Open Access
{"created":"2022-01-31T13:24:58.631303+00:00","id":"lit759","links":{},"metadata":{"alternative":"Philosophische Studien","contributors":[{"name":"Wundt, Wilhelm","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Philosophische Studien 7: 633-636","fulltext":[{"file":"p0633.txt","language":"de","ocr_de":"Auch ein Schlusswort.\nVon\nW. Wundt.\nJtLerr C. Stumpf hat sich durch meine in Band VII S. 298ff. dieser Studien erschienene Replik zu einem Schlusswort gedrungen gef\u00fchlt (Zeitschr. f\u00fcr Psychologie und Physiol, der Sinnesorgane Bd. II S. 438ff.). Ich habe keinen Anlass auf dieses Schlusswort n\u00e4her einzugehen, da ich die sachlichen Fragen durch die Er\u00f6rterungen meiner Antikritik und Replik f\u00fcr erledigt halte, zu einer abermaligen Nachweisung leicht zu durchschauender Missverst\u00e4ndnis^ und leerer Wortklaubereien aber nach den fr\u00fcher beigebrachten Proben kein Bed\u00fcrfniss f\u00fchle. Ich begn\u00fcge mich daher, einen Punkt richtig zu stellen, der, weil er f\u00fcr mich neu ist, in den beiden fr\u00fcheren Aufs\u00e4tzen nicht ber\u00fccksichtigt werden konnte.\nStumpf hatte mir, wie sich der Leser erinnern wird, die Behauptung untergeschoben, \u00bbdass Obert\u00f6ne nur in Folge besonderer Versuchsbedingungen, also nicht mit freiem Ohr geh\u00f6rt werden k\u00f6nnen\u00ab. Ich habe darauf eine Stelle aus meiner Physiol. Psych, angef\u00fchrt, die, mitten zwischen von ihm ahgedruckten S\u00e4tzen stehend, aber von ihm verschwiegen, genau das Gegentheil sagt (vergl. meine Replik S. 324f.). Was antwortet nun Stumpf darauf in seinem Schlusswort? Allerdings nicht in meiner Psychologie, wohl aber in meiner Logik finde sich ein Satz, den er so verstanden haben will. Dort ist n\u00e4mlich Bd. I S. 14 der Einzelklang als Beispiel einer \u00bbintensiven Synthese\u00ab angef\u00fchrt, bei welcher gewisse Empfindungselemente, in diesem Fall die Obert\u00f6ne, nicht als selbst\u00e4ndige Bestandtheile empfunden werden. Die Obert\u00f6ne, hei\u00dft\n41*","page":633},{"file":"p0634.txt","language":"de","ocr_de":"634\nW. Wundt.\nes, \u00bbwerden als gesonderte Tonh\u00f6hen \u00fcberhaupt erst in Folge der Einf\u00fchrung besonderer Yersuchsbedingungen empfunden; in der unmittelbaren Empfindung modificiren sie nur die Beschaffenheit des Grundtons, indem sie dessen Klangfarbe bestimmen\u00ab. So ist es in der That, und der Logiker, der es lediglich mit der allgemeing\u00fcltigen Beschaffenheit der Vorstellungen, nicht mit den Wahrnehmungen des Akustikers zu thun hat, hat keinen Anlass n\u00e4her zu er\u00f6rtern, welches die Yersuchsbedingungen sind, die ein selbst\u00e4ndiges Heraush\u00f6ren der Obert\u00f6ne m\u00f6glich machen. Diese Dinge kann er f\u00fcglich dem Physiker oder Psychologen \u00fcberlassen. Eben darum habe ich aber auch zu der betreffenden Stelle meiner Logik, an der \u00fcbrigens mit keiner Silbe gesagt ist, dass man mit freiem Ohr keine Obert\u00f6ne wahrnehmen k\u00f6nne, die Cap. XII bis XV der physiologischen Psychologie citirt, wo schon in der ersten Auflage, auf die sich jenes Cit\u00e2t bezieht, sogleich auf den ersten Seiten von Cap. XIII (S. 497) von der \u00bbin der unmittelbaren Empfindung geschehenden Klanganalyse\u00ab die Rede ist. An einer vorangehenden Stelle (S. 360) hei\u00dft es in Bezug auf diese Analyse: \u00bbDen Klang empfinden wir in der Regel noch als eine Qualit\u00e4t, und erst bei gro\u00dfer Aufmerksamkeit und Uebung erkennen wir die zusammengesetzte Natur desselben\u00ab. Was also hat Herr Stumpf gethan? Er hat meine psychologische Er\u00f6rterung dieses Gegenstandes verschwiegen, statt dessen eine in ganz anderem Zusammenhang vorkommende Stelle herausgegriffen, diese durch einen interpretirenden Zusatz in seinem Sinne gef\u00e4lscht und nun endlich die dergestalt willk\u00fcrlich ver\u00e4nderte Stelle, bei der es sich \u00fcberdies der Natur der Sache nach \u00fcberhaupt nicht um ein Eingehen auf die Frage der Klanganalyse handeln konnte, f\u00fcr mein Urtheil gerade \u00fcber diese Klanganalyse ausgegeben.\nWer so verf\u00e4hrt, dem ist es ja augenscheinlich nicht mehr um eine Kritik der wirklichen Ansichten des Gegners zu thun, sondern darum, dem Gegner Ansichten unterzuschieben, die dieser zwar nicht hat, die er auch niemals ge\u00e4u\u00dfert hat, von denen aber der wohlwollende Kritiker w\u00fcnscht, dass er sie gehabt haben m\u00f6chte.\nDas ist die \u00bbKampfesweise\u00ab des Herrn Stumpf.\n\u00dcbrigens hat er es f\u00fcr n\u00fctzlich gehalten, sich diesmal auch auf einige Autorit\u00e4ten zu berufen, die sich in diesem Streit f\u00fcr ihn und gegen mich ausgesprochen haben sollen.","page":634},{"file":"p0635.txt","language":"de","ocr_de":"Auch ein Schlusswort.\n635\nDie erste dieser Autorit\u00e4ten ist Herr Gustav Engel, Professor am k\u00f6nigl. Konservatorium f\u00fcr Musik in Berlin. Ich habe dessen Aufsatz in der Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnes-organe gelesen, und dieser Aufsatz hat mir nur die l\u00e4ngst gemachte Wahrnehmung best\u00e4tigt, dass Jemand ein vortrefflicher Musiktheoretiker sein kann, ohne von der Psychophysik und ihren Methoden irgend etwas Erhebliches zu wissen. Ich sehe mich daher durchaus nicht veranlasst, auf die Ausf\u00fchrungen des Herrn Engel einzugehen.\nDie zweite Autorit\u00e4t ist eine dunkle Pers\u00f6nlichkeit. Sie wird anmerkungsweise als ein \u00bbanderer Psycholog\u00ab eingef\u00fchrt, dem ich \u00bbvielleicht mehr Urtheil Zutrauen w\u00fcrde\u00ab als Stumpf selbst, wenn er auch nicht \u00bbmeiner Schule entstamme\u00ab. Auch dieser Herr sei nicht im Stande, meiner auf S. 303 gegebenen \u00bbweitl\u00e4ufigen Entwicklung irgend einen Sinn abzugewinnen\u00ab, Auch ihm scheine, dass Lorenz gerade das abgefragt habe, was ich f\u00fcr unvern\u00fcnftig halte. Es thut mir leid um den gro\u00dfen Unbekannten. Aber wenn er wirklich mit Stumpf der Meinung sein sollte, die Frage: liegt von den drei in einem Versuch gegebenen Empfindungen x y z, y n\u00e4her an x oder an z oder gleich weit von beiden, sei, psychologisch betrachtet, identisch mit der andern Frage: welches ist die Empfindung x, die von einer gegebenen Empfindung y ebenso weit abliegt, wie dieses y von einer andern, ebenfalls gegebenen z entfernt ist \u2014 sollte dies seine Meinung sein, so kann ich auf seine Autorit\u00e4t in Fragen der Empfindungsmessung kein sonderliches Gewicht legen.\nDie dritte Autorit\u00e4t ist gleichfalls eine anonyme. \u00bbEiner der begabtesten j\u00fcngeren Psychophysiker aus Wundt\u2019s Schule\u00ab hat Stumpf mitgetheilt, dass er \u00bbseine bereits gef\u00fchrten und auszugsweise ver\u00f6ffentlichten Untersuchungen \u00fcber Tondistanzen\u00ab unter dem Eindruck der Stumpf\u2019sehen Kritik zur\u00fcckgelegt hat, \u00bbum seine Versuche auf vollkommen neuer Grundlage anzufangen\u00ab. Die That-sache, dass Stumpf eine solche Mittheilung empfangen hat, bestreite ich nat\u00fcrlich nicht. Wohl aber, dass der unbekannte j\u00fcngere Psychophysiker meiner Schule angeh\u00f6rt oder jemals angeh\u00f6rt hat. Wenn dieser Ausdruck \u00fcberhaupt einen Sinn haben soll, so muss er doch mindestens auf Diejenigen beschr\u00e4nkt werden, die in meinem","page":635},{"file":"p0636.txt","language":"de","ocr_de":"636\nW. Wundt. Auch ein Schlusswort.\nLaboratorium mit solchem Erfolg gearbeitet haben, dass sie zur Ver\u00f6ffentlichung hier ausgef\u00fchrter Untersuchungen gelangt sind. Unter diesen ist aber Herr C. Lorenz der Einzige, der bis jetzt Versuche \u00fcber Tondistanzen, sei es ausf\u00fchrlich, sei es im Auszug, ver\u00f6ffentlicht hat. Dass er Herrn Stumpf eine solche Mittheilung gemacht habe, ist ausgeschlossen. Der unbekannte j\u00fcngere Psycho-physiker kann also nur irgend Jemand sein, der vielleicht einmal bei mir Vorlesungen geh\u00f6rt oder an meinen psychophysischen Uebungen sich betheiligt hat. Ich muss mich aber dagegen verwahren, dass bei solchen nicht selten mir wissenschaftlich v\u00f6llig ferne stehenden Personen ohne weiteres eine Zugeh\u00f6rigkeit zu meiner \u00bbSchule\u00ab angenommen werde. Ich f\u00fchle mich nicht im allergeringsten f\u00fcr die Art, wie sie arbeiten, verantwortlich, und ich w\u00fcnsche nicht durch die Annahme eines wenn auch noch so entfernten Einflusses ihre Selbst\u00e4ndigkeit in Frage zu stellen.\nDruck von Breitkopf & H\u00e4rtel in Leipzig.","page":636},{"file":"p0636s0001table2.txt","language":"de","ocr_de":"Wandt,Ph\u00fcmophiselie Stadien.. VH.Band.\nFig. /.\n\u2014+mo\n//Kt\n3, M 8,53 15,m\n21,13\n21,13\n15,61\n8,51\n3m\n1,02.\n+to\n4-0O\n+20\nKo\n---60\n----- so\n-100\nFig.Z.\n-T+126J\n-97,2\n--+69#\n- \u25a0+\u25a0 //,3\n4 21/\nKo\nIS,9\n---35,5\n50,/\n----62,8\n-L- 73,1\nFig.3.\n-r+120\n0,7\n2#\n3.8\n8.8\n13,15\n-M100\n--+60\n20,25\n22,25\n11,5\n8,55\n1#\nKo\n----20\n-\u2014 50\nJ\u2014 80\nFig./i,\n9\nf\n0,65\n1,2\n2,1\n3#5\n5,05\n6,9\n8,8\n10,25\n11,15\n11,15\n10,25\n8,8\n6,9\n5,05\n3#5\n2,1\n1,2\n0,65\nFig.5.\nFig.6.\n0,55 0,99 1,85 2,59\n3.82\n3.28\n6.82\n8.28 9,62\nr\n9\\\nf\n10,05\nK\n10, 05\n+ }D 8,28\njy\n5,28\n3#2\n2.59\n1,65\n0,99\n0,55\nVerlagxWilLEngelmami.Lerpzig.\nFig.7.\n0,21 0,50 0,71 1,20 1,30 288 >/,0t\n5,38\n6,13 7,93 8,97\n9,5\nSk \\\n9,5 8,97 7,99 6,\n5,30 >601 2,85 1,90 1,20 0,71 0,80 0,21\nr\n9\\\\~.\n>\nFig.S.\n0,25 0,31 0,58 0,31 1,0-2\n2.15 3,01\n8.16 \u20225,38 6,59 7,68 8,91\n8,95 8,95\n8,51\n7,68\n6An\n5,38\n9\\\n9,16 3,07 2 ir>, 1,02 0,91 0,50 0,31 \u00b0,2S\nTaf.JL.\nFig. 9.\n80\n70\n60\nSO\n40\n30\n20\nW\nO\n-10-\n-20\n-30\n-40\n-SO-\n-60\n-70\n-60-\n\n0,/0 0,36 1,09 2,70 5,58 0,64 13,86 f'\n16, \u00e4i |\n% g{ \u00a3\nV\nc\ns{\nX\nSn\n13,86\n9,60\n5,58\n3,70\n1,09\n0,36\n0,10\nlitiiJtast. Julius KlmHiardt, Leipzig.","page":0}],"identifier":"lit759","issued":"1892","language":"de","pages":"633-636","startpages":"633","title":"Auch ein Schlusswort","type":"Journal Article","volume":"7"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T13:24:58.631308+00:00"}