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Ueber die Abhängigkeit der Erregungs-Vorgänge von dem zeitlichen Verlaufe der zur Reizung dienenden Elektricitäts-Bewegungen

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{"created":"2022-01-31T14:35:48.268979+00:00","id":"lit5363","links":{},"metadata":{"alternative":"Archiv f\u00fcr Physiologie","contributors":[{"name":"Kries, Johannes A. von","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Archiv f\u00fcr Physiologie: 337-372","fulltext":[{"file":"p0337.txt","language":"de","ocr_de":"Heber die Abh\u00e4ngigkeit der Erregungs-Vorg\u00e4nge von dem zeitlichen Verlaufe der zur Reizung dienenden Elektricit\u00e4ts-Bewegungen.1\nVon\nProf. v. Kries.\nAus dem physiologischen Institut zu Freiburg i. B.\n(Hierzu Taf. V.)\nAls charakteristische Eigenth\u00fcmlickkeit der Art und Weise, wie der elektrische Strom auf die Nerven erregend wirkt, ist seit langer Zeit bekannt, dass nicht die gleichm\u00e4ssige Dauer desselben, sondern seine zeitlichen Ver\u00e4nderungen als Reize in Betracht kommen. \u201eNicht der absolute Werth der Stromdichtigkeit in jedem Augenblicke ist es, auf den der Bewegungsnerv mit Zuckung des zugeh\u00f6rigen Muskels antwortet, sondern die Ver\u00e4nderung dieses Werths von einem Augenblick zum andern, und zwar ist die Anregung zur Bewegung, welche diesen Ver\u00e4nderungen folgt, um so bedeutender, je schneller sie bei gleicher Gr\u00f6sse vor sich gingen, oder je gr\u00f6sser sie in der Zeiteinheit waren.\u201c In dieser Form sprach du Bois-Roy moud das Gesetz im Jahre 1845 aus.\nBei der principalen Stellung, welche der elektrische Strom als Erregungsmittel f\u00fcr Nerven aller Art von jeher eingenommen hat, lag der\n1 Die wichtigsten Ergebnisse der im Folgenden mitgetheilten Untersuchung sind bereits im April d. J. unter gleichem Titel in den Berichten der naturforschenden Gesellschaft zu Freiburg i. B. Bd. VIII. in kurzer Zusammenstellung gedruckt worden. Bei allen Versuchen hatte ich mich der dankenswerthen Unterst\u00fctzung meines Assistenten, des Hin. caud. med. Bartenstein, zu erfreuen.\nAroliiv f. A.u. Ph. 1894. Physiol. Abthlg.\n22","page":337},{"file":"p0338.txt","language":"de","ocr_de":"338\nv. Kbies:\nWunsch nahe, dieses Fundamentalgesetz der elektrischen Wirkung genauer, namentlich auch quantitativ, formuliren zu k\u00f6nnen, und ebenso die Hoffnung, durch vollst\u00e4ndigere Ermittelung desselben auch \u00fcber das Wesen des Erregungsvorganges und der elektrischen Reizwirkungen Manches in Erfahrung zu bringen. Die Bereicherung unserer Kenntnisse, welche die seit damals verflossenen Jahrzehnte gebracht haben, ist aber keine sehr erhebliche zu nennen. Gewisse F\u00e4lle sind bekannt geworden, in welchen das ganze Gesetz nicht vollkommen zutreffend ist, vielmehr auch der constante Strom w\u00e4hrend seiner Dauer anhaltende Erregungen hervorzubringen vermag. Es mag gen\u00fcgen, hier an die Beobachtungen von Gr\u00fctzner1 und Frey2 zu erinnern. Durch den Nachweis einer Anzahl von Ausnahmen ist indessen die Bedeutung des du B o is-Reymo nd\u2019sehen Grundgesetzes selbstverst\u00e4ndlich nicht verringert, und die Aufgabe eines genaueren Studiums desselben weder gel\u00f6st noch beseitigt. F\u00fcr die eigentliche Hauptfrage aber, wie sich die Abh\u00e4ngigkeit der Reiz Wirkungen von dem zeitlichen Verlauf der elektrischen Bewegung gestalte, haben wir nur wenige Beitr\u00e4ge zu verzeichnen. Der Grund hierf\u00fcr lag nicht in mangelndem Interesse, sondern vielmehr in der methodischen Schwierigkeit, Elektricit\u00e4tsbewegungen von beliebigem zeitlichem Verlauf herzustellen. Die bisherigen Ermittelungen gehen daher auch so weit, als es die bekannten H\u00fclfsmittel gestatten. Wir h\u00e4tten hier zun\u00e4chst eine Anzahl von Arbeiten zu erw\u00e4hnen, welche die verschiedenen Wirkungen des Oeff-nungs- und Schliessungs-Inductions-Schlages aus den Verschiedenheiten ihres zeitlichen Verlaufes zu verstehen lehrten.3 Sodann sind hier die Untersuchungen von Fick4 zu erw\u00e4hnen, bei welchen sehr kurz dauernde Str\u00f6me, sogenannte Stromst\u00f6sse, zur Reizung verwendet wurden. Wir haben in diesen Versuchen eine wirkliche Variirung des zeitlichen Verlaufes, aber freilich nicht in der voraussichtlich wichtigsten Beziehung, der Steilheit der Ver\u00e4nderung; die letztere ist vielmehr nicht unabh\u00e4ngig von der zu erreichenden Stromintensit\u00e4t variirbar, sondern bleibt allemal die enorm\n1 P. Gr\u00fctzner, Ueber verschiedene Arten der Nerven-Erregungen. Pfl\u00fcger\u2019s Archiv u. s. w. 1878. Bd. XVII.\n1 M. v. Frey, Ueber die tetanische Erregung von Froschnerven durch den con-stanten Strom. Dies Archiv. 1883. S. 43.\n3\tNach du Bois-Reymond (Monatsberichte der Berliner Akademie 1862) hat zuerst Jos. Henry die Verschiedenheit in der physiologischen Wirkung der Oeft'nungs-und Sehliessungs-Inductionsschl\u00e4ge durch die Einmischung der Extrastr\u00f6me erkl\u00e4rt. Die genaue Bestimmung des zeitlichen Verlaufes der Inductionsstr\u00f6me verdanken wir bekanntlich Helmholtz. Poggendorff\u2019s Annalen. 1851. Bd. LXXXIII.\n4\tFick, Untersuchungen \u00fcber elektrische Nervenreizung. 1864.","page":338},{"file":"p0339.txt","language":"de","ocr_de":"Abh\u00e4ngigkeit der Erregung vom zeitlichen Verlauf der Str\u00f6me. 339\ngrosse, die bei pl\u00f6tzlichen Oeffnungen und Schliessungen des Stromes stattfindet. Eine Variirung dieser Steilheit gelang dagegen K\u00f6nig1 durch Benutzung von Drahtspiralen, deren Selbstinduction die Entstehung des Stromes bei Schliessung verz\u00f6gerte. Es konnten auf diese Weise Anstiege des Stromes erhalten werden, deren zeitlicher Verlauf durch eine Exponentialcurve dargestellt wurde, i = J (1 \u2014e~al). Eine solche Curve kann in ihrem Verlaufe genau ermittelt werden, wenn das Potential der angewandten Spirale auf sich selbst und die Widerst\u00e4nde im Kreise der Spirale bekannt sind. Es gelang hierbei unschwer der Nachweis, dass die lteizwirkung mit der Steilheit des Ansteigens in der That zunimmt. Trotz der Aussicht, welche sich hier er\u00f6ffnete, eine systematische Variirung des zeitlichen Verlaufes der elektrischen Bewegung herzustellen, sind gleichwohl die Versuche nach dieser Methode nicht weiter gef\u00fchrt worden. Der Grund hierf\u00fcr ist wohl darin zu suchen, dass erstlich die Beschr\u00e4nkung auf Exponentialcurven des Stromanstieges sehr unvortheilhaft ist, sodann auch darin, dass der zeitliche Verlauf des Stromes nicht so zu sagen mit H\u00e4nden zu greifen ist, vielmehr berechnet werden muss und zu seiner Berechnung nicht bloss die Kenntniss einer Anzahl von Widerst\u00e4nden, sondern auch die einer durchaus nicht leicht zu bestimmenden Constanten, des Potentials einer Spirale auf sich selbst erfordert.\nW\u00e4hrend diese Versuche wesentlich die einmalige Beizwirkung einer einmal ablaufenden Stromver\u00e4nderung in\u2019s Auge fassten, waren eine Reihe von anderen auf die dauernden Reizwirkungen periodischer Elektricit\u00e4ts-bewegungen gerichtet. Die viel bearbeitete Frage nach der oberen Grenze der Oscillationszahl, welche noch tetanisirend wirken k\u00f6nne, wurde durch Kronecker und Stirling2 dahin beantwortet, dass eine solche mit den gegenw\u00e4rtigen H\u00fclfsmitteln nicht erreichbar, speciell bei der Oscillations-Frequenz 22000 pro Secunde noch nicht erreicht sei. Die quantitative Verfolgung der Frage3 zeigte mir andererseits, dass eine bestimmte Wirkung bei zunehmender Oscillations-Frequenz immer gr\u00f6ssere Amplituden erfordert, sobald eine gewisse Frequenz \u00fcberschritten ist, und dass es f\u00fcr ann\u00e4hernd einfache (sinusartige) Schwingungen ein Optimum der Wirkung giebt, welches je nach der Temperatur des Nerven zwischen 50 und 300 pro Sec. variireu kann.\nIn gewissem Sinne endlich geh\u00f6ren hierher noch die Versuche von\n1 K\u00f6nig, Wiener Sitzungsberichte. 2. Abtli. 1870. Bd. LXII.\n- Kronecker und Stirling, Die Genesis des Tetanus. Dies Archiv. 1878.\n3 v. Kries, lieber die Erregung des motorischen Nerven durch Wechselstr\u00f6me. Berichte der naturforschenden Gesellschaft zu Freiburg i. B. Bd. VIII.\n22*","page":339},{"file":"p0340.txt","language":"de","ocr_de":"340\nv. Ivbies:\nBohr1 2 und Bernstein3, welche den Einfluss der in der Zeiteinheit appli-cirten Zahl gleichartiger Reize (Inductionsschl\u00e4ge) auf die Reizwirkungen feststellten. Indessen handelt es sich hier vorzugsweise um die Ermittelung einer Eigenschaft des Muskels, so lange vorausgesetzt werden darf, dass jeder einzelne Reiz im Nerven dieselbe, von der Frequenz unabh\u00e4ngige Wirkung hervorbringt. Sobald diese Voraussetzung nicht mehr zutrifft (was z. B. immer der Fall ist wenn die Dauer des einzelnen Reizes im Vergleich zu dem Intervall eine erhebliche ist) wird die Deutung der Resultate eine sehr schwierige werden m\u00fcssen, weil die Wiederholung gleichartiger Reize mehr und mehr in einen Oscillationsvorgang \u00fcbergeht.\nAls den wichtigsten methodischen Fortschritt auf dem ganzen Gebiet muss wohl Fleischl\u2019s Erfindung, das Orthorheonom, betrachtet werden.8 Dasselbe gestattet in massigen Zeiten die dem Nerven zugef\u00fchrte Stromintensit\u00e4t in einer der Zeit genau proportionalen Weise und innerhalb gewisser Grenzen mit beliebiger Geschwindigkeit wachsen oder abnehmen zu lassen. Die Versuche mit dem Rheonom haben denn auch sofort eine Anzahl wichtiger und interessanter Resultate ergeben. Gleichwohl ist das Fl eis chl\u2019sehe Instrument nicht geeignet zur Beantwortung gerade derjenigen Fragen, welche am meisten und unmittelbarsten interessiren. Da man n\u00e4mlich schon weiss, dass es wesentlich auf die Steilheit der Stromanstiege ankommt, so ist die n\u00e4chstliegende Aufgabe die, den Anstieg zu einer bestimmten Stromintensit\u00e4t in einer beliebig zu vergr\u00f6ssernden oder verkleinernden Zeit und \u00fcberdies gradlinig zu bewirken, also Stromverl\u00e4ufe von dieser Art _/~ herzustellen. Ausserdem kommt es bei der Beschaffenheit des Nerven voraussichtlich darauf an, die Zeiten des Stromanstiegs zuv\u00f6rderst in ziemlich kleinen Zeitwerthen zu halten, sie etwa von V100 bis V, Secunde zu ver\u00e4ndern. Dies ist ebendieselbe Aufgabe, welche zu l\u00f6sen schon mehrfach versucht worden ist4, aber ohne befriedigenden Erfolg. F\u00fcr dieselbe ist auch das Fleischl\u2019sche Rheonom nicht geeignet, theils weil es zu schwer beweglich ist, theils weil es als Rotationsapparat nicht zur Erhaltung eines dauernden constanten Stromes nach der Schwankung geeignet ist. Es l\u00e4ge nahe, den Apparat leichter zu construiren und ihn aus einem rotirenden in einen Schiessapparat, der nach einer ganzen oder theilweisen Umdrehung gefangen wird, zu verwandeln. Um indessen der gestellten Aufgabe wirk-\n1\tBohr, Ueber den Einfluss der tetanisirenden Irritamente auf Form und Gr\u00f6sse der Tetanuscurve. Dies Archiv. 1882. S. 233.\n2\tBernstein, Ueber den Einfluss der Beizfrequenz auf die Entwickelung der Muskelkraft. Festschrift, du Bois-Beymond gewidmet. Supplementhand dieses Archivs. 1883.\n3\tE. v. Fleisch!, Wiener Sitzungsberichte. 1877. Bd. LXXVI. 3. Abth.\n4\tVgl. Hermann, Handbuch der Physiologie. Bd. II. S. 33 u. 53.","page":340},{"file":"p0341.txt","language":"de","ocr_de":"Abh\u00e4ngigkeit der Erregung vom zeitlichen Verlauf der Str\u00f6me. 34 !\nlieh gerecht zu werden, gen\u00fcgt dies noch nicht. Es ist vielmehr hierzu das Prinzip der beweglichen zweiarmigen Br\u00fccke \u00fcberhaupt nicht geeignet.\nBas Verfahren, welches ich benutzte, geht von einer Anwendungsweise des liheochords aus, welche von der in der Physiologie und Elektrotherapie zur Stromabstufung gebr\u00e4uchlichen etwas abweicht, dagegen \u00fcbereinstimmt mit der du Bois-Reymond\u2019schen Methode der Compensation zur Messung elektromotorischer Kr\u00e4fte. Es wird sich empfehlen, mit der Darlegung dieses sehr einfachen Principe der Stromabstufung zu beginnen.\nWenn ein elektrischer Strom einen linearen Leiter, z. B. einen Draht von \u00fcberall gleichm\u00e4ssiger Beschaffenheit durchfiiesst, so nimmt auf der ganzen L\u00e4nge dieses Leiters das Potential gleichm\u00e4ssig ab oder zu, da sowohl Stromintensit\u00e4t als Widerstand \u00fcberall gleich sind. Es gilt das sowohl f\u00fcr Fl\u00fcssigkeitsf\u00e4den als f\u00fcr Dr\u00e4hte und es gilt auch f\u00fcr prismatische Leiter von beliebig grossem Querschnitt, falls nur die Zu- und Ableitung des Stromes an dem ganzen Querschnitt gleichm\u00e4ssig statt-iindet. Wenn \u00ab b (Fig. 1) ein solcher von einem constanten Strom durch-llossener Leiter ist, und man irgend zwei Punkte c und d desselben mit den Quadranten eines Elektrometers verbindet, so erh\u00e4lt man demgem\u00e4ss eine Potentialdifferenz angezeigt, welche der L\u00e4nge c d direct proportional ist. Dasselbe findet auch dann noch statt, wenn man statt des Elektrometers einen Leitungsbogen, W, anwendet, dessen Widerstand im Vergleich zu dem der Strecke cd sehr gross ist. Der Leitungsbogen wird alsdann von einem Strome durch fl\u00f6ssen, dessen Intensit\u00e4t der L\u00e4nge proportional ist.1 Man kann auf diese Weise mit Benutzung eines Drahtes z. B. die durch einen motorischen Nerven zu schickenden galvanischen Str\u00f6me genau und in einer zahlenm\u00e4ssig angebbaren Weise abstufen, da der Widerstand im Nerven gegen den eines Drahtes jederzeit sehr gross ist. Bei der \u00fcblichen Anwendung des Rheochordes als Nebenschliessung ist dies dagegen bekanntlich nicht m\u00f6glich, wenn mau nicht weiss, in welchem Verh\u00e4ltuiss die Widerst\u00e4nde in der L\u00e4ngeneinheit des Rheochord-drahtes und in den benutzten galvanischen Elementen stehen.\nW\n77\n\n/\nfl\n\n-----/\nFig. 1.\nSchema der Stromabstufung durch variable Entfernung der Contacte c und d auf einem Draht.\n1 Hierauf beruht z. B. die Methode f\u00fcr die Calibrirung eines Drahtes, welche j\u00fcngst von Braun empfohlen wurde. Centralzeilung f. Optik und Mechanik 4. Beibl\u00e4tter zu Wiedemann's Annalen Bd. VII. S. 776.","page":341},{"file":"p0342.txt","language":"de","ocr_de":"342\nv. Kbies:\nYon diesem Princip der Stromabstufung ausgebend, ist nun leicht ersichtlich, dass man einen im Nerven linear ansteigenden Strom erh\u00e4lt, wenn die eine Elektrode etwa mit dem Punkte c jenes Leiters in Yerbindung steht, die andere dagegen mit constanter Geschwindigkeit an demselben entlang gleitet. Hierbei entsteht als erste technische Schwierigkeit die, dieses Gleiten mit gen\u00fcgender Geschwindigkeit und ohne Gef\u00e4hrdung des Contacts auszuf\u00fchren, eine zweite aber, wenn die Aufgabe gestellt wird, dass der Strom nur bis zu einem gewissen Werth linear an wachsen und sodann aber auf der erreichten H\u00f6he sich constant erhalten soll. Beide Schwierigkeiten lassen sich \u00fcberwinden, wenn man als linearen Leiter eine mit einem Elektrolyten angef\u00fcllte Rinne verwendet, in welcher entlang eine eintauchende Metallspitze sich bewegt, gerade wie es auch bei dem Fleischl-schen Rheonom geschieht. Man kann sich leicht davon \u00fcberzeugen, dass hierbei selbst recht erhebliche Geschwindigkeiten der Spitze ertheilt werden k\u00f6nnen, ohne\ndass St\u00f6rungen des Contactes ein-treten und auch ohne dass das unbequeme Spritzen und Schleudern der Fl\u00fcssigkeit sich bemerk-lich macht. In unseren Versuchen, bei welchen eine Spitze von etwa 1 mm Durchmesser in einer Rinne von 8mm Breite und 1cm Tiefe lief, konnte man der Spitze Geschwindigkeiten von 1500 mm pro Secunde ohne St\u00f6rungen erthei-len. Die gew\u00f6hnlich benutzte betrug nahe 800 mm pro Secunde. Die zweite der soeben erw\u00e4hnten Anforderungen w\u00fcrde erf\u00fcllt werden, wenn es m\u00f6glich w\u00e4re die sich bewegende Spitze an einer bestimmten Stelle der Rinne pl\u00f6tzlich festzuhalten. Dies gelingt selbstverst\u00e4ndlich nicht in befriedigender Weise. Man erreicht aber dasselbe, indem man nur einen Theil der Rinne vom galvanischen Strom durch-fliessen l\u00e4sst und der Spitze eine Bewegung \u00fcber die zuleitenden Elektroden hinaus gestattet. Obwohl, wie vorher erw\u00e4hnt, es w\u00fcnschenswerth ist, dass die zuleitenden Elektroden den ganzen Querschnitt der Rinne ausf\u00fcllen, so schadet es doch nicht, wenn dieselbe einen kleinen Ausschnitt besitzen, welcher der Spitze den Durchgang gestattet. Wenn also (Fig. 2) AB die Rinne, ab die zuf\u00fchrenden Elektroden w\u00e4ren, so stellten die nicht durchflossenen St\u00fccke a A und bB sozusagen todte Arme dar, welche mit der Umgebung von a bezw. b durchweg auf gleichem Potentialniveau sich befinden. Wird nun die eine Nervenelektrode mit dem festen St\u00fcck c ver-\nSchema der Herstellung einer linearen Stromschwankung durch eine Fl\u00fcssigkeitsrinne mit drei festen Elektroden ab c und einer beweglichen d, welche durch diese hindurchgeleitet.","page":342},{"file":"p0343.txt","language":"de","ocr_de":"Abh\u00e4ngigkeit der Erregung vom zeitlichen Verlauf der Str\u00f6me. 343\nbunden, die andere aber mit der, durch d angedeuteten beweglichen Spitze und gestatten a b und c dieser Spitze freie Passage, so wird der den Nerven durchsetzende Strom = 0 sein bis die Spitze bei a ankommt, von da ab linear ansteigen, bis sie b passirt und sodann, wenn der Widerstand b B gegen W vernachl\u00e4ssigt werden darf, auf constanter H\u00f6he bleiben, so lange die Spitze sich irgendwo in dem St\u00fcck b B befindet. Man hat somit in den St\u00fccken A a und h B sehr bequem die M\u00f6glichkeit, unbeschadet der gew\u00fcnschten Strombewegung, der Spitze ihre Geschwindigkeit zu ertheilen und allm\u00e4hlich wieder zu rauben.\nNach dieser Darlegung des benutzten Princips kann die mehr technische Beschreibung des benutzten Apparates sein- kurz gehalten werden. Die Hartgummiplatte A (Fig. 1, Taf. 5) ist auf einem mit Stellschrauben versehenen Dreifuss fest aufgeschraubt. In dieselbe ist eine Rinne BCD eingedreht, welche 8mm breit und IO\"\"1\u2019 tief ist. Ein Theil derselben, ca. */\u00ab der Peripherie bei Z> ist abgeschlossen und mit Kittmasse ausgef\u00fcllt. Ueber der Mitte dieses St\u00fcckes erhebt sich das solide Messingst\u00fcck F, mit der Hartgummiplatte fest verschraubt. Dasselbe dient wesentlich dazu um die Vorrichtung zu tragen, mittels welcher eine Zinkspitze l\u00e4ngs der Rinne geschossen werden kann. Man erkennt leicht die Axe G, den an dieser befestigten horizontalen Arm und die Zinkspitze J, welche in der Rinne einl\u00e4uft. Das Schr\u00e4ubchen K dient dazu, um die Spitze nach aussen oder innen zu verstellen, so dass sie, ohne anzustreifen, durch die Ausschnitte der Elektroden hindurchfahren kann. Diese, drei an der Zahl A, L., L3 bestehen jede aus einer Messingklemme, welche auf dem Rande der Hartgummischeibe entlang verschoben werden kann und einem Zinkst\u00fcck, welches mit einem hinteren Theil auf der Messingklemme aufgesetzt und angeschraubt wird, mit einem vorderen platten in die Rinne eintaucht. Die Schiessvorrichtung erkennt man auf der linken Seite der Figur; der Ring M wird \u00fcber den Messingstab N hingeschoben, die Spiralfeder 0 comprimirt, ein stark federnder Messiugb\u00fcgel mit dem Vorsprung F h\u00e4lt den Apparat in dieser Stellung fest. Ein leichter Zug an diesem B\u00fcgel setzt die Feder in Freiheit, die Feder schnellt den Arm vor sich her, derselbe f\u00e4hrt bei sehr geringer Reibung mit ann\u00e4hernd constanter Geschwindigkeit herum. Auf der anderen Seite wird er durch eine, n\u00e4herer Erl\u00e4uterung nicht bed\u00fcrftige Fangvorrichtung allm\u00e4hlich ohne einen heftigen Anprall arretirt und festgehalten.\nDie Zinkspitze steht in leitender Verbindung mit der Klemme Q nicht bloss durch den Contact des Axenlagers, sondern auch durch das sehr d\u00fcnne Dr\u00e4htchen B. welches die Bewegung des Apparates nicht beeinflusst. Die Zuleitung des Stromes geschieht durch die beiden Elektroden L2 und L.r die Ableitung zum Nerven durch L] und Q. Beim Abschiessen des Appa-","page":343},{"file":"p0344.txt","language":"de","ocr_de":"844\ny. Kit les:\nrates ist der Strom = 0, so lange bis die Spitze L2 passirt, dann steigt er gleichm\u00e4ssig an, bis sie Z3 passirt um sodann auf dieser H\u00f6be zu verharren.\nDer Apparat soll im Anschluss an F lei sohl\u2019s Bezeichnung als Feder -Rheonom bezeichnet werden.\nUm den Strom abzustufen, wird nach demselben Princip verfahren. Die zur Reizung dienende Batterie B (vier, zuweilen auch nur zwei kleine\nG r o v e \u2019 sehe Elemente) werden mit den beiden Enden eines langen Eisendrahts verbunden, xy Fig. 3. AB stellt wieder die, der Einfachheit halber gerade gezeichnete Rinne des Rheonoms dar; der in die Elektroden a b geschickte Strom wird von x und einem l\u00e4ngs des Drahtes verschieblichen Schieber z geliefert und ist proportional der L\u00e4nge x z, da der Widerstand in der Zinkrinne immer gross gegen den des Drahtes ist. Es betrug n\u00e4mlich der Widerstand in den ganzen Draht 2 S. E., somit der Widerstand der eingeschalteten Strecke in der Regel nur Bruchtheile einer S. E. Der Widerstand der Zinkl\u00f6sung betrug f\u00fcr 100 mm Abstand der beiden Elektroden nahe 600 S. E., somit bei dem gew\u00f6hnlich gebrauchten Abstand zwischen 60 und 900 S. E. Endlich war erforderlich, dass der Widerstand im Nervenkreise wiederum gross sei gegen den in der Zinkrinne. Er betr\u00e4gt im Allgemeinen ca. 20000 S. E. Man \u00fcberzeugt sich durch einfache Rechnung, dass die hierdurch bedingten Abweichungen von der streng linearen Form der Schwankung \u00e4usserst geringf\u00fcgig sind. Die Art der Abh\u00e4ngigkeit, welche die Reizungserscheinungen von der Yariirung der Steilheit zeigte, machte nicht nothwendig, auf diese R\u00fccksicht zu nehmen. Durch Einschaltung grosser Widerst\u00e4nde in den Nervenkreis und Verst\u00e4rkung der Batterie w\u00fcrde sich sonst, wie leicht ersichtlich, die Genauigkeit leicht noch weiter treiben lassen.\nUm die Geschwindigkeit zu bestimmen, mit welcher die Spitze geschossen wird, verfuhr ich folgendermaassen. Es wurde ein platter Messingring angefertigt, welcher genau auf den \u00e4usseren Ring der Hartgummiplatte passt. An dem Arm H wurde ferner ein Dr\u00e4htchen befestigt,\n","page":344},{"file":"p0345.txt","language":"de","ocr_de":"Abh\u00e4ngigkeit der Erregung vom zeitlichen Verlauf der Str\u00f6me. 345\nwelches bei dem Abschiessen seine nach unten gewendete Spitze dicht \u00fcber der Oberfl\u00e4che jenes Ringes hinbewegt.\nDurch eine Einrichtung, deren Details anzuf\u00fchren nicht erforderlich ist, springen von dieser Spitze zu dem Messingriuge Inductionsfunken in Intervallen von V30 Sec. \u00fcber, indem der prim\u00e4re Strom eines St\u00f6hrer-schen Inductionsapparates durch eine Stimmgabel von 30 Schwingungen unterbrochen wird. Wenn der Messingring berusst ist und die Spitze abgeschossen wird, so springen w\u00e4hrend der Bewegung eine Anzahl von Funken auf den Ring \u00fcber, und aus den Abst\u00e4nden derselben ist die Geschwindigkeit der Spitze leicht zu ermitteln. Unter Ber\u00fccksichtigung der verschiedenen Abst\u00e4nde von der Drehungsaxe des Apparates erh\u00e4lt man somit auch leicht die Geschwindigkeit der Zinkspitze, welche in der Mitte der Rinne l\u00e4uft.\nEine besondere Aufmerksamkeit erfordert noch die Regulirung der Stromiutensit\u00e4ten. Zun\u00e4chst kann als Maass f\u00fcr die durch den Nerven gesandte Stromintensit\u00e4t (wenn die Spitze zwischen l und B (Fig. 3), also hinter Z3 (Fig. 1, Taf. V) steht), die Potentialdifferenz verwandt werden, welche stattfindet zwischen den beiden Punkten der Zinkl\u00f6sung, die an die Elektroden u und b (Fig. 3) unmittelbar anstossen. Als Maass f\u00fcr diese Potentialdifferenz kann man wieder die Spannweite xz betrachten, welche die Verbindungen dieser beiden Elektroden auf dem Drahte des Rheochords umfassen, falls der Widerstand dieses ganzen Kreises xabz wesentlich durch den Widerstand der Zinkrinne gegeben ist und alles andere gegen ihn sehr klein ist. Hier darf nicht \u00fcbersehen werden, dass, wenn das auch f\u00fcr den Draht xz und Zuleitungen der Fall ist, deren Widerstand nach Bruchtheilen einer S. E. im Allgemeinen z\u00e4hlt, noch der Uebergangsividerstand zwischen den Zink - Elektroden und der Fl\u00fcssigkeit in Betracht kommt. Dieser kann sehr wohl Werthe haben, welche gegen die Widerst\u00e4nde der Zinkrinne in Betracht kommen, und man erh\u00e4lt in diesem Falle nicht den vollen, nach den Drahtl\u00e4ngen berechneten Strom in die Zinkl\u00f6sung, somit auch nicht in den Nerven.1 Nat\u00fcrlich ist die hierdurch bewirkte Verminderung um so bedeutender, je kleiner der Abstand der zwei Elektroden ab ist und je mehr somit der Uebergangswiderstand gegen den zwischen ihnen gelegenen Widerstand der L\u00f6sung in Betracht kommt. Die ganze Erscheinung documentirt sich sehr deutlich dadurch, dass man bei Schliessung des Stromes, w\u00e4hrend die\n1 Wegen dieses Uebergangswiderstandes ist es auch nicht zul\u00e4ssig, die eine Nervenelektrode direct mit a zu verbinden. Man erh\u00e4lt dann schon einen Strom, auch wenn die Spitze sich zwischen a und A befindet.","page":345},{"file":"p0346.txt","language":"de","ocr_de":"346\nv. Kries:\nSpitze sieh in bB befindet, verschiedene Reizerfolge erh\u00e4lt, je nachdem der Abstand der Elektroden gr\u00f6sser oder kleiner gemacht wird (um so gr\u00f6ssere, je gr\u00f6sser der Abstand ist). Man kann bekanntlich den TJeber-gangswiderstand dadurch beseitigen, dass man die Zink-Elektroden einige Stunden in Zinkl\u00f6sung kocht und sie dann (mit m\u00f6glichst kurzer Luftber\u00fchrung) schnell in die Fl\u00fcssigkeit bringt, in welcher sie verwendet werden sollen. Indessen ist es nothwendig, sich jedesmal davon zu \u00fcberzeugen, dass man die Fehlerquelle wirklich eliminirt hat. Einfacher ist es und ebenfalls zul\u00e4ssig, sie nicht zu eliminiren, aber jedesmal zu ber\u00fccksichtigen; dies geschieht, wenn man nur Stromintensit\u00e4ten mit einander vergleicht, welche bei gleichem Abstand der Elektroden ab erzeugt werden; hier d\u00fcrfen die Drahtl\u00e4ngen dann ohne Weiteres als Maass benutzt werden. In dieser Weise bin ich in der Regel verfahren, nachdem ich noch durch eine Anzahl directer Messungen an der Bussole mich \u00fcberzeugt hatte, dass die zum Nerven gehenden Stromintensit\u00e4ten bei bestimmtem Abstand der Elektroden ab in der That den Drahtl\u00e4ngen proportional wuchsen.\nWas das reizbare Praeparat anlangt, so habe ich bis jetzt systematische Versuche nur am Frosche (Rana esculenta) ausgef\u00fchrt, und zwar wurde entweder der Ischiadicus gereizt und der Erfolg am Gastrocnemius beobachtet, oder aber der ganze Nervenplexus im Becken neben dem Kreuzbein gereizt und die Erfolge am Semimembranosus und Gracilis beobachtet. Die letzteren Muskeln benutzte ich in denjenigen Versuchen, wo die negative Schwankung des L\u00e4ngs-Querschnittstromes untersucht werden sollte. Die Reizung geschah vermittelst unpolarisirbarer Elektroden und zwar von \u00e4hnlicher Form, wie sie Gr\u00fctzner1 beschrieben hat und welche sich mir als sehr zweckm\u00e4ssig bew\u00e4hrte. Das Centralnervensystem wurde stets zerst\u00f6rt, keinerlei Vergiftung und auch keine Kochsalzaussp\u00fclung vorgenommen. Ich w\u00e4hlte dies Verfahren, weil es mir vor Allem darum zu thun war, an einem Praeparate zu arbeiten, welches seinem normalen Verhalten so nahe als m\u00f6glich st\u00e4nde. Die Bef\u00fcrchtung, dass die Gleichm\u00e4ssigkeit der Reizerfolge keine so genaue sein werde, wie sie bei Kochsalzaussp\u00fclung oder bei Chloralvergiftung mit erhaltenem Centralnervensystem zu erreichen ist, und dieser Mangel die Versuche st\u00f6ren werde, zeigte sich nicht begr\u00fcndet; die Gleichm\u00e4ssigkeit war vielmehr stets eine sehr befriedigende. F\u00fcr wesentlich halte ich dabei, dass die Reizung am undurchschnittenen Nerven stattfindet und von diesem auch nur eine kleine Strecke, und zwar eine solche ohne st\u00e4rkere Aeste, freigelegt wird. Unterhalb der Mitte des Oberschenkels kann man den Ischiadicus sehr bequem in dieser Weise behandeln; unter\n1 Gr\u00fctzner, Beitr\u00e4ge zur allgemeinen Nerven physiologie. Pfl\u00fcger\u2019s Archiv u. s. w. Bd. XXVIII. S. 138.","page":346},{"file":"p0347.txt","language":"de","ocr_de":"Abh\u00e4ngigkeit der Ebbegung vom zeitlichen Verlauf der Str\u00f6me. 347\ndas frei gemachte Nervenst\u00fcck von etwa 6\u20147ram L\u00e4nge wird ein Gummi. bl\u00e4ttchen geschoben, die Elektroden aufgesetzt und was vom Nerven dann \u2022noch sichtbar ist, mit kleinen Gummibl\u00e4ttchen zugedeckt. Der ganze Frosch lag hierbei auf einem horizontalen Brett, der Gastrocnemius \u00fcbertrug seine Bewegung mit starker Vergr\u00f6sserung (achtr bis zehnfach) auf eine Schreibspitze, welche auf der langsam rotirenden Trommel des Baltzar\u2019schen Kymographions schrieb.\nEs sei gestattet, gleich einige Ausdr\u00fccke einzuf\u00fchren und zu erkl\u00e4ren deren wir uns im Folgenden oft bedienen werden.\nDer Anstieg eines Stromes von 0 auf einen gewissen Werth, kann als eine allm\u00e4hliche Schliessung dieses Stromes betrachtet werden, im Gegensatz zu der gew\u00f6hnlichen, welche durch Contacte hergestellt wird. Wir wollen die letztere, bei welcher die Dauer des Anstieges (falls keine Rollen im Kreise sind) \u00e4usserst klein ist, eine Momentanschliessung, die nach unserer Methode bewirkte allm\u00e4hliche dagegen eine Zeitschliessung nennen. Ebenso wollen wir von Momentanreizen1 und Zeitreizen sprechen. Eine Schwankung, welche in der Zeit \u00d4 die H\u00f6he it erreicht und dann auf dieser verharrt, ist charakterisirt durch den Werth is, welchen ich einfach als ihre Intensit\u00e4t bezeichne und die Anstiegsdauer ft. Zur Bestimmung ihres Reizeffects dient immer die Ermittelung einer Intensit\u00e4t im, welche bei Momentanschliessung den gleichen Effect giebt. F\u00fcr\njede Anstiegsdauer ft kann so ein Verh\u00e4ltniss -\u00ce\u2014 gefunden werden, welches\nder Reizungsdivisor f\u00fcr diese Anstiegsdauer ft heissen mag. In der That stellt diese Zahl den Werth vor. mit welcher eine in der Zeit ft erreichte Stromst\u00e4rke dividirt werden muss, um die Stromst\u00e4rke zu linden, welche bei momentanem Entstehen die gleiche Reizwirkung giebt; sie liefert also einMaass f\u00fcr die durch zeitliche Ausdehnung der Schwankung bedingte Schw\u00e4chung des Reizeffectes. Der Reizungsdivisor wird f\u00fcr steigende Anstiegsdauern nat\u00fcrlich immer gr\u00f6sser. Man kann auch von Reizungsco\u00f6fficieuteu sprechen, welche die reciproken Werthe jener Reizungsdivisoren w\u00e4ren; doch eignet sich f\u00fcr die Beurtheilung der meisten Verh\u00e4ltnisse der Reizungsdivisor mehr, weil die Reizungsdivisoren verschiedener Anstiegsdauem unmittelbar die gleich wi r k s amen I n t ensi t \u00e4 te n, und mit ft dividirt die gleich wirksamen Steilheiten darstellen. Der Reizungsdivisor einer Anstiegsdauer kann f\u00fcr verschiedene Reizst\u00e4rken, z. B. f\u00fcr Schwellenwerthe, oder f\u00fcr eine bestimmte mittelgrosse Zuckung ermittelt werden und es ist nicht nothwendig, dass er hierbei die-\n1 Ich glaube diesen kurzen Ausdruck vorl\u00e4ufig auch auf die Momentanschliessungen schwacher Str\u00f6me anwenden zu d\u00fcrfen, obwohl diese streng genommen keine Momentanreize sind.","page":347},{"file":"p0348.txt","language":"de","ocr_de":"348\nv. Kries:\nselben Werthe zeige. Die Ermittelung von Reizungsdivisoren f\u00fcr verschiedene Anstiegsdauern giebt somit immer einen Vergleich mit Momentanreizen und zwar mit der pl\u00f6tzlichen Schliessung eines Kettenstromes; sie sind vorl\u00e4ufig die einfachsten numerischen Angaben durch welche die Reizwirkung beliebiger Steilheiten ausgedr\u00fcckt werden kann. Bei den Versuchen wird nat\u00fcrlich stets im, sodann is und dann wiederum im festgestellt und der Reizungsdivisor berechnet aus dem arithmetischen Mittel der beiden Werthe i m welche vor und nach i s, sich herausstellten. Die Reizungsdivisoren sind, dem Fundamentalgesetz zufolge, stets Zahlen die gr\u00f6sser als 1 sind.1\nAbh\u00e4ngigkeit des Reizungsdivisors von der Anstiegsdauer.\nDie erste Aufgabe, welche ich in Angriff nahm, bestand darin die Stromintensit\u00e4t zu suchen, welche bei Momentanschliessung einerseits, bei Zeitschliessungen andererseits erforderlich ist, um eben noch eine minimale Zuckung vom Muskel auszul\u00f6sen.\nEs werden also die Divisoren verschiedener Anstiegsdauem f\u00fcr die Schwellenwerthe ermittelt; die Resultate dieser Versuche sind in der folgenden Tabelle zusammengestellt. W\u00e4hrend jeder einzelne Versuch bei mehrfacher Wiederholung sehr gut \u00fcbereinstimmende Resultate liefert, bemerkt man sogleich, dass die einzelnen Versuche unter einander nicht unerheblich differiren. In dem Versuche vom 6. December z. B. erreicht der Divisor erst bei einer Anstiegszeit 0-187 Sec. den Werth 2-1. In einem Versuche vom 23. Juni betr\u00e4gt er 2-6 schon f\u00fcr eine Anstiegsdauer 0-01. Einen Aufschluss dar\u00fcber, worin diese Differenzen begr\u00fcndet sind, vermag ich vorl\u00e4ufig nicht zu geben. Die Versuche vom 16., 17. und 18. Juni zeigen sehr nahe \u00fcbereinstimmende Werthe; der Versuch vom 23. und der vom 24. Juni dagegen wieder stark abweichende, n\u00e4mlich viel gr\u00f6ssere Divisoren. Aus der Zeit, welche seit der Einfangung der Thiere verstrichen war, habe ich keinen Anhalt f\u00fcr die Aufkl\u00e4rung der Unterschiede finden k\u00f6nnen, ebensowenig ergiebt sich ein solcher, wie aus der Tabelle unmittelbar ersichtlich, ohne Weiteres aus der Jahreszeit, auch nicht, wie ich gleich bemerken will,\n1 Hiervon habe ich eine Ausnahme nur in besonderen F\u00e4llen beobachtet; oft n\u00e4mlich liefern die Zeitreize bei gewissen grossen St\u00e4rken gr\u00f6ssere Zuckungen als sie bei Momentanschliessungen \u00fcberhaupt (bei irgend welcher St\u00e4rke) erhalten werden k\u00f6nnen. In diesem Falle ist also kein Reizungsdivisor angebbar.","page":348},{"file":"p0349.txt","language":"de","ocr_de":"Abh\u00e4ngigkeit der Erregung vom zeitlichen Verlauf der Str\u00f6me. 349\netwa aus den kleinen Differenzen der Temperatur w\u00e4hrend des Versuchs. Wir k\u00f6nnen also vorl\u00e4ufig nur von individuellen Differenzen sprechen, deren ^Zusammenhang mit Ern\u00e4hrungszustand und Alter des Thieres festzustellen vielleicht einer eigens darauf gerichteten Untersuchung gelingen w\u00fcrde.\nDatum des Versuches.\tBetrag der Beizungsdivisoren oder \u00e4quivalenten Stromintensit\u00e4ten f\u00fcr eine Anstiegsdauer (in '/iooo Secunde)\t\t\t\t\t\t\t\t\tBemerkungen.\n\t12-5\t25-0\t49-9 ! 99-8\t\t187-5 99-8\t\t49-9\t25-0\t12-5\t\n30. Nov. 83.\t1-5\t2-1\t3-7\t\t\t\t4-6\t1-9\t1-4\t1 y\n3. Dec. 83.\t1-2\t1-6\t3-4\t7-2\t\t7-3\t3-9\t1*5\t\ti V\n6. Dec. 83.\t1-1\t1-3\t\u20221*4\t1*7\t2-1\t1-9\t1-6\t1-3\t1-1\t1 Y\n13. Dec. 83.\t1*3\t1-7\t3-2\t8-7\t\t\t3-6\t2-0\t1-4\tZimmer temperat.\nDers. Versuch.\t1-1\t1-2\t1-3\t2-6\t\t\t1-4\t1-2\t\tNerv abgek\u00fchlt.\n14. Doc. 83.\t1-9\t2-8\t5-3\t\t\t\t\t2-8\t1-8\ty Lange Nervenstr.\nDers. Versuch.\t1-8\t3-4\t\t\t\t\t\t\t1-8\ty Anode am Kopf.\nDers. Versuch.\t1-8\t2-5\t5-0\t\t\t\t\t\t\ty Kurze Nervenst.\n17. Dcc. 83.\t1-3\t1-5\t1-9\t2-0\t2-4\t1*7\t1-7\t1-3\t1-2\ti Y\nDers. Versuch.\t\t1-3\t1-6\t1-6\t2-5\t\t\t\t\tI Y\n18. Dec. 83.\t1*3\t1-5\t3-0\t5-8\t\t\t2-6\t1-6\t1-4\tI\nDers. Versuch.\t1*5-\t1-7\t3-0\t4-2\t\t\t2-5\t1-7\t1-5\tt\n17. Jan. 84.\t1*5\t2-0\t2*5\t3-2\t\t\t2-5\t1-9\t1*5\t\nDers. Versuch.\t1-5\t2-0\t2-7\t4-0\t\t\t2-7\t1-8\t1-4\t\u00c0 1\n21. Jan. 84.\t1-6\t2-3\t3-8\t7-5\t\t\t3-6\t2*5\t1-7\tA 1\nDers. Versuch.\t1-8\t2-3\t4*5\t\t\t\t4-0\t2-5\t1-8\t1 Y\n16. Juni 84.\t1-3\t1-5\t1-6\t1*8\t3-5\t\t1-5\t1-4\t1-3\t1 Y\nDers. Versuch.\t1-6\t\t\t\t\t\t\t\t\tA 1\n17. Juni 84.\t1-5\t1-6\t1-5\t1-5\t2-1\t1-4\t1-3\t1-2\t1-1\t\n18. Juni 84.\t1-4\t1-4\t1 *5\t1*7\t2-9\t1-8\t1-3\t1-3\t1-3\t1 Y\n23. Juni 84.\t1-8\t2-1\t3-0\t5-8\t\t\t3-3\t2-4\t1-9\t\n\t1*7\t1*9\t2-6\t5-6\t\t\t3-0\t2-1\t1-9\tF\u00fcr mittelst. Zuck.\n24. Juni 84.\t\t2-7\t\tnicht tu best.\t\t\t\t\t\t\n\t\t\t\t>5\t\t\t\t\t\t\nIn vielen F\u00e4llen sind die Divisoren f\u00fcr l\u00e4ngere Anstiegsdauern nicht festzustellen, weil wir schon fr\u00fcher die Grenze der Giltigkeit des Fuuda-mentalgesetzes erreichen, n\u00e4mlich die Stromst\u00e4rken, welche tetanische","page":349},{"file":"p0350.txt","language":"de","ocr_de":"350\nv. Kbies:\nErregungen geben. In diesen F\u00e4llen ist man auf die k\u00fcrzeren Anstiegszeiten beschr\u00e4nkt. Alle mitgetheilten Zahlen liegen innerhalb dieser Grenze und es gilt also auch f\u00fcr alle angegebenen Stromst\u00e4rken noch, dass sie bei nocl^ l\u00e4ngerer Anstiegszeit wirkungslos waren, dass man durch eine langsamere Bewegung der Spitze den ganzen Strom \u201eeinschleichen\u201c konnte, ohne eine Bewegung des Muskels zu erzielen. Die Zahlen geben also sowohl die Intensit\u00e4t welche bei einer gegebenen Anstiegsdauer, als auch die Anstiegsdauer, welche bei einer gegebenen Intensit\u00e4t eingehalten werden muss, wenn eine Beizung erfolgen soll. Was nun zun\u00e4chst die Gr\u00f6ssenordnung der erhaltenen Zahlen anlangt, so sieht man, dass bei Anstiegsdauern von 0-01 bis 0-1 Sec. die Intensit\u00e4t von der Gr\u00f6ssenordnung der bei Momentanschliessung erforderlichen ist. Bei der Anstiegsdauer 0-0125 Sec. erhalten wir Divisoren, welche von 1-1 bis 1-9 schwanken, in der Regel 1-3 bis 1-5 betragen. Erw\u00e4gt man, dass die Anstiegsdauer bei der normalen Schliessung jedenfalls enorm kurz ist, so sieht man, dass innerhalb dieser Grenzen die Steilheit noch nicht sehr erheblich in\u2019s Gewicht f\u00e4llt; diese ist vielmehr bei dem Momentanschluss unvergleichlich gr\u00f6sser, als bei den Zeitschliessungen, wenn der Erfolg derselbe ist. Man kann also sagen: ob der Strom in 1/1000 Sec. oder in Vioooooo Sec. seinen Werth erreicht, macht f\u00fcr die Beizwirkung noch fast keinen Unterschied, wohl dagegen ob in Viooo oder in Veo Sec. In dieser Feststellung liegt, wie man sieht, eine Ermittelung \u00fcber das, was man die Beweglichkeit der Nerven-molec\u00fcle nennen k\u00f6nnte, eine Ermittelung die von Bedeutung werden kann, sobald es gelingt, sie mit physikalischen Eigenschaften des Nerven in Beziehung zu bringen.\nIn den Figg. 2 und 3 der Tafel 5 sind einige der Versuche graphisch dargestellt, in der Weise, dass die Anstiegsdauern als Abscissen, die Divisoren (oder die gleich wirksamen Stromintensit\u00e4ten) als Ordinaten aufgetragen sind. Eine besondere Aufmerksamkeit verdient das Schlussst\u00fcck der Curve. Von vornherein l\u00e4sst sich n\u00e4mlich vermuthen, dass das Ansteigen des Stromes mit gleichm\u00e4ssiger Steilheit nur eine gewisse Zeit hindurch erregend wirkt. Wenigstens geht das schon daraus hervor, dass man als Ausdruck der Erregung doch immer nur Zuckungen erh\u00e4lt, welche sich von den durch Momentanreizen zu erhaltenden nicht wesentlich unterscheiden, wie dies f\u00fcr sein Bheonom auch schon Fleischl angegeben hat. Wenn nun dies der Fall ist, so muss von einer gewissen Anstiegsdauer an die erforderliche Intensit\u00e4t proportional der Anstiegsdauer wachsen. Findet man z. B. bei einer Anstiegsdauer 1/i0 Sec. die Intensit\u00e4t 3, bei einer Anstiegsdauer 1/20 Sec. die Intensit\u00e4t 6 erforderlich, um eine minimale Beizung hervorzubringen, so hat man in beiden F\u00e4llen die gleiche Steilheit des Ansteigens. Man kann daraus entnehmen, dass ein Anstieg von dieser","page":350},{"file":"p0351.txt","language":"de","ocr_de":"Abh\u00e4ngigkeit deb Ekbegung vom zeitlichen Verlauf derStb\u00f6me. 351\nSteilheit nach 1/i0 Sec. schon seine Erreguugswirkung vollbracht hat, dass die Fortsetzung eines gleich steilen Ansteigens w\u00e4hrend einer weiteren 1/10 Sec. keine \"Wirkung mehr aus\u00fcbt. Diese Grenze ist in der That in einer Anzahl von Versuchen erreicht. So finden wir, dass die Intensit\u00e4ten zuletzt den Anstiegsdauern proportional wachsen im Versuch vom 30. XI, 3. XII, 13. XII, 14. XII, 18. XII, schon von 0*025 Sec. an, im Versuch vom 21. Januar von 0*049 an, w\u00e4hrend in zahlreichen anderen Versuchen die betreffende Grenze nicht erreicht worden ist. Es geht hieraus hervor, dass die Reiz-wirkung, welche ein Stromanstieg von gewisser Steilheit besitzt, nur \u00fcber ziemlich kurze Zeiten andauert. Es wird auf diese Frage der Dauer der Erregung gleich nochmals zur\u00fcckzukommen sein.\nIn der graphischen Darstellung zeigt sich das sehr einfach, da man die Steilheit jeder gleich wirksamen Stromschwankung erh\u00e4lt, wenn man die einzelnen Punkte der Curve mit dem Anfangspunkte der Coordinaten verbindet. So sieht man in Fig. 4 der Tafel, wo diese Verbindungslinien gezogen sind, die Steilheit anfangs abnehmen, beim Uebergange von 0*0499 zu 0.0998 aber gleich bleiben.\n\"Was die sonstige Natur unserer Curven angeht, so scheint mir eine theoretische Deutung nicht nur, sondern auch der Versuch sie in einer Formel auszudr\u00fccken, verfr\u00fcht. Da die Curven f\u00fcr die verschiedenen Prae-parate sich zuweilen schneiden, so w\u00fcrde eine solche Formel 2 Parameter enthalten m\u00fcssen, welche je nach Beschaffenheit des Praeparates variiren k\u00f6nnten. Erst in ;der Ankn\u00fcpfung an irgend welche bestimmten theoretischen Vorstellungen kann ein solcher Versuch werthvoll werden.\nBemerkenswerth ist, dass fast alle Curven von 0 ab einen steilen Anstieg nehmen, dann ein St\u00fcck geringster Steilheit zeigen und dann wieder steiler in die H\u00f6he gehen; sie besitzen also einen Wendepunkt. Wenn einzelne (z. B. 30. Nov. 1883) ihn nicht zeigen, so liegt doch die Ver-muthung nahe, dass nur wegen der zeitlichen Zusammendr\u00e4ngung der ganzen Curve die untersuchten Punkte nicht zahlreich genug sind, ihn zu zeigeu, und dass er bei genauerer Untersuchung der k\u00fcrzesten Zeiten auch sich herausstellen w\u00fcrde.\nEine unerwartete Schwierigkeit stellt sich der n\u00e4chstliegenden Verwendung dieser Versuchsresultate entgegen, wenn wir die Frage aufwerfen, ob es auch wirklich dieselben Elemente des Nerven und des Muskels sind, welche bei Momentanschliessung und bei den verschiedenen Zeitschliessungen in Th\u00e4tigkeit gesetzt werden. Diese Frage ist besonders durch die Mittheilung Gr\u00fctzner\u2019s nahe gelegt, nach welcher in jedem Muskel zwei verschiedene Elemente sich vorfinden sollen, welche isolirt zu reizen \u201edurch gewisse Kunstgriffe der elektrischen Reizung\u201c gelinge. Wenn dies bei der von mir angewandten Reizungsart der Fall w\u00e4re, so w\u00fcrde jede Serie von","page":351},{"file":"p0352.txt","language":"de","ocr_de":"352\ny. Kbies:\nReizungsdivisoren in zwei St\u00fccke zerfallen, welche nicht zusammen geh\u00f6ren; es w\u00e4re denkbar, dass z. B. bei Momentanschluss andere Elemente gereizt w\u00fcrden als hei Zeitschliessungen. Zu einer absolut sicheren Entscheidung w\u00fcrde hier zu gelangen sein, wenn man in der Weise wie Sachs that, die Reizerfolge unter dem Mikroskop beobachtete. Es erscheint indessen kaum m\u00f6glich, bei diesem Verfahren in \u00e4hnlich systematischer Weise l\u00e4ngere Beobachtungsreihen mit Reizvariirungen anzustellen, wie es f\u00fcr unseren Zweck noth-wendig ist.\nEine Entscheidung scheint aber auch einfach danach m\u00f6glich zu sein, ob die Minimalzuckungen bei der einen und anderen Art der Reizung verschiedenen zeitlichen Verlauf nehmen. AVie weiter unten mitgetheilt wird, finden sich solche Differenzen zuweilen in geringem Betrage, sehr h\u00e4ufig auch gar keine, bei st\u00e4rkeren Zuckungen; diese d\u00fcrfen aber aus den dort er\u00f6rterten Gr\u00fcnden nicht ohne A\\Teiteres als Zuckungen verschiedener Muskelelemente gedeutet werden. Bei Minimalzuckungen habe ich einen Unterschied des zeitlichen Verlaufes nicht bemerkt; durch die Gr\u00fctz-n er\u2019sehe Arbeit wurde ich veranlasst ihn auch mittels Aufzeichnung der Minimalzuckungen genauer zu vergleichen. Ich gebe nebenstehend untereinander gezeichnet die Minimalzuckungen desselben Muskels, gleich nacheinander aufgezeichnet, bei Momentan- und Zeitschliessung (Fig. 4 m und z). Sie stimmen, wie man sieht, v\u00f6llig \u00fcberein. Ich sehe daher vorl\u00e4ufig keinen Grund zu der Annahme, dass bei Momentan- und Zeitschliessung von Kettenstr\u00f6men nicht dieselben Elemente gereizt w\u00fcrden.\nMan kann nun ferner die Divisoren bestimmen, welche f\u00fcr mittelgrosse und f\u00fcr ann\u00e4hernd maximale Zuckungen die gleiche Bedeutung haben, wie die soeben mitgetheilten f\u00fcr die Schwellenwerthe. Allgemein zeigt sich hierbei, dass mit zunehmender Intensit\u00e4t der Reizung das Verh\u00e4ltniss aequi-valent er Intensit\u00e4ten bei Momentan und Zeitschliessung zu nimmt. Ist also z. B. bei einer bestimmten Anstiegsdauer die Momentanschliessung des Stromes 1 aequivalent der Zeitschliessung 2, indem beide Minimalzuckungen ergeben, so wird regelm\u00e4ssig die Momentanschliessung des Stromes 1-2 eine st\u00e4rkere Zuckung ergeben als die Zeitschliessung von 2-4. Es wachsen also die Erfolge der Momentanreize und der Zeitreize nicht nach demselben Gesetze. In einer f\u00fcr verschiedene Anstiegszeiten ganz durchgef\u00fchrten Reihe erhielt ich so:\nPig. 4.\nZeitlicher Verlauf minimaler Zuckungen bei Momentan- und bei Zeitreizungen.","page":352},{"file":"p0353.txt","language":"de","ocr_de":"Abh\u00e4ngigkeit dek Erregung vom zeitlichen Verlauf der Str\u00f6me. 353\nAnstiegsdauer in >/t\u00aboo 8ee.\t12-5\t25-0\t49-9\t99-8\t49-9\t25*0\t12-5\nReizungs- | f\u00fcr mittelstarke Z.\t1*8\t2*1\t3-0\t5-8\t3*3\t2-4\t1 \u2022 9\ndivisoreu l f SehweUenwerthe\t1-7\t1-9\t2-6\t5-6\t3-0\t2-1\t1-9\nWie man sieht, liegt der Divisor f\u00fcr die mittelstarken Zuckungen stets \u00fcber dem f\u00fcr die Minimalzuckungen; doch ist die Abh\u00e4ngigkeit desselben von den Anstiegszeiten eine in beiden F\u00e4llen ganz \u00e4hnliche. Dasselbe zeigt sich in weiteren Grenzen, wenn wir f\u00fcr eine bestimmte Anstiegsdauer die Divisoren f\u00fcr mehrere verschiedene Zuckungsgr\u00f6ssen bestimmen. Einen solchen Versuch gebe ich nachstehend. Es fand sich der Divisor f\u00fcr eine ^Anstiegsdauer 0-025 Sec.:\n1)\tbei minimalen Zuckungen (Schwelle) = 2-2\n2)\tbei\tZuckungsgr\u00f6sse\t5mm\t=2-4\n3)\t\u201e\t\u201e\tllmm\t= 3-0\n4)\t\u201e\t\u201e\t18mm\t=3-3\n(ann\u00e4hernd maximale Zuckungen)\n5)\tbei minimaler Zuckung wieder = 2-3\nEtwas anders gruppirt erh\u00e4lt man dieselbe Erscheinung wenn man einmal f\u00fcr Momentanreize, sodann f\u00fcr Zeitreize die Abh\u00e4ngigkeit der Zuckungsgr\u00f6sse von der Reizst\u00e4rke ermittelt. Es zeigt sich dann das Resultat in der bemerkenswerthen Form, dass das Verh\u00e4ltniss der Stromst\u00e4rkeu welche einen minimalen und einen maximalen Reiz darstellen, f\u00fcr die Momentanreize ein kleineres ist, als f\u00fcr die Zeitreize. Als Beispiel eines solchen Versuches f\u00fchre ich die folgenden Zahlen an.\n1) Momentanschliessungen.\nStromst\u00e4rke\t10 11\t12\t13\t14\t13\t12 11\t10\nZuckuugsli\u00f6ke\t0-5 6-2\t9*2\t11-3\t12-0\t11-5\t9-6 4-5\t0-5.\n2) Zeitreize;\t\tAustiegsdauer 0.05 Sec.\t\t\t\t\t\nStromst\u00e4rke 17\t18\t20 22 24\t26\t28\t32\t28\t26\t24 22\t\t20 18 17\nZuckungsk\u00f6lie 3-0 3*0\t5-5 6-0 9-0\t10-0\t10-2\t11*1\t10-7 10\t\u20221 8-8 7-0\t' 5*5 2*6 2-6.\n\t3) Momenta!\t\taschliessuugen.\t\t\t\t\nStromst\u00e4rke\t10 11\t12\t13\t14\t13\t12 11\t10\nZuekungsli\u00f6he\t0-2 2-5\t8-5\t11*0\t12-1\t11*1\t7-6 0-8\t0\nMan kann auch hier durch Interpolation einige Divisoren berechnen und erkennt, dass sie von etwas weniger als 1*7 bis auf etwas mehr als 2-5 steigen. Eine Variirung der Reize im Verh\u00e4ltniss von 1 zu 1-4 umfasst bei Momentanreizen den ganzen Spielraum von minimal\nArchiv f. A. u. Ph. 1981. I'hjrlol. Abthl*.\t28","page":353},{"file":"p0354.txt","language":"de","ocr_de":"354\nv. Kbies:\nzu maximal; eine Variirung der Zeitreize im Verh\u00e4ltnis 1 zu 1-9 erreicht weder die obere, noch die untere Grenze.\nDies Resultat scheint mir insofern wichtig, als es zu dem Schl\u00fcsse f\u00fchrt, dass, wo es sich um feine Abstufung der Contractionsgr\u00f6sse handelt, die Zeitreize einen gewissen Vorzug vor den Momentanreizen besitzen w\u00fcrden. Vielleicht ist dieser Vorzug jbei noch gr\u00f6sserer zeitlicher Ausdehnung ein noch bedeutenderer, und vielleicht stehen die Inductionsschl\u00e4ge hierin noch ung\u00fcnstiger, als die Schliessungen der Kettenstr\u00f6me.\nYariirungen im Praeparat.\nDa man den f\u00fcr eine bestimmte Anstiegsdauer geltenden Divisor als einen Zahlenwerth betrachten darf, welcher den Zustand des Praeparates in einer wichtigen Beziehung wenigstens einigermaassen charakterisirt, so lag es nahe, die Aenderungen derselben unter verschiedenen Umst\u00e4nden in\u2019s Auge zu fassen.\nVor Allem war hier die Variirung der Temperatur geboten. In der oben citirten Arbeit zeigte ich, dass bei Stromoscillationen ein Unterschied sich in der Weise bemerklich macht, dass sich derselbe Nerv erw\u00e4rmt f\u00fcr Oscillationen hoher Frequenz, abgek\u00fchlt dagegen f\u00fcr Oscillationen geringer Frequenz relativ empfindlicher erweist; dagegen wurden diese Verh\u00e4ltnisse durch eine Ver\u00e4nderung der Temperatur des Muskels nicht beeinflusst. Um die Temperatur des Nerven an der gereizten Stelle zu variiren, ohne eine andere Vorbereitung des Praeparates einzuf\u00fchren, verfuhr ich folgender-maassen. Es wurde aus einem platten Glasrohr ein f\u00f6rmiges St\u00fcckchen gebogen, von solcher Gr\u00f6sse, dass es sich der Rundung des Oberschenkels anschliesst. Dasselbe stellt also ein hohles Band von etwa 6mm Breite dar; dieses wird statt eines Gummibl\u00e4ttchens unter den Ischiadicus geschoben und passend befestigt, so dass der Nerv nicht gezerrt wird. Die Elektroden werden von oben auf den Nerven aufgesetzt und zwar auf die dem Glase aufliegende Partie desselben. Durch das Glasrohr kann alsdann ein Wasserstrom von beliebiger Temperatur geleitet und dadurch die Temperatur des Nerven in weiten, wenn auch nicht ganz pr\u00e4cise bestimmbaren Grenzen variirt werden. Die Ver\u00e4nderung der Reactions weise durch die Temperatur ist nun eine h\u00f6chst frappante Erscheinung. Die Divisoren \u00e4ndern sich im Sinne der Temperatur, sind bei hoher Temperatur gr\u00f6sser und bei niedriger kleiner. Dies heisst mit anderen Worten, dass der kalte Nerv gegen die lange, der warme gegen die kurze Anstiegsdauer besser reagirt, oder wie man es wohl auch ausdr\u00fccken darf, dass f\u00fcr den warmen","page":354},{"file":"p0355.txt","language":"de","ocr_de":"Abh\u00e4ngigkeit der Erregung vom zeitlichen Verlauf der Str\u00f6me. 355\nNerven eine kleinere Zeit, f\u00fcr den kalten eine gr\u00f6ssere, bezw. analoge Bedeutung habe.\nDa die Erscheinung, wie gesagt, sehr ausgesprochen ist und ich vorl\u00e4ufig nur eine qualitative Feststellung derselben zu geben im Stande bin, so gen\u00fcgt die Mittheilung weniger Zahlen.\nVersuch vom 13. December 1883.\nAnstiegsdauer (in V.ooo See.)\t12-5\t25-0\t49-9\t99-8\t49*9\t25-0\t12-5\nReizungs- f bei Zimmertemp.\t1-3\t1.7\t3-2\t8-7\t3*6\t2-0\t1*4\ndivisoren \\ bei nahe 0<>.\t1-1\t1-2\t1-3\t2-6\t1-4\t1-2\nIn einem anderen Versuch (am 24. Juni 1884) fand ich den Divisor f\u00fcr die Schwellenwerthe bei Anstiegsdauer 0-025 Sec. zuerst bei Zimmertemperatur = 2-7; sodann nach Abk\u00fchlung = 2-0; nun wurde auf etwa 30\u00b0 C. erw\u00e4rmt, dabei blieb der Schwellenwerth f\u00fcr Momentanschliessung unver\u00e4ndert, die Zeitschliessungen wurden dagegen selbst bei Einschaltung der ganzen Rheochordl\u00e4nge unwirksam und es l\u00e4sst sich daraus entnehmen, dass der Quotient gr\u00f6sser als 9 war. Hierauf wurde abgek\u00fchlt auf nahe 0\u00b0 und der Quotient =1-4 gefunden. Wie man sieht, \u00e4ndern sich die Zahlen durch die Variirung der Temperatur \u00e4usserst betr\u00e4chtlich. Man k\u00f6nnte hierdurch auf die Vermuthung kommen, dass die Differenzen der verschiedenen untersuchten Praeparate durch die kleinen Ver\u00e4nderungen in der Temperatur des Beobachtungsraumes ihre Erkl\u00e4rung f\u00e4nden. Das ist aber keineswegs der Fall. So sieht man z. B. schon, dass die soeben mitgetheilten Divisoren des auf nahe 0\u00b0 abgek\u00fchlten Nerven vom 13. December doch noch diejenigen im Versuch vom 6. December bei Zimmertemperatur \u00fcbertreffen. Und der Quotient des abgek\u00fchlten Nerven vom 24. Juni ist sogar ein h\u00f6herer, als die meisten anderen Versuche bei Zimmertemperatur ihn zeigen.\nDie Variirung der Muskeltemperatur bewirkte ich nach derselben Methode, welche ich fr\u00fcher beschrieb.1 Sie zeigt sich auch hier auf die Verh\u00e4ltnisse der relativen Erregbarkeit ohne Einfluss. So fand sich z. B. der Divisor f\u00fcr Anstiegsdauer 0.025 Sec. bei Zimmertemperatur =3-2, bei Erw\u00e4r-\n1 A. a. 0. S. 29. Um den Muskel unabh\u00e4ngig vom Nerven zu erw\u00e4rmen oder abzuk\u00fchlen wurde er in einen kleinen Glastrichter mit doppelter Wand eingesenkt, dessen Innenraum nur eben so gross war, um dem Muskel bequemen Spielraum f\u00fcr seine Bewegungen zu gestatten. Ueber dem Trichter wurde der Oberschenkel festgeklemmt, von der Achilles-Sehne dagegen ging ein Faden nach unten zu aus dem Trichterrohr hinaus und zum Myographionhebel. Ein sehr d\u00fcnnwandiger Kautschukschlauch ist auf das Trichterrohr geschoben, umgiebt nach unten zu jenen Faden und wird auf ihn fest aufgebunden. Der Muskel befindet sich somit in einem Raum, der\n23*","page":355},{"file":"p0356.txt","language":"de","ocr_de":"'356\nv. Kries:\nmung auf etwa 35\u00b0 = 3-4, Abk\u00fchlung auf nahe 0\u00b0 = 3-9, Erw\u00e4rmung = 4-2. Man sieht, dass ein Einfluss der Temperatur nicht besteht, dass nur im Verlaufe des Versuches die Zahlen allm\u00e4hlich wachsen, ein Verhalten, auf das ich sogleich noch zu sprechen komme.\nIn anderen, \u00e4hnlichen Versuchen ergab sich der Beizungsdivisor:\nund:\n1) Bei Zimmertemperatur =3*3\n2)\tAbgek\u00fchlt\t(nahe\t0\u00b0)\t.\t=3-1\n3)\tErw\u00e4rmt..........=3*5\n4)\tAbgek\u00fchlt\t.\t.\t.\t. = 3-5\n5)\tErw\u00e4rmt..........=3-8\n1)\tBei Zimmertemperatur\t=2-5\n2)\tAbgek\u00fchlt\t.\t.\t.\t.=3*5\n3)\tErw\u00e4rmt..........=2*8\n4)\tAbgek\u00fchlt\t.\t.\t.\t. = 3*0\n5)\tErw\u00e4rmt.........=2-9.\nIn dem letzteren Falle war etwas anders als gew\u00f6hnlich verfahren, n\u00e4mlich der Nerv ganz frei praeparirt und oben abgeschnitten und der Gastrocnemius mittels des Oberschenkelknochens befestigt. Man kann bei einem solchen Praeparat den Muskel vollst\u00e4ndiger abk\u00fchlen und erw\u00e4rmen, weil man besseren Spielraum hat, ihn ganz in den Trichter zu versenken. Die Beizerfolge sind aber nicht so constant und daher stimmen auch die Divisoren nicht so gut \u00fcberein, wie sonst, wegen der ung\u00fcnstigeren Behandlung des Nerven.\nIn Bezug auf sonstige Variirungen kann ich vorl\u00e4ufig nur ganz sp\u00e4rliche Mitteilungen machen. Die Divisoren erweisen sich im Allgemeinen bei einem bestimmten Praeparat sehr constant. Weder von einer Verl\u00e4ngerung oder Verk\u00fcrzung der vom Strom durchflossenen Nervenstrecke erhielt ich eine merkliche Ver\u00e4nderung, noch auch dann, wenn nur die Kathode auf den Nerven, die Anode dagegen (als \u201eindifferenter Pol\u201c) am Kopf angebracht wurde. Meine Erfahrungen sind nach dieser Bichtung hin nicht zahlreich; jedenfalls aber d\u00fcrfte keine erhebliche Abh\u00e4ngigkeit bestehen.\nnach unten zu zwar fl\u00fcssigkeitsdicht abgeschlossen ist, aber doch die Uebertragung der Bewegungen des Muskels ohne Widerstand gestattet. Der zwischen den doppelten W\u00e4nden des Trichters befindliche Baum besitzt zwei Ansatzr\u00f6hren und kann daher wieder mit Wasser von beliebiger Temperatur durchsp\u00fclt werden; der innere Baum, in dem der Muskel steckt, wird mit \u2018/2 procentiger Kochsalzl\u00f6sung gef\u00fcllt, in welche eventuell auch direct Bisst\u00fcckchen hineingebracht werden k\u00f6nnen. Die Temperatur des Muskels kann auf diese Weise in weiten Grenzen regulirt werden.","page":356},{"file":"p0357.txt","language":"de","ocr_de":"Abh\u00e4ngigkeit der Erregung vom zeitlichen Verlauf der Strome. 357\nWas die Erm\u00fcdung des Praeparates anlangt, so scheint auch diese innerhalb massiger Grenzen ohne Einfluss zu sein, wie sich erwarten l\u00e4sst, wenn die bei gew\u00f6hnlichem Verfahren sich darstellenden Erm\u00fcdungserscheinungen in der That ausschliesslich auf den Muskel und gar nicht auf den Nerven zu beziehen sind. Im Allgemeinen ver\u00e4ndern sich die Divisoren im Laufe eines l\u00e4nger dauernden Versuchs gar nicht oder sehr wenig und im letzteren Falle bald zu- bald abnehmend. Solche Ver\u00e4nderungen, wie sie die obigen Tabellen mehrfach zeigen, d\u00fcrfen wohl auf allm\u00e4hliche Ver\u00e4nderungen der Temperatur bezogen werden. So war z. B. der Versuch von 24. Juni, dessen erheblich ansteigende Divisoren (von 3-2 bis 4.2) auf voriger Seite mitgetheilt wurden, nach Mittag an einem der Sonne ausgesetzten Fenster, nur durch einen Vorhang gesch\u00fctzt, also h\u00f6chst wahrscheinlich bei steigender Temperatur des Nerven ausgef\u00fchrt worden.\nBelangreicher ist die Stromrichtung. Ich habe fast immer mit absteigendem Strom gearbeitet, dessen Wirkungsweise ja theoretisch einfacher ist. Gelegentliche Versuche mit aufsteigendem Strom zeigten meist, dass dieser letztere weniger wirksam war und gleichzeitig gr\u00f6ssere Divisoren ergab, d. h. also das Uebergewicht der g\u00fcnstigeren Stromrichtung tritt bei Zeitschliessungen in noch st\u00e4rkerem Grade hervor als bei Momentanschliessungen. Mehrfach aber wurden ganz nahe \u00fcbereinstimmende Divisoren f\u00fcr beide Stromrichtungen gefunden auch wenn der Nerv f\u00fcr die eine erheblich empfindlicher war als f\u00fcr die andere.\nVon gr\u00f6sstem Interesse w\u00fcrde offenbar die Ausdehnung der Versuche auf andere Praeparate, als die motorischen Froschnerven sein, so z. B. auf die motorischen Nerven des Warmbl\u00fcters, auf den (curarisirten oder nicht curarisirten) Muskel u. s. w. Es scheint die Hoffnung nicht zu k\u00fchn, dass in der Ermittelung unserer Reizungsdivisoren eine sch\u00e4rfere Charakteri-sirung verschiedener irritabler Substanzen gefunden werden kann, als sie bisher m\u00f6glich war. Auch nach dieser Richtung kann ich vorl\u00e4ufig nur wenige Orientirungsbeobachtungen mittheilen, welche mitzutheilen nur deshalb gestattet sein m\u00f6ge, weil vielleicht Andere dadurch zur Aufnahme derselben veranlasst werden. Ein Reizungsversuch, der an einem gesunden Menschen ausgef\u00fchrt wurde, ergab, bei Application der Kathode am N. ulnaris, der Anode im Nacken, f\u00fcr die Kathodenschliessung einen Zeit-divisor ganz \u00e4hnlicher Gr\u00f6sse wie sie sich an Froschnerven finden, n\u00e4mlich 2-4 f\u00fcr Anstiegsdauer 0-075 Sec.; bei directer Application auf die Musculatur des Unterarmes fand sich f\u00fcr die gleiche Anstiegsdauer der Werth 1-9.\nBei einem Muskel dagegen, welcher ausgebildete Entartungsreaction darbot, fand sich (bei directer Muskelreizung) gar kein Unterschied zwischen","page":357},{"file":"p0358.txt","language":"de","ocr_de":"358\nv. Keies:\nMomentan- und Zeitschliessung. Die Divisoren waren also = 1, seihst f\u00fcr Anstiegsdauern von 0-125 Secunden. Aehnlich scheint sich auch der curari-sirte Muskel des Frosches zu verhalten.\nDie Dauer der Erregungswirkungen.\nWie oben gezeigt wurde, wirkt die einsinnige lineare Stromschwankung immer nur ziemlich kurze Zeit auf den Nerven erregend ein. Die Frage der Erregungsdauer ist nun aber von einem hervorragenden theoretischen Interesse und diese ist es, welche ich zun\u00e4chst genauer studirt habe. Aus den oben mitgetheilten Resultaten ergiebt sich, wie man leicht sieht, nur eine obere Grenze f\u00fcr die Zeit, w\u00e4hrend welcher die Stromschwankung wirksam ist. Denn wir konnten nur aus dem proportionalen Wachsen der Intensit\u00e4t mit der Anstiegsdauer folgern, dass die l\u00e4nger dauernden Strom-\nFig. 5.\nH\u00f6he der Zuckungen bei Stromschwankungen gleicher Steilheit und ungleicher Dauer.\n; 1) 0-125 Sec. q. f 1) 0-100 Sec.\n* ( 2) 0-187 \u201e\t12) 0-150 \u201e\nSchwankungen in ihrem sp\u00e4teren Theile ganz unwirksam sind. Andererseits findet sich innerhalb engerer Grenzen, dass die l\u00e4nger dauernde Stromschwankung einen gr\u00f6sseren Effect gieht, als die k\u00fcrzere, wenn beide von gleicher Steilheit sind. Dies tritt hei mittelstarken Zuckungen h\u00fcbscher hervor, als wenn man die eine minimal und die andere Null macht. Fig. 5 zeigt z. B. Zuckungen, welche dasselbe Praeparat hei gleicher Steilheit der Stromschwankung lieferte, wenn dieselbe einmal 0-125 und 0-187 Sec. dauerte (1 und 2 der Figur hei F), das anderemal 0-100 und 0-150 (Fund 2 der Figur bei G). Oft fand sich aber ein solcher Unterschied seihst hei kleineren Anstiegszeiten als den angef\u00fchrten nicht mehr. Es w\u00e4re indessen voreilig, wenn man hieraus ohne Weiteres die Dauer, w\u00e4hrend welcher Erregung des Nerven stattfindet, ahnehmen wollte. Yielmehr ist denkbar, dass die Erregung erst beginnt, nachdem die Schwankung eine gewisse Zeit gedauert hat, und sehr kurze Zeit danach auch schon wieder zu Ende ist. Wenn man der Schwankung sehr geringe Steilheit giebt, so ist es sogar sehr wahrscheinlich, dass es sich so verh\u00e4lt; ein Theil des Stromanstieges ist dann so zu sagen als ein vorbereitender anzusehen; erst von einer ge-","page":358},{"file":"p0359.txt","language":"de","ocr_de":"Abh\u00e4ngigkeit dek Erregung vom zeitlichen Verlauf der Str\u00f6me. 359\nwissen Zeit au beginnt die Erregung, um eine zun\u00e4chst nicht bestimmbare, vielleicht \u00e4usserst kurze Zeit anzudauem. So sieht man, dass die bisherigen Zahlen f\u00fcr\u2019s erste nur obere Grenzen f\u00fcr die Dauer der Erregung abgeben k\u00f6nnen. Weiter gelaugt man indessen durch eine andere Vergleichung. Sucht man z. B. f\u00fcr eine Anstiegsdauer 0-1 Sec. eine Steilheit, welche ann\u00e4hernd maximale Zuckungen ergiebt, so kann man nun bei allm\u00e4hlicher Verk\u00fcrzung der Anstiegsdauer aber unverminderter Steilheit (somit Verminderung der \u00fcberhaupt erreichten Intensit\u00e4t) sehen, wie lange die Zuckungsgr\u00f6ssen abnehmen und bei welcher Dauer sie Null werden. Findet sich nun, dass die Schwankungen bestimmter allemal gleicher Steilheit zuerst bei der Dauer <x ganz kleine Zuckungen ergeben und dass diese bei zunehmender Schwankungsdauer wachsen bis zu einer Dauer \u00df, so l\u00e4sst sich jetzt mit mehr Recht behaupten, dass die Stromschwankung von der Dauer \u00df w\u00e4hrend einer Zeit \u00df \u2014 a wirksam ist, und man kann vermuthen, dass die Erregung des Nerven \u00fcber eine solche Zeit protrahirt stattfindet. In einem derartigen Versuche fand ich:\nDauer des Anstiegs in\n'/iooo Sec. bei stets gleicher 73 50\t25\t18*7 15-0 12-5 25\t50\t75\nSteilheit.\nZuckungshohe in Millim. 38.8 37.3 24.2 21-2 9-6 0 26-0 37-3 38-2\n(ca. 8 fach vergrossert).\nDie Dauer der Erregung w\u00e4re hier auf 0-06 Sec. zu veranschlagen. Es kann indessen hier eingewendet werden, dass bei den kurz dauernden Schwankungen auch die gleichm\u00e4ssige Dauer des Stromes noch f\u00fcr die Erregung in Betracht kommen kann, und somit der Beginn derselben vielleicht erst hinter das zeitliche Ende der Schwankung zu legen ist. Danach w\u00e4re die Gesammtdauer der Erregung doch k\u00fcrzer. Andererseits ist aber auch m\u00f6glich, dass sie l\u00e4nger w\u00e4re, als es hiernach den Anschein hat. Denn es k\u00f6nnte ja recht wohl die l\u00e4nger andauernde Erregung keine Erh\u00f6hung der Muskelzuckung, sondern nur eine Streckung ihres zeitlichen Verlaufes bewirken. Untersucht mau den zeitlichen Verlauf der Zuckungen bei Momentanreizen und Zeitreizen, so findet mau zun\u00e4chst auch hierdurch sofort best\u00e4tigt, dass die Erregungswirkung immer eine kurzdauernde ist. Die Zuckung zeigt in den meisten F\u00e4llen bei der Beobachtung mit freiem Auge keinen Unterschied, ob sie auf die eine oder die andere Weise ausgel\u00f6st sei. Es stimmt dies mit den Angaben von Fleischl1 \u00fcberein.\nDie genauere Untersuchung, welche die Aufzeichnung der Zuckung auf schnell rotirender Trommel gew\u00e4hrt, zeigt indessen in vielen F\u00e4llen zwar\n1 v. Fleischl, Untersuchungen \u00fcber die Gesetze der Nervenerregungen. 6. Abh. Wiener Sitzungsberichte. 1880. Bd. LXXXII. 8. Abth. S. 6 des Sep.-Abdr.","page":359},{"file":"p0360.txt","language":"de","ocr_de":"360\nv. Kries:\nimmer nur geringf\u00fcgige, doch aber deutliche Unterschiede. Erw\u00e4gt man, dass, wie wir oben sahen, manche Nerven, wenn ich mich so ausdr\u00fccken darf, nach einer k\u00fcrzeren, andere nach einer l\u00e4ngeren Zeiteinheit rechnen, so kann es nicht befremden, wenn in zahlreichen F\u00e4llen die Erregungsdauer zu kurz ist, um in der Muskelzuckung sich noch geltend zu machen. Als \u00e4usserstes Beispiel eines Unterschiedes im zeitlichen Verlauf gebe\nFig. 6.\nZeitlicher Verlauf der Zuckung bei Momentan- und Zeitreiz. (m und z) 1 mm = 0-012 Sec.\nich in Fig. 6 die \u00fcbereinander gepausten Zeichnungen je einer von demselben Muskel bei Momentanreiz und bei Zeitreiz ausgef\u00fchrten Zuckung. Da 1mm der Trommelperipherie 1/SB Sec. entspricht, so ist der Zuckungsgipfel gegen den Zuckungsanfang um etwa 1/26 Sec. verschoben. Oft ist auch nicht die geringste Spur einer solchen Differenz wahrzunehmen. Einen solchen Fall zeigt Fig. 7, wo die beiden Zuckungen nebeneinander gepaust sind, weil sie sonst vollst\u00e4ndig zusammenfallen w\u00fcrden.\nAuch diese Erscheinung deutet sich am ungezwungensten, wenn wir uns vorstellen, dass die Erregung des Nerven durch die einsinnige Stromschwankung eine gewisse Zeit hindurch andauere, welche unter Umst\u00e4nden gegen das zeitliche Maass der Muskelzuckung nicht mehr verschwindend klein ist. \u2014 Man wird auch hier kaum daran denken k\u00f6nnen, dieser Deutung die andere entgegenzustellen, dass es sich um eine Th\u00e4tigkeit verschiedener Muskelelemente bei den Momentan- und Zeitreizen handle. Wenn schon die Gleichheit des Verlaufs bei minimalen Beizen dagegen spricht, so wird auch der sehr kleine Unterschied des Zuckungsverlaufs, wie wir ihn hier finden, eher dagegen als daf\u00fcr ' sprechen, um so mehr da er oft ganz fehlt.\nFig. 7.\nZeitlicher Verlauf der Zuckung bei Momentan-und bei Zeitreiz. (Versuch vom 15. Jan. 84).","page":360},{"file":"p0361.txt","language":"de","ocr_de":"Abh\u00e4ngigkeit deb Erregung vom zeitlichen Verlauf der Str\u00f6me. 361\nGanz unm\u00f6glich erwiese sich aber diese Vorstellung der Thatsache gegen\u00fcber, dass in erheblicher Breite mit zunehmender Dauer einer Schwankung von bestimmter Steilheit die Zuckungsgr\u00f6ssen zunehmen. Denn man kann nat\u00fcrlich nicht die Gr\u00f6ssenzunahme der Zuckung ausschliesslich dahin deuten, dass successive immer mehr und mehr Elemente in Th\u00e4tigkeit gerathen.\nWeit correcter als die bisher besprochenen Methoden, welche \u00fcber die Dauer der Erregung nur indirect Aufschluss geben, erschien nat\u00fcrlich die Untersuchung der elektromotorischen Erscheinungen, welche ja schon z. B. bei der gew\u00f6hnlichen Tetanisirung des Muskels durch Inductionsstr\u00f6me den zeitlichen Verlauf der Erscheinungen so viel genauer zu verfolgen gestatten als die mechanische Erscheinungsweise. Ich habe mich zun\u00e4chst der Untersuchung der negativen Schwankung des Muskelstroms zugewandt, und zwar aus mehreren Gr\u00fcnden; erstlich weil sie leichter ausf\u00fchrbar ist, besonders f\u00fcr einmalige Reize, als die analoge f\u00fcr den Nerven, welche noch durch die Einmischung der elektrotonischen Erscheinungen complicirt wird; zweitens, weil wir hierdurch zugleich \u00fcber die Art und Weise Aufschluss erhalten, wie die Erregung auf den Muskel \u00fcbertragen wird, ein Punkt, der ja von ebenso grossem Interesse ist als die Erscheinung am Nerven selbst\nZur Untersuchung der Stromschwankung benutzte ich zwei Rheoskope, n\u00e4mlich das physiologische (den strompr\u00fcfenden Schenkel), und das Capillarelektrometer. Bez\u00fcglich der Einrichtung des letzteren muss ich erw\u00e4hnen, dass ich die Anwendung sehr feiner Capillaren erforderlich fand; n\u00fctzlich ist es, die Capillaren so kurz als m\u00f6glich zu machen und das Quecksilber beinahe in die Spitze zu dr\u00e4ngen, um den Widerstand m\u00f6glichst zu verringern. Eine Einrichtung, den Druck zu variiren, ist zu diesem Zwecke nothweudig. Will man den Apparat nicht zur Messung elektromotorischer Kr\u00e4fte, sondern nur zur Beobachtung kleiner Ausschl\u00e4ge benutzen, so ist er mit den in jedem Institut zur Verf\u00fcgung stehenden H\u00fclfsmitteln leicht in sehr befriedigender Weise zusammengestellt.1\nFleischl2 hat schon mitgetheilt, dass bei der Erregung durch sein\n1 Vortheilhaft fand ich es h\u00e4ufig, namentlich f\u00fcr die Beobachtung schneller Ausschl\u00e4ge, den Quecksilberfaden nicht in durchfallendem Licht zu beobachten, sondern dieses ganz schwach zu machen, so dass die Theilung des Ocular-Mikrometers noch gerade deutlich zu erkennen ist, und die Quecksilbers\u00e4ule von vorne her scharf zu beleuchten. Sie erscheint dann als ein scharf begrenzter, sehr gl\u00e4nzender Lichtfaden; die Zuckungen desselben lassen sich gut bestimmen, auch wenn sie schnell verlaufen, besonders wenn man mehrere gleiche nach einander ausfiihren l\u00e4sst. Da die beleuchtende Gaslampe bei dieser Methode dem Kopfe des Beobachters sehr nahe aufgcstellt sein muss, so ist es nothwendig, sich, etwa durch einen Thoncylinder, gegen die strahlende W\u00e4rme zu sch\u00fctzen und nur in der Richtung zum Capillar-Elektrometer den Strahlen durch einen Spalt den Ausweg frei zu lassen.\n* Fleischl, a. a. O. S. 22 des Sep.-Abdr.","page":361},{"file":"p0362.txt","language":"de","ocr_de":"362\nv. Keies:\nRheonom keine secund\u00e4ren Zuckungen oder Tetanisirungen erhalten zu seien ; erst hei sehr stark \u00fcbermaximalen Reizungen treten dieselben auf. Ich kann nach meinen Erfahrungen diese wichtige Differenz der Momentan-und der Zeitreizungen hinsichtlich der secund\u00e4ren Wirkungen durchaus best\u00e4tigen, muss dieselbe aber doch ein wenig anders formuliren. Die secund\u00e4re Unwirksamkeit der Zeitreize war, wenigstens bei den von mir angewandten Steilheiten, keine absolute, sondern nur eine relative im Vergleich zu den Momentanreizen. Nehmen wir als Maass f\u00fcr die St\u00e4rke eines Momentan- und eines Zeitreizes die Gr\u00f6sse der Zuckung, welche im prim\u00e4ren Praeparat ausgel\u00f6st wird, so zeigt sich, dass gleicher St\u00e4rke der beiden Reize sehr ungleiche secund\u00e4re Wirkung entspricht, andererseits dass gleiche secund\u00e4re Wirkung erst erzielt wird, wenn der Effect des Zeitreizes im prim\u00e4ren Praeparat ein st\u00e4rkerer ist. Ein solches Verhalten illustrirt der folgende Versuch; es betrug die Anstiegsdauer 0-037 Secunde; die Zuckungen des prim\u00e4ren Gastrocnemius wurden aufgeschrieben, die des secund\u00e4ren Praeparates nur mit freien Auge beobachtet; der Nerv desselben war dem prim\u00e4ren Muskel direct aufgelegt und nat\u00fcrlich Sorge getragen, dass von Versuch zu Versuch keine Verschiebung eintrat.\nDie Tabelle ist ohne Weiteres verst\u00e4ndlich.\nVersuch vom 21. Januar 1884.\nReizungsart.\tStromst\u00e4rke.\tZuckuDg des prim\u00e4ren Muskels.\tZuckung des secund\u00e4ren Muskels.\nMomentan\t7-0\t15 \u2022 2 mm\t0\n7?\t7-5\t17-1 \u201e\tdeutlich\nZeitreiz\t45-0\t20-0 \u201e\t0\n77\t55-0\t22-0 \u201e\t0\nMomentan\t7-5\t16-0 \u201e\t0\n\t8-0\t16-9 \u201e\tdeutlich\nZeitreiz\t55-0\t22-4 \u201e\t0\n77\t65-0\t23-8 \u201e\t0\nMomentan\t8-0\t16-4 \u201e\t0\n7?\t8-5\t17-0 \u201e\tdeutlich\nZeitreiz\t75-0\t24-4 \u201e\tminimal\nJede Horizontalreihe stellt das Resum\u00e9 von drei Reizungsversuchen dar; f\u00fcr die Zuckungsgr\u00f6sse des prim\u00e4ren Muskels ist hier der Durchschnitt der sehr wenig differirenden Einzelwertlie genommen. Die Angabe der ersten und dritten Columne treffen f\u00fcr jede einzelne Reizung zu.","page":362},{"file":"p0363.txt","language":"de","ocr_de":"Abh\u00e4ngigkeit der Erregung vom zeitlichen Verlauf der Str\u00f6me. 363\nMau sieht, dass bei den Momentaureizen die secuud\u00e4re Wirksamkeit bei einer Zuckungsh\u00f6he des prim\u00e4ren Muskels von ca. I7mm beginnt, bei den Zeitreizen dagegen erst bei \u00fcber 24mm spurwei.se auftritt.\nZum Zwecke genauerer Ermittelung wurde zun\u00e4chst zur Benutzung eines anderen Praeparates \u00fcbergegangen. Der Semimembranosus und Gracilis (oder auch nur einer der beiden Muskeln) wurde zur Beizung und Beobachtung der negativen Schwankung verwendet. Sie wurden an ihrem unteren Ende mit thermischem Querschnitt1 versehen und sodann dieser und der nat\u00fcrliche L\u00e4ngsschnitt des Muskels mit unpolarisirbaren Elektroden ausger\u00fcstet. Die Ableitung geschah so, dass die Bewegungen der Muskeln gar nicht durch dieselbe beeintr\u00e4chtigt wurden und auch aufgezeichnet werden konnten. F\u00fchrt man diesen ableitenden Bogen zu dem Ischiadicus eines anderen Froschschenkels, so hat man ein indirect angelegtes secund\u00e4res Praeparat. Die Erscheinungen an demselben sind ganz dieselben wie bei directer Anlegung des Nerven an den Muskel. Andererseits kann der Strom bequem compensirt und seine Ver\u00e4nderungen im Elektrometer beobachtet werden. Hier zeigt sich zun\u00e4chst, dass bei den Zeitreizen ebenso wie bei den Momentanreizen ein einfacher, schnell verlaufender Ausschlag des Elektrometers eintritt, welcher die negative Schwankung des L\u00e4ngsquerschnittsstromes anzeigt. Derselbe dauert jedenfalls nur einen Bruchtheil einer Secunde. Ein Intermittiren oder eine Discontinuit\u00e4t, etwa eine Zusammensetzung aus mehreren An-st\u00f6ssen ist nicht wahrzunehmen. Auch wenn mit H\u00fclfe des stroboskopischen Verfahrens der einfache Ausschlag in eine Bogenlinie auseinander gezogen wurde, war nichts derartiges zu entdecken.\nEin wichtiger Aufschluss \u00fcber die zeitlichen Verh\u00e4ltnisse der negativen Schwankimg l\u00e4sst sich nun zun\u00e4chst gewinnen, wenn man dieselbe Schwankung abwechselnd auf den Nerven eines secund\u00e4ren Praeparates und auf das Capillarelektrometer einwirken l\u00e4sst. Es ist leicht ersichtlich, dass man in der gleichzeitigen oder abwechselnden Anwendung zweier Kheoskope von verschiedener Beschaffenheit sich das denkbar feinste Reagens auf Differenzen im zeitlichen Verlauf kurz dauernder Str\u00f6me verschaffen kann. So zeigt sich ja der Unterschied in dem zeit\u00fcchen Verlauf der Oeffnungs-uud Schliessungs-Inductionsschl\u00e4ge leicht darin, dass beide auf den Nerven verschieden, auf die Bussole dagegen gleich stark wirken. Allgemein werden, wenn man Rlieoskope benutzt, von denen wenigstens das eine hinsichtlich seiner Beweglichkeit den Zeitwerten der zu beobachtenden Stromst\u00f6sse vergleichbar ist, zwei Stromst\u00f6sse verschiedenen zeitlichen Verlaufs, wenn sie auf das eine gleich stark wirken, auf das andere ungleich starke V'ir-\n1 E. du Bois-Reymon d, Gesammelte Abhandlungen. Bd. II. S. 408.","page":363},{"file":"p0364.txt","language":"de","ocr_de":"364\nv. Kbies:\nkung \u00fcben. Von diesem Princip ausgehend, wurde nun eine Einrichtung getroffen, um die negative Schwankung des L\u00e4ngsquerschnittstromes durch Umlegen einer Wippe nach Beheben auf ein secund\u00e4res Praeparat oder auf das Capillarelektrometer wirken zu lassen. Hierbei zeigte sich nun aufs Deutlichste, dass in den Ausschl\u00e4gen des Capillarelektrometers gerade die entgegengesetzte Differenz, wie in den Reactionen des secund\u00e4ren Prae-parates, zwischen den durch Momentanreiz einerseits und Zeitreiz andererseits hervorgerufenen negativen Schwankungen auftritt. Ich beobachtete also bei Zeitreizen st\u00e4rkere Ausschl\u00e4ge am Capillarelektrometer, aber geringere Wirkung auf das secund\u00e4re Praeparat, als bei Momentanreizen. In beweisender Form zugespitzt gestaltet sich der Versuch so, dass man sich eine m\u00f6glichst kleine Stromst\u00e4rke sucht, welche bei Momentanschliessung eine deutliche secund\u00e4re Zuckung hervorruft und sodann eine andere, m\u00f6glichst grosse, welche bei Zeitschliessungen noch keine secund\u00e4re Zuckung ergiebt. Sofort wird die Wippe umgelegt und die, dem einen und dem anderen Reize entsprechenden Ausschl\u00e4ge am Capillarelektrometer beobachtet; hierauf zur Contr\u00f4le wieder das secund\u00e4re Praeparat beobachtet.\nIn einem Versuche fand ich so bei Momentanreiz drei Theilstriche Ausschlag des Elektrometers und deutliche secund\u00e4re Zuckung; bei Zeitreiz (Anstiegsdauer 0 \u2022 06 Sec.) sieben bis acht Theilstriche Ausschlag und keine secund\u00e4re Zuckung. \u2014 Ein anderer Versuch verlief folgendermaassen:\n\tAusschlag am\tSecund\u00e4res\tIntensit\u00e4t\nAnstiegsdauer\tElektrometer\tPraeparat\tdes Reizungsstromes\nMoment.\t1\tZuckung\t16\n0-037\t3\u20144\t0\t55\nMoment.\t1\tZuckung\t11*5\n\u00bb\t1-5\t\t14-0\n0-037 Sec.\t2-5\u20143\t0\t60\nMoment.\t1.0\tZuckung\t13\n0-062\t1-5\u20142-5\t0\t85\nEs geht hieraus mit voller Sicherheit hervor, dass die negative Schwankung in dem einen und anderen Falle (bei Momentan- und bei Zeitreizung) einen verschiedenen zeitlichen Verlauf nimmt. Ueber die Art dieses Unterschiedes l\u00e4sst sich von vornherein schon aussagen, dass die der Zeitreizung entsprechende, durch geringere Steilheit und gestreckteren zeitlichen Verlauf charakterisirt sein wird. Vermuthlich ist der Integralwerth bei dem Zeitreiz gr\u00f6sser, doch l\u00e4sst sich weder diese, noch auch die andere Frage, ob die \u00fcberhaupt erreichte gr\u00f6sste Intensit\u00e4t der Schwankung in beiden F\u00e4llen verschieden ist, mit Sicherheit beantworten. Da indessen diese Vergleichungen ohnehin je nach der relativen St\u00e4rke beider Reize verschieden","page":364},{"file":"p0365.txt","language":"de","ocr_de":"Abh\u00e4ngigkeit der Erregung vom zeitlichen Verlauf der Str\u00f6me. 365\nausfalleu m\u00fcssen, so erschien es zun\u00e4chst als die Hauptsache, dass das zeitliche Verhalten sicher ein verschiedenes ist. lieber dieses, bloss qualitative Resultat gelangt mau durch die vergleichende Anwendung zweier Rheoskope schwer hinaus; wenigstens w\u00fcrden dazu ziemlich verwickelte Betrachtungen und eine genauere Ivenntniss der Bewegungsgleichung f\u00fcr das gerade angewandten Elektrometerr\u00f6hrchen erforderlich sein.\nEs erschien deshalb w\u00fcnschenswert^ den zeitlichen Verlauf der negativen Schwankung bei Zeitreizen in directer Weise und unter Anwendung bloss physikalischer H\u00fclfsmittel zu verfolgen. Die Repetition der Reize, welche bei dem Be rustein\u2019sehen Differentialrheotom die Untersuchung so wesentlich erleichtert, stand hier zun\u00e4chst nicht zu Gebote; \u00fcbrigens wird ihrer Anwendung nichts im Wege stehen, sobald man im Besitze eines Rotationsapparates ist, welcher die geeigneten Stromschwankungen liefert und zugleich als Differentialrheotom wirkt. Bei der grossen Beweglichkeit des Capillarelektrometers gelingt aber die Verfolgung des zeitlichen Verlaufs einiger-massen auch schon bei einer einzelnen negativen Schwankung. Es ist nurnoth-wendig, bei einzelnen Reizungen den Muskelstrom nur w\u00e4hrend eines sehr kurzen und im Verh\u00e4ltniss zu der reizenden Stromschwankung beliebig gelegenen Zeitraumes auf das Capillarelektrometer einwirken zu lassen. Zu diesem Behufe wurde das Federrheonom mit einem Schieber versehen, welcher der Peripherie der kreisf\u00f6rmigen Rinne entlang gleiten konnte. Dieser tr\u00e4gt eine metallische Schliessung, welche als Nebenschliessung zum Capillarelektrometer angebracht, die Einwirkungen des Muskelstromes auf dasselbe vollkommen abblendet. Der erw\u00e4hnte metallische Contact bestand in einem d\u00fcnnen Kupferdraht, welcher, schwach nach unten convex gebogen, sich von oben her auf eine Messingkuppe auflehnt; beide Theile sind zur Sicherung des Contacts amalgamirt. Dieser Contact wird nun bei jeder Abschiessung des Apparats einmal auf ganz kurze Zeit (etwa 1/17o Sec.) unterbrochen, indem ein sehr d\u00fcnnes Glimmerbl\u00e4ttchen zwischen dem Kupferdraht und der Messingkuppe durchf\u00e4hrt und jenen von dieser trennt. Das Glimmerbl\u00e4ttchen wird von einem horizontalen Arm der Axe G (Fig. 1 der Tafel; dieser horizontale Arm ist in der Figur nicht gezeichnet) getragen und somit ebenso wie die Zinkspitze abgeschossen.\nAuf diese Weise gelangt der Muskelstrom jedesmal w\u00e4hrend kurzer Zeit zur Einwirkung auf das Elektrometer und wird sofort darnach wieder abgeblendet Die kleine Einrichtung functionirte sehr befriedigend. Es ist nat\u00fcrlich hierbei erforderlich, dass der Ruhestrom des Muskels genau com-pensirt ist. Ermittelt man nun bei Zeitreizung zuerst den Totalausschlag des Capillarelektrometers, indem man die erw\u00e4hnte Abblendung nicht schliesst, also die ganze negative Schwankung in das Capillarelektrometer bekommt, so findet man alsdann, dass bei Einschaltung der Abblendung, wo der","page":365},{"file":"p0366.txt","language":"de","ocr_de":"366\nv. Kries:\nMuskelstrom nur w\u00e4hrend 1/170 Sec. auf das Elektrometer wirken kann, stets nur Bruchtheile jenes Totalausschlages erhalten werden, im g\u00fcnstigsten Falle etwa ein Drittel, welche Stellung man auch dem Schieber geben mag. Hieraus geht schon hervor, dass die Dauer der negativen Schwankung ein Mehrfaches dieses Zeitwerthes umfassen muss. Durch \u00f6ftere Wiederholung des Yersuches und Yariirung der Schieherstellung gelingt es sodann, Anfang und Ende der negativen Schwankung und einigermaassen ihren zeitlichen Verlauf festzustellen. Ich fand bei Anstiegsdauem von 1/30 Sec. f\u00fcr die negative Schwankung eine Dauer von etwa 0*02\u20140 \u2022 03 Sec. Und es liess sich auch nachweisen, dass die Dauer derselben durch Verminderung der Anstiegsdauer verk\u00fcrzt wird, wie dies zu erwarten ist.\nAls Beispiel theile ich das ausf\u00fchrliche Protokoll eines solchen Versuchs mit. Semimembranosus und Gracilis werden vom Plexus aus gereizt und der Strom vom L\u00e4ngsschnitt zum thermischen Querschnitt abgeleitet und compensirt. Die Breite des Glimmerbl\u00e4ttchens betr\u00e4gt 6*2mm, die Anstiegsdauer des Beizungsstromes ist = 0 \u2022 039 Sec, ; die Zeit, w\u00e4hrend welcher der Muskelstrom einwirkt etwa 0*0059 Sec., der Totalausschlag betr\u00e4gt 3 \u2022 0 Theilstriche. Bei Einschaltung des Schiebers findet sich Folgendes (dabei ist die Entfernung des Schiebers danach gemessen, um wie viel Millimeter der Zinkstift die erste Elektrode passirt hat, wenn die Einwirkung des Muskelstromes auf das Elektrometer beginnt).\nSchieberstellung.\tAusschlag des Elektrometers.\n9\tdeutlich\n8\t0\n15\tdeutlich\n27\tdeutlich\n30\tdeutlich\n33\t0\n31\tdeutlich\n9\tdeutlich\nDer Spielraum, innerhalb dessen ein Ausschlag zu beobachten ist, betr\u00e4gt hier 23mm = 0*0286 Sec.\nEs wird darauf die Anstiegsdauer auf 0 \u2022 0052 Sec. vermindert. Nunmehr findet sich:\nSchieberstellung.\tAusschlag.\n9\tdeutlich\n17\t0\n17\tSpurweise\n4\tdeutlich\n2\tSpur\n1\t0","page":366},{"file":"p0367.txt","language":"de","ocr_de":"Abh\u00e4ngigkeit der Erregung vom zeitlichen Verlage der Str\u00f6me. 867\nDer Spielraum betr\u00e4gt hier 15ram = 0.0195 Sec.\nEs ist nun leicht zu sehen, dass die Differenzen in Wirklichkeit noch erheblicher sind, als es hiernach scheint. Die Zeit der Stromeinwirkung ist n\u00e4mlich keineswegs, wie es eigentlich sein sollte, sehr klein gegen die Dauer der ganzen negativen Schwankung. Ber\u00fccksichtigt mau dies, so sieht man dass die Dauer der Schwankung, wenn ihre Intensit\u00e4t gross ist, kleiner sein muss als der Spielraum der Schieberstellung, da es gen\u00fcgen wird wenn die Unterbrechungszeit auch nur zum Theil mit der Zeit der negativen Schwankung sich deckt. Man w\u00fcrde von der letzteren die Unterbrechungsdauer noch in Abrechnung zu bringen haben, um die erstere zu finden. Das zeigte sich sofort best\u00e4tigt, als die Breite des Glimmerbl\u00e4ttchens auf 2-5mm, die Unterbrechungszeit somit auf 0-0023 Sec. vermindert wurde. Bei der kurzen Anstiegsdauer 0 \u2022 0052 blieben die Grenzen sehr gut bestimmbar und waren bei mittleren Schieberstellungen kr\u00e4ftige Ausschl\u00e4ge sichtbar, der Spielraum verminderte sich aber von 15 auf 9mm, entsprechend 0-0117, also um 0-0078 Sec.; die negative Schwankung ist also hier vielleicht noch k\u00fcrzer als 0-0117 Sec. Als Partialausschlag waren hier noch 1-5 Theilstriche zu erhalten (bei Schieberstellung 5) w\u00e4hrend der Totalausschlag 3 Theilstriche betrug. Anders nun bei der l\u00e4ngeren Anstiegsdauer. Bei dem schmalen Glimmerbl\u00e4ttchen, Unterbrechungsdauer 0-0023 Sec., konnte hier im \u00e4ussersten Fidle nur 1/i Theilstrich als Partialausschlag erhalten werden, obwohl der Gesammtausschlag nach wie vor 3 Theilstriche betrug, die Grenzen konnten jetzt nicht mehr scharf bestimmt werden. Hieraus ist ersichtlich, dass die Schwaukuug \u00fcberhaupt nur geringere Werthe erreicht, und es wird auch anzunehmen sein, dass bei den Versuchen mit l\u00e4ngerer Unterbrechungszeit nur dann noch Ausschl\u00e4ge beobachtet wurden, wenn nahezu die ganze Unterbrechungszeit in die Zeit der negativen Schwankung hineinf\u00e4llt. Hiernach w\u00e4re die Dauer der letzteren noch gr\u00f6sser, als dem Spielraum der Schieberstellung entspricht.\nWie man sieht ist die Feinheit der zu Gebote stehenden Methoden der zu beantwortenden Frage nur eben gewachsen und es soll das Mitge-theilte keineswegs als Pr\u00e4cisionsmessung der in Bede stehenden Zeitwerthe gelten. Mag man indessen die Unsicherheit in der Beobachtung kleiner schneller Ausschl\u00e4ge noch so hoch veranschlagen, man wird doch immer nur daraus folgern k\u00f6nnen, dass die Dauer (der Schwankung noch gr\u00f6sser sei, als sie angegeben wurde. Aber soviel kann als ganz sicher gestellt angesehen werden, dass sie weit \u00fcber die von Bernstein gefundenen Werthe hinausgeht, und dass sie von der Steilheit des Anstiegs abh\u00e4ngig ist.\nWir sind also berechtigt zu resumiren, dass man durch lineare Stromschwankungen von endlicher Steilheit Nerv und Muskel zwar nur in kurz dauernde Erreguugsznst\u00e4nde versetzen kann, doch aber, und nach Allem","page":367},{"file":"p0368.txt","language":"de","ocr_de":"368\nv. Kbies:\nwas man weiss, in stetiger Weise, in erheblich l\u00e4ngere als durch Momentanreize.\nDer Erregungsanstoss, welchen der Nerv dem Muskel er-theilt, ist nicht ein stets gleichm\u00e4ssiger, fest praeformirter Vorgang, der nur durch verschiedene Intensit\u00e4t und durch mehr oder weniger frequente Wiederholung verschiedene Wirkungen hervorbringt, er ist vielmehr selbst ein Vorgang von bedeutender Variabilit\u00e4t des zeitlichen Verlaufs. Demgem\u00e4ss kann die Dauer der negativen Schwankung das sechsfache des von Bernstein f\u00fcr momentane Beize gefundenen Werthes erreichen.\nDie physiologische Innervation.\nDiese Thatsachen werfen, wie ich glaube, ein bemerkenswerthes Licht auch auf die physiologische Innervation. Dass die physiologischen Con-tractionen im Allgemeinen oscillatorischer Natur sind, kann als sicher-gestellt betrachtet werden. Die Beobachtung des Muskeltons und namentlich des Mitschwingens1 waren die ersten, welche dies nachwiesen; diesen gesellte sich sp\u00e4ter das bei g\u00fcnstiger Beleuchtung unter der Haut sichtbare Flimmern hinzu, welches Br\u00fccke2 beschrieb. Endlich gelang es in j\u00fcngster Zeit Lov\u00e9n3 sowohl bei Strychnintetanus als bei normaler Willk\u00fcrinnervation die Oscillationen des Muskelstromes mit H\u00fclfe des Capillarelektro-meters zu beobachten. Ich habe, wie ich gleich bemerken will, diese Versuche mit genau gleichem Erfolg wiederholt.4\nWar man nun bisher geneigt, anzunehmen, dass die physiologische Innervation in einer Anzahl einzelner Anst\u00f6sse best\u00fcnde, f\u00fcr deren jeden der Bernstein\u2019sche Werth von 1/250 Secunde als maassgebend zu betrachten sei und die in bestimmtem Rhythmus aufeinander folgten, so ergaben sich eine Anzahl von Schwierigkeiten. Erstens, warum lieferte die\n1\tHelmholtz, Verhandlungen des naturhistoricch-medicinischen Vereins zu Heidelberg. 1866. Bd. IV. Gesammelte Abhandlungen. Bd. II. S. 929.\n2\tBr\u00fccke, Wiener Sitzungsberichte. Bd. LXXVI. 3. Abtli.\n3\tCentralblatt f\u00fcr die medicinischen Wissenschaften 1881.\n* Die M\u00f6glichkeit, dass diese Oscillationen durch fehlerhafte Beactionsweise (Eigenschwingungen) des Capillarelektrometers vorget\u00e4uscht seien, scheint mir absolut ausgeschlossen. Denn das Capillarelektrometer ist ein vollkommen aperiodischer Apparat. Wenn es daher eine grosse Anzahl von Oscillationen, welche durch eine ganze Anzahl Secunden ungeschw\u00e4cht andauern, anzeigt, so ist f\u00fcr diese eine andere Ursache als Oscillationen der einwirkenden elektromotorischen Kraft ganz undenkbar.","page":368},{"file":"p0369.txt","language":"de","ocr_de":"Abh\u00e4ngigkeit deb Erregung vom sseitmchun Verbaue der Str\u00f6me. 369\nphysiologische Contraction im Allgemeinen keinen secnnd\u00e4ren Tetanus? Zweitens, wie war zu erkl\u00e4ren, dass ein Froschmuskel schon durch acht Anst\u00f6sse in der Secundo in vollkommen stetigen Tetanus versetzt werden konnte, w\u00e4hrend Inductionsschl\u00e4ge zu dem gleichen Effect in erheblich gr\u00f6sserer Frequenz ein wirken m\u00fcssen? Hierzu kann noch die Beobachtung Wedenskii\u2019s1 gef\u00fcgt werden, dass die beim physiologischen Tetanus mittels des Telephons wahrzunehmende akustische Erscheinung eine ganz andere ist, als die durch Reizung mit IS\u201420 Inductionsschl\u00e4gen per Secundo zu erzielende. Die Vermuthung Loven\u2019s, dass der physiologische Einzelreiz zeitlich viel gedehnter sei, als der durch den Inductionsschlag zu erzielende Momentanreiz, erkl\u00e4rt alle diese Erscheinungen aufs Einfachste; und sie findet, glaube ich, in den oben angef\u00fchrten Ermittelungen \u00fcber die Wirkung linearer Stromschwankung eine werthvolle positive St\u00fctze. In der That ist es nicht unberechtigt zu sagen, dass die elektrischen Zeitreize eine Vermittelung zwischen dem Momentanreiz und dem physiologischen Reiz darstellen. Diese Vermittelung wird wohl eine noch vollst\u00e4ndigere werden, wenn Beobachtungen \u00fcber stetige Totanisirung durch Stroinoseillationen von geringerer Frequenz und endlicher Steilheit vorliegen. Es wird bei dieser Auflassung der physiologischen Innervation die andere Vorstellung entbehrlich, welche von Br\u00fccke er\u00f6rtert wurde, und welche, wie bekannt, das Ausbleiben des secund\u00e4rcn Tetanus durch die Ungleichzeitigkeit der Erregungsvorg\u00e4nge in den einzelnen Muskelfasern erkl\u00e4ren wollte. Diese Vorstellung scheint bei dem gegenw\u00e4rtigen Stande der Kenntnisse keineswegs wahrscheinlich, aber doch unwiderleglich und sie macht es, wie ich glaube, unm\u00f6glich, so lange die Beobachtung einzelner Muskelelemente nicht gelingt, \u00fcber die physiologische Innervation etwas Bestimmtes zu beweisen. Unwahrscheinlich ist sie deswegen, weil cs nicht einzusehen ist, weswegen bei der ungleichzeitigen Th\u00e4tigkeit der einzelnen Elemente eine Beobachtung der Actionsstr\u00f6me an sehr vielen Elementen zugleich doch noch immer einen regelm\u00e4ssigen Rhythmus erkennen l\u00e4sst, w\u00e4hrend man doch erwarten sollte, die Rhythmik hier durch die grosse Zahl der verschiedenen Phasen ganz verschwinden und durch eine scheinbare Stetigkeit ersetzt zu sehen. Wie dem auch sein mag, jedenfalls l\u00e4sst sich, so viel ich sehe, aus Beobachtungen \u00fcber die physiologische Innervation die Existenz der protrahirten Erregungsanst\u00f6sse niemals mit Sicherheit nachweisen. Aus demselben Grunde bleibt die nun zun\u00e4chst sich darbietende Aufgabe mit einer, gar nicht zu beseitigenden Unsicherheit behaftet, die n\u00e4mlich, die Damn- des physiologischen Reizaustosses zu bestimmen. Selbst bei der erw\u00e4hnten Unsicherheit der Deutung schien cs mir aber doch von grossem\n1 J)ies Archiv. 18b3. S. 324. Archiv f. A. u. IM\u00bb. 1881. Physio). Abthlg.\n24","page":369},{"file":"p0370.txt","language":"de","ocr_de":"370\nv. Kries:\nInteresse, \u00fcber die Dauer der einzelnen Schwankung bei physiologischer Innervation etwas zu ermitteln. Es gelang dies ganz von selbst bei Wiederholung der Lov\u00e9n\u2019schen Versuche \u00fcber den Strychnintetanus. An einem enthirnten Frosch wird der Semimembranosus und Gracilis mit thermischem Querschnitt und mit Ableitungselektroden versehen, und sodann eine kleine Dosis Strychnin in die Lymphs\u00e4cke eingespritzt. Im Beginn der Strychninwirkung erh\u00e4lt man nun bei mechanischer Reizung sehr mannieh-faltige Bilder der Bewegung im Capillarelektrometer, indem die einzelnen Innervationsanst\u00f6sse sich in kleinerer oder gr\u00f6sserer Zahl combiniren. Eine sehr h\u00e4ufige Erscheinung aber bilden einzelne Ausschl\u00e4ge, welche keinerlei Discontinuit\u00e4t oder Intermittenz erkennen lassen, und welche relativ langsam verlaufen, so dass man sie auf den ersten Blick von den durch elektrische Momentanreize hervorgerufenen Einzelschwankungen unterscheiden kann. Ich sch\u00e4tze ihre Dauer auf 1/3 Secunde. Was den Tetanus anlangt, so bemerkt man bei den m\u00e4ssig lange andauernden Anf\u00e4llen im Anfang die gr\u00f6sste Frequenz der Oscillation, welche 8 bis 9 per Secunde nicht \u00fcberschreitet. Gegen Ende des Anfalls werden die Oseillationen langsamer und h\u00f6ren in der Regel mit einem Rhythmus von 3 bis 4 in der Secunde auf. Da auch hierbei keine Aufl\u00f6sung der Contraction in einzelne Zuckungen, sondern ein langsames Nachlassen zu beobachten ist, so erscheint es nicht unwahrscheinlich, dass die Dauer des physiologischen Reizanstosses 1/3 Secunde erreichen kann. Ganz \u00e4hnliche Ausschl\u00e4ge von einfachem, aber gestrecktem Verlauf (ca. 1/3 Secunde) erhielt ich auch am unvergifteten Frosch bei Reizung des R\u00fcckenmarkes mittels einzelner In-ductionsschl\u00e4ge. Da man hierbei bekanntlich durch Stromschleifen sehr leicht die vorderen Wurzeln direct reizen bann, so sieht man h\u00e4ufig im Elektrometer den kurzen Ausschlag, welcher dem elektrischen Reiz entspricht, gefolgt von dem langsameren, welcher den durch das R\u00fcckenmark \u00fcbertragenen Reiz darstellt. Macht man den Strom st\u00e4rker, so wird der letztere oscillirend. Dass die Dauer des physiologischen Innervationsanstosses bis V3 Secundo betragen k\u00f6nne, erscheint mir nicht unwahrscheinlich; doch bleibt dabei zu beachten, dass wir vorl\u00e4ufig keine Veranlassung haben, dem physiologischen Einzelreiz eine bestimmte, allemal gleiche Dauer zuzuschreiben. Der letztere Punkt, die Mannichfaltigkeit der physiologischen Innervation, erscheint mir noch in anderer Beziehung wesentlich. Wenn, wie Lov\u00e9n angab und ich best\u00e4tigen kann, die Oscillationsfrequenz der physiologischen Innervation innerhalb einer gewissen Breite variabel ist, so kann es auch so sehr nicht auffallen, wenn bei elektrischer Tetanisirung des R\u00fcckenmarkes eine noch h\u00f6here Frequenz erreicht wird. Helmholtz sagt a. a. 0.: \u201edagegen sah ich schwache Schwingungen der Feder, welche der nat\u00fcrlichen Vibrationszahl des Froschr\u00fcckenmarkes zu entsprechen schienen,","page":370},{"file":"p0371.txt","language":"de","ocr_de":"Abh\u00e4ngigkeit der Erregung vom zeitlichen Verlauf der Str\u00f6me. 371\nwenn ich (len Indnetiousapparat auf 120 Sehwingungen einstellte, und die mitschwingende Feder auf 16 Schwingungen.\u201c Weder Lov\u00f6n noch ich konnten im Capillarelektrometer bei physiologischer Innervation eine Oscillation \u00fcber 8 bis 0 per Secundo beobachten. Wenigstens kann wohl auf Grund dieser Differenz bez\u00fcglich der Frequenz noch nicht die jedenfalls sehr unwahrscheinliche Annahme gemacht werden, dass die von Helmholtz beobachtete mechanische und die von uns beobachtete elektrische Oscillation verschiedene Frequenz zeigen.\nAls wesentliches Ergcbniss der im Vorstehenden mitgetheilten Versuche betrachte ich einerseits den Nachweis der von der bisher studirten abweichenden Form, in welcher die Erregungsanst\u00f6sse vom Nerven auf den Muskel \u00fcbertragen werden; vor Allem aber die Gewinnung bestimmter Ergebnisse, welche die Bedeutung der Steilheit f\u00fcr die Erregungswirkung ziffernm\u00e4ssig darzulegen gestatten. Ein oft ausgedr\u00fcckter Wunsch ist hiermit wenigstens zum Theil befriedigt; und es ist leicht zu sehen, dass einer sehr manniehfaltigen Ausdehnung der Versuche nach wesentlich gleicher Methode keine Schwierigkeit entgegensteht. Ein theoretisches Interesse kn\u00fcpft sich, wie mir scheint, vorzugsweise daran, dass in unseren Divisoren (du sehr leicht festzustellendes Charakteristicum des Nervenzustandes gewonnen ist, welches auf die Erregbarkeit Bezug hat und experimentell durch Ver\u00e4nderung der Temperatur variirt werden kann. Erw\u00e4gt man, dass auch die Fortpflanzungsgeschwindigkeit der Erregung durch die Temperatur variirt werden kann, so dr\u00e4ngt sich nunmehr die Frage auf, welche physikalische Eigenschaft des Nerven durch die Temperatur direct beeinflusst. wird, und der Wunsch, die s\u00e4mmtlichen in diesem Zusammenh\u00e4nge stehenden Erscheinungen unter einen einheitlichen Gesichtspunkt zu bringen.\nAnmerkung. Das Foderrheonom, mit welchem ich arbeitete, war von Ilm. Baltzar & Schmidt in Leipzig gearbeitet; ich bin gegenw\u00e4rtig noch mit einigen Ab\u00e4nderungen besch\u00e4ftigt, welche namentlich die bequemere Variirung und Messung der Elektrodenabst\u00e4nde betreffen; sobald eine definitive Form vereinbart ist, werde ich dies, sowie den Preis, f\u00fcr welchen das Instrument von ihnen bezogen werden kann, bekannt geben.\n21\n\u00ab","page":371},{"file":"p0372.txt","language":"de","ocr_de":"372 v. Krjes: Abh\u00e4ngigkeit d. Erregung v. zeitlichen Verlauf u. s. w.\nErkl\u00e4rung der Tafel.\nFig. 1. Abbildung des Fcder-Rheonoms.\nFigg. 2. und 3. Graphische Darstellung der zu verschiedenen Anstiegsdauern geh\u00f6rigen Reizungsdivisoren (gleich wirksamen Strom-Intensit\u00e4ten) 1 Mm. der Abciss. \u201d Viooo Sec.\nFig. 4. Graphische Darstellung der Reizungsdivisoren (ausgezogene Curve) und der gleichwirksamen Stromschwankungen.","page":372},{"file":"z0001table5.txt","language":"de","ocr_de":"?3 Vf VU\n16 17 Bi\n0\nFuf!","page":0}],"identifier":"lit5363","issued":"1884","language":"de","pages":"337-372","startpages":"337","title":"Ueber die Abh\u00e4ngigkeit der Erregungs-Vorg\u00e4nge von dem zeitlichen Verlaufe der zur Reizung dienenden Elektricit\u00e4ts-Bewegungen","type":"Journal Article"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T14:35:48.268985+00:00"}

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