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Bemerkungen zu vorstehender Berichtigung: Heymanns, Berichtigung

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{"created":"2022-01-31T12:45:06.311630+00:00","id":"lit791","links":{},"metadata":{"alternative":"Philosophische Studien","contributors":[{"name":"Wundt, Wilhelm","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Philosophische Studien 13: 616-619","fulltext":[{"file":"p0616.txt","language":"de","ocr_de":"Bemerkungen zu vorstehender Berichtigung.\nVon\nW. Wundt.\nDer dankenswerten Erl\u00e4uterung, die Herr Professor Heymans zu seiner Theorie gibt, erlaube ich mir eine kurze, gleichfalls berichtigende Bemerkung beizuf\u00fcgen. Wenn Heymans, wie es nach den Eingangsworten seiner Notiz den Anschein hat, annimmt, es sei von mir seine ganze Theorie auf die Annahme eines Contrastes zwischen \u00bbt\u00e4uschungerregender\u00ab und \u00bbt\u00e4uschunghemmender\u00ab Wirkung der Anfangs- und Endschenkel der Figuren bezogen worden, so entspricht das nicht meiner wirklichen Darstellung. Ich nahm an, dass er in erster Linie bei der Figur mit einw\u00e4rts gekehrten Schenkeln eine der Blickbewegung entgegengesetzte, von den Schenkeln ausgehende Bewegungstendenz , dagegen bei der Figur mit ausw\u00e4rts gekehrten Schenkeln eine von diesen ausgehende gleich gerichtete Bewegungstendenz voraussetze, und dass er dann erst in zweiter Linie aus diesen prim\u00e4ren Tendenzen resultirende und einander entgegengesetzte Wirkungen der Anfangs- und der Endschenkel statuire. Ich nahm dann aber allerdings weiterhin an, er beziehe den Ausdruck \u00bbContrast\u00ab jedesmal auf entgegengesetzte Wirkungen, dort der verschieden gerichteten Schenkel der beiden bei der Vergleichung relativ verkleinert und vergr\u00f6\u00dfert erscheinenden Figuren, hier der beiden Endschenkel einer und derselben Figur. Die obige Auseinandersetzung belehrt mich, dass ich mit letzterer Annahme im Irrthum war, und dass Heymans schon die auf die Blickbewegung bei jeder einzelnen Figur stattfindenden Einfl\u00fcsse als einen Contrast bezeichnet. Mein Irrthum","page":616},{"file":"p0617.txt","language":"de","ocr_de":"Bemerkungen zu vorstehender Berichtigung.\n617\nmag theils in der allerdings, wie ich glaube, nicht ganz klaren Darstellungsweise des fr\u00fcheren Aufsatzes, theils aber auch darin seine Entschuldigung finden, dass der sonst \u00fcbliche Gebrauch des Wortes \u00bbContrast\u00ab im allgemeinen zwei gleichzeitig vorhandene Contrast-objecte voraussetzt, die zu einander in irgend einem Gegens\u00e4tze stehen. Dabei scheint mir, was den ersteren Punkt betrifft, der Umstand; dass Heymans seine Betrachtungen ausschlie\u00dflich an die von ihm so genannte \u00bbBrentano\u2019sche Nonnalfigur\u00ab angekn\u00fcpft hat, das Ver-st\u00e4ndmss seiner eigentlichen Meinung etwas zu erschweren. Da n\u00e4mlich bei dieser \u00bbNormalfigur\u00ab die eine der beiden M\u00fcller-Lyersehen Figuren die unmittelbare oder nur durch einen kleinen Zwischenraum getrennte geradlinige Fortsetzung der andern ist, so ist nicht ohne weiteres ersichtlich, wie die Betrachtung von diesem Specialfall auf die gew\u00f6hnliche, von dem Entdecker der T\u00e4uschung, wie ich glaube mit Recht, bevorzugte Anordnung in parallelen Richtungen zu \u00fcbertragen sei.\nDass nun die obigen Ausf\u00fchrungen von Heymans durch die bestimmtere Ankn\u00fcpfung an bekannte Bewegungst\u00e4uschungen seine Ansicht in klareres Licht stellen, scheint mir unverkennbar. Freilich aber kann ich nicht finden, dass dadurch die Bedenken gegen die Theorie gehoben werden; ich m\u00f6chte im Gegentheil eher glauben, dass sie zunehmen. Ob man berechtigt ist, die Erscheinungen, die in Folge der Betrachtung bewegter Objecte wahrgenommen werden, auf ruhende, die man mit bewegtem oder unbewegtem Blick beobachtet, zu \u00fcbertragen, scheint mir zweifelhaft. Unter den hierher geh\u00f6rigen Bewegungst\u00e4uschungen ist es offenbar die folgende, an die zun\u00e4chst die obigen Ausf\u00fchrungen erinnern. Wenn man am Uferrand eines Flusses eine Zeit lang die Bewegung des str\u00f6menden Wassers betrachtet und dann den Blick pl\u00f6tzlich auf den Ufersand richtet, so scheint dieser w\u00e4hrend einer kurzen Zeit in einer der Str\u00f6mung entgegengesetzten Richtung bewegt zu sein. Diese Scheinbewegung l\u00e4sst sich auf zwei Ursachen zur\u00fcckf\u00fchren: auf die einige Zeit nachdauemde, aber der Beobachtung entgehende oder doch untersch\u00e4tzte Blickbewegung im Sinne der Flussstr\u00f6mung, und auf ein ebenfalls der Beobachtung entgehendes Nachbild der Strombewegung. Die eintretende Scheinbewegung entspricht, wie man annehmen darf, genau der Differenz der wirklichen und der wahr-","page":617},{"file":"p0618.txt","language":"de","ocr_de":"618\nW. Wundt.\ngenommenen Blick- und Nachbildbewegungen. Vergleicht man nun diese Erfahrungen mit der oben von Heymans gegebenen Erl\u00e4uterung seiner Theorie, so scheint mir zwischen beiden F\u00e4llen weder in den Erscheinungen seihst noch in ihren Entstehungsbedingungen eine wirkliche Analogie zu existiren. Jene Bewegungst\u00e4uschung tritt ein, wenn man den Fixirpunkt von dem bewegten Object auf ein ruhendes \u00fcberf\u00fchrt; hei der M\u00fcller-Lyer\u2019schen T\u00e4uschung soll die analoge Scheinbewegung durch die blo\u00dfe Bichtung der Aufmerksamkeit auf eine seitlich gelegene Linie eintreten. Dort ist die secund\u00e4re Scheinbewegung nur von der Bichtung der vorangegangenen wirklichen Bewegung abh\u00e4ngig; hier soll sie von der Bichtung der Linien abh\u00e4ngig sein, auf die sich die Aufmerksamkeit richtet. Dort l\u00e4sst sich die secund\u00e4re Bewegung auf deutlich nachweisbare physiologische Momente zur\u00fcckf\u00fchren und durch Ausschlie\u00dfung derselben beseitigen; hier sind die vorausgesetzten Ursachen rein psychologische, und es gibt weder eine M\u00f6glichkeit ihre Existenz direct nachzuweisen, noch eine solche sie durch Elimination ihrer subjectiven Bedingungen zu unterdr\u00fccken.\nNicht minder scheint mir die Anwendung des Contrastbegriffs auf Bewegungst\u00e4uschungen, wie sie in dem oben angef\u00fchrten Beispiel in Folge der Betrachtung bewegter Objecte stattfinden, und wie sie nach Analogie dieser Erscheinungen hier vorausgesetzt werden, nicht oder doch nur dann zul\u00e4ssig zu sein, wenn man jenen Contrastbegriff zu einem seine eigentliche Bedeutung verdunkelnden Umfang erweitert. Der eigentliche Contrast ist ein Belationsph\u00e4nomen. Ein mittleres Grau erscheint im Verh\u00e4ltnis zu einem umgehenden Wei\u00df dunkler, im Verh\u00e4ltnis zu einem umgehenden Schwarz heller; ebenso erscheint eine Baumstrecke im Verh\u00e4ltnis zu einer benachbarten gr\u00f6\u00dferen verkleinert, zu einer kleineren vergr\u00f6\u00dfert. Der Umstand, dass hei dem Licht- und Farbencontrast diese eigentlichen Contrastph\u00e4nomene vielfach ganz mit dem sogenannten \u00bbsuccession Contrast\u00ab oder den Nachbilderscheinungen zusammengeworfen werden, hat hier leider auch auf die \u00fcbrigen Contrastph\u00e4nomene verwirrend her\u00fcbergewirkt. Immerhin liegt hei dem Licht- und Farbencontrast noch eine gewisse Bechtfertigung f\u00fcr diese Verbindung darin, dass sich hier wirkliche Contrast- und Nachbilderscheinungen h\u00e4ufig untrennbar vermischen, und dass auch der simultane Contrast zum Theil auf physiologischen","page":618},{"file":"p0619.txt","language":"de","ocr_de":"Bemerkungen zu vorstehender Berichtigung.\n619\nIrradiationswirkungen beruht, die den Nachbildwirkungen verwandt zu sein scheinen. Das ist anders auf den Gebieten, wo es, wie bei den geometrisch-optischen T\u00e4uschungen, reine, weder auf Irradiation der Erregung noch auf Nachbildwirkungen zur\u00fcckzuf\u00fchrende Contrast-erscheinungen gibt, die zugleich in ihren Bedingungen von jenen Summationsph\u00e4nomenen, wie sie bei den Bewegungst\u00e4uschungen vorliegen, v\u00f6llig verschieden sind. Die Bewegungst\u00e4uschung nach der Bewegung str\u00f6menden Wassers z. B. ist ein hlo\u00dfes Summationsph\u00e4nomen. Mit demselben Rechte wie sie m\u00fcsste man die am Eisenbahnwagen scheinbar in entgegengesetzter Richtung vor\u00fcbereilenden Gegenst\u00e4nde, die Scheinbewegung des Mondes gegen eine vor\u00fcberziehende Wolke, die Scheinbewegungen beim Drehschwindel u. s. w. zu den Oontrasterscheinungen rechnen; ja es w\u00fcrde, da auf irgend einer Summation theilweise entgegengesetzter Elemente jede Wahrnehmung beruht, schlie\u00dflich kaum irgend ein zusammengesetztes Sinnesph\u00e4nomen geben, das nicht dem Begriff des Contrastes zu sub-sumiren w\u00e4re. Namen sind schlie\u00dflich Sache der freien Wahl. Wer jede Erscheinung, bei der irgendwie entgegengesetzte Eactoren Zusammenwirken, Contrast nennen will, dem kann das nat\u00fcrlich nicht verwehrt werden. Aber dass eine solche Bezeichnung, die dazu n\u00f6thigen w\u00fcrde f\u00fcr den eigentlichen Contrast eine neue ihn unterscheidende Bezeichnung einzuf\u00fchren, zweckm\u00e4\u00dfig sei, wird man doch kaum behaupten k\u00f6nnen.","page":619}],"identifier":"lit791","issued":"1898","language":"de","pages":"616-619","startpages":"616","title":"Bemerkungen zu vorstehender Berichtigung: Heymanns, Berichtigung","type":"Journal Article","volume":"13"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T12:45:06.311636+00:00"}

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