcber das Fu\u00dfgelenk hinwegziehenden Muskeln ein. Die Wirkung der Schwere ist gleich der einer im Schwerpunkt *S2 angreifenden und 'vertical nach unten ziehenden Kraft, deren Gr\u00f6\u00dfe durch das Gewicht G2 des zweiten Abschnittes gemessen wird. Ferner kommen f\u00fcr den zweiten Abschnitt genau die gleichen Muskeln wie beim ersten Abschnitt in Betracht. Die Kr\u00e4fte, mit denen sie einwirken, sind an Gr\u00f6\u00dfe den am ersten Abschnitt angreifenden gleich, sie besitzen aber entgegengesetzte Richtung.\nDaraus geht also hervor, dass zu jeder am ersten Abschnitt direct angreifenden Muskelkraft eine entgegengesetzt gleiche im Gelenkpunkte F hinzukommt, welche mit ihr zusammen ein Kr\u00e4ftepaar bildet. Man kann leicht einsehen, dass ein jeder dieser Muskeln r\u00fcckw\u00e4rts auf den zweiten Abschnitt ebenfalls mit einem Kr\u00e4ftepaar einwirken muss, welches sich nur in der Richtung der beiden entgegengesetzt gleichen Kr\u00e4fte von dem f\u00fcr den ersten Abschnitt in Betracht","page":136},{"file":"p0137.txt","language":"de","ocr_de":"Ueber die Bedingungen u. den Beginn d. Abl\u00f6sung d. Fersen v. Boden. 137\nkommenden unterscheidet, und daher eine Drehung im genau entgegengesetzten Drehungssinne hervorzubringen sucht. Die eine Kraft dieses Paares ist n\u00e4mlich die im Muskelursprung angreifende Kraft und die andere eine ihr genau entgegengesetzt gleiche Componente des in F auf den zweiten Abschnitt ausge\u00fcbten Druckes. Der Ann h beider Kr\u00e4ftepaare f\u00fcr ist jeden Muskel der Abstand der gemeinsamen Drehungs-axe F der beiden oberen Sprunggelenke von der Richtung des resulti-renden Muskelzuges, bez\u00fcglich des Theiles, welcher sich ungehindert zwischen beiden Abschnitten ausspannen kann. Die absolute Gr\u00f6\u00dfe des Drehungsmomentes eines jeden der beiden Kr\u00e4ftepaare ist daher Kh, unter K die Gesammtspannung des Muskels verstanden.\nEs ist leicht einzusehen, dass die hinter der Axe der oberen Sprunggelenke hinwegziehenden Muskeln mit ihren Kr\u00e4ftepaaren den ersten Abschnitt von der rechten Seite aus gesehen im Sinne des Uhrzeigers zu drehen suchen, also die Fersen vom Boden abl\u00f6sen wollen, und dass sie den zweiten Abschnitt im umgekehrten Sinne zu drehen suchen, also den \u00fcbrigen K\u00f6rper nach hinten umkippen wollen. Die vor der Axe der oberen Sprunggelenke hinwegziehenden Muskeln haben dagegen das Bestreben, beiden Abschnitten Drehungen im gerade entgegengesetzten Sinne zu ertheilen. Die beiden Arten von Muskeln suchen sich also entgegen zu arbeiten. Rechnet man eine Drehung eines der beiden Abschnitte, welche von der rechten Seite aus im Sinne des Uhrzeigers stattfindet, sodass also der Winkel q>i bez\u00fcglich cpt vergr\u00f6\u00dfert wird, als positiv, so muss man auch den Momenten der Kr\u00e4ftepaare, wenn sie in diesem Sinne drehend einwirken, das positive Vorzeichen beilegen. Die entgegengesetzten Drehungen und zugeh\u00f6rigen Kr\u00e4ftepaare sind dann nat\u00fcrlich negativ zu rechnen. Nach dieser Festsetzung wirken die hinteren Muskeln . mit positivem Drehungsmoment auf den ersten, und mit negativem Drehungsmoment auf den zweiten Abschnitt ein. Die Drehungsmomente der vorderen Muskeln sind dagegen beim ersten Abschnitt negativ, beim zweiten positiv in Rechnung zu ziehen. Das resultirende Drehungsmoment, mit welchem alle \u00fcber die Sprunggelenke hinwegziehenden Muskeln, sei es bei activer Contraction, sei es auch nur durch ihre rein elastische Spannung, auf jeden der beiden Abschnitte einwirken, ist dann einfach gleich der algebraischen Summe aller einzelnen Drehungsmomente. Dabei ist das resultirende Drehungsmoment","page":137},{"file":"p0138.txt","language":"de","ocr_de":"138\nOtto Fischer.\naller \u00fcber das Sprunggelenk hinwegziehenden Muskeln f\u00fcr den zweiten Abschnitt an Gr\u00f6\u00dfe gleich dem f\u00fcr den ersten und unterscheidet sich von diesem nur durch das Vorzeichen. Bezeichnet man die absolute Gr\u00f6\u00dfe desselben mit D, so ist das eine -f-D, das andere \u2014D.\nDie Schwere wirkt mit zwei vertical nach unten gerichteten Com-ponenten drehend auf den ersten Abschnitt ein. Die eine Componente greift in St an und besitzt die Gr\u00f6\u00dfe Gl ; die andere findet sich unter den Componenten des in F auf den ersten Abschnitt ausge\u00fcbten Druckes vor und besitzt nach den obigen Auseinandersetzungen die Gr\u00f6\u00dfe G2. Bezeichnet man den Abstand des auf der L\u00e4ngsaxe MF liegenden Schwerpunktes S{ von M mit rt, so \u00fcbt die erste Componente in Bezug auf die Metatarsalaxe M ein Drehungsmoment von der Gr\u00f6\u00dfe Gj rt cos <p{ aus und sucht dabei den ersten Abschnitt im negativen Drehungssinne um M zu drehen. Die zweite Componente \u00fcbt dagegen auf den ersten Abschnitt in Bezug auf die Axe M ein Drehungsmoment von der Gr\u00f6\u00dfe G2 /1 cos cpt aus, welches ebenfalls negativ in Rechnung zu ziehen ist.\nEndlich bleibt noch das Drehungsmoment festzustellen, mit welchem die der Effectivkraft des Schwerpunktes S2 entgegengesetzt gleiche Druckcomponente in F auf die Drehung des ersten Abschnittes um die Metatarsalaxe einwirkt. Wie diese Effectivkraft in den zwei getrennten Componenten mi lt cp\" und m2 r% <p\u201d zur Darstellung gebracht wurde, so erweist es sich auch als zweckm\u00e4\u00dfig, das Drehungsmoment der ihr entgegengesetzt gleichen Kraft in zwei Componenten zu zerlegen. Fasst man zun\u00e4chst den Fall ins Auge, dass bei einer Bewegung des ganzen K\u00f6rpers beide Winkelbeschleunigungen f/>,\" und <jp,\" das positive Vorzeichen besitzen, so ist die zur L\u00e4ngsaxe MF senkrechte Druckcomponente \u2014m% <jp,\", und die zur L\u00e4ngsaxe FSt senkrechte Druckcomponente \u2014 mt rt <pt\". Dabei tragen die negativen Vorzeichen dem Umstande Rechnung, dass die beiden in F auf den ersten Abschnitt ausge\u00fcbten Druckcomponenten die entgegengesetzte Richtung wie die Componenten der Effectivkraft von S2 besitzen; die erste ist bei der in Fig. 1 gezeichneten Projection des K\u00f6rpers nach links unten, die zweite nach links und etwas nach oben gerichtet, so wie es in der folgenden Fig. 2 dargestellt ist.\nF\u00fcr die Drehungsmomente in Bezug auf die Axe durch M kommen nun wiederum nur diejenigen Componenten der beiden genannten","page":138},{"file":"p0139.txt","language":"de","ocr_de":"Ueber die Bedingungen u. den Beginn d. Abl\u00f6sung d. Fersen v. Boden. 139\nFig. 2.\nDruckcomponenten in Betracht, welche zu der L\u00e4ngsaxe MF senkrecht gerichtet sind. Demnach wirkt die Druckcomponente \u2014mi<p\" in ganzer St\u00e4rke drehend ein; ihr Drehungsmoment in Bezug auf die Axe durch M ist \u2014mi ll cp\" \u25a0 lv wobei das negative Vorzeichen damit \u00fchereinstimmt, dass die Kraft den ersten Abschnitt im negativen Sinne zu drehen sucht. Die Druckcomponente \u2014\u25a0m\u00ee\tr/)j\" bildet mit der zu MF senkrechten Rich-\ntung denselben Winkel wie die L\u00e4ngsaxe FSt mit der Verl\u00e4ngerung der L\u00e4ngsaxe MF, n\u00e4mlich den Winkel xp; daher wird das Drehungsmoment dieser Kraft durch \u2014m, rt <p\u00a3 \u25a0 cos ip \u25a0 I, gemessen.\nDamit sind die drehenden Einfl\u00fcsse aller Kr\u00e4fte, welche zu Beginn der Fersenabl\u00f6sung am ersten Abschnitt angreifen, festgestellt. Denn die in M auf die F\u00fc\u00dfe einwirkende Reaction des Fu\u00dfbodens gegen den von Seiten der F\u00fc\u00dfe auf ihn ausge\u00fcbten Druck, welche ebenfalls als eine \u00e4u\u00dfere Kraft des ersten Abschnittes aufgefasst werden muss, kann f\u00fcr die Bestimmung der Drehungsmomente in Bezug auf die Metatarsalaxe au\u00dfer Betracht bleiben, da sie mit gro\u00dfer Ann\u00e4herung an dieser Axe seihst angreift, also kein Drehungsmoment f\u00fcr dieselbe besitzt.\nDie algebraische Summe der s\u00e4mmtlichen auf den ersten Abschnitt ein wirkenden Drehungsmomente, welche das totale resultirende Drehungsmoment darstellt, h\u00e4ngt nun nach den fr\u00fcheren Auseinandersetzungen mit der Winkelbeschleunigung cp\" in der Weise zusammen, dass sie gleich dem Product aus cp\" und dem Tr\u00e4gheitsmoment des ersten Abschnittes in Bezug auf die Metatarsalaxe ist. Bezeichnet /., den Tr\u00e4gheitsradius des ersten Abschnittes in Bezug auf die zur Metatarsalaxe parallele Axe durch den Schwerpunkt 8t, so ist das Tr\u00e4gheitsmoment um die letztere Axe ml xp. Nach einem bekannten Satze wird dann das Tr\u00e4gheitsmoment um die in der Entfernung rK vom Schwerpunkt verlaufende Metatarsalaxe seihst durch mK (-//-fr,2) dargestellt. Nimmt man zun\u00e4chst an, dass das Drehungsmoment\nJ...","page":139},{"file":"p0140.txt","language":"de","ocr_de":"140\nOtto Fischer.\nder hinteren Muskeln \u00fcber das der vorderen \u00fcberwiegt, so hat das resultirende Drehungsmoment D aller auf den ersten Abschnitt einwirkenden Muskeln einen positiven Werth. Es besteht dann also zwischen der algebraischen Summe der s\u00e4mmtlichen Drehungsmomente und der Winkelbeschleunigung cp/' die Beziehung\nD \u2014 6, r, cos cpt \u2014 Cr\u00ab, l{ cos cpi\tZ, cp\" \u25a0 Z, \u2014 mt ri cp/' cos xp \u25a0 Z,\n= m{ (yt/ + r{2) \u25a0 cp\".\nDieselbe geht bei geeigneter Zusammenfassung in die Form \u00fcber\nO, (/\u25a0/ + r/) + m\u00ee l/] \u2022 cp\" + mt Z, r\u00ef cos ip \u2022 cp/'\n= D \u2014 Cr4 r, cos </>, \u2014 Z, cos cpK.\nTrotzdem diese Relation in erster Linie ein Ausdruck f\u00fcr die Abh\u00e4ngigkeit der Winkelbeschleunigung des ersten Abschnittes, d. h. also der beiden F\u00fc\u00dfe, von den einwirkenden Kr\u00e4ften ist, so treten doch auch die Masse und Winkelbeschleunigung des zweiten Abschnittes in derselben auf. Daraus ist deutlich zu erkennen, dass \u00fcberhaupt, und in welcher Weise schon die Anfangsbewegung des ersten Abschnittes infolge des Gelenkzusammenhangs von dem zweiten Abschnitt beeinflusst wird. \u2014\nDie Kr\u00e4fte, welche auf den zweiten Abschnitt einwirken, sind in den bisherigen Auseinandersetzungen schon alle angef\u00fchrt worden. Es ist daher nur noch n\u00f6thig, ihre Drehungsmomente zu bestimmen, Da der zweite Abschnitt sich nicht bei den Bewegungen um eine feste Axe dreht, so muss man hier die Drehung um die zur Axe der beiden oberen Sprunggelenke parallele Axe durch den Schwerpunkt St ins Auge fassen. Die Beschleunigung dieses Schwerpunktes selbst und ihre Abh\u00e4ngigkeit von den auf den zweiten Abschnitt einwirkenden Kr\u00e4ften ist schon fr\u00fcher bei der Ableitung des Druckes in F in Betracht gezogen worden.\nDie Untersuchung hatte, so weit sie sich auf den zweiten Abschnitt bezog, folgendes ergeben. Im Schwerpunkte St greift das Gewicht G, an und wirkt vertical nach unten. An den Ursprungsstellen der Muskeln ziehen dieselben nach dem ersten Abschnitt hin. In F \u00fcbt der erste Abschnitt auf den zweiten einen Druck aus, von welchem eine Oomponente gleich der Effectivkraft\tdes Schwerpunktes St\nist, w\u00e4hrend die \u00fcbrigen den am zweiten Abschnitt direct angreifenden","page":140},{"file":"p0141.txt","language":"de","ocr_de":"Ueber die Bedingungen u. den Beginn d. Abl\u00f6sung d. Fersen v. Boden. 141\nMuskelkr\u00e4ften und der in St angreifenden Gewichtskraft 6r2 zwar an Gr\u00f6\u00dfe gleich sind, aber die entgegengesetzte Richtung besitzen.\nEs ist weiterhin auch schon auseinandergesetzt worden, dass die direct an den Ursprungsstellen angreifenden Muskelkr\u00e4fte sich mit den ihnen entgegengesetzt gleichen, von denselben Muskeln herr\u00fchrenden Druckcomponenten in F zu Kr\u00e4ftepaaren zusammensetzen. Das resultirende Drehungsmoment aller dieser Kr\u00e4ftepaare ist entgegengesetzt gleich dem resultirenden Drehungsmoment, mit welchem die Muskeln auf den ersten Abschnitt einwirkten. Da das letztere mit + D bezeichnet wurde, so \u00fcben also die s\u00e4mmtlichen Muskeln auf den zweiten Abschnitt das resultirende Drehungsmoment \u2014D aus.\nZu dem vertical nach unten ziehenden Gewicht im Schwerpunkte St findet sich unter den Druckcomponenten in F eine, welche der Gewichtskraft entgegengesetzt gleich ist, also vertical nach oben zieht. Beide bilden daher wieder zusammen ein Kr\u00e4ftepaar. Der Arm desselben ist, wie man leicht sieht, der Abstand des Punktes F von der Verticalen durch Si, die man auch als Schwerlinie bezeichnei. Derselbe wird durch r2 cos (180\u00b0\u2014q>t) oder \u2014rt cos <y>2 gemessen. Das Drehungsmoment, mit welchem die Schwere auf den zweiten Abschnitt einwirkt, ist daher \u2014 6r2 cos cp\u00b1, wobei durch das Vorzeichen auf alle F\u00e4lle der richtige Drehungssinn angedeutet wird. Denn geht die Schwerlinie durch St vor dem Punkte F vorbei, so ist ipi gr\u00f6\u00dfer als 90\u00b0, sein Cosinus also negativ, und infolgedessen der Ausdruck f\u00fcr das Drehungsmoment positiv. Liegt dagegen F vor der Schwerlinie, so ist <pt kleiner als 90\u00b0 und der Werth des Drehungsmomentes negativ; das Kr\u00e4ftepaar sucht aber dann den zweiten Abschnitt im negativen Sinne zu drehen.\nEndlich ist noch f\u00fcr diejenige Druckcomponente das Drehungsmoment abzuleiten, welche der Effectivkraft von St gleich ist. Zu diesem Zwecke empfiehlt es sich wieder, f\u00fcr jede der beiden Com-ponenten der Effectivkraft das Drehungsmoment gesondert aufzustellen. Aus Fig. 2 erkennt man, dass die Componente mi l{ <p\u201d, welche dort, ebenso wie die Componente <p4\", punktirt angedeutet ist, mit der zur L\u00e4ngsaxe FSt senkrechten Richtung den Winkel ip bildet. Da dieselbe den zweiten Abschnitt in negativem Sinne um die Axe durch $2 zu drehen sucht, so betr\u00e4gt das von ihr ausge\u00fcbte Drehungsmoment \u2014 mi lt cp\" cos xp \u2022 rv Die Componente","page":141},{"file":"p0142.txt","language":"de","ocr_de":"142\nOtto Fischer.\nmi rt cp\u201d ist schon an und f\u00fcr sich senkrecht zur L\u00e4ngsaxe FSt gerichtet und sucht ebenfalls eine negative Drehung hervorzubringen; daher ist ihr Drehungsmoment \u2014mi rt <p2 -r2.\nBezeichnet man den Tr\u00e4gheitsradius des zweiten Abschnittes in Bezug auf die zur Sprunggelenkaxe parallele Axe durch St mit so ist das zugeh\u00f6rige Tr\u00e4gheitsmoment m\u00e4 x2\u00e4. Man hat daher zwischen der algebraischen Summe der auf den zweiten Abschnitt einwirkenden Drehungsmomente und der \"Winkelbeschleunigung cpj\u2019 die Beziehung \u2014 D\u2014Giri cos <p.2 \u2014 mt \\ cp\u201d cos ip-r\u00ee\u2014m\u00eeri cp\u201d \u2022 rt = m2 x42 \u2022 cp\u201d.\nBei geeigneter Zusammenfassung und Anordnung der einzelnen Glieder geht dieselbe in die Form \u00fcber\nmi \\ rt cos xp \u25a0 cp{' +\t(x22 + r\u00e42) \u2022 cp\u201d \u2014 \u2014D \u2014G2 rt cos cpr\nAuch diese Relation, welche in erster Linie ein Ausdruck f\u00fcr die Abh\u00e4ngigkeit der Beschleunigung des zweiten Abschnittes von den einwirkenden Kr\u00e4ften ist, enth\u00e4lt au\u00dfer der Winkelbeschleunigung des zweiten Abschnittes auch die Winkelbeschleunigung des ersten Abschnittes. Dagegen tritt in derselben die Masse mi der beiden F\u00fc\u00dfe nicht auf; die letztere hat also keinen Einfluss auf die Bewegung des um die Sprunggelenkaxen drehbaren Abschnittes des ganzen K\u00f6rpers. Gleichzeitig best\u00e4tigt sich die schon fr\u00fcher ausgesprochene Thatsache, dass die Drehung des zweiten Abschnittes nicht in derselben Weise stattfindet, als wenn die gemeinsame Axe der Sprunggelenke im Raume fest ist. W\u00e4re dies der Fall, so d\u00fcrfte das erste, mit cp\" behaftete Glied auf der linken Seite der zuletzt angef\u00fchrten Relation nicht vorhanden sein. Es ist nach den fr\u00fcheren Er\u00f6rterungen nicht schwer, sich davon zu \u00fcberzeugen, dass die nach dem Wegfallen dieses Gliedes noch \u00fcbrig bleibende Relation zu der Drehung des zweiten Abschnittes um die im Raume feststehende Axe der oberen Sprunggelenke geh\u00f6ren w\u00fcrde; man hat dabei nur zu beachten, dass m1 (*\u201e* + r*) das Tr\u00e4gheitsmoment des zweiten Abschnittes in Bezug auf diese Axe darstellt, und dass die von den Muskeln und der Schwere f\u00fcr dieselbe Axe ausge\u00fcbten Drehungsmomente ebenfalls durch \u2014D und \u2014 Gt rt cos cp2 gemessen werden.\nDie beiden Relationen, welche sich ausschlie\u00dflich auf den Anfang der Bewegung beziehen, bilden nun die Grundlage f\u00fcr","page":142},{"file":"p0143.txt","language":"de","ocr_de":"Ueber die Bedingungen u. den Beginn d. Abl\u00f6sung d. Fersen v. Boden. 143\neine exacte Untersuchung der Bedingungen, unter welchen ein Abl\u00f6sen der Fersen stattfinden kann. Man gelangt dabei zu absolut sicheren und ein wurfsfreien Resultaten, so weit die Voraussetzungen zutreffen, die im Interesse m\u00f6glichster Vereinfachung der Untersuchung gemacht wurden. Die Gleichungen k\u00f6nnen aber nat\u00fcrlich keinen Aufschluss \u00fcber die Betheiligung von Muskeln gehen, welche ganz in einen der beiden Abschnitte hineinfallen, oder doch wenigstens gestaltver\u00e4ndernd auf einen derselben einwirken. Die Formeln entsprechen zun\u00e4chst nur dem, immerhin ann\u00e4hernd realisirbaren Falle, dass die F\u00fc\u00dfe vorn auf der direct unterhalb der Metatarsalaxe befindlichen Kante eines dreiseitigen Klotzes aufruhen, und sich um dieselbe heim Abl\u00f6sen der zun\u00e4chst auch durch einen Klotz unterst\u00fctzten Fersen drehen, und dass sowohl die beiden F\u00fc\u00dfe als auch der ganze \u00fcbrige K\u00f6rper je einen gut abgesteiften Abschnitt des ganzen K\u00f6rpers darstellen. Unter diesen Verh\u00e4ltnissen \u00fcben bei der Abl\u00f6sung der Fers\u00e8n in der That nur die \u00fcber die Sprunggelenke hinwegziehenden Muskeln einen Einfluss auf die Bewegung aus. Alle anderen im Contractionszustand oder im Zustande elastischer Spannung befindlichen Muskeln k\u00f6nnen nur dazu dienen, die beiden Abschnitte des K\u00f6rpers zu versteifen. D\u00f6st dagegen der K\u00f6rper aus dem gew\u00f6hnlichen Stand auf ebenem, horizontalem Fu\u00dfboden die Fersen ab, so k\u00f6nnen, wie schon Ren\u00e9 du Bois-Reymond1) bemerkt, auch noch andere Muskeln, z. B. die Zehenbeuger, helfend in den Bewegungsvorgang eingreifen; dann ist aber auch die Voraussetzung, dass die beiden F\u00fc\u00dfe sich beim Erheben auf die Zehen wie ein einziger starrer K\u00f6rper verhalten, nicht mehr streng erf\u00fcllt; denn es werden dabei die Zehen jedes Fu\u00dfes gegen den Mittelfu\u00df gestreckt.\nDen das Problem vereinfachenden Voraussetzungen l\u00e4sst sich nun ohne wesentliche Verminderung der erreichbaren Genauigkeit noch eine Annahme hinzuf\u00fcgen, welche schon von den meisten Bearbeitern des Gleichgewichtsproblems beim Stehen mit erhobenen Fersen entweder stillschweigend oder ausgesprochenerma\u00dfen gemacht worden ist. Es ist dies die Annahme, dass das Gewicht des ersten Abschnittes, d. h. also das Gewicht beider F\u00fc\u00dfe, gegen\u00fcber dem Gewicht des\n1) R. du Bois-Reymond, Ueber antagonistische Coordination der Waden-und Sohlenmuskulatur. Yerhandl. d. physiolog. Gesellsch. zu Berlin. Heft vom 12. Juli 1900. S. 87.","page":143},{"file":"p0144.txt","language":"de","ocr_de":"144\nOtto Fischer.\nzweiten Abschnittes vernachl\u00e4ssigt werden kann, und dass infolgedessen der zweite Abschnitt direct das Gewicht G des ganzen menschlichen K\u00f6rpers besitzt. Der Schwerpunkt St des zweiten Abschnitts stellt dann zugleich den Schwerpunkt S des ganzen K\u00f6rpers dar. Man hat also dieser Annahme entsprechend in den obigen Gleichungen sowohl 6r, als m, gleich Null, und Gt gleich G, bez\u00fcglich to, gleich m zu setzen, unter to die Masse des ganzen K\u00f6rpers verstanden. Dann nehmen dieselben die Form an\nm l* \u25a0 cp\u201d -\\-mliri cos ip \u25a0 cp^' = D \u2014G\\ cos cpK, m r, cos ip-cp\" + to (xs* + r,p) \u2022 <p.\" \u2014 \u2014D Gri cos rp,.\nMan bemerkt, dass die Anzahl der Glieder in den Formeln sich nicht verringert hat; denn die beiden Drehungsmomente der Schwere auf der rechten Seite der ersten Gleichung h\u00e4tte man auch ohne Vernachl\u00e4ssigung von G, in das Drehungsmoment \u2014 Gcl cos rp, des im Hauptpunkte des ersten Abschnittes angreifenden Gesammt-gewichts G zusammenfassen k\u00f6nnen, unter c, den Abstand dieses Hauptpunktes von der Metatarsalaxe verstanden. Dies habe ich schon in meiner fr\u00fcheren Schrift \u00fcber \u00bbdie Hebelwirkung des Fu\u00dfes, wenn man sich auf die Zehen erhebt\u00ab1) genauer auseinander gesetzt. Es w\u00fcrde also die Ber\u00fccksichtigung des Fu\u00dfgewichts die L\u00f6sung des Problems durchaus nicht erschweren. Man kann daher die folgenden an die beiden obigen Formeln angekn\u00fcpften Betrachtungen mutatis mutandis auf jedes andere, aus zwei gelenkig verbundenen Abschnitten bestehende System, bei welchem das Gewicht des einen Abschnittes sich nicht vernachl\u00e4ssigen l\u00e4sst, \u00fcbertragen.\nDa das Stehen mit erhobenen Fersen als ein specieller Fall des allgemeinen Bewegungsproblems aufgefasst werden kann, so m\u00fcssen die aufgestellten Formeln auch die Bedingungen des Gleichgewichts in sich fassen. In der That braucht man nur die beiden Winkelbeschleunigungen gleich Null zu setzen, wie es dem Fall des Ver-harrens in einer bestimmten Stellung bei erhobenen Fersen entspricht, um aus den Formeln die richtigen Gleichgewichtsbedingungen zu erhalten. Es ergeben sich n\u00e4mlich, wie man sieht, die beiden Relationen\nj0 = Gl{ cos rp, und D = \u2014Grt cos cpt)\n1) Archiv f\u00fcr Anatomie und Physiologie. Anatom. Abth. 1895. S. HO.","page":144},{"file":"p0145.txt","language":"de","ocr_de":"Ueber die Bedingungen u. den Beginn d. Abl\u00f6sung d. Fersen v. Boden. 145\nwelche nur neben einander bestehen k\u00f6nnen, wenn li cos \u2014 \u2014r, cos (p2\nist. Da lt cos rpl den horizontalen Abstand der durch F gehenden Verticalen von M (Fig.l), und \u2014r, cos <pt den horizontalen Abstand der durch gehenden Schwerlinie von F ausdr\u00fcckt, und ferner c/i, ein stumpfer Winkel sein muss, damit \u2014 rt cos (pt einen positiven Werth bekommt, so erkennt man aus der letzten Relation ohne weiteres, dass der Schwerpunkt des ganzen K\u00f6rpers bei freiem Erheben auf die Zehen nothwendig vertical \u00fcber M liegen muss, wenn der K\u00f6rper in der erhobenen Stellung verharren soll. Aus D \u2014 Ol{ cos <pl geht dann weiter hervor, dass die Muskeln dabei so gespannt sein m\u00fcssen, dass ihr resultirendes Drehungsmoment an Gr\u00f6\u00dfe gleich dem Drehungsmoment sein muss, welches das in F auf den ersten Abschnitt dr\u00fcckende Gewicht des K\u00f6rpers in Bezug auf die Metatarsalaxe aus\u00fcbt. Wirkt nur die Wadenmuskulatur, so ist nach dem Fr\u00fcheren D gleich dem Product aus der Spannung und dem Abstand des resultirenden Muskelzuges von F, d. h. also von der Achse des oberen Sprunggelenks. Man wird also auf die bekannten Bedingungsgleichungen f\u00fcr das Stehen mit erhobenen Fersen gef\u00fchrt.\nDie beiden Formeln geben nun aber vor allen Dingen einen Einblick in den Anfang der Bewegung selbst, welche die beiden Abschnitte des K\u00f6rpers annehmen, wenn die f\u00fcr das Gleichgewicht erforderliche Beziehung zwischen dem resultirenden Drehungsmoment D der Muskeln und dem Gewicht O des K\u00f6rpers nicht stattfindet.\nHandelt es sich ganz allgemein um den Fall, dass der K\u00f6rper aus irgend einer Ruhehaltung, bei der die Fersen entweder unterst\u00fctzt oder auch schon vom Boden abgel\u00f6st sind, durch Ver\u00e4nderung des Contractionszustandes der Muskeln in Bewegung gesetzt wird, so erfahren im allgemeinen beide Abschnitte eine bestimmte Winkelbeschleunigung, w\u00e4hrend Winkelgeschwindigkeiten nat\u00fcrlich im ersten Moment noch nicht vorhanden sind. Die Drehungen, welche im Anfang der Bewegung die beiden Abschnitte thats\u00e4chlich ausf\u00fchren, finden dann gerade in dem durch das Vorzeichen der Winkelbeschleunigung angedeuteten Drehungssinne statt ; die Gr\u00f6\u00dfe derselben ist sogar w\u00e4hrend einer gen\u00fcgend kleinen Zeit der Gr\u00f6\u00dfe der Winkelbeschleunigungen direct proportional.\nWundt, Philos. Studien. XIX.\n10","page":145},{"file":"p0146.txt","language":"de","ocr_de":"146\nOtto Fischer.\nAus den beiden Formeln l\u00e4sst sich nun die Gr\u00f6\u00dfe einer jeden der beiden Winkelbeschleunigungen q>\" und <jp,\" in ihrer Abh\u00e4ngigkeit von den Drehungsmomenten der Muskelkr\u00e4fte und der Schwerkraft f\u00fcr den Anfang der Bewegung ahleiten. Man braucht die beiden Winkelbeschleunigungen nur als zwei Unbekannte aufzufassen und die Gleichungen nach denselben aufzul\u00f6sen.\nUm diese Rechnung m\u00f6glichst zu vereinfachen, m\u00f6gen zun\u00e4chst noch einige k\u00fcrzere Bezeichnungen eingef\u00fchrt werden, m (x? + r?) bedeutet das Tr\u00e4gheitsmoment des K\u00f6rpers in Bezug auf die gemeinsame Achse der oberen Sprunggelenke ; dasselbe m\u00f6ge durch Mi bezeichnet sein. Auch das Product ml? kann als ein Tr\u00e4gheitsmoment aufgefasst werden, n\u00e4mlich als dasjenige, welches der K\u00f6rper in Bezug auf die Metatarsalachse besitzen w\u00fcrde, wenn seine ganze Masse im Punkte F, oder wenigstens in der Achse der Sprunggelenke concentrirt w\u00e4re; f\u00fcr dieses Product sei daher kurz M, geschrieben. Endlich mag das wiederholt auf tretende Product mlKrt abgek\u00fcrzt durch M41 bezeichnet sein. Ferner bedeutet, wie schon oben angegeben wurde, lt cos cp{ den horizontalen Abstand der Verticalen durch F von der Metatarsalaxe M, und \u2014cos <p\u00b1 den horizontalen Abstand der Schwerlinie durch Si von der Sprunggelenkaxe F. F\u00fcr den ersteren mag die Bezeichnung f und f\u00fcr den letzteren die Bezeichnung s eingef\u00fchrt sein; dabei besitzt f einen positiven Werth, wenn, wie es in der Regel der Fall ist, F hinter der Metatarsalaxe M liegt, dagegen hat s einen positiven Werth, wenn die Schwerlinie durch 8t vor der Sprunggelenkaxe F vorbeizieht. Sind insbesondere f und s gleich gro\u00df und beide positiv, so geht die Schwerlinie durch die Metatarsalaxe, d. h. der Schwerpunkt befindet sich genau vertical \u00fcber derselben. Ist dagegen s von f verschieden, so liegt der Schwerpunkt 8t entweder vor oder hinter der durch die Metatarsalaxe gelegten Frontalebene, je nachdem s gr\u00f6\u00dfer oder kleiner als f ist. In jedem Falle wird der Abstand des K\u00f6rperschwerpunktes von dieser Frontalebene durch die Differenz der beiden Gr\u00f6\u00dfen s und f gemessen.\nF\u00fchrt man die angegebenen Bezeichnungen ein, so erhalten dadurch die beiden Gleichungen die einfachere Form:\nM, \u25a0 cp? + M4>, cosxp \u25a0 cp= D\u2014G f,\nMm cos ip \u25a0 cp4\" + M, \u2022 cpj\" = \u2014 D + Gs.","page":146},{"file":"p0147.txt","language":"de","ocr_de":"Ueber die Bedingungen u. den Beginn d. Abl\u00f6sung d. Fersen v. Boden- 147\nDie Aufl\u00f6sung der Gleichungen nach den Unbekannten cp\" und tpt\" ergibt nun das Resultat:\n\u201e D (Mt + Mlt\u00ee cos xp) \u2014 G (f \u25a0 Mt + s \u2022 Ml>t cos xp)\n(pi ~~\tM, \u2014 cos *xp\t\u2019\n\u201e\t\u2014D (Mt + Ml}i cos ip) + G (s \u2022\t+ f \u25a0 M15 cos xp)\n(p* =\tIR, M, \u2014 M* 2cos hp\t1\t\u2019\nDa cos xp h\u00f6chstens den Werth -f- 1 annehmen kann, so besitzt in diesen beiden Formeln der Nenner stets einen positiven Werth; davon kann man sich leicht durch Einsetzen der Producte ml*, rn (z/ + r*) und ml{ri f\u00fcr M\u201e IR, und IRM \u00fcberzeugen. Das Vorzeichen der Winkelbeschleunigungen cp\u201d und </?\u00bb\" richtet sich also ausschlie\u00dflich nach dem Vorzeichen des Z\u00e4hlers in den Formeln. Man erh\u00e4lt daher f\u00fcr jede Bewegung aus einer Ruhehaltung folgendes allgemein g\u00fcltige Kriterium \u00fcber die Richtung der eintretenden Drehungen: Die Winkelbeschleunigung cp\u201d des ersten Abschnittes ist positiv, null oder negativ, je nachdem das re-sultirende Drehungsmoment D der Muskeln gr\u00f6\u00dfer, gleich oder kleiner als der Ausdruck\nf \u25a0 IR\u00e4 + s \u2022 M{ i cos xp cos xp\nist. Dagegen ist die Winkelbeschleunigung cp\u201d des zweiten Abschnittes positiv, null oder negativ, je nachdem das re-sultirende Drehungsmoment D der Muskeln kleiner, gleich oder gr\u00f6\u00dfer als der Ausdruck\ns \u2022 IR, + f \u25a0 Miti cos xp IR, + IR,, cos xp\nist.\nEine Drehung und Winkelbeschleunigung wurde positiv oder negativ genannt, je nachdem sie von der rechten K\u00f6rperseite aus gesehen im Sinne oder im umgekehrten Sinne wie die Drehung des Uhrzeigers stattfindet.\nDie Formeln f\u00fcr die beiden Winkelbeschleunigungen erm\u00f6glichen nun auch die Berechnung der Beschleunigung y, welche der Schwerpunkt 8 des K\u00f6rpers von einer beliebigen Ruhehaltung aus erf\u00e4hrt.\n10*","page":147},{"file":"p0148.txt","language":"de","ocr_de":"148\nOtto Fischer.\nFig. 3.\n|r-v\n! il \\\nDie Beschleunigung y setzt sich in diesem Falle nur aus den beiden Tangentialbeschleunigungen li cp\" und rt cp\u201d zusammen, von denen die erste senkrecht zur L\u00e4ngsaxe MF des ersten, und die zweite senkrecht zur L\u00e4ngsaxe FS des zweiten Abschnittes gerichtet ist. Gegen die nach vorn gerichtete Horizontale ist daher die erstere um\nden Winkel 90\u00b0\u2014cpt, die letztere um den Winkel q>t\u2014 90\u00b0, hezw. hei spitzem Winkel um 90\u00b0\u2014cp\u00ee geneigt; mit der nach oben gerichteten Verticalen bildet dagegen die erstere den Winkel cp{ und die letztere den Winkel cpi (Fig. 3). Denkt man sich daher die Schwerpunktsbeschleunigung y in zwei Componenten x \" und y0\" zerlegt, von denen die erste horizontal, die letztere dagegen vertical gerichtet ist, und rechnet jene nach vom und diese nach oben positiv, so erh\u00e4lt man f\u00fcr die beiden Beschleunigungscompo-nenten des Schwerpunktes die Werthe\nxu\" = \\ cp\u201d \u2022 sin cpi + cp\u201d \u2022 sin <pv z/o\" = \\ (P\\\" \u25a0 cos fjPi + rt cP\u00ee\" ' cos <Pr Setzt man in diesen Formeln die in einem bestimmten Falle ausgerechneten Werthe von r/>,\" und <p\u00e4\" ein, so kann man aus dem Vorzeichen des Resultats sofort entscheiden, oh der Schwerpunkt sich hebt oder senkt, und oh er dabei gleichzeitig nach vom oder hinten wandert. Bei y'pf'Li\t\u2014- _\treiner Erhebung des Schwerpunktes\nohne Bewegung nach vorn oder\n\u00e4WlAgww hinten muss sich beisPielswcise f\u00fcr\nz/0\" ein positiver Werth, dagegen f\u00fcr x\u00fc\" der Werth Null ergehen u. s. w.\nMan kann schlie\u00dflich auch mit H\u00fclfe der beiden Beschleunigungs-componenten die genaue Richtung angehen, in welcher sich der Schwerpunkt aus einer Ruhehaltung heraus im Anfang forthewegt. Bezeichnet man den Winkel, welchen diese Bewegungsrichtung mit\n","page":148},{"file":"p0149.txt","language":"de","ocr_de":"Ueber die Bedingungen u. den Beginn d. Ablesung d. Fersen v. Boden. 149\nder nach vorn gerichteten Horizontalen bildet, mit s, so hat man ohne\nweiteres tge\tDieser Quotient l\u00e4sst sich nach dem Einsetzen\n%0\nder Werthe f\u00fcr x0\" und y0\" auf die Form bringen\ntt\nh ~rr cos cp{ + r, cos r/>s\nt9,=Tvr~-\u2014\u2014;\u2014\nk jrTF sm rPl + rt sm cPi\nWZ\nworaus zu erkennen ist, dass der Winkel e nur von dem Verh\u00e4ltniss der beiden Winkelbeschleunigungen abh\u00e4ngt.\nDurch die bisher angef\u00fchrten Formeln wird man also in den Stand gesetzt, f\u00fcr jede Ruhehaltung des menschlichen K\u00f6rpers einerseits anzugeben, in welcher Weise sich das Drehungsmoment der Muskeln ver\u00e4ndern muss, damit Bewegung der beiden Abschnitte in einem bestimmten Drehungssinne erfolgt, und anderseits zu entscheiden, welche Bewegung der beiden Abschnitte und des K\u00f6rperschwerpunktes ein-tritt, wenn ein bestimmter Muskel sich contrahirt. Insbesondere l\u00e4sst sich sofort die Frage beantworten, ob bei einer bestimmten Haltung des K\u00f6rpers die Fersen durch Contraction geeigneter Muskeln vom Boden gel\u00f6st werden k\u00f6nnen oder nicht; denn hierzu ist ja nur erforderlich, dass die Winkelbeschleunigung cp\" einen positiven Werth annimmt. Wie lange es danach dauert, bis sich die Fersen wieder auf den Boden aufsetzen, kommt dabei gar nicht in Betracht.\nUm diese und andere Fragen zu entscheiden, hat man nur noch n\u00f6thig, die Werthe von Mt1 Mt und M{zu berechnen. Unter Zugrundelegung der Resultate fr\u00fcherer Messungen, welche sich auf die Dimensionen, Gewichte, Schwerpunktslagen und Tr\u00e4gheitsmomente ') der einzelnen K\u00f6rpertheile des Menschen beziehen, erh\u00e4lt man die umstehende Tabelle.\nZur Erl\u00e4uterung derselben diene folgendes. Die Gewichte sind im terrestrischen Ma\u00dfsystem in Gramm ausgedr\u00fcckt. Aus den Gewichtszahlen erh\u00e4lt man die zugeh\u00f6rigen Massenzahlen, wenn man die ersteren durch die Zahl 981,11 f\u00fcr die Schwerebeschleunigung dividirt. Auf diese Weise sind die Zahlen in der zweiten Spalte entstanden.\n1) Abhandl. d. mathem.-phys. Classe der Kgl. s\u00e4chs. Gesellsch. d. Wissensoh., Bd. XV, Nr. VII und Bd. XVIII, Nr. VTTT.","page":149},{"file":"p0150.txt","language":"de","ocr_de":"150\nOtto Tischer.\nK\u00f6rpertheile\tGewicht in g\tMassenzahl\tTr\u00e4gheitsradius i. B. a. die zur Medianebene senkrechte Axe durch d. Schwerpunkt d. K\u00f6rpertheils in cm\tAbstand des Schwerpunktes des K\u00f6rpertheils von der Axe des oberen Sprunggelenks in cm\tTr\u00e4gheitsmoment d. K\u00f6rpertheils i. B. a. d. Axe d. oberen Sprunggelenks\nRumpf mit Kopf\t27710\t28,24\t23,4\t113,5\t379258\nGanze obere Extremit\u00e4t\t3616\t3,68\t21,2\t98,5\t37358\nOberschenkel\t6460\t6,57\t12,4\t65,3\t29025\nUnterschenkel\t2935\t2,99\t10,4\t24,3\t2089\nAus dem Tr\u00e4gheitsradius * eines K\u00f6rpertheils in Bezug auf die zur Medianebene senkrechte Axe durch den Schwerpunkt des K\u00f6rpertheils, und aus dem Abstand r dieses Schwerpunktes von der Sprunggelenk-axe F erh\u00e4lt man das Tr\u00e4gheitsmoment des K\u00f6rpertheils in Bezug auf die gleiche Axe, indem man die Masse des K\u00f6rpertheils mit der Summe der Quadrate von % und r multiplicirt. Die Resultate dieser Berechnung sind in der letzten Spalte der Tabelle niedergelegt worden.\nDas Tr\u00e4gheitsmoment M, des ganzen K\u00f6rpers ohne F\u00fc\u00dfe gewinnt man hieraus durch Addition der Tr\u00e4gheitsmomente f\u00fcr die einzelnen K\u00f6rpertheile, wobei nat\u00fcrlich die Tr\u00e4gheitsmomente der oberen Extremit\u00e4t und des Ober- und Unterschenkels zweimal in Rechnung zu ziehen sind. Auf diese Weise erh\u00e4lt man f\u00fcr M, den Werth 516202.\nZur Berechnung des Products ml*, welches durch M, bezeichnet wurde, hat man zu beachten, dass der Abstand lK zwischen der Sprunggelenk- und der Metatarsalaxe hei dem zu Grunde gelegten Individuum 15 cm betrug. Als Massenzahl des Gesammtk\u00f6rpers erh\u00e4lt man aus der obigen Tabelle, unter Vernachl\u00e4ssigung der Masse der F\u00fc\u00dfe, 54,72. Demnach ergibt sich f\u00fcr Mt der Werth 12312.\nDer Abstand des Gesammtschwerpunktes des K\u00f6rpers von der Sprunggelenkaxe F betrug bei dem betreffenden Individuum 86 cm. Demnach besitzt das durch Mti bezeichnete Product mltrt den Werth 70589.\nSetzt man diese Zahlenwerthe in den f\u00fcr das Vorzeichen von \u00e7p,\" ma\u00dfgebenden Ausdruck ein und k\u00fcrzt zur Vereinfachung den Quotient mit M{ v so erh\u00e4lt man das bestimmte Resultat, dass die Fersen vom Boden abgel\u00f6st werden, sobald das resultirende","page":150},{"file":"p0151.txt","language":"de","ocr_de":"Ueber die Bedingungen u. den Beginn d. Abl\u00f6sung d. Fersen v. Boden. 151\nDrehungsmoment D der Muskeln einen gr\u00f6\u00dferen Werth besitzt als der Ausdruck\nf \u25a0 7,812 + s \u25a0 cos ip 7,312 + cos ip\nDabei bedeutet G das Gewicht des K\u00f6rpers, f den Abstand der durch die Sprunggelenkaxe gehenden Frontalebene von der Metatarsalaxe, s den nach vorn positiv gerechneten Abstand des K\u00f6rperschwerpunktes von der Frontalebene durch die Sprunggelenkaxe und ij> den Winkel, welchen die durch den K\u00f6rperschwerpunkt und die Sprunggelenkaxe gehende Ebene mit der R\u00fcckw\u00e4rtsverl\u00e4ngerung der die Sprunggelenk-und die Metatarsalaxe verbindenden Ebene bildet.\nEs soll gleich an dieser Stelle die principiell wichtige Thatsache hervorgehoben werden, dass, wenn die obige Bedingung erf\u00fcllt ist, die Abl\u00f6sung der Fersen ausschlie\u00dflich als Wirkung der Contraction von Muskeln, die \u00fcber das Sprunggelenk hinwegziehen, eintritt, und nicht etwa eine Folge von Schleuderungen ist, da ja Winkelgeschwindigkeiten zuerst noch gar nicht vorhanden sind. Auch kann man sich fernerhin leicht davon \u00fcberzeugen, dass der Factor von G f\u00fcr alle in Frage kommenden Ruhehaltungen des K\u00f6rpers einen positiven Werth besitzt; denn selbst bei negativem s oder costp wird doch immer das erste Glied sowohl im Z\u00e4hler als auch im Nenner an Gr\u00f6\u00dfe das zweite \u00fcbertreffen. Daraus geht aber hervor, dass in jedem Falle das resultirende Drehungsmoment D der Muskeln einen positiven Werth besitzen muss. Befinden sich au\u00dfer der Wadenmuskulatur beim Abl\u00f6sen der Fersen auch vordere Muskeln, wie der M. tibialis anterior, in Contraction, so muss also das Drehungsmoment der ersteren das der letzteren an Gr\u00f6\u00dfe um D \u00fcbertreffen.\nSoll gleichzeitig die Anfangsbewegung des zweiten Abschnittes angegeben werden, so erh\u00e4lt man heim Einsetzen der Zahlenwerthe f\u00fcr M{ und M, , das bestimmte Resultat, dass der um die gemeinsame Sprunggelenkaxe drehbare Abschnitt, d. h. also der K\u00f6rper ohne die F\u00fc\u00dfe, sich relativ zum Sprunggelenk nach vorn oder hinten neigt, je nachdem das resultirende Drehungsmoment D der Muskeln kleiner oder gr\u00f6\u00dfer als","page":151},{"file":"p0152.txt","language":"de","ocr_de":"152\nOtto Fischer.\nist. Besteht dagegen Gleichheit beider Gr\u00f6\u00dfen, so f\u00fchrt der ganze zweite Abschnitt eine Translationsbewegung nach Ma\u00dfgabe der Bewegung der Sprunggelenkaxe aus, ohne dass dabei die L\u00e4ngsaxe desselben ihre Richtung im Raume \u00e4nderte.\nEndlich erh\u00e4lt man f\u00fcr das Gr\u00f6\u00dfenverh\u00e4ltniss der beiden Winkel-beschleunigungen, welches auch bei der Beurtheilung der Beschleuni-gungsrichtung des K\u00f6rperschwerpunktes in Frage kommt, die bestimmte Formel\n<pj\" _ I) (7,312 + cos xp) \u2014 O (f- 7,312 + g \u2022 cos xp)\n'P\u00ee\" \u2014 D (0,174 -}- cos xp) + G (s \u2022 0,174 -j- f \u2022 cos ip)'\nEs sollen nun einige specielle F\u00e4lle in Betracht gezogen werden.\nI. Fall: Der K\u00f6rperschwerpunkt liege vertical \u00fcber der Metatarsalaxe. In diesem Falle sind die Strecken f und s beide positiv und gleich lang; man kann also s durch f ersetzen. Zum Abl\u00f6sen der Fersen ist dann nach dem angegebenen Kriterium nur n\u00f6thig, dass T) >> G f ist. Ist diese Bedingung erf\u00fcllt, so heben sich nicht nur die Fersen vom Boden ah, sondern es dreht sich auch der zweite Abschnitt in negativem Sinne, d. h. der Oberk\u00f6rper bewegt sich relativ zur Axe des Sprunggelenks gleichzeitig nach hinten ; es richtet sich also der urspr\u00fcnglich nach vorn geneigte K\u00f6rper auf. Dies best\u00e4tigen auch die photographischen Aufnahmen des Abl\u00f6sungsvorganges von Gr\u00fctzner1). Damit ist nat\u00fcrlich noch nicht gesagt, dass auch der K\u00f6rperschwerpunkt im Raume nach hinten wandert; denn die Sprunggelenkaxe erf\u00e4hrt ja beim Abl\u00f6sen der Ferse eine Bewegung, die nicht nur nach oben, sondern auch etwas nach vorn gerichtet ist. Soviel ist aber a priori klar, dass der Schwerpunkt sich hebt, denn sowohl die Drehung der F\u00fc\u00dfe im Sinne des Uhrzeigers, als auch die entgegengesetzte Drehung des \u00fcbrigen K\u00f6rpers tragen zu einer anf\u00e4nglichen Hebung des Schwerpunktes bei. Es w\u00e4re nur noch zu untersuchen, ob die horizontale Beschleunigungs-componente x0\" des Schwerpunktes dabei verschwindet, so dass der Winkel e ein rechter Winkel ist, oder ob e einen von 90\u00b0 verschiedenen Werth annimmt.\nZur Beurtheilung dieser Frage ist zun\u00e4chst der Werth des\n1) A. a. 0., Eig. 10, S. 630.","page":152},{"file":"p0153.txt","language":"de","ocr_de":"Ueber die Bedingungen u. den Beginn d. Abl\u00f6sung d. Fersen v. Boden. 153\nVerh\u00e4ltnisses der beiden Winkelbeschleunigungen zu bestimmen. Die in Betracht kommende, oben allgemein angegebene Formel vereinfacht sich infolge der Gleichheit von s und f sehr wesentlich, da im Z\u00e4hler und Nenner die Differenz D\u2014Of, welche ja einen von Null verschiedenen Werth besitzen muss, als Factor auftritt und sich daher fortk\u00fcrzt. Man erh\u00e4lt auf diese Weise die einfache Formel\ncp\" ___\t7,312 + cosxp\n<P*\n0,174 -f- cos ip\ndie f\u00fcr die Bewegung aus irgend einer Ruhehaltung, bei welcher der K\u00f6rperschwerpunkt vertical \u00fcber der Metatarsalaxe liegt, G\u00fcltigkeit hat. Es ist insbesondere zu beachten, \u25a0 dass in diesem Falle die Gr\u00f6\u00dfe des resultirenden Drehungs-\t\u00ee'lg'\nmomentes der Muskeln keinen Einfluss auf den Werth des Verh\u00e4ltnisses der beiden Winkelbeschleunigungen besitzt. Dagegen \u00e4ndert sich dieses Verh\u00e4ltniss mit der Ausgangsstellung, welche jetzt schon durch den Winkel ip, d. h. also die Differenz der beiden Winkel und <p, eindeutig charakterisirt wird. Der Winkel ip reicht hierzu allein aus, weil bei vertical \u00fcber der Metatarsalaxe stehendem Schwerpunkt der Winkel r/>, sich in enger Abh\u00e4ngigkeit von dem Winkel <p, befindet, und daher durch denselben ausgedr\u00fcckt werden kann. Es bilden n\u00e4mlich in diesem Falle die drei Punkte M,, F, S ein Dreieck, dessen eine Seite vertical steht, so dass zwei Winkel desselben direct gleich den Winkeln 90\u00b0\u2014cp{ und cp.,\u201490\u00b0 sind, um welche die L\u00e4ngsaxen MF und FS der beiden Abschnitte gegen die Verticale geneigt sind (Fig. 4). Dem ersteren liegt die Seite ra, dem letzteren dagegen die\n\n'' 'CVl\n\u25a01\nSeite f gegen\u00fcber, so dass man nach dem Sinussatze zwischen den Winkeln cp{ und cpt die Beziehung hat:\n7,\n\ncos cp, : \u2014 cos r/)j =","page":153},{"file":"p0154.txt","language":"de","ocr_de":"154\nOtto Fischer.\nDa /j \u2014 15 cm und r, = 86 cm, so folgt hieraus zur Berechnung von cp% die Formel\ncos cp2 = \u2014 0,174 \u2022 cos (pi.\nIn dem gew\u00f6hnlichen Falle, wo die Fersen zun\u00e4chst auf dem Boden aufstehen und bei der Bewegung abgel\u00f6st werden, betr\u00e4gt der Winkel cpv den die L\u00e4ngsaxe MF des Fu\u00dfes mit der Horizontalebene bildet, nach Messungen am Lebenden angen\u00e4hert 25\u00b0. Mit H\u00fclfe der obigen Formel ergibt sich daher f\u00fcr </>, der Werth 97\u00b0, und hieraus f\u00fcr xp der Werth 72\u00b0. Da cos 72\u00b0 = 0,309, so ergibt sich weiter nach der Formel f\u00fcr das Verh\u00e4ltniss der beiden Winkelbeschleunigungen cp\" und (jp2\" im Moment des Abl\u00f6sens der Fersen vom Boden der Werth \u201415,8. Das hei\u00dft also: die Winkelbeschleunigung der beiden F\u00fc\u00dfe, welche im positiven Drehungssinne stattfindet, ist rund 15 mal so gro\u00df als die im entgegengesetzten Sinne stattfindende Winkelbeschleunigung des \u00fcbrigen K\u00f6rpers. Der letztere dreht sich also im Anfang des Abl\u00f6sens um einen kleinen Winkel nach hinten, welcher nur 6 % von dem Winkel betr\u00e4gt, den gleichzeitig die F\u00fc\u00dfe bei ihrer Drehung um die Metatarsalaxe beschreiben.\nSetzt man den Werth \u2014 15,8 des Verh\u00e4ltnisses der Winkelbeschleunigungen in die Formel f\u00fcr tg s ein und beachtet, dass cos 25\u00b0= 0,906; cos 97\u00b0 = \u2014 0,122; sin 25\u00b0 = 0,423 und sin 97\u00b0 = 0,993 ist, so erh\u00e4lt man schlie\u00dflich f\u00fcr tg\u00a3 abgerundet den positiven Werth + 15. Daraus geht also hervor, dass die Beschleunigung, welche der K\u00f6rperschwerpunkt beim Abl\u00f6sen der Fersen im Anfang erh\u00e4lt, nicht genau vertical nach oben, sondern zugleich etwas nach vorn gerichtet ist. Der Winkel, um welchen die Richtung der Schwerpunktsbeschleunigung gegen den horizontalen Fu\u00dfboden geneigt ist, betr\u00e4gt abgerundet 86\u00b0, und daher der Winkel, um welchen dieselbe von der Verticalen nach vom abweicht, nur 4\u00b0.\nEs wird also beim Erheben auf die Zehen aus einer Haltung des K\u00f6rpers, bei welcher der Schwerpuukt senkrecht \u00fcber der Metatarsalaxe liegt, die Schwerlinie gleich zu Anfang etwas vor die Metatarsalaxe gebracht, vorausgesetzt, dass die beiden Abschnitte des K\u00f6rpers sich w\u00e4hrend der Bewegung wie starre Massen verhalten. Dieses Wandern der Schwerlinie nach vorn hat schon Gr\u00fctzner *) mit H\u00fclfe\n1) A. a. 0., S. 634 u. 635.","page":154},{"file":"p0155.txt","language":"de","ocr_de":"Ueber die Bedingungen u. den Beginn d. Abl\u00f6sung d. Fersen v. Boden. 155\neiner sehr sinnreichen Methode empirisch gefunden. Da der Schwerpunkt beim Stehen auf dem ebenen Fu\u00dfboden dann immer noch durch die Zehen unterst\u00fctzt ist, so f\u00e4llt der K\u00f6rper deshalb nicht nach vorn \u00fcber; denn er kommt ja zun\u00e4chst immer noch durch Gleichgewichtslagen hindurch. In diesem Sinne hat R. du Bois-Reymond ') Recht, wenn er angibt, dass es sich hei dem Stehen mit erhobenen Fersen nicht um labile, sondern um stabile Gleichgewichtslagen handelt.\nAnders gestalten sich die Verh\u00e4ltnisse, wenn die Fu\u00dfballen auf der Kante eines dreiseitigen Klotzes ausruhen. In diesem Falle wird heim Abl\u00f6sen der Fersen die Schwerlinie gleich zu Anfang aus der Unterst\u00fctzungsfl\u00e4che heraus nach vorn treten, und der K\u00f6rper m\u00fcsste daher unfehlbar nach vorn \u00fcberfallen, wenn nicht auf andere Weise daf\u00fcr gesorgt w\u00fcrde, dass der Schwerpunkt wieder eine geringe Beschleunigung nach r\u00fcckw\u00e4rts erf\u00e4hrt, welche die nach vorn gerichtete horizontale Beschleunigungscomponente x0\" gerade ausgleicht. Dies kann nur durch Muskeln geschehen, die auf einen der beiden zun\u00e4chst als starr aufgefassten Abschnitte des K\u00f6rpers deformirend einwirken, also z. B. eine Ver\u00e4nderung der Gelenkstellung in einem Gelenk her-vorrufen, das in das Innere eines der beiden Abschnitte hineinf\u00e4llt. Oh dabei die Zehenbeuger in Action treten, wie R. du Bois-Reymond annimmt, ist freilich eine andere Frage, die ich vorl\u00e4ufig nicht zu entscheiden wage. Eine R\u00fcckw\u00e4rtsheschleunigung des K\u00f6rperschwerpunktes k\u00f6nnte jedenfalls auch durch die Contraction von \u00fcber das Kniegelenk, das H\u00fcftgelenk oder z. B. auch das Schultergelenk hinwegziehenden Muskeln hervorgebracht werden. Wie dem auch sei, so viel ist sicher, dass in dem Falle, wo die beiden Abschnitte des K\u00f6rpers sich vollkommen steif verhalten und die Fu\u00dfhallen auf einer vertical unter dem Schwerpunkt befindlichen Kante aufruhen, die Abl\u00f6sung der Fersen vom Boden ein Vorn\u00fcberfallen des ganzen K\u00f6rpers zur Folge hat. Man braucht nur den Versuch zu machen, mit steifem K\u00f6rper auf der Kante eines dreiseitigen Klotzes die Fersen zu erheben, um sich von dem Bestreben des K\u00f6rpers, nach vom \u00fcberzufallen, sofort zu \u00fcberzeugen. Dieselbe Beobachtung kann man auch machen, wenn man heim Stehen auf dem ebenen Fu\u00dfboden zun\u00e4chst den K\u00f6rper so weit nach vorn neigt, bis der Schwerpunkt gerade\n1) A. a. O., S. 87.","page":155},{"file":"p0156.txt","language":"de","ocr_de":"156\nOtto Fischer.\nnoch durch die vorderen Partien der Zehen unterst\u00fctzt ist, und dann die Fersen vom Boden abl\u00f6st.\nMit H\u00fclfe der aufgestellten Formeln l\u00e4sst sich in ganz gleicher Weise der Fall behandeln, dass der K\u00f6rper aus irgend einer Ruhehaltung mit schon erhobenen Fersen, hei welcher naturgem\u00e4\u00df der Schwerpunkt vertical \u00fcber der Metatarsalaxe liegt, in Bewegung gesetzt werden soll. Man kann dann sowohl nach den Bedingungen des weiteren Erhebens, als auch nach denen des Senkens der Fersen fragen. In den Formeln ist dabei der Werth von ip einzusetzen, durch welchen die betreffende Ausgangshaltung charakterisirt ist. Die Durchf\u00fchrung specieller Beispiele kann aus Mangel an Raum hier nicht gegeben werden; sie unterliegt aber nach der Behandlung des Falles ip \u2014 72\u00b0 durchaus keinen Schwierigkeiten.\nII. Fall: D er K\u00f6rperschwerpunkt liege vertical \u00fcber der gemeinsamen Axe der oberen Sprunggelenke. Dieser Fall ist dadurch charakterisirt, dass die Strecke s den Werth Null besitzt. Zum Abl\u00f6sen der Fersen ist dann nach dem fr\u00fcher angegebenen\n7 312\nKriterium erforderlich, dass D '> G f , \u2019.--- ist. Wenn, wie es\n' 7,312 + cos ip\nja in diesem Falle vorausgesetzt wird, die L\u00e4ngsaxe FS des zweiten Abschnittes vertical steht, so ist, wie man leicht erkennt, der Winkel tp das Complement zu cp{ und also cos ip \u2014 sin rp{. Da heim Auf stehen mit der ganzen Sohle auf horizontalem Boden cp{ = 25\u00b0 ist, so hat man also hier ip = 65\u00b0, und als Bedingung f\u00fcr das Abl\u00f6sen der Fersen: Dj> Gf- 0,945. Dagegen erf\u00e4hrt nach dem fr\u00fcheren Kriterium der zweite Abschnitt eine positive oder negative Winkelbeschleunigung,\nCOS ll)\nje nachem 1) kleiner oder gr\u00f6\u00dfer als Gf.._.\u201e, - \u2014-> d. h. also im\nJ\t\u00b0\t' 0,174 4- cos ip\nvorliegenden Falle als G f -0,709 ist. Wenn nun D gr\u00f6\u00dfer als Gf- 0,945 ist, so wird nothwendiger Weise die Ferse vom Boden abgel\u00f6st. Da aber gleichzeitig dann D auch gr\u00f6\u00dfer als Gf- 0,709 ist, so erf\u00e4hrt dabei der zweite Abschnitt eine negative Winkelbeschleunigung, d. h. der K\u00f6rper neigt sich nach hinten. Man sieht also, dass nicht nur ein Abl\u00f6sen der Fersen m\u00f6glich ist, sondern dass hierzu sogar ein kleineres resultirendes Drehungsmoment, und damit eine etwas geringere Spannung der betheiligten Muskeln geh\u00f6rt als im Falle des Fersen-","page":156},{"file":"p0157.txt","language":"de","ocr_de":"Ueber die Bedingungen u. den Beginn d. Abl\u00f6sung d. Fersen v. Boden. 157\nabl\u00f6sens bei vertical \u00fcber der Metatarsalaxe liegendem Schwerpunkt.\nDass die Fersen auch bei vertical \u00fcber der Sprunggelenkaxe befindlichem Schwerpunkt etwas abgehoben werden k\u00f6nnen, hat schon Ewald1) richtig erkannt.\nFerner gibt auch R. du Bois-Reymond2) an, dass er schon von Glad auf die M\u00f6glichkeit des momentanen L\u00fcftens der Fersen vom Boden in einer Stellung, bei welcher die Schwerlinie hinter der Metatarsalaxe die Unterst\u00fctzungsfl\u00e4che trifft, hingewiesen worden ist. Es w\u00e4re daher gar nicht n\u00f6thig, diese Thatsache so besonders hervorzuheben, wenn sie nicht unterdess von L. Hermann direct in Abrede gestellt worden w\u00e4re. Hermann stellt den Satz3) auf: \u00bbEin System, welches eine Drehaxe hat (hier die Capitula metatarsi) und dessen Schwerpunkt nicht \u00fcber der Drehaxe liegt, aber unterst\u00fctzt ist (hier durch die Fersen), kann unm\u00f6glich durch eigene Kr\u00e4fte sich resp. seinen Schwerpunkt auch nur im Geringsten aus seiner Lage erheben.\u00ab Es bedarf wohl nach den bisherigen Auseinandersetzungen keines weiteren Beweises daf\u00fcr, dass in dieser Form der Satz keine Geltung beanspruchen kann. Es waren daher Gr\u00fctzner und A. Fick vollkommen im Rechte, als sie gegen denselben Einspruch erhoben. Gr\u00fctzner ersetzt das letzte Wort des Hermann\u2019schen Satzes durch die Worte4 *): \u00bblangsam erheben, so dass es in den verschiedenen Stellungen stehen bleiben kann\u00ab und macht dadurch den Satz einwandsfrei. A. Fick6) weist au\u00dferdem nach, dass auch in dem Falle, wo der Schwerpunkt vertical \u00fcber dem Sprunggelenk liegt, der Zug der Wadenmuskeln sehr wohl ein gr\u00f6\u00dferes Drehungsmoment am Fu\u00dfe aus\u00fcben kann als das K\u00f6rpergewicht im entgegen-gesetzen Sinne, und gibt an, dass dann der Fu\u00df sich durch Drehung um die Metatarsusk\u00f6pfchen hebt. Unter Anwendung der bisher verwendeten Bezeichnungen werden also nach A. Fick erst dann die,\n1)\tJ. R. Ewald, Die Hebelwirkung des Fu\u00dfes, wenn man sieh auf die Zehen erhebt. Archiv f. d. ges. Physiol., Bd. LIX, S. 251.\n2)\tR. du Bois-Reymond, Die Hebelwirkung des Fu\u00dfes, wenn man sich auf die Zehen erhebt. Archiv f. Anatomie u. Physiologie. Physiol. Abth., 1895, S. 279.\n3)\tL. Hermann, Die Abl\u00f6sung der Ferse vom Boden. Archiv, f. d. ges.\nPhysiol. Bd. LXII. S. 604.\t4) A. a. O., S. 624.\n6) A. Fick, Bemerkungen zur Mechanik zur Erhebung auf die Zehen. Archiv\nf- d. ges. Physiol. Bd. LXXV, S. 341.","page":157},{"file":"p0158.txt","language":"de","ocr_de":"158\nOtto Fischer.\nFersen vom Boden abgel\u00f6st werden, wenn D^>Gf. In dieser Angabe k\u00f6nnte vielleicht ein Widerspruch mit der obigen Bedingung, dass D nur gr\u00f6\u00dfer als Gf. 0,945 zu sein braucht, gefunden werden. Ein solcher Widerspruch besteht aber nicht im Geringsten. Die Angabe von A. Fick ist f\u00fcr den von ihm in Betracht gezogenen Fall vollkommen correct. Er nimmt n\u00e4mlich der Einfacheit halber an, dass die L\u00e4ngsaxe MF des Fu\u00dfes horizontal gerichtet ist, so dass dem Winkel q>l der Werth Null und dem Winkel ip der Werth 90\u00b0 zukommen w\u00fcrde; dieser Fall lie\u00dfe sich etwa so verwirklichen, dass man mit den F\u00fc\u00dfen auf einer um 25\u00b0 gegen den Horizont ansteigenden schiefen Ebene steht, und bei vertical \u00fcber der Sprunggelenkaxe befindlichem Schwerpunkt die Ferse vom Boden abzul\u00f6sen sucht. Da hierbei cos ip den Werth Null besitzt, so erh\u00e4lt man nach dem Fr\u00fcheren gerade als Bedingung f\u00fcr das Abl\u00f6sen D > Gf.\nMan k\u00f6nnte nun vielleicht im Zweifel sein, ob der Schwerpunkt im vorliegenden Falle beim Abl\u00f6sen der Fersen gehoben wird. Dass dies wirklich stattfindet, davon kann man sich jedoch ohne alle Rechnung \u00fcberzeugen. Die positive Winkelbeschleunigung des ersten Abschnittes theilt n\u00e4mlich, wie man sofort erkennt, dem Schwerpunkt eine nach aufw\u00e4rts gerichtete verticale Beschleunigungscomponente mit, welche durch keine andern ausgeglichen werden kann; denn die Winkelbeschleunigung des zweiten Abschnittes ertheilt infolge der verticalen Stellung der L\u00e4ngsaxe FS dem Schwerpunkte im Anfang nur eine Horizontalbeschleunigung.\nUm die genaue Richtung der resultirenden Schwerpunktsbe-\nschleunigung abzuleiten, hat man zun\u00e4chst wieder den Werth von\nfestzustellen. Entsprechend s = 0 gilt jetzt f\u00fcr dieses Verh\u00e4ltnis die Formel\ntp\u201d _ _ D (7,312 + cos ip) - G f-1,312 _ fpf'~ D (0,174 + cos ip) \u2014 Gf-cos xp\nDa in derselben das resultirende Drehungsmoment D der Muskeln\nnoch vorkommt, so kann man den Werth des Verh\u00e4ltnisses der Winkelbeschleunigungen durch Aenderung der Muskelspannungen in bestimmter Weise variiren. F\u00fcr ip \u2014 65\u00b0 geht die Formel \u00fcber in q>\u201d _\tD \u2022 7,735 -Gf- 7,312","page":158},{"file":"p0159.txt","language":"de","ocr_de":"Ueber die Bedingungen u. den Beginn d. Abl\u00f6sung d. Fersen v. Boden. 159\nUm einen bestimmten Fall herauszugreifen, der sich leicht rechnerisch verfolgen l\u00e4sst, sei angenommen, dass D \u2014 Gf. Dann wird nach dem obigen Kriterium die Ferse vom Boden abgel\u00f6st werden, da zum Abl\u00f6sen nur erforderlich ist, dass D > Gf- 0,945. Das Verh\u00e4ltnis der Winkelbeschleunigungen nimmt dabei den Werth __2,4 an. Beachtet man, dass <jp2 im vorliegenden Falle ein rechter Winkel ist, so erh\u00e4lt man weiterhin f\u00fcr tge nach der Formel auf Seite 147 den Werth \u2014 0,46, und f\u00fcr e selbst den abgerundeten Werth 155\u00b0. Die Beschleunigung, welche in diesem Falle der Schwerpunkt erf\u00e4hrt, ist also nach hinten und oben gerichtet, wobei sie allerdings den verh\u00e4ltnissm\u00e4\u00dfig gro\u00dfen Winkel von 65\u00b0 mit der Verti-calen bildet; ihre nach oben gerichtete verticale Oomponente betr\u00e4gt etwa nur die H\u00e4lfte, genauer 46^ von der nach hinten gerichteten horizontalen Componente. Da im ersten Fall, wo der Schwerpunkt vertical \u00fcber der Metatarsalaxe stand, auch keine genau verticale, sondern eine nach oben und vorn gerichtete Beschleunigung des Schwerpunktes vorhanden war, so besteht gar kein principieller Unterschied zwischen dem Beginn der Abl\u00f6sung der Ferse in jenem Falle und dem eben betrachteten, wo der Schwerpunkt vertical \u00fcber der Sprunggelenk-axe liegt. Ein wesentlich verschiedenes Verhalten zeigt der K\u00f6rper erst im weiteren Verlauf der Bewegung; denn da die Schwerlinie nicht mehr unterst\u00fctzt ist, sobald die Fersen sich etwas vom Boden abgel\u00f6st haben, so kann nat\u00fcrlich der K\u00f6rper nicht in einer beliebigen Bewegungsphase zum Stillstand gebracht werden, wie es im ersten Fall m\u00f6glich war. Dies ist aber auch meines Wissens von Niemand behauptet worden.\nEs d\u00fcrfte interessant sein, zu erfahren, wie sich die Richtung der Schwerpunktsbeschleunigung bei gr\u00f6\u00dferen Werthen des resultirenden Drehungsmomentes D der Muskeln stellt. Nimmt man z. B. an, dass das letztere doppelt so gro\u00df ist, als das Drehungsmoment Gf der\nSchwere, so wird\t\u201410,6, ferner tge \u2014 \u2014 7,69 und e \u2014 97Vj0.\n*Pt\nDie Beschleunigung des Schwerpunktes ist also jetzt nahezu vertical gerichtet; sie bildet nur noch einen Winkel von 7y2\u00b0 mit der Verti-calen. W\u00fcrde man mit den Muskeln ein Drehungsmoment aus\u00fcben k\u00f6nnen, welches so gro\u00df ist, dass ihm gegen\u00fcber das Drehungsmoment der Schwere gar nicht in Betracht k\u00e4me, so w\u00fcrde den","page":159},{"file":"p0160.txt","language":"de","ocr_de":"160\nOtto Fischer.\nWerth \u201413 und tgs den Werth \u201450,3 annehmen. Der Winkeln w\u00e4re dann abgerundet 91\u00b0, so dass die Richtung der Schwerpunktsbeschleunigung nur um den Winkel von 1\u00b0 nach r\u00fcckw\u00e4rts gegen die Verticale geneigt w\u00e4re, also mit ihr ziemlich genau zusammenfiele. Wenn man auch nat\u00fcrlich nicht im Stande ist, diesen extremen Fall zu verwirklichen, so zeigt doch das gewonnene Resultat ganz evident die Unhaltharkeit des Hermann\u2019schen Satzes, welcher ja ohne alle Einschr\u00e4nkung f\u00fcr jedes System, welches eine Drehaxe hat, ausgesprochen, und dessen G\u00fcltigkeit f\u00fcr diesen extremen Fall noch besonders hervorgehohen worden ist. An einer anderen Stellel) gibt n\u00e4mlich Hermann auf Grund seines Satzes ausdr\u00fccklich an, dass in der Brust-Wandstellung des K\u00f6rpers selbst Muskeln vom Tausendfachen der vorhandenen Kraft nicht im Stande w\u00e4ren, die Fersen auch nur um 1 mm zu erheben.\nNach der Untersuchung der beiden extremen F\u00e4lle, wo der Schwerpunkt entweder vertical \u00fcber der Metatarsalaxe oder \u00fcber der Sprung-gelenkaxe steht, wird man es wohl ohne weiteres verstehen, dass auch in jedem anderen Falle, in dem die Schwerlinie die Unterst\u00fctzungsfl\u00e4che zwischen den beiden Gelenkaxen durchschneidet, durch blo\u00dfe Action von \u00fcber das Sprunggelenk hinwegziehenden Muskeln die Fersen vom Boden ahgel\u00f6st werden k\u00f6nnen. Nat\u00fcrlich werden dabei jedes Mal die Fersen sehr bald wieder auf den Boden aufgesetzt. Verharren kann man in einer Stellung mit abgel\u00f6sten Fersen eben nur, wenn die Schwerlinie auch dann noch durch die Unterst\u00fctzungsfl\u00e4che hindurchgeht.\nDer beschr\u00e4nkte Raum, welcher dem einzelnen Beitrag zu einer gro\u00dfen Festschrift zugemessen ist, gestattet es nicht, noch weitere Beispiele des Ahl\u00f6sens der Fersen aus dem Stand mit ganzer Fu\u00dfsohle durchzuf\u00fchren. An den beiden herausgegriffenen F\u00e4llen ist aber wohl auch schon zur Gen\u00fcge gezeigt worden, in welcher Weise man die ganz allgemein g\u00fcltigen Formeln verwenden kann, um sich die Antwort auf bestimmte Fragen zu verschaffen. Die Formeln erm\u00f6glichen aber auch noch die L\u00f6sung vieler anderen Probleme. So kann man auf dem beschriebenen Wege auch einen Einblick in den Anfang der Bewegung gewinnen, welche der K\u00f6rper aus irgend einer\n1) A. a. 0., S. 605.","page":160},{"file":"p0161.txt","language":"de","ocr_de":"Ueber die Bedingungen u. den Beginn d. Abl\u00f6sung d. Fersen v. Boden. I\u00dfl\nbeliebigen Ruhehaltung mit schon erhobenen Fersen ausf\u00fchrt, sobald der Contractionszustand der betheiligten Muskeln in bestimmter Weise ge\u00e4ndert wird. Dagegen geben die Formeln nat\u00fcrlich noch nicht die Mittel an die Hand, sich ein Urtheil \u00fcber den Einfluss zu bilden, welchen im weiteren Verlaufe der Bewegung auch die Winkelgeschwindigkeiten und die davon abh\u00e4ngende Geschwindigkeit des Schwerpunktes auf die Drehungen der beiden Abschnitte aus\u00fcben.\nMan kann sich aber nach den bisherigen Auseinandersetzungen auch leicht die hierzu n\u00f6thigen allgemeineren Formeln verschaffen. Zu diesem Zwecke braucht man nur noch die aus der Centripetal-beschleunigung der beiden Abschnitte herr\u00fchrenden Oomponenten der Effectivkraft des Schwerpunktes Si bei der Aufstellung der Formeln in R\u00fccksicht zu ziehen. Diese beiden Oomponenten besitzen bez\u00fcglich die Gr\u00f6\u00dfen mtlt <ph'il und mt r, <jp2'2, unter und die Winkelgeschwindigkeiten der beiden Abschnitte verstanden; die erste Com-ponente hat dieselbe Richtung wie die L\u00e4ngsaxe des ersten Abschnittes von F nach M, die zweite ist in der L\u00e4ngsaxe des zweiten Abschnittes von S\u00b1 nach F gerichtet. Um den Umfang der Arbeit nicht noch wesentlich zu vergr\u00f6\u00dfern, soll aber auf diese Bewegungsgleichungen nicht weiter eingegangen werden. Dieselben finden sich \u00fcberdies f\u00fcr das allgemeine zweigliedrige System in einer fr\u00fcheren Arbeit1) von mir schon ausf\u00fchrlich abgeleitet. Es ist bei der vorliegenden Untersuchung grunds\u00e4tzlich nur der Anfang der Bewegung in Betracht gezogen worden, wo von Geschwindigkeiten der beiden Abschnitte noch keine Rede ist, um a priori den Einwand zu entkr\u00e4ften, dass es sich heim Abl\u00f6sen der Fersen aus der Ruhe um sogenannte \u00bbSchleuderungen\u00ab handele. Selbstverst\u00e4ndlich kann man auch eine schleudernde Erhebung des K\u00f6rpers hervorbringen: die hier angef\u00fchrten Beispiele haben aber mit Schleuderungen nicht das Geringste zu thun. Es handelt sich vielmehr dabei um eine prim\u00e4re Wirkung von Muskeln, die \u00fcber das Sprunggelenk hinwegziehen, in erster Linie der Wadenmuskeln, sofern es sich um das Abl\u00f6sen der\n1) Beitr\u00e4ge zur Muskeldynamik. Erste Abhandlung: Heber die Wirkungsweise eingelenkiger Muskeln. Abhandl. d. mathem.-phys. Classe d. Kgl. s\u00e4chs. Gesellschaft d. Wissensch. Bd. XXII, Nr. 2. 1895.\n\u2022 Wundt, Philos. Studien. XIX.\n11","page":161},{"file":"p0162.txt","language":"de","ocr_de":"162\nOtto Fischer.\nFersen vom Boden oder um das Weitererheben derselben aus einer Gleichgewichtsstellung bandelt, bei welcher die Fersen schon vom Boden abgel\u00f6st waren.\nZum Schluss mag noch eine allgemeine, vielleicht nicht ganz \u00fcberfl\u00fcssige Bemerkung \u00fcber das Abl\u00f6sen der Fersen bei verticaler F\u00fchrung des Schwerpunktes gestattet sein. Wenn der Schwerpunkt auf irgend welche Weise in verticale Bewegung gezwungen wird, sich aber im \u00fcbrigen ganz ungehindert in der Verticalen bewegen kann, so besitzt der K\u00f6rper beim Erheben auf die Zehen dann nicht mehr, wie im Falle freier Beweglichkeit der beiden Abschnitte, zwei Grade, sondern nur noch einen Grad von Bewegungsfreiheit. Zur eindeutigen Oharakterisirung einer beliebigen Stellung des K\u00f6rpers braucht man dann nicht mehr zwei Winkel, sondern es gen\u00fcgt z. B. schon der Winkel (/),, weil der Winkel r/>\u00e4 in bestimmter Weise von demselben abh\u00e4ngt. Desgleichen werden auch die Winkelgeschwindigkeit <pt' und die Winkelbeschleunigung cpvon vornherein durch die Winkelgeschwindigkeit <jp/ und die Winkelbeschleunigung cp\" bestimmt sein, und die Bewegung l\u00e4sst sich schon durch eine einzige Gleichung ersch\u00f6pfend darstellen. Man kann nun aber auch bei der Untersuchung dieses einfacheren Falles von dem bisher behandelten allgemeineren Falle freier Beweglichkeit des Schwerpunktes ausgehen. Der Zwang f\u00fcr die verticale Bewegung des Schwerpunktes kann stets als eine aus der Reaction der F\u00fchrungsfl\u00e4chen herr\u00fchrende und in horizontaler Richtung wirkende Kraft aufgefasst werden, welche gerade so gro\u00df ist, dass sie die horizontale Beschleunigung des Schwerpunktes verhindert. Da die letztere fr\u00fcher mit x0\" bezeichnet wurde, so muss diese Kraft die Gr\u00f6\u00dfe mxaber die entgegengesetzte Richtung wie x0\" besitzen. Durch eine solche horizontale Kraft kann nun aber die verticale Beschleunigung y0\" des Schwerpunktes in keiner Weise beeinflusst werden. Besitzt der Schwerpunkt im Falle freier Beweglichkeit eine vertical nach oben gerichtete Beschleunigungscom-ponente, so wird derselbe sich nach oben, und zwar mit dieser Beschleunigung, bewegen, sobald allein seine horizontale Bewegung durch eine F\u00fchrung verhindert wird. Zeigt sich umgekehrt, dass unter gewissen Verh\u00e4ltnissen der Schwerpunkt des lebenden K\u00f6rpers oder eines denselben darstellenden Modells bei verticaler F\u00fchrung nach oben wandert, so wird er sich nothwendiger Weise ebenfalls nach","page":162},{"file":"p0163.txt","language":"de","ocr_de":"Ueber die Bedingungen u. den Beginn d. Abl\u00f6sung d. Fersen v. Boden. 163\noben, und dabei vielleicht gleichzeitig nach vorn oder hinten bewegen, wenn der Zwang zur Verticalbewegung wegf\u00e4llt, im \u00fcbrigen aber die Verh\u00e4ltnisse sich nicht ge\u00e4ndert haben. Man kann daher sehr wohl an einem Modell des K\u00f6rpers mit verticaler F\u00fchrung des Schwerpunktes nachweisen, ob unter gewissen Umst\u00e4nden der Schwerpunkt gehoben wird oder nicht.\n11*","page":163}],"identifier":"lit4570","issued":"1902","language":"de","pages":"128-163","startpages":"128","title":"Ueber die Bedingungen und den Beginn der Abl\u00f6sung der Fersen vom Boden","type":"Journal Article","volume":"19"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T14:24:35.683307+00:00"}