The Virtual Laboratory - Resources on Experimental Life Sciences
  • Upload
Log in Sign up

Open Access

Ueber die Gleichzeitigkeit und Ungleichzeitigkeit von Bewegungen

beta


JSON Export

{"created":"2022-01-31T14:35:03.863023+00:00","id":"lit4960","links":{},"metadata":{"alternative":"Philosophische Studien","contributors":[{"name":"K\u00fclpe, Oswald","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Philosophische Studien 6: 514-535","fulltext":[{"file":"p0514.txt","language":"de","ocr_de":"lieber die Gleichzeitigkeit und Ungleichzeitigkeit von Bewegungen.\nVon\nOswald K\u00fclpe.\n_Uer Begriff der individuellen Differenz, in der alten descriptiven Psychologie oft und gern verwandt, scheint auch in der modernen experimentellen Psychologie noch nicht entbehrt werden zu k\u00f6nnen. Wird doch sogar \u00bbdie Ausbildung einer wissenschaftlichen Individualpsychologie\u00ab, welche die feinen, durch die Mannigfaltigkeit der individuellen Organisationen bedingten Abweichungen von den gro\u00dfen Grundz\u00fcgen der psychischen Gesetzm\u00e4\u00dfigkeit zu studiren h\u00e4tte, als eine Hauptaufgabe unserer jungen Disciplin betrachtet1). Und darf man sich doch hierbei auf die Thatsachen st\u00fctzen, welche auf psychophysischem und auf psychometrischem Gebiete in gleichem Ma\u00dfe f\u00fcr das Vorhandensein pers\u00f6nlicher Unterschiede zu sprechen scheinen.\nUeberall in der Wissenschaft ist aber das Individuelle und Zuf\u00e4llige nur eine Vorstufe zum Allgemeinen und Gesetzm\u00e4\u00dfigen, und zwar in dem Sinne, dass f\u00fcr eine jede einzelne Erscheinung nach den Bedingungen geforscht werden muss, unter denen ihre Besonderheit begreiflich, ja nothwendig erscheint. So ist denn auch die experimentelle Psychologie fr\u00fchzeitig bem\u00fcht gewesen, durch sorgf\u00e4ltige Ber\u00fccksichtigung und Variation aller in Frage kommenden Bedingungen etwelcher psychischen Vorg\u00e4nge allgemeing\u00fcltige Beziehungen . aufzufinden, welche sowohl dem Individuellen den\n1) Axel Oehrn: Experimentelle Studien zur Individualpsychologie. Dorpat 1889 S. 7 f.","page":514},{"file":"p0515.txt","language":"de","ocr_de":"Ueber die Gleichzeitigkeit und \u00fcngleichzeitigkeit ven Bewegungen.\t515\nunwissenschaftlichen Charakter einer letzten V-Thatsache nehmen, als auch die unzureichende, weil zu allgemeine Erkl\u00e4rung aus der Mannigfaltigkeit der pers\u00f6nlichen Organisationen vermeiden. In der Sinnespsychophysik begn\u00fcgt man sich nicht mehr mit der Angabe oder Feststellung einer verschiedenen Empfindlichkeit oder Unterschiedsempfindlichkeit der einzelnen Beobachter, sondern sucht theoretisch und experimentell etwaige au\u00dferhalb der Fehlergrenzen fallende Abweichungen der Versuchsergebnisse bei denselben durch Annahme und Nachweis besonderer Versuchsumst\u00e4nde oder Anomalien der Organe zu erkl\u00e4ren. Und in dem Gebiet zeitmessender Arbeiten ist es gerade letzthin gelungen, das scheinhar rein Individuelle der von verschiedenen Theilnehmern herr\u00fchrenden Reac-tionszeiten durch Auffindung besonderer Dispositionen zu einer durchaus nothwendigen, f\u00fcr Alle unter gleichen Bedingungen geltenden Thatsache zu erheben.\nDurch diese eben erw\u00e4hnte Erweiterung unserer Erkenntniss des Eeactionsvorgangs, die wir L. Lange1) verdanken, ist auch der Erforschung aller damit zusammenh\u00e4ngenden oder darauf beruhenden Processe eine neue Richtung gewiesen, deren Verfolgung voraussichtlich zu einer vollst\u00e4ndigen Erkl\u00e4rung aller besonderen Ergebnisse in dieser Gruppe von Experimenten f\u00fchren wird. Der scheinhar ganz eindeutige Begriff der einfachen Reaction hat sich in eine Vielheit unterscheidbarer F\u00e4lle auf l\u00f6sen lassen, von denen zwei als Extreme besonders deutlich charakterisirt sind. W\u00e4hrend man fr\u00fcher genug zu thun glaubte, wenn man den Mitarbeitern die Aufgabe stellte, \u00bbm\u00f6glichst rasch\u00ab einen Sinneseindruck mit einer Bewegung bestimmter Art zu signalisiren, so wird man jetzt eine besondere Art der Vorbereitung f\u00fcr diesen Akt vorschreiben oder sich angeben lassen. Dies legt den Gedanken nahe, dass auch f\u00fcr ganz automatische Bewegungen oder Coordinationen die Qualit\u00e4t der psychophysischen Disposition nicht gleichg\u00fcltig sei, welche beabsichtigt oder unabsichtlich der Ausf\u00fchrung derselben vorausgehe. Solcher Ueberlegung ist der Plan zu der im Folgenden mitgetheilten Untersuchung entsprungen2). Im Wintersemester 1886\u201487 \u00fcber-\n1)\tNeue Experimente \u00fcber den Vorgang der einfachen Reaction etc. Philos. Stud. IV. S. 479\u2014510.\n2)\tWundt, Grundz\u00fcge der physiolog. Psych. II3. S. 325.","page":515},{"file":"p0516.txt","language":"de","ocr_de":"516\nOswald K\u00fclpe.\nnahm ich im Auftr\u00e4ge von Herrn Prof. Wundt und mit H\u00fclfe verschiedener Mitarbeiter die Anstellung und Verwerthung der hierzu erforderlichen Experimente. Dieselben f\u00fchrten, wie kaum anders zu erwarten war, \u00fcber die urspr\u00fcngliche Aufgabe hinaus zu einer selbst\u00e4ndigen Behandlung der im Titel allgemein angedeuteten Vorg\u00e4nge. Ich werde zun\u00e4chst die auf jene bez\u00fcglichen Ergebnisse darzustellen und zu besprechen suchen und in einem sp\u00e4teren Artikel \u00fcber diejenigen Fragen und Arbeiten Mittheilung machen, welche sich aus der gew\u00e4hlten Versuchsanordnung ergaben.\nAllem zuvor meinen herzlichen Dank Herrn Prof. Wundt, dessen Leitung und Rath allen unseren Bem\u00fchungen zur Seite standen, Herrn Dr. L. Lange f\u00fcr seine freundliche Unterst\u00fctzung im ersten Jahre der Untersuchung und meinen werthen Mitarbeitern, den Herren Dr. phil. G. Lipps, Cand. math. A. Vierkandt, Dr. jur. Steinmetz, Cand. phil. A. Mahrburg und Dr. phil. A. Kirschmann, von denen die vier ersten mit ausdauernder Geduld als Beobachter fungirt haben und der letztgenannte freundlicher Weise den Apparat bedient hat, w\u00e4hrend ich selbst beobachtete.\nA. Die Abh\u00e4ngigkeit coordinirter Bewegungen von der vorausgehenden psychophysischen Disposition.\nAls ein Beispiel coordinirter Bewegungen d\u00fcrfen wir die auf einen einzigen, psychologisch untheilharen Impuls hin erfolgende gleichzeitige Hebung der H\u00e4nde von einer Unterlage ansehen. Man k\u00f6nnte zun\u00e4chst glauben, dass es sich hierbei nur um eine doppelte Ausf\u00fchrung einfacher \u00dfeactionen handle, falls die Hebung beider H\u00e4nde an einen vorher bestimmten Sinnesreiz als ausl\u00f6senden Vorgang gekn\u00fcpft wird. Man \u00fcberzeugt sich jedoch leicht, dass die allgemeine Bedingung der Gleichzeitigkeit dieser Bewegungen eine automatische Coordination der motorischen Acte voraussetzt, welche bei dem Gesammtvorgang der Reaction auf einen Sinneseindruck mitwirkt. Wie auch die psychophysische Vorbereitung sein mag, welcher Qualit\u00e4t auch der Sinnesreiz sei, stets soll gleichzeitig mit beiden H\u00e4nden reagirt werden. Man sollte denken, dass dieser Einheitlichkeit der genannten allgemeinen Bedingung auch eine wesentliche oder durchschnittliche Gleichartigkeit der \u00e4u\u00dferlich constatirbaren Thatsachen entspreche, dass also","page":516},{"file":"p0517.txt","language":"de","ocr_de":"Ueber die Gleichzeitigkeit und Ungleichzeitigkeit von Bewegungen.\t517\n#\nunabh\u00e4ngig von der jeweils stattfindenden psychophysischen Disposition die zeitliche Coincidenz oder Differenz der beiden Bewegungen ausfallen werde. Man w\u00fcrde es also begreiflich finden, dass den fr\u00fcheren Erfahrungen gem\u00e4\u00df die Gesammtheit der Reaction einen verschiedenen Werth annimmt, je nachdem die Erwartung auf die Vorstellung der Bewegung oder des Sinneseindrucks gerichtet war, aber vermuthen, dass die f\u00fcr alle F\u00e4lle gleich erforderliche Coordination der Bewegungen in einem gleichartigen zeitlichen Verhalten des Eintritts derselben zum Ausdruck gelangen werde. Die folgenden Mittheilungen lehren einen dieser Vermuthung nicht entsprechenden Thatbestand kennen.\nDie numerische Feststellung der hier zu ber\u00fccksichtigenden Thatsachen konnte auf doppeltem Wege geschehen: einmal so, dass man die Reactionszeiten f\u00fcr beide Bewegungen gesondert bestimmte, sodann durch eine Ermittlung der zeitlichen Beziehung, in welcher der Eintritt der einen Bewegung zu demjenigen der anderen steht. Das erste Verfahren schlie\u00dft das zweite in sich, ist aber sehr umst\u00e4ndlich und m\u00fchsam. Wir haben es daher vorgezogen, uns nur des zweiten zu bedienen. Es fehlte uns hierbei allerdings eine zahlenm\u00e4\u00dfige Contr\u00f4le f\u00fcr die Richtigkeit der verlangten Reaction, die bei der Wahl der ersteren Bestimmung durch die Gr\u00f6\u00dfe der Reactionszeit gegeben ist. Wir suchten diesem Mangel dadurch abzuhelfen, dass wir f\u00fcr jeden Reagenten eine Ein\u00fcbung in der Unterscheidung und Ausf\u00fchrung der gew\u00e4hlten Reactionsformen vor dem Beginn der eigentlichen Versuche nach der technischen Anordnung von L. Lange vorausgehen lie\u00dfen, und durch die jedem Beobachter gestellte Aufgabe \u00fcber die Art seiner Reaction sich und n\u00f6tigenfalls dem Experimentator Rechenschaft abzulegen.\nAls bequemstes und genauestes Instrument f\u00fcr die Bestimmung der zeitlichen Coincidenz oder Differenz der nach der Absicht und dem Urtheil der Versuchsperson gleichzeitig vollzogenen Hebungen beider H\u00e4nde bot sich der von Herrn Prof. Wundt construirte, von Herrn Mechaniker Krille gebaute Chronograph dar. Die Versuchsanordnung entsprach der in der Beschreibung des Apparats von L. Lange1) dargestellten. Reagent und Experimentator\n1) Philos. Stud. IV. S. 457. Vgl. Wundt, Physiolog. Psych. II3. S. 278.","page":517},{"file":"p0518.txt","language":"de","ocr_de":"518\nOswald K\u00fclpe.\n\u00bb\nbefanden sich also auch hier in vollst\u00e4ndig getrennten R\u00e4umen. Die Reactionen waren zun\u00e4chst und haupts\u00e4chlich Schallreactionen, als Signal (vorbereitender Eindruck), das 2 Secunden vor dem die Reaction einleitenden Reize gegeben wurde, diente der einmalige Schlag einer elektrischen Glocke. Derselbe oder das Ger\u00e4usch eines Schallhammers bildete den Reiz. Die Versuche waren meist durch 30 Secunden von einander getrennt. In dieser Pause konnte durch eine verabredete elektrische Zeichensprache der Reagent, wenn n\u00f6thig, dem Experimentator \u00fcber die Art seiner Versuche Aussage machen. In den Reihen, wo ich selbst als Beobachter fungirte, habe ich die Dauer einer Minute zwischen den einzelnen Experimenten zur eingehenderen F\u00fchrung eines Protokolls benutzt. Die beiden Taster, deren sich der Reagent bediente, waren etwa einen halben Meter von einander entfernt und auf einem Tisch in solcher (\u00fcbrigens f\u00fcr beide gleicher) Entfernung von der Kante desselben befestigt, dass der Beobachter beim Niederdr\u00fccken der Kn\u00f6pfe beide Arme bis zum Ellbogengelenk auf der Tischplatte bequem halten konnte. Die Reactionsbewegung geschah gew\u00f6hnlich so, dass der ganze Arm gehoben wurde, und die Augen des Reagenten blieben w\u00e4hrend des Versuchs geschlossen.\nDie Bewegungen werden bei ihrem Eintritt von den mit den Tastern in Verbindung stehenden Elektromagneten des Chronographen durch L\u00f6sung der Anker und correspondirende Seitenbewegung der Schreibspitzen auf der rotirenden Trommel fixirt. Dem Experimentator lag daher ob, gleichzeitig mit der Erzeugung des Reizes (Herstellung eines mit der elektrischen Glocke oder dem Schallhammer in Verbindung stehenden Contakts) den Schlitten durch Druck auf den in der Beschreibung von Lange S. 462 erw\u00e4hnten (in der Zeichnung mit d angedeuteten) Hebel in die zur Linienziehung auf dem beru\u00dften Papier erforderliche N\u00e4he der Trommel zu bringen und sofort nach dem bemerkten Abspringen der Anker wieder zur\u00fcckzuziehen. Von der mehr oder weniger geschickten Ausf\u00fchrung dieser Manipulationen hing das Gelingen und die Anzahl der Versuche ab. Au\u00dferdem wurden regelm\u00e4\u00dfig am Anfang und Ende einer Reihe, die durch die Zahl der auf einem Bogen erhaltenen Zeichen repr\u00e4sentirt wird, Controleversuche mit dem von L. Lange construirten Hammer ausgef\u00fchrt, um die durch","page":518},{"file":"p0519.txt","language":"de","ocr_de":"Ueber die Gleichzeitigkeit und Ungleichzeitigkeit von Bewegungen.\t519\nUngleichzeitigkeit der Schreibspitzenbewegungen entstehenden Fehler in Rechnung ziehen zu k\u00f6nnen.\nZur Feststellung des etwaigen Einflusses der psychophysischen Disposition auf die Coordination der Bewegungen bedienten wir uns vier verschiedener Reactionsformen. Von diesen fallen nur zwei unter den gew\u00f6hnlichen Typus der einfachen Reaction, die muscul\u00e4re und sensorielle, die beiden andern bestanden in mehr oder weniger spontanen, willk\u00fcrlichen Bewegungen. Es wurde dem Reagenten die Aufgabe gestellt, einige Zeit nach dem Reiz durch bewusste Willensabsicht die gleichzeitige Hebung einzuleiten. Dabei war im einen Fall eine m\u00f6glichst vollst\u00e4ndige (der muscul\u00e4ren Reaction analoge) Vorbereitung des Actes, im andern ein, soweit herstellbar, g\u00e4nzlicher Mangel derselben vorgeschrieben. Der Unterschied der beiden als vorbereitete und unvorbereite te Willk\u00fcrreaction von uns benannten Vorg\u00e4nge war sehr deutlich. Bei der vorbereiteten vertrat die Stelle des ausl\u00f6senden Sinnesreizes der Willensimpuls, w\u00e4hrend im \u00fcbrigen die charakteristischen Erscheinungen der muscul\u00e4ren Disposition, wenn ich mich kurz so ausdr\u00fccken darf, auftraten, so z. B. die der Bewegung zugewandte Aufmerksamkeit und die Spannungsempfindungen von den Armen. Die unvorbereitete Willk\u00fcrreaction war die bequemste von allen von uns ausgef\u00fchrten Versuchen: dem Reagenten wurde keinerlei Anstrengung zugemuthet, wie sie w\u00e4hrend einer Versuchsreihe durch die eindeutige Richtung der Aufmerksamkeit sonst hervorgerufen war, frei und pl\u00f6tzlich geschah die Bewegung einige Secunden nach dem Signal. Einige Schwierigkeiten boten sich bei diesen beiden Reactionen dem Experimentator dar, insofern er rechtzeitig den Schlitten an die rotirende Trommel bringen musste. Wir halfen uns dadurch, dass wir vor dem Beginn einer Reihe zwei- bis dreimal die Reaction ausf\u00fchren lie\u00dfen, ohne dieselbe aufzuschreiben, und uns hierbei ungef\u00e4hr die Gr\u00f6\u00dfe des Zeitintervalls merkten, welche zwischen Signal und Bewegung lag. Wurde (und dies geschah zuerst ausschlie\u00dflich) wie bei den muscul\u00e4ren und sensoriellen Reactionen Signal und Reiz angewandt, so pflegte der Reagent unwillk\u00fcrlich nach einer der Zeitdifferenz derselben ungef\u00e4hr entsprechenden Pause den Impuls zur Bewegung zu ertheilen. Jedenfalls war schon nach den ersten erw\u00e4hnten Vor versuchen eine","page":519},{"file":"p0520.txt","language":"de","ocr_de":"520\nOswald Kulpe.\ngewisse Regelm\u00e4\u00dfigkeit in diesen Pausen erkennbar. Immerhin erkl\u00e4rt sich aus diesem Umstand die geringere Zahl der Willk\u00fcr-reactionen innerhalb einer Versuchsreihe.\nDie Berechnung der graphischen Resultate geschah in herk\u00f6mmlicher Weise. An der m\u00fchsamen Arbeit des Ablesens, bei dem auf 0,0001 Secunden oder ^ der halben Schwingungscurve gesch\u00e4tzt wurde, haben die Herren Lipps und Vierkandt dankens-werthen Antheil. Das arithmetische Mittel und die mittlere Variation wurden in doppelter Weise bestimmt: einmal mit R\u00fccksicht auf das das Vorausgehen oder Nachfolgen der rechten Hand bei der Hebung andeutende Plus- oder Minuszeichen, sodann, ohne die Richtung des Zeitunterschiedes in Betracht zu ziehen, in blo\u00dfer Angabe der absoluten Gr\u00f6\u00dfe desselben. Diese beiden Bestimmungen werden durch M (= arithmetisches Mittel mit Vorzeichen) und mV, sowie durch 5D\u00ce (= arithmetisches Mittel ohne Vorzeichen) und nt33 unterschieden.\nIm Folgenden theile ich zun\u00e4chst die vorl\u00e4ufigen Versuchsergebnisse mit und suche sp\u00e4ter einiges zur Erkl\u00e4rung derselben beizutragen.\nI. Die ersten Versuchsthataachen.\nOhne eine (genauere Direction, als die in der erw\u00e4hnten allgemeinen Fragestellung enthaltene, traten wir an die Versuche heran. Diese sollten uns dann selbst durch ihre Beschaffenheit zu weiteren Ueberlegungen und Experimenten f\u00fchren. In den folgenden Tabellen finden sich die Resultate dieser einleitenden Arbeit zusammengestellt. Die Einheit der ganzen Zahlen betr\u00e4gt 0,001 Secunden, n bedeutet die Zahl der Einzelversuche in einer Reihe, N die Ordnungszahl der Reihe innerhalb eines Versuchstages. Das Vorgesetzte 2 in Tabelle V hei\u00dft soviel wie Gesammt-. Diese Ge-sammtmittel sind ohne R\u00fccksicht auf das Gewicht der einzelnen Versuchsreihe aus den einzelnen Mitteln berechnet worden, da die Eigenth\u00fcmlichkeit der Versuche auch so deutlich hervortritt und die Aenderung, welche die Zahlen durch die umst\u00e4ndliche Ausf\u00fchrung einer Gewichtscorrection nach der Methode der kleinsten Quadrate erfahren, in mehrfachen Proben sich als sehr geringf\u00fcgig erwies.","page":520},{"file":"p0521.txt","language":"de","ocr_de":"Ueber die Gleichzeitigkeit und Ungleichzeitigkeit von Bewegungen.\n52t\nTabelle I.\nReagent G. L.\n\tDatum\tM\tmV\t3\u00ab\traSB\tn\tN\n\t25. I. 87\t\u2014 0.6\t3,9\t4,0\t1,8\t18\t2\n\t1. IL 87\t-4,4\t3,5\t5,7\t3,5\t14\t2\n\u00c0\t8. II. 87\t-7,3\t3,3\t7,3\t3,3\t18\t2\nU \u25a0ci\t15. IL 87\t\u2014 6,3\t2,7\t6,3\t2,7\t16\t4\n'\u00ef O\t1. III. 87\t-5,3\t3,9\t5,8\t3,5\t15\t1\ns\t10. V. 87\t+ 3,9\t2,0\t3,9\t2,0\t15\t1\n\t21. y. 87\t+ 3,1\t3,5\t4,1\t2,8\t24\t1\n\t27.V. 87\t\u2014 4,0\t1,8\t4,2\t1,6\t24\t2\n\t25. I. 87\t+ 2,6\t6,7\t7,0\t3,5\t14\t1\nP3\t8. II. 87\t-0,2\t8,6\t6,0\t6,8\t12\t1\n\t15. II. 87\t-1,7\t2,9\t3,0\t2,3\t12\t5\n\"\u00cfh O\t10. V. 87\t+ 5,4\t2,4\t5,4\t2,4\t14\t2\n\u00d6 Q> m\t21. V. 87\t+ 0,3\t2,2\t2,2\t1,4\t24\t3\n\t27. V. 87\t+ 1,7\t9,6\t9,7\t7,1\t23\t3\n\t25. I. 87\t\u2014 10,4\t2,2\t10,4\t2,2\t9\t3\n\t\u00bb\t\u2014 5,0\t2,3\t5,0\t2,3\t10\t4\n\u00ab f\u00e0\t1. IL 87\t_ 7,6\t3,3\t7,7\t3,2\t8\t1\n\u00ae\t<X>\t8. H. 87\t- 7,3\t3,1\t7,3\t3,1\t12\t3\n2 .S y J\t15. IL 87\t\u2014 12,3\t3,7\t12,3\t3,7\t9\t1\n'S o ^\t10. V. 87\t- 1,9\t2,1\t2,6\t1,5\t11\t3\n> a\t\t\t\t\t\t12\t\nSe\t21. V. 87\t+ 5,3\t2,2\t5,3\t2,2\t\t4\n\t27. V. 87\t\u2014 1,1\t3,4\t3,9\t2,7\t14\t4\n\t21. VI. 87\t\u2014 2,5\t3,5\t4,5\t2,1\t15 ,\t1\n\u2022g P3\t15. II. 87\t\u2014 15,4\t2,7\t15,4\t2,7\t11\t2\nQ3 2 s \u2022\u00a7\t\t\u2014 13,6\t4,7\t13,6\t4,7\t12\t3\nJ \u00ab H H O \u00d6\t21. V. 87\t+ 2,9\t1,8\t2,9\t1,8\t14\t5\nt\u00a7 a D *\t27. V. 87\t- 4,8\t3,7\t5,6\t3,1\t15\t5","page":521},{"file":"p0522.txt","language":"de","ocr_de":"522\nOswald K\u00fclpe.\nTabelle IL\nReagent A. V.\n\tDatum\tM\tmV\tSK\tmSS\tn\tN\n\t29.1. 87\t+ 2,5\t4,4\t5,4\t2,2\t13\t2\n\u00c0\t>5\t+ L2\t9,1\t11,3\t4,8\t15\t4\n<d u\t5. II. 87\t+ 4,0\t4,1\t5,1\t2,8\t16\t3\n:c3 r\u2014\u00ab 0\t17. II. 87\t+ 13,2\t4,2\t13,2\t4,2\t12 '\t1\nm &\t24. H. 87\t+ 1,6\t2,9\t7,6\t2,9\t12\t4\ns\t2. III. 87\t+ 4,7\t6,1\t1,1\t3,1\t11\t3\n\t19. X. 87\t\u2014 2,4\t2,2\t2,9\t1,1\t19\t2\n\t5. II. 87\t- HJ\t3,1\t11,1\t3,1\t13\t2\n\u00ab\t12. II. 87\t\u2014 21,8\t4,5\t21,8\t4,5\t13\t1\nO\tti\t\u2014 29,5\t7,6\t29,5\t7,6\t15\t3\n[\u00d6)\t17. II. 87\t\u2014 30,5\t9,2\t30,5\t9,2\t15\t2\nva 0\t24. II. 87\t\u2014 23,3\t10,4\t23,4\t10,2\t18\t3\nm\t2. III. 87\t\u2014 13,7\t5,3\t13,7\t5,3\t21\t4\n\t19. X. 87\t\u2014 22,0\t10,2\t22,6\t9,5\t17\t1\n\t29. I. 87\t+ 17,1\t3,5\t17,1\t3,5\t11\t1\n*. \u00ab\t1)\t+ 11,2\t4,9\t11,2\t4,9\t13\t3\n.\u25a0S 5 P \u00fc\t5. II. 87\t+ 18,9\t8,5\t18,9\t8,5\t16\t4\n11 i> g\t12. II. 87 17. II. 87\t+ 25,0 + 10,3\t5,6 8,1\t25,0 11,4\t5,6 1,2\t15 14\t2 4\n(t\t24. II. 87\t+ 11,2\t4,8\t11,2\t4,8\t15\t2\n\t2. III. 87\t+ 18,3\t4,8\t18,3\t4,8\t13\t1\n\u25a0s P5\t17. II. 87\t+ 1,6\t5,0\t7,6\t5,0\t16\t3\n11\t))\t\u2014 11,7\t9,0\t12,1\t8,5\t8\t5\n-\u00b0 5?\t24. II. 87\t+ H,1\t5,2\t17,7\t5,2\t10\ti\nb a\t\t\t\t\t\t\t\nS\u00e4 ^ \u2018\u00ef\tyy 2. III. 87\t+ U - 2,6\t6,2 2,2\t5,7 3,2\t3,8 1,\"\t14 15\t5 2","page":522},{"file":"p0523.txt","language":"de","ocr_de":"Ueber die Gleichzeitigkeit und Ungleiehzeitigkeit von Bewegungen.\n523\nTabelle III.\nReagent S.\n\tDatum\tM\tmV\tSK\tnt\u00ae\tn\tN\n\t18. V. 87\t- bl\t4,9\t4,8\t2,9\t20\t2\n\t26. V. 87\t+ 0,5\t5,4\t5,5 *\t2,5\t20\t4\n\t15. VI. 87\t+ 6,4\t4,5\t7,6\t3,2\t23\t1\n\u00c0\t\t+ 2,2\t6,8\t7,4\t3,6\t22\t2\n03 Jh :o\u00e4\t18. VI. 87\t+ 10,8\t5,3\t11,0\t5,1\t22\t1\n\"3 \u00d6\t25. VI. 87\t4- 3,5\t2,5\t3,9\t2,1\t20\t1\n3 g\tff\t+ 4,3\t2,5\t4,3\t2,5\t19\t5\n\t29. VI. 87\t+ 2,4\t3,8\t4,2\t2,4\t25\t1\n\ttt\t+ 4,1\t3,7\t5,0\t3,1\t23\t2\n\tft\t+ 7,2\t3,4\t7,7\t3,0\t20\t3\n\t2. V. 87\t- 5,1\t6,9\t8,4\t5,3\t17\t1\n\t18. V. 87\t\u2014 3,8\t7,8\t8,1\t4,7\t21\t1\np4\t26. V. 87\t\u2014 9,6\t6,7\t10,5\t5,9\t18\t3\n03\tIS. VI. 87\t+ 10,6\t8,0\t11,7\t7,4\t21\t2\n\"03 \u2019S\t25. VI. 87\t+ 5,6\t5,6\t7,7\t3,8\t20\t2\no m \u00f6\t2. VII. 87\t+ 4,2\t5,8\t7,3\t4,8\t22\t1\n03 m \u2022\tft\t+ 8,3\t3,8\t8,5\t3,7\t22\t2\n\ttt\t+ 6,8\t5,7\t8,4\t4,2\t24\t3\n\ttt\t+ 2,0\t6,1\t6,5\t3,1\t23\t4\n\t18. V. 87\t(4- 10,2\t20,7\t20,2\t15,0\t11\t3)\n\t26.V. 87\t\u2014 5,4\t7,4\t7,6\t5,2\t13\t1\n\u00ab \u00ab\t15. VI. 87\t4- 2,4\t9,5\t9,8\t5,2\t1,5\t3\n\u00a3 o 'S\t22. VI. 87\t+ 7,5\t6,9\t8,6\t5,3\t17\t1\nVl \u2022<-< 03 ^ \u2022S |\t25. VI. 87 6. VII. 87\t4- 3,5 + 5,6\t4,0 5,3\t4,4 6,9\t3,4 4,2\t18 16\t3 1\n&\tft\t4- 1,2\t4,2\t4,4\t3,5\t1.6\t2\n\ttt\t+ 4,1\t3,8\t4,8\t3,0\t17\t3\n\t\t_1_ 4. ft\t3,4\t5,2\t2,9\t17\t4\n\t1t\t\t\t\t\t\t\ng e4\t18. V. 87\t(4- 46,4\t36,0\t46,7\t36,0\t13\t4)\n\u2022 i-H Qi 2 1\t26. V. 87\t- 2,0\t13,1\t14,5\t9,8\t10\t2\n03 'S 'S\t18. VI. 87\t4\" 0,6\t10,9\t11,0\t7,3\t16\t4\nO S\u00e4\t25. VI. 87\t4- 3,5\t4,0\t4,4\t3,4\t18\t4\n13 \u2019\u00a3\t2. VIII. 87\t4- 6,5\t5,1\t6,6\t5,0\t7\t1","page":523},{"file":"p0524.txt","language":"de","ocr_de":"524\nOswald Kiilpe.\nTabelle IV.\nReagent M.\n\tDatum\t\t\u00ae\t M\tmV\t2K\t\tn\t1V\nC\u00c2\t20. VII. 87\t\u2014 1,4\t5,7\t5,8\t4,3\t12\t1\n<D Sh\t)>\t+ 3,0\t5,3\t5,5\t3,5\t11\t2\nI\u2014* G o\tSS\t-3,6\t3,2\t4,6\t2,7\t17\t3\nS\t4. X. 87\t+ 1.\u00ab\t5,5\t5,5\t3,7\t11\t1\np4\t23. VII. 87\t+ 1,7\t8,8\t9,0\t4,9\t18\t1\n\tSS\t+ 0,1\t3,4\t3,4\t2,5\t18\t2\nS3 o\tss\t+ 5,9\t3,5\t6,4\t2,9\t20\t3\nin O CQ\t>>\t+ 5,8\t5,2\t7,5\t4,2\t20\t4\ng TJ\u00cf\t4. X. S7\t\u2014 9,0\t5,8\t9,0\t5,8\t13\t2\n\t15. X. 87\t+ 2,9\t4,3\t5,1\t2,8\t13\t1\n\u00ab \u00ab \u00ae 2\t25. VII. 87\t+ 4,1\t5,8\t6,8\t3,5\t17\t1\n\tSS\t-4,5\t6,1\t7,4\t3,7\t17\t2\n'53 \u2022\u00a7\t\t- 1,6\t5,4\t5,7\t4,0\t16\t3\nCU P-4 'S :3\t\t\u2014 0,1\t4,0\t4,0\t1,8\t14\t4\n>\u25a0 a\t14. XI. 87\t\u2014 3,1\t5,5\t6,1\t3,4\t12\t1\n*\t20. XI. 87\t\u2014 5,9\t3,3\t6,9\t3,3\t16\t1\n\u25a0s Ph\u2019 \u2022'S (u\t27. VII. 87\t\u2014 10,9\t5,7\t10,9\t5,7\t14\t1\n\tSS\t\u2014 13,2\t6,3\t13,2\t6,3\t14\t2\n8 .2\t})\t\u2014 1,0\t5,5\t5,6\t3,2\t13\t3\n\u25a0S3 o\t\t+ 0,2\t6,9\t6,9\t3,3\t14\t4\n\u25ba g G \u00d6 ^ \u2019S\t14. XI. 87\t\u2014 8,1\t3,7\t8,1\t3,7\t14\t2\n\t20. XI. 87\t\u2014 1,3\t4,1\t4,0\t3,3\t10\t2","page":524},{"file":"p0525.txt","language":"de","ocr_de":"Ueber die Gleichzeitigkeit und Ungleichzeitigkeit von Bewegungen.\n525\nTabelle V.\n\t\t2 mV\t-\u00a39K\t\u25a0TmSS\t2n\tReagent\np4\t\u2014 2,6\t3,1\t5,2\t2,7\t144\tG. L.\nO ht \u00ceC\u00d4\t+ 4,4\t4,7\t7,5\t3,2\t98\tA. V.\n's 0\t+ 4,0\t4,3\t6,1\t3,0\t214\tS.\n3 g\t-0,1\t4,9\t5,4\t3,6\t51\tM.\n\t+ 1,4\t5,4\t5,7\t3,9\t99\tG. L.\nr\u2014H Fc3\t\u2014 21,8\t7,2\t21,9\t7,1\t112\tA. V.\nht 0\t+ 2,1\t6,4\t8,6\t4,8\t188\tS.\nS3 O m\t+ 1,2\t5,2\t6,7\t3,8\t102\tM.\n~ \u00ab S 2\t- 4,8\t2,9\t6,6\t2,6\t100\tG. L.\n\u00a3 1\t+ 16,0\t5,9\t16,2\t5,5\t97\tA. V.\n\u25a0s s\t+ 3,0\t5,6\t6,5\t4,1\t129\tS.\n> 5\t\u2014 1,9\t5,0\t6,2\t3,3\t92\tM.\n&\t\t\t\t\t\t\ng p4 .'S a>\t-7,7\t3,2\t9,4\t3,1\t52\tG. L.\n2 \u2019S a> .S\t+ 2,5\t5,5\t9,3\t4,8\t63\tA. V.\np -3\t-1,1\t8,3\t9,1\t6,4\t51\tS.\nP \u00c9\t\u2014 5,7\t5,4\t8,1\t4,3\t79\tM.\nDie eingeklammerten Zahlen in Tabelle III, welche, wie aus der Reihennummer N hervorgeht, in Folge von Erm\u00fcdung abnorm gro\u00df geworden sind, haben bei der Bestimmung des Gesammtmittels keine Ber\u00fccksichtigung gefunden.\nBei der Betrachtung der Zahlen f\u00e4llt zun\u00e4chst die ungleichm\u00e4\u00dfige Vertheilung der Vorzeichen auf. Eine constante Bevorzugung der rechten oder der linken Hand ist f\u00fcr einzelne Reactionen geradezu charakteristisch. Besonders deutlich ist diese Thatsache in Tabelle H bei den sensoriellen und vorbereitet willk\u00fcrlichen Reactionen hervorgetreten. Die Vermuthung, dass wenigstens im Gesammtmittel eine Ausgleichung der Richtungsunterschiede stattfinden werde, dass dieselben also zuf\u00e4llig seien, trifft ebenso wenig im allgemeinen zu, als die Annahme, dass hei der durchg\u00e4ngigen\nWundt, Philos. Studien. YI.\t35","page":525},{"file":"p0526.txt","language":"de","ocr_de":"526\tOswald K\u00fclpe.\nRechtsh\u00e4ndigkeit der Reagenten die Bewegung der rechten Hand fr\u00fcher eintreten m\u00fcsse.\nFerner ist die Gr\u00f6\u00dfe der Abweichung von der Gleichzeitigkeit wesentlich abh\u00e4ngig von der Art der ausgef\u00fchrten Reactionen. Dieselbe erreicht ihr durchschnittliches Maximum hei G. Lipps, Steinmetz und Mahrhurg f\u00fcr die unvorbereitet willk\u00fcrlichen Reactionen und bei allen ihr Minimum f\u00fcr die muscul\u00e4ren. Ganz gleichartig verhalten sich die Werthe bei Steinmetz und Mahrburg, wo die vorbereitet willk\u00fcrlichen Reactionen eine geringere Geschwindigkeitsdifferenz aufweisen, als die sensoriellen, w\u00e4hrend diese Ordnung hei G. Lipps die umgekehrte ist. Am eigenth\u00fcm-lichsten verhalten sich die Zahlen hei A. Vierkandt, der eine verh\u00e4ltnissm\u00e4\u00dfig geringe Abweichung von der Gleichzeitigkeit in seinen unvorbereitet willk\u00fcrlichen Reactionen erkennen l\u00e4sst und die gr\u00f6\u00dfte Differenz zwischen rechter und linker Hand zu Gunsten der linken hei den sensoriellen Reactionen erhalten hat.\nDie Gr\u00f6\u00dfe der unbemerkten Ungleichzeitigkeit (Versuche, hei denen nachtr\u00e4glich vom Reagenten die Bewegungen als zeitlich in-congruent heurtheilt wurden, sind in diesen Tabellen nicht aufgenommen) variirt nach den Einzelreihen innerhalb der Grenzen 0 und 3017, wenn wir von den eingeklammerten Zahlen in Tabelle III absehen. Auf diese Thatsache werde ich hei der Mittheilung sp\u00e4terer Versuche \u00fcber absichtliche Ungleichzeitigkeit beider Armbewegungen zur\u00fcckzukommen Gelegenheit haben.\nEndlich besitzt auch die mittlere Variation eine f\u00fcr die verschiedenen Reactionen charakteristische Bedeutung. Sie ist im allgemeinen am kleinsten bei der muscul\u00e4ren und der willk\u00fcrlich vorbereiteten Reaction und geht nicht durchweg den absoluten Geschwindigkeitsdifferenzen in Bezug auf ihre Gr\u00f6\u00dfe parallel. Die geringsten Unterschiede zeigt sie hei Mahrhurg, welcher auch in den \u00fcbrigen Zahlen die gr\u00f6\u00dfte Gleichf\u00f6rmigkeit erreicht hat und hei welchem selbst die Bevorzugung der rechten oder linken Hand am wenigsten hervortritt.\nII. Zur Erkl\u00e4rung der vorstehenden Thatsachen.\nAus unseren Tabellen ergibt sich eine gesetzm\u00e4\u00dfige Abh\u00e4ngigkeit der gleichzeitig intendirten Bewegungen von der allgemeinen","page":526},{"file":"p0527.txt","language":"de","ocr_de":"Ueber die Gleichzeitigkeit und Ungleichzeitigkeit von Bewegungen.\t527\npsychophysischen Vorbereitung derselben. Insbesondere zeigt sich die Bevorzugung einer Hand bei dem Bewegungseintritt gekn\u00fcpft an eine bestimmte Reactionsform, ferner die Gr\u00f6\u00dfe der Abweichung von der Gleichzeitigkeit in unabweisbarer Beziehung stehend zu der muscul\u00e4ren oder sensoriellen Einstellung, e\u00efidlich sind die Schwankungen um den Mittelwerth bei den einzelnen Versuchen von verschiedener H\u00f6he je nach der vorbereitenden Disposition.\nZur Erkl\u00e4rung dieser eigenth\u00fcmlichen Thatsachen k\u00f6nnten theils \u2014 und dies war das n\u00e4chstliegende \u2014 unsere bisherigen Erfahrungen \u00fcber das Wesen und die Wirkung der einzelnen Reac-tionen herangezogen werden, theils \u2014 wo diese nicht ausreichten \u2014 neue Experimente in verschiedenen Richtungen dienen. Ich will in diesem Abschnitt zu entwickeln suchen, was sich ohne die letzteren \u00fcber den gefundenen Zusammenhang zwischen den als gleichzeitig beabsichtigten und beurtheilten Bewegungen und der vorausgehenden psychophysischen Disposition nach meiner Meinung sagen l\u00e4sst.\nZu diesem Zwecke muss ich etwas weiter ausholen und die Anschauung darlegen, die sich mir vor einem Jahre hei Gelegenheit einer Vorlesung \u00fcber experimentelle Psychologie im Zusammenh\u00e4nge gebildet hat. Die gew\u00f6hnliche Auffassung der Reac-tionsvorg\u00e4nge bedarf, wie mir scheint, insofern einer Erweiterung, als die denselben vorausgehenden Bewusstseinsacte in eine begr\u00fcndende Beziehung zu ihnen gebracht werden m\u00fcssen. Auf diesem Wege wird sich uns eine psychologische Theorie der Reac-tionen ergeben. Lange, welcher gerade durch seine Versuche das treffendste Licht auf die Wirkung der vorbereitenden Disposition geworfen hat, ist durch die Bem\u00fchung um eine anatomisch-physiologische Erkl\u00e4rung der von ihm gefundenen beiden Arten der einfachen Reaction von der rein psychologischen Er\u00f6rterung abgekommen. Und dennoch muss eine psychophysische Theorie, welche sich nicht darauf beschr\u00e4nken will, die Zahlen allein zu begr\u00fcnden, sondern vor allem die durch die Zahlen angedeutete Verschiedenheit der psychophysischen Processe zum Gegenst\u00e4nde der Erkl\u00e4rung macht, nach dem regulativen Princip des psychophysischen Parallelismus diese Verschiedenheit ebensowohl psychologisch begreiflich werden lassen. Es handelt sich also in erster Linie darum, auf\n35*","page":527},{"file":"p0528.txt","language":"de","ocr_de":"528\nOswald K\u00fclpe.\neine allgemeine psychologische Gesetzm\u00e4\u00dfigkeit die Thatsachen der sensoriellen und der muscul\u00e4ren Reaction zur\u00fcckzuf\u00fchren.\nDie wichtigste Eigenschaft der letzteren ist zweifellos ihre Abh\u00e4ngigkeit von dem vorausgehenden Bewusstseinszustande. Gewiss ist das organische Gesammtbefinden und die Beschaffenheit des erregenden Reizes in qualitativer, intensiver, r\u00e4umlicher und zeitlicher Beziehung nicht bedeutungslos, aber den Unterschied der beiden Reactionsformen erzeugt recht eigentlich nur das ersterw\u00e4hnte Moment. Und dieses l\u00e4sst sich in Betreff seiner Intensit\u00e4t und Qualit\u00e4t gesondert betrachten.\nIn qualitativer Hinsicht besteht der einer einfachen Reaction vorausgehende Bewusstseinszustand in der Erwartung, d. h. in der appercipirten Vorstellung eines mehr oder weniger bestimmten Vorgangs. Je gr\u00f6\u00dfere Uebereinstimmung zwischen dieser Vorstellung und dem in die Wahrnehmung eingehenden Reizungs- oder Bewegungsacte herrscht, um so vollst\u00e4ndiger wird die Vorbereitung der Reaction hei\u00dfen d\u00fcrfen. Ich dr\u00fccke diese Uebereinstimmung dadurch aus, dass ich die in der Erwartung gehegte und die durch die Wahrnehmung gegebene Vorstellung einander homogen nenne. Ich habe nicht selten bei meinen Reactionen eine w\u00f6rtliche Repr\u00e4sentation des zu erwartenden Ereignisses w\u00e4hrend der Vorbereitung stattfinden sehen, wie etwa: jetzt kommt ein Schalleindruck \u2014 oder ein Lichtblitz und \u00e4hnliches. Auch ist es mir kaum je gelungen, zumal bei Schallreizen, die Vorstellung derselben w\u00e4hrend der ganzen Dauer der Vorbereitung (1|\u20142 Secunden), am wenigsten mit gleichm\u00e4\u00dfiger Lebhaftigkeit, festzuhalten. Nun ist zwar die Verbindung zwischen dem bezeichnenden Worte und einer bezeich-neten Empfindung oder Vorstellung auch eine sehr enge, keineswegs aber von gleicher Unmittelbarkeit und Festigkeit, wie die Verschmelzung eines reproducirten und eines wahrgenommenen Eindrucks derselben Qualit\u00e4t.\nDie Schnelligkeit des Uebergangs von einem Bewusstseinserleb-niss zu einem neuen h\u00e4ngt aber theils von beg\u00fcnstigenden Gef\u00fchlen, theils von dem Verh\u00e4ltnis der Verwandtschaft ab, in welchem jene zu einander stehen. Die Erwartung ist, je l\u00e4nger sie dauert, von steigenden Unlustgef\u00fchlen begleitet, zumal wenn an den Eintritt des erwarteten Ereignisses die Ausf\u00fchrung von Handlungen","page":528},{"file":"p0529.txt","language":"de","ocr_de":"Ueber die Gleichzeitigkeit und Ungleichzeitigkeit von Bewegungen.\t529\ngekn\u00fcpft ist, deren Hemmung unangenehm wird. Dieser Zustand ist in geringem Grade auch hei den Reactionen verwirklicht. Mit besonderer Hast wird dann das erwartete Ereigniss ergriffen und der weitere Ablauf vollzogen. Die Verwandtschaft auf einander folgender Vorstellungen dagegen \u00e4u\u00dfert sich in dem Sinne, dass die Nachwirkung des Antecedens (das Abklingen desselben) und das Anwachsen des Succedens bis zur vollen Apperception um so weniger Zeit beansprucht, je enger die nat\u00fcrliche oder durch Ein\u00fcbung entstandene Verbindung zwischen beiden ist. Von nat\u00fcrlicher Innigkeit ist sie in dem Falle, wo die beiden Vorstellungen einander homogen sind, und am st\u00e4rksten hei qualitativer Gleichheit derselben. Also wird die Verschmelzung wahrgenommener und reproducirter Eindr\u00fccke sich am raschesten vollziehen.\nNun kann die Erwartung aber sich nicht blos einem einzelnen Vorgang zuwenden, sondern auch einer Reihe von successiv erfolgenden Thatsachen und nicht blos einem zun\u00e4chst eintretenden, sondern auch einem durch mehr oder weniger Mittelglieder vorzubereitenden sp\u00e4teren Ereigniss. Die im zweiten Gliede dieser Gegens\u00e4tze angedeutete Beschaffenheit der Erwartung wird den Ablauf einer Reihe von Vorg\u00e4ngen beschleunigen. Es ist nichts anderes, als was wir im t\u00e4glichen Leben erfahren, und ohne Schwierigkeit aus der gr\u00f6\u00dferen Festigkeit der Verbindung zwischen den einzelnen Gliedern psychologisch erkl\u00e4rbar. Die Vorstellung des eine Handlungsreihe beschlie\u00dfenden Zwecks veranlasst einen glatteren und rascheren Verlauf, als wenn etappenweise einzelne Mittel blos, die zu dem letzten Erfolge f\u00fchren, im Bewusstsein vorbereitet werden.\nDie muscul\u00e4re und die sensorielle Form der einfachen Reaction stellen nun g\u00fcnstigste F\u00e4lle insofern dar, als bei beiden die vorbereitende Erwartung ein Glied der Reihe in der Reaction ablaufender Processe vollst\u00e4ndig antecipirt. Es kann sonach die engste Verbindung, die Verschmelzung des erwarteten und des eintretenden Ereignisses stattfinden. Der Hauptunterschied der beiden Formen besteht aber darin, dass diese Verschmelzung bei der muscul\u00e4ren Reaction das letzte, bei der sensoriellen das erste Glied der ganzen Reihe trifft. Daraus erkl\u00e4rt sich schon die l\u00e4ngere Dauer der letzteren. Dazu kommt die f\u00fcr die muscul\u00e4re Reaction geltende","page":529},{"file":"p0530.txt","language":"de","ocr_de":"330\nOswald K\u00fclpe.\nunangenehme Gem\u00fcthsstimmung. Die Hemmung der lebhaft vorgestellten Bewegung f\u00e4llt schwer, es treten Erm\u00fcdungsempfindungen durch die starke Anspannung der Antagonisten auf, die Bewegung erscheint wie eine Befreiung. Da ist denn der k\u00fcrzeste Weg von der Perception zur Hebung der Hand nicht nur durch die Vorbereitung, sondern auch durch die Gef\u00fchlslage geboten, und so erh\u00e4lt der Verlauf hier etwas Mechanisches, Reflexartiges.\nAber diese ganze Ableitung w\u00e4re d\u00fcrftig, wenn sie uns nur die gr\u00f6\u00dfere oder geringere Dauer der Reactionen begreiflich machte und nicht zugleich die eigenth\u00fcmlichen Erscheinungsformen erkl\u00e4rte, die den psychischen Verlauf so verschieden gestalten1). Inwiefern darf man die besondere Art der Vorbereitung als die Bedingung daf\u00fcr ansehen, dass in der sensoriellen Reaction Sinneseindruck und Bewegungsvorstellung mit apperceptiver Deutlichkeit einander folgen und w\u00e4hrend der muscul\u00e4ren nicht nur die letztere, schon vorher lebhaft gegebene keine neue Reproduction erf\u00e4hrt, sondern auch die Reizvorstellung in unbetr\u00e4chtlicher Klarheit dem Bewegungsacte vorausgeht?\nZun\u00e4chst ist es offenbar, dass eine nat\u00fcrliche Coordination zwischen Sinneseindruck und Handhebung nicht besteht. Diese Verbindung bedarf einer Ein\u00fcbung, bevor sie zur mechanischen oder auch nur gewohnheitsm\u00e4\u00dfigen werden kann. Nun richtet sich die Vorschrift der sensoriellen Vorbereitung nicht auf diese Verbindung , sondern nur auf das erste Glied derselben. Daraus erkl\u00e4rt es sich, dass eine besondere Einleitung des Bewegungsactes in diesem Falle erforderlich ist, eine neue Vorstellung, ein Willensimpuls. In dieser Hinsicht ist es charakteristisch, dass auch bei Ge\u00fcbteren zuweilen die Bewegung ganz ausbleibt, die Reaction \u00bbvergessen\u00ab wird. Es ist dies ein Zeichen rein sensorieller Vorbereitung. Allm\u00e4hlich entsteht eine festere Verkn\u00fcpfung zwischen Eindruck und Bewegungsabsicht, und je mehr dadurch eine gewohnheitsm\u00e4\u00dfige Abfolge der die Reaction bildenden Vorg\u00e4nge angebahnt wird, um so mehr verliert sich der Typus der extremen vollst\u00e4ndigen Reaction. Dass endlich der Sinneseindruck in\n1) Vgl. Wundt, Phys. Psych. II3. S. 265f.","page":530},{"file":"p0531.txt","language":"de","ocr_de":"Ueber die Gleichzeitigkeit und Ungleichzeitigkeit von Bewegungen.\t531\nderselben zu apperceptiver Deutlichkeit gelangt, ist aus der auf ihn gerichteten Erwartung unschwer zu erkl\u00e4ren.\nBei der muscul\u00e4ren Reaction ist die Ausf\u00fchrung der Bewegung vollkommen vorbereitet und nur an die Bedingung einer bestimmten Sinnesreizung gekn\u00fcpft. Der geringste Ansto\u00df von dieser Seite ist im allgemeinen ausreichend, um die Bewegung einzuleiten. Daher bedarf es hier keines so umst\u00e4ndlichen psychischen Apparats, wie bei der sensoriellen Reaction. Die vorzeitigen und Fehlreactionen sind charakteristische Folgeerscheinungen der muscul\u00e4ren Disposition. Denselben kann, glaube ich, auch eine psychologische Deutung gegeben werden. Hiernach erfolgen die vorzeitigen Reactionen, wenn ein Erinnerungsbild des Eindrucks die ausl\u00f6sende Wirkung aus\u00fcbt. Das Analoge w\u00fcrde bei den sensoriellen Reactionen stattfinden, falls die Erwartung hallucinatorischen Charakter ann\u00e4hme. Die Fehlreactionen dagegen lassen sich psychologisch begreifen, wenn man sich den Eintritt der Bewegung nicht an einen bestimmten Eindruck, sondern an eine sensorische Reizung \u00fcberhaupt gekn\u00fcpft denkt, wenn also der Reagent sich etwa sagt: auf einen Eindruck soll ich reagiren. Der allgemeinen Vorstellung eines Eindrucks aber gen\u00fcgen Reizungen verschiedener Sinnesgebiete.\nAus dem Bisherigen ergibt sich auch die verschiedene Gr\u00f6\u00dfe der mittleren Variation bei den beiden Reactionsformen. Die zuf\u00e4lligen Schwankungen m\u00fcssen dort gr\u00f6\u00dfer sein, wo mehr variable Elemente von einiger Selbst\u00e4ndigkeit Vorkommen. In der sensoriellen Reaction tritt zu der die Erwartung bildenden Reizvorstellung die die Bewegung einleitende Willensbestimmung, zum mindesten das Bewegungsbild. Die mannigfaltigen Schattirungen in der Klarheit und Dauer dieser Vorg\u00e4nge finden in der relativen Gr\u00f6\u00dfe der mittleren Schwankung einen nat\u00fcrlichen Ausdruck. Bei der muscul\u00e4ren Reaction dagegen beschr\u00e4nkt sich dieser Wechsel eigentlich nur auf die motorische Vorbereitung; der Reiz und die Perception desselben sind jedenfalls nur unwesentlichen, d. h. f\u00fcr die Dauer des ganzen Vorgangs [unbetr\u00e4chtlichen Aenderungen unterworfen, da ein au\u00dferordentlich geringer Ansto\u00df gen\u00fcgt, das m\u00fchsam erhaltene Gleichgewicht der motorischen Disposition und Hemmung zu Gunsten der ersteren zu st\u00f6ren.\nSchon mehrfach ist von der Lebhaftigkeit oder Klarheit der","page":531},{"file":"p0532.txt","language":"de","ocr_de":"532\nOswald K\u00fclpe.\nReiz- oder Bewegungsvorstellung die Rede gewesen. Sie bildet f\u00fcr die vorbereitende Bewusstseinsdisposition dasjenige, was ich die Intensit\u00e4t derselben nennen m\u00f6chte. Je gr\u00f6\u00dfer dieselbe ist, um so leichter und schneller wird im allgemeinen die Verschmelzung mit dem erwarteten Zustande eintreten. Diese Behauptung findet eine St\u00fctze in den Versuchen von S. Exner \u00bb\u00fcber die zu einer Gesichtswahrnehmung n\u00f6thige Zeit\u00ab1). Das Maximum der Erregung oder die deutliche Wahrnehmung erwies sich hier abh\u00e4ngig von der Intensit\u00e4t und Dauer des Reizes, und zwar nahm mit wachsender St\u00e4rke des letzteren die f\u00fcr den Effect erforderliche Dauer seiner Einwirkung in gesetzm\u00e4\u00dfigem Verh\u00e4ltniss ab. Hier wird die vorbereitende Erwartung als eine Constante behandelt, die sich zu den variirten Factoren in der Gesammtleistung, der Wahrnehmung, gleichm\u00e4\u00dfig addirt. In den Reactionen ist dagegen f\u00fcr gew\u00f6hnlich die St\u00e4rke und Dauer der Reizung eine Constante und die vorbereitende Disposition von variabler Lebhaftigkeit. Der Erfolg aber wird hier wie dort durch das reciproke Verh\u00e4ltniss von Intensit\u00e4t und Dauer bestimmt sein.\nEndlich gedenken wir in diesem Zusammenh\u00e4nge noch kurz der Uebergangsformen zwischen der- muscul\u00e4ren und sensoriellen Reaction. Nach l\u00e4ngerer Uebung ist bei der letzteren kaum mehr von dem Gedanken an die Bewegung, bei der ersteren vielleicht noch weniger von der Vorstellung des Reizes zu ahstrahiren. Wenigstens der allgemeine Vorsatz, auf einen bestimmten Sinneseindruck mit einer bestimmten Bewegung zu antworten, begleitet wie eine leise Grundmelodie alle Reactionen, er ist schon mit der ganzen Stellung, die man einnimmt, auf das engste verkn\u00fcpft. So liegt schon in den sog. reinen Formen der Anlass zu einer Mischung der vorbereitenden Dispositionen vor. Durch eine st\u00e4rkere Betonung dieser mitwirkenden Gedanken entstehen die eigentlichen Ueber-gangsreactionen. Die muscul\u00e4re, wenn wir diese Namen nach dem Ueberwiegen der entsprechenden Erwartung noch heibehalten, muss durch eine dem Sinneseindruck zugewandte Aufmerksamkeit l\u00e4nger werden, weil die Intensit\u00e4t der ihr eigenth\u00fcmlichen und ihre K\u00fcrze bedingenden Vorbereitung geschw\u00e4cht wird. Die sensorielle Reaction\n1) Sitzber. der Wiener Akad. d. Wiss. mathem.-naturw. CI. Bd. 58. 1868. S. 601 ff. Vgl. Kunkel in Pfl\u00fcger\u2019s Arch. IX. S. 197.","page":532},{"file":"p0533.txt","language":"de","ocr_de":"Ueber die Gleichzeitigkeit und Ungleichzeitigkeit von Bewegungen.\t533\ndagegen muss sich im gleichen Falle beschleunigen, weil die Bewegung erleichtert wird.\nDoch es wird Zeit, von den bisherigen Ausf\u00fchrungen die Nutzanwendung auf unseren besonderen Fall zu machen. Die Abweichungen von der Gleichzeitigkeit, die wir gefunden hatten, k\u00f6nnen in zuf\u00e4llige und constante Werthe unterschieden werden. Unter den constanten Abweichungen verstehe ich die in der Rubrik M resp. 2 M hervortretende durchschnittliche Bevorzugung der rechten oder linken Hand in Bezug auf die Geschwindigkeit des Bewegungseintritts. Diese nicht bei allen Beobachtern in gleichem Ma\u00dfe und Sinne vorhandene Eigenth\u00fcmlichkeit l\u00e4sst sich aus den f\u00fcr beide H\u00e4nde (unter Voraussetzung gleicher Uebung) unterschiedslos geltenden Bedingungen der einzelnen Reactionsformen nicht ableiten. Deshalb sind wir hier auf neue Versuche, besondere Vorg\u00e4nge, angewiesen, deren Mittheilung und Er\u00f6rterung demn\u00e4chst folgt.\nAnders verh\u00e4lt es sich mit den zuf\u00e4lligen Abweichungen von der Gleichzeitigkeit, deren durchschnittliche Gr\u00f6\u00dfe uns in der Rubrik 5D\u00ce und JSSD\u00ce gegeben ist. Wir m\u00fcssten hier entsprechend der mittleren Variation bei den muscul\u00e4ren und sensoriellen Reac-tionen f\u00fcr jene eine geringere Abweichung von der Gleichzeitigkeit erwarten, als f\u00fcr diese. N\u00e4her bestimmt d\u00fcrfen wir vermuthen, dass jene mittlere Schwankung im halben Betrage bei der Gr\u00f6\u00dfe der Abweichung wiederkehren werde, da sie sich durch die Ver-theilung auf die beiden H\u00e4nde zur H\u00e4lfte compensiren muss. Nun stehen mir zwar f\u00fcr meine Beobachter die Werthe der mittleren Variation ihrer einfachen Reactionen nicht zu Gebote, immerhin wird bei der gro\u00dfen Regelm\u00e4\u00dfigkeit dieses Factors eine Vergleichung mit den von Lange gefundenen Zahlen gestattet sein. Darnach ist die mittlere Variation f\u00fcr sensorielle Schallreactionen mindestens 20, f\u00fcr muscul\u00e4re mindestens 8ff gro\u00df. Man sieht sofort, dass die in den erw\u00e4hnten Rubriken aufgef\u00fchrten Zahlen, soweit es bei einer solchen Vergleichung m\u00f6glich ist, dem geforderten halben Betrage nahe kommen. Als Gesammtmittel der 2\u00cfSR ergibt sich f\u00fcr die muscul\u00e4re Reaction 6,lff, f\u00fcr die sensorielle 10,7ff.\nDass die mittlere Variation dieser zuf\u00e4lligen Abweichungen von der Gleichzeitigkeit f\u00fcr die beiden Reactionsformen im gleichen Sinne verschieden gro\u00df ausf\u00e4llt, ist bei dem, was ich oben \u00fcber","page":533},{"file":"p0534.txt","language":"de","ocr_de":"534\nOswald K\u00fclpe.\nderen Einfluss auf die Schwankungen der Einzelwerthe bemerkt habe, ohne weiteres verst\u00e4ndlich. Die Vermuthung, dass der numerische Werth der mSS resp. .2m 33 die H\u00e4lfte der 2J\u00ce resp. 2SD\u00ce betragen werde, findet sich sehr ann\u00e4hernd best\u00e4tigt.\nVon den beiden willk\u00fcrlichen Reactionen habe ich schon fr\u00fcher gesagt, dass sie den einfachen analog sind. In dem Yerh\u00e4ltniss ihrer Zahlen findet das seinen Ausdruck. Sehen wir von der durch constante Abweichungen bestimmten Zahl bei A. Yierkandt ab, so ergibt sich eine Verwandtschaft der f\u00fcr die vorbereitet willk\u00fcrliche Reaction erhaltenen Werthe mit den f\u00fcr die muscul\u00e4re geltenden (bei G. Lipps wenigstens in der Rubrik 2m33) und eine \u00e4hnliche Beziehung zwischen den andern beiden. Es ist bemerkens-werth, dass bei Mahrburg, der die gleichzeitigen Bewegungen m\u00f6glichst gleichm\u00e4\u00dfig unter allen Umst\u00e4nden auszuf\u00fchren strebte, trotz der geringen Unterschiede der einzelnen Werthe von einander auch die erw\u00e4hnte Beziehung nachweisbar ist.\nIn dem Bisherigen ist die Thatsache einer Abh\u00e4ngigkeit der coordinirten Bewegungen von der psychophysischen Disposition vorausgesetzt und im einzelnen erl\u00e4utert worden. Aber sie selbst scheint noch der Erkl\u00e4rung zu harren. Ich vermag mir von derselben, gest\u00fctzt auf Aussagen meiner Beobachter und eigene Erfahrungen, nur folgende Vorstellung zu bilden. Die Aufgabe, welche durch eine bestimmte Vorbereitung motorischer oder sensorischer Art dem Reagenten erw\u00e4chst, concurrirt mit der Bestimmung, gleichzeitig zu reagir en. Je mehr jene in den Vordergrund tritt, um so mehr wird die letztere Th\u00e4tigkeit zu einem unvorbereiteten Effect. Dies gilt besonders von der sensoriellen und unvorbereitet willk\u00fcrlichen .Reaction. Aber auch bei den andern war es schwer, die Bewegungsvorstellung zu einer vollst\u00e4ndigen, beide Arme umfassenden zu erg\u00e4nzen. Hier hatten wir namentlich in den Lage-und Spannungsempfindungen der Arme ein Kriterium gleichm\u00e4\u00dfiger Einstellung. Wenn so die Vorbereitung zur Gleichzeitigkeit zur\u00fccktrat hinter der motorischen oder sensorischen Erwartung, so m\u00fcsste diese in ihrer gleichzeitigen Einwirkung auf die beiden Extremit\u00e4ten alle jene von uns gefundenen Unterschiede hervorbringen. Dagegen erscheint es mir denkbar, dass eine st\u00e4rkere Betonung der Gleichzeitigkeit der Bewegungen auch eine gr\u00f6\u00dfere Unabh\u00e4ngigkeit von","page":534},{"file":"p0535.txt","language":"de","ocr_de":"Ueber die Gleichzeitigkeit und Ungleichzeitigkeit von Bewegungen.\t535\nder psychophysischen Disposition zur Folge habe. In diesem Sinne m\u00f6chte ich die hei Mahrhurg vorkommenden Werthe deuten. W\u00fcnschenswerth w\u00e4re es, zur Erg\u00e4nzung des hier Entwickelten eine Messung der vollst\u00e4ndigen Reactionszeiten f\u00fcr beide Bewegungen gesondert vorzunehmen. Nur so k\u00f6nnte man erfahren, ob die Abweichung von der Ungleichzeitigkeit thats\u00e4chlich zugleich eine Verl\u00e4ngerung resp. Verk\u00fcrzung der normalen Reactionszeit bedeutet.\nUnsere Zahlen bewegen sich im allgemeinen innerhalb der durch jene beiden Einfl\u00fcsse bezeichneten Grenzen. Die reine Abh\u00e4ngigkeit von der psychophysischen Disposition erg\u00e4be blos eine doppelseitige Reaction, und f\u00fcr diese w\u00fcrden jene Berechnungen \u00fcber die Gr\u00f6\u00dfe des zeitlichen Unterschiedes beider Reactionen und der Schwankungen derselben Geltung haben. Die mehr oder weniger mitwirkende Absicht, gleichzeitig zu reagiren, verwischt dagegen die den verschiedenen Einstellungen parallel gehenden Unterschiede mehr oder weniger. Die automatische Coordination selbst ist eigentlich nur im ersten Falle verwirklicht, sie besteht hier in dem gleichzeitigen Beeinflusstwerden zweier homogener Processe. Im zweiten Falle ist eine absichtliche Verbindung derselben zu einem bestimmten Zwecke vorhanden, die in ihrem Verlauf zwar in Folge langer Uebung automatischen Charakter angenommen hat, aber als solche gewollt ist.\n(Fortsetzung folgt im n\u00e4chsten Hefte.)","page":535}],"identifier":"lit4960","issued":"1891","language":"de","pages":"514-535","startpages":"514","title":"Ueber die Gleichzeitigkeit und Ungleichzeitigkeit von Bewegungen","type":"Journal Article","volume":"6"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T14:35:03.863028+00:00"}

VL Library

Journal Article
Permalink (old)
http://vlp.uni-regensburg.de/library/journals.html?id=lit4960
Licence (for files):
Creative Commons Attribution-NonCommercial
cc-by-nc

Export

  • BibTeX
  • Dublin Core
  • JSON

Language:

© Universitätsbibliothek Regensburg | Imprint | Privacy policy | Contact | Icons by Font Awesome and Icons8 | Powered by Invenio & Zenodo