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{"created":"2022-01-31T13:17:29.693258+00:00","id":"lit7707","links":{},"metadata":{"alternative":"Handbuch der Physiologie. Band 3: Handbuch der Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Fick, Adolf","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"In: Handbuch der Physiologie. Band 3: Handbuch der Physiologie der Sinnesorgane, edited by Ludimar Hermann, 1-138. Leipzig: F. C. W. Vogel","fulltext":[{"file":"p0001.txt","language":"de","ocr_de":"PHYSIOLOGIE DES GESICHTSSINNS\nYON\nProf. A. FICK in W\u00fcrzburg, Prof. W. K\u00dcHNE in Heidelberg\nund\nProf. E. HERING in Prag.\nHandbuch der Physiologie. Bd. III.\n1","page":1},{"file":"p0003.txt","language":"de","ocr_de":"ERSTER THEIL.\nDIOPTEIK. NEBENAPPABATE DES AUGES.\nVON\nProf. A. FICK in W\u00fcrzburg.\nEINLEITUNG.\nVorbemerkung. Der Verfasser der nachfolgenden beiden Abschnitte ist in der gl\u00fccklichen Lage, in historischen und literarischen Nachweisen sparsamer als mancher Andere sein zu d\u00fcrfen. Da erst vor wenigen.Jahren die klassische monographische Darstellung der physiologischen Optik von Helmholtz erschienen ist, welche der Literatur und Geschichte dieser Wissenschaft die gr\u00f6sste Sorgfalt widmet, und da jeder, der diesen Theil der Physiologie eingehend studiren will, doch nicht umhin kann, dies Werk zu Rathe zu ziehen, so hat der Verfasser nach Vollst\u00e4ndigkeit nur streben zu sollen geglaubt in Angabe der Literatur, welche nach Helmholtz erschienen ist.\nAufgabe der physiologischen Optik ist die Erkl\u00e4rung der That-sache des allt\u00e4glichen Lebens, dass uns ein Blick mit gesunden Augen in den Raum hinaus bis zu einem gewissen Grade genaue Kenntniss giebt von der Gestalt und Lage der vor uns gelegenen K\u00f6rper, sofern von ihrer Oberfl\u00e4che Lichtstrahlen ausgehen und dass wir zugleich gewisse Unterschiede der Beschaffenheit des von jenen K\u00f6rpern ausgesandten Lichtes wahrnehmen.\nDiese Erscheinung ist offenbar nur dadurch m\u00f6glich, dass die von den Oberfl\u00e4chen der vor uns gelegenen K\u00f6rper ausgehenden Lichtstrahlen im Auge, in welches sie eindringen, ein System von Empfindungen derart erregen, dass jedem Theilchen der Oberfl\u00e4che jener K\u00f6rper eine besondere im Bewusstsein unterscheidbare Empfindung entspricht und dass die Beschaffenheit der einzelnen Empfindungen in irgend einer Weise abh\u00e4ngt von der Beschaffenheit der sie verursachenden Lichtstrahlen. Hierzu ist vor Allem, wie man leicht sieht, erforderlich, dass die von einem einzelnen Punkte der Oberfl\u00e4che der vor uns gelegenen K\u00f6rper ausgesandten Lichtstrahlen, sofern sie \u00fcberall ins Auge eindringen, daselbst nur ein Nervenelement oder wenigstens nur eine eng begrenzte Gruppe von Nervenelementen erregt, denn nur auf diese Weise kann jenes System\nl*","page":3},{"file":"p0004.txt","language":"de","ocr_de":"4\nFick. Physiol. Optik I. Einleitung.\nvon unterscheidbaren Empfindungen entstehen, deren jede als Zeichen f\u00fcr einen bestimmten Punkt der vor uns liegenden K\u00f6rperoberfl\u00e4chen dienen kann. Es ist also, wenn anders der Sehakt erkl\u00e4rlich sein soll, notkwendig erstens dass irgendwo im Auge eine mosaikartige Ausbreitung von Nervenenden zu finden ist, deren jede mit einem Anhangsgebilde versehen ist, in welchem auffallendes Licht eine Arbeit leistet, die als Reiz f\u00fcr das Nervenende dienen kann. Zweitens muss vor dieser Nervenausbreitung ein Apparat liegen, welcher f\u00fcr Lichtstrahlen durchl\u00e4ssig und so beschaffen ist, dass die von einem Punkte ausserhalb in dasselbe eindringenden Lichtstrahlen auf einen m\u00f6glichst eng begrenzten Theil des Nervenmosaiks koncentrirt werden. Wenn diese beiden Bedingungen erf\u00fcllt sind, so ist offenbar der Sehakt, wie wir ihn t\u00e4glich wirklich vollziehen physiologisch erkl\u00e4rlich, denn es wird alsdann jeder Punkt der Oberfl\u00e4che eines vor uns liegenden K\u00f6rpers durch die von ihm ausgehenden Lichtstrahlen nur ein oder nur wenige Nervenelemente erregen und mithin eine von Anderen unterscheidbare Empfindung veranlassen.\nDie Physiologie des Gesichtssinnes wird demnach vor Allem zu untersuchen haben, unter welchen Umst\u00e4nden die von allen m\u00f6glichen Punkten des Raumes in ein System durchsichtiger K\u00f6rper eindringenden Lichtstrahlen in diesem so geordnet werden, dass allemal die von einem Punkte ausserhalb ausgegangenen Strahlen wieder in einem Punkte einer innerhalb des Syst\u00e8mes gelegenen Fl\u00e4che vereinigt werden. Den Inbegriff der Vereinigungspunkte aller der Strahlenb\u00fcndel welche von den einzelnen Punkten der Oberfl\u00e4che eines Gegenstands ausgegangen sind nennt man bekanntlich das optische \u201eBild\u201c des Gegenstandes. Man kann daher die soeben aufgeworfene Frage auch so aussprechen: unter welchen Umst\u00e4nden entsteht von den vor einem System durchsichtiger K\u00f6rper gelegenen leuchtenden Punkten auf einer innerhalb des Syst\u00e8mes gelegenen Fl\u00e4che ein \u201eoptisches Bild\u201c?\nDie Dioptrik lehrt dass ein sogenanntes centrirtes System sph\u00e4rischer Trennungsfl\u00e4chen zwischen einer Reihe durchsichtiger Medien von jedem in einer zur Axe senkrechten Ebene ausgebreiteten Gegenst\u00e4nde unter gewissen Bedingungen ein optisches Bild erzeugt, das gleichfalls in einer zur Axe senkrechten Ebene liegt, und es l\u00e4sst sich f\u00fcr ein bekanntes System dieser Art die Lage und Gestalt des Bildes nach sehr einfachen Regeln finden, wenn die Lage und Gestalt des Gegenstandes gegeben ist. Da wir sp\u00e4ter von diesen Lehren den ausgedehntesten Gebrauch werden zu machen haben, so sollen dieselben zun\u00e4chst elementar entwickelt werden.","page":4},{"file":"p0005.txt","language":"de","ocr_de":"Brechung von Strahlenb\u00fcndeln durch eine Trennungsfl\u00e4che.\n5\nERSTES CAPITEL.\nGang der Lichtstrahlen durch ein centr\u00e2tes System sph\u00e4rischer Trennnngsfl\u00e4chen.\nI. Brechung you Strahlenb\u00fcndeln durch eine einzige sph\u00e4rische Trennungsfl\u00e4che.\nWir stellen uns zwei durchsichtige Stoffe etwa Luft und Glas vor, welche von einander getrennt sind durch einen Abschnitt einer um den Punkt C beschriebenen Kugeloberfl\u00e4che. Auf sie lassen wir jetzt im.ersten Medium einen ganz beliebigen Lichtstrahl fallen und legen durch seine Richtung und den Mittelpunkt der Kugel eine Ebene, welche die \u201eEinfallsebene\u201c im Sinne der Optik sein wird. In ihr konstruiren wir die Zeichnung Fig. 1 auf welcher C der Mittelpunkt Px der Strahl x der Einfallspunkt und mithin Cx resp. ihre Ver-\nFig. 1\nl\u00e4ngerung xa das Einfallsloth, endlich SS\u2019 der Kreisbogen ist, in welchem der Kugelabschnitt die Ebene schneidet. Wir ziehen nun in der Ebene durch C und einen willk\u00fcrlich gew\u00e4hlten Punkt 0 des Kreisbogens SS\u2019 eine gerade CO welche verl\u00e4ngert den Strahl im Punkte P schneiden mag. Am Punkte x angekommen wird der Strahl Px bekanntlich zum Theil reflektirt zum Theil dringt er in das zweite Medium ein. Der reflektirte Theil des Strahles hat hier f\u00fcr uns kein Interesse. Wir verfolgen bloss den Gang des ins zweite Medium eintretenden, des sogenannten gebrochenen Strahles. Dieser Gang ist bekanntlich nach dem ersten Grundgesetze der Brechung in einfach brechenden Medien jedesfalls in der Einfallsebene d. h. also im vorliegenden Falle in der Ebene der Zeichnung enthalten und er bildet mit dem einw\u00e4rts gerichteten Theile des Einfallslothes xC einen Winkel b, dessen Sinus zum Sinus des Einfallswinkels dxP oder e in einem f\u00fcr ein be-","page":5},{"file":"p0006.txt","language":"de","ocr_de":"6\nFick. Physiol. Optik I. l.Cap. Gang der Lichtstrahlen etc.\nstimmtes Paar brechender Medien konstantem Verh\u00e4ltniss steht und zwar ist dies Verh\u00e4ltniss\nSin e\nSin b\nf\u00fcr den beispielsweise gew\u00e4hlten Uebergang des Lichtes aus Luft in Glas gr\u00f6sser als 1. Der gebrochene Strahl schliesst also mit dem nach innen gerichteten Theile des Einfallslothes einen kleineren Winkel ein als die Verl\u00e4ngerung des einfallenden Strahles xg. Da die Richtung des gebrochenen Strahles wie gesagt sicher in der Ebene der Zeichnung als der Einfallsebene zu finden ist, so muss sie auch die darin befindliche Linie OC schneiden. Der Durchschnittspunkt kann \u00fcbrigens ebensowohl auf dem physisch vorhandenen Strahle rechts von x liegen als auf der r\u00fcckw\u00e4rts nach links zu denkenden Verl\u00e4ngerung der Richtung des gebrochenen Strahles. Wir wollen beispielsweise annehmen der Schnittpunkt l\u00e4ge in P* rechts von x, was in unserem Falle wohl m\u00f6glich ist, da der Winkel b kleiner ist als der Scheitelwinkel von e. Es soll nun eine Beziehung zwischen den Strecken OP und OP* gesucht werden. Wenn die Richtung des einfallenden Strahles gar keiner Beschr\u00e4nkung unterworfen wird, so ist diese Beziehung nicht einfach darzustellen, wenn man aber nur solche Strahlen in Betracht zieht, f\u00fcr welche der Einfallswinkel und der Winkel xCO welchen das Einfallsloth mit der Geraden CO einschliesst und der mit y bezeichnet werden mag, nur sein-kleine Wertke haben so ist die fragliche Beziehung sehr leicht herzustellen. Hierin liegt offenbar zun\u00e4chst eine Einschr\u00e4nkung bez\u00fcglich der Ausdehnung des durchsichtigen Theiles der Grenze zwischen den beiden Medien es muss n\u00e4mlich derselbe ein Kugelabschnitt sein, der nur einen kleinen Bruchtheil der ganzen Kugeloberfl\u00e4che ausmacht, denn sonst w\u00fcrde man f\u00fcr jeden beliebigen einfallenden Strahl die Linie C 0 durch einen Punkt 0 des Abschnittes so legen k\u00f6nnen, dass der Centriwinkel xC 0 gross w\u00e4re. Zweitens d\u00fcrfen aber auch, selbst wenn der durchsichtige Kugelabschnitt noch so klein angenommen ist, keine sehr schr\u00e4g einfallende Strahlen in Betracht gezogen werden.\nWerden nun in der That f\u00fcr die Winkel e und y nur sehr kleine Wertke zugelassen und ist mithin auch der Winkel b jedesfalls sehr klein, so kann man ohne erheblichen Fehler f\u00fcr die Sinus dieser Winkel die Winkel selbst in Rechnung bringen und wenn man das konstante Verh\u00e4ltniss\n\u00df\nn setzt, ergiebt sich \u2014 = w oder e = nb.\nSin b","page":6},{"file":"p0007.txt","language":"de","ocr_de":"Brechung von Strahlenb\u00fcndeln durch eine Trennungsfl\u00e4che.\n7\nEs ist aber ferner bei der Kleinheit des Winkels xCO erlaubt den Bogen xO als eine auf OC senkrechte gerade Linie anzusehen. Es ist also wenn man den Winkel xPO mit a und xP*0 mit \u00df sowie den Radius der Kugel OC mit r bezeichnet sehr ann\u00e4hernd Ox\tOx\tOx Ox\n^'\u2014\u00f6p'^P\u2014\u00f6p* und t<n=~\u00f6c \u25a0= \u2014\nund da bei kleinen Winkeln die trigonometrische Tangente, so wie der Sinus, dem Winkel selbst in Bogenmaass ausgedr\u00fcckt gleich ist so hat man\n\u00ab =\nOx\n~\u00d6P\n; \u00df-\nOx\n~\u00d6P*\nund\n\nOx\n~5c'\nNun ist als Aussenwinkel des Dreieckes PxC der Winkel e oder n b = a -f- y der Summe der beiden inneren gegen\u00fcberliegenden und aus demselben Grunde y = b -f- \u00df oder b = y \u2014 \u00df. Einsetzen dieses Werthes-in erstere Gleichung ergiebt n (y \u2014 \u00df) \u2014 a + y oder (n \u2014 1 )y \u2014 a -f- ix \u00df. Setzt man hier f\u00fcr die Winkel ihre oben gefundenen Werthe so hat man\nin\n1 ) Ox\tOx n . Ox\nOC\nOP\nOP*\noder wenn man durch Ox beide Seiten der Gleichung dividirt\nOC\nOP\nOP*\noder OP*\nn\u2014 1\nOC\n1\nOP\nHieraus erhellt sofort dass die Entfernung OP* unabh\u00e4ngig ist von der Lage des Punktes x wo der einfallende Strahl die brechende Fl\u00e4che trifft und ausser vom Brechungsindex n und dem Radius OC nur abh\u00e4ngt von OP. D. h. mit anderen Worten, wenn man durch einen willk\u00fcrlich gew\u00e4hlten Radius OC der brechenden Fl\u00e4che eine Ebene legt und in dieser Ebene einen Strahl auf die Fl\u00e4che fallen l\u00e4sst, so besteht zwischen den in der Richtung jenes Radius gemessenen Entfernungen seines Schnittpunktes mit dem einfallenden und dem gebrochenen Strahle vom Punkte 0 n\u00e4mlich OP und OP* eine Beziehung, welche von dem Einfallspunkte unabh\u00e4ngig ist. Wenn also mehrere einfallende Strahlen die Richtung des Radius OC in demselben Punkte P schneiden so schneiden die entsprechenden gebrochenen Strahlen jene Richtung gleichfalls in demselben Punkte P*. Dies gilt aber von den durch P gehenden Strahlen in jeder durch CO oder CP gelegten Ebene also von allen Strahlen, die \u00fcberhaupt von P ausgehend auf die Fl\u00e4che fallen k\u00f6nnen.\nDieser Hauptsatz der Dioptrik l\u00e4sst sich sehr zweckm\u00e4ssig noch anders ausdr\u00fccken wenn man zuvor einige kurze Bezeichnungen ein-","page":7},{"file":"p0008.txt","language":"de","ocr_de":"8\nFick, Physiol. Optik I. 1. Cap. Gang der Lichtstrahlen etc.\nf\u00fchrt. Ein System von Lichtstrahlen, deren Richtungen sich alle in einem Punkte schneiden, heisse ein \u201ehomocentrisches Strahlenb\u00fcndel\u201c und der gemeinsame Schnittpunkt dieser Richtungen heisse das Centrum. Das Centrum soll f\u00fcr ein einfallendes homocentrisches B\u00fcndel als \u201ereell\u201c bezeichnet werden, wenn es von der brechenden Fl\u00e4che aus gerechnet auf der Seite liegt von woher die Strahlen kommen, denn in diesem Falle kann das Centrum des einfallenden B\u00fcndels ein wirklicher Ausgangspunkt von Lichtstrahlen sein. Liegt der Durchschnittspunkt der Richtungen der einfallenden Strahlen von der brechenden Fl\u00e4che nach der Seite, wohin die Strahlen gehen, so werde es als \u201evirtuell\u201c bezeichnet, da er in diesem Falle nur der Durchschnittspunkt der verl\u00e4ngerten Strahlenrichtungen ist, welchen die physischen Strahlen, da sie durch die Brechung abgelenkt werden , nie wirklich erreichen. Um den Ausdruck abzuk\u00fcrzen soll k\u00fcnftig immer die Seite, woher die Strahlen kommen, als \u201evorn\u201c, die Seite, wohin sie gehen, als hinten bezeichnet werden. Handelt es sich um ein homocentrisches B\u00fcndel gebrochener Strahlen, so mnss man umgekehrt das Centrum als \u201ereell\u201c bezeichnen, wenn es von der brechenden Fl\u00e4che aus nach hinten liegt, denn in diesem Falle k\u00f6nnen die Strahlen sich im Centrum wirklich vereinigen. Als \u201evirtuell\u201c ist das Centrum eines gebrochenen Strahlenb\u00fcndels im Falle zu bezeichnen, wo er vor der Trennungsfl\u00e4che liegt, denn es ist hier nur der geometrische Vereinigungspunkt der \u00fcber die Einfallspunkte hinaus verl\u00e4ngerten Strahlenrichtnngen, aus welchem sie nicht wirklich gekommen sind, da sie vor der Brechung andere Richtungen hatten.\nUnter Anwendung dieser Bezeichnungen k\u00f6nnen wir den oben abgeleiteten Satz kurz dahin ausdr\u00fccken, ein auf den durchsichtigen Kugelabschnitt fallendes homocentrisches Strahlenb\u00fcndel wii;d in ein homocentrisches gebrochenes verwandelt und es liegt das Centrum des letzteren auf einer durch das Centrum des einfallenden und den Mittelpunkt der Kugelfl\u00e4che gezogenen Geraden in einer Entfernung OP* von der Trennungsfl\u00e4che, welche zur Entfernung des Centrums der einfallenden Strahlen von der Fl\u00e4che (OP) in einer einfachen Beziehung steht die durch die obige Gleichung\nn \u2014 1 ~\u00d6C~\ndargestellt wird. Dieser Satz gilt jedoch nur unter der oben ausdr\u00fccklich gesetzten Bedingung, dass alle einfallende Strahlen mit ihren respectiven Einfallslothen nur kleine Winkel bilden und dass auch die Centriwinkel, welche die Einfallslothe mit der durch das","page":8},{"file":"p0009.txt","language":"de","ocr_de":"Brechung von Strahlenb\u00fcncleln durch eine Trennungsfl\u00e4che.\n9\nCentrum des einfallenden B\u00fcndels und den Mittelpunkt der Kugel gezogenen Geraden (CP) bilden, nur klein sind. Man muss also, um dies noch einmal hervorzuheben, sich stets einen sehr kleinen Bruchtheil der gesammten Kugeloberfl\u00e4che als brechende Fl\u00e4che verwendet denken und man darf nur solche homocentrische einfallende B\u00fcndel in Betracht ziehen, deren Centra einerseits um ein ziemlich grosses Vielfaches der gr\u00f6ssten Sehne S S 1 des durchsichtigen Kugelabschnittes von demselben abstehen und andererseits nicht weit seitw\u00e4rts liegen von der Richtung eines beliebigen, durch einen Punkt der durchsichtigen Oberfl\u00e4che gezogenen Kugelradius.\nDie Centra eines einfallenden und eines gebrochenen Strahlenb\u00fcndels in ihrer durch den bewiesenen Satz festgestellten Correlation nennt man \u201eObjektpunkt\u201c und \u201eBildpunkt\u201c, auf welche Bezeichnungen auch die Bestimmungen reell und virtuell in ihrer oben erkl\u00e4rten Bedeutung Anwendung finden. Man kann also auch sagen: Durch Brechung an einer sph\u00e4rischen Trennungsfl\u00e4che zwischen zwei ungleichartigen durchsichtigen Mitteln entsteht immer unter Voraussetzung jener einschr\u00e4nkenden Bedingungen f\u00fcr jeden (reellen oder virtuellen) Objektpunkt ein (reeller oder virtueller) Bildpunkt. Objektpunkt und Bildpunkt liegen stets mit dem Kugelmittelpunkt auf einer Geraden. Diese Gerade sofern sie durch die Lage des Objektpunktes schon gegeben ist heisse die Centrallinie desselben.\nWir wollen k\u00fcnftig immer die in der Centrallinie gemessene Entfernung eines Objektpunktes von der brechenden Fl\u00e4che durch p und die in derselben Linie gemessene Entfernung des Bildpunktes mit p* bezeichnen. Sofern der Schnittpunkt der Centrallinie mit dem brechenden Kugelabschnitte f\u00fcr die Messung beider Gr\u00f6ssenarten den Ausgangspunkt bildet und wir die Objektabst\u00e4nde nach vorn, die Bildabst\u00e4nde nach hinten positiv rechnen entspricht zufolge der obigen Verabredungen ein positiver Werth von p einem reellen Objektpunkt ein negativer einem virtuellen und ebenso entspricht einem positiven Werthe von p* ein reeller Bildpunkt einem negativen ein virtueller. Diese Feststellungen schliessen noch die mit ein, dass der durch ;* zu bezeichnende Kugelradius als positive Gr\u00f6sse in die Formel eingesetzt werden muss wenn der Mittelpunkt auf der Seite des zweiten Mediums von der Trennungsfl\u00e4che liegt, d. h. wenn diese dem ersten Medium ihre konvexe Seite zukehrt im andern Falle ist die Gr\u00f6sse r als negative einzuf\u00fchren. Mit Anwendung dieser Bezeichnungen lautet die Grundgleichung\np p*\nr\n(1)","page":9},{"file":"p0010.txt","language":"de","ocr_de":"10\nFick. Physiol. Optik I. 1. Cap. Gang der Lichtstrahlen etc.\nDa hiernach der Werth von p* nur von p ausser von den Konstanten des Medienpaares abh\u00e4ngt, so entspricht einem System von Objektpunkten, die in gleicher Entfernung von dem brechenden Kugelabschnitte d. h. auf einer dazu koncentrischen Kugelschale liegen, ein System von Bildpunkten, welche gleichfalls s\u00e4mmtlich gleiche Entfernung vom brechenden Kugelabschnitte haben also gleichfalls auf einer zu ihm koncentrischen Kugelschale liegen. Es liegen auch je zwei entsprechende Objekt- und Bildpunkte auf derselben Centrale oder anders ausgedr\u00fcckt: Die s\u00e4mmtlichen Verbindungslinien der Objektpunkte mit ihren entsprechenden Bildpunkten schneiden sich im Mittelpunkte der Kugel, von welcher die brechende Fl\u00e4che ein Abschnitt ist. Ein System von Objektpunkten nennt man \u00fcberhaupt ein \u201eObjekt\u201c und das zugeh\u00f6rige System von Bildpunkten sein \u201eBild\u201c. Liegt also ein Objekt auf einer zur brechenden Fl\u00e4che koncentrischen Kugelschale so liegt auch sein Bild ganz auf einer eben solchen. Auch sieht man ohne Weiteres dass das Bild und Objekt einander geometrisch \u00e4hnlich sind und dass sie zueinander perspektivisch liegen bez\u00fcglich zum Mittelpunkt der Kugel. Unter perspektivischer Lage zueinander versteht man diejenige Lage zweier r\u00e4umlicher Gebilde zu einander bei welcher die s\u00e4mmtlichen Verbindungslinien zweier entsprechender Punkte der beiden Gebilde sich in einem und demselben Punkte schneiden. Selbstverst\u00e4ndlich hat die M\u00f6glichkeit zwei r\u00e4umliche Gebilde in perspektivische Lage zu einander zu bringen gewisse Eigenschaften der beiden Gebilde zur Voraussetzung. Beil\u00e4ufig gesagt gilt der Satz dass Bild und Objekt zu einander perspektivisch liegen unabh\u00e4ngig von der Bedingung dass sie auf koncentrischen Kugelschalen liegen. Dagegen hat die geometrische Aehnlichkeit nur unter dieser Bedingung statt.\nGem\u00e4ss den immer erf\u00fcllt zu denkenden einschr\u00e4nkenden Bedingungen kann der brechende Kugelabschnitt nach allen Seiten nur sehr kleine Centriwinkel umspannen und weicht also nur wenig von einem St\u00fcck einer ihn ber\u00fchrenden Ebene ab. Ebenso k\u00f6nnen aber auch die ein Objekt und das Bild enthaltenden St\u00fccke koncentrischer Kugelschalen nur sehr kleine Abschnitte der ganzen Kugel sein und mithin ebenfalls ann\u00e4herungsweise als St\u00fccke von Ebenen betrachtet werden, welche der als eben betrachteten Trennungsfl\u00e4che parallel sind. Gestatten wir uns diese Vereinfachung, so spricht sich unser Satz dahin aus, dass von einem Objekt, das in einem zur Trennungsfl\u00e4che parallelen ebenen Fl\u00e4chenst\u00fcck ausgebreitet ist, durch Brechung ein optisches Bild entsteht, das gleichfalls in einem zur Treu-","page":10},{"file":"p0011.txt","language":"de","ocr_de":"Brechung von Strahlenb\u00fcndeln durch eine Trennungsfl\u00e4che.\n11\nnungsfl\u00e4che parallelen ebenen Fl\u00e4chenst\u00fccke ausgebreitet ist. Bild und Object sind geometrisch \u00e4hnliche ebene Punktsysteme und entsprechende lineare Abmessungen beider verhalten sich offenbar wegen der perspektivischen Beziehung zum Centrum der Kugel wie die Abst\u00e4nde der Objektebene und der Bildebene von diesem Centrum oder gem\u00e4ss der oben eingef\u00fchrten Bezeichnungsweise wie p + r zu \u25a0p* \u2014 r.\nBetrachten wir jetzt den besonderen Fall wo ein Objektpunkt in unendlicher Ferne liegt, wo also das von ihm ausgesandte Strahlenb\u00fcndel aus lauter parallelen Strahlen besteht, so k\u00f6nnen wir den Abstand des Bildpunktes leicht berechnen, wenn wir f\u00fcr/? den Werth oc in unsere Formel (1) einsetzen. Sie wird dadurch\nn \u2014 1\t1 n\n\u2014----=-----b 1\nr\tp*\nworaus sich f\u00fcr p* der besondere Werth\nnr\nn \u2014 1\nberechnet den wir mit f* bezeichnen und die \u201ezweite Hauptbrennweite\u201c des Medienpaares nennen wollen. Denken wir in dieser bestimmten Entfernung\nnr\nn \u2014 1\noder/* von der Trennungsfl\u00e4che ein zu ihr paralleles ebenes Fl\u00e4chenst\u00fcck, so muss in ihm jedes Bild eines unendlich entfernten Objektes was den sonstigen Bedingungen entspricht zu finden sein. Wir nennen diese Ebene die \u201ezweite Hauptbrennebene\u201c.\nFragen wir zweitens: Wie weit von der Fl\u00e4che muss ein Objektpunkt abstehen, wenn ein von ihm ausgegangenes Strahlenb\u00fcndel durch die Brechung in ein parallelstrahliges verwandelt werden soll, dessen Yereinigungspunkt also erst in unendlicher Ferne gefunden wird? Diese Aufgabe sucht einen Werth von p welchem ein unendlich grosser Werth von p * entspricht. Man hat also nur in die Grundformel f\u00fcr p * den Werth cxd einzusetzen und dann p zu berechnen. Es ergiebt sich aber aus\nn \u2014 1\t1 , n\tr\n-----=---------p =------\u2014 \u2022\nr p oo n \u2014 1\nDiesen Werth von p wollen wir die \u201eerste Hauptbrennweite\u201c nennen und durch / bezeichnen. Legt man demnach in diese Entfernung f von der Trennungsfl\u00e4che ein ihr paralleles ebenes Fl\u00e4chenst\u00fcck so hat man den geometrischen Ort aller Objektpunkte, deren Bildpunkte in unendliche Entfernung fallen, diese Ebene hiesse die","page":11},{"file":"p0012.txt","language":"de","ocr_de":"12\nFick, Physiol. Optik I. 1. Cap. Gang der Lichtstrahlen etc.\nerste Hauptbrennebene. Es ist f\u00fcr ein Medienpaar vor Allem charakteristisch ob seine Hauptbrennweiten positiv oder negativ sind. Das erstere ist offenbar der Fall wenn n >> 1 und r positiv ist oder wenn n << 1 und zugleich r negativ ist, d. h. nach den obigen Festsetzungen stets dann, wenn die Trennungsfl\u00e4che ihre konvexe Seite dem schw\u00e4cher brechenden Medium zukehrt, mag man dies als erstes oder als zweiteg Medium nehmen. Im andern Falle sind / und /* negativ. Im ersten Falle entsteht von einem unendlich fernen Objekte in der Entfernung/* hinter der Trennungsfl\u00e4che ein reelles Bild im zweiten Falle werden parallelstrahlig auffallende B\u00fcndel in divergirende verwandelt deren Richtungen sich nur geometrisch r\u00fcckw\u00e4rts verl\u00e4ngert in je einem Punkte schneiden in einer Entfernung /* von der Trennungsfl\u00e4che, welcher ein negativer Werth zukommt. Ein Mediensystem mit positiven Brennweiten heisst ein \u201ekollektives\u201c eines mit negativen Brennweiten ein \u201edispansives\u201c.\nDurch Einf\u00fchrung der Gr\u00f6ssen / und /* kann man der Grundformel eine neue Gestalt geben, die im weiteren Verlaufe der Untersuchung zur Anwendung bequemer ist als die urspr\u00fcngliche. In der That haben wir gesehen dass\nist und ferner dass\nf* =\nnr n\u2014 1\noder\n1 _n \u2014 1\n7 = ^~\niif, also n =\nr\nf\nist wenn wir also in die Formel n \u2014 1\t1\n~p +\nf\u00fcr\nn \u2014 1\nr p p*\tr\nund n ihre in/und/* ausgedr\u00fcckten Werthe einsetzen, so ergiebt sich\n1 _ 1\t4 f , f*\nf\noder\n(2)\nP' P*\tP P*\nKennt man also f\u00fcr ein durch einen Kugelabschnitt getrenntes Medienpaar die beiden Hauptbrennweiten, welche sich leicht empirisch ermitteln lassen, so kann man ohne das Brechungsverh\u00e4ltniss und den Radius in Rechnung zu ziehen f\u00fcr jeden Objektabstand p den Bildabstand p* berechnen.\nF\u00fcr ein kollektives System (wo/und/* positive Werthe haben) ergiebt die Formel, dass jedem reellen Objekte dessen Abstand > / ist ein reelles Bild entspricht dessen Abstand /?*>/* ist. Man kann ferner noch folgenden Satz aus der Formel leicht herauslesen : Wenn man einen reellen Objektpunkt mit konstanter Geschwindigkeit auf einer beliebigen Centrallinie aus sehr grosser Ferne gegen die","page":12},{"file":"p0013.txt","language":"de","ocr_de":"Brechung von Strahlenb\u00fcndeln durch mehrere Trennungsfl\u00e4chen.\n13\nerste Brennebene heranr\u00fccken l\u00e4sst so bewegt sich der Bildpunkt auf derselben Centrallinie von der zweiten Hauptbrennebene aus in der Richtung der Strahlen anfangs nur sehr langsam und dann immer schneller bis er zuletzt mit unendlich grosser Geschwindigkeit die unendliche Ferne erreicht, wenn der Objektpunkt in die erste Brennebene eintritt. L\u00e4sst man den reellen Objektpunkt \u00fcber die erste Brennebene hinaus nach der Fl\u00e4che wandern (wo dann p < / ist) so taucht der Bildpunkt aus der unendlichen Ferne in der Richtung von woher die Strahlen kommen nunmehr virtuell geworden wieder auf und eilt als solcher dem reellen Objektpunkte nach, den er gerade erreicht, wenn dieser in die Trennungsfl\u00e4che selbst eintritt. Will man den Objektpunkt in derselben Richtung \u00fcber die Trennungsfl\u00e4che hinaus noch weiter wandern lassen, so hat man es nunmehr mit einem virtuellen Objektpunkte d. h. mit dem Centrum eines konvergent auffallenden Strahlenb\u00fcndels zu thun {p ist negativ zu nehmen). Der Objektpunkt wird jetzt wieder reell (p* positiv). Er bewegt sich anfangs noch mit gr\u00f6sserer dann aber abnehmender Geschwindigkeit vor dem immer virtuellen Objektpunkt her, von dem er im Centrum der Kus'el eingeholt wird. Bei noch weiterem Vorr\u00fccken des vir-tuellen Objektpunktes geht der reelle Bildpunkt mit immer abnehmender Geschwindigkeit hinter ihm her und trifft gerade wieder in der zweiten Brennebene ein, wenn der virtuelle Objektpunkt in unendliche Ferne hinausger\u00fcckt ist, was ja in der That so viel heisst, als dass wir wieder wie zuerst ein parallelstrahlig einfallendes B\u00fcndel haben. Es giebt also auf jeder Centrallinie eines Medienpaares zwei Punkte wo Objektpunkt und Bildpunkt zusammenfallen n\u00e4mlich das Centrum und der Schnittpunkt der Centrale mit der Trennungsfl\u00e4che.\nII. Brechung ron StralilenMiiideln durch mehrere Trennungsfl\u00e4chen.1\nWir wollen uns nun ein System von beliebig vielen brechenden Medien vorstellen. Jedes folgende sei vom vorhergehenden getrennt durch einen Kugelabschnitt, welcher nur einen sehr kleinen Bruch-theil der gesammten Kugeloberfl\u00e4che ausmacht. Die s\u00e4mmtlichen Centra dieser Kugeloberfl\u00e4chen sollen auf einer geraden Linie liegen, welche die Axe des Systems heissen mag. Endlich setzen wir noch fest, dass die wirklich durchsichtigen Theile der Kugelabschnitte in\n1 Die Darstellung dieses ganzen Paragraphen h\u00e4lt sich an den Gedankengang, der zuerst von C. Neumann entwickelt ist, in einer Abhandlung \u00fcber \u201eDie Haupt-und Brennpunkte eines Linsensystemes\u201c. Leipzig 1866.","page":13},{"file":"p0014.txt","language":"de","ocr_de":"14\nFick, Physiol. Optik 1.1. Cap. Gang der Lichtstrahlen etc.\nihren Mitten oder \u201eScheiteln\u201c von der Axe durchsetzt werden, so dass jeder Kugelabschnitt nahezu gelten kann als ein St\u00fcck einer zur Axe senkrechten Ebene. Ein solches System haben wir schon in der Einleitung als ein \u201ecentrirtes\u201c System sph\u00e4rischer Trennungsfl\u00e4chen zwischen einer Reihe von brechenden Medien bezeichnet.\nStellen wir uns nun im ersten Medium ein einfallendes d. h. auf die erste Trennungsfl\u00e4che zugehendes homocentrisches Strahlenb\u00fcndel vor dessen Centrum in einigem Abstande von der ersten Fl\u00e4che und nicht weit seitw\u00e4rts von der Axe liegt, so entspricht dasselbe den Bedingungen, welche zur Anwendung der soeben entwickelten Gesetze auf die erste Brechung die es erleiden wird gen\u00fcgen. Nehmen wir also ein ganzes System solcher Strahlenb\u00fcndel an, deren Centra alle in einer zur Axe senkrechten Ebene liegen, so wird durch die erste Brechung ein System von Strahlenb\u00fcndeln entstehen deren Centra ebenfalls in einer zur Axe senkrechten Ebene liegen. Kurz ausgedr\u00fcckt wird die erste Brechung von einem ebenen zur Axe senkrechten Objekte ein (reelles oder virtuelles) Bild erzeugen. Auch werden Objekt und Bild zueinander perspektivisch sein bez\u00fcglich zu einem in der Axe gelegenen Punkte n\u00e4mlich zum Centrum der ersten Fl\u00e4che. Dies Bild d. h. das System der Centra der im zweiten Medium sich fortpflanzenden Strahlenb\u00fcndel kann man aber offenbar auffassen als (reelles oder virtuelles) Objekt f\u00fcr die zweite Brechung, welche die Strahlen beim Uebergange aus dem zweiten ins dritte Medium erleiden. Da das f\u00fcr den neuen Standpunkt als Objekt zu behandelnde Bild unter den gemachten Voraussetzungen auch den Bedingungen entsprechen muss, welche die Anwendung der obigen Regeln auf die zweite Brechung gestatten so wird durch die zweite Brechung abermals ein Bild entstehen, dessen Punkte in einer zur Axe senkrechten Ebene liegen und das perspektivisch zum Objekte also zum ersten Bilde ist bez\u00fcglich zu einem ebenfalls in der Axe gelegenen Punkte n\u00e4mlich zum Centrum der zweiten Fl\u00e4che. Es gilt nun folgender Satz der so leicht einzusehen ist, dass der Beweis nicht ausgef\u00fchrt zu werden braucht: wenn von drei Punktsystemen A, B, C welche in drei einander parallelen Ebenen liegen das erste und das dritte zum zweiten perspektivisch sind bez\u00fcglich zu zwei Punkten, welche beide in ein und derselben zu den drei Ebenen senkrechten Geraden liegen dann ist auch das zweite zum ersten perspektivisch gelegen bez\u00fcglich auf einen in derselben Geraden gelegenen Punkt. Es ist also das durch die zweite Brechung erzeugte Bild zum urspr\u00fcnglichen Objekte perspektivisch gelegen bez\u00fcglich auf einen in der Axe befindlichen Punkt. Durch weitere Anwen-","page":14},{"file":"p0015.txt","language":"de","ocr_de":"Brechung von Strahlenb\u00fcndeln durch mehrere Trennungsfl\u00e4chen. 15\nd\u00fcng desselben Satzes auf die folgenden Brechungen kommen wir zu dem Schl\u00fcsse: das Ergebniss der s\u00e4mmtlichen aufeinanderfolgenden Brechungen so viele ihrer auch stattfinden m\u00f6gen, ist ein Bild dessen Punkte in einer zur Axe senkrechten Ebene liegen und welches perspektivisch liegt zum urspr\u00fcnglichen Objekte und da auch dies in einer zur Axe senkrechten Ebene liegt sind das letzte Bild und das urspr\u00fcngliche Objekt auch geometrisch \u00e4hnlich. Schon nach diesem Resultate kann man den Begriff der Hauptbrennebenen auf das System beliebig vieler brechenden Medien \u00fcbertragen. Man kann n\u00e4mlich als zweite Hauptbrennebene diejenige zur Axe senkrechte Ebene definiren, welche das Bild eines unendlich fernen Objektes enth\u00e4lt und als erste Hauptbrennebene diejenige, in welcher das Objekt liegen muss, wenn das schliessliche Bild in unendlicher Entfernung liegen soll. Die Schnittpunkte dieser beiden Ebenen mit der Axe sollen die Hauptbrennpunkte heissen und durch F* und F bezeichnet werden. Wir schliessen den Fall wo F und F* in unendlicher Ferne liegen, von den folgenden Betrachtungen aus. Wir k\u00f6nnen auch sogleich noch den Satz aussprechen, dass das Bild jedes in der Axe gelegenen Objektpunktes ebenfalls in der Axe liegen muss, denn der mit der Axe zusammenfallende Strahl eines solchen einfallenden B\u00fcndels geht ohne Aenderung der Richtung durch das ganze System da er auf alle Fl\u00e4chen senkrecht trifft, einer der gebrochenen Strahlen f\u00e4llt also mit der Axe zusammen und auf ihr muss der Bildpunkt liegen, da er ja auf jedem der gebrochenen Strahlen liegt.\nEs soll jetzt bewiesen werden, dass in dem System, mag es sonst beschaffen sein wie es wolle, wenn es nur den vorhin ausgesprochenen Bedingungen, gen\u00fcgt, zwei zur Axe senkrechte Ebenen existiren deren erster als Objektebene, die zweite als Bildebene so entspricht, dass zu einem in der ersten beliebig angenommenen Objektpunkte ein Bildpunkt geh\u00f6rt, der in der zweiten Ebene und mit dem Objektpunkt auf derselben zur Axe parallelen Geraden liegt, dass die beiden Punkte sich in derselben durch die Axe gelegten Ebene finden m\u00fcssen versteht sich von selbst, weil es von jedem als Objekt und Bild zusammengeh\u00f6rigen Paare von Punkten wegen der allgemeinen perspektivischen Beziehung gilt.\nZum Zwecke des Beweises der Existenz zweier solcher Ebenen stellen wir uns vor es sei AA\\ (Fig. 2) die Axe des Syst\u00e8mes und die Kreisbogen aSiaSi, S2S2, S3 S3 seien die Schnitte der brechenden Fl\u00e4chen mit der Ebene der Zeichnung, deren Zahl nat\u00fcrlich auch gr\u00f6sser als 3 gedacht werden darf. Das erste Medium haben wir uns also links von aSiaSi zu denken das letzte (hier das 4.)","page":15},{"file":"p0016.txt","language":"de","ocr_de":"16\nFick. Physiol. Optik 1.1. Cap. Gang der Lichtstrahlen etc.\nrechts von S3 \u00a33. Die Punkte Fund F* seien der erste und zweite Brennpunkt des Syst\u00e8mes. Wir denken uns nun einen einfallenden Strahl P\u00e6 parallel zur Axe. Diesem muss als gebrochener im letzten Medium ein Strahl entsprechen, dessen Richtung nothwendig durch den Brennpunkt F* geht, da der Strahl P\u00e6 betrachtet werden kann\n\u00c0\nFig. 2.\nals Bestandteil eines B\u00fcndels, das von einem in der Axe unendlich weit abstehenden Punkte ausgegangen ist, und dessen Bild folglich F* ist. Ferner liegt der gebrochene Strahl nothwendig mit dem einfallenden und mit der Axe in einer\u2019Ebene, d. h. in der Ebene der Zeichnung, die f\u00fcr die s\u00e4mmtlichen vorkommenden Brechungen \u201eEinfallsebehe\u201c ist. Die Richtung dieses Strahles muss demnach die Richtung des einfallenden Strahles nothwendig irgendwo im Endlichen also etwa im Punkte e* schneiden, da wir den Fall ausdr\u00fccklich ausgeschlossen haben, wo das System die Besonderheit h\u00e4tte, dass einem parallelstrahligen einfallenden B\u00fcndel ein parallelstrah-liges im letzten Medium entspr\u00e4che.\nWir denken uns nun zweitens die fortgesetzte Richtung des einfallenden Strahles P\u00e6 von der letzten Fl\u00e4che an als einen physischen gebrochenen Strahl yQ und sehen sogleich, dass diesem als einfallender Strahl einer entsprechen muss, der durch den Punkt F geht und der ebenfalls in der Ebene der Zeichnung liegt, da der angenommene gebrochene Strahl yQ Bestandtheil eines nach einem unendlich fernen Bildpunkt in der Axe konvergirenden B\u00fcndels sein k\u00f6nnte, welcher dem Punkt F als Objektpunkt entsprechen w\u00fcrde. Der zu yQ geh\u00f6rige einfallende Strahl muss aber aus den schon ausgef\u00fchrten Gr\u00fcnden die Richtung yQ resp. PQ im Endlichen treffen, der Schnittpunkt sei beispielsweise e. Es kann also nicht bezweifelt werden, dass auf irgend einer zur Axe parallelen Richtung PQ zwei Punkte e und e* zu finden seien von denen der eine e Durchschnittspunkt zweier einfallender Strahlen ist und von denen der andere e* der Durchschnittspunkt der jenen beiden entsprechenden gebrochenen","page":16},{"file":"p0017.txt","language":"de","ocr_de":"Brechung von Strahlenb\u00fcndeln durch mehrere Trennungsfl\u00e4chen. 1 7\nStrahlen ist. Es bedarf wohl nicht der Ausf\u00fchrung des logischen Beweises daf\u00fcr, dass zwei solche Punkte in der Beziehung von Objektpunkt und Bildpunkt zueinander stehen, d. h. dass alle Strahlen, welche sich als einfallende im Punkte e schneiden nach erlittenen Brechungen ein homocentrisches B\u00fcndel bilden, dessen Centrum e* ist.\nLegen wir nun durch e und e* zwei zur Axe senkrechte Ebenen EE und E*E* so sind es diejenigen, welche in der vorhin angek\u00fcndigten Wechselbeziehung stehen. Denn wenn man von einem Punkte einer zur Axe senkrechten Ebene weiss, dass sein Bildpunkt in einer bestimmten zweiten zur Axe senkrechten Ebene enthalten ist, so m\u00fcssen alle Bildpunkte in der letzteren liegen, welche in der ersteren gelegenen Objektpunkten entsprechen. Die allgemein g\u00fcltige perspektivische Beziehung zwischen Objekt und Bild ergiebt aber sofort noch den Satz, dass einem Punkte der Ebene E als Objektpunkt derjenige Punkt der Ebene E* als Bildpunkt entsprechen muss, welcher auf einer durch den Objektpunkt zur Axe parallelen Geraden liegt. In der That kann ja der Punkt der Axe, wo sich alle Verbindungslinien der Objektpunkte und ihrer Bildpunkte schneiden hier nur der unendlich ferne Punkt der Axe sein, da sich in ihm zwei dieser Verbindungslinien n\u00e4mlich PQ und die Axe selbst schneiden. Die beiden soeben definirten Ebenen sollen die erste und zweite \u201eHauptebene\u201c und ihre Durchschnittspunkte mit der Axe der erste und zweite Hauptpunkt heissen. Diese beiden Punkte sollen gleichfalls mit den Buchstaben E und E* bezeichnet werden.\nDer Abstand des ersten Brennpunktes F von der ersten Hauptebene E heisse die \u201eerste Hauptbrennweite\u201c und werde mit /bezeichnet, ebenso heisse die Entfernung E*F* die zweite Hauptbrennweite des Systems und werde mit f * bezeichnet, f und /* sind offenbar Gr\u00f6ssen, welche f\u00fcr ein bestimmtes System ein f\u00fcr allemal angebbare konstante Wertlie besitzen. Ferner wollen wir auch alle anderen Objektabst\u00e4nde, die wie fr\u00fcher mit p bezeichnet werden sollen, von E aus messen und zwar mit der Bestimmung, dass ein positiver Werth von p die Lage des Objektpunktes auf der Seite von E andeute, von wo die Strahlen kommen, ein negativer die Lage auf der Seite von E wohin die Strahlen gehen, diese Bestimmung gilt auch f\u00fcr die Brennweite f Andererseits sollen die mit p* zu bezeichnenden Bildabst\u00e4nde von E* aus gemessen werden und hier soll ein positiver Werth von p* andeuten, dass der Bildpunkt auf der Seite von E* liegt, nach welcher die Strahlen hingehen, ein negativer, dass er auf der Seite liegt von wo die Strahlen kommen,\nHandbuch der Physiologie. Bd. III.\t2","page":17},{"file":"p0018.txt","language":"de","ocr_de":"18\tFick, Physiol. Optik I. 1. Cap. Gang der Lichtstrahlen etc.\ndiese letztere Bestimmung ist auch f\u00fcr das Vorzeichen von /* maassgebend. Es l\u00e4sst sich nun leicht zeigen, dass zwischen den soeben definirten Gr\u00f6ssen, n\u00e4mlich den Konstanten / und /* und den Variablen p und p* dieselbe Gleichung gilt, welche wir f\u00fcr die weiter oben in einem Medienpaare definirten Gr\u00f6ssen \u00e4hnlicher Bedeutung g\u00fcltig gefunden haben.\nIn der That es sei AAi (Fig. 3) die Axe des Systems E und E* seine Hauptebenen resp. Hauptpunkte, F und E* seine Brennpunkte.\np\t\te,\t\\c*\nA\t\u2014^\t\t\tA,\n\tj1 ^\t-\t\u00a3\tp*\n\t\teJ\"\t\\e*\t\u25a0\nFig. 3.\nEs sei ferner P ein beliebig gew\u00e4hlter nur den allgemeinen Grundbedingungen entsprechender Objektpunkt. Von den einfallenden Strahlen, welche in ihm ihr Centrum haben, w\u00e4hlen wir zwei aus, n\u00e4mlich denjenigen Pe, welcher der Axe parallel geht und denjenigen PP, welcher den ersten Brennpunkt F enth\u00e4lt. Der erstere k\u00f6nnte einerseits Bestandtheil eines B\u00fcndels sein das der Punkt e, wo er die erste Hauptebene trifft zum Centrum hat. Da nun dem Punkt e der in der Verl\u00e4ngerung von Pe gelegene Punkt e* der zweiten Hauptebene als Bildpunkt entspricht, so muss der entsprechende gebrochene Strahl durch den Punkt e* gehen. Pe kann aber auch als Bestandtheil eines B\u00fcndels betrachtet werden, dessen Strahlen der Axe parallel verlaufen, es muss ihm also als gebrochener ein Strahl entsprechen, dessen Richtung durch den zweiten Brennpunkt F* geht. Durch diese zwei Bestimmungen ist der zu Pe als einfallendem geh\u00f6rige gebrochene Strahl vollst\u00e4ndig gegeben, er muss in die Richtung der Verbindungslinie von e* und F* fallen.\nDer zweite gew\u00e4hlte einfallende Strahl PF treffe geh\u00f6rig verl\u00e4ngert die Ebene E in ei ; dann muss die Richtung1 des gebrochenen Strahles gem\u00e4ss der Beziehungen der Hauptebenen durch denjenigen Punkt ei* der Ebene E* gehen, welcher mit e\\ auf einer zur Axe parallelen Geraden liegt. Sie muss aber mit dieser Geraden selbst \u00fcberdiess zusammenfallen, da der einfallende Strahl durch F geht und ein von F ausgehendes B\u00fcndel nach erlittenen Brechungen aus lauter zur Axe parallelen Strahlen besteht. Der Punkt P* also wo die durch ei * zur Axe parallel gezogene Gerade die zuerst kon-","page":18},{"file":"p0019.txt","language":"de","ocr_de":"Brechung von Strahlenb\u00fcndeln durch mehrere Trennungsfl\u00e4chen.\n19\nstruirte Linie c*P* schneidet, ist der Bildpunkt f\u00fcr den Objektpunkt P, denn wo sich zwei gebrochene Strahlen schneiden, welche zweien demselben homocentrisch einfallenden B\u00fcndel angeh\u00f6renden entsprechen, da m\u00fcssen sich alle schneiden, da ja das gebrochene B\u00fcndel ein homocentrisches sein soll.\nMan bemerkt nun leicht, dass die Dreiecke Fei E und Feie einander \u00e4hnlich sind, und ebenso die Dreiecke E*e*F* und ei*e*P*. Es gelten daher die beiden Gleichungen\nei K __ FE e*E* E*F* e\\ e Pe U11C ei*e*\te*P*\noder da gem\u00e4ss der verabredeten Bezeichnungsweise FF = /, E*F*^f*, eP = p und ei *P*=p* ist\nei E ei e\naddirt man diese beiden ei E ei e\nf\te*E*\tf*\n= \u2014 und \u2014x = \u2014? p\tei*e*\tp*\nGleichungen zueinander so ergiebt sich\ne*E* _ f r ei * e* p p*\nda aber offenbar eie = e*ei* ist, sowie e*F* = eE so ist die Summe linker Hand = 1 und die Gleichung geht \u00fcber in\nf f* 1 = L-\\- 4\nP P\n(2*)\nBezeichnet man die senkrechte Entfernung des Objektpunktes von der Axe eE= e*E* (Siehe Fig. 3) mit 1 und die senkrechte Entfernung des entsprechenden Bildpunktes ei E = ei *P* mit l* so erh\u00e4lt man durch Division der soeben zueinander addirten Gleichungen noch\ndie Beziehung\nMan kann aber noch folgern\n\u2018PT:0derP = /*4-\n/* p*f\tp\tp*\nauch aus der Aehnlichkeit der beiden Dreieckspaare l_P \u2014 f=\tf*\nl* f\t\u2014\nund da, wenn die Summe der Dividenden durch die Summe der Divisoren zweier gleicher Quotienten dividirt ein ihnen gleicher Quotient entsteht\t]___p + (f* \u2014 f)\ni*\tP* \u2014 (f* \u2014 f).........\n(3)\nDie Differenz der beiden Brennweiten spielt in dieser Formel offenbar eine \u00e4hnliche Bolle, wie der Halbmesser einer einzigen trennenden Kugelfl\u00e4che in der S. 11 ausgedr\u00fcckten Beziehung zwischen der Gr\u00f6sse des Objektes und des Bildes. Wir wollen sie mit ^ bezeichnen und wollen diese L\u00e4nge von E und P* aus auf der Axe abtragen in der Richtung, nach welcher die Strahlen gehen. Wir erhalten so die beiden Punkte K und K* (Siehe Fig. 3), welche wir","page":19},{"file":"p0020.txt","language":"de","ocr_de":"20\nFick. Physiol. Optik I. 1. Cap. Gang der Lichtstrahlen etc.\ndie Knotenpunkte des Systems nennen wollen. Diese Punkte haben offenbar zufolge der Gleichung (3) die Eigenschaft, dass irgend eine lineare Erstreckung eines zur Axe senkrechten Objektes sich zur entsprechenden Erstreckung des Bildes verh\u00e4lt, wie der Abstand des Objektes vom ersten zum Abstande des Bildes vom zweiten Knotenpunkte. Man sieht ferner leicht, dass K* das Bild von K ist, denn der Werth von q f\u00fcr p und p * in die Grundgleichung eingesetzt gen\u00fcgt derselben, nur muss man beachten, dass f\u00fcr p die Gr\u00f6sse o mit negativen Vorzeichen einzusetzen ist, da K als Objektpunkt betrachtet hinter der ersten Hauptebene liegt. Hieraus, in Verbindung mit der ersten Eigenschaft der Knotenpunkte, ergiebt sich noch die Folgerung, dass jedem im ersten Medium auf K zielenden Strahle im letzten Medium ein durch K* gehender dem einfallenden paralleler Strahl entspricht. Der Beweis ist so einfach, dass er nicht ausf\u00fchrlich gegeben zu werden braucht.\nSchliesslich mag noch auf ein merkw\u00fcrdiges Verh\u00e4ltniss der als Brennweiten des Systems (f und f*) definirten Gr\u00f6ssen aufmerksam gemacht werden. Es ist erstens klar, dass die obige Gleichung\np p\nauch f\u00fcr den Fall nur einer einzigen brechenden Fl\u00e4che Geltung haben muss, in welchem Falle dann die Entfernungen f p, f* p* s\u00e4mmtlich von dem Scheitel der brechenden Fl\u00e4che selbst nach beiden Seiten hin zu messen sind. Wenden wir sie auf die Brechung an der ersten Fl\u00e4che unseres Systems an, indem wir die dabei geltenden Werthe der Brennweiten mit fi und f% bezeichnen. Ebenso sollen die jetzt an die Stelle von /, /*, p und p* tretenden Gr\u00f6ssen mit h, h, pi und p-i bezeichnet werden. Beziehen wir nun alle Punkte auf ein Koordinatensystem, dessen Ursprung 0 ein willk\u00fchrlich gew\u00e4hlter Punkt der als x-Axe angenommenen Axe des Systems ist und dessen ;r?/-Ebene diejenige Ebene ist, welche ausser der Axe noch den betrachteten Objektpunkt und mithin auch den Bildpunkt enth\u00e4lt. Gem\u00e4ss diesen Verabredungen dr\u00fccken sich die Gr\u00f6ssen hj h pi und p-2 in den Koordinaten xi yi des Objektpunktes und den Koordinaten x-2, y-i des Bildpunktes folgendermaassen aus. Wenn die Abscisse des Scheitels der Fl\u00e4che mit S bezeichnet wird h =yi h \u2014 \u2014 y-i p = S \u2014 xi p-i \u2014 Xi \u2014 S und es gilt also zwischen diesen Koordinaten einerseits die Gleichung\nA\nS \u2014 x\\\n= 1,\nandererseits\nA yi _ fr y-2\nS \u2014 x\\. S \u2014 Xi\nSind \u00a3i Tji die Koordinaten eines anderen Objektpunktes und \u00a32 ^2 die des entsprechenden Bildpunktes bezogen auf denselben Ursprung und dieselben Axen dann gelten ebenso die Gleichungen\nA fr , frrp\nS-\u00c7\n= t und\n1\t\u2014 $2\n frm s \u2014 \u00a31\t5 \u2014 \u00a32\n5","page":20},{"file":"p0021.txt","language":"de","ocr_de":"Brechung von Strahlenb\u00fcndeln durch mehrere Trennungsfl\u00e4chen. 21\nWenn man jetzt von der ersten Gleichung in x y die erste in \u00a31 rt sub-trahirt, so ergiebt sich\nfi (xi \u2014 h)\th (^2 \u2014 h)\n(S \u2014 xi) (.S\u2014 $i)~ (S \u2014 X2) (S \u2014 h)'\nDurch Multiplication der beiden anderen Gleichungen jener Paare erh\u00e4lt man\tf\u00efyiVi\tfly %r\u00df\n(S\u2014xi)(S\u2014 gi)= (S \u2014 x2) (S \u2014 $2)\u2019 und wenn man endlich die beiden gefundenen Gleichungen durch einander dividirt so hat man\nfi y\\ rn __ fi y-2 r,2\nX\\ \u2014 \u00e8l\tX2 -- \u00a32\nNun haben wir oben (S. 12) gesehen, dass die beiden Brennweiten eines Medienpaares ein Verh\u00e4ltniss zu einander haben, welches dem Brechungsindex n beim Uebergange vom ersten ins zweite maassgebend ist. Bekanntlich ist aber\tVi\nV2\nwenn vi und V2 beziehlich die Fortpflanzungsgeschwindigkeiten des Lichtes im ersten und im zweiten Medium bedeuten also\nh____\nfl\tV2\nDurch Einsetzen dieses Werthes geht die letzte Gleichung \u00fcber in\nyi 771\t_ yi 772\nVl(Xl\u2014h)\tV2 (X2\t\u2014 h)\nGehen wir nun zur Brechung an der zweiten Fl\u00e4che \u00fcber, indem wir die von der ersten gelieferten Bildpunkte f\u00fcr die zweite als Objektpunkte ansehen, so m\u00fcssen offenbar die auf denselben Koordinatenursprung bezogenen Koordinaten Xi, yi \u00a73, 773 des neuen Bildpunktes zu X2, y2 und \u00a32, 772 in derselben Beziehung stehen wie diese zu xi, yi und \u00a31, 771 d. h. wenn man die Fortpflanzungsgeschwindigkeit des Lichtes im dritten Medium \u2014 v-i setzt, muss die Gleichung gelten\n^\t=\ty.?. also auch .\t. .\nV2 (X2 - \u00a32) Vi (Xi ---- \u00a33)\tV\\ {X\\ \u2014 \u00a3l) Vi (Xi ---- $3)\nWendet man dies Verfahren der Reihe nach auf s\u00e4mmtliche Brechungen an, bezeichnet die auf Strahlen im letzten Medium bez\u00fcglichen Gr\u00f6ssen mit dem Index * und l\u00e4sst bei den Gr\u00f6ssen, die sich auf Strahlen im ersten Medium beziehen, die Indices ganz fort, so kommt man auf eine Gleichung, welche eine direkte Beziehung zwischen den auf das erste und letzte Medium bez\u00fcglichen Gr\u00f6ssen herstellt n\u00e4mlich\nyy = y*i*\nv {x \u2014 \u00a7)\tv*(x* \u2014 \u00a3*)\nHier sind x, y und \u00a3, 77 die Koordinaten zweier ganz beliebiger Objektpunkte, x*} y* und \u00a7*,77* die der entsprechenden Bildpunkte. Wir w\u00e4hlen nun den einen der beiden willk\u00fchrlichen Objektpunkte in der ersten Hauptebene E, deren Abscissenwerth auch mit dem Buchstaben E bezeichnet werden soll, so dass x E wird. Seine Ordinate y sei h, dann sind offenbar die Koordinaten des Bildpunktes x* \u2014 E* (wenn der Buchstabe E* ebenfalls zur Bezeichnung des Abscissenwerthes der Ebene","page":21},{"file":"p0022.txt","language":"de","ocr_de":"22\nFick. Physiol. Optik I. 1. Cap. Gang der Lichtstrahlen etc.\nE* gebraucht wird) und y* = h. Die Koordinaten \u00a3 und r, des zweiten Objektpunktes wollen wir nun durch die andern fr\u00fcher gebiauchten Gr\u00f6ssen ausdriicken und haben dann\n% = E \u2014 p, rj = l und '\u00a3* = E* -\\-p*, ^ = \u2014\nDass die Ordinate des anderen Bildpunktes nicht = \u2014 h sondern = h zu setzen ist hat darin seinen Grund, dass wir sie nicht erst als ein /* aus dem entsprechenden l berechnet haben. Durch Einsetzen dieser 8 Werthe in die Formel ergiebt sich\nniEL\np(\u00c6-'i+7j\u2014 u* (A*-\u00a3*-/>*) 0der Vf=V*f*-\nin Worten die beiden Brennweiten des Systems verhalten sich umgekehrt wie die Fortpflanzungsgeschwindigkeiten des Lichtes im ersten und letzten Medium. Sind also diese beiden Medien ein und dasselbe, wie das bei Fernrohren, Mikroscopen etc. der Fall ist, wo die Strahlen aus Luft kommen und zuletzt wieder in Luft gehen, so sind die beiden Brennweiten einander gleich.\nBei einem der direkten Beobachtung \u00fcberall zug\u00e4nglichen Systeme kann man die Lage der optischen Cardinalpunkte auf der Axe leicht empirisch bestimmen. Die Aufgabe besteht offenbar darin die Entfernungen der 4 Punkte F} E, E *, F* von einem willk\u00fchrlich gew\u00e4hlten Ausgangspunkt in der Axe zu finden. Man muss also f\u00fcr zwei Objektpunkte die Koordinaten x, y und \u00a3, rj, sowie auch die\nKoordinaten ihrer Bildpunkte x\nund \u00a3*, ry* bezogen auf den\nwillklihrlichen Ursprung und die Axe des Systems als #-Axe, indem man die Bildpunkte auf geeignet gestellten Schirmen zur Darstellung bringt. Man beachte nun, dass, wenn man die Abscissen der Cardinalpunkte durch die Buchstaben Ff E} E*t F* wie sie selbst bezeichnet, die Gleichung\nf\tf*\n- + *-\t= 1\np\tp*\nf\u00fcr das erste Paar von konjungirten Punkten \u00fcbergeht in E \u2014 F\tF* \u2014E*\nE \u2014 x ' x* \u2014 E*\nund die Gleichung\nl \u2014 \u2014 l* Er in\nF)y (F* \u2014 E*) y*\n0.\np\tp*\tE \u2014 x\tx* \u2014 E\nZwei entsprechende Gleichungen ergeben sich f\u00fcr den zweiten Objekt- und Bildpunkt. Aus diesen 4 Gleichungen, in welchen a?, y und x*j y* sowie \u00a3, y und \u00a3*, y* als empirisch bestimmt und mithin bekannt gelten, k\u00f6nnen die 4 gesuchten Gr\u00f6ssen F: E, E*} F* berechnet werden. Wenn man mehr als zwei Objekt- und Bildpunkte","page":22},{"file":"p0023.txt","language":"de","ocr_de":"23\nBrechung von Strahlenb\u00fcndeln durch mehrere Trennungsfl\u00e4chen.\nempirisch bestimmt ergeben sich einander gegenseitig kontrollirende Bestimmungen der gesuchten Gr\u00f6ssen.\nWenn man in dem brechenden System nicht \u00fcberall bildauffangende Schirme in genau messbaren Lagen aufstellen kann, so ist die zuletzt angedeutete empirische Ermittelung der Brenn- und Hauptpunkte unausf\u00fchrbar. Man kann aber ihre Lage durch Rechnung finden, wenn die maassgebenden Constanten des Syst\u00e8mes bekannt sind. Es sind dies offenbar folgende Gr\u00f6ssen: erstens die Brechungsindices der einzelnen Medien, und zwar soll unter dem Brechungsindex eines Mediums derjenige verstanden werden, welcher beim Uebergang von Luft in dies Medium Geltung hat, so dass der Brechungsindex der Luft selbst (die gemeiniglich das erste Medium des brechendem Systems bildet) = 1 zu setzen ist. Diese Brechungsindices sollen der Reihe nach mit no, m, m, . . . . n* bezeichnet werden. Zweitens sind es die Entfernungen der Scheitel der brechenden Fl\u00e4chen in der Axe von irgend einem darin gew\u00e4hlten Anfangspunkt. Diese Gr\u00f6ssen wollen wir der Reihe nach mit Si, S-i ,-------S* bezeichnen ihre An-\nzahl ist um 1 kleiner als die Anzahl der Gr\u00f6ssen n. Drittens m\u00fcssen bekannt sein die Gr\u00f6ssen Ci \u2014 *Si, C2 \u2014 S2 , . . . C* S*, wo unter G, C2 etc. die Entfernungen der Mittelpunkte der einzelnen Kugelfl\u00e4chen von dem willk\u00fchrlich gew\u00e4hlten Anfangspunkte verstanden sind, Die Differenz C/u \u2014 Sli ist also ihrem absoluten Werthe nach der Halbmesser der aten Trennungsfl\u00e4che. Die Differenz hat aber ein charakteristisches Vorzeichen und zwar das positive, wenn der Mittelpunkt hinter, das negative, wenn er vor dem Scheitel liegt, oder mit anderen Worten der Radius ist in die Rechnung mit positivem Zeichen einzuf\u00fchren, wenn die ankommenden Strahlen auf die konvexe Seite der Fl\u00e4che, mit negativem wenn dieselben auf die konkave Seite fallen. Sind alle diese Gr\u00f6ssen gegeben, so ist offenbar das System optisch vollst\u00e4ndig charakterisirt und es muss also auch m\u00f6glich sein die Lage der Hauptpunkte und Brennpunkte in der Axe zu bestimmen, deren Existenz durch die fr\u00fcheren Betrachtungen erwiesen ist.\nDie Art wie die Lage der Cardinalpunkte aus den gegebenen Constanten zu berechnen ist, hat Gauss 1 in seinen ber\u00fchmten \u201edioptrischen Untersuchungen\u201c sehr elegant entwickelt. Die Wiedergabe dieser Ent-\n1 Gauss, Dioptrisclie Untersuchungen, besonderer Abdr. aus den Abbandl. der G\u00f6ttinger Gesellschaft. G\u00f6ttingen 1841. Neuere Darstellungen der Berechnungsweise der Cardinalpunkte finden sich in verschiedenen monographischen Darstellungen : Zehender, Anleitung zum Studium der Dioptrik des Auges. Erlangen 1856; Mat-thiessen, Grundriss der Dioptrik etc. Leipzig 1877.","page":23},{"file":"p0024.txt","language":"de","ocr_de":"24\nFick, Physiol. Optik I. 1. Cap. Gang der Lichtstrahlen etc.\nwicklung w\u00fcrde indessen hier zu viel Raum in Anspruch nehmem und kann um so eher hier unterlassen werden, als diese Entwickelung mit aller Ausf\u00fchrlichkeit und Strenge in dem in medicinischen Fachkreisen weit verbreiteten Handw\u00f6rterbuch der Physiologie von Listing2 dargestellt ist. Wir begn\u00fcgen uns daher damit die Rechnungsregel unbewiesen hier wiederzugeben. Man schreibe sich die charakteristischen Con-stanten des Syst\u00e8mes in folgender Ordnung nieder, wobei die Anzahl der Fl\u00e4chen m und also die der Medien m + 1 sein soll\nWo\tCl\t\u2014 \u00a31\t\nWi\tC2\t\u00a32 \u2014 \u00a32\t\u2014 \u00a31\nW2 W3\t&\t\u00a33 \u2014 \u00a33\t\u2014 \u00a32\n\u00a3* \u2014 Sm\u2014i\nUm-l C* \u2014 S* n*\nHierauf bilde man daraus folgende Gr\u00f6ssen\nwo\nm \u2014 wo\n\n\nCi\u2014Si\nui \u2014 wi\n(h \u2014 S\u00ef\nm \u2014 W2 Cs \u2014 \u00a33\ni\\ = h =\n\u00a32 \u2014 \u00a31 n\\\n\u00a33 \u2014 \u00a32 ri2\nUm-1\nW*\nUm\u20141 Um\u20142\nC/n\u20141 Sm\u2014i\n71*\u2014 Um 1\nc* \u2014 s*\nt* =\ns* \u2014 sm-l\nUm\u20141\nDiese Gr\u00f6ssen sind hierauf in die Reihenfolge\nWo, , t, , Ml, , h , U2 ,...Um- 1, t*, U*\nzu bringen und aus den Elementen dieser Reihe sind vier E\u00fcLERsche Kettenfunktionen folgendergestalt zu bilden. Im allgemeinen bildet sich eine solche aus einer beliebigen Reihe von Elementen, in dem mit dem Produkte der s\u00e4mmtlichen Elemente multiplicirt wird eine Summe, welche aus einer Reihe von Summandengruppen gebildet ist. Die erste Gruppe ist die 1 die zweite besteht aus den reciproken Werthen der Produkte von je zwei benachbarten Elementen; die dritte Gruppe aus den reciproken Werthen der Produkte derjenigen Paare von Nennern der zweiten Gruppe die kein gemeinsames Element haben, die vierte aus den reci-\n1 Wagner\u2019s Hwb. Bd. IY. Artikel Dioptrik des Auges.","page":24},{"file":"p0025.txt","language":"de","ocr_de":"Brechung von Strahlenb\u00fcndeln durch mehrere Trennungsfl\u00e4chen.\n25\nproken Werthen der Produkte von je drei Nennern der zweiten Gruppe ohne gemeinsames Element in den ferneren Gruppen w\u00fcrden die Produkte von je 4, je 5 etc. jener Nenner als Nenner auftreten. Offenbar bricht die Bildung dieser Gruppen einmal von selbst ab, wenn nicht mehr die erforderliche Anzahl von Produkten ohne gemeinschaftliches Element zu finden ist.\nWenn wir eine solche Funktion einfach durch die eingeklammerte Reihe der Elemente bezeichnen, so h\u00e4tten wir beispielsweise (ft) = a\n(a,b) = ab {1 + \u20221\nabr\n(ft, b, c) = abc ( 1 -j- \u2014\u2014 \u2014f- \u2014\u2014\nab 1 bc\n(a,b,c,d) = abcd( 1+T-+T + -L\n\n(\"\u2019 b>c\u2019d;e) -abcde'[X+h,+lc + bd+Je\nabcd j\n1\n1\n,+\n1\nabcd bcde abde\n\nF\u00fcr die Rechnung ist es indessen bequemer die Klammer aufzul\u00f6sen, indem man das Produkt den s\u00e4mmtlicheu Elemente mit 1 und den s\u00e4mmt-lichen Br\u00fcchen multiplicirt.\nNach diesem Schema bilde man aus den mit u und t bezeichneten Gr\u00f6ssen folgende 4 Kettenfunktionen\ng = (WO, h, Ui,\th, U2\t...\t.\tum-\\,\t(*)\nh = Oi, wi,\th, Ui\t...\t.\twm_i,\t/*)\nk = (wo, ti, ui,\th, Ui\t. . .\t.\tum-\\,\tt*, u*)\nl = (ti,U\\,ti,Ui\t...\t.\tWm_i,\tt*, u*)\nMit Hilfe dieser 4 Gr\u00f6ssen berechnet sich die Entfernung, in welcher die erste Hauptebene hinter der ersten Trennungsfl\u00e4che des Systems liegt\nno (1 \u2014 \u00cf)\nE \u2014 Si \u2014 \u2014 :\nk\nund die Entfernung in welcher die zweite Hauptebene vor der letzten Fl\u00e4che des Systems liegt\n\nn* ( 1 \u2014 g)\nk\nsowie ferner die Entfernung, in welcher der erste Brennpunkt vor der ersten Trennungsfl\u00e4che zu finden ist n\u00e4mlich\nS __ F ^ _ fto \u2022 fr h\nund die Entfernung, in welcher der zweite Brennpunkt hinter der letzten Trennungsfl\u00e4che liegt\nF* \u2014 S* = \u2014\nn*.g\nk\nDie Lage der Knotenpunkte ergiebt sich dann leicht nach der oben gegebenen Definition derselben.","page":25},{"file":"p0026.txt","language":"de","ocr_de":"26\nFick, Physiol. Optik I. 2. Cap. Anatomische Voraussetzungen.\nZWEITES CAPITEL.\nAnatomische Voraussetzungen.\nI. Die H\u00fcllen des Augapfels.\nWie aus der Anatomie bekannt, ist im Augenhintergrund eine Nervenausbreitung der Netzhaut zu finden, von welcher sp\u00e4ter gezeigt werden wird, dass sie den in der Einleitung gestellten Bedingungen entspricht. Vor ihr liegen 4 durchsichtige Medien, n\u00e4mlich zun\u00e4chst die sogenannte Glasfeuchtigkeit oder der Glask\u00f6rper, die Linse, die w\u00e4ssrige Feuchtigkeit und endlich die Hornhaut, welche im Augenlidspalt zu Tage tretend, den Lichtstrahlen aus der Luft den Eintritt gestattet, so dass dieselben durch sie, die w\u00e4ssrige Feuchtigkeit, die Linse und den Glask\u00f6rper zur Netzhaut Vordringen k\u00f6nnen, indem sie beim Uebergang von einem Medium zum andern im Allgemeinen eine Brechung erleiden.\nDie durchsichtigen K\u00f6rper des Auges sind umschlossen von drei gr\u00f6sstentheils einander unmittelbar anliegenden H\u00fcllen. Die \u00e4usserste H\u00fclle ist die harte Haut des Auges tunica sclerotica, von welcher die schon erw\u00e4hnte durchsichtige Hornhaut selbst den vordersten Abschnitt bildet. Die Sclerotica ist aus weissem ziemlich undurchsichtigem Sehnengewebe gebildet und durchschnittlich etwa 0,5 mm. dick. Sie geht in die Hornhaut stetig \u00fcber, deren Struktur jedoch von der ihrigen wesentlich abweicht, wie aus der Histiologie bekannt ist. Die \u00e4ussere Oberfl\u00e4che der Sclerotica ist ann\u00e4hernd eine Kugeloberfl\u00e4che, doch ist die Abweichung schon mit dem Augenmaasse bemerkbar. Hinten, der Hornhaut gegen\u00fcber, ist n\u00e4mlich die Sclerotica etwas abgeplattet, so dass die gr\u00f6ssten Durchmesser von etwa 23\u201426 mm. in die Aequatorialebene fallen. Es sei hier ein f\u00fcr allemal bemerkt, dass wir zur Orientirung am Augapfel die geographische Bezeichnungsweise anwenden wollen. Diejenige Gerade, welche vom Hornhautscheitel zu dem von ihm am weitesten abstehenden Punkte der Oberfl\u00e4che geht, und um welche die Theile des Auges sehr ann\u00e4hernd symmetrisch liegen, heisse die \u201eAxe des Auges\u201c, ihre Enden die \u201ePole\u201c. Jede durch die Axe gelegte Ebene heisse eine \u201eMeridianebene\u201c des Auges, und die im Mittelpunkt der Axe zu ihr senkrechte Ebene die \u201eAequatorialebene\u201c.\nDie Hornhautfl\u00e4che bildet geometrisch nicht die stetige Fort-","page":26},{"file":"p0027.txt","language":"de","ocr_de":"Die H\u00fcllen des Augapfels.\n27\nSetzung* der Scleroticaoberfl\u00e4che, sondern ist merklich convexer, was man schon am Auge des Lebenden sehen kann. Daher kommt es, dass, trotz der Abplattung am hinteren Pole, doch die Axe von Pol zu Pol gemessen, etwa gerade so lang ist wie der gr\u00f6sste Aequa-torialdurchmesser, n\u00e4mlich 23\u201426 mm.\nDie Hornhaut ist auf ihrer Vorderfl\u00e4che mit einem Plattenepithel bekleidet, das die Fortsetzung des Epithels ist, welches den ganzen Conjunktivasack auskleidet. Die hintere Fl\u00e4che der Hornhaut ist noch mit einer besonderen Membran, der sogenannten mem-brana Descemetii, \u00fcberzogen, welche sich durch ihre Widerstandsf\u00e4higkeit gegen L\u00f6sungsmittel, besonders kochendes Wasser, auszeichnet. Die hintere Seite der Descemefschen Haut ist mit einer Schicht von platten Epithelzellen belegt.\nDie zweite H\u00fclle des Augapfels bildet die sogenannte tunica uvea. Sie ist ausgezeichnet einerseits durch grossen Gef\u00e4ssreichthum und andererseits durch \u00fcberall eingelagerte Pigmentzellen, die auf der inneren Oberfl\u00e4che eine zusammenh\u00e4ngende Schicht bilden. Endlich enth\u00e4lt sie an gewissen noch n\u00e4her zu bezeichnenden Stellen auch glatte Muskelfasern. Alle diese Gewebe sind in ein bindegewebiges Lager eingebettet. Die tunica uvea bildet nicht wie die Sclerotica mit der Hornhaut eine vollst\u00e4ndig geschlossene Blase, sondern sie hat vorn ein rundes Loch, die Pupille genannt, dessen Mittelpunkt in der Axe liegt.\nDer hintere Abschnitt der uvea, auch tunica chorioidea genannt, liegt der sclerotica in ihrer ganzen Ausdehnung unmittelbar an, ohne jedoch mit ihr verwachsen zu sein. Der vordere Abschnitt, die sogenannte Iris, liegt nicht ebenso der Hornhaut unmittelbar an, sondern tritt hinter dieselbe zur\u00fcck, wodurch ein freier Raum, die Augenkammer, gebildet wird, in welcher sich die w\u00e4ssrige Feuchtigkeit befindet.\nL\u00e4ngs des Parallelkreises, wo die Chorioidea in die Iris \u00fcbergeht, also entsprechend der Grenze zwischen Sclerotica und Hornhaut, ist die uvea mit der \u00e4usseren sehnigen H\u00fclle des Auges verwachsen. Diese Verwachsung ist wesentlich dadurch bedingt, dass an einem mit dem Rande der membrana Descemetii zusammenh\u00e4ngenden Netzwerk elastischer Fasern, welches hier von der Grenze zwischen Hornhaut und Sclerotica ausgeht, glatte Muskelfasern entspringen, die in Meridianrichtungen als Theile der chorioidea weiter laufen und eine stetige Schicht an deren Oberfl\u00e4che bilden, welche bis gegen den Aequator reicht. Diese Muskelschicht wird der Br\u00fccke\u2019-sche Muskel oder m. tensor chorioideae genannt. In der vorderen","page":27},{"file":"p0028.txt","language":"de","ocr_de":"28\nFick, Physiol. Optik I. 2. Cap. Anatomische Voraussetzungen.\nParthie dieses Muskels finden sich auch cirkul\u00e4re Elemente, welche indessen h\u00e4ufig nach hinten in Meridianrichtungen abbiegen. Dieselbe Zone der chorioidea, welche aussen durch diesen Muskel gebildet wird, erscheint auf der inneren Seite halskrausenartig gefaltet; und zwar laufen diese Falten, plicae ciliares genannt, ungef\u00e4hr 80 an Zahl, in Meridianrichtungen gegen den Aequator zu flach aus, w\u00e4hrend sie sich nach vorn h\u00f6her erheben, so dass ihre Enden einen Kranz von zottenartigen Vorspr\u00fcngen bilden, welche den Linsenrand umgeben.\nDer vordere Abschnitt der uvea, die Iris, enth\u00e4lt durchweg viel glatte Muskelfasern. Ein Theil derselben bildet einen ringf\u00f6rmigen Wulst um die Pupille herum, die Zusammenziehung dieser Fasern f\u00fchrt zu einer Verengerung des Loches, man bezeichnet daher diesen Muskelring, der auch eine besondere Innervation hat, als einen besonderen Muskel unter dem Namen des \u201esphincter pupillae\u201c. Von demselben ringf\u00f6rmigen Netzwerke elastischer Fasern, welches den nach hinten ziehenden B\u00fcndeln des musculus tensor chorioideae zum Ursprung dient, entspringen Muskelfasern, welche im Allgemeinen in radialen Richtungen in der Iris zum Rande der Pupille verlaufen. Da sie an der harten Haut des Auges ringsum feste Ursprungspunkte haben, so m\u00fcssen sie durch ihre Verk\u00fcrzung die Pupille erweitern, daher man dieses System von Muskelfasern unter dem Namen des \u201edilatator pupillae\u201c zusammenfasst.\nDie dritte Lage der Umh\u00fcllung des Augapfels wird von der Ausbreitung des Sehnerven gebildet. Dieser Nerv durchbohrt bekanntlich ein wenig nasenw\u00e4rts vom hinteren Pol des Auges die sclerotica und chorioidea und geht sofort in eine fl\u00e4chenartige Ausbreitung die sogenannte Netzhaut (tunica retina) \u00fcber, welche sich der inneren Fl\u00e4che der chorioidea unmittelbar anlegt, ohne aber mit .ihr irgendwie verwachsen zu sein. Diese, hinten wo sie am dicksten ist, etwas \u00fcber 2/i o mm. dicke Membran ist in sehr verwickelter Weise aus nerv\u00f6sen und bindegewebigen Elementen zusammengesetzt, welche letztere ein Lager bilden, um die zarten nerv\u00f6sen Elemente in der f\u00fcr ihre Verrichtung n\u00f6thigen Stellung sicher zu erhalten. Da der Bau der Retina erst in dem Abschnitte von den Lichtempfindungen sein physiologisches Interesse erh\u00e4lt, so mag derselbe vorl\u00e4ufig uner\u00f6rtert blieben. Es gen\u00fcgt hier zu bemerken, dass die nerv\u00f6sen Elemente in der Netzhaut von der Eintrittstelle des Sehnerven an nach vorn immer sp\u00e4rlicher werden und etwas \u00fcber den Aequator hinaus ganz aufh\u00f6ren und zwar auf der Zone, auf welcher in der chorioidea die Ciliarfalten sich zu erheben anfangen. Da die Aenderung in der Be-","page":28},{"file":"p0029.txt","language":"de","ocr_de":"Die H\u00fcllen \u2014 die durchsichtigen K\u00f6rper des Augapfels.\n29\nsckaffenkeit der Netzhaut hier schon dem blossen Auge bemerklich ist und zwar der beginnenden Faltung entsprechend in einer leichtgezackten Grenzlinie, so hat man dieselbe als \u201eora serrata retinae\u201c bezeichnet. Dar\u00fcber hinaus setzt sich von der Netzhaut wesentlich nur noch ihre innerste glashelle, anscheinend structurlose Schicht, die sogenannte \u201emembrana limitans interna\u201c fort und bildet, den Ciliarfalten innen folgend, den Ciliartheil der Netzhaut. An den freien Enden der Ciliarfalten angelangt, geht diese Fortsetzung der Netzhaut mit anderen Gebilden eigentk\u00fcmlicke Verbindungen ein, welche alsbald bei der Beschreibung der Linse zu erw\u00e4hnen sind. Die Netzhaut hat ihr eigenes von dem der ckorioidea unabh\u00e4ngiges Gef \u00e4sssy stem, das durch die Verzweigungen einer kleinen im Innern des Sehnerven eintretenden Arterie, der arteria centralis retinae gebildet wird.\nII. Die durchsichtigen K\u00f6rper des Augapfels.\nDer von der beschriebenen, aus drei Schichtsystemen bestehenden H\u00fclle umschlossene Hohlraum ist nun von den durchsichtigen K\u00f6rpern des Auges in folgender Art ausgef\u00fcllt: Vorn hinter der Hornhaut, den Raum zwischen ihr und der Iris einnehmend, findet sich, wie schon gesagt, der humor aqueus. Er ist wesentlich Wasser, in welchem die Salze des Blutserums nebst Spuren organischer Stoffe gel\u00f6st sind.\nDer bei weitem gr\u00f6ssere, hintere, von der sclerotica umgebene Abschnitt des Augapfels ist angef\u00fcllt mit dem sogenannten \u201eGlask\u00f6rper\u201c (humor vitreus). Dieser ist zwar aus festen Lamellen und dazwischen eingeschlossenen Fl\u00fcssigkeitsmengen eigenth\u00fcmlich aufgebaut. Doch hat diese Struktur f\u00fcr die physiologische Optik kein Interesse und kann daher hier unerw\u00e4hnt bleiben. Optisch wirkt der Glask\u00f6rper wie ein homogener durchsichtiger K\u00f6rper. Er ist im Ganzen noch umschlossen von einer strukturlosen Membran der Glashaut, welche der membrana limitans anliegt und l\u00e4ngs der ora serrata mit ihr verklebt ist.\nZwischen Glask\u00f6rper und w\u00e4ssriger Feuchtigkeit ist noch ein durchsichtiges Gebilde eingeschaltet, das mit seiner Vorderfl\u00e4che der Iris wenigstens am Pupillarrande unmittelbar anliegt, und das seiner linsenf\u00f6rmigen Gestalt den Namen der Krystalllinse, lens crystallina, verdankt. Die Linse ist etwa von butterartiger Konsistenz, besteht aber, \u00e4hnlich einer Zwiebel, aus einer Unzahl von leicht trennbaren Schichten, deren Anordnung in Fig. 4 zu sehen ist, wie sie sich auf","page":29},{"file":"p0030.txt","language":"de","ocr_de":"30\tFick, Physiol. Optik I. 2. Cap. Anatomische Voraussetzungen.\neinem ebenen Schnitte durch die Axe etwa zeigen w\u00fcrden. Jede Schicht besteht aus Fasern, welche in der Schicht im allgemeinen\nradial verlaufen, jedoch gegen den Mittelpunkt konvex umbiegen. Die Fasern jeder Schicht bilden so 5 hyperbolische B\u00fcschel mit einigen Nebenb\u00fcscheln, wie in Fig. 5 zu sehen ist.\nDie Linse ist eingeschlossen in eine Kapsel von der Struktur der Glashaut, mit welcher sie auch l\u00e4ngs eines Parallelkreises auf der hinteren Fl\u00e4che verwachsen ist. Es setzt sich ferner an die Linsenkapsel ringsum noch ein ebenfalls strukturloses membran\u00f6ses Gebilde fest, welches sich zwischen den ganzen Ciliar-theil der Netzhaut und die entsprechende Parthie der Glashaut einschiebt. Dies beim Accommodationsvorgang wichtige Gebilde wird\nZonula Zinnii genannt und von manchen Anatomen als ein \u00e4usseres Blatt der Glashaut angesehen, mit der es jedenfalls, sowie anderseits mit der membrana limitans retinae l\u00e4ngs der ora serrata verwachsen ist. Die Zonula Zinnii folgt wie die membrana limitans den Faltungen der chorioidea. W\u00e4hrend dann aber die limitans von den freien Enden der Ciliarfalten auf die hintere Fl\u00e4che der Iris \u00fcberzutreten und sich da zu verlieren scheint, springt die Zonula, wie schon angedeutet, von den Ciliarfalten auf die Linsenkapsel \u00fcber, um mit dieser zu ver-","page":30},{"file":"p0031.txt","language":"de","ocr_de":"Die durchsichtigen K\u00f6rper des Augapfels.\n31\nwachsen l\u00e4ngs einer der Ciliarfaltung entsprechend wellig gekr\u00fcmmten Linie. Eine Anschauung von dieser Ansatzlinie giebt die Fig. 6, in welcher ausserdem die Ansatzlinie der eigentlichen Glashaut cd zu sehen ist.\nDie s\u00e4mmtlichen, vorstehend in Erinnerung gebrachten, optisch bedeutsamen anatomischen Verh\u00e4ltnisse \u00fcbersieht man gut in Fig. 7.\nFig. 7.\nSie stellt einen wagrechten Meridianschnitt eines rechten Auges von oben betrachtet dar und ist der physiologischen Optik von Helmholtz entnommen. Einer besonderen Erkl\u00e4rung bedarf die Figur nach dem Vorstehenden nicht mehr, nur die eine Bemerkung ist noch n\u00f6thig, dass angenommen ist der Schnitt treffe rechts die Einsenkung zwischen zwei Ciliarfalten links aber den First einer Falte. Dem entsprechend springt die Zonulae rechts an einen Punkt der Vorderfl\u00e4che, links an einen Punkt der Hinterfl\u00e4che der Linsenkapsel.","page":31},{"file":"p0032.txt","language":"de","ocr_de":"32\nFick. Physiol. Optik I. 2. Cap. Anatomische Voraussetzungen.\nIII. Der intraokulare Druck.1\nBei dem ann\u00e4hernd oder vollkommen fl\u00fcssigen Aggregatzustande des Inhaltes des Augapfels, mit Ausnahme der Linse, kann man f\u00fcglich nach dem hydrostatischen Drucke fragen, unter welchem dieser Inhalt stehe. Er braucht freilich nicht \u00fcberall nothwendig gleich zu sein. Vielmehr kann der Druck im Glask\u00f6rper h\u00f6her sein als in der w\u00e4ssrigen Feuchtigkeit, da die im Ganzen gegen die letztere konvexe, durch die Linse und ihre \u00e4ussere Anheftung (zonula und Glashaut) gebildete Scheidewand durch ihre elastische Spannung einen Theil des Glask\u00f6rperdruckes aufwiegen k\u00f6nnte, ohne ihn auf die w\u00e4sserige Feuchtigkeit zu \u00fcbertragen. Eine solche mit dem Grade dieser Spannung wachsende Differenz des Druckes im hinteren und vorderen Raume wird sogar theoretisch immer anzunehmen sein. Jedoch kann man keineswegs eine grosse Differenz erwarten, da die Scheidewand zwischen beiden R\u00e4umen nur flach gew\u00f6lbt ist. Beobachtet ist eine solche Differenz von Weber.\nDer Druck der w\u00e4ssrigen Feuchtigkeit ist bei Thieren direkter Messung zug\u00e4nglich, man braucht nur eine feine konische Can\u00fcle durch die Hornhaut einzustossen, welche ohne weiteres das Loch in dem z\u00e4hen elastischen Gewebe hinl\u00e4nglich dicht schliesst, um eine genaue manometrische Messung zu erm\u00f6glichen. Bei der grossen Wichtigkeit dieses Gegenstandes f\u00fcr die Beurtheilung krankhafter Vorg\u00e4nge haben in neuerer Zeit die Augen\u00e4rzte viele solche Messungen ausgef\u00fchrt. Der Werth des intraokularen Druckes hat sich bei verschiedenen Thierspecies \u00fcbereinstimmend zu etwa 20\u201430 mm. Quecksilber im Durchschnitt herausgestellt. Wir d\u00fcrfen also wohl annehmen, dass diese Gr\u00f6sse auch im menschlichen Auge einen \u00e4hnlichen Werth besitzt.\nEs darf ferner angenommen werden, dass der fl\u00fcssige Inhalt der inneren Augenr\u00e4ume sich ebenso wie alle anderen thierischen Fl\u00fcssigkeiten in fortw\u00e4hrenden, wenn auch langsamen Str\u00f6men befindet, dass also insbesondere z. B. von dem Kammerwasser best\u00e4ndig etwas nach aussen abgegeben und durch neues ersetzt wird, so dass der\n1 In der Darstellung dieses Gegenstandes von mehr pathologischem. Interesse folge ich im Ganzen Leber. Handbuch der gesammten Augenheilkunde. Leipzig 1876 und will nach ihm noch folgende Abhandlungen citiren, die mir zum gr\u00f6ssten Theil auch selbst vorliegen : C. \u2018Weber. Nonnullae disquisitiones etc. Inauguralabhandlung. Marburg 1850; Adam\u00fck, Med. Centralblatt 1866. No. 36 u. 1867. No. 28 und Sitzungs-ber. der Wiener Akad. 1869. Febr. ; Gr\u00fcnhagen & v. Hippel, Berliner klin. Wochen-schr. 1866. No. 24; Zeitschr. f. rat. Med. 1866. Bd. 28; Arch. f. Ophthalmol. Bd. 14 und 15; Schwalbe, Lymphr\u00e4ume des Auges. Arch. f. mikrosk. Anat. Bd. 6; Leber, Arch. f. Ophthalmol. Bd. 19.","page":32},{"file":"p0033.txt","language":"de","ocr_de":"Der intraokulare Druck.\n33\nkonstante Wertli des intraokularen Druckes steigen m\u00fcsste, wenn die Abflussbedingungen ung\u00fcnstiger oder die Zufuhrbedingungen g\u00fcnstiger werden und vice versa.\nWas nun die Abzugswege des Kammerwassers und der Tr\u00e4nkungsfl\u00fcssigkeit des Glask\u00f6rpers betrifft, so ist die auf den ersten Blick n\u00e4chstliegende Annahme, es seien die Lymphwege, h\u00f6chst unwahrscheinlich, wenigstens konnten Leber und Schwalbe von der Augenkammer aus die Lymphgef\u00e4sse nicht injiciren. Auch sieht man diffusionsunf\u00e4hige Farbstoffe (z. B. Berlinerblau), die man ins Kammerwasser bringt, nie sich in die umgebenden Gef\u00e4sse verbreiten, w\u00e4hrend diffusionsf\u00e4hige, wie Carmin, in die Venen am Rande der Hornhaut eindringen. Die Augenkammer ist also weder mit dem Lymph- noch mit dem Blutgef\u00e4sssystem in offenem Zusammenh\u00e4nge, sondern sie stellt einen vollst\u00e4ndig abgeschlossenen Raum dar, aus welchem -nur durch Filtration Fl\u00fcssigkeit entweichen kann. Es ist bemerkenswertk, dass keine Filtration durch die Hornhaut stattfindet, deren hinteres Epithel offenbar f\u00fcr Wasser undurchdringlich ist. Wenn n\u00e4mlich dies Epithel entfernt wird, tr\u00fcbt sich die Hornhaut und quillt auf, und sie trocknet ein, wenn man ihre vordere Fl\u00e4che voider Benetzung mit Thr\u00e4nen und Bindehautsekret sch\u00fctzt.\nDer Ersatz f\u00fcr das abfiltrirte Wasser geschieht nat\u00fcrlich ebenfalls durch Filtration aus den Blutgef\u00e4ssen, in deren arteriellem und wohl auch kapillarem Theile der Druck h\u00f6her ist als der intraokulare. Dass ein solcher Ersatz w\u00e4hrend des Lebens wirklich fortw\u00e4hrend stattfindet, beweist die Thatsache, dass ins Blut gebrachte Salze (wie Blutlaugensalz oder Sublimat) schon nach etwa 20' im Kammerwasser nachzuweisen sind. Im Glask\u00f6rper hat man sie nicht auffinden k\u00f6nnen, wohl weil hier der Ersatz der Fl\u00fcssigkeit langsamer geschieht. Der Ort, wo haupts\u00e4chlich Wasser aus den Blutgef\u00e4ssen in die Augenkammer ausschwitzt, sind offenbar die Ciliarforts\u00e4tze und die ebenfalls sehr gef\u00e4ssreiche hintere Fl\u00e4che der Iris. Wenn n\u00e4mlich durch Verwachsung des Pupillarrandes diese Gef\u00e4sse von der vorderen Augenkammer abgesperrt sind, so wird dieselbe allm\u00e4hlich leer und die Linse r\u00fcckt bis zur Hornhaut vor.\nWird die Augenkammer entleert, so ersetzt sich ihr Inhalt sehr schnell, woraus aber auf die Geschwindigkeit des Stromes unter normalen Verh\u00e4ltnissen nicht geschlossen werden kann, denn nach Entleerung des Kammerwassers ist der Druck daselbst Null und also der Ueberdruck in den Gef\u00e4ssen bedeutend gr\u00f6sser, was die Filtration beschleunigen muss. Auch ist in diesem Falle die Beschaffenheit des Filtrates eine andere, indem dasselbe reicher an Eiweiss\nHandbach der Physiologie. Bd. III.\t3","page":33},{"file":"p0034.txt","language":"de","ocr_de":"34\nFick, Physiol. Optik I. 2. Cap. Anatomische Voraussetzungen.\nwird, welches im normalen Kammerwasser nur in minimen Spuren vorhanden ist.\nDer intraokulare Druck muss offenbar in jedem Augenblicke gleich sein dem Drucke des Blutes in den Gef\u00e4ssen, vermindert um den Betrag, welchem die Spannung der W\u00e4nde Gleichgewicht h\u00e4lt. Hieraus folgt, dass jede Ursache, welche den Druck in irgend welchem Theile des Blutgef\u00e4sssystemes im Innern des Auges steigert, ohne zugleich die Spannung der Gef\u00e4ssw\u00e4nde zu vermehren, auch den intraokularen Druck steigern muss. Dies muss schon von den Schwankungen des arteriellen Blutdruckes durch den Puls gelten. In der That hat K. Weber, der in Gemeinschaft mit Ludwig dies Gebiet zuerst betreten hat, vom Pulse sowie auch von der Respiration abh\u00e4ngige Schwankungen des intraokularen Druckes beobachtet. Bei Anwendung sehr enger Manometer, wie sie zu genauen Messungen hier nur anwendbar sind, zeigen sich indessen die Pulsschwankungen meist gar nicht. Jedesfalls sind diese Schwankungen ausserordentlich klein und m\u00fcssen es auch sein, weil rasche bedeutende Druckschwankungen wohl dem feinen Nervenapparate der Netzhaut gef\u00e4hrlich werden k\u00f6nnten. Wahrscheinlich ist daf\u00fcr gesorgt, indem das Blut ins Innere des Auges durch sehr enge und verh\u00e4ltnissm\u00e4ssig lange Arterien\u00e4stchen gef\u00fchrt wird, in denen die Pulswelle zum gr\u00f6ssten Theil erlischt.\nAlle Ursachen, die den mittleren Druck in der Carotis auf die Dauer erheblich \u00e4ndern, haben eine sehr merkliche Wirkung auf den intraokularen Druck. So fand Adam\u00fck, dass bei Katzen und Hunden der Druck im Auge um 6\u20148 mm. sank, wenn die Carotis derselben Seite verschlossen wurde. Gr\u00fcnhagen und v. Hippel sowie A. Weber wiesen nach, dass Yerschliessung der Aorta descendens den intraokularen Druck bedeutend steigert. Die ersferen sahen ferner denselben um 10\u201416 mm. steigen bei Reizung des Halsmarkes. Ebenso steigt auch der intraokulare Druck, wenn durch Erstickung der Blutdruck im allgemeinen gesteigert wird. Adam\u00fck hat nachgewiesen, dass Yerschliessung der aus dem Bulbus oculi austretenden venae vorticosae eine Steigerung des Kammerwasserdruckes um 90 mm. bewirken kann. Dies ist begreiflich, da ja bei diesem Eingriffe der Druck in den Yenen innerhalb des Bulbus die H\u00f6he des arteriellen Druckes annehmen muss, und die Spannung der Yenen-w\u00e4nde doch kaum einen namhaften Werth besitzen wird. Dahingegen steigert Yerschliessung der grossen Halsvenen den intraokularen Druck nicht merklich. Dies wird verst\u00e4ndlich, wenn man bedenkt, dass schon im normalen Zustande der Druck in den Venen","page":34},{"file":"p0035.txt","language":"de","ocr_de":"Der intraokulare Druck. Umgebung des Augapfels.\n35\ndes Bulbus an der Austrittsstelle mindestens dem intraokularen Drucke gleich sein muss, da ja sonst die Venen im Innern komprimirt werden w\u00fcrden. Bis zu diesem Betrage aber von etwa 30 mm. m\u00fcsste also der Druck im ganzen Gebiete der vena jugularis erst steigen, ehe eine Steigerung des intraokularen Druckes selbst durch Ver-schliessung der Halsvenen zu erwarten w\u00e4re.\nSehr merkw\u00fcrdig, aber noch nicht ganz aufgekl\u00e4rt, sind die Beziehungen des n. sympathicus und trigeminus zum intraokularen Drucke. Reizung dieser beiden Nerven hat n\u00e4mlich Steigerung desselben zur Folge, w\u00e4hrend doch von der Reizung des Halssympa-thicus als Wirkung eher eine Herabsetzung zu erwarten w\u00e4re, da ja dadurch voraussichtlich die Spannung der Gef\u00e4ssw\u00e4nde im Bulbus gesteigert wird. Verschiedene Forscher suchen die Steigerung des Druckes bei diesen Nervenreizungen zu erkl\u00e4ren, indem sie annehmen, dass dadurch die Absonderungsbedingungen des Augenwassers g\u00fcnstiger w\u00fcrden. Ein strenger Beweis ist indessen f\u00fcr diese Annahme nicht geliefert.\nEndlich mag noch erw\u00e4hnt werden, dass Eintr\u00e4ufeln von Atropin eine geringe Minderung, Eintr\u00e4ufeln von Nicotin eine Steigerung des intraokularen Druckes bewirkt.\nIV. Umgebung des Augapfels.\nDer Augapfel liegt in der sogenannten Augenh\u00f6hle. Da sie etwa die Gestalt einer vierseitigen Pyramide hat, so bleiben zwischen ihren W\u00e4nden und dem kugelf\u00f6rmigen Augapfel grosse L\u00fccken. Diese sind ausgef\u00fcllt mit fetthaltigem Bindegewebe, durch welches die verschiedenen f\u00fcr den Augapfel bestimmten Nerven und Gef\u00e4sse hinziehen, vor Allem der durch das Foramen opticum an der Spitze der Augenh\u00f6hlenpyramide in sie eintretende nervus opticus, an dem der Augapfel wie an seinem Stiel h\u00e4ngt. Verm\u00f6ge des lockeren Zusammenhanges der dem Augapfel n\u00e4chst anliegenden Bindegewebs-schichten kann derselbe auf dem Fettpolster gleiten wie ein kugelf\u00f6rmiger Gelenkkopf in seiner Gelenkpfanne. Man kann ihm somit eine arthrodische Beweglichkeit zuschreiben, wie in dem Abschnitte \u00fcber die Augenbewegungen genauer auszuf\u00fchren ist.\nBewerkstelligt werden die Bewegungen des Augapfels durch 3 Paare von Muskeln. Die beiden Muskeln jedes Paares sind sehr ann\u00e4hernd Antagonisten. Das erste Paar rectus internus und ex-ternus, nahezu in der wagrechten Meridianlinie des Auges verlaufend, drehen es um eine ziemlich senkrechte Axe nach innen und nach\n3*","page":35},{"file":"p0036.txt","language":"de","ocr_de":"36\nFick. Physiol. Optik I. 2. Cap. Anatomische Voraus Setzungen.\naussen. Das zweite Paar rectus superior und inferior, ungef\u00e4hr in einer senkrechten Ebene, deren Grundriss auf dem Horizont yon hinten und innen nach vorn und aussen gerichtet ist, drehen um eine wagrechte von aussen und hinten nach innen und vorn gerichtete Axe auf- und abw\u00e4rts. Die Zugrichtungen des dritten Paares muscu-lus obliquus superior und inferior liegen gleichfalls in einer senkrechten Ebene, deren Spurlinie am Horizont von hinten und aussen nach vorn und innen gerichtet ist, sie drehen also auch in entgegengesetztem Sinne um eine wagrechte Axe, die von hinten und innen nach vorn und aussen gerichtet ist. 5 der genannten Muskeln, n\u00e4mlich die 4 recti und der obliquus superior, entspringen in der Umgebung des Sehnerveneintrittes dicht beieinander. Die 4 recti ziehen von da ziemlich geradlinig die Kantenrichtungen einer 4 seitigen Pyramide einhaltend zu ihren Ansatzstellen am Bulbus, die ungef\u00e4hr auf demselben Parallelkreis etwas vor dem Aequator liegen. Der obliquus superior zieht vom Ursprung nach dem oberen inneren Winkel des Augenh\u00f6hlenrandes und hier geht seine Sehne durch eine am Stirnbein befestigte sehnige Schlinge (die trochlea), in der sie fast ohne Reibung gleiten kann. Von der trochlea zieht die Sehne des obliquus superior scharf abknickend nach hinten und aussen unter dem musculus rectus superior durch, um sich als platter Streif an der hinteren Bulbush\u00e4lfte zu inseriren. Der obliquus inferior entspringt am inneren unteren Winkel des Augenh\u00f6hlenrandes und erreicht ohne pl\u00f6tzliche Richtungs\u00e4nderung seinen Ansatz am \u00e4usseren hinteren Theile des Bulbus, von ihm bei der Ueberkreuzung durch den rectus inferior getrennt.\nDer vordere, nahezu die H\u00e4lfte bildende Abschnitt des Augapfels, welcher \u00fcber das Fettpolster der Augenh\u00f6hle hervorragt, ist zeitweise ganz, zeitweise zum Theil, bedeckt von den spgenannten Augenlidern. Es sind dies zwei verschiebbare Platten, bestehend aus einer festen bindegewebigen (nicht knorpeligen) Grundlage, dem Tarsus, welcher aussen von einer Fortsetzung der Gesichtshaut \u00fcberzogen ist, innen von Schleimhaut, welche sich auf den bulbus oculi umschl\u00e4gt und den aus dem Fettpolster vorragenden Abschnitt der sclerotica \u00fcberzieht. Sie wird daher als Bindehaut tunica conjunctiva bezeichnet. Die \u00e4ussere Gestalt des Augenlidspaltes und der Lider selbst in ihren verschiedenen Stellungen sind aus der Anschauung am Lebenden allgemein bekannt. In die beiden Tarsi sind etwa je 20 Dr\u00fcsenschl\u00e4uche mit seitlich anh\u00e4ngenden L\u00e4ppchen eingelagert, die im Ganzen eine zu dem Lidrande nahezu senkrechte Richtung einhalten. Das Sekret dieser Tarsaldrtisen ist eine dickfl\u00fcssige Fett-","page":36},{"file":"p0037.txt","language":"de","ocr_de":"Umgebung des Augapfels.\n37\nemulsion, welche sie an den Lidrand ergiessen. Zwischen den Ausf\u00fchrungsg\u00e4ngen befinden sich die Wurzeln von etwa 100 starken Haaren in jedem Lide, der sogenannten Augenwimpern.\nDie inneren sowohl als \u00e4usseren Enden der Tarsi sind durch ziemlich starke bandartige Bindegewebsstr\u00e4nge an die dem inneren und \u00e4usseren Augenwinkel gegen\u00fcberliegenden Stellen des kn\u00f6chernen Augenh\u00f6hlenrandes angeheftet. Es entsteht so das innere Augenlidband, welches die inneren Enden der tarsi oder den inneren Augenwinkel an den Stirnfortsatz des Oberkiefers stark befestigt, und das etwas schw\u00e4chere Augenlidband vom \u00e4usseren Augenwinkel nach dem Jochbeinrand. Die Tarsi sind \u00fcbrigens ringsum durch eine Fascie an den Augenh\u00f6hlenrand angeheftet.\nDie Augenlider werden bewegt durch einen aus verschiedenen Theilen zusammengesetzten Muskelapparat. An den oberen Rand des tarsus setzt sich der levator palpebrae superioris, er entspringt von der Umgebung des foramen opticum wie der m. rectus superior, \u00fcber dem er in seiner ganzen Ausdehnung hinzieht, und wie dieser wird er auch vom nervus oculomotorius innervirt. Wie aus der Lage dieses Muskels zu schliessen ist und sein Name besagt, hat er die Aufgabe, durch seine Zusammenziehung das obere Augenlid zu heben und so zur Oeffnung des Augenlidspaltes mitzuwirken. Die dabei stattfindende Senkung des unteren Augenlides wird wesentlich durch die Schwere bewirkt, vielleicht jedoch zum Theil auch durch Zusammenziehung gewisser Muskelb\u00fcndel, welche im Ganzen \u00e4hnlich verlaufen wie der Schliessmuskel der Augenlidspalte. Als solcher dient eine sehr d\u00fcnne Muskelschicht, welche dicht unter der Haut beider Augenlider liegt und deren Fasern den Augenlidspalt in flachen Bogen umziehen. Jedoch gehen die Fasern des oberen Lides nicht an den Augenwinkeln in die des unteren \u00fcber, so dass der Muskel nur uneigentlich dem \u00e4usseren Ansehen nach als \u201e Ringmuskel \u201c (orbicularis palpebrarum) bezeichnet wird. Es entspringen vielmehr die Fasern des oberen sowohl als die des unteren Lides an dem inneren Lidband und setzen sich an das \u00e4ussere fest. Indem sich die nach der Lidspalte konkaven Bogen bei der Contraktion in gerade Linien zu verwandeln streben, m\u00fcssen sie die beiden Augenlider zusammen schieben und mithin den Lidspalt schliessen.\nDiejenigen von den Anatomen zum Orbicularis gez\u00e4hlten Muskelfasern, welche oben sowohl als unten hart am freien Lidrande hinziehen, haben einen anderen Ursprung als die in weiteren Bogen verlaufenden. Sie entspringen n\u00e4mlich etwas tiefer hinten in der Augenh\u00f6hle an der crista lacrymalis des Thr\u00e4nenbeins. Den An-","page":37},{"file":"p0038.txt","language":"de","ocr_de":"38\nFick, Physiol. Optik I. 2. Cap. Anatomische Voraussetzungen.\nfangstheil dieser Faserb\u00fcndel von der Ursprungsstelle bis zum inneren Augenwinkel, wo sie auf die Lidr\u00e4nder \u00fcbertreten, bat man fr\u00fcher als einen besonderen Muskel unter dem Namen des HoRNER\u2019schen (musculus sacci lacrymalis) beschrieben. Auf Grund eingehender Zergliederung der Verh\u00e4ltnisse hat Henke 1 die Behauptung aufgestellt, dass die in Rede stehenden B\u00fcndel keineswegs wie die bogenf\u00f6rmigen zur Schliessung des Lidspaltes, sondern dass sie vielmehr zu dessen Oeffnung mitwirken. Henke macht n\u00e4mlich darauf aufmerksam, dass die gerade Verbindungslinie vom Ursprung dieser B\u00fcndel an der crista lacrymalis zu ihrem mechanischen Ansatz am Rande des Jochbeins hinter dem Kr\u00fcmmungsmittelpunkt der Hornhaut hergeht und dass mithin die Zusammenziehung der B\u00fcndel die Lidr\u00e4nder vom Scheitel der Hornhaut nach hinten abgleiten machen muss. Gest\u00fctzt wird diese Annahme durch die feine Beobachtung Henke\u2019s, dass der innere Augenwinkel d. h. das Ende des inneren Augenlidbandes bei der Schliessung der Augenlider vortritt, bei ihrer Oeffnung zur\u00fcckweicht, offenbar r\u00fcckw\u00e4rts gezogen durch die Zusammenziehung des HoRNER\u2019schen Muskels, der also bei diesem Akte betheiligt sein muss. Da er aber nichts Anderes ist als der Ursprungstheil jener am Lidrande hinziehenden B\u00fcndel des orbicularis, so werden sie im Ganzen einen Oefifner des Lidspaltes darstellen.\nIn den Conjunktivalsack nahe der Umschlagfalte oben und aussen ergiessen sich die 3\u20145 Ausf\u00fchrungsg\u00e4nge der Thr\u00e4nendr\u00fcsen, welche in einer nischenartigen Vertiefung vom Jochfortsatze des Stirnbeins liegen.\nDie Thr\u00e4nenfltissigkeit, deren Absonderung und Zusammensetzung in der Lehre von den Sekretionen abgehandelt ist, dient zur Feuchthaltung der freiliegenden Theile des Augapfels, der Ueberschuss derselben wird durch einen besonderen Mechanismus nach der Nase abgeleitet. In der N\u00e4he der inneren Augenwinkel n\u00e4mlich ist an jedem Lidrande eine kleine Papille auf deren H\u00f6he die freie Ausm\u00fcndung eines feinen Kan\u00e4lchens liegt, das in den sogenannten sacculus lacrymalis ausm\u00fcndet. Dieser stellt das obere etwas erweiterte Ende des aus der Anatomie bekannten Thr\u00e4nennasenganges dar, der weiter unten zwischen Knochen hindurch in den unteren Nasengang einm\u00fcndet.\nEs ist eine bekannte Thatsache, dass bei reichlicher Thr\u00e4nen-absonderung das Ueberfliessen derselben \u00fcber den Lidrand durch h\u00e4ufigen Lidschlag verhindert werden kann, wobei der untere Nasen-\n1 Henke. Die Oeffnung und Schliessung der Augenlider und des Thr\u00e4nensackes. Arch. f. Ophthalmol. Bd. IV. 2. Abth.","page":38},{"file":"p0039.txt","language":"de","ocr_de":"Umgebung des Augapfels.\n39\ngang offenbar durch die dahin gef\u00fchrte Thr\u00e4nenfl\u00fcssigkeit merklich feucht wird, oft in dem Grade, dass ein Bed\u00fcrfniss der Entleerung durch die Nasenl\u00f6cher entsteht. Diese Erscheinung deutet darauf hin, dass der Lidschlag eine pumpende Wirkung \u00e4ussert, welche die Thr\u00e4nenfl\u00fcssigkeit rasch vom Bindehautsack zur Nasenh\u00f6hle f\u00f6rdert. Eine h\u00f6chst ansprechende Erkl\u00e4rung dieser Pumpwirkung hat Henke auf die schon oben von ihm entlehnten anatomischen Bemerkungen gegr\u00fcndet. Beim Schliessen der Augenlider n\u00e4mlich wird wie wir sahen das innere Augenlidband aus seiner Nische ' etwas hervorgehoben und dadurch der Thr\u00e4nensack entfaltet, da seine vordere Wand mit jenem Bande verwebt ist. Dadurch wird eine saugende Wirkung ausge\u00fcbt, welcher die Thr\u00e4nenfl\u00fcssigkeit durch die kleinen Thr\u00e4nenkan\u00e4lchen folgen kann, indem die Thr\u00e4nenpunkte in den sogenannten Thr\u00e4nenbach eintauch en, der, dem geschlossenen Augenlidrand entlang l\u00e4uft, da die vorderen B\u00e4nder des Lidsaumes enger zusammenschliessen als die hinteren. Die im Thr\u00e4nennasenkanal befindliche Fl\u00fcssigkeit kann der Saugwirkung weniger Folge geben theils \u2014 bei aufrecht stehendem Kopfe \u2014 wegen der Schwere theils aber vielleicht gehindert durch eine klappenartige Schleimhautfalte vor der Nasenm\u00fcndung des Kanales. Bei jedem Lidschluss wird also der Thr\u00e4nensack Fl\u00fcssigkeit vom Bindehautsacke her ansaugen wenn solche vorhanden ist. Bei der Oeffnung der Augenlider ziehen sich nun nach Henke\u2019s Annahme die von der crista laciymalis entspringenden hinter dem Thr\u00e4nensacke herlaufenden und dann dicht am Lidspalt hinziehenden B\u00fcndel zusammen ihr Anfangstheil zieht das innere Augenlidband wieder zur\u00fcck (siehe oben) und es wird also der Thr\u00e4nensack zusammengedr\u00fcckt. Er kann sich aber nun nicht nach dem Bindehautsack hin entleeren, da die am Lidrand hinziehenden B\u00fcndel die zwischen ihnen befindlichen Thr\u00e4nenpunkte komprimiren, um so mehr als einige Fasern dieser B\u00fcndel die Thr\u00e4nenpunkte schlingenf\u00f6rmig umgreifen und somit eigentliche Sphink-teren derselben darstellen. Die bei Oeffnung der Augenlider aus dem Thr\u00e4nensacke ausgepresste Fl\u00fcssigkeit kann also nur nach der Nasenh\u00f6hle entweichen, womit die pumpende Wirkung des abwechselnden Schliessens und Oeffnens der Lidspalte vollst\u00e4ndig erkl\u00e4rt w\u00e4re.","page":39},{"file":"p0040.txt","language":"de","ocr_de":"40 Fick, Physiol. Optik I. 3. Cap. Numerische Bestimmung d. maassgebend. Gr\u00f6ssen.\nDRITTES CAPITEL.\nNumerische Bestimmung der f\u00fcr die Strahlenbrechung im Auge maassgehenden Gr\u00f6ssen.\nI. Die Brechungsindices der durchsichtigen Augenmedien.\nWenn jetzt der Gang von Lichtstrahlen durch das beschriebene System durchsichtiger K\u00f6rper des Auges untersucht werden soll, so m\u00fcssen erstens die Brechungsindices der einzelnen durchsichtigen Stoffe und zweitens die geometrische Natur und Lage ihrer Trennungsfl\u00e4chen bestimmt werden. Sollen die \u00fcber den Gang der Strahlen aufzustellenden Gesetze auf ein bestimmtes lebendes Auge anwendbar sein, so m\u00fcssten streng genommen die erw\u00e4hnten Bestimmungen an diesem individuellen lebenden Auge selbst gemacht werden. Da indessen verschiedene normale Augen schwerlich sehr bedeutende Unterschiede der hier maassgebenden Gr\u00f6ssen aufweisen werden, so wird es erlaubt sein, nachdem die Bestimmungen an einigen Augen ausgef\u00fchrt sind, durchschnittliche Werthe derselben als normale in die Rechnung einzuf\u00fchren und so den Gang der Lichtstrahlen durch das System zu behandeln.\nWas zun\u00e4chst die Brechungsindices betrifft, so lassen sich dieselben leider am lebenden Auge gar nicht bestimmen, und ist man daher auf Bestimmungen an Leichen angewiesen. Dies w\u00e4re indessen nui\\ein geringer Nachtheil, da Krause1 gezeigt hat, dass die Brechungsindices der Medien von Leichenaugen in den ersten 24 Stunden nach dem Tode keine merkliche Aenderung erleiden. Man ist hiernach berechtigt anzunehmen, dass diese Gr\u00f6ssen im lebenden Auge dieselben Werthe haben, wie einige Stunden nach dem Tode. Bei verschiedenen Leichenaugen hat nun aber der soeben citirte Forscher merklich von einander abweichende Werthe der Brechungsindices gefunden. Es bleibt daher nichts anderes \u00fcbrig, als aus einer m\u00f6glichst grossen Anzahl von Bestimmungen an Leichenaugen Mittel-werthe zu berechnen. Schon verschiedene \u00e4ltere Forscher, namentlich Chossat und Brewster haben gelegentlich Bestimmungen der Brechungsindices einzelner Augenmedien ausgef\u00fchrt. Ein besonders rei-\n1 Die Brecliungsindices etc. Hannover 1855.","page":40},{"file":"p0041.txt","language":"de","ocr_de":"Die Brechungsindices der durchsichtigen Augenmedien.\n41\nches Material li\u00e2t aber in neuerer Zeit Krause herbeigeschafft, indem er an 20 Leichenaugen Messungen angestellt hat. Sie beziehen sich s\u00e4mmtlich auf Strahlen von derjenigen Wellenl\u00e4nge, welcher die hellste Stelle des Sonnenspektrums entspricht. Diese liegt zwischen den FRAUENHOFER\u2019schen Linien D und E und zwar von D aus gerechnet etwa am Ende des ersten Drittels oder Viertels der Entfernung zwischen I) und E. Krause setzt f\u00fcr diese Strahlenart den Brechungsindex des Wassers nach den \u00e4lteren klassischen Messungen = 1,33424 wodurch die Stelle des Spektrums genau bestimmt ist.\nDiesen Bedingungen entsprechend ergab sich der Brechungsindex der Hornhautsubstanz im Mittel = 1,3507 der gr\u00f6sste Werth war 1,3569 der kleinste 1,3431, was auf eine ziemliche Breite der individuellen Schwankungen schliessen l\u00e4sst.\nDer Brechungsindex der w\u00e4ssrigen Feuchtigkeit war im Mittel = 1,3420-der gr\u00f6sste Werth = 1,3557 der kleinste = 1,3349. Der Brechungsindex des Glask\u00f6rpers betr\u00e4gt im Mittel 1,3485, der gr\u00f6sste gefundene Werth war = 1,3569 der kleinste = 1,3361. Helmholtz fand den Brechungsindex der w\u00e4ssrigen Feuchtigkeit und des Glask\u00f6rpers kleiner als Krause ihn im Mittel fand n\u00e4mlich = 1,3365 und = 1,3382. Ebenso fanden auch neuerdings Fleischer 1 und Hirschberg1 2 3 f\u00fcr diese Gr\u00f6ssen Werthe, welche sich besser den von Helmholtz gefundenen als den KRAUSE\u2019schen Mittelzahlen anschliessen. Auch Aubert 3 und Matthiessen kamen zu \u00e4hnlichen Ergebnissen.\nEine besondere Betrachtung erfordern die Brechungsindices der Linse. Diese ist n\u00e4mlich keineswegs ein optisch homogener K\u00f6rper. Im Gegentheil hat der Brechungsindex jeder Linsenschicht einen andern Werth und zwar nimmt dieser Werth von der Oberfl\u00e4che nach dem Kern stetig und regelm\u00e4ssig zu. Nat\u00fcrlich kann man nicht daran denken, diese Brechungsindices alle zu bestimmen. Krause, der wie gesagt die ersten zahlreichen Bestimmungen der Brechungsindices gemacht hat, beschr\u00e4nkte sich daher darauf, aus jeder untersuchten Linse 3 Proben zu nehmen, eine von einer m\u00f6glichst oberfl\u00e4chlichen Schicht, die zweite aus einer mittleren Schicht und die dritte aus dem innersten Kern. Die Schlussergebnisse dieser Untersuchung der Linsensubstanz sind in der nachstehenden Tabelle \u00fcbersichtlich zusammengestellt.\n1\tS. Fleischer, Neue Bestimmungen der Brechungsexponenten der durchsichtigen fl\u00fcssigen Medien des Auges. Inauguralabhdlg. Jena 1872.\n2\tHerschberg, Ophthalmologische Studien. Arch. f. Augen- u. Ohrenheilkunde IY. Sep.-Abdr. Wiesbaden 1874.\n3\tAlbert\u2019s Darstellung der physiologischen Optik in dem Handbuch der ge-sammten Augenheilkunde, herausgeg. v. Graefe& Saemisch. II. S. 409. Leipzig 1876.","page":41},{"file":"p0042.txt","language":"de","ocr_de":"42 Fick, Physiol. Optik I. 3. Cap. Numerische Bestimmung d. maassgehend. Gr\u00f6ssen.\n\tBrechungsindex\t\t\n\tder \u00e4usseren j Linsenschidit.\tder mittleren Linsenscl\u00fccht.\tdes Kernes der Linse.\nMaximum\t\t\t1,4743\t1,4775\t1,4807\nMinimum\t\t1,3431\tJ ,3523\t1,4252\nMittel\t\t1,4053\t1,4294\t1,4541.\nEndlich ist \u00fcber die optischen Eigenschaften der Linse noch zu bemerken, dass dieser K\u00f6rper in seiner nat\u00fcrlichen Form zwischen polarisirenden Vorrichtungen Spuren von Doppelbrechung zeigt, die wohl auf elastische Spannungen in seinem Innern zu beziehen sind. Da jedoch beim Sehakt keinerlei Wirkung dieser Doppelbrechung zum Vorschein kommt, so ist keine Veranlassung dieselbe weiter zu verfolgen.\nWenn man die Constanten des dioptrischen Syst\u00e8mes des Auges einer Diskussion des Ganges der Lichtstrahlen durch das Auge zu Grunde legen will, so kann man offenbar den unz\u00e4hlig vielen verschiedenen Brechungsindices der Linsen-Schichten nicht Rechnung tragen; man muss vielmehr f\u00fcr eine erste Ann\u00e4herung die Linse als einen homogenen K\u00f6rper betrachten und fragen, welchen Brechungsindex man ihrer Substanz beizulegen habe, damit m\u00f6glichst nahezu derselbe optische Erfolg erzielt werde, damit namentlich die Brennweiten der homogen gedachten Linse gleich denen der wirklichen werden. Es w\u00e4re ein grosser Irrthum, wollte man der homogen gedachten Linse als Brechungsindex etwa den Mittelwerth der verschiedenen Brechungsindices der wirklichen Linsenschichten beilegen, man w\u00fcrde dadurch ein weit weniger \u201ekollectives\u201c System erhalten, als es die wirkliche Linse ist. Ja wenn man der ganzen Linse den Brechungsindex des Linsenkerns beilegte, erhielte man immer noch ein zu wenig kollectives System.\nMan kann sich von dem vorstehend ausgesprochenen Satze durch folgende Betrachtung \u00fcberzeugen. Es ist erstens ohne weiteres in der Anschauung ersichtlich, dass man an jeder Stelle eines dioptrischen Systems eine parallelwandige Schicht eines beliebigen Mediums von verschwindend kleiner Dicke eingeschaltet denken kann ohne den Gang der Strahlen merklich zu \u00e4ndern. Wir wollen nun die Linse uns beiderseits von unbegrenzten Mengen w\u00e4ssriger Feuchtigkeit umgeben und zwischen je zwei Schichten derselben ebenfalls eine unendlich d\u00fcnne Schicht w\u00e4ssriger Feuchtigkeit denken. Dann haben wir ein System, dessen erstes und letztes Medium w\u00e4ssrige Feuch-","page":42},{"file":"p0043.txt","language":"de","ocr_de":"Die Brechimgsindices der durchsichtigen Augenmedien.\n43\ntigkeit ist, und dazwischen liegen alle Linsenschichten, sowie die bloss gedachten unendlich d\u00fcnnen Schichten w\u00e4ssriger Feuchtigkeit. Das ganze System wird offenbar kollektiv wirken. Man kann aber dies System auch in Partialsysteme zerlegen, indem man jede Linsenschicht mit den beiden angrenzenden Schichten w\u00e4ssriger Feuchtigkeit f\u00fcr sich betrachtet. Von diesen Partialsystemen ist nur das vom Linsenkern gebildete kollektiv, die andern sind s\u00e4mmtlich dispansiv, denn jede der um den Kern gelagerten Linsenschichten ist auf ihrer konkaven Seite st\u00e4rker gekr\u00fcmmt als auf ihrer konvexen und bildet in w\u00e4ssriger Feuchtigkeit eingetaucht eine konvexkonkave Linse. Die dispansive Kraft einer solchen ist offenbar um so gr\u00f6sser, je mehr der Brechungsindex ihrer Substanz den des beiderseits angrenzenden Mediums \u00fcbertrifft. Man wird also die dispansive Kraft aller dieser konvexkonkaven Linsen steigern, wenn man den Brechungsindex aller vermehrt bis zu dem Werthe, welcher dem Brechungsindex des Linsenkernes zukommt, d. h. wenn man die geschichtete Linse ersetzt denkt durch eine homogene vom Brechungsindex des Kernes. Es ist aber klar, dass eine Erh\u00f6hung der dispansiven Kraft der s\u00e4mmtlichen dispansiven Partialsysteme die kollektive Gresammtwirkung vermindern m\u00fcsste, welche das ganze aus den Konkavlinsen und dem (kollektiv wirkenden) Kern aus\u00fcbt. Somit ist bewiesen, dass eine homogene Linse, deren Brechungsindex dem des Linsenkerns entspricht, noch immer nicht so kleine Brennweiten besitzen wird, als die wirkliche geschichtete Linse. Will man also eine homogene Linse f\u00fcr die geschichtete setzen, so muss ihr ein Brechungsindex beigelegt werden, noch gr\u00f6sser als der des Linsenkernes. In den neueren Darstellungen der physiologischen Optik hat man \u2014 nicht ohne eine gewisse Willk\u00fcr \u2014 als Brechungsindex der homogen gedachten Linse die Zahl 16 n angenommen, die zuerst von Listing vorgeschlagen ist und die den vorhin angegebenen KRAuSE\u2019schen Mittelwerth 1,4541 des Brechungsindex des Linsenkernes um 0,0004 \u00fcbertrifft. Jedesfalls giebt diese Zahl in die Rechnungen eingef\u00fchrt sehr ann\u00e4hernd richtige Resultate. Helmholtz hat an den Linsen von Leichen die Halbmesser der beiden Fl\u00e4chen und die Dicke zwischen den Scheiteln gemessen, und dann mit der Zahl 16/n als Brechungsindex die Brennweite berechnet. Andererseits hat er diese Brennweite direkt bestimmt und auf beiden Wegen nur sehr wenig abweichende Werthe gefunden.\nAuch vom Brechungsindex der Hornhaut und der Linsenkapsel sind neuerdings einzelne Bestimmungen ausgef\u00fchrt. Sie haben Werthe ergeben, die nicht sehr weit von denen des Brechungsindex der w\u00e4ssrigen","page":43},{"file":"p0044.txt","language":"de","ocr_de":"44 Fick, Physiol. Optik I. 3. Cap. Numerische Bestimmung d. maassgehend. Gr\u00f6ssen.\nFeuchtigkeit abliegen. Da indessen bei unseren sp\u00e4teren Betrachtungen auf die Brechung an diesen Membranen doch keine R\u00fccksicht genommen wird, so brauchen wir uns mit ihren Brechungsindices nicht zu besch\u00e4ftigen.\nEs verdient endlich noch bemerkt zu werden, dass Matthiessen1 auf Grund neuer Messungen behauptet, dass die Zunahme der Brechungsindices in den \u00e4ussersten Linsenschichten rascher erfolge, als in den inneren. Matthiessen schreibt diesem Umstande eine Bedeutung zu f\u00fcr Erh\u00f6hung des totalen Brechungsindex und f\u00fcr den Aplanatismus der Linse.\nII. Lage und Gestalt der Trennimgsfl\u00e4clien.\nDie geometrische Natur und Lage der Trennungsfl\u00e4chen zwischen den brechenden Medien kann am lebenden Auge ann\u00e4hernd bestimmt werden. Es dient hierzu die Spiegelung von aussen einfallenden Lichtes an diesen Fl\u00e4chen. Aeltere Methoden zu demselben Zwecke haben nur noch ein historisches Interesse und sind daher hier ganz zu \u00fcbergehen.\nGanz unmittelbar ist die vordere Hornhautfl\u00e4che der Beobachtung zug\u00e4nglich und die Reflexion des Lichtes an ihr erzeugt ganz deutliche Bilder heller Gegenst\u00e4nde, welche von Alters her bekannt sind. Die Kr\u00fcmmung der Fl\u00e4che mag nun im ganzen beschaffen sein wie sie wolle, immer wird man, wenn sie nur allseitig konvex ist, in erster Ann\u00e4herung jedes kleine St\u00fcckchen derselben als St\u00fcckchen einer Kugelfl\u00e4che betrachten k\u00f6nnen. Bei Spiegelung eines entfernten und nicht allzu ausgedehnten Gegenstandes kommt aber eben immer nur ein sehr kleiner Theil der Hornhautfl\u00e4che als spiegelnde Fl\u00e4che zur Wirkung. Man weiss nun aus der Katoptrik, dass bei einem konvexen Kugelspiegel die Gr\u00f6sse des Bildes sich zur Gr\u00f6sse des Objektes verh\u00e4lt wie der halbe Halbmesser der Kugelfl\u00e4che zur Entfernung des Objektes vom Mittelpunkte der Kugel, unter der Voraussetzung dass der Objektabstand gegen den Halbmesser der Kugel sehr gross ist. Stellt man also in der genau gemessenen Entfernung p von der Hornhautfl\u00e4che in einer Ebene, welche der Tangentialebene an den untersuchten Hornhautst\u00fccken parallel ist, ein geeignetes leuchtendes Objekt auf, von welchem eine Lineardimension l genau gemessen ist und gelingt es die entsprechende Lineardimension des Spiegelbildes /* genau zu messen, so hat man zur Bestim-\n1 Grundriss der Dioptrik geschichteter Linsensysteme.","page":44},{"file":"p0045.txt","language":"de","ocr_de":"Lage und Gestalt der Trennungsfl\u00e4chen.\n45\nnmng des Halbmessers r des als Kugelst\u00fcck betrachteten spiegelnden Oberfl\u00e4chenst\u00fcckes der Hornhaut die Gleichung\nP_ ___ 1/>2 r\nl r + p\nda indessen p jedesfalls ein sehr grosses Vielfaches von r sein muss, gen\u00fcgt es die Gleichung einfach so zu schreiben\nl*_ = HlL.\nI ~ p\nEs kommt also nur noch darauf an eine Methode zu finden, nach der die Bildausdehnung l* genau gemessen werden kann. Man hat zu diesem Zwecke fr\u00fcher einfach ein auf kurze Entfernung einstellbares Fernrohr mit Okularmikrometer angewandt. Das hat aber zwei Uebelst\u00e4nde. Erstens muss man hier auch noch den Abstand des Fernrohres vom beobachteten Auge genau kennen und zweitens erfordert die Messung zwei Akte der Aufmerksamkeit des Beobachters, n\u00e4mlich auf die beiden Punkte des Okularmikrometers, mit denen die beiden Enden des beobachteten Spiegelbildes zusammenfallen. Zwischen diesen beiden Akten der Aufmerksamkeit verstreicht aber eine gewisse Zeit und wenn w\u00e4hrend derselben das beobachtete Auge eine Bewegung gemacht hat, so geht der ganze Betrag derselben als Fehler in die Messung ein. Um diese Fehlerquellen zu beseitigen hat Helmholtz einen Apparat konstruirt, durch welchen die Messung ausf\u00fchrbar ist in einem Akte der Aufmerksamkeit des Beobachters und ohne dass die Entfernung des Messinstrumentes vom beobachteten Auge bestimmt zu sein braucht. Dieses Instrument, das seither in der physiologischen und pathologischen Optik unter dem Namen des Ophthalmometers eine bedeutende Rolle spielt, ist auf folgendes Princip gegr\u00fcndet. F\u00e4llt von einem leuchtenden Punkte P ein Strahlenb\u00fcndel schr\u00e4g auf eine planparallele Glasplatte, deren Abmessungen gegen die Entfernung des leuchtenden Punktes klein sind, so wird hinter derselben ein B\u00fcndel entstehen, in welchem jeder Strahl dem entsprechenden einfallenden merklich parallel, aber um ein bestimmtes St\u00fcck verschoben ist und zwar nach dem Fusspunkte des Perpendikels vom leuchtenden Punkte auf der Glasplatte. Die in Linienmaass gemessene Verschiebung, welche jeder Strahl parallel mit sich erleidet, h\u00e4ngt lediglich ab vom Brechungsindex des Glases, der Dicke der Platte und dem Einfallswinkel der Strahlen. Je gr\u00f6sser dieser ist, desto gr\u00f6sser ist die lineare Verschiebung. F\u00fcr irgend ein hinter der Glasplatte befindliches System, welches im Sinne des 1. Abschnittes optische Bilder liefert, wirkt also die Zwischenschiebung der Glasplatte genau so, als ob der leuchtende Punkt","page":45},{"file":"p0046.txt","language":"de","ocr_de":"46 Fick, Physiol. Optik I. 3. Cap. Numerische Bestimmung d. maassgebend. Gr\u00f6ssen.\num ein gewisses St\u00fcck zur Seite geschoben und ausserdem ein klein wenig angen\u00e4hert w\u00e4re, auf welchen letzteren Umstand jedoch hier nichts ankommt. Man kann sich hiervon leicht \u00fcberzeugen, wenn man durch eine mit der Hand vor das Auge gehaltene Glasplatte hindurchsieht. Sowie man sie schr\u00e4g dreht, scheinen alle Objekte ein wenig nach der Seite zu weichen und zwar um so mehr, je schr\u00e4ger die Platte gegen die Sehrichtung gestellt wird. Es ist dabei auch leicht zu bemerken, dass der Werth der linearen Verschiebung unabh\u00e4ngig ist von der Entfernung der Objekte, so dass sie bei sehr entfernten Gegenst\u00e4nden gar nicht mehr wahrgenommen werden kann.\nStatt eines Auges wollen wir uns nun zun\u00e4chst hinter der Glasplatte das Objektiv eines auf kurze Distanzen einstellbaren Fernrohres denken. Ferner wollen wir die Glasplatte in zwei St\u00fccke zerschnitten denken, von denen das eine vor der oberen, das andere vor der unteren H\u00e4lfte des Objektivs steht. Endlich sollen diese beiden St\u00fccke der Glasplatte in einen Mechanismus eingef\u00fcgt sein, verm\u00f6ge dessen sie immer um gleiche Winkel in entgegengesetztem Sinne gedreht werden k\u00f6nnen, so dass die optische Axe des Fernrohres stets den Winkel halbirt, unter welchem sich die erweiterten Ebenen der Platten schneiden. Hiermit ist die wesentliche Einrichtung des Ophthalmometers gegeben. Sie ist in Fig. 8 mit Weglas-\nFig. 8.\nsung des Mechanismus, durch welchen die Glasplatten gef\u00fchrt werden, dargestellt. Der Erfolg ist nun leicht vorherzusehen, stellt man die beiden Platten senkrecht zur Axe des Fernrohres so, dass eine die Fortsetzung der andern bildet, dann wird von einem vor ihnen gelegenen Objekte durch das Fernrohr nur ein Bild gesehen werden. So-","page":46},{"file":"p0047.txt","language":"de","ocr_de":"Lage und Gestalt der Trennungsfl\u00e4chen.\n47\nwie man aber den Mechanismus anf\u00e4ngt zu drehen, zerf\u00e4llt das Bild in zwei, welche um so weiter auseinanderriicken je kleiner der Winkel wird, unter welchem die Axe des Fernrohres die Platten schneidet. In der That jetzt zerf\u00e4llt jedes von einem Punkte des Objektes ausgehende Strahlenb\u00fcndel in zwei H\u00e4lften, die eine durch die obere schr\u00e4ge Platte gehende H\u00e4lfte verh\u00e4lt sich dahinter \u2014 also im Fernrohr \u2014 genau so, als ob sie von einem etwas zur einen Seite des wirklichen Objektpunktes gelegenen Punkte ausgegangen w\u00e4re, die andere H\u00e4lfte, durch die untere Platte gegangen, verh\u00e4lt sich im Fernrohr so, als w\u00e4re sie von einem um ebensoviel zur anderen Seite des wirklichen Objektpunktes gelegenen Punkte ausgegangen. In der Bildebene des Fernrohres m\u00fcssen demnach von jedem Objektpunkte zwei Bildpunkte entstehen. Ist nun das ganze Objekt hinl\u00e4nglich schmal, so wird man bei fortgesetzter Drehung der Platten zu einem Punkte kommen, wo der linke Rand des einen scheinbaren Objektes mit dem rechten des anderen zusammenf\u00e4llt, wo also die Verschiebung der beiden scheinbaren Objekte gegeneinander ihrer Breite gleich geworden ist. Hat man also zum Voraus f\u00fcr jede Winkelstellung der Platten durch Rechnung oder empirisch die Verschiebung ermittelt, so hat man durch Bestimmung der zu dem gedachten Erfolge erforderlichen Winkelstellung eine Messung der Objektbreite ausgef\u00fchrt, was wie man sieht in einem Akte der Aufmerksamkeit geschieht, ohne dass Bewegungen des Objektes dabei st\u00f6rend w\u00e4ren, da solche Bewegungen von beiden Bildern ganz gleich-m\u00e4ssig mitgemacht werden.\nUm nun die Kr\u00fcmmungshalbmesser einzelner St\u00fccke der vorderen Hornhautfl\u00e4che zu bestimmen, stellt man in grosser aber genau gemessener Entfernung von dem beobachteten Auge ein geeignetes Objekt auf, am besten besteht es aus drei Lichtflammen vor einem Maasstab, von denen zwei zu beiden Seiten eines Theilstriches dicht beisammen stehen, die andere vor einem weit davon entfernten Theil-striche. Der Maasstab steht auf einer vom beobachteten Auge nach seiner Mitte gezogenen Geraden senkrecht. Das Spiegelbild dieses Flammensystems in der Hornhaut des beobachteten Auges bildet nun f\u00fcr das Ophthalmometer das Objekt. Da es aus drei Lichtp\u00fcnktchen besteht, von denen zwei ganz dicht zusammen liegen, ist es sehr geeignet, den Augenblick zu bestimmen, wo die Verschiebung der Doppelbilder gerade seiner Breite gleich ist, denn dieser Augenblick ist derjenige, wo das einzelne Lichtp\u00fcnktchen vom einen Bilde gerade in die Mitte zwischen die beiden dicht beisammen liegenden P\u00fcnktchen vom andern Bilde getreten ist. Als Breite des Objektes","page":47},{"file":"p0048.txt","language":"de","ocr_de":"48 Fick, Physiol. Optik I. 3. Cap. Numerische Bestimmung d. maassgebend. Gr\u00f6ssen.\nist dann in Rechnung zu bringen die Strecke des erw\u00e4hnten Maassstabes zwischen dem Theilstriche, vor welchem die einzelne Flamme steht und demjenigen, zu dessen beiden Seiten die beiden andern Flammen stehen. Nat\u00fcrlich kann man auch das Spiegelbild eines anderen hellen Objektes, z. B. einer entfernten Fenster\u00f6ffnung, verwenden.\nDurchmustert man auf diese Art verschiedene Stellen der Hornhaut desselben Auges, so findet man den Kr\u00fcmmungshalbmesser am Scheitel kleiner als gegen den Rand. Die Gestalt der vorderen Hornhautfl\u00e4che weicht also sehr merklich von der Kugelgestalt ab und w\u00fcrde genauer zur Deckung gebracht werden k\u00f6nnen mit einem am Scheitel genommenen Abschnitte eines Ellipsoides, das durch Drehung einer Ellipse um ihre grosse Axe entstanden ist oder etwa einem an der Spitze einer Eioberfl\u00e4che genommenen Abschnitte. Sp\u00e4ter werden wir noch eine andere Abweichung der Hornhautoberfl\u00e4che von der Kugelgestalt zu ber\u00fccksichtigen haben. Wenn man eine gen\u00fcgende Anzahl von Kr\u00fcmmungshalbmessern f\u00fcr genau bestimmte Stellen eines Meridianes der Hornhaut gefunden hat, so kann man nat\u00fcrlich die Elemente derjenigen Ellipse berechnen, welcher sich dieser Hornhautmeridian am genauesten anschliesst.\nIn nachstehender Tabelle sind die Ergebnisse dreier Systeme solcher Messungen wiedergegeben, welche Helmholtz an den Augen von 3 weiblichen Individuen zwischen 25 und 30 Jahren ausgef\u00fchrt hat und zwar beziehen sie sich auf den horizontalen Meridian der drei Augen.\nBezeichnung des Auges\tA\tB\tC\nKr\u00fcmmungshalbmesser am Scheitel\t\t7,338\t7,646\t8,154\nQuadrat der Excentricit\u00e4t\t\t0,4367\t0,243\t0,3037\nHalbe grosse Axe\t\t13,027\t10,100\t11,711\nHalbe kleine Axe\t\t9,777\t8,7 88\t9,772\nHorizontaler Durchmesser des Umfangs\t\t11,64\t11,64\t12,092\nAbstand des Scheitels von der Ebene des Umfangs .\t2,56\t2,531\t2,511\nWinkel zwischen der grossen Axe und der Gesichtslinie \t\t4\u00b019'\t6\u00b043'\t7\u00b035'\nZu der letzten in der Tabelle aufgef\u00fchrten Winkelgr\u00f6sse sei noch bemerkt, dass unter \u201eG-esichtslinie\u201c die Richtung des genausten Sehens zu verstehen ist. Die Begr\u00fcndung f\u00fcr das Vorhandensein einer solchen kann erst in der Lehre von den Lichtempfindungen vollst\u00e4m dig gegeben werden, doch mag schon hier bemerkt sein, dass sie im Sinne nach vorn verfolgt von der nach vorn verl\u00e4ngerten Symmetrie-axe des Auges meist sehr merklich nasenw\u00e4rts abweicht.","page":48},{"file":"p0049.txt","language":"de","ocr_de":"Lage und Gestalt der Trennungsfl\u00e4chen.\n49\nDie Gr\u00f6sse dieses Winkels ist sp\u00e4ter noch von andern Forschern 1 an verschiedenen Angen gemessen und stets fand sich, dass die grosse AxedesHornhautellipsoides schl\u00e4fenw\u00e4rts von der Gesichtslinie abwich.\nDie Abweichung der vorderen Hornhautfl\u00e4che von der Kugelgestalt ist offenbar von Vortheil f\u00fcr die Sch\u00e4rfe der Bilder, wenn bei weiter Pupille Strahlenb\u00fcndel zur Wirkung kommen, deren Rand-strahlen schon auf eine Zone der Cornea fallen, welche an deren Mittelpunkt einen nicht ganz kleinen Winkel umspannt, so dass die einschr\u00e4nkenden Bedingungen des ersten Abschnittes nicht mehr hinreichend erf\u00fcllt w\u00e4ren. Solche Strahlen w\u00fcrden n\u00e4mlich an einer wirklichen Kugelfl\u00e4che fr\u00fcher zur Vereinigung gebracht, als in dem Bildpunkte dessen Lage im ersten Abschnitte f\u00fcr ein sehr schmales Strahlenb\u00fcndel bestimmt wurde. Diese Abweichung von der Ho-mocentricit\u00e4t der an gr\u00f6sseren Kugelabschnitten gebrochenen Strahlenb\u00fcndel nennt man Abweichung von der Kugelgestalt. Ein brechendes System, in welchem diese Abweichung m\u00f6glichst korrigirt ist, nennt man \u201eaplanatisch\u201c. Es ist klar, dass die schw\u00e4chere Kr\u00fcmmung der Hornhaut gegen den Rand hin im Sinne des Aplanatismus wirken muss. Ausf\u00fchrlich hat hier\u00fcber neuerdings Mat-thiessen2 3 gehandelt. Schon vor l\u00e4ngerer Zeit hat Volkmann 3 \u00fcber den Aplanatismus des Gesammtauges Untersuchungen angestellt.\nAeltere Messungen von Kohlrausch mit Okularmikrometer haben f\u00fcr den Kr\u00fcmmungshalbmesser der vorderen Hornhautfl\u00e4che den durchschnittlichen Werth von 7,87 mm. ergeben.\nAn der Hinterfl\u00e4che der Hornhaut findet keine merkbare Spiegelung statt. Der Grund d\u00fcrfte darin zu suchen sein, dass wegen der kleinen Differenz zwischen den Brechungsindices der hier aneinandergrenzenden Medien die Spiegelung \u00fcberhaupt sehr schwach ist und dass die von ihr gelieferten Bilder nothwendig ganz dicht neben die von der Vorderfl\u00e4che der Hornhaut entworfenen Spiegelbilder derselben Objekte fallen m\u00fcssen und daher neben diesen sehr hellen Bildern verschwinden.\nBez\u00fcglich der hinteren Hornhautfl\u00e4che ist man daher auf direkte Messungen an Leichenaugen angewiesen. Solche haben ergeben, dass die Kr\u00fcmmung derselben wahrscheinlich etwas st\u00e4rker ist, als die der vorderen, denn man findet regelm\u00e4ssig die Hornh\u00e4ute von Leichen am Rande ein wenig dicker als in der Mitte. Uebrigens ist eine genaue Bestimmung der Kr\u00fcmmung der hinteren Hornhautfl\u00e4che nicht\n1\tMandelstamm, Zur Ophthalmometrie. Arch. f. Ophthalmologie XI. 2. Abth. S. 259.\n2\tArch. f. Ophthalmologie XXIII. 1. Abth. S. 125.\n3\tWagner\u2019s Handw\u00f6rterb. d. Physiol. Art. \u201eSehen\u201c.\nHandbuch der Physiologie. Bd. III.\t4","page":49},{"file":"p0050.txt","language":"de","ocr_de":"50\nFick, Physiol. Optik I. 3. Cap. Numerische Bestimmung etc.\nerforderlich, da die Brechung an ihr auf den Gang der Strahlen durch das Auge sicher nur von ganz verschwindendem Einfl\u00fcsse ist.\nMan kann sich hiervon auf folgendem Wege \u00fcberzeugen. Es ist schon weiter oben erw\u00e4hnt, dass man in jedes brechende System an jeder Stelle eine verschwindend d\u00fcnne Schicht eines durchsichtigen K\u00f6rpers von beliebigem Brechungsindex eingeschaltet denken kann, ohne dass dadurch der Gang der Strahlen merklich ver\u00e4ndert w\u00fcrde. Wir wollen uns nun an der vorderen Hornhautfl\u00e4che eine solche verschwindend d\u00fcnne Schicht w\u00e4ssriger Feuchtigkeit ausgebreitet denken, was ohnehin den thats\u00e4chlichen Verh\u00e4ltnissen entsprechen d\u00fcrfte, da die hier immer vorhandene benetzende Schicht der Thr\u00e4nenfl\u00fcssigkeit wohl in ihrer Brechkraft von der w\u00e4sserigen Feuchtigkeit nicht merklich verschieden sein wird.\nJetzt werden wir also ein System vor uns haben, bestehend aus Luft, w\u00e4ssriger Feuchtigkeit (in kapill\u00e4rer Schicht), Hornhautsubstanz, w\u00e4ssriger Feuchtigkeit. Lassen wir nun homocentrische Strahlenb\u00fcndel in die erste Schicht w\u00e4ssriger Feuchtigkeit eintreten, so wird sich darin ein System von wiederum homocentrischen Strahlenb\u00fcndeln bewegen, deren Centra wir f\u00fcr die weitere Brechung als Objektpunkte anzusehen haben und zwar, beil\u00e4ufig gesagt, wenn sie hinter der Hinterwand der kapill\u00e4ren Schicht liegen als virtuelle. Wir wollen nun ein solches in dieser Schicht sich fortpflanzendes Strahlenb\u00fcndel ins Auge fassen, die Entfernung seines Centrums von der wirklichen vorderen Hornhautfl\u00e4che mit q bezeichnen und auf seine Brechung an derselben die Formel S. 9 anwenden, wollen aber f\u00fcr die wie immer nach hinten positiv gerechnete Entfernung des Bildpunktes von der Trennungsfl\u00e4che\neinstweilen die Bezeichnung q* einf\u00fchren, so dass man hat\n1 n n \u2014 1\nq q* r\nwo r den Halbmesser der vorderen Hornhautfl\u00e4che und n den Brechungsindex beim Uebergang von Strahlen aus w\u00e4ssriger Feuchtigkeit in Hornhautsubstanz bedeutet. Da nun der absolute Brechungsindex der ersteren 1,3420, der der letzteren = 1,3507 ist, so ist\n1,350/\t00034\n1,3420\t\u2019\nzu setzen. Bei der ausserordentlich geringen Abweichung dieses\nWerthes von 1 ist der aus obiger Formel sich ergebende Werth von\nnqr\tnq\nq* =\n[n\u2014 1) q \u2014 r\n(\u00bb-\u00ab\u201c\u25a0\n1\nvon\n\u2014 nq nicht merklich verschieden, so lange nicht -- eine sehr","page":50},{"file":"p0051.txt","language":"de","ocr_de":"Lage und Gestalt der Trennungsfl\u00e4chen.\n51\ngrosse Zahl ist, d. h. so lange nicht die Entfernung des Strahlencentrums von der vorderen Hornhautfl\u00e4che sehr gross ist gegen* den Halbmesser derselben.\nDas soeben gefundene Centrum des in der Hornhautsubstanz sich fortpflanzendem Strahlenhtlndels sehen wir nun als Objektpunkt an f\u00fcr die Brechung an der hinteren Hornhautfl\u00e4che, deren Radius mit q bezeichnet werden soll. F\u00fcr die Brechung beim Uebergang aus Hornhautsubstanz in die dahinter gelegene w\u00e4ssrige Feuchtigkeit gilt nun nat\u00fcrlich als Brechungsindex der reciproke Werth von w,\nd. h. -1- und es besteht also hier zwischen Objektabstand s und n\nBildabstand s* die Gleichung 1 l\n1\nl\nn\n1\t1\noder------1-----:\ns\tns\nn \u2014 1\ns. 's*\tQ\ts nsnQ\nEs handelt sich aber um Bestimmung des Bildes von dem vorhin gefundenen Bilde, dessen Abstand von der vorderen Hornhautfl\u00e4che?* war. Der Abstand dieses Punktes von der hinteren Fl\u00e4che der Hornhaut hat zum numerischen Werth q* \u2014 d, wenn d die Dicke der Hornhaut bedeutet. Da aber diese Gr\u00f6sse in die neue Rechnung als Objektabstand eingeht, so muss s = \u2014 (q* \u2014 d) = d \u2014 q* gesetzt werden, und wenn man f\u00fcr q * den gefundenen N\u00e4herungswerth \u201411 q einsetzt, so hat man die Gleichung\n1\n1\nd-\\- nq\tns*\nn \u2014 1 no\nHieraus ergiebt sich\n+ q\ns* =\n(n \u2014 1 )\nd -j- n q\nnq\n+ 1\nalso aus dem oben angef\u00fchrten Grunde ann\u00e4herungsweise\n** = -(!+\u00ab\nWenn wir aber die Entfernung des letzten Bildpunktes von der vorderen Hornhautfl\u00e4che nach hinten durch p* bezeichnen, so m\u00fcssen wir zu dem soeben gefundenen Werthe von s*, der von der zweiten Hornhaufl\u00e4che nach hinten positiv gemessen wird, d addiren und haben also\np* = d \u2014 ( \u2014 -f- q) oder p* = \u2014 q H---\u2014\u2014 d.\nDa aber die positive Richtung f\u00fcr die Messung der Objektabst\u00e4nde\n4*","page":51},{"file":"p0052.txt","language":"de","ocr_de":"52\nFick, Physiol. Optik I. 3. Cap. Numerische Bestimmung etc.\nq nach vorn, der Bildabst\u00e4nde p* nach hinten geht und die Rechnung sehen l\u00e4sst, dass p* und q entgegengesetztes Zeichen haben, ihr absoluter Werth aber sich nur um die sehr kleine Gr\u00f6sse\nn\nunterscheidet, so zeigt sich, dass der Bildpunkt, den die beiden Brechungen an den Grenzen der Hornhautsubstanz hervorbringen, mit dem Objektpunkt fast genau zusammenf\u00e4llt. Objektpunkt aber war das Centrum des in der kapill\u00e4ren Schicht vor der Hornhaut sich fortpflanzenden Strahlenb\u00fcndels. Man sieht also, dass die aus der Luft kommenden Strahlenb\u00fcndel in der w\u00e4ssrigen Feuchtigkeit fast genau ebenso verlaufen, als wenn man sich dieselbe bis an die vordere Hornhautfl\u00e4che erstreckt denkt. Diese letztere Annahme kann man also getrost machen, was die weiteren Betrachtungen wesentlich vereinfacht. Doch mag noch hervorgehoben werden, dass diese Vereinfachung nur zul\u00e4ssig ist f\u00fcr Strahlenb\u00fcndel, deren Centrum nicht sehr weit von der vorderen Hornhautfl\u00e4che liegt, denn die Ann\u00e4herung beruht ja darauf, dass die Gr\u00f6ssen\n(n-l)-\u00ab und (n \u2014 1) \u00ab* + \"* r\triQ\ngegen 1 vernachl\u00e4ssigt werden, was nur angeht, wenn\nnicht sehr gross sind. Sie gilt also eigentlich nicht mehr, wenn q sehr gross ist, was bei Strahlenb\u00fcndeln der Fall sein wird, die von Punkten in der Luft sehr nahe am Auge ausgegangen sind, und die also in der kapill\u00e4ren Schicht an der vorderen Hornhautfl\u00e4che nahezu parallelstrahlig sein werden. Solche Strahlenb\u00fcndel kommen indessen beim Sehakt im engeren Sinne des Wortes nicht in Betracht.\nJetzt muss zun\u00e4chst die Entfernung des Scheitels der vorderen Linsenfl\u00e4che vom Hornhautscheitel bestimmt werden. Um dies am Lebenden ausf\u00fchren zu k\u00f6nnen, hat Helmholtz ziemlich verwickelte Methoden angewandt, denen der folgende Gedankengang zu Grunde liegt. Erstens l\u00e4sst sich ganz exakt nachweisen, dass, wie schon oben bemerkt wurde, der Pupillenrand der vorderen Linsenfl\u00e4che unmittelbar anliegt. Wenn man n\u00e4mlich einen sehr starken Lichtkegel, etwa von einer hellen Lampenflamme, durch eine Konvexlinse in das Auge fallen l\u00e4sst, so erscheint die Linse graulich getr\u00fcbt, indem in der starken Beleuchtung die Grenzen zwischen den Formelementen derselben hinl\u00e4nglich viel Licht zerstreuen, um sichtbar zu werden. W\u00e4re nun die Pupillarebene von der vorderen Linsen-","page":52},{"file":"p0053.txt","language":"de","ocr_de":"Lage und Gestalt der Trennungsfl\u00e4chen.\n53\nfl\u00e4che durch einen Zwischenraum getrennt, so m\u00fcsste von der Iris ein Schlagschatten auf die Linse fallen, der bei schr\u00e4gem Einblick als eine dunkle Zone zwischen dem Pupillarrande und dem beleuchteten Theile der Linse sichtbar werden m\u00fcsste, da dies nie der Fall ist, so besteht ein solcher Zwischenraum nicht. Der Linsenscheitel liegt also in der Pupillarebene sofern man von der Vorw\u00f6lbung der konvexen Linsenfl\u00e4che in die Pupille hinein absieht. Es w\u00e4re also zu dem Vorgesetzten Zwecke gen\u00fcgend, die Entfernung der Pupillarebene vom Hornhautscheitel zu bestimmen, was folgendermaassen geschehen kann. Ist f\u00fcr das zu untersuchende Auge die Kr\u00fcmmung der Hornhaut und die Lage ihrer grossen Axe zur Gesichtslinie nach den fr\u00fcher beschriebenen Methoden bekannt, so kann man einerseits genau den Ort angeben, wo das Spiegelbild eines bestimmten leuchtenden Punktes liegt. Ferner kann man dann auch noch, wenn f\u00fcr den Brechungsindex der w\u00e4ssrigen Feuchtigkeit ein bestimmter Werth angenommen wird, die Beziehung herstellen zwischen der wirklichen Entfernung der Pupillarebene von der vorderen Hornhautfl\u00e4che und der Entfernung des (virtuellen) Bildes derselben, das entsteht durch die Brechung der von den Punkten des Pupillarrandes ausgegangenen Strahlenb\u00fcndel an der vorderen Hornhautfl\u00e4che bei ihrem Austritt in die Luft. Wir k\u00f6nnen dieses Bild die scheinbare Pupille nennen, sofern es das ist, was man als Pupille eines fremden Auges wirklich sieht.\nBlickt man nun in ein Auge durch den Ophthalmometer und sucht eine Stellung so, dass die Doppelbilder des Hornhautreflexes von einem bekannten leuchtenden Punkt mit je einem Doppelbilde der Enden des wagrechten Durchmessers der scheinbaren Pupille zusammenfallen, so muss offenbar die auf das Hornhautspiegelbild gerichtete Axe des Ophthalmometers durch den Mittelpunkt der scheinbaren Pupille gehen. Sucht man nun zwei verschiedene solche Stellungen des Ophthalmometers in derselben horizontalen Meridianebene des Auges, so hat man zwei Richtungen, die sich nothwendig im Mittelpunkte der scheinbaren Pupille schneiden. Da auf jeder dieser Richtungen ein im Auge gelegener Punkt, n\u00e4mlich der Ort des betreffenden Hornhautspiegelbildchens bekannt ist, so kann auch der Durchschnitt bestimmt werden. Ist dieser, d. h. also der Mittelpunkt der scheinbaren Pupille gefunden, so kann dann auch der Mittelpunkt der wirklichen Pupille bestimmt werden.\nDie Ergebnisse der Messungen von Helmholtz an denselben 3 Augen, auf welche sich die obigen Messungen S. 48 beziehen, sind in nachstehender kleinen Tabelle verzeichnet.","page":53},{"file":"p0054.txt","language":"de","ocr_de":"54\nFick, Physiol. Optik I. 3. Cap. Numerische Bestimmung etc.\n\t\t\u00c2 *\tB\tC\nAbstand der PupiHarebene vom Scheitel der Hornhaut\t\t1 scheinbar \\ wirklich\t3,485 4,024\t3,042 3,597\t3,151 3,739\n\t\t\t\t\nEs verdient noch er\u00f6rtert zu werden, warum die scheinbare Pupille vor der wirklichen liegt. Bei der kollektiven Natur des Syst\u00e8mes Luft-w\u00e4ssrige Feuchtigkeit getrennt durch die nach der Luftseite konvexe Hornhautfl\u00e4che (siehe S. 12), hat man n\u00e4mlich im allgemeinen allerdings zu erwarten, dass ein von einem Punkte in der w\u00e4ssrigen Feuchtigkeit ausgehendes Strahlenb\u00fcndel beim Austritt in die Luft verwandelt wird in ein solches, dessen Strahlen kon-vergiren resp. weniger divergiren als vor der Brechung, dass demnach das virtuelle Bild eines solchen Punktes, wofern ein solches zu Stande kommt, hinter dem Objektpunkte liegt. Dies gilt aber, wie schon die Anschauung der Einfallslothe lehrt, nicht f\u00fcr Objektpunkte zwischen dem Mittelpunkte und der brechenden Fl\u00e4che selbst oder f\u00fcr Werthe von p < r. Dasselbe ergiebt auch die Diskussion der Formel S. 9) Da nun die Punkte der Pupille diese Lage haben, so ist die anscheinende Paradoxie gehoben.\nDie Bestimmung der ferneren Constanten des brechenden Syst\u00e8mes am lebenden Auge fusst wesentlich auf der Beobachtung der an der vorderen und hinteren Linsenfl\u00e4che erzeugten Spiegelbilder der sogenannten SANSON-PuRKiNjE\u2019schen Bilder. Es ist daher zun\u00e4chst zu beschreiben, wie dieselben \u00fcberhaupt zur Anschauung gebracht werden k\u00f6nnen. In gleicher H\u00f6he mit dem zu beobachtenden Auge bringe man wenige Decimeter von demselben entfernt eine helle Kerzenflamme und in grosser Entfernung von ihm ein zu fixi-rendes Zeichen an. Der Winkel zwischen der Gesichtslinie des beobachteten Auges und seiner Verbindungslinie mit der Kerzenflamme mag etwa 45 0 betragen. Die Kerzenflamme muss einen dunklen Hintergrund haben damit keine st\u00f6renden Hornhautreflexe entstehen. Der Beobachter bringt nun sein Auge in der f\u00fcr ihn passenden Sehweite in gleiche H\u00f6he mit dem beobachteten Auge und blickt in einer Richtung hinein, welche mit dessen Gesichtslinie auf der anderen Seite ungef\u00e4hr denselben Winkel bildet, wie die Richtung von der Flamme zum beobachteten Auge. Die Anordnung von Flamme C Gesichtszeichen f beobachtendem Auge B und beobachtetem Auge A ist in Figur 9 im Grundriss dargestellt. Der Beobachter gewahrt dann nach einigem Suchen durch Hin- und Hergehen um die Lage B herum die 3 Reflexbilder etwa in der Fig. 10 dargestellten Reihen-","page":54},{"file":"p0055.txt","language":"de","ocr_de":"Lage und Gestalt der Trennungsfl\u00e4clien.\n55\nfolge wenn er die Lichtflamme zu seiner Linken1 hat. Die schwarze Scheibe soll die Pupille des beobachteten Auges bedeuten. Das von\n\nFig. 9.\nder Hornhautfl\u00e4che gelieferte Spiegelbild a braucht \u00fcbrigens nicht nothwendig im Bereich der Pupille zu erscheinen, wird es aber in der Regel bei den vorhin beschriebenen Anordnungen. b ist das von der vorderen Linsenfl\u00e4che gelieferte Spiegelbild. Es ist wie der Hornhautreflex ein aufrechtes Bild der Lampenflamme aber gegen jenen ein \u00e4usserst matter Schimmer mit nicht ganz scharfer Grenze. Die Form der Flamme ist gleichwohl ungef\u00e4hr zu erkennen und man bemerkt leicht, dass es a \u00e8 h bei weitem gr\u00f6sser ist als der Hornhautreflex. Wenn\tFig-10\u2018\nman das eigene Auge ein wenig hin- und herbewegt, so \u00e4ndert das Bildchen b seine perspektivische Stellung in der Pupille bedeutend im gleichen Sinne mit der Bewegung des beobachtenden Auges und verschwindet meist schon bei m\u00e4ssigen Bewegungen hinter dem Pupillenrand. Daraus geht hervor, dass der Ort dieses (virtuellen) Bildchens weit (etwa 8 \u201412 mm.) hinter der Pupille ist. Das dritte Bildchen c verdankt seine Entstehung der Spiegelung an der hinteren Linsenfl\u00e4che; es ist ebenfalls bedeutend lichtschw\u00e4cher als der Hornhautreflex und noch kleiner; als Spiegelbild von einem Hohlspiegel mit kleinem Radius ist es umgekehrt. Aus den kleineren perspektivischen Verschiebungen bei Bewegungen des beobachtenden Auges kann man schliessen, dass sein Ort nur etwa 1mm. hinter der Pupillenebene liegt.\nWenn man nun von einem Gegenstand bekannter Gr\u00f6sse und bekannter Entfernung vom beobachteten Auge, das durch Reflex an\n1 Durch ein Versehen ist in Fig. 9 der Grundriss der Versuchsanordnung so dargestellt, dass der Beobachter die Lichtflamme zur Rechten hat. In diesem Falle w\u00fcrde die Anordnung der 3 Bildchen a, b, c die umgekehrte sein wie in Fig. 10.","page":55},{"file":"p0056.txt","language":"de","ocr_de":"56\nFick, Physiol. Optik I. 3. Cap. Numerische Bestimmung etc.\nder vorderen Linsenfl\u00e4che entstehende Bild messen kann, so l\u00e4sst sich daraus der Kr\u00fcmmungshalbmesser dieser als Kugelabschnitt betrachteten Fl\u00e4che berechnen. Jedoch muss von demselben Auge noch bekannt sein die Kr\u00fcmmung der Hornhaut, der Brechungsindex der w\u00e4ssrigen Feuchtigkeit und die Entfernung des Linsenscheitels vom Hornhautscheitel. Das fragliche Reflexbild entsteht n\u00e4mlich nicht durch blosse Reflexion an der vorderen Linsenfl\u00e4che, vielmehr erleiden die vom Objektpunkte ausgehenden Strahlenb\u00fcndel zun\u00e4chst eine Brechung an der Hornhautgrenze dann die Reflexion und endlich wieder eine Brechung an der vorderen Hornhautfl\u00e4che beim R\u00fccktritt in die Luft. Dies dioptrisch-katoptrische System Luft, w\u00e4ssrige Feuchtigkeit, Linsenfl\u00e4che, w\u00e4ssrige Feuchtigkeit, Luft l\u00e4sst sich nat\u00fcrlich nach den Principien des ersten Abschnittes behandeln und wenn seine Constanten bis auf eine \u2014 hier den Halbmesser der spiegelnden vordem Linsenfl\u00e4che \u2014 durch vorl\u00e4ufige andere Messungen bekannt sind, so kann eine fehlende berechnet werden, wenn man f\u00fcr ein bestimmtes Objekt die Gr\u00f6sse des Bildes gemessen hat.\nDie Messung des Reflexbildes von der vorderen Linsenfl\u00e4che kann nicht g\u00fct direkt mit dem Ophthalmometer ausgef\u00fchrt werden weil es zu libhtschwach ist. Helmholtz hat es daher indirekt gemessen durch Vergleichung mit einem Hornhautspiegelbild von einem andern Objekte, dessen Gr\u00f6sse beliebig ver\u00e4ndert werden kann bis sein Hornhautbild dem zu messenden Linsenbild der st\u00e4rkeren Lichtquelle gleich geworden ist.\nAuf diese Weise hat Helmholtz immer an denselben drei Augen den Kr\u00fcmmungshalbmesser der vorderen Linsenfl\u00e4che bestimmt und zwar gefunden\nf\u00fcr das Auge\tABC\n11,9\t8,8\t10,4.\nEs gilt jetzt endlich noch die Lage und Kr\u00fcmmung der hinteren Linsenfl\u00e4che zu ermitteln. Die Entfernung eines dem Scheitel jedes-falls sehr benachbarten Punktes der hinteren Linsenfl\u00e4che vom Hornhautscheitel hat Helmholtz am lebenden Auge sehr ann\u00e4hernd bestimmt nach einer Methode, die sich auf folgende Betrachtung gr\u00fcndet. Ein in D (Fig. 11) befindliches beobachtendes Auge sehe in der Richtung Del das von der hinteren Linsenfl\u00e4che des beobachteten Auges gelieferte Spiegelbild einer bei C befindlichen Lichtflamme. Bei der Kleinheit dieses Spiegelbildchens wird man den Theil der spiegelnden Fl\u00e4che, welcher die wirksamen Strahlen liefert als einen Punkt ansehen k\u00f6nnen, er ist mit i bezeichnet und es ist alsdann die ge-","page":56},{"file":"p0057.txt","language":"de","ocr_de":"Lage und Gestalt der Trennungsfl\u00e4chen.\n57\nbrochene Linie CcidD der Gang eines Lichtstrahles der von C in der Luft ausgeht, erst an der vorderen Hornhautfl\u00e4che bei c, dann in einem nicht bezeichneten Punkte) an der vorderen Linsenfl\u00e4che gebrochen hierauf reflektirt wiederum zweimal gebrochen bei d in Luft zur\u00fccktritt und sich nach D fortpflanzt. Genau denselben Weg w\u00fcrde ein von D ausgehender Lichtstrahl in umgekehrter Richtung verfolgen also am selben Punkte c, wo der erstgedachte eintrat, die Hornhaut verlassen um sich nach C fortzupflanzen. Man kann somit den Durchschnittspunkt h der beiden Richtungen cC und dD ansehen als das (virtuelle) Bild des in der Linsensubstanz gelegenen Objektpunktes i geliefert durch das brechende System Linsensubstanz \u2014 w\u00e4ssrige Feuchtigkeit \u2014 Luft. K\u00f6nnte also die Lage von h zur Hornhaut genau bestimmt werden, so w\u00fcrde sich die Lage von i berechnen lassen, da die Con-stanten des genannten Systems n\u00e4mlich der Halbmesser der Hornhaut der Ort der vorderen Linsenfl\u00e4che sowie deren Halbmesser und endlich auch die Brechungsindices der w\u00e4ssrigen Feuchtigkeit und der Linsensubstanz f\u00fcr das Auge schon bekannt sind.\nDie Lage des Punktes h oder des scheinbaren hinteren Linsenscheitels zur Hornhaut kann aber nur dann genau bestimmt werden, wenn die Punkte c und d an der Hornhaut genau bekannt sind, an welchen die beiden Strahlen in den bekannten Richtungen c C und dD aus der Hornhaut austreten. Bei der ersten oben gedachten Beobachtung kann nun schon der Punkt d bestimmt werden indem man gleichzeitig mit dem Reflex der Flamme C von der hinteren Linsenfl\u00e4che einen Hornhautreflex einer anderen kleineren Flamme E beobachtet und diese so lange verr\u00fcckt, bis ihr Hornhautreflex mit jenem Linsenreflex zusammenf\u00e4llt dann ist offenbar der gesuchte Punkt d die spiegelnde Stelle der Hornhaut, diese aber kann gefunden werden, wenn man noch zuvor den Punkt g bestimmt hat wo die ebenfalls der Lage nach bekannt vorausgesetzte Gesichtslinie g G des beobachteten Auges die Hornhaut schneidet. Die Data der Beobachtung bestimmen n\u00e4mlich den Winkel zwischen Ed und Gg) sowie den Winkel EdD dessen H\u00e4lfte zu jenem zwischen Ed und G g\nFig. 11.","page":57},{"file":"p0058.txt","language":"de","ocr_de":"58\nFick. Physiol. Optik I. 3. Cap. Numerische Bestimmung etc.\naddirt den Centriwinkel der beiden durch d und g gehenden Hornhautradien ausmachen. Man kann sonach auch die L\u00e4nge des Bogens gd und folglieh den Ort des Punktes d auf der Hornhaut bestimmen. Um ebenso den Punkt c zu finden, muss eine zweite Beobachtung gemacht werden, in welcher die Flamme nach D und das beobachtende Auge nach C gebracht wird und wo abermals eine zweite kleinere Flamme bei F so gestellt wird, dass ihr Hornhautreflex mit dem Linsenreflex yon I) zusammenf\u00e4llt. Sind aber die Punkte d und c auf dem Hornhautbogen A A bekannt, so findet sich, indem man durch d und c in den Richtungen D d und Cc, deren Winkel mit der Gesichtslinie bekannt sind, Gerade zieht der Punkt h als ihr Durchschnittspunkt. Aus dem Abstand des Bildes h von der Hornhaut kann dann wie schon gesagt die Entfernung des Objektpunktes i von ebenda berechnet werden. An den drei Augen, an welchen auch die anderen Messungen ausgef\u00fchrt sind, fand auf diese Weise Helmholtz :\n\tA\tB\tC\nScheinbare Entfernung des hinteren Linsenscheitels von der Hornhaut (h)\t Wirkliche Entfernung (i)\t\t-;i72\t7,003 7,232\t6,658 7,141\nZieht man hiervon die fr\u00fcher gefundenen Werthe f\u00fcr die Entfernung der Pupillarebene von der Hornhaut ab, so erh\u00e4lt man f\u00fcr die Dicke der Linse in der Axe gemessen die Werthe\n3,148 mm.\t3,635 mm.\t3,402 mm.\nEine kleine Correktion bed\u00fcrfen diese Werthe noch wegen der Vorw\u00f6lbung der vorderen Linsenfl\u00e4che in die Pupille. Mit Ber\u00fccksichtigung der gemessenen vorderen Linsenkr\u00fcmmung und der Pupillenweite hat Helmholtz als korrigirte Werthe f\u00fcr die Linsendicke der drei Augen gefunden\n3,414 mm.\t3,801mm.\t3,555 mm.\nDer gr\u00f6sste dieser Werthe erreicht aber noch nicht den kleinsten Werth der Linsendicke n\u00e4mlich 4 mm. wie ihn fr\u00fchere Forscher durch Messung an Leichenaugen bestimmt haben. Helmholtz glaubt dies nicht auf individuelle Zuf\u00e4lligkeiten beziehen zu d\u00fcrfen, sondern auf einen gespannten Zustand, in welchem sich die Linse w\u00e4hrend des Lebens befinde, wovon weiter unten noch zu handeln sein wird.\nWas endlich den Halbmesser der hinteren Linsenfl\u00e4che betrifft,","page":58},{"file":"p0059.txt","language":"de","ocr_de":"Lage und Gestalt der Trennungsfl\u00e4clien.\n59\nso k\u00f6nnte man denselben ans der Gr\u00f6sse des Reflexbildes in ganz \u00e4hnlicher Weise f\u00fcr ein lebendes Auge berechnen. Hier w\u00fcrden aber in die Rechnung noch zwei Elemente mehr eingehen n\u00e4mlich die soeben bestimmte Linsendicke und der Brechungsindex der Linsensubstanz, von denen namentlich dem letzteren wie wir sahen doch nur mit einer gewissen Willk\u00fcr ein bestimmter numerischer Werth beigelegt werden kann. Man k\u00f6nnte sich daher wohl damit begn\u00fcgen, dem Kr\u00fcmmungshalbmesser einen Werth beizulegen, wie er sich aus Messungen an Leichenlinsen ergiebt n\u00e4mlich in runder Zahl 6 mm.\nDie im Vorstehenden beschriebenen ophthalmometrischen Methoden sind von Helmholtz sp\u00e4ter vervollkommnet worden, so dass seine Sch\u00fcler1 direkt die Gr\u00f6sse der Reflexbilder an den Linsenfl\u00e4chen ophthalmometrisch messen konnten. Es kommt f\u00fcr diesen Zweck wesentlich darauf an, ein sehr helles Objekt zu benutzen. Als solches diente die Zusammenstellung der Sonne mit einem Spiegelbild derselben. Nach dieser verbesserten Methode fand sich f\u00fcr ein gewisses Auge der Halbmesser der vorderen Linsenfl\u00e4che = 9,8243 mm. und der der hinteren = 6,1249 mm.\nEs ist jetzt noch die Frage aufzuwerfen, in wie weit die Mittelpunkte der drei als Kugelabschnitte betrachteten brechenden Fl\u00e4chen in eine grade Linie fallen und wie zu dieser Linie \u2014 der Augenaxe \u2014 die als Gesichtslinie definirte Gerade liege, deren Richtung durch den Fixationspunkt immer leicht zu bestimmen ist.\nHelmholtz hat zu diesem Zwecke folgendes Verfahren angewendet. Man denke sich bei d Fig. 12 das beobachtete Auge, dessen Linse und Hornhaut im Meridianschnitt angedeutet sind. Bei a sei das Auge des Beobachters und bei b eine Lichtflamme.\nW\u00e4re nun das beobachtete Auge genau centrirt, d. h. l\u00e4gen die Mittelpunkte der drei spiegelnden Fl\u00e4chen genau auf einer Geraden, so m\u00fcsste eine Stellung desselben ermittelt werden k\u00f6nnen, bei welcher seine Axe, n\u00e4mlich die Gerade, welche die drei Mittelpunkte enth\u00e4lt,\nc/r\nFig. 12.\n1 Rosow, Zur Ophthalmologie. Arch. f. Ophthalmometrie XI. 2. Abth. S. 129.","page":59},{"file":"p0060.txt","language":"de","ocr_de":"60\nFick. Physiol. Optik I. 3. Cap. Numerische Bestimmung etc.\nden Winkel genau halbirt, den die Richtungen von b und von u nach einem Punkte dieser Axe mit einander machen. Behielte das beobachtete Auge diese Stellung bei, so m\u00fcssten, wenn Beobachter und Licht ihre Orte vertauschen, die drei Reflexbilder wieder ganz genau nur umgekehrt in derselben Lage erscheinen wie vorher. Ueberdiess m\u00fcsste in beiden F\u00e4llen das Spiegelbild von der vorderen Linsenfl\u00e4che ziemlich genau in der Mitte liegen zwischen dem Hornhautreflex und dem hinteren Linsenreflex da der scheinbare vordere Linsenscheitel ziemlich genau mitten zwischen dem Hornhautscheitel und dem scheinbaren hinteren Linsenscheitel liegt.\nHelmholtz pr\u00fcfte nun viele verschiedene Augen auf folgende Art. Dem beobachteten Auge wurde aufgegeben ein verschiebbares Gesichtszeichen g zu fixiren. Dies wurde dann so lange hinunterger\u00fcckt bis von a aus gesehen das vordere Linsenbild mitten zwischen dem Hornhautbild und dem hinteren Linsenbild von b erschien. Es ergab sich vor allem, dass dies niemals eintrat, wenn g in der Linie cd stand, welche den Winkel zwischen acl und bd halbirte, immer musste g etwas nasenw\u00e4rts von c und oberhalb der Ebene abd befinden. Ferner zeigte sich, dass stets die drei Bilder sehr merklich andere gegenseitige Lagen hatten, wenn bei festbleibendem beobachteten Auge die Flamme und das Auge des Beobachters ihre Orte vertauschten. Hieraus geht hervor, dass das menschliche Auge nie ganz genau centrirt ist, um aber doch wenigstens ann\u00e4hernd eine Gerade als Augenaxe definiren und ihren Winkel mit der Gesichtslinie angeben zu k\u00f6nnen, machte Helmholtz f\u00fcr die drei Augen, an welchen die s\u00e4mmtlichen \u00fcbrigen Gr\u00f6ssen gemessen waren, folgende Bestimmungen. Nach Vertauschung der Flamme und des beobachtenden Auges wurde von Neuem das Gesichtszeichen g so lang verschoben, bis das vordere Linsenspiegelbild wieder in der Mitte zwischen den beiden andern lag. So erhielt er f\u00fcr jedes Auge zwei Winkel zwischen der Gesichtslinie und der Halbirungslinie des Winkels zwischen den Richtungen ad und bd, deren Werthe, wie aus nachstehender Tabelle ersichtlich ist, nicht sehr weit von einander ab weichen. Ihre Differenz giebt eine Vorstellung von der Mangelhaftigkeit der Centrirung des Auges.\nAuge\tWinkel\t\n\tLicht von der\tLieht von der\n\tNasenseite. |\tSehlafenseite.\n\t3\u00b047'\t4\u00b057'\nB\t5\u00b06'\t8\u00b012'\nC\t5\u00b043'\t!\t7\u00b044'","page":60},{"file":"p0061.txt","language":"de","ocr_de":"Das schematische Auge. Kardinalpunkte.\n61\nDas arithmetische Mittel zwischen diesen beiden Winkeln kann man ansehen als den Winkel zwischen der Gesichtslinie und derjenigen Geraden im Auge, die wenigstens ann\u00e4hernd als Symmetrieaxe des Auges gelten kann.\ni\nVIERTES CAPITEL.\nDas schematische Auge.\nI. Die Kardinalpunkte des scliematisclien Auges.\nAus den Bestimmungen des vorigen Capitels geht hervor, dass das menschliche Auge keineswegs ein vollkommenes centrirtes System sph\u00e4rischer Trennungsfl\u00e4chen zwischen verschieden brechenden durchsichtigen Medien darstellt, wie es in den Entwickelungen des ersten Capitels vorausgesetzt wird. Sowohl die Kugelgestalt als die Cen-trirung der Fl\u00e4chen des Auges steht weit zur\u00fcck hinter der unserer k\u00fcnstlichen optischen Werkzeuge. Es ist ferner zu bemerken, dass nur bei ziemlich enger Pupille und f\u00fcr Objektpunkte, die nicht weit seitw\u00e4rts von der Axe liegen, die einschr\u00e4nkenden Bedingungen erf\u00fcllt sind, unter welchen die im ersten Abschnitte entwickelten Regeln Geltung haben. Da nun aber f\u00fcr die zun\u00e4chst um die Scheitel herumliegenden Theile der Trennungsfl\u00e4chen die Abweichungen von der Kugelgestalt nur klein sein k\u00f6nnen und auch wenigstens eine ann\u00e4hernde Centrirung statthat, so ist es jedesfalls gestattet, f\u00fcrs erste auf das Auge die f\u00fcr ein centrirtes System sph\u00e4rischer Trennungsfl\u00e4chen g\u00fcltigen Regeln anzuwenden, um eine ann\u00e4hernd richtige Vorstellung vom Gange der Lichtstrahlen durch dasselbe zu erhalten.\nZu diesem Zwecke hat Helmholtz aus dem mitgetheilten Material ein System von Werthen der einzelnen Constanten in abgerundeten Zahlen ausgew\u00e4hlt, das sicher im Bereiche der normalen individuellen Schwankungen gelegen ist und das also einem 4 wirklichen Auge zukommen k\u00f6nnte. Wir wollen dies System als schematisches Auge bezeichnen.\nDie gew\u00e4hlten Werthe sind folgende:\nBrechungsindex der Luft...........................1\nBrechungsindex der w\u00e4ssrigen Feuchtigkeit .\t.\t.\t.\t103/77\nBrechungsindex der Linsensubstanz ................ i6/n\nBrechungsindex des Glask\u00f6rpers....................103/77","page":61},{"file":"p0062.txt","language":"de","ocr_de":"62\nFick, Physiol. Optik I. 4. Cap. Das schematische Auge.\nHalbmesser\tder\tHornhautkr\u00fcmmung.....................8\tmm.\nHalbmesser\tder\tvorderen Linsenkr\u00fcmmung.............10\t\u201e\nHalbmesser\tder\thinteren Linsenkr\u00fcmmung..............6\t\u201e\nAbstand des vorderen Linsenscheitels vom Hornhautscheitel 3,6 \u201e Abstand des hinteren Linsenscheitels vom Hornhautscheitel 7,2 \u201e\nEs mag bemerkt sein, dass schon vor mehr als dreissig Jahren Listing aus dem damals vorliegenden Material von sehr unvollkommenen Messungen mit \u00fcberaus gl\u00fccklichem Takte ein schematisches Auge kombinirt hat, das nur wenig von dem obigen ab weicht.\nNach dem Erscheinen von Helmholtz\u2019s Arbeiten sind von seinen Sch\u00fclern und von andern neueren Forschern insbesondere von Woinow, Knapp, Becker, Mauthner, Hirschberg zahlreiche ophthalmome-trische Untersuchungen an lebenden Augen angestellt. Ihre Resultate w\u00fcrden vielleicht gestatten ein neues System von optischen Constan-ten zu bilden, das mit noch gr\u00f6sserem Rechte als das Helmholtz\u2019-sche schematische Auge Anspruch machen k\u00f6nnte, das mittlere normale menschliche Auge darzustellen. Ich habe mich gleichwohl nicht zu dieser Neuerung entschliessen k\u00f6nnen. Die Helmholtz\u2019-schen Werthe, die sich leicht dem Ged\u00e4chtnisse einpr\u00e4gen, haben sich mit Recht in alle Darstellungen eingeb\u00fcrgert und w\u00fcrde eine neue Auswahl nur verwirren, ohne doch einen wesentlichen Vortheil zu bringen, da die neu zu w\u00e4hlenden Werthe doch nur sehr wenig von den HELMHOLTz\u2019schen verschieden sein k\u00f6nnten. Diese widersprechen keiner einzigen wesentlichen Erscheinung des Sehens.\nWenn man das System der gew\u00e4hlten Constanten in die Rechnung S. 23 f. einsetzt, so ergiebt sich die Lage der Kardinalpunkte in der Axe des Auges wie folgt. Dabei ist als Anfangspunkt der Scheitel der Hornhaut genommen und die Coordinate eines Punktes positiv gerechnet, wenn der Punkt hinter der Hornhaut, negativ, wenn er vor der Hornhaut in der Luft liegt:\nErster Brennpunkt . ... F .. . \u2014 12,92 Erster Hauptpunkt .... A ... .\t1,94\nZweiter Hauptpunkt.\t.\t.\t.\tE* .\t.\t.\t.\t2,36\nErster Knotenpunkt .\t...\tK\t...\t.\t6,95\nZweiter Knotenpunkt\t.\t.\t.\tK*.\t...\t7,37\nZweiter Brennpunkt .\t.\t.\t.\tF* .\t.\t.\t.\t22,23\nErste Brennweite = E\u2014F .\tf\t...\t.\t14,86\nZweite Brennweite = F* \u2014 E*\tf*\t...\t.\t19,87\nDa, wie vorstehende Tabelle zeigt, die beiden Hauptebenen sehr nahe zusammenliegen, so kann man sie f\u00fcr die weiteren Construktionen zu einer einzigen verschmolzen denken, welche eine mittlere Lage einnimmt. Ebenso kann man die beiden Knotenpunkte in einen ein-","page":62},{"file":"p0063.txt","language":"de","ocr_de":"Kardinalpunkte des schematischen Auges.\n63\nzigen verschmelzen. Diese Verschmelzung w\u00fcrde soviel heissen als: die s\u00e4mmtlichen Brechungen in den Augenmedien bringen fast genau dieselbe Wirkung hervor, welche eine einzige Fl\u00e4che hervorbringen w\u00fcrde, welche Luft und Glask\u00f6rper trennte, deren Scheitel im verschmolzenen Hauptpunkte l\u00e4ge und deren Halbmesser gleich der Entfernung des einen Hauptpunktes von dem einen Knotenpunkte w\u00e4re.\nDa nun nach den obigen Angaben die L\u00e4nge der Augenaxe von Pol zu Pol 23\u201426 mm. betr\u00e4gt und da den normalsichtigen Augen im Allgemeinen gerade die kleineren Werthe der Axenl\u00e4nge zukommen, so hindert uns nichts unserem schematischen Auge eine Axenl\u00e4nge von 23 mm. beizulegen. Wenn man alsdann auf die Dicke der Sclerotica und Chorioidea 0,76 mm. in Abzug bringt, so f\u00e4llt der hintere Brennpunkt des Auges in den Bereich der \u00e4usseren Netzhautschichten und das n\u00e4chste St\u00fcck der Netzhaut um den hinteren Pol herum, soweit es noch als eben betrachtet werden kann, f\u00e4llt mit der hinteren Brennebene des Auges zusammen.\nt;\nc,\nDie Lage der Kardinalpunkte des schematischen Auges sowie der Trennungsfl\u00e4chen und der Sclerotica ist in dreifacher Vergr\u00f6sse-rung aller Abmessungen in Fig. 13 dargestellt. II ist die gedachte","page":63},{"file":"p0064.txt","language":"de","ocr_de":"64\nFick, Physiol. Optik I. 4. Cap. Das schematische Auge.\neinzige Trennungsfl\u00e4che zwischen Luft und Glask\u00f6rper, welche ann\u00e4hernd dieselbe Wirkung kervorbringen w\u00fcrde, wie die wirklichen Brechungen im Auge, x ist der verschmolzene Kreuzungspunkt h, und hn sind die beiden Hauptpunkte, welche sonst im Text mit EE* bezeichnet sind. Kf und Kn sind die Knotenpunkte, Ft und Fn die Brennpunkte. Im \u00fcbrigen wird die Figur keine Erkl\u00e4rung bed\u00fcrfen. Sie kann als Darstellung eines wagrechten Meridianschnittes durch ein rechtes Auge von oben betrachtet angesehen werden.\nDen Strahl des von einem Objektpunkte ins Auge fallenden Strahlenb\u00fcndels, welcher durch den ersten Knotenpunkt geht, nennt man den \u201eRichtungsstrahl\u201c des Objektpunktes. Den aus der Verschmelzung beider Knotenpunkte entstehenden Punkt nennt man daher auch den Kreuzungspunkt der Richtungsstrahlen. Den Winkel zwischen den beiden Richtungsstrahlen zweier Objektpunkte nennt man den \u201eGesichtswinkel\u201c oder \u201eSehwinkel\u201c, unter welchem der Abstand der beiden Objektpunkte erscheint.\nMan hat sich wiederholt bestrebt einen oder den andern der Kardinalpunkte des Auges direkt am lebenden Auge zu bestimmen, aber erst in allerj\u00fcngster Zeit ist es Bernstein gelungen, eine von allen principiellen Einw\u00e4nden freie Methode zu finden, wonach die Lage des einen Knotenpunktes wenigstens ann\u00e4hernd bestimmt werden kann. Der Grundgedanke dieser Methode von einigen kleinen Correktionen abgesehen ist folgender.\nFig. 14.\nNN sei der wagrechte Meridianschnitt einer Netzhaut die mit der Brennebene zusammenf\u00e4llt, bei S sei die Eintrittsstelle des Sehnerven. In nicht grosser Entfernung sei ein Fixationszeichen bei n aufgestellt und hier befinde sich senkrecht zur Gesichtslinie fn ein Maasstab MM. L\u00e4ngs desselben verschiebe man einen leuchtenden Punkt und merke dessen Lage c, f\u00fcr welche sein Bild von f aus an die Eintrittsstelle des Sehnerven","page":64},{"file":"p0065.txt","language":"de","ocr_de":"Kardinalpunkte des schematischen Auges. Das emmetropische Ange. 65\nbei a kommt, was sich dadurch zu erkennen giebt, dass in diesem Augenblick der Punkt f\u00fcr das Auge verschwindet wie sp\u00e4ter entwickelt werden wird. Offenbar liegt der Knotenpunkt K auf der Linie ca. Jetzt wird nahe vor das Auge in genau gemessener Entfernung von der Hornhaut ein Schirm senkrecht zur Gesichtslinie gestellt mit einem feinen L\u00f6chelchen o das in die Gesichtslinie gebracht wird. Durch dasselbe fixirt wieder das Auge und zwar ohne alle Anspannung des Akkommodationsapparates das Gesichtszeichen n. Jetzt wird der leuchtende Punkt so lange verschoben bis der von ihm durch o gehende Strahl wieder den Punkt a am Rande der Eintrittsstelle des Sehnerven trifft. Die dazu erforderliche Lage sei d, dann ist offenbar, weil NN die Brennebene des Auges ist, die Richtung do parallel zu ca und dc = op mithin\non\ton _\noK = \u2014r~ . op = \u2014\u2014 d c,\ndn\nda aber die L\u00e4ngen on, dn, de direkt berechnen und wenn man hiervon den Hornhaut abzieht, so hat man die Entfernung des Knotenpunktes von der Hornhaut. Da nun aber der Punkt n und der Maassstab, wie man leicht sieht, nicht sehr weit vom Auge abstehen darf, so muss das Auge zuerst ohne Schirm mit Anspannung des Akkommodationsapparates fixiren wodurch, wie schon eingangs angedeutet, eine kleine Correktion n\u00f6thig wird, eine zweite Correktion ist erforderlich, wenn man die Verschmelzung der beiden Knotenpunkte in einen einzigen nicht zulassen will. Bernstein hat nach dieser Methode an einem Auge 3 Systeme von Messungen ausgef\u00fchrt, welche die sehr gut \u00fcbereinstimmenden Werthe von 7,22; 7,38; 7,21 mm. f\u00fcr den Abstand des Knotenpunktes vom Hornhautscheitel ergaben. Wie man sieht stimmen diese Werthe auch sehr nahe zusammen mit dem f\u00fcr das schematische Auge berechneten Werthe dieser\ndn\ngemessen sind, kann man Abstand des Schirmes von\noK\nder\nGr\u00f6sse.\nEine andere Methode li\u00e2t neuerdings Badal 1 angegeben um den Knotenpunkt zu bestimmen. Sie gr\u00fcndet sich auf die Bemerkung dass der Brennpunkt einer vor das Auge gehaltenen Linse mit dem Knotenpunkt zusammenfallen muss, wenn durch dieselbe gesehen dasselbe Objekt in verschiedenen Abst\u00e4nden unter demselben Gesichtswinkel erscheint.\nII. Das emmetropische Auge.\nDer optische Erfolg, der f\u00fcr das schematische Auge berechneten Lage der Cardinalpunkte und insbesondere der Annahme des Zu-sammenfallens der Polarzone der Netzhaut mit der zweiten Brennebene kann in folgenden S\u00e4tzen ausgesprochen werden: Alle parallel-strahlig einfallenden B\u00fcndel, die nur wenig schr\u00e4g zur Axe verlaufen werden in Punkten der als eben betrachteten Polarzone der Netzhaut vereinigt; oder mit andern Worten: Die Bildpunkte aller Objektpunkte, deren Entfernungen als unendlich gross gegen die Brennweiten gelten\n1 Gaz. d. h\u00f4pitaux 1877. p. 379 und Gaz. m\u00e9d. d. Paris 1877. p. 225.\nHandbuch der Physiologie. Bd. III.\t5","page":65},{"file":"p0066.txt","language":"de","ocr_de":"66\nFick, Physiol. Optik I. 4. Cap. Das schematische Auge.\nk\u00f6nnen und die gar nicht oder wenig abseits von der Axe liegen, fallen in Punkte der Polarzone der Netzhaut.\nHiermit stimmt die allgemein bekannte Thatsache \u00fcberein, dass es viele Augen giebt, welche kosmische Objekte wie den Mond und die Sterne oder auch sehr entfernte terrestrische wie einen Berggipfel und dergl. vollkommen deutlich sehen, was ja die Entstehung eines deutlichen Bildes in Coincidenz mit einer Netzhautschicht zur Voraussetzung hat. Man pflegt diese Beschaffenheit des Auges als die eigentlich normale anzusehen, und man nennt ein Auge, bei welchem die hintere Brennebene mit der Polarzone der Netzhaut zusammenf\u00e4llt, ein \u201eemmetropisches\u201c.\nEs verdient ausdr\u00fccklich hervorgehoben zu werden, dass die bis jetzt angestellten Betrachtungen gar nichts aussagen \u00fcber den Gang derjenigen Strahlenb\u00fcndel durch das Auge, welche von weit abseits der Axe gelegenen Punkten ausgegangen sind, denn auf solche sehr schr\u00e4g durch ein System centrirter Trennungsfl\u00e4chen gehende Strahlen leiden die Gesetze des ersten Abschnittes keine Anwendung. Es verdient aber andererseits auch hervorgehoben zu werden, dass diese sehr schr\u00e4g ins Auge gelangenden Strahlenb\u00fcndel zum eigentlichen genauen Sehen so gut wie gar nicht beitragen, weil, wie sp\u00e4ter noch zu er\u00f6rtern sein wird, nur ein sehr kleines Netzhautst\u00fcck um den hinteren Pol herum so organisirt ist, dass dicht nebeneinander liegende Elemente unterscheidbare Empfindungen vermitteln k\u00f6nnen. Wie ausserordentlich begrenzt dieser fein organisirte Netzhautbezirk ist, kann man leicht durch folgenden Versuch erfahren. Man lege ein Buch mit gew\u00f6hnlicher Druckschrift in etwa 25 cm. Entfernung vor das Auge, bedecke es mit einem weissen Blatt Papier, auf welchem ein Punkt als Fixationszeichen angebracht ist, nun r\u00fccke man f\u00fcr einen Moment das bedeckende Blatt fort und schiebe es sofort wieder an seine vorige Stelle. Man wird dann schwerlich mehr als ein Wort von 5 mm. L\u00e4nge deutlich lesen k\u00f6nnen, was einem Gesichtswinkel von etwas \u00fcber 10 entspricht. Wenn also ein Objektpunkt nur soweit abseits der Axe liegt, dass sein Richtungsstrahl mit der Gesichtslinie (die hier als Axe gelten muss) einen Winkel von etwas \u00fcber V20 macht, so f\u00e4llt der Bildpunkt schon auf Theile der Netzhaut, die f\u00fcr so genaues Sehen, wie es zum Lesen erforderlich ist, nicht mehr geeignet sind. Aus dem bloss dioptrischen Gesichtspunkt w\u00fcrden sicher weit mehr seitlich gelegene Objektpunkte noch zul\u00e4ssig sein. Wir sind somit berechtigt, f\u00fcrs erste die schr\u00e4g einfallenden Strahlenb\u00fcndel noch ganz 'ausser Acht zu lassen und noch einige weitere Betrachtungen anzustellen, die sich in aller Strenge","page":66},{"file":"p0067.txt","language":"de","ocr_de":"Das emmetropische Auge.\n67\nnur auf Objektpunkte beziehen, deren Richtungsstrahlen sehr kleine Winkel mit der Axe bilden. Das Sehen der Objekte, deren Bilder ganz nahe an den Pol der Netzhaut fallen und das, wie soeben er\u00f6rtert wurde, allein ein genaues ist, nennt man das \u201edirekte Sehen\u201c. Im Gegens\u00e4tze hierzu wird das Sehen weiter von der Axe entfernt gelegener Objekte das \u201eindirekte Sehen\u201c genannt.\nLassen wir jetzt einen Objektpunkt oder ein in einer zur Axe senkrechten Ebene befindliches System von Objektpunkten aus der unendlichen Ferne an ein emmetropisches Auge heranr\u00fccken, so wird das System von entsprechenden Bildpunkten aus der zweiten Brennebene also aus der Retina nach hinten herausr\u00fccken. Die konver-girenden Strahlenkegel werden also nicht mehr zur wirklichen Vereinigung kommen, sondern schon vor der Spitze in mehr oder weniger grossen Kreisen \u2014 sogenannten Zerstreuungskreisen \u2014 von der Netzhaut geschnitten werden. Indem mehrere solche Zerstreuungskreise, die benachbarten Objektpunkten entsprechen, in einander \u00fcbergreifen und somit nicht mehr jeder Netzhautpunkt nur von einem leuchtenden Punkt aus erregt wird, k\u00f6nnen nicht mehr ebensoviele Objektpunkte durch gesonderte Empfindungen unterschieden werden, als es selbst\u00e4ndig empfindende Stellen in dem beleuchteten Netzhautst\u00fccke giebt. Das heisst mit anderen Worten das Sehen hat nicht mehr den Grad von Deutlichkeit, welcher bei vollkommen scharfen optischen Bildern erreichbar ist.\nDiese Undeutlichkeit des Sehens wird indessen noch nicht sehr merklich solange die Entfernung des Objektes vom emmetropischen Auge zwar endlich aber noch sehr gross ist. In der That ist ja das Herausr\u00fccken des Bildes aus der hinteren Brennebene bei der gedachten Bewegung des Objektes anfangs sehr langsam, so dass die Kreise, in welchen die Retina die Strahlenkegel schneidet der Spitze noch sehr nahe liegen und folglich unmerklich kleine Durchmesser haben. Selbstverst\u00e4ndlich h\u00e4ngt \u00fcbrigens die Gr\u00f6sse der Zerstreuungskreise auf der Netzhaut ausser von der Entfernung ihrer Ebene von den Spitzen der Lichtkegel in der Bildebene noch ab von der Basis dieser Kegel, welche f\u00fcr alle durch die Pupille gebildet wird oder genauer gesprochen durch das von der Linse entworfene optische Bild der Pupille. Nachstehende Tabelle giebt unter Voraussetzung eines Pupillendurchmessers von 4 mm. eine Anzahl von zusammengeh\u00f6rigen Werthen der hier in Betracht kommenden Gr\u00f6ssen. Die erste im Sinne der fr\u00fcheren Bezeichnungsweise mit p\u2014f \u00fcberschrie--bene Spalte giebt an, wie weit das Objekt von der vorderen Brennebene absteht. Die zweite mit p*\u2014-f* \u00fcberschriebene Spalte giebt","page":67},{"file":"p0068.txt","language":"de","ocr_de":"68\nFick, Physiol. Optik I. 4. Cap. Das schematische Auge.\nan wie weit das Bild hinter der hinteren Brennebene liegt und endlich liefert die dritte d \u00fcberschriebene Spalte die Werth e f\u00fcr den Durchmesser der Zerstreuungskreise.\np \u2014 f\t\tp* \u2014 f*\t\td\t\nOG\t\t0\t\t0\t\n10000\tmm.\t0,029\tmm.\t0,006\tmm.\n5000\tn\t0,059\t\t0,013\t71\n2500\tr>\t0,118\t71\t0,025\t71\n1250\tn\t0,236\t71\t0,050\t71\n625\t71\t0,472\t71\t0,099\t71\n312\t71\t0,946\t71\t0,193\t71\n156\t71\t1,893\t71\t0,369\t71\n78\t71\t3,786\t71\t0,675\t71\n39\tn\t7,57 1\t71\t1,000\t71\n19\t71\t15,541\t71\t1,819\t71\n0\t71\too\t71\t4,000\t71\nAus dieser Tabelle ersieht man, dass der Durchmesser des Zerstreuungskreises kleiner als Vioo mm. ist, sowie die Entfernung des Objektpunktes etwas \u00fcber 5000 mm. betr\u00e4gt. So kleine Zerstreuungskreise k\u00f6nnen aber der Deutlichkeit des Sehens um so weniger Eintrag thun, als eine absolute Sch\u00e4rfe der Bilder auch bei unendlicher Entfernung der Objektpunkte doch nicht stattfindet aus Gr\u00fcnden, die erst sp\u00e4ter zu er\u00f6rtern sind. Man wird also folgern k\u00f6nnen, dass unser emmetropisches schematisches Auge alle Objekte, die mehr als 5 Meter von ihm abstehen mit gleicher Deutlichkeit sieht. R\u00fccken aber die Objekte noch n\u00e4her an das Auge, so wird Undeutlichkeit bemerkbar und zwar w\u00e4chst dieselbe bei weiterer Ann\u00e4herung mit beschleunigter Geschwindigkeit.\nZur Erkl\u00e4rung der Thatsache, dass vom emmetropischen Auge endlich entfernte Objekte, wenn ihre Entfernung nur eine gewisse Gr\u00f6sse \u00fcbersteigt, mit unendlich fernen gleich deutlich gesehen werden, hat man auch den Umstand geltend gemacht, dass die Schicht der empfindenden Netzhautelemente' eine gewisse Dicke besitzt und dass daher, wenn die Bilder unendlich ferner Objekte in die Vorderfl\u00e4che dieser Schicht fallen die Bilder von Objekten, deren Entfernung zwar endlich aber \u00fcber eine gewisse Grenze hinaus gross ist, noch in den Bereich jener Schicht fallen. Kr\u00fcss 1 hat aus der bekannten Dicke der muthmasslich durch Licht reizbaren Netzhautschicht die Grenzdistanz f\u00fcr eine 3,3 mm. weite Pupille zu 13,5 m. berechnet. Hiergegen l\u00e4sst sich indessen einwenden, dass wenn auch hinten nur ein reizbares Netzhautelement von einem leuchtenden Punkte Strahlen erh\u00e4lt, vorn doch schon mehrere benachbarte davon getroffen werden. Man wird daher doch immer wieder darauf zur\u00fcckkommen, die gleiche Deutlichkeit des Sehens unendlich entfernter und\nl Ann. d. Physik CLVII. S. 476.","page":68},{"file":"p0069.txt","language":"de","ocr_de":"Das myopische Auge.\t69\nweit entfernter Objekte einfach zu erkl\u00e4ren ans der Unwirksamkeit sehr kleiner Zerstreuungskreise.\nIII. Das myopische und das hypermetropische Auge.\nDie oben gemachte Annahme, dass die Polarzone der Netzhaut mit der zweiten Brennebene zusammenf\u00e4llt, war offenbar eine unter unz\u00e4hligen m\u00f6glichen, denn es ist an sich denkbar, dass die Netzhaut mehr oder weniger vor, sowie auch dass sie mehr oder weniger hinter der zweiten Brennebene liegt. Betrachten wir zun\u00e4chst einen Fall der letzten Art. Die von unendlich entfernten Objektpunkten ausgegangenen Strahlenb\u00fcndel kommen in Punkten der zweiten Brennebene zur Vereinigung und werden sich also bis sie die jetzt dahinter gedachte Netzhaut erreichen schon wieder ein wenig ausgebreitet haben, so dass sie auf der Netzhaut Zerstreuungskreise beleuchten und ein so beschaffenes Auge wird mithin unendlich entfernte Objekte nicht deutlich sehen. Dagegen wird es jetzt offenbar einen gewissen endlichen Abstand geben, in welchem ein System von Objektpunkten in einer zur Axe senkrechten Ebene liegen muss, wenn die entsprechenden Bildpunkte in die Polarzone der Netzhaut fallen sollen und das Auge wird in diesem endlichen Abstande gelegene Objekte deutlich sehen k\u00f6nnen. Nehmen wir beispielsweise an, der Netzhautpol l\u00e4ge nicht wie vorhin vorausgesetzt wurde 22,23 mm. sondern 22,56 mm. hinter dem Hornhautscheitel, dann ist der Abstand der Polarzone der Netzhaut von der zweiten Hauptebene = 20,2 mm. und wir k\u00f6nnen nun leicht eine Objektdistanz p von der ersten Hauptebene finden, zu welcher dieser Abstand als Bilddistanz /;* geh\u00f6rt, wir brauchen nur in die Grundformel 20,2 f\u00fcr p* einzusetzen und p zu berechnen. Man hat so die Gleichung\n14,86\t19,87\nP ,\t2\u00d6^2~\t\u2019\nworaus sich;? = 909 in runder Zahl ergiebt. Das heisst mit andern Worten 909 mm. von der ersten Hauptebene abstehende Objektpunkte liefern Bildpunkte auf die Polarzone der Netzhaut des gedachten Auges oder dies Auge kann in etwa 909 mm. Abstand liegende Objekte deutlich sehen. Diese Entfernung nennt man die \u201eSehweite\u201c des Auges. Liegen dagegen die Objektpunkte viel weiter als 909 mm., so werden sie undeutlich gesehen, weil ihre Bildpunkte vor der Netzhaut entstehen, und liegen die Objektpunkte viel n\u00e4her als 909 mm., so kann sie das Auge nicht deutlich sehen, weil dann die Bildpunkte hinter der Netzbaut entstehen und wieder auf der Netzhaut Zerstreuungskreise beleuchtet werden.","page":69},{"file":"p0070.txt","language":"de","ocr_de":"70\nFick. Physiol. Optik I. 4. Cap. Das schematische Auge.\nSolche Augen, bei denen im ruhenden Zustande die Polarzone der Netzhaut hinter der zweiten Brennebene liegt und die daher nicht in unendliche Ferne, wohl aber in eine bestimmte endliche Entfernung deutlich sehen, giebt es nun wirklich und man nennt sie \u201emyopische\u201c Augen. Die Eigenschaft der \u201eMyopie*\u201c ist eine mathematische Gr\u00f6sse, welche verschiedener Grade f\u00e4hig ist, denn die Netzhaut kann verschieden weit hinter der zweiten Brennebene liegen. Gleiche Brennweiten vorausgesetzt wird offenbar die Sehweite um so kleiner sein, je weiter die Netzhaut hinter der hinteren Brennebene liegt. Die Entfernung dieser beiden Ebenen von einander eignet sich indessen nicht zum Maass der Myopie, da man sie im Leben nicht messen kann und noch dazu diese Entfernung allein ohne Kennt-niss der Brennweiten noch keine vollst\u00e4ndige Kenntniss vom Refrak-tionszustande des Auges geben w\u00fcrde. Gleichwohl ist es f\u00fcr die Augenheilkunde ein Bed\u00fcrfniss, die Grade der Myopie lebender Augen numerisch darzustellen. Es kann keinen Augenblick zweifelhaft sein, dass man den numerischen Ausdruck f\u00fcr die Myopie eines Auges von seiner leicht bestimmbaren Sehweite abh\u00e4ngig machen muss, aber diese Gr\u00f6sse selbst kann offenbar den Maassstab nicht abgeben, da man umgekehrt ein Auge um so myopischer nennt, je kleiner seine Sehweite ist. Man muss also zum numerischen Ausdruck eine Gr\u00f6sse w\u00e4hlen, welche um so gr\u00f6sser ist je kleiner die Sehweite. In der That ist man auf Donders\u2019 Vorschlag \u00fcbereingekommen den reci-\n1\nproken Werth der Sehweite P d. h. ^ zum Maass der Myopie zu\nmachen. Dadurch erscheint der als Emmetropie bezeichnete Refraktionszustand des Auges als ein bestimmter Werth von Myopie n\u00e4mlich als der Werth\t1\t^\noc\nEs mag noch bemerkt werden, dass die Augen\u00e4rzte bei Angabe der Myopiegrade nicht das Meter, sondern allgemein den pariser Zoll1 2 als L\u00e4ngeneinheit annehmen. Da schwerlich Augen Vorkommen, deren Sehweite kleiner ist als ein pariser Zoll, so erscheint der Werth der Myopie stets als ein positiver \u00e4chter Bruch dessen Z\u00e4hler die Einheit und dessen Nenner die Anzahl von pariser Zollen ist, welche die Sehweite des Auges betr\u00e4gt.\nAus einer Conkavlinse treten bekanntlich parallelstrahlig auffallende B\u00fcndel als divergente aus und zwar mit solcher Divergenz als\n1 Auf dem ophthalmologischen Congress zu Heidelberg im Jahre 1875 ist \u00fcbrigens von Donders der Vorschlag gemacht in Zukunft auch f\u00fcr die Messung der Refraktionszust\u00e4nde des Auges das Metermaass zu Grunde zu legen. Die Einheit wird als ..Dioptrie\u201c bezeichnet so dass z. B. einem Auge von 0,5 m. Sehweite der Werth von\n2 Dioptrieen zukommt.","page":70},{"file":"p0071.txt","language":"de","ocr_de":"Das hypermetropische Auge.\n71\nk\u00e4men sie von Punkten die in einem der (negativen) Brennweite der Linse gleichen Abstande vor derselben liegen. Man sieht daher leicht, dass auf der Retina eines myopischen Auges von unendlich fernen Objekten deutliche Bilder entstehen, wenn vor dasselbe noch eine Zerstreuungslinse gesetzt wird, deren negative Brennweite ihrem absoluten Werthe nach gleich ist der Sehweite des Auges vermindert um den Abstand der Linse vom Auge, oder wenn dieser gegen jene vernachl\u00e4ssigt werden darf einfach der Sehweite des Auges. Die optischen Werkst\u00e4tten pflegen die Brennweiten ihrer Brillengl\u00e4ser in pariser Zollen anzugeben, gerade desswegen ist man auch f\u00fcr die Angabe der Myopiegrade beim pariser Zoll als L\u00e4ngeneinheit geblieben.\nStellen wir uns jetzt einen Fall der zweiten Art vor, wo die Netzhaut vor der hinteren Brennebene liegt. Dann werden unendlich entfernte Objekte ebenfalls nicht deutlich gesehen werden, weil die von ihren Punkten ausgegangenen Strahlenb\u00fcndel erst hinter der Netzhaut zur Vereinigung kommen. Noch weniger k\u00f6nnen aber jetzt in irgend einem endlichen Abstande gelegene Punkte deutlich gesehen werden, da die von solchen ausgegangenen Strahlenb\u00fcndel sogar erst hinter der zweiten Brennebene also noch viel mehr hinter der Netzhaut zur Vereinigung kommen. Augen von solcher Beschaffenheit giebt es ebenfalls wirklich und man nennt sie \u201ehypermetropische\u201c. Um zu sehen wie ein Objektpunkt liegen m\u00fcsse, um von einem hypermetropischen Auge deutlich gesehen werden zu k\u00f6nnen wollen wir in unserem schematischen Auge den Netzhautpol beispielsweise nur 21,86 statt 22,23 mm. hinter dem Hornhautscheitel denken, dann ist sein Abstand von der zweiten Hauptebene 19,5mm. und die Netzhaut liegt etwa 0,37 mm. vor der zweiten Brennebene. Fragen wir in welchem Abstand p von der ersten Hauptebene ein Objektpunkt liegen m\u00fcsse, damit sein Bild in die Netzhaut falle, so haben wir nur wieder den Abstand der Netzhaut von der zweiten Hauptebene als Bildabstand p* in die Grundgleichung einzuf\u00fchren und den zugeh\u00f6rigen Werth von p zu suchen; aus\n14,86\t19,87 _\np\t19,5 _\nergiebt sich aber p = \u2014781 mm. Das Minuszeichen vor dem Werthe von p deutet an, dass es nicht die Distanz eines vor dem Auge gelegenen reellen, sondern die eines hinter dem Auge gelegenen virtuellen Objektpunktes ist. Da f\u00fcr jedes hypermetropische Auge nach der Definition das einzusetzende p * kleiner als /* also\nf* ^ \u00ab","page":71},{"file":"p0072.txt","language":"de","ocr_de":"72\nFick, Physiol. Optik I. 4. Cap. Das schematische Auge.\nist, so wird sich f\u00fcr ein solches immer eine negative Sehweite p ergeben d. h. ein hypermetropisches Auge kann kein reelles Objekt deutlich sehen. Ein hypermetropisches Auge kann sich aber die f\u00fcr es deutlich sichtbaren virtuellen Objekte sehr leicht verschaffen, wenn es sich mit einer Sammellinse bewaffnet. In der That verwandelt ja eine solche parallelstrahlig auffallende B\u00fcndel in konvergente und zwar liegen die Konvergenzpunkte um ihre Brennweite von der Linse entfernt. Betrachtet also ein hypermetropisches Auge unendlich ferne Objekte durch eine Sammellinse deren positive Brennweite gleich ist dem absoluten Werthe der negativen Sehweite vermehrt um den Abstand zwischen Linse und erster Hauptebene, so wird es jene unendlich fernen Objekte deutlich sehen, da die von der Sammellinse entworfenen reellen Bilder in der richtigen negativen Sehweite des Auges zu Stande kommen w\u00fcrden.\nGem\u00e4ss 'dem bei der Myopie schon angewandten Principe wird man zweckm\u00e4ssig als numerisches Maass der Hypermetropiegrade wieder die reciproken Werthe der Sehweiten verwenden, da aber diese negativ sind, so hat die Hyperm\u00e9tropie stets eine negative Zahl zum Maass. Dies ist auch insofern konsequent und gerechtfertigt, als offenbar die Myopie durch die Emmetropie (= o) in die Hyperm\u00e9tropie stetig \u00fcbergeht.\nUm nach dem aufgestellten Maassprincipe den Grad der Myopie oder Hyperm\u00e9tropie eines Auges wirklich durch eine Zahl darzustellen, muss man Methoden haben, nach denen sich die Sehweite eines Auges bestimmen l\u00e4sst. Ist die Person der das Auge angeh\u00f6rt ge\u00fcbt ihre sinnlichen Eindr\u00fccke genau zu beachten und die Th\u00e4tig-keit des sp\u00e4ter zu beschreibenden Akkommodationsapparates auszu-schliessen, so bedarf es weiter keines Apparates als einiger schwarzer Striche von verschiedner Breite auf weissem Papier und eines Maassstabes um die Entfernung des Papierblattes vom Auge zu messen. In der That wird eine solche Person, wenn man das Blatt mit den Strichen aus grosser Entfernung .heranr\u00fcckt, angeben k\u00f6nnen, wann zuerst die Striche scharf begrenzt erscheinen, welche in dieser Entfernung \u00fcberhaupt gesehen werden k\u00f6nnen. Werden solche Proben mit Ann\u00e4herung und Entfernung der Objekte wiederholt, so werden sich allerdings kleine Unterschiede in den gemessenen Abst\u00e4nden zeigen, auf die deutlich gesehen wird. Dies liegt daran, dass eben eine sehr kleine Undeutlichkeit nicht wahrgenommen werden kann, also jedes Auge von einer gewissen Entfernung an bis zu einer gewissen andern hin mit merklich gleicher Deutlichkeit sieht. Diese beiden Grenzen der Sehweite, wenn man so sagen darf, liegen um so","page":72},{"file":"p0073.txt","language":"de","ocr_de":"Optometrie.\n73\nenger beisammen je kleiner sie in absolutem Wertbe ist. Sind diese Grenzen f\u00fcr ein individuelles Auge bestimmt, so ist das arithmetische Mittel ihrer reciproken Werthe als numerisches Maass des Refraktionszustandes zu nehmen. Ist das zu pr\u00fcfende Auge ein hypermetro-pisches, so muss es nat\u00fcrlich eine Sammellinse von bekannter Brennweite vor sich nehmen und die Objekte m\u00fcssen ausserhalb der Brennweite vor der Linse verschoben werden. Die Lage des reellen Bildes, das hier als virtuelles Objekt dient, ergiebt sich dann leicht aus der Brennweite und dem Abstande des wirklichen Objektes von der Linse.\nDa der praktische Augenarzt oft in der Lage ist die Sehweite bei Personen zu bestimmen, welche sich von ihren sinnlichen Wahrnehmungen nicht genau Rechenschaft zu geben gew\u00f6hnt sind, so hat man besondere Methoden ersonnen, um die Undeutlichkeit der Bilder solchen Personen auch dann zum Bewusstsein zu bringen, wenn sie zu klein i\u00dft um von selbst aufzufallen. K\u00fcnstliche Vorrichtungen zu diesem Zwecke nennt man Optometer.\nEine der verbreitetsten optometrischen Vorrichtungen beruht auf dem sogenannten ScHEiNEn\u2019schen Versuch. Dieser besteht darin, dass man einen leuchtenden Punkt durch zwei feine L\u00f6chelchen in einem dicht vor dem Auge befindlichen Schirm betrachtet. Der Abstand der beiden L\u00f6chelchen von einander muss so klein sein, dass die beiden vom leuchtenden Punkte durch sie fallenden Strahlen durch die Pupille gehen. Befindet sich der leuchtende Punkt in der deutlichen Sehweite, so werden die beiden gedachten Strahlen denselben Punkt der Netzhaut treffen, da ja unter dieser Voraussetzung alle von jenem Punkte aus in die Pupille gelangenden Strahlen auf einen Punkt der Netzhaut vereinigt werden. Das Auge wird also einen leuchtenden Punkt zu sehen glauben. Befindet sich dagegen der leuchtende Punkt nicht in der deutlichen Sehweite, so werden die beiden Strahlen nicht denselben Punkt der Netzhaut treffen, da der Bildpunkt jetzt vor oder hinter der Netzhaut liegt. Das Auge glaubt jetzt nat\u00fcrlich zwei leuchtende Punkte vor sich zu sehen, da zwei gesonderte Elemente der Netzhaut erregt werden. Ist der Abstand des leuchtenden Punktes kleiner als die Sehweite, so liegt der Bildpunkt hinter der Netzhaut und die beiden Strahlen haben sich also noch nicht gekreuzt wenn sie die Netzhaut treffen, der Strahl, welcher durch das L\u00f6chelchen rechter Hand gegangen ist trifft also die Netzhaut rechts und der durch das L\u00f6chelchen linker Hand gegangene Strahl trifft sie links. Das Bewusstsein setzt aber die Ursache eines links gelegenen Punktes der Netzhaut nach rechts im Raume und umgekehrt, da wegen der Verkehrtheit der deutlichen Netzhautbilder","page":73},{"file":"p0074.txt","language":"de","ocr_de":"74\nFick. Physiol. Optik I. 4. Cap. Das schematische Auge.\nin der Regel links gelegene Netzhauttheile von rechts her, rechts gelegene von links her erregt zu werden pflegen. Von der Projektion der Ursachen von Lichtempfindungen \u00fcberhaupt wird in einem sp\u00e4teren Abschnitte ausf\u00fchrlicher zu handeln sein. Die beiden scheinbaren leuchtenden Punkte entsprechen also jetzt \u00fcbers Kreuz den beiden L\u00f6chelchen und wenn man das L\u00f6chelchen rechter Hand zudeckt wird der scheinbare Lichtpunkt links verschwinden und vice versa. Ist dagegen der leuchtende Punkt weiter entfernt als die Sehweite, so kreuzen sich die beiden Strahlen schon vor der Netzhaut und der durch das L\u00f6chelchen rechter Hand gegangene beleuchtet einen Punkt links auf der Netzhaut und umgekehrt. Aus dem vorhin angegebenen Grunde entsprechen daher jetzt die beiden scheinbaren Lichtpunkte den L\u00f6chelchen in ihrer Lage so, dass wenn man das L\u00f6chelchen rechter Hand verdeckt der scheinbar rechts gelegene Lichtpunkt verschwindet und vice versa. Sowie also Doppelbilder erscheinen, kann man wissen ob der leuchtende Punkt zu nah oder zu fern liegt, wenn man weiss ob dem Gepr\u00fcften bei Verdeckung des L\u00f6chelchens rechter Hand das Scheinbild links oder rechts verschwindet. Fig. 15 wird ohne weitere Erkl\u00e4rung das Gesagte deutlich machen.\n___-\u00a3r\u2014\nAn die Stelle des leuchtenden Punktes kann man auch eine leuchtende Linie setzen, wenn ihre Richtung die Verbindungslinie der beiden L\u00f6chelchen senkreckt \u00fcberkreuzt. Ferner kann man statt der L\u00f6chelchen auch zwei Spalten in dem Schirm verwenden, deren Richtung der leuchtenden Linie parallel ist. In dem auf dies Princip gegr\u00fcndeten Optometer dient als leuchtende Linie ein feiner Spalt in einem dunklen Schirm vor einem sehr ausgedehnten hellen Hintergr\u00fcnde. Der Schirm bildet den Boden eines Rohres, welches in einem andern wie ein Fernrohrauszug verschoben werden kann, so dass der Schirm in jeden beliebigen Abstand von dem Ende des \u00e4usseren Rohres gebracht werden kann. An diesem Ende befindet sich nun das zu pr\u00fcfende Auge dicht hinter einem die Oeffnung verschliessen-den Schirm mit zwei zum erstgedachten parallelen Schlitzen. Verschiebt man jetzt das eine Rohr im andern, so wird das gepr\u00fcfte Auge nur eine Lichtlinie zu sehen glauben, wenn der Spalt vom Auge","page":74},{"file":"p0075.txt","language":"de","ocr_de":"Optometrie.\n75\num die Sehweite absteht, dagegen zwei, wenn der Spalt zu weit oder zu nahe steht. Wenn es nun gilt auch grosse Sehweiten zu bestimmen, so m\u00fcsste das Rohr eine unbequeme L\u00e4nge haben, negative Sehweiten w\u00fcrde man gar nicht bestimmen k\u00f6nnen. Diese Uebel-st\u00e4nde sind aber sehr leicht zu vermeiden, wenn man in das weitere Rohr dicht vor dem am Auge befindlichen Schirm mit Doppelspalt eine Sammellinse von etwa 6 Zoll Brennweite bringt, das Rohr braucht nicht viel l\u00e4nger als diese Brennweite zu sein, um alle positiven und negativen Sehweiten bestimmen zu k\u00f6nnen. In der That wird ja jetzt f\u00fcr das Auge nicht der Spalt selbst als Objekt zu betrachten sein, sondern dessen von der Linse entworfenes Bild. Dies kann man aber in jede beliebige positive und negative Entfernung vom Auge bringen. In unendlicher Entfernung insbesondere liegt es dann, wenn der Objektspalt von der Linse gerade um ihre Brennweite absteht. An das engere Rohr kann man gleich eine Scala eingraviren, welche f\u00fcr jede Stellung sogleich den Abstand des Linsenbildes vom Auge liefert.\nDas Optometer v. Graefe\u2019s ist einfach ein galileisches Fernrohr (Operngucker), und es wird dem zu pr\u00fcfenden Auge aufgegeben dasselbe so einzustellen, dass es ein sehr entferntes Objekt, etwa das Ziegeldach eines entfernten Hauses, deutlich sieht, so dass die Ziegel gez\u00e4hlt werden k\u00f6nnen. Es ist aus der Theorie des galileischen Fernrohres und aus der allt\u00e4glichen Erfahrung mit diesem in jedermanns H\u00e4nden verbreiteten Instrumentes bekannt, dass die f\u00fcr unendliche Entfernung erforderliche Einstellung abh\u00e4ngt von der Sehweite des Auges, insbesondere weiss man, dass ein Auge mit kleiner Sehweite das Okular n\u00e4her ans Objektiv bringen muss, um ein fernes Objekt deutlich zu sehen, als ein Auge mit gr\u00f6sserer Sehweite. Es ist mithin principiell klar, dass aus der Einstellung auf die Sehweite geschlossen werden kann. Wenn also an dem Auszugrohre eine geeignete Scala angebracht ist, so kann an dieser ohne Weiteres die Sehweite des Auges abgelesen werden. An den von den optischen Werkst\u00e4tten gelieferten Graefe\u2019-schen Optometern kann man zwischen drei verschiedenen Zerstreuungslinsen als Okularen wechseln und dem entsprechend sind 3 verschiedene Skalen am Auszug angebracht; je nachdem das zu untersuchende Auge stark myopisch, schwach myopisch oder hyper-metropisch ist. Wollte man n\u00e4mlich f\u00fcr schwach myopische Augen dieselbe starke Zerstreuungslinse als Okular verwenden wie f\u00fcr stark myopische, so w\u00fcrden die Unterschiede der Einstellung f\u00fcr verschiedene Grade der schwachen Myopie zu gering ausfallen, um genau messbar zu sein.","page":75},{"file":"p0076.txt","language":"de","ocr_de":"76\nFick. Physiol. Optik I. 4. Cap. Das schematische Auge.\nEine andere auf bloss objektive Beobachtung des Auges mit dem Augenspiegel gegr\u00fcndete Methode der Sehweitebestimmung kann erst sp\u00e4ter er\u00f6rtert werden.\nDie mit der Pr\u00fcfung der Sehsch\u00e4rfe Hand in Hand gehenden Methoden der Optometrie k\u00f6nnen hier nicht behandelt werden, vielmehr ist bez\u00fcglich derselben auf die Darstellungen der Augenheilkunde zu verweisen.\nIV. Die Bilder seitlicli gelegener Objekte.\nBisher haben wir bloss den Bildern solcher Objektpunkte, deren Richtungsstrahlen sehr kleine Winkel mit der Axe bilden, eingehendere Aufmerksamkeit geschenkt. Nur ganz vor\u00fcbergehend wurde bemerkt, dass auch von weit seitw\u00e4rts gelegenen Objekten jedesfalls ziemlich deutliche Bilder auf der Netzhaut entstehen. Einerseits n\u00e4mlich hat man dies an ausgeschnittenen Thieraugen direkt beobachtet. Andererseits w\u00fcrde das Sehen solcher seitlich gelegenen Objekte \u2014 das sogenannte indirekte Sehen \u2014 auch nicht einmal mit der Sch\u00e4rfe stattfinden k\u00f6nnen, mit welcher es wirklich geschieht, wenn nicht das von je einem seitlich gelegenen Objektpunkte ins Auge gelangende Strahlenb\u00fcndel wenigstens einigermaassen auf je einen Punkt der Netzhaut vereinigt w\u00fcrde. Es hat daher einiges Interesse, zu untersuchen, inwieweit eine solche Entstehung ann\u00e4hernd deutlicher Bilder von seitlich gelegenen Objekten aus den bis jetzt bekannten und in den vorstehenden Abschnitten beschriebenen Einrichtungen des Auges erkl\u00e4rt werden kann. Zur Beurtheilung des Ganges sehr schr\u00e4g auffallender Strahlenb\u00fcndel durch ein brechendes System k\u00f6nnen, wie mehrfach hervorgehoben wurde, die im ersten Abschnitte entwickelten Regeln nicht dienen. Man kann sich aber davon eine ann\u00e4hernde Vorstellung verschaffen, wenn man wenigstens die eine von den im ersten Abschnitte zu Grunde gelegten einschr\u00e4nkenden Bedingungen aufrecht erh\u00e4lt, dass n\u00e4mlich das Strahlenb\u00fcndel eine sehr kleine Basis auf den brechenden Fl\u00e4chen hat, welche Bedingung bei einigermaassen enger Pupille im Auge in der That erf\u00fcllt ist. Ein solches eng begrenztes Strahlenb\u00fcndel wird durch Brechung an einer kugelf\u00f6rmigen Trennungsfl\u00e4che sehr ann\u00e4herungsweise verwandelt in ein B\u00fcndel eigent\u00fcmlicher Gestalt. Um sie bequem zu beschreiben, m\u00fcssen wir einige Bezeichnungen einf\u00fchren. Der mittelste Strahl des von einem Punkte P (Fig. 16) ausgegangenen B\u00fcndels heisse der Leitstrahl L. Durch ihn und den Mittelpunkt der Trennungsfl\u00e4che c legen wir eine Ebene,","page":76},{"file":"p0077.txt","language":"de","ocr_de":"Die seitlichen Netzhaut bilder.\n77\nwelche die Meridianebene des B\u00fcndels heissen mag lind das in ihr liegende B\u00fcschel1 soll das Meridianb\u00fcschel des B\u00fcndels heissen, ihm geh\u00f6ren die Strahlen s i und s 2 in der Figur an. Eine auf der Meridianebene senkrechte durch den Leitstrahl gelegte Ebene heisse\ndie Querebene und die darin enthaltenen Strahlen des B\u00fcndels bilden ein B\u00fcschel, das wir Querb\u00fcschel nennen wollen, dem in der Figur die Strahlen s3 und .94 angeh\u00f6ren. Es vereinigen sich nun die Strahlen des Querb\u00fcschels in einem von der Trennungsfl\u00e4che weiter entfernt gelegenen Punkte q des gebrochenen Leitstrahles, als die Strahlen des Meridianb\u00fcschels, welche \u00fcbrigens s\u00e4mmtlich auch nach der Brechung noch in der Meridianebene enthalten sind. Der Vereinigungspunkt der Strahlen des Meridianb\u00fcschels sei m. In der Entfernung, wo die Strahlen des Querb\u00fcschels zur Vereinigung kommen, gehen die s\u00e4mmtlichen \u00fcbrigen Strahlen des B\u00fcndels durch Punkte einer in der Meridianebene enthaltenen Strecke ab \u2014 der hinteren Brennlinie \u2014 welche durch die beiden \u00e4ussersten Strahlen des hier schon wieder divergirenden Meridianb\u00fcschels begrenzt sind. Ebenso sind in der Entfernung, wo der Vereinigungspunkt des Meridianb\u00fcschels liegt, s\u00e4mmtliche Strahlen vereinigt auf einer geradlinigen Strecke c d, deren Richtung senkrecht zur Meridianebene steht und die begrenzt ist durch die beiden \u00e4ussersten Strahlen des Querb\u00fcschels, die hier noch nicht zur Vereinigung gekommen sind, sie\n1 Ich bediene mich hier des Sprachgebrauches der synthetischen Geometrie, welche Strahlenb\u00fcschel ein System von Strahlen in der Ebene, B\u00fcndel ein solches im Raume nennt.","page":77},{"file":"p0078.txt","language":"de","ocr_de":"78\nFick, Physiol. Optik I. 4. Cap. Das schematische Auge.\nheisst die vordere Brennlinie. An diesen beiden Stellen findet also eine, wenn auch nicht punktuelle, so doch wenigstens auf einen unendlich schmalen Strich beschr\u00e4nkte Vereinigung s\u00e4mmtlicher Strahlen des B\u00fcndels statt, die man auf einem Schirme objektiv zur Darstellung bringen kann. Die Entfernung mq zwischen diesen beiden Orten gr\u00f6sster Lichtkoncentration nennt man die Brennstrecke.\nWenn das B\u00fcndel durch einen Kreis an der Trennungsfl\u00e4che begrenzt ist, so ist wegen des schr\u00e4gen Einfalles offenbar das Meridianb\u00fcschel viel schm\u00e4ler als das Querb\u00fcschel und die Anschauung zeigt ohne weiteres, dass dann die hintere Brennlinie im allgemeinen k\u00fcrzer sein wird als die vordere, dass demnach die hintere mehr dem Begriffe eines optischen Bildes entsprechen wird als die vordere. In Fig. 16 erscheint zwar die hintere Brennlinie bedeutend l\u00e4nger als die vordere cd. Dies ist aber nur durch die Perspektive der Zeichnung bedingter Schein, der nicht vermieden werden konnte, ohne anderweite Undeutlichkeiten herbeizuf\u00fchren. Der Oefifnungs-winkel des Meridianb\u00fcschels am leuchtenden Punkte ist um so kleiner, je schr\u00e4ger das B\u00fcndel einf\u00e4llt. F\u00fcr Strahlenb\u00fcndel, welche in das Auge schr\u00e4g einfallen, trifft die vorstehende Bemerkung zu, insofern diese B\u00fcndel durch die mit der einen brechenden Fl\u00e4che zusammenfallende kreisf\u00f6rmige Pupille begrenzt sind.\nBezeichnet man die Entfernung der ersten Brennlinie vom Einfallspunkt auf dem gebrochenen Leitstrahle gemessen durch /' und\ndie der zweiten durch /\", so hat man 1\nT\n\u2014 (w2 \u2014 Sin 2 rr)\nft =\t-\u2014------------------------\n-----------\ny ril \u2014 Sin2 cp \u2014 Cos cp---- Cos-2 cp\n>------------- r\n\u0178 n2 \u2014 Sin 2 cp \u2014 Cos cp------\nwo n den Brechungsindex, r den Radius der Trennungsfl\u00e4che, e die Entfernung des Objektpunktes vom Einfallspunkt und cp den Einfallswinkel des Leitstrahles bedeutet.\nMit H\u00fclfe dieser Formeln habe ich folgende Berechnungen ausgef\u00fchrt. Zun\u00e4chst wurde der Rechnung das reducirte schematische Auge zu Grunde gelegt, d. h. eine einzige trennende Kugelfl\u00e4che angenommen in der S. 63 beschriebenen Weise. Dass diese einzige Kugelfl\u00e4che bez\u00fcglich aller der Axe nahezu parallel einfallenden Strahlenb\u00fcndel merklich dasselbe leistet, wie der wirkliche\n1 Kummer, Borchardt\u2019s Journ. f. Mathem. LVII. S. 189 ; Hermann, Ueber schie-\nfen Durchgang u. s. w. Gratulationsschrift an C. Ludwig. Z\u00fcrich 1874.","page":78},{"file":"p0079.txt","language":"de","ocr_de":"Die seitlichen Netzhautbilder.\n79\nbrechende Apparat des Auges, ist weiter oben gezeigt worden. Es wurden nun 4 parallelstrahlige B\u00fcndel von kleinem Querschnitt angenommen, deren Leitstrahlen unter den Winkeln von 20\u00b0, 40\u00b0, 60\u00b0, 800 mit der Axe auf den Scheitel der Fl\u00e4che fallen und f\u00fcr diese wurden die Lagen der gebrochenen Leitstrahlen und auf diesen die Orte der Brennlinien bestimmt.\nEiner zweiten Rechnung wurde der brechende Apparat des schematischen Auges selbst zu Grunde gelegt. Es wurden wiederum 4 parallelstrahlige B\u00fcndel angenommen, deren Leitstrahlen ebenfalls nahezu Winkel von 20\u00b0, 40\u00b0, 60\u00b0, 80\u00b0 mit der Axe bildeten und so auf die Hornhaut fallen, dass sie nach der Brechung an ihr durch den Scheitel der vorderen Linsenfl\u00e4che oder den Mittelpunkt der Pupille gehen.\nDie Resultate dieser beiden Rechungen sind in Fig. 17 genau dargestellt. Die Abmessungen des schematischen Auges sind genau 5 fach vergr\u00f6ssert. Die punktirte Liniq EE deutet den Durchschnitt der idealen Kugelfl\u00e4che an, auf welche der brechende Apparat bez\u00fcglich der sehr kleine Winkel mit der Axe bildenden Strahlenb\u00fcndel redu-cirt werden kann. Die grosse ausgezogene Kurve folgt der vermuth-lichen Netzhautkurve des schematischen 'Auges, das emmetropisch gedacht ist, daher der zweite Hauptbrennpunkt F* in der Netzhaut liegt.\nMan sieht nun leicht, dass bez\u00fcglich der seitlich einfallenden 'Strahlenb\u00fcndel die Fl\u00e4che EE nicht im Stande sein w\u00fcrde, den wirklichen brechenden Apparat zu ersetzen, denn selbst die hinteren Brennlinien der Strahlenb\u00fcndel 1, 2, 3, 4 links unter der Axe, n\u00e4mlich die Punkte cpi\" cp2\" cpz\" cp4\" in der Figur fallen soweit vor die Netzhaut, dass auf derselben bedeutende Zerstreuungsfiguren entstehen m\u00fcssten, wenn nur eine Brechung stattf\u00e4nde.\nDahingegen sieht man, dass die hinteren Brennlinien der 4 Strah-lenbtindel bei Ber\u00fccksichtigung der drei Brechungen an Hornhaut, vorderer und hinterer Linsenfl\u00e4che mit einer \u00fcberraschenden Genauigkeit in die Netzhaut fallen. Es sind n\u00e4mlich fi\" f i\" fz\" f\\\" jene 4 hinteren Brennlinien f\u00fcr die B\u00fcndel, deren Leitstrahlen durch die vier mit 1, 2, 3, 4 bezeichneten Linien links oberhalb der Axe dargestellt sind.\nEs geht hieraus hervor, dass die Lage und Kr\u00fcmmung der Linse ganz ausserordentlich zweckm\u00e4ssig angeordnet ist, um das Auge, wie man es passend bezeichnen kann, \u201e periskopisch \u201c zu machen. In der That wird das emmetropisch gedachte schematische Auge schon ohne Ber\u00fccksichtigung der Linsenschichtung auch von weit seitlich gelegenen sehr entfernten Objekten ann\u00e4hernd deutliche Bilder auf der","page":79},{"file":"p0080.txt","language":"de","ocr_de":"'il\n80\nFick, Physiol. Optik I. 4. Cap. Das schematische Auge.\nNetzhaut haben. Sofern die gr\u00f6sste Concentration der seitlich en-fallenden Strahlenb\u00fcndel in der hinteren Brennlinie ein wenig hinter die Netzhaut f\u00e4llt, k\u00f6nnte man sagen, dass nach der ausgef\u00fchrten Be-\nrechnung die Seitentheile eines in der Axe emmetropischen Auges etwas hypermetropisch w\u00e4ren, womit die Beobachtungen von Stammeshaus 1 \u00fcbereinstimmen.\n1 Stammeshaus, Arch. f. Ophthalmologie XX. S. 147.","page":80},{"file":"p0081.txt","language":"de","ocr_de":"Die seitlichen Netzhautbilder.\n81\nDie Schichtung der Linse macht diese Bilder der seitlich gelegenen Objekte jedesfalls noch bedeutend genauer. Es ist n\u00e4mlich yon L. Hermann 1 allgemein nachgewiesen, dass bei einer geschichteten Linse von der Art wie die des menschlichen Auges die Brennstrecke f\u00fcr seitlich einfallende B\u00fcndel k\u00fcrzer ist, als f\u00fcr eine homogene Linse von gleicher Hauptbrennweite. Die Rechnung von Hermann, deren Einzelheiten als zu verwickelt hier nicht angef\u00fchrt werden k\u00f6nnen \u2014 ist durchgef\u00fchrt unter der Annahme, dass alle Strahlen des B\u00fcndels alle Schichten der Linse durchsetzen. Noch g\u00fcnstiger w\u00fcrde sich wahrscheinlich dies Resultat stellen, wenn man dem Umstande Rechnung tragen k\u00f6nnte, dass nicht alle Strahlen des Meridianb\u00fcschels die s\u00e4mmtlichen Schichten wirklich durchsetzen, welche von den Strahlen des Querb\u00fcschels durchsetzt werden. Betrachten wir n\u00e4mlich z. B. das schr\u00e4g von oben einfallende B\u00fcndel No. 3 in Eig. 17, so ist wohl anzunehmen, dass die untersten Strahlen in seinem Meridianb\u00fcschel an einigen inneren Schichten der Linse ganz vor\u00fcbergehen, durch welche seine oberen Strahlen noch passi-ren m\u00fcssen, dass also jene untersten Strahlen schliesslich weniger abgelenkt aus der Linse hervorgehen und so der Vereinigungspunkt des Meridianb\u00fcschels noch weiter hinausger\u00fcckt, d. h. dem Vereinigungspunkte des Querb\u00fcschels mehr gen\u00e4hert wird, und dieser also noch mehr einem genauen punktuellen Bilde \u00e4hnlich wird.\nWas hier zun\u00e4chst VT>m emmetropischen Auge gezeigt wurde, wird wohl vom myopischen auch ann\u00e4hernd gelten, so dass man auch bei ihm voraussetzen darf, dass von seitlich gelegenen Objekten, die um seine direkte Sehweite von ihm abstehen, sehr ann\u00e4hernd deutliche Bilder auf der Netzhaut entworfen werden.\nMan kann jetzt noch die Frage aufwerfen, ob die Verbindungslinien der seitlich gelegenen Objektpunkte mit ihren beziehlichen Bildpunkten auf der Netzhaut einander selbst und die Axe in dem selben \u201eKreuzungspunkte der Richtungsstrahlen\u201c schneiden, wo die entsprechenden Verbindungslinien der der Axe benachbarten Objektpunkte und ihrer Bildpunkte einander nahezu schneiden. Es sind \u00fcber diese Frage am ausgeschnittenen Kaninchenauge von Landolt und Nuel1 2 Versuche angestellt, welche die von Lichtflammen entworfenen Bilder auf der Sclera direkt beobachteten. Sie fanden, dass die Verbindungslinien zwischen Objektpunkt und Bildpunkt bei\n1\tHermann, Ueber schiefen Durchgang von Strahlenb\u00fcndeln durch Linsen und \u00fcber eine darauf bez\u00fcgliche Eigenschaft der Krystalllinse. Gratulationsschrift der Z\u00fcricher med. Fak. f\u00fcr C. Ludwig. 1874.\n2\tArch. f. Ophthalmologie XIX. Heft 3.\nHandbuch der Physiologie. Bd. III.\t6","page":81},{"file":"p0082.txt","language":"de","ocr_de":"82\nFick, PFysiol. Optik I. 5. Cap. Die Akkommodation des Auges.\nseitlich gelegenen Objektpunkten die Axe vor dem \u201eKreuzungspunkte der Richtungsstrahlen\u201c schneiden.\nWenn man in unserer Fig. 17 durch die Punkte /i\" fi\" fz\" f\\\" Parallelen mit den einfallenden Leitstrahlen 1, 2, 3, 4 zieht, welche die Verbindungslinien zwischen Objektpunkt und Bildpunkt darstellen w\u00fcrden, so sieht man, dass dieselben die Axe sehr entschieden hinter dem \u201eKreuzungspunkte der Richtungsstrahlen\u201c schneiden. Doch ist offenbar die sehr verwickelte Construktion unserer Figur nicht hinl\u00e4nglich genau, um diese Verh\u00e4ltnisse getreu wiederzugeben. Es findet sich n\u00e4mlich kein ganz stetiges Weiterr\u00fccken des Schnittpunktes mit wachsendem Einfallswinkel, was doch ohne Zweifel zu erwarten w\u00e4re. Immerhin ist der Widerspruch zwischen dem Ergebnis der Construktion f\u00fcr das schematische Menschenauge und der experimentellen Bestimmung am Kaninchenauge beachtenswert und kann zu Wiederholung der Bestimmungen auf beide Arten auffordern.\nF\u00dcNFTES CAPITEL.\nDie Akkommodation des Auges.\nI. Verschiedene Refraktionszust\u00e4nde desselben Auges.\nDer im vorigen Abschnitte charakterisirte Refraktionszustand ist f\u00fcr ein und dasselbe Auge keineswegs eine zu allen Zeiten konstante Gr\u00f6sse. Das normale Auge kann vielmehr zu verschiedenen Zeiten sehr verschiedene Refraktionszust\u00e4nde willk\u00fcrlich annehmen. Alan \u00fcberzeugt sich am leichtesten hiervon am eigenen Auge. Alan halte z. B. in einiger Entfernung soweit man noch eben bequem kleine Druckschrift lesen kann ein bedrucktes Blatt und in die H\u00e4lfte der Entfernung zwischen dies und das Auge ein St\u00fcck von einem weitmaschigen Gewebe z. B. Gaze oder'T\u00fcll. Alan wird bemerken dass man willk\u00fcrlich bald die Buchstaben deutlich sehen kann, bald die F\u00e4den des Gewebes. Im ersten Falle verschwimmen diese in Zerstreuungsbildern, im letzteren Falle sieht man die gedruckten Buchstaben undeutlich. Es h\u00e4ngt also von der Willk\u00fcr ab, den Grad der Alyopie zu ver\u00e4ndern innerhalb gewisser Grenzen, in denen nat\u00fcrlich auch der Werth 0 und negative Werthe d. h. Emmetropie und gewisse Grade der Hyperm\u00e9tropie eingeschlossen sein k\u00f6nnen.","page":82},{"file":"p0083.txt","language":"de","ocr_de":"Akkommodationsspatium.\n83\nDer Versuch l\u00e4sst sich auf die mannigfachste Weise variiren und man kann dabei auch die Grenzen bestimmen, innerhalb deren es eben m\u00f6glich ist, den Refraktionszustand zu ver\u00e4ndern. Diese F\u00e4higkeit des Auges nennt man das \u201eAnpassungsverm\u00f6gen\u201c oder \u201eAkkommodationsverm\u00f6gen\u201c f\u00fcr verschiedene Entfernungen. Die gr\u00f6sste Entfernung, f\u00fcr welche ein gegebenes Auge einstellbar ist, nennt man seinen Fernpunktsabstand, und die kleinste Entfernung, f\u00fcr welche es eingerichtet werden kann, den Nahepunktsabstand. Als Fernpunkt und Nahepunkt kann man etwa zwei Punkte der nach aussen verl\u00e4ngerten Augenaxe definiren und zwar w\u00e4re der Fernpunkt derjenige, dessen deutliches Bild auf den Pol der Retina f\u00e4llt zu der Zeit, wo das Auge seinen gel\u00e4ngst m\u00f6glichen Grad von Myopie hat und der Nahepunkt derjenige, dessen Bild ebendahin f\u00e4llt, wenn der Myopiegrad des Auges auf seinen h\u00f6chst m\u00f6glichen Werth gesteigert ist. Selbstverst\u00e4ndlich kann dem Fernpunktsabstand auch der Werth unendlich (Emmetropie) oder gar ein negativer Werth (Hyperm\u00e9tropie) zukommen. Die Differenz zwischen Fernpunktsabstand und Nahepunktsabstand oder die Strecke der Axe zwischen Fernpunkt und Nahepunkt, welche eine wesentlich positive Gr\u00f6sse ist, heisst das Akkommodationsspatium. Die so definirte Gr\u00f6sse kann unendlich sein. Wenn z. B. der Minimalwerth der Myopie des Auges = 0 (Emmetropie) ist, so reicht das Akkommodationsspatium von dem endlich gelegenen Nahepunkt bis in unendliche Ferne. Ist der Minimalwerth der Myopie gar negativ und der Maximalwerth positiv, so besteht das Akkommodationsspatium aus den beiden unendlichen Strecken der Axe von dem Nahepunkt bis in unendliche Ferne nach vorn und von dem hinter dem Auge endlich gelegenen Fernpunkt bis in unendliche Ferne nach hinten. Hier w\u00e4re also das Akkommodationsspatium die ganze unendliche Axe mit Anschluss der den Augenmittelpunkt enthaltenden endlichen Strecke vom Nahepunkt bis zum Fernpunkt,\nMan bemerkt bei subjektiver Pr\u00fcfung der Akkommodation des eigenen Auges ferner leicht, dass nur zum Uebergange von niederen zu h\u00f6heren Graden der Myopie eine aktive Anstrengung von muskul\u00f6sen resp. nerv\u00f6sen Apparaten erforderlich ist und dass der Nachlass dieser Anstrengung die Myopie vermindert. Hieraus folgt, dass das vollst\u00e4ndig ruhende Auge auf seinen Fernpunkt eingestellt ist, oder so wenig myopisch ist, als es \u00fcberhaupt zu sein vermag.\nDie F\u00e4higkeit, sich verschiedenen Entfernungen anzupassen, besitzen nicht alle Augen in gleichem Maasse. Von zwei im ruhenden Zustande emmetropischen Augen kann z. B. das eine im Stande sein,\n6*","page":83},{"file":"p0084.txt","language":"de","ocr_de":"84\nFick, Physiol. Optik I. 5. Cap. Die Akkommodation des Auges.\nbei gr\u00f6sster Anstrengung seiner akkommodirenden Kr\u00e4fte noch in 5 Zoll Abstand deutlich zu sehen, w\u00e4hrend das andere es nur bis auf 7 Zoll Entfernung zu bringen vermag. Es ist daher vor allen Dingen wichtig, besonders f\u00fcr die Zwecke der praktischen Augenheilkunde ein Maassprincip zu besitzen, wonach man die Werthe des Akkommodationsverm\u00f6gens verschiedener Augen vergleichen kann. Nachdem im vorigen Abschnitte bereits gelehrt wurde, die verschiedenen Refraktionszust\u00e4nde des Auges oder Grade der Myopie (resp. Hyperm\u00e9tropie) durch Zahlenwerthe auszudr\u00fceten, kann es nicht mehr zweifelhaft sein, welche Zahl als Maass eines bestimmten Akkommodationsverm\u00f6gens zu dienen hat. Offenbar ist n\u00e4mlich dies Maass die Differenz der beiden Zahlen, welche den Grad der Myopie bei gr\u00f6sster Anstrengung des Akkommodationsverm\u00f6gens und bei vollst\u00e4ndiger Ruhe desselben messen, mit anderen Worten die Differenz des reciproken Wertkes des Nahepunkts- und des Fernpunktsabstandes. Nennen wir also den ersteren Nt den letzteren F? so ist\n1 1 JV~~F\ndas Maass des Akkommodationsverm\u00f6gens. Ist der Fernpunkt unendlich weit oder das Auge in der Ruhe emmetropisch, so zieht sich 1\ndiese Maasszahl auf zur\u00fcck. Man entnimmt aus dieser Formel\nsogleich, dass ein im Ruhezust\u00e4nde schon sehr myopisches Auge nur ein ganz kleines Akkommodationsspatium zu beherrschen braucht, ohne dass man ihm darum ein abnorm kleines Akkommodationsspatium zuzuschreiben h\u00e4tte. Nehmen wir z. B. an, dass ein im Ruhezust\u00e4nde emmetropisches und mit normalem Akkommodationsverm\u00f6gen ausger\u00fcstetes Auge sich durch m\u00f6glichste Anstrengung desselben auf 5 par. Zoll Abstand einrichten k\u00f6nnte, so w\u00e4re das Maass dieses als normal angenommenen Akkommodationsverm\u00f6gens\nl____l__ 1\n5 oo 5\nStellen wir uns nun ein im Ruhezust\u00e4nde schon myopisches Auge vor, dessen Fernpunktsabstand 7 Zoll betr\u00e4gt, so w\u00fcrde sein Accom-modationsverm\u00f6gen als ein ganz normales gelten k\u00f6nnen, wenn es\nim Stande w\u00e4re, sich dadurch in ein Auge vom Myopiegrade \u2014pp\n2H\nzu verwandeln, d. h. wenn sein Nahepunkt in 2\" 11\"' Abstand l\u00e4ge oder sein Akkommodationsspatium nicht mehr als 7\u20142R oder 4 Zoll 1 Linie betr\u00fcge, w\u00e4hrend das Akkommodationsspatium des im Ruhezust\u00e4nde emmetropischen Auges von gleichwerthigem Akkommoda-\n","page":84},{"file":"p0085.txt","language":"de","ocr_de":"Maass des Akkommodationsverm\u00f6gens.\n85\ntionsverm\u00f6gen unendlich lang* ist. So paradox dies auf den ersten Blick aussieht, so wird es doch sofort verst\u00e4ndlich, wenn man bedenkt, dass unser myopisches Auge durch Vorsetzen eines Zerstreuungsglases von 7 Zoll negativer Brennweite in einen dioptrischen Apparat verwandelt wird, der das unendliche Akkommodationsspatium von oo bis 5 Zoll beherrscht. In der That fallen jetzt in dem aus Auge und Zerstreuungsglas zusammengesetzten Apparate beim Ruhezust\u00e4nde des Auges die Bilder unendlich ferner Gegenst\u00e4nde auf die Netzhaut denn von einem unendlich fernen Punkt erzeugt die Linse zun\u00e4chst ein virtuelles Bild in 7 Zoll Abstand von sich selbst und das Bild dieses Bildes im Auge f\u00e4llt unter den gemachten Voraussetzungen auf die Netzhaut, sofern wir von dem kleinen Abstande zwischen Linse und Auge absehen. Verwandelt sich nun aber das Auge in\neines von der Myopie -77, so sieht es mit der Linse zusammen einen\n5\" abstehenden Punkt deutlich, denn von diesem erzeugt die Linse\nein Bild gerade im Abstande von 2H Zoll, wie es das ver\u00e4nderte Auge zum deutlichen Sehen braucht.\nDas vorstehend entwickelte Maassprincip des Akkommodationsverm\u00f6gens ist von Donders in die Ophthalmologie eingef\u00fchrt. Jedoch habe ich selbst schon, ehe Donders die Refraktionszust\u00e4nde durch die reci-proken Werthe der Sehweite zu messen vorschlug, die Werthe des Akkommodationsverm\u00f6gens nach demselben Princip verglichen.1\nII. Die Ver\u00e4nderungen des brechenden Syst\u00e8mes.\nEs lassen sich von vornherein verschiedene Wege denken, auf welchen der Myopiegrad des Auges erh\u00f6ht werden kann. Demgem\u00e4ss sind auch in der Geschichte der Wissenschaft verschiedene Ansichten \u00fcber das Wesen des Anpassungsvorganges aufgetaucht, die indessen gegenw\u00e4rtig, wo man das Problem vollst\u00e4ndig gel\u00f6st hat, nur noch ein historisches Interesse haben, und nur fl\u00fcchtig zu ber\u00fchren sind.\nAm n\u00e4chsten l\u00e4ge offenbar die Annahme, dass die Anpassung des Auges an verschiedene Entfernungen \u00e4hnlich bewerkstelligt w\u00fcrde wie die Anpassung der photographischen Camera obscura, n\u00e4mlich ohne Ver\u00e4nderung des dioptrischen Apparates durch Verschiebung\n1 Siehe Fick, Medicinische Physik. 1. Aufl. S. 306 f. Braunschweig 1856.","page":85},{"file":"p0086.txt","language":"de","ocr_de":"86\nFick. Physiol. Optik I. 5. Cap. Die Akkommodation des Auges.\ndes bildauffangenden Schirmes. In der That w\u00fcrde das Auge mit der Polarzone seiner Netzhaut n\u00e4here Objekte als bisher deutlich sehen, wenn diese Zone Weiter von der Hornhaut wegr\u00fcckte, denn bei gleichbleibenden brechenden Fl\u00e4chen fallen ja die Bilder n\u00e4herer Objekte weiter nach hinten als die entfernterer Gegenst\u00e4nde. Gegen diese Annahme, der es nicht an Vertheidigern gefehlt hat, lassen sich aber schon von vornherein schwer wiegende Bedenken geltend machen. Vor allem ist ersichtlich, dass die Polargegend der Netzhaut nur durch eine Gestaltver\u00e4nderung des ganzen Augapfels zum Zur\u00fcckweichen gebracht werden k\u00f6nnte. Dazu geh\u00f6rten aber bei dem grossen intraokularen Drucke sehr bedeutende \u00e4ussere Kr\u00e4fte. Diese k\u00f6nnte man nur suchen in den \u00e4usseren Augenmuskeln, besonders wohl den beiden schiefen, welche den Bulbus g\u00fcrtelartig umfassen und ihn wohl in der Aequatorialzone pressen k\u00f6nnten, so dass die Axe von Pol zu Pol verl\u00e4ngert w\u00fcrde. Da diese Muskeln aber ganz andere Aufgaben haben, zu denen eine ausserordentliche Feinheit der Abstufung ihrer Zusammenziehung erforderlich ist, so kann man nicht wohl daran denken, ihnen auch noch diese Last aufzub\u00fcrden. Ein anderes Bedenken gegen die fragliche Annahme besteht darin, dass die mit dem Zur\u00fcckweichen der Polarzone nothwendig verkn\u00fcpfte Verengerung der Aequatorialzone f\u00fcr die seitlichen Objekte die Myopie schw\u00e4chen w\u00fcrde, w\u00e4hrend sie f\u00fcr die der Axe benachbarten verst\u00e4rkt wird. Wenn nun auch die seitlichen Bilder f\u00fcr den Sehakt weit weniger wichtig sind, so ist man doch nicht gewohnt in der organischen Welt selbst in untergeordneten Punkten grelle Widerspr\u00fcche gegen die Zweckm\u00e4ssigkeit zu finden.\nWenn nun die Anpassung f\u00fcr die N\u00e4he nicht durch Verschiebung des bildauffangenden Schirmes bewerkstelligt wird, so muss sie durch Verst\u00e4rkung der Strahlenablenkung im brechenden Apparate selbst bewirkt werden, derart dass der Convergenzpunkt des von einem nahen Punkte ausgehenden Strahlenb\u00fcndels, der anfangs hinter die Retina fiel, nunmehr schon in dieselbe f\u00e4llt. Dies w\u00fcrde geschehen k\u00f6nnen, entweder wenn die Breckungsindices der Augenmedien gr\u00f6sser w\u00fcrden, oder wenn eine oder mehrere brechende Fl\u00e4chen sich st\u00e4rker w\u00f6lbten, d. h. der Kr\u00fcmmungshalbmesser derselben eine. Verkleinerung erlitte. Was die erste dieser beiden M\u00f6glichkeiten betrifft, so ist sie ohne weiteres auszuschliessen, da wir uns gar keine Vorstellung machen k\u00f6nnen, wie durch Nerveneinfluss ganz pl\u00f6tzlich die chemische Natur der Augenmedien Ver\u00e4nderungen erleiden sollte, auch ist meines Wissens nie an eine Erkl\u00e4rung der Anpassung durch Aenderung der Brechungsindiees gedacht. Es bleibt also nur die M\u00f6glichkeit \u00fcbrig","page":86},{"file":"p0087.txt","language":"de","ocr_de":"Ver\u00e4nderung der Linsenkr\u00fcmnmng.\n87\nanzunehmen, dass die Kr\u00fcmmung der brechenden Fl\u00e4chen ver\u00e4ndert werde. In erster Linie hat man wohl die Hornhautkr\u00fcmmung ins Auge gefasst. Eine Aenderung derselben k\u00f6nnte aber wie ein Zur\u00fcckweichen der Polargegend der Netzhaut nur durch eine Gestaltver\u00e4nderung des ganzen Bulbus bewirkt werden und ist eine solche aus den oben angef\u00fchrten Gr\u00fcnden schon sehr unwahrscheinlich. Es ist auch schon vor vielen Jahren von Kohlrausch experimentell nachgewiesen, dass die Hornhautkr\u00fcmmung bei der Anpassung f\u00fcr die N\u00e4he keine Aenderung erleidet. Der Grund der vermehrten Myopie bei der Anpassung kann demnach schon von vornherein eigentlich nur in Ver\u00e4nderungen der Linse gesucht werden. Zur Aenderung ihrer Lage und Gestalt reichen auch schon geringe Kr\u00e4fte aus, da der intraokulare Druck von allen Seiten auf dieselbe wirkt und mithin nicht als Gegenkraft in Betracht kommt. Aehnlich wie eine Verst\u00e4rkung der Kr\u00fcmmung w\u00fcrde \u00fcbrigens auch ein Vorschieben der ganzen Linse gegen die Hornhaut hin wirken, auch dadurch w\u00fcrde der Erfolg herbeigef\u00fchrt werden, dass ein in der w\u00e4ssrigen Feuchtigkeit fortgepflanztes Strahlenb\u00fcndel fr\u00fcher zur Vereinigung kommt. Die Annahme, dass die Anpassung f\u00fcr die N\u00e4he auf dem Vorr\u00fccken der Linse beruhe, ist von Hueck sehr sorgf\u00e4ltig entwickelt und hat sich in der physiologischen Optik lange Zeit behauptet. Dies ist um so merkw\u00fcrdiger als ihr nicht nur die Schwierigkeit einer mechanischen Erkl\u00e4rung des Vorr\u00fcckens entgegensteht, sondern noch weit mehr der Umstand, dass die faktischen Leistungen des Accom-modationsverm\u00f6gens ein so weites Vorr\u00fccken fordern w\u00fcrden, dass es dem oberfl\u00e4chlichsten Blicke nicht entgehen k\u00f6nnte.\nObwohl nach diesen Erw\u00e4gungen schon von vornherein die Anpassung des Auges f\u00fcr die N\u00e4he kaum anders erkl\u00e4rt werden kann als durch verst\u00e4rkte Kr\u00fcmmung der Linse, so ist doch diese Theorie in der Geschichte der Wissenschaft erst zuletzt aufgetreten. Nachdem zuerst M. Langenbeck beil\u00e4ufig bemerkt hatte, dass die von den Linsenfl\u00e4chen gelieferten Reflexbilder bei der Anpassung f\u00fcr die N\u00e4he Ver\u00e4nderungen erleiden, haben sp\u00e4ter Cramer in Holland und Helmholtz gleichzeitig und unabh\u00e4ngig von einander in exakter Weise durch Beobachtung dieser Ver\u00e4nderungen nachgewiesen, dass die Anpassung des Auges f\u00fcr die N\u00e4he bewerkstelligt wird durch Zunahme der Kr\u00fcmmung beider Linsenfl\u00e4chen, so jedoch, dass vorzugsweise die vordere Linsenfl\u00e4che st\u00e4rker gew\u00f6lbt wird und dass der hintere Linsenscheitel merklich an Ort und Stelle verbleibt.\nWir folgen bei der ausf\u00fchrlicheren Darstellung den Untersuchungen von Helmholtz, die an denselben Augen angestellt sind, an","page":87},{"file":"p0088.txt","language":"de","ocr_de":"88\tFick, Physiol. Optik I. 5. Cap. Die Akkommodation des Auges.\nwelchen auch die in den bisherigen Abschnitten schon gebrauchten Messungen ausgef\u00fchrt wurden.\nVor Allem ist eine schon ohne alle besonderen H\u00fclfsmittel zu beobachtende Aenderung des Auges kurz zu erw\u00e4hnen, welche daher auch schon seit langer\u2019 Zeit bekannt ist. Sie besteht darin, dass sich beim Nahesehen die Pupille verengert. Man sieht dies sofort am eigenen Auge im Spiegel oder an einem fremden Auge, wenn man nur daf\u00fcr sorgt, dass vor und w\u00e4hrend des Aktes der Anpassung f\u00fcr die N\u00e4he das Auge nicht durch allzu helle Beleuchtung geblendet ist, so dass die Pupille beim Sehen in die Ferne einigermaassen weit ist.\nMan kann ferner bemerken, dass der Pupillarrand nicht nur enger wird, sondern auch vorr\u00fcckt. Zu diesem Ende beobachte man ein Auge von der Seite und sogar noch ein wenig von hinten, so dass es einen Anblick etwa wie Fig. 18 \u00ab darbietet. Man bemerkt darin,\nals schwarzen Streif neben dem Sklerarande das verzerrte Bild der Pupille und als schwarzen beiderseits spitz auslaufenden Streif ci C2 dem Profil der Hornhaut entlang das verzerrte Bild der beschatteten Innenseite des \u00fcber die Iris vortretenden Randes der Sklera in der abgewandten H\u00e4lfte des Auges. Zwischen diesen beiden schwarzen Streifen zieht sich durch die Hornhaut gesehen ein hellerer farbiger Streif hin \u2014 das verzerrte Bild der abgewandten Irish\u00e4lfte. Dieser hellere Streif wird nun schm\u00e4ler sowie sich das beobachtete Auge f\u00fcr die N\u00e4he anpasst ohne seine Stellung zu ver\u00e4ndern, was leicht zu erreichen ist, wenn man dem beobachteten Auge von vorn herein zwei in derselben Richtung gelegene Gesichtszeichen darbietet, eines fern und eines, am besten aus einer Nadelspitze bestehend, nahe, und nun dem Auge aufgiebt abwechselnd dem einen und dem andern die Aufmerksamkeit zuzuwenden. Das f\u00fcr die N\u00e4he eingerichtete Auge bietet alsdann den Fig. 18 b dargestellten Anblick. Die Verschm\u00e4lerung des hellen Zwischenraumes zwischen den erw\u00e4hnten beiden schwarzen Streifen kann unm\u00f6glich durch die vorhin erw\u00e4hnte Verengerung der Pupille bedingt sein, denn durch diese wird ja die Iris breiter und es m\u00fcsste also auch ihr Bild sich verbreitern. Ebenso m\u00fcsste eine etwaige Drehung des Auges nach der Seite des Beob-\nFig. 18.","page":88},{"file":"p0089.txt","language":"de","ocr_de":"Vortreten der Pupillenebene.\n89\nachters den Streif breiter machen. Seine Verschm\u00e4lerung kann nur durch das Vorr\u00fccken des Pupillarrandes gegen die Hornhaut bedingt sein. Bisweilen wird auch noch zwischen dem schwarzen Bilde der Pupille und dem Sklerarande ein wenig von der diesseitigen H\u00e4lfte der Iris beim Nahesehen sichtbar.\nMan kann sogar den Betrag des Vorr\u00fcckens der Pupillarebene wenigstens ann\u00e4hernd sch\u00e4tzen, wenn man bei dem Auge zuvor die Maasse der Hornhaut und die Lage der Pupillarebene beim Fernsehen bestimmt hat. Es sei Fig. 19 ab der Pupillendurchmesser beim Fernsehen und man beobachte das Auge aus einem solchen Standpunkte, dass die Pupille gerade eben ganz hinter dem Sklerarande bei c verschwindet, dann ist die Linie c b vollst\u00e4ndig bekannt als die in das beobachtete Auge wie ein Strahl hineingebrochene Gesichtslinie des Beobachters. Bei Einrichtung des beobachteten Auges f\u00fcr die N\u00e4he wird nun die etwas verengerte Pupille, deren Durchmesser a\u00df bezeichnet ist, ganz oder zum Theil f\u00fcr den Beobachter sichtbar. In der Figur ist angenommen, dass sie eben gerade ganz sichtbar geworden ist, dann muss also der eine Endpunkt ihres Durchmessers in die Linie cb fallen und der Durchmesser ganz vor derselben liegen, und wenn man die L\u00e4nge des Durchmessers kennt, kann man seine Lage construiren, mithin messen, um wie viel er nach vorn ger\u00fcckt ist. Tritt nicht die ganze Pupille eben gerade sichtbar hervor, so muss man den sichtbar werdenden Theil absch\u00e4tzen und auf diese Sch\u00e4tzung die Construction gr\u00fcnden. Auf diese Weise fand Helmholtz beim Auge A ein Vorr\u00fccken der Pupillarebene um 0,36 und beim Auge B ein Vorr\u00fccken um 0,44 mm.\nHat man vor das zu beobachtende Auge in der S. 55 beschriebenen Anordnung Lichtflammen aufgestellt, so dass man deren Reflexbilder an der Hornhaut und den beiden Linsenfl\u00e4chen sieht, so bemerkt man an den beiden letzteren eine Verkleinerung, sowie sich das beobachtete Auge f\u00fcr die N\u00e4he einrichtet, und zwar ist die Verkleinerung am Bildchen von der ersten Linsenfl\u00e4che sehr bedeutend, dagegen am Bildchen von der hinteren Linsenfl\u00e4che kaum wahrnehmbar. Das Hornhautbildchen bleibt vollkommen unver\u00e4ndert. Zur Veranschaulichung der Gr\u00f6sse dieser Ver\u00e4nderungen kann die Fig. 20 dienen. Die schwarzen Kreisfl\u00e4chen stellen die Pupille des Auges beim Fernsehen A und beim Nahesehen B dar mit den darin erscheinenden 3 Reflexbildchen. Als Objekt dienen zwei quadratische\nc.\t\u25a0 \u00ee? I\t\n\t\t?\nFig. 19.","page":89},{"file":"p0090.txt","language":"de","ocr_de":"90\nFick. Physiol. Optik I. 5. Cap. Die Akkommodation des Auges.\nFig. 20.\nOeffnungen in einem Schirm, die durch dahinter stehende Flammen hell leuchtend gemacht sind, a ist in beiden Theilen der Hornhautreflex, b der Reflex von der vorderen, c der von der hinteren Linsenfl\u00e4che. Man sieht wie das erste Linsenbild b beim Nahesehen fast um die H\u00e4lfte verkleinert wird. Es l\u00e4sst sich zeigen, dass blosses Vorr\u00fccken der vorderen Linsenfl\u00e4che eine Verkleinerung dieses Reflexes bedingen w\u00fcrde, doch k\u00f6nnte dieselbe ohne gleichzeitige Kr\u00fcmmungs\u00e4nderung niemals den wirklich beobachteten Betrag erreichen.\nNach den schon fr\u00fcher beschriebenen Methoden kann man mit H\u00fclfe der Reflexbilder f\u00fcr das nahe sehende Auge die Kr\u00fcmmungshalbmesser der Linsenfl\u00e4chen und die Lage ihrer Scheitel ebenso bestimmen, wie dies f\u00fcr das ruhende oder fernsehende Auge schon geschehen ist. Auf diese Weise fand Helmholtz den Kr\u00fcmmungshalbmesser der vorderen Linsenfl\u00e4che in dem oben S. 56 mit A bezeichnten Auge beim Nahesehen = 8,6 mm., und in dem mit B bezeichnten Auge beim Nahesehen = 5,9 mm. Beim Fernsehen war in denselben Augen der Halbmesser der vorderen Linsenfl\u00e4che = 11,9 und = 8,8 gefunden. Die Abnahme des Halbmessers der hinteren Linsenfl\u00e4che ist von Helmholtz nicht quantitativ bestimmt worden, weil zu viele hypothetische Faktoren in die Rechnung eingehen w\u00fcrden. Er begn\u00fcgte sich mit dem Nachweis, dass eine Verkleinerung dieses Halbmessers von sehr geringem Betrage stattfinde.\nFis. 21.\nDa nun, wie schon ausgef\u00fchrt, der hintere Linsenscheitel an Ort und Stelle verbleibt, der vordere aber ein wenig vorr\u00fcckt (beim","page":90},{"file":"p0091.txt","language":"de","ocr_de":"Das akkommodirte schematische Auge.\n91\nAuge A um etwa 0,36, beim Auge B um etwa 0,44 mm.), so kann man sich von der gr\u00f6ssten Ver\u00e4nderung, welche ein normales Auge durch volles Aufgebot der Akkommodationsf\u00e4higkeit erleidet, eine deutliche Vorstellung machen. Eine Anschauung davon gibt Fig. 21, wo die vorderen Theile des Auges den gefundenen Messungen entsprechend, in 5 f\u00e2cher Vergr\u00f6sserung dargestellt sind und zwar links unter F so wie sie beim Fernsehen, rechts unter N so wie sie beim Nahesehen beschaffen sind.\nDurch \u00e4hnliche Abrundung der aus den Messungen am nahesehenden Auge hervorgegangenen Zahlen wie sie S. 61 an den f\u00fcr das fernsehende Auge gefundenen angebracht wurde, kann man ein akkommodirtes schematisches Auge bilden und seine Cardinalpunkte berechnen. Die so von Helmholtz gew\u00e4hlten Werthe sind mit den S. 61 u. 62 gegebenen Werth en f\u00fcr das fernstehende schematische in der nachstehenden Tabelle zusammengestellt.\nAkkommodation f\u00fcr\ndie Ferne\t\tdie N\u00e4he\nAngenommen :\t\t\nBrechungsindex der w\u00e4ssrigen Feuchtigkeit\t\ti\u00b03/77\t103 /77\nBrechungsindex der Linsensubstanz\t\t16/n\t16/ll\nBrechungsindex des Glask\u00f6rpers\t\ti\u00b03/77\t~\t103/77\nKr\u00fcmmungshalbmesser der Hornhaut\t\t8,0\t8,0*\nKr\u00fcmmungshalbmesser der vorderen Linsenfl\u00e4che . . .\t10.0\t6,0\nKr\u00fcmmungshalbmesser der hinteren Linsenfl\u00e4che . . .\t6,0\t5,5\nOrt des vorderen Linsenscheitels\t\t3,6\t3,2\nOrt des hinteren Linsenscheitels \t\tL2\t7,2\nBerechnet :\t\t\nOrt des vorderen Brennpunktes\t\t- 12,107\t\u2014 11,241\nOrt des ersten Hauptpunktes \t\t\t1,940\t2,033\nOrt des zweiten Hauptpunktes\t\t2,356\t2,492\nOrt des ersten Knotenpunktes\t\t6,957\t6,515\nOrt des zweiten Knotenpunktes\t\t7,373\t6,974\nOrt des hinteren Brennpunktes\t\t22,231\t20,248\nWenn man jetzt annimmt, dass das schematische Auge im ruhenden d. h. fernsehenden Zustande emmetropisch ist, so kann man leicht berechnen, f\u00fcr welchen Abstand es eingestellt ist, wenn es die Ver\u00e4nderungen erlitten hat, welche durch die Zahlen der zweiten\"Spalte unserer Tabelle dargestellt sind. In der That annehmen, das fernsehende Auge sei emmetropisch, heisst annehmen, dass der Pol seiner Netzhaut mit dem zweiten Brennpunkte zusammenf\u00e4llt, d. h. 22,231 mm. hinter dem Hornhautscheitel liegt. Hier muss er dann aber auch nach den Ver\u00e4nderungen bleiben und man kann sich fragen in wel-","page":91},{"file":"p0092.txt","language":"de","ocr_de":"92\nFick, Physiol. Optik I. 5. Cap. Die Akkommodation des Auges.\ncher Entfernung p muss ein leuchtend gedachter Punkt der Axe vom ersten Hauptpunkt liegen, damit sein Bild, 22,231 mm. hinter die Hornhaut fallt, wenn die in der zweiten Spalte der Tabelle aufgef\u00fchrten Data gelten. Um die gesuchte Gr\u00f6sse p zu berechnen, bedenken wir erstens, dass der Abstand des Netzhautpoles vom zweiten Hauptpunkte des f\u00fcr die N\u00e4he eingerichteten Auges 22,231\u20142,492 also 19,739 mm. betr\u00e4gt. Dieser Abstand muss aber als Bildabstand dem gesuchten Objektabstand p entsprechen, d. h. mit ihm und den Brennweiten des nahesehenden Auges in der bekannten Beziehung stehen, die durch die Gleichung\nff\np p*\n(s. S. 19) gegeben ist. Nun ist aber f\u00fcr das nahesehende schematische Auge / = 11,241 + 2,033 = 13,274 mm. und f* = 20,248 \u2014 2,492 = 17,756 mm. Man hat also p zu berechnen aus der Gleichung\n13,274\t17,756\np + 19,739 \u201c\nund es ergiebt sich = 132,08 mm. Das heisst also mit andern Worten, wenn das schematische Auge im fernsehenden Zustande emme-tropisch ist, so ist es bei Aufgebot seiner ganzen Akkommodationskr\u00e4fte f\u00fcr etwa 132 mm. oder f\u00fcr ungef\u00e4hr 5 pariser Zoll Entfernung eingestellt, und das Maass des Akkommodationsverm\u00f6gens w\u00fcrde unter Annahme der in obiger Tabelle verzeichneten Ver\u00e4nderungen 11 1\nungef\u00e4hr \u2014 \u2014 \u2014 oder ungef\u00e4hr \u2014 sein. Da nun dieser Zahlwerth\nin der That den beobachteten Leistungen eines normalen Akkommodationsverm\u00f6gens etwa entspricht, so gen\u00fcgen die vorstehend gemachten Annahmen vollkommen, um es zu erkl\u00e4ren, und es zeigt sich kein Bed\u00fcrfhiss noch nach anderen Ver\u00e4nderungen -im Auge zu suchen.\nIII. Mechanismus der Akkommodation.\nNachdem die Ver\u00e4nderungen des dioptrischen Apparates, welche das Auge myopischer machen, erkannt sind, entsteht die Frage, durch welche Kr\u00e4fte sie bewirkt werden. Da die Ver\u00e4nderung willk\u00fcrlich ist, also unter dem Einfl\u00fcsse des Gehirns geschieht, so ist von vornherein kaum zweifelhaft, dass ,sie durch die Kr\u00e4fte von Muskeln bewirkt werde, welche ihre motorischen Nerven aus dem Hirn erhalten. Die wirksamen Muskelfasern m\u00fcssen offenbar im Inneren des Augapfels liegen, da die \u00e4usseren Augenmuskeln nicht eine Gestaltver\u00e4nderung der Linse bewirken k\u00f6nnten, ohne die Gestalt des ganzen","page":92},{"file":"p0093.txt","language":"de","ocr_de":"Cramee\u2019s Theorie des Akkommodationsmechanismus.\n93\nBulbus zu \u00e4ndern, welche, wie wir gesehen haben, ganz unver\u00e4ndert bleibt. Nun haben wir zwar im Inneren des Augapfels glatte Muskelfasern kennen gelernt, n\u00e4mlich in der Iris den Kreismuskel und den Dilatator, sowie im vorderen Abschnitte der Chorioidea den muscu-lus ciliaris; es ist aber keineswegs auf den ersten Blick ersichtlich, in welcher Weise eine Zusammenziehung eines dieser Muskeln die beschriebenen Ver\u00e4nderungen der Linse hervorbringt.\nVon den beiden Forschern, welche unabh\u00e4ngig von einander die Vorw\u00f6lbung der vorderen Linsenfl\u00e4che als Ursache der Anpassung f\u00fcr die N\u00e4he bewiesen haben, sind zwei verschiedene Hypothesen zur Erkl\u00e4rung des Mechanismus aufgestellt. Cramer schreibt den Muskelfasern der Iris die Hauptrolle dabei zu, indem er annimmt, dass diese Membran nicht nur mit ihrem Pupillarrande, sondern in gr\u00f6sserer Breite der vorderen Linsenw\u00f6lbung auf liegt. Wenn sich nun die radialen und Kreisfasern der Iris gleichzeitig zusammenziehen, so soll durch das Streben der vorgew\u00f6lbten Iris sich bei wachsender Spannung abzuflachen, ein Druck auf den Rand der Linse ausge\u00fcbt werden, welcher die Mitte derselben in die Pupille vorzuquellen zw\u00e4nge. Hiernach w\u00fcrde sich das ruhende und das akkommodirte Auge in \u00fcbertriebener schematischer Darstellung so ausnehmen, wie R und A Fig. 22. Cramer hat zwar diese Hypothese durch Versuche an Seehundsaugen zu st\u00fctzen gesucht, deren vordere Theile er vor und nach Zerschneidung der Iris elektrisch reizte, doch d\u00fcrften dieselben kaum beweisend sein, da die Augen zu sehr verst\u00fcmmelt zur Beobachtung kamen. F\u00fcr das Auge des Menschen und der meisten S\u00e4ugethiere kann auch schon auf Grund der anatomischen Verh\u00e4ltnisse kaum an einen solchen Anpassungsmechanismus gedacht werden. Immerhin k\u00f6nnte es sein, dass bei dem zum abwechselnden Sehen in Luft und Wasser einer kolossalen Anpassungsf\u00e4higkeit bed\u00fcrftigen Seehundsauge der von Cramer beschriebene Vorgang wirklich vork\u00e4me.\nGanz anders erkl\u00e4rt Helmholtz die Vorw\u00f6lbung der Linse durch Muskelwirkung. Er legt die Annahme zu Grunde, dass die Linse im ruhenden Auge nicht diejenige Gestalt besitzt, welche dem Gleichgewicht ihrer eigenen elastischen Kr\u00e4fte entspricht. Vielmehr w\u00fcrde","page":93},{"file":"p0094.txt","language":"de","ocr_de":"94\nFick, Physiol. Optik I. 5. Cap. Die Akkommodation des Auges.\ndie Linse, wenn man sie ans ihrer Umgebung befreite, sich selbst \u00fcberlassen dicker auf beiden Seiten st\u00e4rker gew\u00f6lbt sein und mithin, da das Volum konstant sein muss, einen entsprechend kleineren Randumfang haben. Im lebenden ruhenden Auge sei die Linse durch eine in der zonula Zinnii vorhandene radiale Spannung in der Richtung ihrer Randdurchmesser gedehnt und von vorn nach hinten entsprechend abgeplattet. Die Annahme einer fortdauernden elastischen Spannung in einem Organe, die durch die Ern\u00e4hrungsbedingungen unver\u00e4ndert aufrecht erhalten wird, hat an sich durchaus nichts paradoxes; sehen wir doch derartige Spannungen in fast allen lebenden Geweben. Zur St\u00fctze seiner Annahme \u00fcber die Gleichgewichtsfigur der Linse macht Helmholtz noch besonders darauf aufmerksam, dass alle fr\u00fchere Messungen an Leichenlinsen eine gr\u00f6ssere Dicke ergeben haben als seine und Anderer Messungen an Lebenden. Da man nun kaum annehmen kann, dass die fr\u00fcheren Forscher zuf\u00e4llig sehr dicke die sp\u00e4teren an lebenden untersuchenden Forscher zuf\u00e4llig sehr d\u00fcnne Linsen zu Gesicht bekamen, so liegt die Annahme nahe, dass die Linse aus dem Zwange ihrer Umgebungen befreit dicker wird.\nWenn wir diese Voraussetzung zugeben, so ist klar, dass auch im lebenden Auge die Linse sich st\u00e4rker w\u00f6lbt, sowie der abflachende Zug der zonula Zinni abnimmt. Eine solche Abnahme dieser Spannung kann aber, wie Helmholtz behauptet, hervorgebracht werden durch Zusammenziehung des musculus ciliaris. In der That haben die Fasern dieses Muskels ihre festen Punkte am Rande der Cornea und laufen von hier in Meridianrichtungen gegen den Aequator des Auges, und verlieren sich ehe sie diesen erreichen im Gewebe der Chorioidea. Gerade in dieser Gegend aber, wo die sogenannte ora serrata retinae dem Aequator parallel verl\u00e4uft, ist die bloss noch bindegewebige Netzhaut mit der Chorioidea fester verklebt. Wenn also die freien Enden der Fasern des musculus ciliaris gegen ihre festen Enden am Hornhautrande hingezogen werden, so wird sich auch die ora serrata etwas dem Hornhautrande n\u00e4hern und damit wird die radiale Spannung der zonula Zinnii, wofern eine solche vorhanden war, nachlas^en und der Linse Freiheit geben, sich ihrer nat\u00fcrlichen Gleichgewichtsfigur zu n\u00e4hern. Die Ciliarforts\u00e4tze sollen dabei nach einigen Autoren vor- nach anderen zur\u00fccktreten.\nDieser von Helmholtz nur vermutkungsweise ausgesprochene Vorgang ist von Hensen und Volkers1 am Hundsauge, sowie sp\u00e4ter auch am Auge der Katze, des Affen und an einem ausge-\n1 Hensen und Volkers, Experimentaluntersuchung \u00fcber den Mechanismus der Akkommodation. Kiel 1868 und Arch. f. Ophthalmologie XIX. I. Abth.","page":94},{"file":"p0095.txt","language":"de","ocr_de":"Helmholtz\u2019s Theorie des Akkommodationsmechanismus.\n95\nschnittenen menschlichen Auge experimentell beobachtet worden. Der bewegendste Versuch dieser Forscher bestand darin, dass sie eine feine Nadel durch die Sklera in die Chorioidea einstiessen, da wo der Ciliarmuskel schon sein Ende erreicht hat. Wenn sie nun die Ciliarnerven oder das Ganglion ciliare elektrisch reizten, so bewegte sich das frei herausstehende Ende der Nadel merklich nach hinten, wodurch eine Verschiebung der chorioidea unter der Sklera nach vorn erwiesen ist, indem die Nadel in der Sklera ihren festen Drehpunkt hat. Auch konnten sie durch ein in die Sklera vorn eingeschnittenes Fensterchen nach Abtragung der betreffenden Theile des Ciliark\u00f6rpers durch ein an den Wundrand der Sklera angelehntes Glasf\u00e4dchen dessen Spitze sich auf die freigelegte Zonula st\u00fctzte das Verr\u00fccken derselben bei Reizung der Ciliarnerven beobachten. Das positive Ausfallen dieses Versuches ist um so beweisender, als der freigelegte Streif der Zonula nur noch durch die zu beiden Seiten unter den unverletzten Scleratheilen liegenden Fasern des Ciliarmuskels mitgenommen werden konnte.\nDie Versuche von Hensen und Volkers ergeben ausser der Best\u00e4tigung der HELMHOLTz\u2019schen Theorie vom Mechanismus der Anpassung noch den Beweis daf\u00fcr, dass der Ciliarmuskel vom ganglion ciliare aus innervirt wird, und zwar offenbar von Fasern, welche diesem ganglion durch seine motorische Wurzel, also aus dem nervus oculomotorius zugef\u00fchrt werden. Dieser Satz wird \u00fcbrigens durch zahlreiche pathologische Erfahrungen best\u00e4tigt, nach denen L\u00e4hmung des n. oculomotorius regelm\u00e4ssig mit Verlust des Akkommodationsverm\u00f6gens verkn\u00fcpft ist.\nHensen und Volkers bemerkten ferner bei ihren Versuchen, dass die R\u00fcckkehr des Akkommodationsapparates in seinen Ruhezustand beim Aufh\u00f6ren der Reizung stets merklich rascher geschah als der Uebergang in den m\u00f6glichst angestrengten bei Beginn der Reizung. Hier\u00fcber sind auch beim Menschen Versuche durch Selbstbeobachtung angestellt, welche ein \u00e4hnliches Resultat ergeben haben. So fand Vierordt1 dass der Uebergang aus der Anpassung f\u00fcr 18 m. auf die f\u00fcr 0,1m. die Zeit von 1,18\" in Anspruch nahm der umgekehrte Uebergang aber nur 0,87\" erforderte. Aeby2 fand zum Uebergang aus dem Anpassungszustand f\u00fcr 0,43m in den f\u00fcr 0,115m nahezu 2\" erforderlich zum Uebergang in umgekehrtem Sinne dagegen nur 1,2\".\nDiese Pl\u00f6tzlichkeit des Zur\u00fcckspringens der bei der Anpassung f\u00fcr die N\u00e4he ver\u00e4nderten Theile des Auges in ihre alte Lage und\n1\tVierokd, Arch. f. physiol. Heilt. N. F. I. S. 17. 1857.\n2\tAeby, Ztschr. f. rat. Med. 1861. N. F. XI. S. 300.","page":95},{"file":"p0096.txt","language":"de","ocr_de":"96\nFick. Physiol. Optik I. 5. Cap. Die Akkommodation des Auges.\ndie damit sehr pl\u00f6tzlich zur\u00fcckkehrende alte Spannung der Zonula Zinnii scheint die Ursache einer sehr merkw\u00fcrdigen zuerst von Purkinje 1 beobachteten subjektiven Lichterscheinung zu sein, welche Czermak 2 das \u201e Akkommodationsphosphen \u201c genannt hat. Sie besteht darin, dass manche Individuen beim pl\u00f6tzlichen Nachlassen der Anpassung f\u00fcr kleinsten Abstand im Dunklen einen hellen King aufblitzen sehen der ungef\u00e4hr die in sich zur\u00fccklaufende Grenze des ein\u00e4ugigen Gesichtsfeldes bildet. Es muss also dieser Erscheinung eine Reizung der etwa an der ora serrata gelegenen Netzhautelemente entsprechen. Eine solche Reizung kann aber in der That bei der pl\u00f6tzlichen Wiederanspannung der Zonula wohl eintreten, da die im Bereich der ora serrata mit der Zonula eng verklebte Netzhaut hier in diesem Augenblicke eine Zerrung erleiden muss.\nIn der Regel ist die Innervation des Akkommodationsapparates verkn\u00fcpft mit der der musculi recti interni, so dass Convergenz der beiden Gesichtslinien des rechten und linken Auges und Myopiegrad gleichen Schritt halten. Es sind jederzeit so genau als m\u00f6glich eben die beiden Augen eingestellt f\u00fcr den \u201efixirten Punkt\u201c, welcher den Durchschnittspunkt ihrer beiden Gesichtslinien bildet. Die Verkn\u00fcpfung der beiden Innervationsstr\u00f6me, die beide im Bereiche des n. oculomotorius fliessen, ist jedoch nicht unaufl\u00f6slich. Vielmehr ist es m\u00f6glich durch Uebung die Anspannung des Akkommodationsapparates von der Zusammenziehung der mm. recti interni unabh\u00e4ngig zu machen.\nDie oben erw\u00e4hnte Verengerung der Pupille1 2 3 soll nach Weber nur dann mit der Anpassung f\u00fcr die N\u00e4he einhergehen, wenn dieselbe mit einer Vermehrung der Convergenz der Gesichtslinien verkn\u00fcpft ist. Ferner ist von Donders4 beobachtet, Mass die Verengerung der Pupille mit der Akkommodation f\u00fcr die N\u00e4he nicht ganz gleichzeitig eintritt, sondern ihr erst nachfolgt.\nImmerhin ist die Pupillenverengerung im Allgemeinen eine die Anpassung f\u00fcr die N\u00e4he regelm\u00e4ssig begleitende Erscheinung und man kann daher f\u00fcglich die Frage aufwerfen ob die Verengerung der Pupille dabei f\u00fcr den Sehakt irgend welchen Vortheil hat, sind wir doch gewohnt, alle typischen Einrichtungen der organischen Natur \u201e zweckm\u00e4ssig \u201c zu finden. Man k\u00f6nnte die teleologische Bedeu-\n1\tPurkinje, Beobachtungen und Versuche zur Physiologie der Sinne. IL S. 125. Berlin 1825.\n2\tCzermak, Ueber das Akkommodationsphosphen. Sitzgsber. d. Wiener Acad. XXVII. S. 78. 1857.\n3\tSiehe Seite 88.\n4\tDonders, Pupilbeweging bij Accommodatio. Nederl. Arch. v. Genees- en Na-turk. II.","page":96},{"file":"p0097.txt","language":"de","ocr_de":"Pupillenverengerimg beim Nahesehen.\n97\ntung der Pupillenverengerung etwa in folgender Betrachtung suchen. Die Gr\u00f6sse des Netzhautbildes h\u00e4ngt ab von der Entfernung des Objektes vom Knotenpunkte die Oeffnung des von einem Punkte des Objektes ausgehenden Strahlenkegels dagegen vom Abstande des Objektes von der scheinbaren Pupille. Man denke sich nun eine gleich-massig leuchtende Fl\u00e4che aus der Ferne an das Auge heranger\u00fcckt und dieses folge mit seiner Anpassung, so dass immer ein deutliches Netzhautbild entsteht. Offenbar w\u00fcrde hier die Oeffnung der von den einzelnen Punkten ausgehenden Strahlenb\u00fcndel rascher zunehmen als die Gr\u00f6sse des Netzhautbildes und somit w\u00fcrde das Netzhautbild heller werden. Man k\u00f6nnte nun vermuthen, dies werde kompensirt durch die bei der Ann\u00e4herung des Objektes stattfindende Verengerung der Pupille. Es ist aber in Wirklichkeit dieselbe bedeutend gr\u00f6sser als es jene Compensation erfordert. Wir besitzen n\u00e4mlich von der Pupillenverengerung beim Nahesehen sehr genaue Messungen von Olbers h Er fand die in nachstehender Tabelle verzeichneten Zahlen\nDurchmesser der Pupille in mm.\nEntfernung des Objektes\nin mm 108 216 324 432 540 648 756\n4,04\n4,93\n5,31\n5,62\n5,89\n6,07\n6,16\nNimmt man nun die Entfernung der scheinbaren Pupille von der Hornhaut zu drei und die Entfernung des Knotenpunktes zu 7 mm. an, so ergiebt sich, dass die Helligkeit des Netzhautbildes bei Ann\u00e4herung des Objektes von 648 bis auf 108 mm. im Verh\u00e4ltnisse von 37,3 : 17,5 abnimmt w\u00e4hrend sie nur im Verh\u00e4ltnisse von 1,012 : 1,073 zunehmen w\u00fcrde wenn die Pupillen\u00f6flfnung konstant bliebe.\nDie Innervation der muskul\u00f6sen Elemente der tunica uvea ist von verschiedenen Forschern zum Gegenstand besonderer Untersuchungen gemacht worden, und es ist ausser den schon gelegentlich ausgesprochenen S\u00e4tzen hier\u00fcber noch folgendes festgestellt. Der Oculo-motorius f\u00fchrt die Nervenfasern f\u00fcr den der Accommodation dienenden musculus ciliaris, sowie f\u00fcr den sphincter pupillae und zwar verlaufen diese Fasern in den vordersten Str\u00e4ngen seiner Wurzeln. Ihre n\u00e4chste centrale Ursprungsstelle scheinen nach Versuchen von Hensen und Volkers2 diese Fasern im hinteren Theile des Bodens\n1\tOlbees, De mutationibus oculi internis. Diss. inaug. Gottingen 17SO.\n2\tHensen und Volkers, Arcb. f. Ophthalmologie. XXIV. 1. Abth.\nHandbuch der Physiologie. Bd. ni.","page":97},{"file":"p0098.txt","language":"de","ocr_de":"98\nFick, Physiol. Optik I. 5. Cap. Die Akkommodation des Auges.\nvom 3. Hirnventrikel zu haben. Reizt man n\u00e4mlich den vorderen Abschnitt dieses Theils, so erfolgt Accommodation. Reizung etwas weiter hinten hat Verengerung der Pupille zur Folge. Geschieht die Reizung noch weiter hinten, wo der 3. Ventrikel in die Sylvische Wasserleitung \u00fcbergeht, so zieht sich der rectus intenrus zusammen. Geht man mit dem Reize noch weiter nach hinten, so folgen der Reihe nach Contraktionen des rectus superior levator palpebrae, rectus inferior und endlich obliquus inferior. Dem sphincter pupillae sollen nach der Ansicht einiger Forscher1 auch noch motorische Fasern in der Bahn des I. trigemini zugef\u00fchrt werden.\nDer dilatator pupillae erh\u00e4lt, wie schon seit langer Zeit bekannt ist, seine Innervation auf ganz anderen Bahnen n\u00e4mlich durch Sym-pathicuszweige aus dem Halsmarke, welche sich den Aesten der Carotis anschliessen. Nach Hensen und Volkers sollen die pupillenerweiternden Fasern des Sympathicus nicht alle das ganglion ciliare durchsetzen, da nach Abtragung desselben Reizung des Sympathicus am Halse immer noch Erweiterung der Pupille hervorbringe.\nIm Laufe des normalen Lebens wird, wie von Alters her bekannt, der Pupillenverengerer nicht bloss bei der Accommodation mit Convergenz der Augenaxen erregt, sondern auch reflektorisch durch jeden st\u00e4rkeren Lichtreiz der die Netzhaut trifft. Die Zweckm\u00e4ssigkeit dieses Reflexmechanismus ist ersichtlich, denn es sch\u00fctzt sich auf diese Weise die Netzhaut so viel als m\u00f6glich vor allzu starker Reizung, indem das Netzhautbild bei gleicher Helligkeit des Objektes um so dunkler ist je enger die Pupille. Die Pupillenverengerung ist um so bedeutender je gr\u00f6sser die gesammte ins Auge fallende Lichtmenge ist, w\u00e4chst also sowohl mit der Helligkeit des Objektes als mit der Gr\u00f6sse seines Netzhautbildes. Ferner wirjit Licht, das die Polargegend der Netzhaut beleuchtet, st\u00e4rker pupillenverengend als solches, das auf die Seitentheile f\u00e4llt, Lichtreiz, der nur auf eine Netzhaut wirkt, bringt Pupillenverengerung in beiden Augen hervor und zwar in gleichem Maasse.\nWird der oculomotorius und der sympathicus gleichzeitig k\u00fcnstlich (elektrisch) gereizt, so \u00fcberwiegt in der Iris die Wirkung des ersteren, indem Pupillenverengerung eintritt. Gegen nat\u00fcrliche reflektorische Reizung des Oculomotorius durch starke Belichtung der Netzhaut kann aber k\u00fcnstliche starke Reizung des Sympathicus aufkom-men und eine Erweiterung der Pupille hervorbringen. Starke directe\n1 Gr\u00e4fe, Arch. f. Ophthalmologie II. 2. Abth. S. 302.","page":98},{"file":"p0099.txt","language":"de","ocr_de":"Farbenabweichung.\n99\nelektrische Reizung der ganzen Iris bringt eine mittlere Weite der Pupille zu Stande.J\nBemerkenswert!! sind endlich die Beziehungen einiger Gifte zu der Innervation der Iris. Die sogenannten Mydriatica besonders Atropin und Hyoscyamin bewirken in die S\u00e4ftemasse gebracht oder ins Auge getr\u00e4ufelt sehr andauernde Erweiterung der Pupille. Umgekehrt giebt es Gifte namentlich das Physostigmin, welche ebenso angewandt andauernde Verengerung bewirken und deshalb als \u201eMyo-tica\u201c bezeichnet werden.\nSECHSTES CAPITEL.\nAbweichungen des wirklichen Auges vom idealen.\nI. Farbenabweielmiig des Auges.\nIn allen bisherigen Betrachtungen wurde jedem brechenden Medium des Auges ein bestimmter Brechungsindex beigelegt. Dies ist aber streng genommen nicht zul\u00e4ssig, wenn es sich um das Sehen der uns umgebenden Objekte in nat\u00fcrlicher Beleuchtung durch Sonnenlicht oder auch in k\u00fcnstlicher Beleuchtung durch gew\u00f6hnliches Lampenlicht handelt. Es gehen alsdann bekanntlich von jedem Punkte der Oberfl\u00e4che eines K\u00f6rpers im Allgemeinen verschiedene \u2014 meist unz\u00e4hlige \u2014 Strahlenarten aus, die sich durch ihre Schwingungsdauer unterscheiden und die, wie sp\u00e4ter gezeigt werden wird, auf die Netzhaut verschiedenartige Eindr\u00fccke machen. Strahlen von verschiedener Schwingungsdauer kommen aber bekanntlich f\u00fcr dieselbe Zusammenstellung zweier brechender Medien im Allgemeinen verschiedene Brechungsindices zu, und zwar ist in der Regel der Brechungsindex um so gr\u00f6sser, je kleiner die Schwingungsdauer ist.\nSendet also ein Objektpunkt gleichzeitig Strahlenb\u00fcndel von verschiedener Schwingungsdauer aus, so muss eine brechende Kugelfl\u00e4che von demselben ebenso viele Bilder hintereinander liefern als Strahlenarten vorhanden sind, indem sich das gebrochene Strahlenb\u00fcndel tier geringsten Schwingungsdauer zuerst vereinigt, da seine Strahlen am st\u00e4rksten abgelenkt werden und dann erst nach der Reihe die \u00fcbrigen. Dasselbe\n1 Engelhardt, Beitr\u00e4ge zur Lehre von den Bewegungen der Iris. In den Untersuchungen aus dem W\u00fcrzburger Laborat. 4. Heft, herausgeg. von R. Gscheidlen.","page":99},{"file":"p0100.txt","language":"de","ocr_de":"100 Fick. Physiol. Optik I. 6. Cap. Abweichungen cl. wirklichen Auges vom idealen.\nmuss stattfinden, wenn mehrere Brechungen an hintereinander liegenden Kugelfl\u00e4chen erfolgen, wenigstens sicher dann, wenn alle Brechungen im selben Sinne erfolgen, d. h. wenn die Knickungswinkel der Strahlen alle nach derselben Seite hohl sind, denn alsdann m\u00fcssen zwei urspr\u00fcnglich in derselben Richtung fortgepflanzte Strahlen von verschiedener Brechbarkeit bei jeder Brechung weiter auseinandertreten. Dies ist aber beim Auge im Allgemeinen der Fall. Es m\u00fcssen also jedesfalls im Auge von ein und demselben Objektpunkte, wenn er verschiedene Lichtarten gleichzeitig aussendet, verschiedene Bilder hintereinander entstehen. Wenn also der die Strahlen von 450 Billionen Schwingungen in der Sekunde vereinigende Bildpunkt f\u00fcr einen gegebenen Objektpunkt in die Netzhaut f\u00e4llt, so liegt der Bildpunkt sicher vor der Netzhaut, in welchem sich die Strahlen von 750 Billionen Schwingungen in der Sekunde vereinigen, die von demselben Objektpunkte ausgegangen sind, und es werden also diese Strahlen auf der Netzhaut in einen Zerstreuungskreis ausgebreitet sein.\nEs scheint hiernach als w\u00e4re ein deutliches Sehen bei nicht homogener Beleuchtung unm\u00f6glich. Gleichwohl bemerkt man beim gew\u00f6hnlichen Sehakt auch in Beleuchtung mit gemischtem Lichte nichts von einer auf Farbenzerstreuung beruhenden Undeutlichkeit. Dies hat in verschiedenen Umst\u00e4nden seinen Grund. Erstens n\u00e4mlich ist f\u00fcr die brechenden Medien des Auges, wie f\u00fcr alle w\u00e4ssrigen L\u00f6sungen der Unterschied der Brechungsindices der Strahlen verschiedener Schwingungsdauer nicht sehr gross, so dass die Vereinigungs-Punkte der verschiedenfarbigen Strahlen nur wenig hintereinander liegen, um so weniger als die Vereinigungsweiten im Auge \u00fcberhaupt kurz sind. Die durch Farbenzerstreuung bedingten Zerstreuungskreise werden also \u00fcberall sehr klein sein. Nimmt man z. B. f\u00fcr das brechende Medium des oben beschriebenen reducirten Auges dieselbe Dispersion an wie f\u00fcr das Wasser, so h\u00e4tte man f\u00fcr das rothe Licht der Fraunhofer\u2019schen Linie C den Brechungsindex 1,33 und f\u00fcr das violette Licht der Linie G den Brechungsindex 1,34 zu setzen. Die Brennweiten w\u00e4ren dann f\u00fcr rothes Licht 20,57, f\u00fcr violettes 20,14 mm. Wenn nun die Netzhaut mit der Brennweite f\u00fcr rothe Strahlen zusammenfiele, so w\u00fcrde der Zerstreuungskreis f\u00fcr die violetten bei einem Pupillendurchmesser von 4 mm. etwa 0,08 mm. Durchmesser haben, was allerdings schon eine in Betracht kommende, aber doch immerhin sehr kleine Gr\u00f6sse w\u00e4re. In Wirklichkeit scheint sogar die resultirende Farbenzerstreuung noch etwas gr\u00f6sser zu sein als die f\u00fcr das reducirte Auge soeben berechnete. Diese n\u00e4mlich ergiebt, dass, wenn das Auge in monochromatischer rother Beleuchtung em-","page":100},{"file":"p0101.txt","language":"de","ocr_de":"Zerstreuungskreise wegen der Farbenabweichung.\n101\nmetropisch angenommen wird, es in monochromatischer violetter Beleuchtung f\u00fcr 713 mm. oder 26 Zoll eingerichtet w\u00e4re. Fraunhofer hatte aber gefunden, dass sein eigenes bei rother Beleuchtung emmetropisches Auge in violetter Beleuchtung f\u00fcr nur 18 bis 24 Zoll eingerichtet war. Ebenso fanden Helmholtz und Matthiessen den Unterschied der Sehweite f\u00fcr rothes und violettes Licht etwas freilich nur wenig gr\u00f6sser, als es den obigen Annahmen f\u00fcr das redu-cirte Auge entspricht. Trotzdem st\u00f6rt wie gesagt die chromatische Abweichung den gew\u00f6hnlichen Sehakt niemals in merklichem Grade. Dazu tr\u00e4gt besonders folgender Umstand bei. Beim gew\u00f6hnlichen Sehakt wirkt in der Regel Licht, in dem die Strahlen von kleinster und gr\u00f6sster Brechbarkeit nur in geringer Intensit\u00e4t physiologisch wirken, so dass wenn die Retina sich in der Vereinigungsweite der Strahlen von mittlerer Brechbarkeit befindet, die Zerstreuungskreise, welche alsdann schon geometrisch noch kleiner sind als vorhin berechnet wurde, auch so schwach beleuchtet sind, dass ihre Helligkeit gegen\u00fcber der Helligkeit des Centrums geradezu verschwindet. Man sieht leicht, dass auch abgesehen von der geringen Intensit\u00e4t der \u00e4usser-sten rothen und violetten Strahlen ein Zerstreuungsbild der in Rede stehenden Art in der Mitte am hellsten sein muss, da sie von Strahlen aller Brechbarkeitststufen beleuchtet ist, w\u00e4hrend jede folgende coneentrische Zone von weniger Strahlen getroffen wird als die n\u00e4chst vorhergehende von ihr umschlossene.\nBetrachtet man eine weisse Fl\u00e4che auf dunklem Grunde und nimmt man das Auge f\u00fcr Strahlenb\u00fcndel mittlerer Brechbarkeit, welche von Punkten dieser Fl\u00e4che ausgehen, eingerichtet an, so kann man berechnen, wie die Helligkeit am Rande des Netzhautbildes abnimmt.\nHelmholtz stellt das Ergebniss dieser Rechnung durch die Curve afg unter B Fig. 23 dar. Als Abscissenaxe ist eine Linie gedacht, welche den Rand des Bildes senkrecht durchschneidet und der Punkt c","page":101},{"file":"p0102.txt","language":"de","ocr_de":"102 Fick, Physiol. Optik I. 6. Cap. Abweichungen d. wirklichen Auges vom idealen.\nbedeutet den Durckschnittspunkt derselben mit der Randlinie, welche gelten w\u00fcrde, wenn nur Strahlen von mittlerer Brechbarkeit vorhanden w\u00e4ren und mithin ein geometrisch scharfes Bild entst\u00e4nde. Wegen der chromatischen Zerstreuungskreise greift nun die Helligkeit ein wenig nach aussen (bei g) \u00fcber diesen Rand hin\u00fcber und ein wenig nach innen erstreckt sich die Verminderung der vollen Helligkeit, welche erst von b an nach links im Inneren des Bildes statthat. Die Helligkeit in jedem Punkte ist durch die daselbst zu errichtende Ordinate der Curve of g dargestellt; bu ist mithin das Maass der vollen Helligkeit, welche von b nach links konstant bleibt. Der Gang der Curve zeigt einen senkrechten Abfall (bei f) also eine pl\u00f6tzliche Verminderung der Helligkeit in dem Punkte c, welcher dem Rande des absolut deutlichen Bildes entspricht. Dieser pl\u00f6tzliche Abfall der Helligkeit muss sich aber dem Bewusstsein als eine scharfe Grenze bemerklick machen, so dass ein solches Bild f\u00fcr das Sehen denselben Dienst leistet wie ein vollkommenes, dessen Helligkeitskurve durch die geknickte Linie adcg darzustellen w\u00e4re. Es ist noch zu bemerken, dass die Kurve afg von Helmholtz konstruirt ist ohne R\u00fccksicht auf den Umstand, dass die Strahlen von gr\u00f6sster und von kleinster Brechbarkeit im Spektrum des weissen Lichtes von weit geringerer Wirkung sind. Wenn man hierauf R\u00fccksicht nimmt, so n\u00e4hert sich die Kurve der geknickten Linie adcg noch mehr, in dem sie etwa wie die punktirte Linie verliefe.\nGanz anders verl\u00e4uft die Helligkeitskurve auf einer den Rand des Bildes durchsetzenden Linie, wenn Zerstreuungskreise in Folge unvollkommener Anpassung vorhanden sind. Jeder solche einzeln betrachtet, ist gleichm\u00e4ssig hell in seiner ganzen Ausdehnung und daher greift die Helligkeit ann\u00e4hernd gleichm\u00e4ssig \u00fcber den Rand des deutlichen Bildes hin\u00fcber und die Verdunkelung ebenso, ann\u00e4hernd gleichm\u00e4ssig ins Innere hinein. Unter A Fig. 23 hat Helmholtz die Helligkeitskurve am Saume eines solchen wegen mangelhafter Einstellung undeutlichen Bildes gegeben. Diese Kurve ag hat keinen ausgezeichneten Punkt und es ist daher f\u00fcr das Bewusstsein kein Anhalt gegeben zu ermessen, wo auf der Strecke bg die Grenze des deutlichen Bildes liegt, So erkl\u00e4rt es sich, dass wir die geringste Verwischung der scharfen Grenzen zwischen Hell und Dunkel durch mangelhafte Einstellung schon bemerken, w\u00e4hrend uns eine Verwischung durch Farbenzerstreuung vollst\u00e4ndig entgeht,\nUm die unzweifelhaft vorhandene Farbenzerstreuung wirklich am eigenen Auge zu bemerken, muss man daher besondere Veranstaltungen treffen. Eine solche besteht darin, dass man seine Seh-","page":102},{"file":"p0103.txt","language":"de","ocr_de":"Farbige S\u00e4ume.\n103\nweite nacheinander in verschiedener monochromatischer Beleuchtung bestimmt. Man findet sie, wie oben schon erw\u00e4hnt wurde,'stets in rother Beleuchtung betr\u00e4chtlich gr\u00f6sser als in violetter. Da man hier aber immer noch den freilich nur spitzfindigen Einwand erheben k\u00f6nnte, es handle sich um unwillk\u00fcrliche Akkommodationsvorg\u00e4nge, so ist es lehrreich noch einige Thatsachen kennen zu lernen, bei denen wirklich farbige S\u00e4ume entstehen, wie an den Bildern mangelhaft aehromatisirter Fernrohre. Die einfachste derartige Thatsache kann man jeden Augenblick in folgender Art beobachten. Man betrachte eine Grenze zwischen einer weissen und schwarzen Fl\u00e4che mit vollkommener Anpassung. Man wird keinen farbigen Saum bemerken. Sowie man aber jetzt einen grossen Th eil der Pupille mit einem Schirm verdeckt, dessen Kante parallel ist der Grenze zwischen hell und dunkel im Objekte, so erscheint jene Grenze gelb ges\u00e4umt, wenn der Theil der Pupille verdeckt ist, welcher nach der Seite des Schwarz im Objekte liegt und sie erscheint blau ges\u00e4umt im entgegengesetzten Falle. Die Erkl\u00e4rung ist sehr einfach. Sei in Fig. 24 A ein weiss leuchtender Punkt,\nFig. 24.\nb[ bi sei die Pupille, das violette von A ausgehende Strahlenb\u00fcndel vereinige sich in r, das rothe in r. Die Netzhaut befinde sich bei cc, so dass in ihr das B\u00fcndel von Strahlen mittlerer Brechbarkeit vereinigt wird. Der sehr kleine Zerstreuungskreis yy wird \u00fcberall von gemischtem Lichte getroffen werden, also nicht merklich gef\u00e4rbt erscheinen. Schiebt man aber einen Schirm vor, der z. B. die untere H\u00e4lfte des Strahlenb\u00fcndels fbi abh\u00e4lt, so kommen auf den oberen Theil des Zerstreuungskreises nur noch Strahlen von kleiner Brechbarkeit und auf den unteren Theil nur noch solche von grosser Brechbarkeit. Daher wird nach aussen projicirt der Punkt A oben blau und unten gelb und roth ausseh en. Ist A ein Punkt der wagrechten Grenze zwischen einer oben gelegenen weissen und unten gelegenen schwarzen Fl\u00e4che, so schieben sich nur die oberen S\u00e4ume der Zerstreuungskreise \u00fcber die andern hervor und die Grenze erscheint gelb oder r\u00f6thlich ges\u00e4umt. Ist umgekehrt A ein Punkt der wagrechten Grenze zwischen unten weiss und oben schwarz, so schieben sich nur die unteren blauen Theile der Zerstreuungskreise \u00fcber das ganz weisse","page":103},{"file":"p0104.txt","language":"de","ocr_de":"104 Fick, Physiol. Optik I. 6. Cap. Abweichungen d. wirklichen Auges vom idealen.\nFeld hervor und bilden einen blauen Saum wie es dem obigen Satze entspricht.\nAlle Erscheinungen der Farbenzerstreuung treten subjektiv weit st\u00e4rker hervor, wenn man nicht weisse Beleuchtung anwendet, sondern solche, in welcher zwei Lichtarten von m\u00f6glichst verschiedener Brechbarkeit vorherrschen. Solches Licht erh\u00e4lt man z. B. wenn man Sonnen- oder Lampenlicht durch Kobaltglas gehen l\u00e4sst. Das durchgelassene Licht enth\u00e4lt n\u00e4mlich vorwiegend rothe und blaue Strahlen und nur sehr wenig von mittlerer Brechbarkeit. Wenn man solches Licht anwendet, erscheint schon ohne Verdeckung eines Theiles der Pupille ein hellleuchtender Punkt entweder mit einem blauen oder rothen Hofe, je nachdem das Auge f\u00fcr blaue oder f\u00fcr rothe Strahlen eingerichtet ist.\nII. Astigmatismus.\nBisher haben wir immer ein ideales Auge vorausgesetzt, welches ein centrirtes System von sph\u00e4rischen Trennungsfl\u00e4chen in aller mathematischen Strenge darstellt. Diese Voraussetzung ist aber nur ann\u00e4herungsweise im wirklichen Auge erf\u00fcllt, daher k\u00f6nnen auf der Netzhaut selbst bei monochromatischer Beleuchtung niemals absolut scharfe Bilder entstehen.\nSchon bei der Beschreibung des brechenden Syst\u00e8mes wurde erw\u00e4hnt, dass die vordere Hornhautfl\u00e4che nicht genau einen Kugelabschnitt darstellt, dass sich ihr wagrechter Meridian vielmehr eher einer Ellipse, als einem Kreise anschliesst. Diese Abweichung bringt aber keine Ungenauigkeit der Bilder hervor, vielmehr tr\u00e4gt sie zur Erh\u00f6hung der Deutlichkeit bei, da an einer Kugelfl\u00e4che die Randstrahlen eines homocentrischen B\u00fcndels verh\u00e4ltnissm\u00e4ssig zu stark gebrochen werden und dieser Fehler also durch die schw\u00e4chere Kr\u00fcmmung der Hornhaut am Rande verbessert wird. Ueberhaupt kann aber dieser Umstand f\u00fcr das direkte Sehen nur bei ausnahmsweise weiter Pupille zur Sprache kommen.\nEs wurde ferner bei der Beschreibung der brechenden Fl\u00e4chen noch einer andern Abweichung gedacht, n\u00e4mlich der unvollkommenen Centrirung, d. h. es wurde gezeigt, dass die Mittelpunkte der drei Haupttrennungsfl\u00e4chen nicht genau auf einer geraden Linie liegen. Hierdurch muss nothwendig eine gewisse Asymmetrie in die Brechung jedes Strahlenb\u00fcndels gebracht werden, so dass seine Strahlen nicht mehr genau gleichm\u00e4ssig um den mittleren herum vertheilt bleiben k\u00f6nnen, selbst wenn dieser mittlere Strahl die Axe selbst","page":104},{"file":"p0105.txt","language":"de","ocr_de":"Astigmatismus.\n105\nw\u00e4re. Eine \u00e4hnliche Asymmetrie wird hervorgebracht durch eine andere Abweichung der Trennungsfl\u00e4chen, welche bei der Beschreibung derselben einstweilen unber\u00fccksichtigt geblieben ist. Durch genaue ophthalmometrische Messung der Reflexbilder in verschiedenen Meridianebenen kann man n\u00e4mlich direkt nach weisen, dass die Kr\u00fcmmung der verschiedenen Hornhautmeridiane selbst am Scheitel verschieden ist. Es ist hierbei vor Allem der folgende allgemeine geometrische Satz zu beachten : wenn man in einem Punkt einer irgendwie gestalteten krummen Fl\u00e4che die Normale errichtet und durch dieselbe ein B\u00fcschel von Ebenen legt, so stehen allemal die beiden dieser Ebenen aufeinander senkrecht, in welche die Schnittkurven fallen, welche in dem gedachten Punkte die gr\u00f6sste und die kleinste Kr\u00fcmmung haben. Wenden wir dies auf den Scheitel der Hornhaut an, so ergiebt sich, dass, wofern \u00fcberall die verschiedenen Meridiane .verschiedene Kr\u00fcmmung besitzen, der Meridian gr\u00f6sster und der Meridian schw\u00e4chster Kr\u00fcmmung jedesfalls aufeinander senkrecht stehen.\nUm anschaulich zu machen, wie gross die Verschiedenheiten der Kr\u00fcmmung am Hornhautscheitel in verschiedenen Meridianen bei normalen Augen zu sein pflegen, sind in der Tabelle (S. 106) einige Resultate ophthalmometrischer Messung zusammengestellt.\nIn der ersten Spalte bedeutet der Buchstabe m m\u00e4nnliches, w weibliches Geschlecht und die Zahl das Alter in Jahren. In der zweiten Spalte bedeutet E Emmetropie, 3/ Myopie, H Hyperm\u00e9tropie und der dabei stehende Bruch den Grad derselben. In den nun folgenden 12 Spalten sind die Kr\u00fcmmungsradien am Scheitel der vorderen Hornhautfl\u00e4che in 12 Meridianebenen in Millimetern eingeschrieben. Der Meridian ist durch den in der Ueberschrift der Spalte bezeichneten Winkel mit dem horizontalen Meridian bestimmt, so dass die mit 0\u00b0 \u00fcberschriebene Spalte die Halbmesser der horizontalen, die mit 90\u00b0 \u00fcberschriebene die Halbmesser der vertikalen Meridiane enth\u00e4lt. Im dritten Theil der nun folgenden Spalte ist der Winkel angegeben, welchen der Meridian gr\u00f6sster Kr\u00fcmmung (welche dem kleinsten Kr\u00fcmmungshalbmesser entspricht) mit dem horizontalen Meridian einschliesst. Die Strichelchen in den beiden ersten Abtheilungen dieser Spalte sollen ungef\u00e4hr eine Idee von der Lage des Meridians gr\u00f6sster Kr\u00fcmmung geben und zugleich andeuten, ob sich die Messung auf ein rechtes oder linkes Auge bezieht. Ist der Strich in der ersten Abtheilung, so bezieht er sich auf ein rechtes Auge und umgekehrt. Die Senkrechte zwischen den beiden Abtheilungen kann so angesehen werden als bedeute sie die Medianebene des Gesichtes, dessen Antlitz-","page":105},{"file":"p0106.txt","language":"de","ocr_de":"106 Fick. Physiol. Optik I. 6. Cap. Abweichungen d. wirklichen Auges vom idealen\n\tGeschlecht u. Alter.\ntu\t^\tg \u00a9\t\u00a9\t\u00a9\tRefraktionszustand.\noc\tj4 i* i\u00ae o\u00b0\u00b0\t\u00ae\t-T1\t\"o\tW\n\"1\t\u2014>\tCO\tOO\t00\tQC\tj4 22oOr^CC-ji3o5\t7\u201c\t2\n-4\tj'l\tJ-4\t00\tCC\tCC\tj4\t-1\t~\tcrq \"\u00a9\tP\n-4\t\u20141\tj4\t_OD\t00\tpO\t^4\tj4 \"bo\t\"oo\tCn\tA\u00ef\tCO\t\"L-\t2 OCJiC^C^CnWCiO;\tCT*\tO _c_. \u25a0\n-j\t-4\too\t\u0153\too\tj-a j-4 05\tO\u00ee W !v bi\t-4 t^QOCOOSCntOOOO\tO\tHJ\n\u2014i\t-4\t-4\t^qo\too\tcc\t\u0153\tir 11 CD 2.\n-4\t-1\t\u20144\tOO\tQO\tQO\tQO\tj-4 ^\tOO\tCH\t0O\tN5\tC5\tU'\t>\u2014\"\u2022\to\tg ^\n-4\tj4\tj4\tOO\tQO\tS\tGO\t-1\t3\tO\tHS\n-4\t\u20144\t-4\tOO\t00\tQO\t00\tj4\tt>\u00a3>\t*\thT*\nOO\t-4\t-1\tGO\tCO\t-1\tCC\tJ-4\t\u2014*\tH- \u2022 c\t3\nQO\t-4\t-4\tS\tGO\tGO\t00\t-4\t'\"\u00a9 ~\n-4\t-4\tj4\tOO\t00\tOO\t00\tj4\to*\t~\n\\ \\ / ' \\\tLage des Hornliaut-meridianes gr\u00f6sster Kr\u00fcmmung.\n\\ \\ \\ \t\t\ncnocroocgcgo\t\n/ \\ \u2014\tLage des Meridianes gr\u00f6sster Kr\u00fcmmung im reducirten Auge.\n\u2014 \\ ^\t\n5 c?\tS i Wc\t,'c\t\n!>!>!> \u00ee> >\t>\t> 05\tOO\tOO\tCC\tCC\tOO\tcc Il A II A ;,A II A ll_ ll_ \u00bb_ \u00a9\t\u00a9\t\u00a9\to\tw\t**\t*\u00b0 \u00a9\t\u00a9\t\u00a9\t\u00a9\tGrad des Astigmatismus des gesammten Auges.\ng cj g g d n S\tc CT o CD","page":106},{"file":"p0107.txt","language":"de","ocr_de":"Verschiedene Vereinigungsweite in verschieden Meridianen.\n107\nfl\u00e4che man wie die Tabelle vor sich h\u00e4tte. Die beiden folgenden Spalten enthalten Gr\u00f6ssen, welche erst im Folgenden zu behandeln sind.\nGeht man die 12 Kr\u00fcmmungshalbmesser derselben Hornhaut der Reihe nach durch, so sieht man den Werth allm\u00e4hlich zu- und wieder abnehmen und im allgemeinen liegen die Meridiane des maximalen und minimalen Werthes um 90\u00b0 auseinander, wie der oben angezogene Satz erfordert. Es fehlt \u00fcbrigens nicht an kleinen Abweichungen von der Regelm\u00e4ssigkeit des Wachsens und Abnehmens, wie das bei so schwierigen Messungen kaum anders zu erwarten ist.\nF\u00e4llt auf eine brechende Fl\u00e4che von solcher Beschaffenheit ein Strahlenb\u00fcndel von kleiner Basis, so kann nat\u00fcrlich eine punktuelle Vereinigung des gebrochenen B\u00fcndels nicht stattfinden, selbst wenn das B\u00fcndel nahezu normal auff\u00e4llt, d. h. selbst wenn alle Strahlen des B\u00fcndels, nur sehr kleine Winkel mit den entsprechenden Einfalls-lothen bilden. Deun nennen wir ri den gr\u00f6ssten und ?*2 den kleinsten Kr\u00fcmmungshalbmesser am Scheitel der Fl\u00e4che, sowie n den Brechungsindex und denken wir uns das B\u00fcndel von einem in der Entfernung p gelegenen Punkte ausgegangen, so werden die Strahlen des B\u00fcndels, welche auf den Meridian schw\u00e4chster Kr\u00fcmmung fallen, in einer Entfernung\n np. n\np{n \u2014 1 ) \u2014 n\nvereinigt werden, so als ob sie auf eine Kugelfl\u00e4che mit dem Radius n gefallen w\u00e4ren, und die Strahlen, welche auf den Meridian st\u00e4rkster Kr\u00fcmmung treffen, vereinigen sich in einem Abstande\n np r-2\np (n\u2014 1) \u2014\nder offenbar kleiner ist als jener. Es l\u00e4sst sich nun zeigen, dass die \u00fcbrigen Strahlen des B\u00fcndels in der letzteren Entfernung s\u00e4nimt-lich durch ein kleine begrenzte Gerade hindurchgehen, die im Vereinigungspunkte der st\u00e4rkstgebrochenen Strahlen auf dem mittleren Strahle senkrecht steht und in der Ebene des Meridianes schw\u00e4chster Kr\u00fcmmung liegt; und dass in der Vereinigungsweite der schw\u00e4chst gebrochenen Strahlen die s\u00e4mmtlichen \u00fcbrigen Strahlen durch die Punkte einer kleinen begrenzten Geraden gehen, welche im Vereinigungspunkte der schw\u00e4chst gebrochenen Strahlen auf dem mittleren Strahle senkrecht steht und in der Ebene des Meridianes st\u00e4rkster Kr\u00fcmmung liegt. Die Begrenzung der erstgedachten Vereinigungslinie s\u00e4mmtlicher Strahlen des B\u00fcndels \u2014 oder der \u201evorderen Brennlinie\u201c \u2014 wird gebildet durch die beiden \u00e4ussersten Strahlen des","page":107},{"file":"p0108.txt","language":"de","ocr_de":"108 Fick, Physiol. Optik I. 6. Cap. Abweichungen d. wirklichen Auges vom idealen.\nschw\u00e4chst gebrochenen B\u00fcschels die von allen Strahlen des B\u00fcndels hier noch am weitesten von einander abstehen. Aehnlich wird die Begrenzung der zweiten Vereinigungslinie s\u00e4mmtlicher Strahlen des B\u00fcndels oder die \u201ehintere Brennlinie\u201c gebildet durch die beiden \u00e4usser-sten Strahlen des st\u00e4rkst gebrochenen B\u00fcschels, welche hier von allen Strahlen schon wieder am weitesten auseinander getreten sind. Die Gestalt des ganzen gebrochenen B\u00fcndels wird also ganz dieselbe sein wie die schon fr\u00fcher beschriebene, welche entsteht durch Brechung eines d\u00fcnnen Strahlenb\u00fcndels an einer Kugelfl\u00e4che, wenn es sehr schr\u00e4g auf dieselbe f\u00e4llt.\nIn Fig. 25 sind vier Randstrahlen des st\u00e4rkst und des schw\u00e4chst gebrochenen B\u00fcschels und der mittlere Strahl perspektivisch ge-\nm/\nzeichnet. Es sei der senkrechte Meridian mi mi der Meridian schw\u00e4chster Kr\u00fcmmung oder von gr\u00f6sstem Halbmesser und der wagrechte ma ma der Meridian st\u00e4rkster Kr\u00fcmmung, dann wird das ganze Strahlenb\u00fcndel zuerst auf der senkrechten begrenzten Brennlinie bi bv und hernach auf der wagrechten begrenzten Brennlinie bi bi vereinigt sein. Die zwischen den beiden Brennlinien eingeschlossene Strecke des Centralstrahles heisst \u201eBrennstrecke\u201c* Man kann diese Gestalt des Strahlenb\u00fcndels anschaulich machen, indem man eine parallelepipedische Wassermasse vorn begrenzt durch ein uhrglasartiges St\u00fcck, dessen Kr\u00fcmmung in den verschiedenen Meridianen verschieden ist. Ein solches erh\u00e4lt man leicht durch Aussprengen aus einem Flaschenbauch. L\u00e4sst man auf die Vorderfl\u00e4che dieses Glasst\u00fcckes (das als die vordere Begrenzung der Wassermasse selbst gelten kann) von einem hellleuchtenden Punkte ein homocentrisches Strahlenb\u00fcndel fallen, so kann man die Durchschnittsfigur des gebrochenen Strahlenb\u00fcndels sichtbar machen auf einem in die Wassermasse eingesetzten matten Glasschirm. Ist wie oben an-\n1 Bez\u00fcglich der Bedeutung des Wortes B\u00fcschel im Unterschiede von B\u00fcndel siehe Seite'77, Anm.","page":108},{"file":"p0109.txt","language":"de","ocr_de":"Schnittfiguren astigmatischer Strahlenb\u00fcndel.\n109\ngenommen wurde der senkrechte Meridian der Trennungsfl\u00e4che in Wirklichkeit am schw\u00e4chsten gekr\u00fcmmt, so giebt es eine Stellung des Schirmes, in der auf ihm ein kleiner senkrechter Strich beleuchtet erscheint und eine zweite Stellung in etwas gr\u00f6sserer Entfernung von der Trennungsfl\u00e4che, wo ein kleiner wagrechter Strich auf dem Schirm beleuchtet ist. Wenn nun der durchsichtige Theil der Trennungsfl\u00e4che, so genau als es die Kr\u00fcmmung zul\u00e4sst, kreisf\u00f6rmig begrenzt ist, so erscheint in jeder anderen Stellung des Schirmes auf demselben eine elliptische Lichtfigur, deren grosse Axe senkrecht steht, wenn der Schirm eine Stellung zwischen der Trennungsfl\u00e4che und der ersten Brennlinie einnimmt. Steht dagegen der Schirm weiter als die 2te Brennlinie von der Trennungsfl\u00e4che ab, so liegt die grosse Axe der Ellipse wagrecht. Zwischen den Brennlinien giebt es eine Lage des Schirmes, wo der beleuchtete Fleck kreisf\u00f6rmig begrenzt ist. In Fig. 26 ist* eine Reihe der aufeinander folgenden Durchschnittsfiguren\nFig. 26.\ndes Strahlenb\u00fcndels gezeichnet. Wenn ein d\u00fcnnes, urspr\u00fcnglich homocentrisches Strahlenb\u00fcndel durch mehrere hintereinander liegende Trennungsfl\u00e4chen hindurchgeht, von denen eine oder auch mehrere nicht genau drehrund ist, oder von denen eine oder mehrere nicht sehr ann\u00e4hernd normal vom mittleren Strahle des B\u00fcndels getroffen werden, so hat das B\u00fcndel nach der letzten Brechung stets die soeben beschriebene Gestalt, d. h. an zwei Stellen ist es auf eine kleine gerade Linie concentr\u00e2t und die Richtungen dieser beiden Linien, der Brennlinien \u00fcberkreuzen einander senkrecht. Die Abweichung der Gestalt des gebrochenen B\u00fcndels von der eines homocentrischen braucht aber, nachdem sie an einer Fl\u00e4che entstanden ist, nicht nothwen-dig durch die folgenden Brechungen vergr\u00f6ssert zu werden. Im Gegen-theil ist es denkbar, dass sie bei einer folgenden wieder verkleinert wird, wenn n\u00e4mlich an der betreffenden Fl\u00e4che die gr\u00f6sste Kr\u00fcmmung in die Ebene f\u00e4llt, in welche an der vorhergehenden Fl\u00e4che die kleinste Kr\u00fcmmung fiel. Es ist sogar der Fall an sich denkbar, dass die durch eine Brechung erzeugte Abweichung durch eine folgende vollst\u00e4ndig aufgehoben und das resultirende Strahlenb\u00fcndel genau homocentrisch wird. Denkt man sich aber die Orientirung der Fl\u00e4chen um die Axe herum rein zuf\u00e4llig, so hat dieser Fall nat\u00fcrlich eine","page":109},{"file":"p0110.txt","language":"de","ocr_de":"110 Fick, Physiol. Optik I. 6. Cap. Abweichungen d. wirklichen Auges vom idealen.\nunendlich kleine Wahrscheinlichkeit und es werden im Allgemeinen die Ebenen der st\u00e4rksten Kr\u00fcmmung bei den verschiedenen Fl\u00e4chen weder zusammenfallen, noch aufeinander senkrecht stehen, sondern beliebige schiefe Winkel miteinander bilden. In einem solchen Falle wird die Lage der vorderen Brennlinie mit keiner der Ebenen schw\u00e4chster Kr\u00fcmmung genau zusammenfallen, sondern eine mittlere Lage einnehmen, die von der Orientirung der Fl\u00e4chen und von den Unterschieden ihrer Kr\u00fcmmungshalbmesser abh\u00e4ngt in einerWeise, die hier nicht eingehend zu er\u00f6rtern ist.\nDa an einer Fl\u00e4che des Auges, n\u00e4mlich an der vorderen Hornhautfl\u00e4che eine verschiedene Kr\u00fcmmung in verschiedenen Meridianen als normale Bildung nachgewiesen ist, so haben wir nach den vorstehenden Er\u00f6rterungen zu erwarten, dass die Strahlenb\u00fcndel im Glask\u00f6rper, die soeben beschriebene Abweichung von der Homo-centricit\u00e4t zeigen, welche als \u201eAstigmatismus1, bezeichnet wird. In der That ist es ja, wie schon bemerkt wurde, sehr unwahrscheinlich, dass [etwa bei jedem normalen Auge der Astigmatismus der Hornhaut durch einen entgegengesetzten Astigmatismus der Linsenfl\u00e4chen genau compensirt wird. Sahen wir doch die Lage des Meridianes st\u00e4rkster Kr\u00fcmmung der Hornhaut bei verschiedenen Augen ganz regellos va-riiren. Wie sollte da der compensirende Astigmatismus der Linse diesen regellosen Variationen in jedem Individuum genau folgen?\nMan k\u00f6nnte jetzt verlangen, dass die Abweichungen der Linsenfl\u00e4chen von der Kugelgestalt oder von der genauen Centrirung \u00e4hnlich wie die der Hornhaut objektiv durch Messung der Beflexbilder bestimmt w\u00fcrden und dass dann der resultirende Astigmatismus des Auges berechnet w\u00fcrde. Die L\u00f6sung dieser Aufgabe ist indessen wohl f\u00fcrs erste unm\u00f6glich. Man muss sich daher darauf beschr\u00e4nken, durch subjektive Pr\u00fcfungen \u00fcber den resultirenden Astigmatismus eines Auges sich Kenntniss zu verschaffen. Jedesfalls ist derselbe \u00fcbrigens bei normalen Augen so gering, dass er sich beim Sehen der allt\u00e4glichen Objekte nicht st\u00f6rend bemerldich macht. Beim Betrachten gewisser Objekte kann man sich aber leicht \u00fcberzeugen, dass fast jedes Auge mit einem mehr oder weniger hohen Grade von Astigmatismus behaftet ist. Das geeignetste Objekt zu diesem Zwecke bildet ein sternf\u00f6rmiges System feiner schwarzer Striche auf hellem Grunde wie Fig. 27. Stellt man ein solches dem Auge gegen\u00fcber in die Ferngrenze des Sehens (ein emmetropisches oder hypermetropisches Auge w\u00e4re dabei mit einer Sammellinse zu bewaffnen), so wird man selten auf ein Auge treffen, welches alle Striche gleich deutlich sieht, wenn es den Kreuzungspunkt derselben fixirt.","page":110},{"file":"p0111.txt","language":"de","ocr_de":"Pr\u00fcfung des Astigmatismus durch eine Sternfigur.\n111\nIn weitaus den meisten F\u00e4llen wird der Gepr\u00fcfte angeben, dass er eine (oder zwei benachbarte) am deutlichsten oder am \u201e schw\u00e4rzesten \u201c sieht, die \u00fcbrigen aber so als w\u00e4ren sie schw\u00e4cher gezogen. Die sch\u00e4rfst gesehene Linie ist bei dem einen Menschen die wagrechte, bei einem andern die senkrechte, bei wieder andern diese oder jene von den schr\u00e4gen. Die Richtung der sch\u00e4rfst gesehenen Linie bezeichnet nun f\u00fcr das Auge die Meridianebene, welcher die hinteren Brennlinien der im Glask\u00f6rper fortgepflanzten Strahlenb\u00fcndel parallel sind. Man kann dies auch so ausdr\u00fccken: Sollte die optische Wirkung des Auges durch eine einzige Trennungsfl\u00e4che so ann\u00e4hernd als m\u00f6glich ausge\u00fcbt werden, so m\u00fcsste man dieser eine Abweichung von der Kugelgestalt in dem Sinne beilegen, dass die Meridianebene st\u00e4rkster Kr\u00fcmmung den deutliehst gesehenen Strich enth\u00e4lt. Ist n\u00e4mlich das Objekt an der Ferngrenze des Sehens, so dass jede weitere Entfernung schon eine merkliche Undeutlichkeit hervorbringt, so liegen offenbar die hintere n Brennlinien der einzelnen Strahlenb\u00fcndel in der Netzhaut, denn wenn die Netzhaut die Strahlenb\u00fcndel weiter vorn etwa in der vorderen Brennlinie schnitte, so w\u00fcrde ein weiteres Wegr\u00fccken des Objektes zun\u00e4chst noch keine Undeutlichkeit zur Folge haben, da bei diesem Weiterr\u00fccken erst noch die \u00fcbrige Brennstrecke und zuletzt die hintere Brennlinie die Netzhaut durchwandern w\u00fcrde. Das Bild eines schwarzen Striches im Objekte, dessen Richtung der hinteren Brennlinie jedes Strahlenb\u00fcndels parallel ist, wird aber bei einem noch so hohen Grade des Astigmatismus, wofern derselbe nur ganz regelm\u00e4ssig ist, ganz ebenso deutlich sein, wenn diese hinteren Brennlinien in die Retina fallen, als wenn in derselben eine vollkommen punktuelle Vereinigung der Strahlenb\u00fcndel stattf\u00e4nde. Von den Brennlinien der Punkte des hellen Grundes ragt ja nichts in den Raum des idealen Bildes des schwarzen Striches hinein. Anders verh\u00e4lt es sich f\u00fcr jeden Strich im Objekte, dessen Richtung eine andere ist. Hier greifen die schr\u00e4g dazu liegenden Brennlinien von benachbarten Punkten des hellen Grundes in den Raum des idealen\nFig. 27.","page":111},{"file":"p0112.txt","language":"de","ocr_de":"112 Fick, Physiol. Optik I. 6. Cap. Abweichungen d. wirklichen Auges vom idealen.\nBildes ein und erhellen also mehr oder weniger das Dunkel, welches hier herrschen sollte. Im h\u00f6chsten Grade wird dies gelten f\u00fcr den Strich, dessen Richtung auf der Richtung der hinteren Brennlinien senkrecht steht. Es w\u00e4re somit die Erscheinung, dass in einer an der Ferngrenze des Sehens betrachteten Sternfigur ein Strich am deutlichsten und der darauf senkrechte am undeutlichsten gesehen wird aus dem Astigmatismus des Auges befriedigend erkl\u00e4rt. In der Tabelle S. 106 ist eine Spalte \u00fcbersehrieben \u201eLage des Meridianes gr\u00f6sster Kr\u00fcmmung im reducirten Augeu. Nach den vorstehenden Auseinandersetzungen ist diese Ueberschrift verst\u00e4ndlich. Es ist eben einfach derjenige Meridian, welchem die hinteren Brennlinien der im Glask\u00f6rper des betreffenden Auges wirklich fortgepflanzten Strahlenb\u00fcndel parallel sind, oder der Meridian, dem man die st\u00e4rkste Kr\u00fcmmung beizulegen h\u00e4tte, wenn man dasselbe in der S. 64 angegebenen Art auf eine einzige brechende Fl\u00e4che redueirt.\nVergleicht man die in Rede stehende Spalte der Tabelle mit der vorhergehenden, so gewahrt man, dass die hinteren Brennlinien der im Glask\u00f6rper wirklich fortgepflanzten Strahlenb\u00fcndel nicht parallel sind dem Meridiane st\u00e4rkster Kr\u00fcmmung der Hornhaut. Dies zeigt, dass der Astigmatismus des Gesammtauges nicht allein abh\u00e4ngt von der Abweichung der vorderen Hornhautfl\u00e4che von der Kugelgestalt, dass vielmehr auch die Linsenfl\u00e4chen durch Abweichung, sei es von der Centrirung, sei es von der Kugelgestalt Einfluss darauf haben. Durch diesen Einfluss wird nat\u00fcrlich einerseits die Lage der Ebene st\u00e4rkster Gesammtbreckung mitbestimmt, andererseits kann der Betrag des Gesammtastigmatismus dadurch sowohl gr\u00f6sser als kleiner werden, als der Betrag des Hornhautastigmatismus.\nR\u00fcckt man jetzt die Sternfigur (die \u00fcbrigens aus sehr feingezogenen Strichen bestehen muss) an die Nahegrenze des Sehens, so ist bei einem regelm\u00e4ssig gebildeten Auge stets derjenige Strich zuletzt noch deutlich zu sehen, welcher auf dem an der Ferngrenze deutlichst gesehenen senkrecht steht. Dies ist auch von vorn herein zu erwarten, wenigstens unter der Voraussetzung, dass die beim Versuch stattfindende Anpassung den Astigmatismus nicht wesentlich ver\u00e4ndert. In der That wird beim Ann\u00e4hern des Objektes die Undeutlichkeit dann anfangen merklich zu werden, wenn die ganze Brennstrecke hinter der Netzhaut liegt.1 Wenn also gerade noch die vorderen Brennlinien der Strahlenb\u00fcndel mit der Netzhaut\n1 F\u00fcr einen Beobachter, der bei Ann\u00e4herung des Objektes den urspr\u00fcnglichen Refraktionszustand aufrecht erhalten kann, ist es nicht erforderlich das Objekt bis an die Nahegrenze des Sehens heranzur\u00fccken.","page":112},{"file":"p0113.txt","language":"de","ocr_de":"Numerische Bestimmung des Astigmatismus.\n113\nzusammenfallen, wird wenigstens derjenige Strich der Sternfigur noch vollkommen deutlich erscheinen, dessen Richtung der Richtung der vorderen Brennlinien parallel ist. Da diese aber die Richtung der hinteren Brennlinie senkrecht \u00fcberkreuzt, so muss an der Nahegrenze des Sehens diejenige Linie der Sternfigur am deutlichsten erscheinen, welche auf der an der Ferngrenze am deutlichsten gesehenen senkrecht steht. An meinen eigenen Augen kann ich z. B. gegenw\u00e4rtig in dieser Beziehung folgendes feststellen. Dem linken Auge erscheint an der Ferngrenze am deutlichsten eine Linie, deren linkes Ende sich etwa 5\u201410\u00b0 Grad unter den Horizont neigt und an der Nahe -grenze eine solche deren oberes Ende sich ein wenig nach links von der Vertikalen entfernt, die also auf jener ersteren in der That merklich senkrecht steht. Dem rechten Auge erscheint an der Ferngrenze am deutlichsten eine Linie deren oberes Ende unter einem Winkel von etwa JL5 0 von der Vertikalen nach links abweicht an der Nahegrenze eine solche die sich links unter einem eben solchen Winkel unter den Horizont neigt. Die an der Fern- und Nahegrenze deut-lichst gesehenen Linien stehen also gleichfalls auf einander senkrecht.\nWenn sich bei einem Augen von dieser gesetzm\u00e4ssigen Beziehung gr\u00f6ssere oder kleinere Abweichungen finden sollten, so w\u00fcrde dies darauf deuten, dass durch die AnpassungsVer\u00e4nderung des Auges der Astigmatismus wesentlich ver\u00e4ndert wird, was an sich keineswegs unm\u00f6glich ist, da ja derselbe theilweise von der Gestalt der Linsenfl\u00e4chen bedingt ist. Die Meridianebene st\u00e4rkster Kr\u00fcmmung hat wie schon aus den angef\u00fchrten Beispielen ersichtlich ist, bei verschiedenen Augen verschiedene Lage, doch soll nach Snellen 1 die nahezu verticale Lage derselben am h\u00e4ufigsten sein.\nF\u00fcr einen bestimmten Zustand des Auges z. B. den Ruhezustand des Akkommodationsapparates ist offenbar dem Astigmatismus ein bestimmter numerisch ausdr\u00fcckbarer Grad zuzuschreiben. Die Wahl einer Gr\u00f6sse deren numerischer Werth zweckm\u00e4ssig zum Maasse des Astigmatismus dienen kann, wird auf dasselbe Princip zu gr\u00fcnden sein, welches wir zur Messung des Refraktionszustandes (Myopie, Emmetropie, Hyperm\u00e9tropie) des ideal gedachten Auges angewandt haben. In der That k\u00f6nnen wir ja den Astigmatismus so auffassen, als k\u00e4me dem Auge in verschiedenen Meridianen ein verschiedener Grad von Myopie (negative Werthe nicht ausgeschlossen) zu. W\u00e4re n\u00e4mlich das Auge rings um die Axe so gestaltet wie im Meridian st\u00e4rkster Brechung dem die hinteren Brennlinien parallel sind, so\n1 Snellen, Arch. f. Ophthalmologie XV. 2. Abth. S. 199.\nHandbuch der Physiologie. Bd. lit.\n8","page":113},{"file":"p0114.txt","language":"de","ocr_de":"114 Fick, Physiol. Optik I. 6. Cap. Abweichungen d. wirklichen Auges vom idealen.\nw\u00fcrde es in einem gewissen Betrage st\u00e4rker myopisch sein, als wenn es rings um die Axe so gestaltet w\u00e4re, wie in dem Meridane schw\u00e4chster Brechung. Die Differenz zwischen diesen beiden Myopiegraden giebt offenbar das geeignetste Maass f\u00fcr den Grad des Astigmatismus.\nMan kann diese Differenz auf verschiedene Art ermitteln. Am n\u00e4chsten liegt es ganz einfach optometrisch zu verfahren. Man kann ja durch Vorsetzen eines engen Spaltes vor das Auge bewirken, dass von jedem aus einem leuchtenden Punkt ausgehenden Strahlenb\u00fcndel nur ein ebenes B\u00fcschel ins Auge gelangt, welches sich nur in einer Meridianebene oder nahezu in einer solchen weiter fortpflanzt und mithin da punktuell vereinigt wird, wo das ganze Blindei zur punktuellen Vereinigung k\u00e4me, wenn das Auge rings um die Axe so gestaltet w\u00e4re, wie in dem betreffenden Meridiane. L\u00e4sst man also das Auge durch einen solchen Spalt ein geeignetes Probeobjekt betrachten, so kann man die Sehweite f\u00fcr den Meridian direkt abmessen d. h. die Entfernung, in welcher das Objekt durch den Spalt gesehen, am deutlichsten erscheint. Das geeignetste Probeobjekt f\u00fcr diese Untersuchung bildet ein System feiner schwarzer Linien, deren Richtung zur Richtung des Spaltes senkrecht steht. An einem solchen muss n\u00e4mlich jede Undeutlichkeit am leichtesten bemerklich werden, weil die zur Wirksamkeit kommenden B\u00fcschel vor und nach ihrer punktuellen Vereinigungen den auffangenden Schirm in einer Linie schneiden die auf der gedachten Richtung der Objektlinien senkrecht steht. Hat man nun die Richtung der vorderen und hinteren Brennlinie f\u00fcr das Auge zuvor schon ermittelt, so wird man nur diese beiden Meridiane zu pr\u00fcfen haben. Man ermittelt n\u00e4mlich die Sehweiten f\u00fcr dieselben in der beschriebenen Art, indem man einmal den Spalt in die Meridianebene der vorderen und dann in die Meridianebene der hinteren Brennlinie bringt. Wenn man dann die reci-proken Werthe der beiden gefundenen Sehweiten in pariser Zollen ausgedr\u00fcckt von einander abzieht und die Differenz in die Form eines Bruches mit dem Z\u00e4hler 1 bringt, hat man das konventionelle Maass des Astigmatismus.\nEine Pr\u00fcfung nach dem vorstehenden Princip k\u00f6nnte auch mit einem auf den ScHEiNER\u2019schen Versuch gegr\u00fcndeten Optometer ausgef\u00fchrt werden wenn man in den Okularschirm statt der \u00fcblichen beiden Schlitze bloss zwei L\u00f6chelchen anbr\u00e4chte und diesen Schirm um die Axe des Instrumentes drehbar einrichtete, so dass die Verbindungslinie der beiden L\u00f6chelchen in jede beliebige Meridianebene des Auges bringen k\u00f6nnte. Als Objekt m\u00fcsste dabei ein einzelner leuchtender Punkt oder eine leuchtende Linie angewandt werden deren Richtung jedesmal senkrecht stehen m\u00fcsste auf der Richtung der Verbindungslinie der beiden Okularl\u00f6chelchen d. h. auf der Meridianebene, welche untersucht wird. Einrichtungen dieser letzteren Art scheinen indessen bei den Augen\u00e4rzten nicht in Gebrauch zu sein, dagegen liefern die f\u00fcr ophthalmologische Zwecke arbeitenden Werkst\u00e4tten Bestecke zur optometrischen Bestimmung des Astigmatismus nach der ersten Art, die einen mit Handgriff versehenen Okularschirm enthalten. Derselbe ist in der Fassung in seiner Ebene drehbar, so dass ein darin befindlicher schmaler Spalt bequem in jede Meridianebene des Auges gebracht werden kann. Als Probeobjekt ist ein Drahtgitter in einem R\u00e4hmchen mit Handgriff beigegeben, das vor einem hei-","page":114},{"file":"p0115.txt","language":"de","ocr_de":"Ausmittelung des Astigmatismus.\n115\nlen Hintergrund in die passende Sehweite so gestellt wird , dass die St\u00e4be des Gitters senkrecht auf der jeweiligen Richtung des Okularspaltes stehen.\nAuch zu dem S. 75 erw\u00e4hnten Gn\u00c4FE\u2019schen Optometer liefern die optischen Werkst\u00e4tten einen Schirm mit Spalt, der vor das Okular gesetzt und gedreht werden kann, so dass man damit die Sehweite in verschiedenen Meridianebenen gesondert pr\u00fcfen kann. Nat\u00fcrlich muss dann das entfernte Objekt so ausgew\u00e4hlt werden, dass darin feine Linien Vorkommen, deren Richtung wieder zur jeweiligen Lage des Okularspaltes senkrecht stellt, damit an ihnen die Undeutlichkeit bei der geringsten Abweichung von der punktuellen Vereinigung der wirksamen B\u00fcschel auf der Netzhaut bemerkbar wird.\nDer Grad des Astigmatismus kann noch auf einem andern Wege ermittelt werden, der, so verschieden er von dem soeben beschriebenen auch erscheint, doch zu demselben Ziele, d. h. im bestimmten Falle zu demselben Zahlwerth f\u00fchren muss. Denken wir uns ein Strahlenb\u00fcschel durch einen Okularspalt aus dem B\u00fcndel ausgeschnitten in der Meridianebene der vorderen Brennlinie und die Retina des Auges so gelegen, dass sie diese Brennlinie aufnimmt. Jetzt ist leicht zu sehen, dass man durch eine vor das Auge in richtige Lage gesetzte convexe Cylinder-linse von geeigneter Kr\u00fcmmung die Divergenz des einfallenden B\u00fcschels so weit vermindern kann, dass sich seine Strahlen genau in der Netzhaut schneiden, wo sie ohne die Cylinderlinse noch auf der Ausdehnung der vorderen Brennlinie zerstreut waren. Unter einer Cylinderlinse versteht man ein Glasst\u00fcck, welches begrenzt ist von zwei Theilen zweier Cylinderm\u00e4ntel deren Axen parallel sind aber nicht zusammenfallen. Einer der Cylinderm\u00e4ntel kann auch eine Ebene sein. Man unterscheidet wie bei Kugellinsen convexe und concave, erstere wirken sammelnd m\u00f6gen sie biconvex, planconvex oder concavconvex sein, letztere wirken zerstreuend m\u00f6gen sie biconcav, planconcav oder convexconcav sein. Die Stellung der Cylinderlinse muss so gew\u00e4hlt sein, dass die unter sich parallelen Axen der beiden Cylinder, von welchen die Linsenfl\u00e4chen Abschnitte bilden, senkrecht stehen zur Ebene des untersuchten Augenmeri-dianes oder was dasselbe sagt, dass die Ebenen st\u00e4rkster Kr\u00fcmmung der Linsenfl\u00e4chen jener Meridianebene parallel sind. Nimmt man jetzt den Okularschirm weg, dessen Spalt aus dem B\u00fcndel das B\u00fcschel ausschnitt (der \u00fcberhaupt nur zur Erleichterung der Vorstellungen hinzugedacht war), so werden sich offenbar sowohl die in der Ebene der vorderen Brennlinie als die in der Ebene der hinteren Brennlinie fortgepflanzten Strahlen auf der Netzhaut punktuell vereinigen. Die letzteren Strahlen n\u00e4mlich thaten es der gemachten Voraussetzung nach schon ohne Einschiebung der Linse. Ihr Gang wird aber durch dieselbe nicht wesentlich beeinflusst da sie bei der gedachten Lage durch dieselbe hindurchgehen m\u00fcssen wie durch eine planparallele Glasplatte. Ist nun das B\u00fcndel nur \u00fcberhaupt sehr d\u00fcnn, wie bei allen unsern dioptrisclien Betrachtungen immer vorausgesetzt wird, so werden auch die anderen Strahlen desselben in demselben Punkte vereinigt und werden wir also auf der Netzhaut ein sehr ann\u00e4hernd\u2019 punktuelles Bild haben. Der Astigmatismus wird \u201edurch die Cylinderlinse korrigirt sein\u201c. Ebenso wie man durch eine convexe Cy-","page":115},{"file":"p0116.txt","language":"de","ocr_de":"116 Fick, Physiol. Optik I. 6. Cap. Abweichungen d. wirklichen Auges vom idealen.\nlinderlinse den Astigmatismus so korrigiren kann, dass die punktuelle Vereinigung im Mittelpunkt der vorderen Brennlinie stattfindet, kann man ihn auch durch eine concave Cylinderlinse derart korrigiren, dass die s\u00e4mmtlichen Strahlen des B\u00fcndels im Mittelpunkte der hinteren Brennlinie vereinigt werden. Nat\u00fcrlich muss alsdann die Axenrichtung der Cy-linderfl\u00e4chen der Linse senkrecht auf dem Meridiane st\u00e4rkster Brechung d. h. also auf der Richtung der hinteren Brennlinie stehen.\nIst das zu pr\u00fcfende Auge mehr oder weniger myopisch, so kann man aus einer hinl\u00e4nglich grossen Auswahl von concaven Cylinderlinsen leicht diejenige herausfinden, welche den Astigmatismus gerade korrigirt. Man braucht nur an der Ferngrenze des Sehens dem Auge eine Sternfigur darzubieten und ihm dann die verschiedenen concaven Cylinderlinsen in der geeigneten Lage vorzusetzen, die man ja nach vorausgegangener Ermittelung des Meridianes st\u00e4rkster Brechung von vornherein bestimmen kann. Es wird bald diejenige gefunden sein, durch welche alle Linien der Sternfigur mit gleicher Deutlichkeit gesehen werden. Diese muss offenbar die Eigenschaft haben, dass sie die Divergenz des auf den Meridian st\u00e4rkster Brechung fallenden B\u00fcschels soweit vermehrt, dass es nunmehr auch erst da zur Vereinigung kommt, wo ohne und mit Cylinderlinse die Strahlen des auf den Meridian schw\u00e4chster Brechung fallenden B\u00fcschels vereinigt werden, welcher Punkt in die Retina f\u00e4llt, wenn sich die Objektpunkte an der Ferngrenze des Sehens befinden.\nMan kann nun bei einer Cylinderlinse auch von einer Brennweite reden, wenn man darunter versteht die Entfernung des Punktes, wo sich die Strahlen eines B\u00fcschels durchschneiden, das in einer zur Axenrichtung der Cylinderfl\u00e4chen senkrechten Ebene fortgepflanzt wird und voider Brechung aus parallelen Strahlen bestand. Dieser Brennweite ist wie bei einer Kugellinse im Falle der Convexit\u00e4t ein positiver im Falle der Concavit\u00e4t ein negativer Werth beizulegen.\nHat man die den Astigmatismus korrigirende Cylinderlinse, mag die Correktion durch eine convexe oder durch eine concave bewerkstelligt sein, gefunden, so ist der reciproke Werth ihrer Brennweite, der unter allen Umst\u00e4nden positiv zu nehmen ist, das Maass des Astigmatismus. Dass dies Maass mit dem zuerst definirten numerisch \u00fcbereinstimmen muss, ist leicht zu sehen. In der That sei a die deutliche Sehweite f\u00fcr den Meridian st\u00e4rkster Brechung und b die f\u00fcr den Meridian schw\u00e4chster Brechung, so dass also a <C b w\u00e4re, dann h\u00e4tten wir den Grad des Astigmatismus nach der ersten Bestimmungsweise zu setzen\n___^\na b\nNun w\u00fcrde aber die negative Brennweite einer zerstreuenden Cylinderlinse offenbar\tb a\na\u2014b\nsein m\u00fcssen wenn sie in richtiger Lage vor das Auge gebracht einem aus der Entfernung b kommenden auf den Meridian st\u00e4rkster Brechung fallenden B\u00fcschel denjenigen Divergenzgrad beibringen sollte, dass es ebenfalls erst da vereinigt wird, wo ein auf den Meridian schw\u00e4chster Brechung fallendes B\u00fcschel vereinigt wird. Dieser Divergenzgrad m\u00fcsste","page":116},{"file":"p0117.txt","language":"de","ocr_de":"Einstellung des Auges f\u00fcr verschiedene Richtungen.\n117\nn\u00e4mlich derjenige sein, welcher ein von der Entfernung a ausgegangenes B\u00fcschel besitzt. Auf eine Cylinderlinse von dieser negativen Brennweite w\u00fcrde also die Wahl des gepr\u00fcften Auges fallen um den Astigmatismus zu korrigiren und der reciproke Werth ihrer Brennweite\na\u2014b ab\npositiv genommen d. h.\nb \u2014 a\t1\t1\nab\tab\nd. h. gleich dem auf die andere Art bestimmten Maasse des Astigmatismus.\nEine ganz \u00e4hnliche Schlussweise f\u00fchrt zu der Einsicht, dass auch bei Korrektion mit convexer Cylinderlinse der reciproke Werth ihrer Brennweite den Grad des Astigmatismus angiebt.\nIn der Tabelle S. 106 ist in der vorletzten Spalte der Grad des Astigmatismus der einzelnen Augen numerisch angegeben.\nNach .den Erfahrungen der Augen\u00e4rzte bringt der Astigmatismus wenn er den numerischen Werth von V40 \u00fcich! erreicht keinerlei St\u00f6rung im gew\u00f6hnlichen Sehakte hervor und kann als normal gelten. Ueberschreitet er dagegen diesen Werth, so veranlasst er auch beim gew\u00f6hnlichen Sehen St\u00f6rungen. Ist er dabei ganz regelm\u00e4ssig, so k\u00f6nnen seine Folgen durch Vorsetzen einer geeigneten Cylinderlinse leicht beseitigt werden. Eine ausf\u00fchrliche Besprechung des hochgradigen Astigmatismus ist Gegenstand der Pathologie des Auges und kann hier unterbleiben.\nEs kann jetzt noch die Frage aufgeworfen werden, wie im Innern des Bereiches des Akkommodationsspatiums das Auge instinktiv eingerichtet wird. Hier ist es n\u00e4mlich offenbar an sich m\u00f6glich einen beliebigen Theil der Brennstrecke mit der Netzhaut zusammenfallen zu machen. Es ist zu vermuthen, dass man beim einzelnen Sehakte vielleicht mit dem Akkommodationszustande hin- und herschwankt und bei demjenigen stehen bleibt, der das g\u00fcnstigste Resultat f\u00fcr die Deutlichkeit ergiebt. Je nach der Gestalt des zu sehenden Objektes kann dies ein verschiedener sein. Gilt es z. B. im Objekte vorwiegend parallele Linien zu erkennen und stimmt ihre Richtung mit derjenigen der hinteren Brennlinien \u00fcberein, so wird eine Einstellung am g\u00fcnstigsten sein, bei welcher die hinteren Brennlinien der Strahlenb\u00fcndel in die Netzhaut fallen, und umgekehrt. Man bemerkt oft' auch, dass jemand, der einen fernen Gegenstand mit dem Auge recht genau untersuchen will, den Kopf hin- und herneigt. Offenbar hat dies den Zweck, bald diese bald jene Linien des Objektes mit der Richtung derjenigen Brennlinien in Uebereinstimmung zu bringen, welche gerade in die Retina fallen.","page":117},{"file":"p0118.txt","language":"de","ocr_de":"118 Fick. Physiol. Optik I. 6. Cap. Abweichungen d. wirklichen Auges vom idealen.\nIII. Unregelm\u00e4ssigkeiten des brechenden Apparates.\nAusser der im vorigen \u00a7 behandelten zeigt der brechende Apparat des Auges noch zahlreiche unregelm\u00e4ssige Abweichungen von einem centrirten Systeme sph\u00e4rischer Trennungsfl\u00e4chen zwischen homogenen brechenden Medien. S\u00e4mmtliche Medien des Auges sind n\u00e4mlich keineswegs ganz gleichartige durchsichtige K\u00f6rper. Dies ist schon darum nicht m\u00f6glich, weil sie mit Ausnahme der w\u00e4ssrigen Feuchtigkeit Gewebe \u201c sind, d. h. K\u00f6rper, die aus urspr\u00fcnglich getrennten Theilen zusammengef\u00fcgt sind. Es kann nat\u00fcrlich nicht erwartet werden, dass diese Theile und die Tr\u00e4nkungsfl\u00fcssigkeit zwischen ihnen absolut gleichen Brechungsindex besitzen. Sowie aber dies nicht der Fall ist, muss an den Grenzen der Gewebselemente Reflexion und Lichtzerstreuung stattfinden. Dass dem wirklich so ist, gewahrt man, wenn man einen starken Lichtkegel ins Auge sendet. Sofort wird der beleuchtete Theil der Hornhaut und der Linse sichtbar, d. h. sendet unregelm\u00e4ssig zerstreutes Licht von jedem Punkte aus. Dies beweist, dass ein Strahl nicht lediglich auf dem Wege regelm\u00e4ssiger Brechung durchgeht resp. zum Theil an der Grenze des ganzen Mediums regelm\u00e4ssig zur\u00fcckgeworfen wird.\nDas unregelm\u00e4ssig zerstreute Licht muss zum Theil auch zur Retina gelangen und dieselbe mk einem mehr oder weniger gleich -m\u00e4ssigen Lichtnebel \u00fcberziehen, aus welchem sich die der regelm\u00e4ssigen Brechung ihren Ursprung verdankenden Bilder hervorheben. Dieser allgemeine Lichtnebel st\u00f6rt indessen den gew\u00f6hnlichen Sehakt durchaus nicht, weil er die Helligkeitsabstufungen der deutlichen Bilder nur sehr wenig im Sinne einer Ausgleichung der Unterschiede beeinflusst. F\u00fcr gew\u00f6hnlich beachtet man nicht einmal das Vorhandensein desselben, so leicht es auch zu bemerken ist. Man braucht nur Abends in einem beleuchteten Zimmer die von der Lampenflamme direkt ins Auge gelangenden Strahlen abzublenden, sogleich wird man bemerken, dass irgend ein dunkler Winkel viel schw\u00e4rzer erscheint, und dass darin Helligkeitsunterschiede wahrnehmbar werden, die vorher unmerklich waren, weil sie verwischt wurden durch den Lichtnebel, welcher von den mit direktem Lampenlicht beleuchteten Theilen der brechenden Medien ausging.\nAusser diesen \u00fcberall ziemlich gleichm\u00e4ssig im Auge verbreiteten Ursachen der Lichtzerstreuung kommen aber noch gr\u00f6bere Unregelm\u00e4ssigkeiten vor, die zu-besonderen Erscheinungen Veranlassung geben. Bei passender Einstellung des Auges werden sich nat\u00fcrlich diese Unregelm\u00e4ssigkeiten ebensowenig bemerklich machen wie die","page":118},{"file":"p0119.txt","language":"de","ocr_de":"Ungleiche Beleuchtung im Zerstreuungskreis.\n119\ngleichm\u00e4ssige Tr\u00fcbung der brechenden Medien. Jeder Strahl eines B\u00fcndels n\u00e4mlich, yelcher auf eine gr\u00f6bere Unregelm\u00e4ssigkeit trifft, wird zur\u00fcckgeworfen absorbirt oder seitw\u00e4rts gebrochen, f\u00e4llt also aus dem B\u00fcndel aus. Vereinigen sich nun die \u00fcbrigen regelm\u00e4ssig weitergehenden Strahlen auf einen Punkt der Netzhaut, so wird man nichts bemerken. Nur wenn die Unregelm\u00e4ssigkeiten ihren Sitz ganz hinten im Glask\u00f6rper haben, da wo die zu den Bildpunkten konver-girenden Strahlenb\u00fcndel schon \u00fcberaus d\u00fcnn sind, k\u00f6nnen sie ganze solche B\u00fcndel abfangen und L\u00fccken oder Schatten im deutlichen Bilde erzeugen, die unter dem Namen der \u201efliegenden M\u00fccken\u201c bekannt sind.\nSowie aber die Einstellung des Auges fehlerhaft ist, so dass jedem leuchtenden Punkte ein Zerstreuungskreis auf der Netzhaut entspricht, so machen sich die gr\u00f6beren Unregelm\u00e4ssigkeiten durch Schattenwerfen geltend. Mag n\u00e4mlich der Zerstreuungskreis dadurch entstehen, dass der Bildpunkt vor oder hinter die Retina f\u00e4llt, so werden in ihm ebenso viele dunklere Stellen sein als gr\u00f6bere Unregelm\u00e4ssigkeiten auf dem Wege des Strahlenb\u00fcndels lagen. In der That sieht auch der Zerstreuungskreis eines einzelnen leuchtenden Punktes im Auge durchaus nicht so aus wie eine gleichm\u00e4ssig beleuchtete runde Scheibe, sondern man sieht innerhalb der im allgemeinen kreisf\u00f6rmigen oder wegen des Astigmatismus etwas ovalen Umgrenzungslinie hellere und dunklere Stellen in unregelm\u00e4ssigem Wechsel nebeneinander. Ein kurzsichtiges Auge kann sich diesen Anblick leicht verschaffen durch Anblicken eines hellen Sternes oder einer fernen Flamme z. B. einer Strassenlaterne in dunkler Nacht. Ein Normal-sichtiger m\u00fcsste eine convexe Linse dabei vor das Auge nehmen Um einen einzelnen leuchtenden Punkt zu nahe vor dem Auge zu haben, braucht man nur ein feines L\u00f6chelchen in einem schwarzen Kartenblatt einige Centimeter vom Auge entfernt vor einen hellen Hintergrund zu bringen. Hier zeigt sich wesentlich dieselbe Erscheinung.\nRegelm\u00e4ssig hat in der Zerstreuungsfigur die Lichtvertheilung einen mehr oder weniger ausgesprochen sternf\u00f6rmigen Charakter. Dies h\u00e4ngt ganz entschieden mit dem sternf\u00f6rmigen Bau der Linse zusammen, doch ist eine strenge Erkl\u00e4rung der Einzelheiten noch nicht gegeben. Ebenso d\u00fcrfte die nicht zu bezweifelnde Thatsache noch der Erkl\u00e4rung warten, dass immer gegen den Rand des Zerstreuungskreises die durchschnittliche Helligkeit geringer ist als in der Mitte, wenn der Zerstreuungskreis durch zu grosse Ferne des leuchtenden Punktes bedingt ist.\nAus der beschriebenen ungleichm\u00e4ssigen Lichtvertheilung im Zer-","page":119},{"file":"p0120.txt","language":"de","ocr_de":"1 20 Fick, Physiol. Optik I. 6. Cap. Abweichungen d. wirklichen Auges vom idealen.\nStreuungsfelde erkl\u00e4rt sich ferner noch leicht die Thatsache, dass linien-formige Objekte bei unpassender Einrichtung des Auges f\u00fcr ihre Entfernung meist scheinbar mehrfach gesehen werden. In der That denken wir uns an Stelle des einzelnen leuchtenden Punktes eine leuchtende Gerade, so wird sich auf der Netzhaut die Zerstreuungsfigur sovielemale in stetiger Folge nebeneinanderlegen als die Gerade Punkte enth\u00e4lt. Die auffallend hellen Stellen der Zerstreuungsfigur werden sich dabei zu ebensovielen Bildern der Linie aneinanderreihen, zwischen denen die dunkleren Stellen der Zerstreuungsfigur wegen des Contrastes ganz \u00fcbersehen werden. Die Linie wird also mehrfach erscheinen. Dasselbe wird auch noch stattfinden, wenn das Objekt nicht eine unendlich feine Linie ist, sondern ein Fl\u00e4chenstreif, dessen Breite nur so klein ist, dass ihr genaues Bild auf der Netzhaut schm\u00e4ler w\u00e4re als die Zerstreuungsfigur eines Punktes. Aus diesem Grunde sehen Kurzsichtige stets den Mond, besonders den sichelf\u00f6rmigen, scheinbar mehrfach.\nDie Lage und Gr\u00f6sse der Schatten von gr\u00f6beren Unregelm\u00e4ssigkeiten auf der Retina wird der wirklichen Lage und Gr\u00f6sse derselben um so genauer entsprechen, je ann\u00e4hernder parallelstrahlig das im Auge fortgepflanzte B\u00fcndel ist. Auf diese Bemerkung gr\u00fcndet sich eine Methode, kleine K\u00f6rperchen im Auge zu untersuchen oder wie man sich ausdr\u00fcckt \u201eentoptisch wahrzunehmen\u201c.\nMan bringe einen leuchtenden Punkt in die vordere Brennebene des Auges, also etwa 12 mm. vor die Hornhaut, dann wird das von ihm ausgesandte Strahlenb\u00fcndel den Glask\u00f6rper ziemlich parallelstrahlig durchlaufen und auf der Netzhaut eine Zerstreuungsfigur beleuchten, welche der Pupille \u00e4hnlich und ein wenig gr\u00f6sser als sie ist. Der leuchtende Punkt ist am leichtesten herzustellen, indem man in ein schwarzes Kartenblatt mit einer Nadel ein feines L\u00f6chelchen sticht und das Blatt senkrecht zur Axe des Auges in etwa 12 mm. Entfernung von der Hornhaut h\u00e4lt vor einem ausgedehnten gleich-m\u00e4ssig leuchtenden Hintergrund. Auch das von einer Sammellinse gelieferte physische Bild eines stark leuchtenden Punktes kann zweckm\u00e4ssig verwendet werden. Kleine Bewegungen des Objektpunktes in der vorderen Brennebene lassen sich durch Verschiebungen des Kartenblattes bei der ersten Versuchsweise leicht ausf\u00fchren. Solche haben den Erfolg, dass das parallelstrahlige B\u00fcndel abwechselnd in verschiedener Richtung den Glask\u00f6rper durchl\u00e4uft und verschiedene Stellen der Netzhaut trifft. Dabei treten dann auch oft Schatten von zwei K\u00f6rperchen auseinander, welche bei der ersten Stellung des Lichtpunktes zusammenfielen, weil sie in der ersten Richtung des Strahlenb\u00fcndels genau hintereinander liegen. Auch verschieben sich","page":120},{"file":"p0121.txt","language":"de","ocr_de":"Entoptische Wahrnehmung.\n121\ndie Schatten der K\u00f6rperchen relativ gegen den Rand des Zerstreuungsfeldes. Aus dieser Verschiebung kann man dann beurtheilen, ob das schattenwerfende K\u00f6rperchen vor oder hinter der Pupillenebene seinen Sitz hat. Wie ein Blick auf die nebenstehende Fig. 28 zeigt, wird bei einer Verschiebung des Lichtpunktes in einer gewissen Richtung der Schatten eines K\u00f6rpers vor der Pupille relativ im Zerstreuungskreise in entgegengesetzter Richtung verschoben. Der Schatten eines K\u00f6rpers hinter der Pupillarebene wird in gleichem Sinne verschoben und der Schatten eines K\u00f6rpers in der Pupillarebene beh\u00e4lt seine relative Stellung im Zerstreuungskreise.\nVerschiebt man z. B. den Lichtpunkt nach unten, so r\u00fccken die Schatten der drei K\u00f6rper v, ?,\tdie urspr\u00fcng-\nlich (unter A) dicht aneinander lagen auseinander, wie es unter B, siehe v, i, h, gezeichnet ist, und zwar ist v, dem oberen Rande des Zerstreuungskreises rQ dagegen kr dem unteren Rande ru n\u00e4her ger\u00fcckt, w\u00e4hrend der Schatten des in der Pupillarebene gelegenen K\u00f6rpers i nach wie vor in der Mitte des Zerstreuungskreises liegt. Bei der subjektiven Auffassung dieser Schatten muss man nat\u00fcrlich beachten, dass die Empfindungen verkehrt nach aussen projicirt werden, so dass dem oberen Rand des Zerstreuungskreises der untere Rand eines scheinbaren Objektes entspricht und umgekehrt.\nUnter den verschiedenen K\u00f6rperchen, deren Schatten sich bei der entoptischen Beobachtung gew\u00f6hnlich zeigen, sind folgende Arten zu unterscheiden.\n1.\tTr\u00f6pfchen auf der vorderen Hornhautfl\u00e4che von Schleim oder dem Sekrete der Meibom\u2019schen Dr\u00fcsen. Ihre Schatten zeigen sich meist als dunkle Flecken mit heller Mitte und leicht daran kenntlich, dass sie beim Blinzeln verschwinden oder Lage und Gestalt ver\u00e4ndern.\n2.\tPerlflecke von gr\u00f6sserer Beharrlichkeit. Listing h\u00e4lt sie f\u00fcr die Schatten von Schleimkl\u00fcmpchen in der Fl\u00fcssigkeit zwischen Linsenk\u00f6rper und Linsenkapsel.\n3.\tEine matte sternartige Zeichnung vom strahligen Bau der Linse herr\u00fchrend.\n4.\tVerschiedene unregelm\u00e4ssige Gebilde fadenartiger und perl-\nFig. 28.","page":121},{"file":"p0122.txt","language":"de","ocr_de":"122 Fick, Physi\u00f6l. Optik I. 6. Cap. Abweichungen d. wirklichen Auges vom idealen.\nschnurartiger Gestalt. Sie sind die Schatten von Unregelm\u00e4ssigkeiten im Glask\u00f6rper, die meist beweglich sind.\nEndlich ist zu erw\u00e4hnen, dass das ganze entoptische Gesichtsfeld wie best\u00e4ubt erscheint, was offenbar von den feinsten \u00fcberall mehr gleichm\u00e4ssig verbreiteten Unregelm\u00e4ssigkeiten der brechenden Medien herr\u00fchrt.\nUnter gewissen Umst\u00e4nden taucht bei der entoptischen Beobachtung noch ein sehr bemerkenswerthes Objekt auf, n\u00e4mlich die Verzweigung der arteria centralis retinae. Diese liegt bekanntlich in der an den Glask\u00f6rper grenzenden Schicht der Netzhaut. Wenn also ihre Schatten wahrnehmbar sind, so ist dies ein direkter thats\u00e4ch-licher Beweis daf\u00fcr, dass die durch Licht reizbaren Elemente der Netzhaut in einer der \u00e4usseren Schichten dieser Membran zu suchen sind, auf welche eben die Gef\u00e4sse Schatten werfen k\u00f6nnen. L\u00e4gen die reizbaren Elemente der Netzhaut in derselben Schicht wie die Gef\u00e4sse, so m\u00fcssten diesen ebenso viele niemals mit Empfindungsinhalt erf\u00fcllbare L\u00fccken im Gesichtsfelde entsprechen, da sie einer entsprechenden Anzahl reizbarer Elemente den Platz wegn\u00e4hmen und nicht bloss einen Theil des ihnen sonst zukommenden Reizquantums, wie es die Wahrnehmung eines Schattens erfordert.\nDie Gef\u00e4ssschatten tauchen nun im entoptischen Gesichtsfelde dann auf, wenn man den leuchtenden Punkt in der vorderen Brennebene ein wenig schnell hin- und herbewegt. Bewegt man den Punkt auf und ab, so erscheinen nur Gef\u00e4sszweige, die nahezu wagrecht verlaufen. Bewegt man ihn von rechts nach links, so erscheinen nur fast senkrechte Zweige. Die Stelle des direkten Sehens ist stets frei von Gef\u00e4ssschatten, wie es ihre Gef\u00e4sslosigkeit erwarten l\u00e4sst.\nDie Gef\u00e4ssschatten sind bei dieser Beobachtungsart sehr zart gezeichnet und wie gesagt nur bruchst\u00fcckweise zu erkennen. Es ist daher von Interesse, noch zwei andere Methoden kennen zu lernen, nach denen man ein weit vollst\u00e4ndigeres Bild von der Ge-f\u00e4ssverzweigung im eigenen Auge bekommt. Die erste dieser Methoden besteht darin, dass man mittels einer kleinen Sammellinse ein m\u00f6glichst kleines Sonnenbildchen auf einem Punkte der Skierotika entwirft, welcher m\u00f6glichst weit vom Hornhautrande abliegt, w\u00e4hrend man nach einem gleichm\u00e4ssig dunklen Hintergr\u00fcnde blickt. Dieser \u00fcberzieht sich dann scheinbar mit einem bronzefarbenen Schleier in welchem deutlich der ganze Gef\u00e4ssbaum der vasa centralia retinae dunkel gezeichnet ist, die Stelle des deutlichsten Sehens erscheint auch hier nat\u00fcrlich gef\u00e4sslos und hat ein Ansehen, welches Helmholtz mit chagrinirtem Leder vergleicht, auch zeigt sie einen st\u00e4r","page":122},{"file":"p0123.txt","language":"de","ocr_de":"Purkinje\u2019s Aderfigur.\n123\nkeren Glanz. Beh\u00e4lt das Sonnenbildchen seine Lage dauernd bei, so wird allm\u00e4hlich die Erscheinung matter, um zuletzt ganz zu verschwinden. Jede kleine Bewegung des Sonnenbildchens ruft sofort die Erscheinung wieder hervor und es bewegt sich dabei der Gef\u00e4ss-baum in gleichem Sinne mit dem Sonnenbildchen, der gl\u00e4nzendere Fleck aber bewegt sich ein wenig in entgegengesetzter Richtung. Die Erscheinung beruht darauf, dass das Sonnenbildchen auf der Skle-rotika diese gleichsam selbstleuchtend macht. Das von diesem Punkte der Skierotika ins Innere des Auges gesandte Licht wird nun durch die pigmentirte Chorioidea nicht ganz abgehalten, besonders wenn der beleuchtete Punkt noch ausserhalb der Ciliarforts\u00e4tze liegt, wo die Pigmentanh\u00e4ufung nicht so gross ist. Da nun also der ganze Glask\u00f6rper von einem Punkte aus durchstrahlt ist, so werden die Gef\u00e4sse grosse Schatten in den \u00e4usseren Schichten der Netzhaut werfen und da sie auf derselben ungewohnte Stellen fallen, so werden sie bemerkbar. Dass sich die als scheinbare Objekte nach aussen projicirten Schatten mit einer Bewegung des Lichtpunktes gleichsinnig bewegen ist selbstverst\u00e4ndlich, da die Schatten selbst sich in entgegengesetztem Sinne bewegen m\u00fcssen. Warum sich die wie cha-grinirtes Leder aussehende Figur im gelben Fleck der Netzhaut umgekehrt bewegt, ist noch nicht erkl\u00e4rt, es deutet aber jedesfalls auf eine andere Entstehungsart dieser Figur.\nDie zweite Methode zur Darstellung der Aderfigur besteht in folgendem: W\u00e4hrend man auf einen m\u00f6glichst dunklen Hintergrund blickt, h\u00e4lt man weit seitlich von der Augenaxe eine stark leuchtende Flamme. Der dunkele Hintergrund scheint sich auch hier mit einem gelblichen Lichtnebel zu \u00fcberziehen, aus welchem bei kleinen Bewegungen der Flamme die Schatten der Gef\u00e4ssverzweigungen schwarz gezeichnet auftauchen.\nDer Stelle des deutlichsten Sehens entspricht bei dem Versuche eine hellere Stelle auf einer Seite von einem halbmondf\u00f6rmigen Schatten eingefasst.\nBei Bewegungen der Flamme bewegen sich die Schatten der Gef\u00e4sse im Gesichtsfelde im gleichen Sinne, wenn die Bewegung in einer Meridianebene stattfindet. Geht dagegen die Bewegung senkrecht zu einer Meridianebene vor sich, so bewegen sich die Schatten entgegengesetzt wie die Flamme.\nDie soeben beschriebenen Erscheinungen sind zum gr\u00f6ssten Theil schon von Purkinje beobachtet, aber erst viel sp\u00e4ter ist von H. M\u00fcller die richtige Erkl\u00e4rung gegeben. Sie beruht darauf, dass ein sehr helles Netzhautbildchen bei sonst sehr dunkelem Gesichts-","page":123},{"file":"p0124.txt","language":"de","ocr_de":"124 Fick, Physiol. Optik I. 6. Cap. Abweichungen d. wirklichen Auges vom idealen.\nfelde als eine Lichtquelle anzusehen ist, welche nach allen Seiten Strahlen aussendet. Dem entspricht der allgemeine Lichtnebel, welcher das dunkele Gesichtsfeld \u00fcberzieht. Sei beispielsweise a in Fig. 29 die Flamme, dann wird ihr Netzhautbild b Strahlen aussenden, welche den ganzen Augenhintergrund beleuchten, befindet sich nun bei v ein Gef\u00e4ss-querschnitt, so wird der von b nach c gehende Strahl abgefangen und der an die ungewohnte Stelle bei c fallende Schatten des Gef\u00e4sses wird bemerkt und im Gesichtsfelde in der Richtung nach d projicirt. Bewegt sich die Flamme von a nach a so r\u00fcckt das Netzhautbild von b nach \u00df, der Schatten von c nach y, die Netzhautstelle y setzt aber die Ursache ihrer Erregung in der Richtung <5 nach aussen.\nDas scheinbare Schattenobjekt hat sich also in gleichem Sinne von rechts nach links wie die Lichtflamme bewegt. Anders muss es sich bei einer Bewegung der Flamme senkrecht zur Meridianebene verhalten. Geht z. B. die Flamme vom Punkte a weg hinter die Ebene des Papieres, so geht das Bild von b weg vor dieselbe, der Schatten c geht dahinter und endlich das scheinbare Objekt d vor die Ebene des Papieres, macht also eine Bewegung in umgekehrtem Sinne wie die Flamme.\nDen halbmondf\u00f6rmigen Schatten in der Gegend des deutlichsten Sehens erkl\u00e4rt M\u00fcller f\u00fcr den Schatten, welchen der dem hellen Netzhautbildchen zugewandte Rand der Netzhautgrube in diese hinein werfen muss.\nDerselbe Forscher hat noch versucht die Bewegungen der Ge-f\u00e4ssschatten zu benutzen, um zu bestimmen, wie weit hinter der ge-fassf\u00fchrenden Schicht diejenige Schicht der Netzhaut liegt, welche die durch das Licht gereizten Elemente enth\u00e4lt. Es ist n\u00e4mlich klar, dass unter sonst gleichen Umst\u00e4nden die Bewegung der Schatten um so gr\u00f6sser sein muss, je weiter vor der reizbaren Schicht die Gef\u00e4sse liegen und wenn man also die Verschiebung der Schatten misst bei einer gleichfalls gemessenen Verschiebung der Lichtquelle, so kann man die Entfernung der Gef\u00e4sse von der reizbaren Schicht berechnen. H. M\u00fcller benutzte zur Berechnung die erst beschriebene Beobachtungsart der Gef\u00e4ssschatten, wo als Lichtquelle ein auf der Sklera entworfenes Sonnenbildchen diente. Eine Verschiebung desselben wurde mit dem Zirkel direkt gemessen und gleichzeitig die Verschiebung der scheinbaren Schattenobjekte beobachtet. Auf Grund leicht herzustellender Construktionen fand M\u00fcller, dass die reizbare\nFig. 29.","page":124},{"file":"p0125.txt","language":"de","ocr_de":"Purkin je\u2019s Aderfigur.\n125\nN\nSchicht der Netzhaut etwa 0,2 bis 0,3 mm. hinter der gef\u00e4ssf\u00fchren-den liegen m\u00fcsse. Die reizbare Schicht der Netzhaut ist hiernach jedesfalls eine der \u00e4ussersten. Es werden sich aus der Lehre von der Lichtempfindung sp\u00e4ter noch Gr\u00fcnde ergeben, aus welchen man die Eigenschaft der Reizbarkeit durch Licht der \u00e4ussersten Schicht der Netzhaut, n\u00e4mlich der St\u00e4bchen- und Zapfenschicht zuschreiben muss.\nDass beim gew\u00f6hnlichen Sehakte die Schatten der Gef\u00e4sse nicht auffallen, hat seinen Grund theils darin, dass hierbei keine eigentlichen Kernschatten in der reizbaren Netzhautschicht entstehen. Ist n\u00e4mlich das ganze Sehfeld mit mehr oder weniger hellen Objekten erf\u00fcllt, so wirkt die Pupille gleichsam wie eine leuchtende Scheibe. Da nun die st\u00e4rksten Zweige der v. centralis retinae nur 0,038 mm. dick sein sollen, so w\u00fcrde ihr Kernschatten \u2014 eine 4 mm. weite Pupille als Lichtquelle gedacht \u2014 nur etwa 0,17 mm. lang sein, also noch nicht, bis in die reizbare St\u00e4bchenschichte reichen. Die verwaschenen Halbschatten werden aber unbemerkt bleiben, weil sie sich best\u00e4ndig auf denselben Netzhautelementen halten und diese daher durch die relative Schonung an Reizbarkeit gewinnen, was ihnen an Reizst\u00e4rke durch die Beschattung entgeht.\nWenn diese l\u00e4ngst allgemein anerkannte Erkl\u00e4rung f\u00fcr die Un-merklichkeit der Gef\u00e4ssschatten beim gew\u00f6hnlichen Sehen richtig ist, so m\u00fcssen dieselben bei erstem Aufschlag der Augen auf jedem hellen Hintergrund erscheinen1, wenn das Auge l\u00e4ngere Zeit geschlossen war, so dass alle Elemente der Netzhaut eine gleiche Reizbarkeit erlangt haben. Dies kann man in der That sehr leicht beobachten. Ich sehe einige Gef\u00e4ssschatten beim ersten Augenaufschlag schon aufblitzen, wenn ich das Auge nur eine einzige Minute vorher geschlossen gehalten habe. Bei dieser Art die Gef\u00e4ssschatten sichtbar zu machen tritt aber etwas noch auff\u00e4lliger hervor als bei jeder anderen, was mir zu beweisen scheint, dass die Unsichtbarkeit der Gef\u00e4ssschatten im gew\u00f6hnlichen Sehakte doch noch andere Gr\u00fcnde haben muss als die gemeiniglich angef\u00fchrten, dass n\u00e4mlich die Reizbarkeit der ausserhalb der Gef\u00e4ssschatten liegenden Netzhautelemente durch die st\u00e4rkere Bestrahlung alsbald abgestumpft w\u00fcrde. Es m\u00fcssten n\u00e4mlich in Folge dieses Umstandes die beim ersten Augenaufschlag erscheinenden Gef\u00e4ssschatten dadurch verschwinden, dass die Helligkeit des Grundes zu dem Grade herabs\u00e4nke der in den Schatten herrscht. Faktisch verschwinden aber die Schatten indem ihre Helligkeit auf den Grad der Helligkeit des Grundes rasch ansteigt. Es muss also ohne Zweifel noch ein bisher \u00fcbersehener wirksamer Umstand aufgesucht werden.\n1 Hermann, Grundr. d. Physiol. 5. Aufl. S. 366.","page":125},{"file":"p0126.txt","language":"de","ocr_de":"126\nFick. Physiol. Optik I. 7. Cap. Augenspiegel.\nSIEBENTES CAPITEL.\nDas vom Augenkintergrunde zur\u00fcckkehrende Liclit. (Augenspiegel).\nSchon im vorigen Abschnitte hat sich gezeigt, dass das auf den Augenhintergrund fallende Licht keineswegs vom Pigmente der Cho-rioidea ganz verschluckt wird, da wir ein Flammenbildchen auf der Netzhaut als eine Lichtquelle wirken sahen, die den ganzen \u00fcbrigen Augenhintergrund mit einem sehr merklichen Lichtschimmer \u00fcberzieht. In der That giebt es auch gar kein schwarzes Pigment, welches das darauf fallende Licht vollst\u00e4ndig absorbirt. Es muss also stets von einem durch helle Objekte stark beleuchteten Augenhinter-grund eine sehr erhebliche Lichtmenge zur\u00fcckstrahlen und es muss ohne Zweifel von diesem Lichte auch ein entsprechender Theil seinen Weg durch die Pupille wieder nach aussen nehmen. Wenn man dies bedenkt, k\u00f6nnte es paradox erscheinen, dass gleichwohl die Pupille jedes fremden Auges absolut schwarz erscheint, selbst wenn der Hintergrund dieses Auges ausgedehnte Bilder sehr heller Objekte enth\u00e4lt. Stellt man sich aber den Gang der vom Augenhintergrund zur\u00fcckkehrenden Strahlen genauer vor, so ergiebt sich der Grund f\u00fcr die tiefe Schw\u00e4rze der Pupille. In der That wird ja jedes von einem Punkte des Augengrundes ausgehende Strahlenb\u00fcndel, welches die Pupille durchsetzt nach dem bekannten Gesetze der Beciprocit\u00e4t beim Strahlengange hin und her durch die brechenden Fl\u00e4chen in ein homocentrisches Strahlenb\u00fcndel verwandelt, dessen Vereinigungspunkt auf dem durch den leuchtend gedachten Punkt des Augengrundes gezogenen Richtungsstrahl liegt, und zwar in der Entfernung f\u00fcr welche das Auge eingestellt ist. Bringt nun an diesen Ort der Beobachter sein Auge um das Strahlenb\u00fcndel hineinfallen zu lassen, so kann ein solches unm\u00f6glich existiren, da sich ja an diesem Orte eine starke Lichtquelle befinden muss, wenn der betreffende Punkt im Hintergrund des beobachteten Auges stark beleuchtet und mithin selbst leuchtend sein soll. Man sieht also, dass sicher wenigstens in dem Falle, wo das beobachtete Auge auf die Entfernung eingerichtet ist, in welcher sich das b\u00e8obachtende Auge befindet, diesem letzteren die Pupille des beobachteten absolut schwarz erscheinen muss aus dem einfachen Grunde, weil nur von solchen Punkten des be-","page":126},{"file":"p0127.txt","language":"de","ocr_de":"Schw\u00e4rze der Pupille.\n127\nobachteten Augenhintergrundes Licht durch dessen Pupille ins beobachtende Auge gelangen k\u00f6nnte, die das Bild von der Pupille des letzteren aufnehmen, welches Bild aber eben dunkel ist. Auf die Lichtabsorption im Hintergrund des beobachteten Auges kommt es dabei gar nicht an. Von der Richtigkeit dieser Ueberlegung kann man sich leicht \u00fcberzeugen, wenn man auf die Blendung des Okulares eines Fernrohres oder Mikroskopes ein Bl\u00e4ttchen Papier legt, das farbig oder sogar weiss sein darf. Immer wird die Oeffnung der Okularlinse von einiger Entfernung aus gesehen schwarz erscheinen, wenn man daf\u00fcr sorgt, dass nur durch diese und nicht von der anderen Seite des Okularrohres her Licht auf das Bl\u00e4ttchen fallen kann. Man wird n\u00e4mlich auch hier nur von solchen Punkten des Bl\u00e4ttchens Licht erhalten k\u00f6nnen, die im Bereiche des (freilich nicht ganz scharfen) Bildes liegen, das die Okularlinse von der Pupille des eigenen Auges auf dem Bl\u00e4ttchen entwirft und diese Stelle desselben ist eben unbeleuchtet.\nDer soeben gegebenen Erkl\u00e4rung von der Dunkelheit einer beobachteten Pupille scheint die Thatsache zu widersprechen, dass die Pupille eines albinotischen Menschen oder Thieres nicht schwarz, sondern r\u00f6thlich erscheint. Hiergegen hat aber Donders einen sehr schlagenden Versuch geltend gemacht, der darin besteht, dass man die Sklerotica und Cornea des albinotischen Auges mit einem undurchsichtigen Schirm bedeckt, in welchem ein rundes Loch etwas kleiner als die Pupille eingeschnitten ist, das gleichsam eine k\u00fcnstliche Pupille bildet. Diese erscheint dann ebenso schwarz wie die Pupille eines pigmentirten Auges. Dieser Versuch beweist, dass der Hintergrund des albinotischen Auges keineswegs desswegen hell erscheint weil ihm selbst das Pigment fehlt, sondern weil die Iris und die angrenzenden Theile der Chorioidea wegen Pigmentmangels durchscheinend sind, so dass durch sie hindurch ein diffuser Lichtschimmer im ganzen Auge verbreitet wird, der auch die Stelle des Hintergrundes beleuchtet, welche das Bild des beobachtenden Auges aufnimmt.\nIndem man das an die Spitze dieser Er\u00f6rterung gestellte Princip sch\u00e4rfer fasst, kann man den Satz aussprechen: In die Pupille eines beobachtenden Auges k\u00f6nnen nur von solchen Punkten des Hintergrundes eines beobachteten Auges Strahlen gelangen, auf welche auch umgekehrt von Punkten jener Pupille Strahlen fallen k\u00f6nnen. Der Inbegriff aller dieser Punkte ist aber das Bild \u2014 im weiteren Sinne des Wortes \u2014 der Pupille des Beobachters auf dem Grunde des beobachteten Auges. Ist dies Bild ein Zerstreuungsbild, so k\u00f6n-","page":127},{"file":"p0128.txt","language":"de","ocr_de":"128 Fick, Physiol. Optik I. 6. Cap. Abweichungen d. wirklichen Auges vom idealen.\nnen sehr wohl einzelne Th eile desselben mit Theilen der Zerstreuungsbilder anderer Gegenst\u00e4nde zusammenfallen. Wenn also das beobachtete Auge nicht f\u00fcr die Entfernung angepasst ist, in welcher sich die (scheinbare) Pupille des Beobachters befindet, so kann es unter g\u00fcnstigen Umst\u00e4nden Stellen im Hintergr\u00fcnde jenes Auges geben, die einerseits von einer starken Lichtquelle wirklich Licht empfangen andererseits aber in die Pupille des Beobachters wirklich Licht senden. Dieser letztere wird alsdann die beobachtete Pupille nicht ganz schwarz, sondern mit einem matten r\u00f6thlichen Schimmer erf\u00fcllt sehen. Am leichtesten kann man die erforderlichen Bedingungen folgendermaassen hersteilen. Es sei T Fig. 30 ein stark myopisches Auge, die Myopie kann n\u00f6thigenfalls durch willk\u00fcrliche Akkommodation hergestellt werden. In einer die Sehweite dieses Auges weit \u00fcbertreffenden Entfernung stellt man nun eine Lichtflamme davor auf. Ein Punkt L derselben wird alsdann auf der Netzhaut von T einen Zerstreuungskreis beleuchten dessen Durchmesser L \u00c42 ist. Das beobachtende Auge N stellt sich nun dicht neben L und blendet sich durch einen Schirm 8 den st\u00f6renden Schein von L weg. Dem \\ Mittelpunkt der Pupille von A7wird auf der Netzhaut von T ein Zerstreuungskreis vi V2 entsprechen , dem die Strecke n h mit dem Zerstreuungskreis von L gemeinsam ist. Jeder Punkt dieser Strecke kann also von L Licht empfangen und solches nach N senden. Z. B. empf\u00e4ngt der Punkt vi auf einem Wege zwischen den ausgezogenen Linien Licht von L und sendet einep Strahl nach j N auf dem Wege der punktirten Linie. In der That sieht unter diesen Umst\u00e4nden der Beobachter bei X die Pupille von T schwach r\u00f6thlich schimmernd, wie zuerst Br\u00fccke bemerkt hat. j Noch viel vollkommener und vom Anpassungszustand des beobachteten Auges ganz unabh\u00e4ngig kann man den Zweck erreichen, die Pupille leuchtend zu sehen durch einen sinnreichen Kunstgriff von Helmholtz. Man stellt n\u00e4mlich wie Fig. 31 im Grundriss andeutet zwischen das beobachtende Auge B und das beobachtete C eine planparallele Glasplatte S schr\u00e4g auf. Sie macht als Spiegel wirkend von der Licht-","page":128},{"file":"p0129.txt","language":"de","ocr_de":"Verschiedene Systeme des Augenspiegels.\n129\nvB\nvr\nFig. 31.\nflamme -4 ein Bild \u00ab. Die Strahlen der Flamme fallen also in das Auge C so hinein als k\u00e4men sie von \u00ab her, welche Richtung dieselbe ist wie die yon B her. Sie werden also jedesfalls auch die Netzhautpunkte in C beleuchten, welche dem Zerstreuungsbilde der Pupille von B entsprechen. Dies Auge wird demnach durch die Platte S hindurch die Pupille von C hell sehen. War einmal die M\u00f6glichkeit gegeben vom Hintergr\u00fcnde eines Auges wirksame Lichtstrahlen in das eigene Auge zu leiten, so konnte man auch den Plan fassen, jenen Augenhintergrund deutlich zu sehen. Eine Vorrichtung, welche dies erm\u00f6glicht, nennt man einen \u201e Augenspiegel Die erste solche ist von Helmholtz erfunden, welcher dadurch eine neue Aera der Augenheilkunde heraufgef\u00fchrt hat.\nStellt man sich die richtige Stelle vom -Hintergr\u00fcnde des beobachteten Auges irgendwie leuchtend gemacht vor, so kommt es um sie deutlich sichtbar zu machen nur noch darauf an, dass die von den einzelnen Punkten dieser Stelle ausgehenden Strahlenb\u00fcndel nach ihrem Austritt aus dem Auge so gebrochen werden, dass ihre Strahlen oder deren Richtungen sich in Punkten schneiden, welche in der deutlichen Sehweite vom beobachtenden Auge liegen. Diesen Zweck kann man nun auf zwei Wegen zu erreichen suchen. Entweder man stellt das beobachtende Auge nahe an das beobachtete und sucht die aus dem letzteren hervortretenden Strahlenb\u00fcndel (wenn sie es nicht schon sind) in divergente zu verwandeln, deren bloss virtuelle Schnittpunkte hinter dem beobachteten Auge in der deutlichen Sehweite des beobachtenden liegen. Oder zweitens man stellt das beobachtende Auge weiter entfernt vom beobachteten auf und bringt die aus diesem ausfahrenden Strahlenb\u00fcndel sehr rasch zur reellen Convergenz, so dass die Schnittpunkte vom beobachtenden Auge in dessen deutlicher Sehweite liegen, das letztere kann dabei n\u00f6tkigesfalls noch mit einer seine Sehweite verk\u00fcrzenden Sammellinse versehen werden.\nJede dieser beiden Beobachtungsarten kann man kombiniren mit jeder der beiden Beleuchtungsarten, und erh\u00e4lt so 4 Grundformen des Augenspiegels, n\u00e4mlich : 1. Beleuchtung mittels der durchsichtigen spiegelnden Platte, Beobachtung im virtuellen Bilde (die urspr\u00fcngliche Form des Augenspiegels von Helmholtz). 2. Beleuchtung ebenso,\nHandbuch der Physiologie. Bd. III.\t9","page":129},{"file":"p0130.txt","language":"de","ocr_de":"130\nFick, Physiol. Optik I. 7. Cap. Augenspiegel.\nBeobachtung im reellen Bilde (Augenspiegel von Engelhard l)- 3. Beleuchtung durch theilweise Deckung des Zerstreuungsbildes von der Pupille des Beobachters mit dem Zerstreuungsbilde von einer starken Lichtquelle im beobachteten Auge, Beobachtung im virtuellen Bilde (Augenspiegel von Donders und van Trigt, Coccius, Liebreich etc.). 4. Beleuchtung nach demselben Princip, Beobachtung im reellen Bilde (Augenspiegel von Ruete, Liebreich etc.).\nDie erste dieser 4 Grundformen ist durch die schr\u00e4ge Glasplatte und die Lampenflamme in der Anordnung von Fig. 31 schon ganz vollst\u00e4ndig gegeben, wenn das beobachtete und das beobachtende Auge beide emmetropisch sind. In der That in diesem Falle geht jedes von einem Netzhautpunkte des beobachteten Auges ausgesandte Strahlenb\u00fcndel als parallelstrahliges aus demselben hervor und ein solches wird auf der Netzhaut des ebenfalls emmetropisch gedachten beobachtenden Auges in einem Punkte wieder vereinigt. Das letztere sieht demnach ohne alle weitere H\u00fclfsmittel die beleuchteten Theile der beobachteten Netzhaut deutlich und zwar als ein scheinbar in unendlicher Ferne befindliches Objekt, in welchem oben, unten, rechts, links liegt was in Wirklichkeit ebenso liegt. Das beobachtende Auge sieht also ein aufrechtes virtuelles Bild der Netzhaut. Da es in unendlicher Ferne liegt ist es auch unendlich gross. Der Yergr\u00f6sserungscoefficient ist demnach hier nach einem anderen Prin-cip zu berechnen, wie weiter unten gezeigt werden soll.\nDer Beobachter sieht auch dann ohne jede k\u00fcnstliche dioptrische Vorrichtung die Netzhaut eines dicht vor ihm befindlichen Auges deutlich, wenn das beobachtende Auge in ungef\u00e4hr demselben Grade myopisch ist, in welchem das beobachtete hypermetropisch ist oder umgekehrt. In jedem andern Falle bedarf aber das beobachtende Auge noch eines k\u00fcnstlichen dioptrischen Apparates, um die beobachtete Netzhaut deutlich zu sehen, und zwar besteht derselbe einfach aus einer Konkavlinse, wenn beide Augen myopisch sind oder das eine wenigstens st\u00e4rker myopisch ist als das andere hypermetropisch, mit einem Worte, wenn die Summe der Refractionswerthe beider Augen positiv ist. Um dies anschaulich zu machen, ist in Fig. 32 ein Meridianschnitt des beobachteten Auges bei A dargestellt, dasselbe sei auf die Entfernung des Punktes b, die wir selbst mit b bezeichnen wollen, eingestellt, dann wird das von einem Punkte a seiner Netzhaut ausgesandte Strahlenb\u00fcndel nach b konvergirend austreten und w\u00fcrde auf der Netzhaut des f\u00fcr die Entfernung des Punktes\n1 Engelhakd, Eine neue Form des Augenspiegels. M\u00fcnchen 1878.","page":130},{"file":"p0131.txt","language":"de","ocr_de":"Pr\u00fcfung der Sehweite mit dem Augenspiegel.\n131\nd (die selbst mit d in der Rechnung bezeichnet werden soll) eingerichtet gedachten beobachtenden Auges einen Zerstreuungskreis beleuchten. Soll nun dies sowie die von andern a benachbarten Netz-\nhautpunkten ausgesandten Strahlenb\u00fcndel auf der Netzhaut des Beobachters punktuell vereinigt werden, so muss jedes dieser konvergenten B\u00fcndel in ein divergentes verwandelt werden und zwar von solcher Divergenz, als k\u00e4men sie aus der Entfernung d. Das kann aber eine Zerstreuungslinse B bewirken. Zu diesem Ende muss ihre (negative) Brennweite so gew\u00e4hlt sein, dass sie von dem virtuellen Objekte bei b ein virtuelles Bild bei d entwirft. Der Abstand des virtuellen Objektes bei b von der Linse ist aber (b \u2014 e,), wenn ev die Entfernung der Linse vom beobachteten Auge ist. Der gew\u00fcnschte Abstand des virtuellen Bildes bei d von der Linse ist d\u2014e2, wenn e > die Entfernung zwischen der Linse und dem beobachtenden Auge ist. Eine Linse aber, welche von einem um b \u2014 e, von ihr abstehenden virtuellen Objekte ein um d \u2014 e, von ihr abstehendes virtuelles Bild machen soll, muss eine Brennweite x haben, die der Gleichung\n1\ti\t_ 1\nb \u2014 ei d \u2014 e-2 x\ngeneigt, woraus sich f\u00fcr x nat\u00fcrlich ein negativer Werth ergiebt, d. h. es ist eine Zerstreuungslinse erforderlich. Gew\u00f6hnlich sind b und d viel gr\u00f6sser als e{ und e2, so dass man diese Summanden in den Nennern ganz weglassen kann und sich x aus der einfacheren Gleichung\t1\t1 __ 1\n~~b\td~~lc\nberechnet. Diese kann in Worten ausgesprochen werden: der reci-proke Werth der Brennweite der zur Beobachtung erforderlichen Zerstreuungslinse ist die negativ genommene Summe der beiden Br\u00fcche, welche die Refraktionszust\u00e4nde des beobachteten und des beobachtenden Auges messen. Kennt also der Beobachter seinen eigenen Refractionswerth und hat er empirisch die Linse herausgefunden, welche er zur Beobachtung eines bestimmten Auges n\u00f6thig hat, so braucht er nur vom positiv genommenen reciproken Werthe der Linsenbrennweite seinen eigenen Refraktionswerth abzuziehen,","page":131},{"file":"p0132.txt","language":"de","ocr_de":"132\nFick, Physiol. Optik I. 7. Cap. Augenspiegel.\num den Refraktionswerth des beobachteten Auges zu erhalten. Dies ist die S. 76 erw\u00e4hnte Methode, den Refraktionswerth eines Auges ohne subjektive Sehpr\u00fcfungen zu bestimmen.\nUm die Vergr\u00f6sserung bei dieser Art der Beobachtung numerisch darstellen zu k\u00f6nnen, muss man verabreden, was man darunter verstehen will, denn die Vergleichung der Abmessungen des virtuellen Bildes und des als Objekt dienenden Netzhautst\u00fcckes hat kein Interesse, da jene Abmessungen mit der Sehweite des beobachtenden Auges bis ins Unendliche wachsen k\u00f6nnen. Wir setzen demnach fest, unter der Vergr\u00f6sserungszahl soll hier wie bei mikroskopischen Bildern verstanden werden, wievielmal gr\u00f6sser der Sehwinkel ist, unter welchem das virtuelle Bild erscheint, als der Sehwinkel, unter welchem das gesehene Netzhautst\u00fcck in 8 par. Zoll Entfernung versetzt erscheinen w\u00fcrde. Sei nun der Pfeil a der Durchmesser des gesehenen Netzhautst\u00fcckes und der Pfeil bei b das reelle Bild, welches durch den brechenden Apparat des beobachteten Auges davon aussen entworfen w\u00fcrde. Seine L\u00e4nge \u00df wird \u2014 -- a sein,\nwenn mit x die Entfernung des Knotenpunktes von der Netzhaut im Auge A bezeichnet wird. Die Linse B entwirft nun von dem f\u00fcr ihren Standpunkt virtuellen Objekte bei b ein virtuelles Bild bei ri, dessen Durchmesser \u00f4 sich berechnet\nd \u2014 e-i b b \u2014 ex y.\nDiese Gr\u00f6sse durch d dividirt oder\nd \u2014 e\\ b a d b \u2014 e2 y \u2019\nist aber die doppelte Tangente des halben Gesichtswinkels, unter welchem das schliesslich virtuelle Bild dem beobachtenden Auge erscheint, oder da es sich hier nur um kleine Gesichtswinkel handeln kann, geradezu das Bogenmaass dieses Gesichtswinkels. Ebenso ist das Bogenmaass des Winkels, unter welchem der Durchmesser a = des Netzhautst\u00fcckchens in eine Entfernung von 8 Zoll frei vor das\nAuge gesetzt erscheinen wird g oder wenn man in Millimetern messen\nwiU w. sprechend\nDie Vergr\u00f6sserungszahl w\u00e4re also der Verabredung ent-d \u2014 e2 io u a d \u2014 e-2 b 216\nd b \u2014 el y \u2018 216\td b \u2014 ei x\noder wenn wir wieder e-2 und ei gegen d und b vernachl\u00e4ssigen =","page":132},{"file":"p0133.txt","language":"de","ocr_de":"Verminderung der Hornhautreflexe.\n133\n\u2014\u2014. Setzen wir nun x f\u00fcr ein normales Auge in runder Zahl =\n15 mm., so ergiebt sich die Vergr\u00f6sserung der Netzhaut bei Beobachtung aus unmittelbarer N\u00e4he im virtuellen aufrechten Bilde als eine etwa 14,4fache. Diese Zahl ist, wie man sieht, unabh\u00e4ngig von den Refraktionszust\u00e4nden der beiden Augen, nur m\u00fcssen die beiden Sehweiten viel gr\u00f6sser als der Abstand zwischen beiden Augen sein, welche Bedingung immer erf\u00fcllt ist, wenn nicht ein oder beide Augen sehr myopisch sind.\nEine theoretisch sehr bemerkenswerthe Eigenth\u00fcmlichkeit des HELMHOLTz\u2019schen Augenspiegels besteht darin, dass man mit demselben im beobachteten Auge das deutliche Netzhautbild der beleuchtenden Flamme sehen kann, denn man kann ja diese in solcher Entfernung aufstellen, dass von ihrem Spiegelbild ein deutliches Bild auf der Netzhaut des beobachteten Auges entsteht, welches dann vom beobachteten Auge 14 mal vergr\u00f6ssert deutlich gesehen wird.\nBeim HELMHOLTz\u2019schen Augenspiegel wie bei der Beobachtungsart aus der N\u00e4he in aufrechtem virtuellen Bilde \u00fcberhaupt ist das zu \u00fcbersehende Netzhautst\u00fcck immer sehr klein. Es ist n\u00e4mlich, wie gezeigt wurde, immer das Zerstreuungsbild der Pupille des beobachtenden Auges im beobachteten. Dies ist aber, wie man leicht sieht, klein, wenn beide Augen einander nahe sind und nur eine Zerstreuungslinse dazwischen steht.\nBei allen ophthalmoskopischen Untersuchungen pflegen die Hornhautreflexe der unentbehrlichen starken Lichtquelle sehr st\u00f6rend zu sein. Um diesen Uebelstand m\u00f6glichst zu vermindern und um die Beleuchtungsst\u00e4rke zu vergr\u00f6ssern, hat Helmholtz bei Construction seines Augenspiegels einen sinnreichen Kunstgriff angewendet. Er nimmt n\u00e4mlich zur Beleuchtung nicht eine, sondern drei dicht zusammengelegte parallele Glasplatten die drei fast zusammenfallende beleuchtende Bilder geben. Stehen sie aber unter einem gewissen Winkel zu den von der Flamme kommenden Strahlen, so wird das reflektirte Licht nahezu vollst\u00e4ndig polarisirt sein. Das an der Hornhaut reflektirte Licht wird diese Polarisation behalten und folglich auf dem Wege zum beobachtenden Auge beim Durchg\u00e4nge durch die Platten sehr geschw\u00e4cht werden. Das von der beobachteten Netzhaut zur\u00fcckkehrende Licht hat dagegen durch die diffuse Zerstreuung die Polarisation verloren und wird also beim Durchgang durch die Platten nur soweit geschw\u00e4cht, als es die gew\u00f6hnliche Absorption bedingt.\nTrotz dieses Kunstgriffes bleibt die Lichtst\u00e4rke des schliesslichen","page":133},{"file":"p0134.txt","language":"de","ocr_de":"134\nFick. Physiol. Optik I. 7. Cap. Augenspiegel.\nBildes bei Beleuchtung mit durchsichtigen Glasplatten immer gering. Zu praktischen Zwecken pflegt man daher die Beobachtung im aufrechten Bilde aus der N\u00e4he zu kombiniren mit dem anderen Princip der Beleuchtung. Um zu verstehen, wie dies zweckm\u00e4ssig auszuf\u00fchren ist, stelle man sich zun\u00e4chst vor, dass ein Hohlspiegel von dem Orte aus, wohin er das Bild einer Flamme wirft, gesehen, selbst wie eine stark leuchtende Fl\u00e4che erscheint, da ja von jedem Punkte derselben ein Strahlenb\u00fcndel ausgeht, das nach den einzelnen Punkten des Bildes divergirt. Steht also hier die Pupille eines Auges, die kleiner als das Flammenbild ist, so wird sie von jedem Punkte des Spiegels her von einem Strahlenkegel erf\u00fcllt. Dasselbe gilt ann\u00e4hernd auch dann noch, wenn das Auge zwischen dem Flammenbilde und dem Spiegel steht. Stellt man also einen Hohlspiegel an die Stelle der Glasplatte schr\u00e4g vor das beobachtete Auge und die Lampenflamme an die geeignete Stelle zur Seite, so kann der Hohlspiegel selbst als leuchtende Fl\u00e4che angesehen werden und er wird ein grosses Feld auf der Netzhaut stark beleuchten. Zum Zwecke der Beobachtung muss nun freilich der undurchsichtige Hohlspiegel ein kleines Loch in der Mitte haben, von welchem kein Licht ausgehen kann, da aber der Rand dieses Loches ein Zerstreuungsbild im beobachteten Auge entwirft, so wird die dadurch entstehende L\u00fccke in der Beleuchtung seiner Netzhaut keine vollst\u00e4ndige sein, sondern nur an einer Stelle eine Schw\u00e4chung derselben bedingen. Eine Idee von der Lichtvertheiluug in dem Zerstreuungsbilde des Loches im Spiegel ab kann Fig. 33 geben, wo der radial gemessene Abstand\nFig. 33.\nder ausgezogenen Kurve cc von der Umfangslinie des Augapfels ungef\u00e4hr die Beleuchtungsst\u00e4rke im betreffenden Punkte der Netzhaut misst. Der radial gemessene Abstand der punktirten Kurve ,\u00df\u00df stellt n\u00e4mlich die vom Spiegeltheil bb herr\u00fchrende Beleuchtungsst\u00e4rke dar und ebenso der Abstand der punktirten Kurve ,aa die vom Spiegeltheil aa herr\u00fchrende Beleuchtungsst\u00e4rke, die radialen Ordinaten der","page":134},{"file":"p0135.txt","language":"de","ocr_de":"Ophthalmoskopische Beobachtung im reellen Bilde.\n135\nKurve ccc sind aber die Summen der Ordinaten der punktirten Kurven. Eine direkte subjektive Anschauung vom Umfang und von der St\u00e4rke der Beleuchtung an den verschiedenen Stellen erh\u00e4lt man, wenn man das eigene Auge an die Stelle des beobachteten vor den Spiegel und die Lichtflamme an ihren Ort bringt. Man sieht leicht, dass die L\u00fccke in der vollen Beleuchtung um so heller wird, je weiter die Pupille des beobachteten Auges ist. Da andererseits auch das Zerstreuungsbild der Pupille des Beobachters im beobachteten Auge oder das vom Beobachter zu \u00fcberschauende Gesichtsfeld von der Pupillenweite des beobachteten Auges abh\u00e4ngt, so ist es f\u00fcr die Beobachtung aus der N\u00e4he im virtuellen Bilde wesentlich jene Pupillenweite so gross als m\u00f6glich zu machen, was durch Atropineintr\u00e4ufelung geschehen kann.\nStatt des durchbohrten Hohlspiegels kann auch ein durchbohrter Planspiegel dienen, wenn zwischen ihn und die Lichtflamme eine Konvexlins.e gesetzt wird. Verschiedene Kombinationen der soeben beschriebenen Beleuchtungsapparate mit den erforderlichen Zerstreuungslinsen in verschiedenen Fassungen mehr oder weniger fest vereinigt bilden die Augenspiegel von Coccius, Donders & van Trigt und Liebreich.\nUm den Augengrund im reellen Bilde zu beobachten, brauchte man \u2014 so scheint es wenigstens \u2014 f\u00fcr mehr oder weniger myopische Augen nur die in Fig. 30 dargestellte Anordnung zu verwirklichen und den Abstand der beiden Augen gleich der Summe ihrer Sehweiten zu machen. In der That muss ja in der Sehweite des beobachteten Auges vom beleuchteten Theile seines Grundes ein reelles umgekehrtes Bild entstehen, was alsdann f\u00fcr den Beobachter in seiner Sehweite l\u00e4ge. Man sieht aber leicht, dass hier die Lichtst\u00e4rke sehr gering sein und das \u00fcbersehene Gesichtsfeld fast auf einen Punkt zusammenschrumpfen w\u00fcrde.\nUm zun\u00e4chst diesem letzteren Uebelstande zu begegnen, setzt man nahe vor das beobachtete Auge A (Fig. 34) eine starke Konvexlinse B, deren Brennweite ungef\u00e4hr gleich ihrem Abstande vom Knotenpunkte dieses Auges ist. Stellt sich jetzt das beobachtende Auge bei C in wenigen Decimeter Entfernung von\tFig. 34.\nder Linse auf, so wird\nsein Gesichtsfeld im Auge A sehr gross. Denkt man sich n\u00e4mlich jetzt ein Strahlenb\u00fcndel vom Mittelpunkte der Pupille des Auges C","page":135},{"file":"p0136.txt","language":"de","ocr_de":"136\nFick, Physiol. Optik T. 7. Cap. Augenspiegel.\nausgehend, so w\u00fcrde dasselbe durch die Linse B in einem Punkte vereinigt, der nahe am Knotenpunkt von A liegt, seine Strahlen gingen also durch das Auge A fast ungebrochen und w\u00fcrden auf seiner Netzhaut ein sehr grosses Feld beleuchten. Die beiden \u00e4usser-sten Strahlen dieses B\u00fcndels, welche durch den Rand der Linse gehen, sind in der Figur als punktirte Linien zu verfolgen. Dieses ganze Feld ist aber das von C aus zu \u00fcbersehende Gesichtsfeld, denn auf jedem Wege, auf welchem ein Strahl von der Pupille des Auges C auf die Netzhaut von A gelangen kann, auf dem kann auch ein Strahl von der Netzhaut des Auges A in die Pupille von C fallen. Es verdient noch bemerkt zu werden, dass jetzt das Gesichtsfeld gar nicht von dem Pupillenrande des Auges A begrenzt, also auch nicht von ihrer Weite abh\u00e4ngig ist. Es ist vom Linsenrande begrenzt, wie aus der Konstruktion ersichtlich, und h\u00e4ngt daher von ihrer Oefifnung allein ab.\nDa die Pupille des Beobachters in Wirklichkeit doch nicht ein blosser Punkt ist, so ist das Gesichtsfeld eigentlich noch ein wenig gr\u00f6sser als aus dieser Konstruktion hervorgeht.\nDie Linse B bewirkt aber zugleich noch etwas Anderes. Ein vom Netzhautpunkte a des Auges A ausgehendes Strahlenb\u00fcndel w\u00fcrde offenbar in der Sehweite dieses Auges, die b heissen mag, wieder vereinigt werden. Der Punkt dieser Vereinigung sei der Punkt b der Figur. Verm\u00f6ge der Brechung, die das B\u00fcndel in B erleidet, wird es aber schon fr\u00fcher, etwa in d, vereinigt. Hier kommt also ein reelles Bild des Punktes a zu Stande. Ebenso entstehen von den a benachbarten Punkten der Netzhaut von A, wenn sie leuchtend sind, reelle Bilder in der N\u00e4he von d und stellen hier in einer zur Axe des Auges A senkrechten Ebene ein verkehrtes reelles Bild der ganzen um a herum gelegenen Netzhautgegend dar. Dies Bild kann nun von C aus deutlich gesehen werden, wenn der Abstand des Punktes d von C, den wir mit d bezeichnen wollen, die deutliche Sehweite von C ist. Sollte diese gr\u00f6sser als d sein, so m\u00fcsste sich C noch mit einer entsprechenden Sammellinse bewaffnen, welche vom reellen Bilde bei d ein virtuelles Bild in der deutlichen Sehweite von C macht.\nUm bei dieser Beobachtungsart die Vergr\u00f6sserung zu berechnen, sei a die wirkliche L\u00e4nge des als Objekt dienenden Netzhautst\u00fcckes von A (des Pfeiles bei a). Davon w\u00fcrde bei b durch die brechenden Medien von A ein reelles Bild entworfen, dessen L\u00e4nge \u00df =\n1 Die Sehweite b mag hier vom Knotenpunkte aus statt vom Hauptpunkte aus gemessen sein.","page":136},{"file":"p0137.txt","language":"de","ocr_de":"Yergr\u00f6sserung bei Beobachtung im reellen Bilde.\n137\n\u2014 a w\u00e4re, wenn wir wie oben mit x den Abstand zwischen Netz-x\nhaut nnd dem Knotenpunkte von A bezeichnen. Dieses reelle Bild dient nun der Linse B als virtuelles Objekt. Setzen wir die Linse, wie oben angenommen, um ihre Brennweite f abstehend vom Knotenpunkte des beobachteten Auges abstehend voraus, so ist der Abstand x des reellen Bildes, das sie von dem ipn b \u2014 f von ihr abstehenden virtuellen Objekte entwirft, zu berechnen aus der Gleichung\nT + -(b-n =7 oder*=\nf(b-f)\nDie L\u00e4nge \u00f6 dieses Bildes ist also\nf<!> - f)\nfiP \u2014 f)\nDa aber gemeiniglich Linsen von kurzer Brennweite angewandt werden, also f meist klein gegen b ist, so wird \u00f4 nahezu\nX\nsein. Da x ungef\u00e4hr 15 mm. betr\u00e4gt, wird also f\u00fcr f \u2014 30 mm., \u00f4 = 2 a, f\u00fcr f \u2014 45 mm. \u00f6 = 3 a, f\u00fcr f\u2014 60 mm. \u00f4 = 4 a sein, d. h. das schliesslich sichtbare reelle Bild des Netzhautst\u00fcckes ist in Wirklichkeit 2-, 3- und 4 mal so gross als das Objekt, wenn eine Linse von 30, 45 und 60 mm. Brennweite vor das beobachtete Auge gesetzt wird. Wollte man die Yergr\u00f6sserungszahl hier nach demselben Principe berechnen wie oben S. 132, so h\u00e4tte ippn den Gesichtswinkel, unter welchem \u00f6 von C aus erscheint, n\u00e4mlich\nzu dividiren durch den Gesichtswinkel, unter welchem a in 8 par. Zoll\noder 216 mm. Entfernung erscheint, d. h.\tdies giebt ^\nW\u00e4re die\u00bbSehweite d des Auges C selbst gerade 216 mm., so stimmt die so berechnete Yergr\u00f6sserungszahl nat\u00fcrlich mit der reellen Yergr\u00f6sserung \u00fcberein.\nUm f\u00fcr diese Beobachtungsart aus der Ferne im verkehrten reellen Bilde zu beleuchten, kann man wieder eine Glasplatte schr\u00e4g vor C setzen und an geeigneter Stelle eine Lampe, deren Reflex durch B in das Auge A f\u00e4llt. Diese Combination ist mit einigen Besonderheiten verwirklicht in dem Augenspiegel von Engelhardt.\nWenn man zur Beleuchtung den durchbohrten Hohlspiegel verwendet, so wird er dicht vor C so gehalten, dass er das reelle Bild einer grossen und hellen Lampenflamme gerade auf die Linse B wirft.","page":137},{"file":"p0138.txt","language":"de","ocr_de":"138\nFick, Physiol. Optik I. 7. Cap. Augenspiegel.\nF\u00fcllt dies die ganze Linse B aus, so erscheint f\u00fcr den Standpunkt yon A die ganze Linse B wie eine stark leuchtende Scheibe, welche also stets ein hinl\u00e4nglich grosses Zerstreuungsbild auf der Netzhaut von A erleuchtet. Darin ist auch kaum etwas von einer L\u00fccke, dem Loche des Spiegels entsprechend, wahrzunehmen. Davon kann man sich subjektiv leicht \u00fcberzeugen, wenn man alles wie zur Beobachtung aufstellt und sein eigenes Auge an die Stelle von A bringt. Aber auch durch Konstruktion des Strahlenganges von der Lampenflamme zum Spiegel und durch die Linse ins Auge kann leicht gezeigt werden, dass keine st\u00f6rend wirkende L\u00fccke in der Beleuchtung zu Stande kommt.","page":138}],"identifier":"lit7707","issued":"1879","language":"de","pages":"1-138","startpages":"1","title":"Erster Theil: Physiologie des Gesichtssinns, Erster Theil: Dioptrik. Nebenapparate des Auges","type":"Book Section","volume":"3"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T13:17:29.693263+00:00"}