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{"created":"2022-01-31T15:33:53.228027+00:00","id":"lit8703","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie","contributors":[{"name":"Hoppe-Seyler, Felix","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie 3: 351-361","fulltext":[{"file":"p0351.txt","language":"de","ocr_de":"Ueber G\u00e4hrungsprocesse.\nSynthese bei G\u00e4hrungen.\nVon F. Hoppe -Seylcr.\nIm Anschluss an dio Schilderung <l<*r K\u00f6rper, welche bei Einwirkung von Aotzkali in h\u00f6herer Temperatur auf milclisaures Salz entstehen, habe ich bereits; dijirch eine all-gemein\u00ab1 Gleichung einen Ausdruck f\u00fcr die Bildung desselben zy geben versucht und die nahen Beziehungen dieses Processes zur Bildung fetter S\u00e4uren und Alkohol\u00ab* durch G\u00e4hrungen horvorgehoben *).\t.\nAuf die innern Vorg\u00e4nge bei diesen Umwandlungen einzugehen bab\u00ab* ich in dieser Mittheilung - vermieden, weil sich wolil Mancherlei als unm\u00f6glich aussclieiden lioss, zur v\u00f6lligen Beantwortung aber noch wesentliche Fragen zu beantworten waren. Die seitdem von mir fortgesetzten Untersuchungen fiber die Einwirkung der Alkalien auf die Milchs\u00e4ure sowie \u00fcber die F\u00fculniss des Glycerins haben einig\u00ab\u00bb f\u00fcr die Erkennung der Art der Einwirkung der Alkalien oder des Wassers (bei der F\u00fculniss) nicht unwichtige Resultat\u00ab* ergeben, so dass die Entstehung von S\u00e4uren und von Alkoholen und die Ursachen der Synthese besser aufgekl\u00e4rt werden. Ich tlieile diese Resultate schon jetzt niil, weif die weit\u00ab*re experiment ab* Verfolgung der Gfdinmgsorscheinungen dieser Richtung, mit der ich besch\u00e4ftigt bin, voraussichtlich noch einig\u00ab* Zeit in Anspruch nehmen wird.\nWiederholte Versuche \u00abtor vorsichtigeil .aber ziemlich\n') Diese Zeit sc|iritt. DJ. II. S. !\u00ab! u. 17. In der Jiier auf Seite Hi gegebenen Gleichung f\u00fcr die Hiillers\u00e4ureg\u00e4lirungist f\u00e4lschlich eine 2 Wfggclassen ; diese Gleisinnig soll lauten. n H'jlM taK) -P - ('HOIM.au H\u00ab>\u00bb Oj) 2 Hs 4\" n (G(l3llK) 4*","page":351},{"file":"p0352.txt","language":"de","ocr_de":"352\nschnellen Erhitzung von milchsaurem Kalk, gemischt mit \u00fcbersch\u00fcssigem gepulverten Natronkalk in Verbrennungs-r\u00f6liren haben meine fr\u00fcheren Angaben *) best\u00e4tigt. Es werden bei diesem Verfahren neben Essigs\u00e4ure relativ reichliche Quantit\u00e4ten von Butters\u00e4ure, Caprons\u00e4ure und feste fette S\u00e4uren von hohem Moleculargewicht erhalten. Dies\u00ab\u00bb letzteren geben in ihren Natriumverbindungen in heisseoneentrirter L\u00f6sung nach dem Erkalten einen Seifenleim , der fest gela-linirt, ihre Bariumverbindungen sind in Wasser unl\u00f6slieli; einen bestimmten Gebalt an Barium habe ich nicht gefunden, derselbe war stets h\u00f6her als der f\u00fcr Palmitins\u00e4ure berechnete, fiel aber in den einzelnen Versuchen verschieden hoch aus. Auch der Schmelzpunkt war verschieden hoch, stets niedriger als der iler Palmitins\u00e4ure. Die Quantit\u00e4t dieser fetten S\u00e4uren von hohem Moleculargewicht, welche erhalten wurden, blieb immerhin gering.\nEs wurden dann in einer ger\u00e4umigen Silberretorte Portionen von 200 Gr. milchsauren Calciums mit dem gleichen bis dreifachen . Gewicht Aetzkali im Oelbade erhitzt. Die Gasentwickelung begann bei 210 bis 220\u00b0, es entwickelte sich neben Wasserdampf nur WasserstofTgas, der Process steigerte sich bei Erhebung der Temperatur auf 240\u00b0 und war ungef\u00e4hr bei 270 bis 2S0\u00b0 beendet. In der erkalteten Masse wurden haupts\u00e4chlich Essigs\u00e4ure und Propions\u00e4ure, daneben wenig Butters\u00e4ure und wenig feste fette S\u00e4ure gefunden, aber die letzteren fehlten nie ganz. Ameisens\u00e4ure und Oxals\u00e4ure werden bei diesem Verfuhren ebenfalls erhalten. Ameisensaures Kali wird durch Erhitzen mit Aetzkali ebenso wie oxalsaures Kali allerdings unter Wasserstoffen t-wiekelung zu kohlensaurem Salz zersetzt, aber diese Umwandlung tritt erst \u00fcber 300\u00b0 ein; man kann sie deshalb besser im Glassgef\u00e4ss im Bade von geschmolzenem Zinn genau verfolgen.\nDas regelm\u00e4ssige Auftreten der Ameisens\u00e4ure bei der Spaltung der Milchs\u00e4ure durch Aetzkali oder Natronkalk\n11 a. a. O, s>. 11.","page":352},{"file":"p0353.txt","language":"de","ocr_de":"353\n<ri<\u2018])t unzweideutig zu erkennen, dass die Spaltung der Milch-\ns\u00e4ure nach der Gleichung:\nCOOK\nCH (OH) ; + KOH CH\u00ab\nCOOK\nH\nCOOK\nCI\u00cf3\nm\nerfolgt, dass somit an das Carboxyl sich nur der Wasserstoff des Kaliumhydrats, an den liest Clh \u2014CH (Oll) der liest OK sieh anf\u00fcgt unter xVu.stritl zweier Aloim; 1\u00cf, so dass.dieser organische liest zwei Affinit\u00e4ten des Kohlenstoffs, die vorher mit Wasserstoff ges\u00e4ttigt waren, an Sauerstoff anf\u00fcgt.\nEs ist leicht ersichtlich, dass diese Einwirkung des Kuliumhydrats auf den alkoholischen liest der Milchs\u00e4ure in der n\u00e4mlichen Weise geschieht, wie auf irgend einen eins\u00e4uligen Alkohol, nur wird die Carhoxylgruppe von der Milchs\u00e4ure mit II in Verbindung ahgespalten, bei einem einfachen Alkohol statt dessen ein Atom II. Die reichliche Bildung der Propions\u00e4ure neben der Essigs\u00e4ure kann wohl nur als Reduction aufgefasst werden. Lautemann hat allerdings vergebens versucht, durch Einwirkung von Natrium-amalgam aus Milchs\u00e4ure Propions\u00e4ure zu bilden, dagegen gelang ihm diese Reduction durch Jodw\u00e4sserstoff. Als Product einer Synthese sie anzusehen, bietet sich wohl keine M\u00f6glichkeit. Die Entstehung der fetten S\u00e4uren von h\u00f6heren Kohlenstoffatomzahlen im Molecul als die der Milchs\u00e4ure setzt das Auftreten synthetischer Processe bei dieser R\u00fchrung ausser Zweifel, ich will jedoch diese interessante Synthese erst in Betracht ziehen, nachdem die Verh\u00e4ltnisse geschildert sind, welche bei der F\u00e4ulniss des Glycerin von mir gefunden sind.\nEs wurden 450 Gr. Glycerin mit \u00fcbersch\u00fcssigem CaGUa mul etwas faulendem Fibrin in 0 Liter Wasser bei Temperaturen, die zwischen 20\u00b0 und 40\u201d schwankten, \u00a3 Jahre lang unter Luftabschluss durch Quecksilber stehn gelassen. Die Anfangs sehr lebhafte G\u00e4hrung versiegte mich und nach","page":353},{"file":"p0354.txt","language":"de","ocr_de":"354\nund Hess schliesslich noch 150,5 grm. Glycerin unzersetzt zur\u00fcck. Bei der Destillation der Fl\u00fcssigkeit gingen reichlich \u00fcliehe Tropfen \u00fcber ; durch Rectificiren, Abhebon und Trocknen \u00fcber K2C\u00d63 wurden ungef\u00e4hr 13 grm. Alkoholgemiscli gewonnen. Von demselben gingen hei der fractionirten Destillation 34% zwischen SO und 100\u00b0, 20% hei 100 bis HO\" und 40% zwischen 110\u00b0 und 15S\" \u00fcber. Die zweite und letzte Portion wurden wieder vereinigt und mit Brom und Phosphor in die Bromide verwandelt, es gelang aber' nicht, durch fractionirte Destillation sch\u00e4rfere Abgrenzung der im Gemisch enthaltenen einzelnen Bromide zu erhalten: .der Siedepunkt stieg beim Destilliren allm\u00e4lig, ging dann schliesslich weit \u00fcber den des Amylbromid hinaus. Durch Erhitzen mit essigsaurem Silber auf 100\u00b0 wurden die Bromide in die Essig\u00e4ther verwandelt, aus diesen die freien Alkohole regenerirt und diese dann mit chromsauren Kali und Schwefels\u00e4ure oxydirt, die gebildeten S\u00e4uren abdestillirl mit Baryt ges\u00e4ttigt und die Barium Verbindungen fractional aus w\u00e4ssriger L\u00f6sung krystallisiren lassen. Die leichter l\u00f6sliche Portion der Bariumsalze enthielt 45,S3, die schwerer l\u00f6sliche 41,71, im andern Falle 41,31% Barium. Aus dem schwerer l\u00f6slichen Salze wurde die Calciumverbindung durch Destillation mit verd\u00fcnnter Schwefels\u00e4ure und S\u00e4ttigung des Destillats mit GaCOs gewonnen und die L\u00f6slichkeit des Calciumsalzes im Wasser bestimmt. Bei ungef\u00e4hr 17\" von den zuerst ausgeschiedenen Krystallen abgegossen gab die Mutterlauge 28 Thei le Wasser auf 1 Gewichtstheil Calciumsalz. Bei der Destillation der Verbindung mit verd\u00fcnnter Schwefels\u00e4ure gingen gleich Anfangs \u00f6lige Tropfen \u00fcber, die beim Sch\u00fctteln des ganzen Destillats sich langsam l\u00f6sten.\nNach der H\u00f6he der Siedepunkte sowohl der Alkohole als der Bromide, dem Bariumgchulte der durch Oxydation aus den Alkoholen gebildeten S\u00e4uren, der Schwerl\u00f6slichkeit \u00ables Calciumsalzes in Wasser und der Schwerl\u00f6slichkeit der freien fetten S\u00e4ure ist nicht zu bezweifeln, dass llexylalkohol in nicht geringer Quantit\u00e4t im Alkoholgemisch sich befunden hat. Neben demselben konnte sich darin nur eine geringe","page":354},{"file":"p0355.txt","language":"de","ocr_de":"355\nQuantit\u00e4t Butylalkohol oder Propylalkohol befinden, dagegen spricht f\u00fcr die Anwesenheit von Aethylalkohol in nicht ganz, unbedeutender Menge die relativ reichliche Quantit\u00e4t von Alkohol, welche zwischen 80 und 00\u00b0 \u00fcberging.\nViel gr\u00f6sser als die der Alkohole war die Quantit\u00e4t (1er aus der gefaulten Glycerinl\u00f6sung gewonnenen' fetten S\u00e4uren, von denen mehr als zwei Drittel zwischen 105\u00b0 und 405\u00b0 \u00fc herd est il 1 i rte und ein Barytsalz mit 38,22% Bariumgehalt lieferte. Die unter 105\" \u00fcberdestillirende Portion, deren Sieden bei ungef\u00e4hr 118\" begann, konnte wegen des sehr allm\u00e4ligen und gleichf\u00f6rmigen Steigens der Siedetemperatur weder von Propions\u00e4ure noch von Butters\u00e4ure oder Baldriah-s\u00e4ure beachtenswerthe Quantit\u00e4ten enthalten; ich k\u00f6nnte schliesslich aus ihr noch eine Portion der bei 200\u00b0 siedenden S\u00e4ure erhalten und habe sie im Uebrigen nicht weiter untersucht. Da nun auch die CalciumverbindUng der bei 200\u00b0 ungef\u00e4hr siedenden S\u00e4ure in der Schwerl\u00f6slichkeit in Wasser u. s. w. alle Eigenschaften der Caprons\u00e4ure zeigte, halte ich es f\u00fcr entschieden, dass reichliche Quantit\u00e4t von Caprons\u00e4ure neben geringer Quantit\u00e4t von fetten S\u00e4uren niedrigerer Siedepunkte bei der Glycerinf\u00e4nlniss in diesem Versuche gebildet war, dass zugleich ein Gemisch von Alkoholen als Product der F\u00e4ulniss entstanden war, unter denen der Hexylalkphol vorhanden war und vorzuherrschen schien.\nVergleicht man die Resultate, welche von verschiedenen Beobachtern bei der Untersuchung des Glycerin erhalten .sind, so ergiebt sich, dass durch die F\u00e4ulniss hier stets\u2019 fette S\u00e4uren gebildet werden und in den meisten F\u00e4llen auch Alkohole, dass stets oder fast immer mehrere fette S\u00e4uren und mehrere Alkohole neben einander auftreten, dass in einigen Versuchen Butylalkohol neben Butters\u00e4ure und, Caprons\u00e4ure, in andern, wie im oben geschilderten, Hexylalkohol neben Caprons\u00e4ure entsteht.\nWelche Ursachen es bedingen, dass bald die eine oder die andere\u00bb S\u00e4ure vorherrscht, bald der (\u00bbine oder der andere Alkohol reichlicher gebildet wird, l\u00e4sst sich noch nicht bestimmen. M\u00f6gen Verschiedenheit der ein wirkenden Fer-","page":355},{"file":"p0356.txt","language":"de","ocr_de":"350\nn,\u00b0nt<* oder der Temperatur, Concent ration der L\u00f6sung oder noch andere Verh\u00e4ltnisse hierauf einwirken, jedenfalls ist (\u2018i sicht lieh, dass Alkohole und S\u00e4uren hierbei neben einander h\u00e4ufig entstehn, und dass ferner bei der F\u00e4ulnissspaltinig des (dycerin, welche mit reichlicher Entwickelung'von C()L* und mit Wasserstollabtrennung stets verl\u00e4uft, aus den Atom-gruppen, welche hierbei sich abspalten, durch Synthese Alkohole und S\u00e4uren gebildet werden, deren Kohlenstotl\u00e4toin-y.idil im Molecul h\u00f6h\u00ab\u00bbr ist als die des Glycerin.\nDa \\on f it/. Milchs\u00e4mvbildung bei der Glyc<*rinfaulniss gefunden, von Iterter Milchs\u00e4ure* neben Wasserstoff durch Einwirkung von Aetzkali auf Glycerin dargestellt ist, bei der F\u00e4ulniss des milchsaurcn Kalks Butters\u00e4ure, Caprons\u00e4ure u. s. w. neben Butylalkohol von Pasteur sowie von Fit/, erhalten sind, darf wohl angenommen werden, dass diese Vorg\u00e4nge unter gemeinsamen Gesichtspunkten betrachtet und speziell die Glyceriut\u00e4uluiss auf Milchs\u00e4urebildung und Umwandlung dieser S\u00e4ur\u00ab* zur\u00fcckg\u00ab*t\u00fchrt werden k\u00f6nnen, wenn auch die F\u00e4ulniss der milchsauren Salz\u00ab? bis jetzt meines Wissens nie Hexylalkohol und \u00fcberhaupt nicht so leicht und reichlich Alkohol geliefert hat, als di\u00ab*s bei d\u00ab*r G\u00e4hrung des Glycerin zu geschehen pflegt. Wahrscheinlich ist die Wasserstellen I-wickelung, welche \u00ablie Umwandlung ties Glycerin in Milchs\u00e4ur\u00ab* b\u00ab*gleit\u00ab*n muss, die Ursache des reichlich\u00ab*rn Entstehens von Alkohol.\nDi\u00ab* Bildung von Essigs\u00e4ure neben Ameisens\u00e4ure (oder C,()a und IU) ist, wie ob\u00ab*n erl\u00e4utert wurde, mit grosser Sicherheit zu verfolgen, die Erkl\u00e4rung der Alkoholbildung un\u00abt der Synthese biet\u00ab*n dag\u00ab\u2018gen gr\u00f6ssere Schwierigkeiten. Alle Alkoholhildungsweiseh, w\u00ab*lch\u00ab* durch Einwirkung von Aetzalkali aut CI1I01-, Brom-, J\u00abjd- oder Metallverbindung\u00ab*u \u00ab1er Alkoholradicale oder Verbindungen letzterer mit Schwefels\u00e4ur\u00ab? oder andern S\u00e4uren erfolgen, k\u00f6nnen hier nicht wohl in Vergleich gestellt werden, dagegen scheint auf den ersten Blick die Entstehung von Alkohol durch Anf\u00fcgung von Wasserstoff an Aldehyd \u00ab\u00bbine sehr g\u00fcnstige Parallele zu bieten. Z\u00ab*rli\u00ab*l<* \u00ablie Milchs\u00e4ur\u00ab\u00bb in Ameisens\u00e4ure und Aldehy\u00ab! bei\n1","page":356},{"file":"p0357.txt","language":"de","ocr_de":"357\nGegenwart von naschendem Wasserstoff, so m\u00fcsste allerdings Alkohol entstehn. Durch Erhitzen von Milchs\u00e4ure mit nicht zu verd\u00fcnnter Schwefels\u00e4ure erh\u00e4lt maii bekanntlich\nAldehyd und Ameisens\u00e4ure, aber milchsaurC Satze haben durchaus keine Neigung in dieser Weise sich zu zerlegen. Xatriumamalgam greift milchsaures Natrium weder in con-centrirtcr noch in verd\u00fcnnter Losung an. Wenn wir also auch z. B. in der Entstehung von lienzylalkohoi neben Benzoes\u00e4ure durch Wirkung von Aetzalkali auf Bittermandel\u00f6l im Uebrigen eine sch\u00f6ne Parallele linden zu k\u00f6nnen glaubten, w\u00fcrde doch zu ihrer Verwendung erst die M\u00f6glichkeit der Aldehydbildung nachzuweisen sein. Die Aldehydabspaltung, welche in einer Hypothese \u00fcber die Bildung von Butters\u00e4ure aiis Milchs\u00e4ure vor Kurzem verwendet ist, w\u00fcrde zwar mit besserem Grund f\u00fcr die Erkl\u00e4rung der Alkohotentstelmng Anwendung linden k\u00f6nnen, als f\u00fcr die einer S\u00e4ure, bei welcher gleichzeitig Wasserstoff frei werden muss, aber sie ist eben selbst h\u00f6chst unwahrscheinlich.\nDie Milchs\u00e4ure ist bereits ein Alkohol und ihre \u25a0\u25a0Gon-stitution braucht also nur insoweit eine Ae n der in 1 g zu erfahren, als sic* zugleich Carboxyl enth\u00e4lt ; wird dies durch ein Atom Wasserstoff ersetzt, so entsteht Aethylalkoh\u00fcl. Es ist nun nicht zu bezweifeln, dass der Angriff des Wassers bei der G\u00e4hrung zwischen Carboxyl und der angef\u00fcgten alkoholischen Gruppe geschieht, geht dann das dauerstoffatom des Wassers an die letztere, so entsteht S\u00e4ure, geht sie an das Carboxyl, so bildet sich Alkohol:\nCOOH\nCH(01D\nCHa\nCOOH CH (OH) CHa\n+\n_ C0 I OH \u201d CIL (OH) CHa\nCOOH H H OH = COOH CHa\n1 h\nZfitsdirift .1 physiol. ( Iitnii\u00ab1. III.\n","page":357},{"file":"p0358.txt","language":"de","ocr_de":"I\n1 ' : , . \u2022\nBei dieser Betrachtungsweise wird durch die weitere\nAnnahme, dass die hoi der Alkoholbildung entstehende (truppe an Milchsnuremolecule oder an andere solche Gruppen im Enstehungszustando sich anseldiessen k\u00f6nne unter Austritt von je einem Mol. HsO, eine Anschauung zur Erkl\u00e4rung der Synthese gefunden.\nund\nCII (Oll) II\tCH2OII\nCH:\u00bb\tGib\nCH (OH) II \u201c\tGila\nCH:\u00bb\tCH:\u00bb\nCH (Oll) (OH)\tCOOl 1\nCII:\u00bb\tClb\nCII (OH) (II)\tCII2\nCI H\tCH.i\n4- i\nt H\nOH\nt II\nDa jedoch alle derartige Erkl\u00e4rungen sehr viel Hypothetisches enthalten und aus ihrer Anwendung sich neue Gesichtspunkte, welche zur experimentellen Verfolgung der Ersuchen dieser Erscheinungen auffordern k\u00f6nnten, nicht ergeben, will ich die weitere Betrachtung der Variationen, die sich hier bieten, so lange wenigstens verschieben, bis das Verhalten der zweis\u00e4urigen Alkohole und der verschiedenen der Milchs\u00e4ure homologen S\u00e4uren, die hier in Betracht kommen, bei G\u00e4hrungen und Einwirkung von Aetzkali besser experimentell untersucht sein wird, als es jetzt der tall ist.\nDagegen k\u00f6nnen schon jetzt folgende Punkte als thal-s\u00e4chlich ermittelt angesehn werden.\n1. Sowohl durch F\u00e4ulniss als durch Einwirkung von Aet/.alkalieu gehn gewisse Kohlenhydrate ebenso Glycerin in\nMilchs\u00e4ure \u00fcber.\n'2. Sowohl durch F\u00e4ulniss als durch Einwirkung von Aetzalkalien wird aus Milchs\u00e4ure, also auch aus Kohlehydraten, eine Reihe fetter S\u00e4uren gebildet, die nach ihrem Verhalten als normale S\u00e4uren characterisirt sind.\nDiese S\u00e4uren entstehn hierbei theilweise durch Synthese zahlreicher Iieste der Milchs\u00e4ure und es ist somit der Wog offen, aus Kohlehydrat oder Milchs\u00e4ure fette S\u00e4uren","page":358},{"file":"p0359.txt","language":"de","ocr_de":"350\nvon hohem Moleculargowicht, deren KohlenstofTatonv/ahI (durch 2 .theilbar ist, entstehn zu lasst*\u00bb.\n4.\tDiese fetten Sauren entstehn stets. neben II\u00ab und Ameisens\u00e4ure, weicht* letztere durch weitere Einwirkung von F\u00e4ulniss oder Aetzalkali in COj und 11s umgewandelt wird.\n5.\tDurch einen noch nicht sicher bestimmbaren Process 'entstehn hei der F\u00e4ulniss von Kohlehydrat, Glycerin., Milchs\u00e4ure auch Alkoholt* von zum Theil h\u00f6herer Anzahl von KohlenstolTatomen im Molecule als 3 (der Zahl der Kohlen-alouie in der Milchs\u00e4ure).\nBt*i Einwirkung von Aetzalkalien auf Milchs\u00e4ure Otter (ilyeerin- werden solche Alkohole nicht gewonnen, Wahrscheinlich weil Alkoholt* im Eaitstehungszustande von Aetzalkalien unter Hs-EutWickelung in die S\u00e4urt* von gleichem Ggelullte \u00fcht*rgef\u00fchrt werden.\nDit *se geschilderten Verh\u00e4ltnisse sind Ivon\u2019 hoher Bedeutung f\u00fcr das Verst\u00e4ndnis physiologischer Vorg\u00e4nge, denn sie gehen die ersten unverkennbaren Andeutungen .des Weges, auf welchen in Thieren und Pflanzen Fette gebildet werden, wenigstens soweit es die Entstehung der fetten S\u00e4uren selbst anlaugt, w\u00e4hrend die Bildung des (ilyeerin und seine Verbindung mit fetten S\u00e4uren durch Processe erfolgen muss, '-.die mit den oben geschilderten nichts gemein haben.,, weil die letzteren dit* Aetberverbindungen und besonders die.der Fette l\u00f6sen und das (ilyeerin selbst zerlegen.\nMan m\u00f6ge mir nicht einwenden, dass die F\u00e4utnissprocesse andere seien als diejenigen, welche in h\u00f6heren Organismen w\u00e4hrend des Lehens verlaufen, ich w\u00fcrde es nur als .Ver-Inst an Zeit und M\u00fche ansehn gegen den Aberglauben, .dass die eine Baderienart das .Monopol habe, Gaprons\u00e4ure zu l\u00e4briciren, wieder eine andere Essigs\u00e4ure entstehn zu lassen ii. s. w., zu k\u00e4mpfen. Mau wird diesen Glauben schon* von seihst aufgeben, wenn man hei dem jetzt \u00fcblichen Verfahren, di\u00bb* G\u00e4hrungen nach den systematischen Bezeichnungen der Organismen und diese* wieder nach den Eigent\u00fcmlichkeitenr der G\u00e4hrungen zu dassiticiren, so weit in die Irrwege gekommen sein wird, dass man sich nicht herauszufinden vermag. \u2022* .","page":359},{"file":"p0360.txt","language":"de","ocr_de":"360\nGest\u00fctzt auf einige Stoffwechsel versuche habe ich vor \u00b1\\ Jahren es f\u00fcr wahrscheinlich erachtet, dass die Bildung von Fett in Thieren und Pflanzen aus Eiweissstoffen, nicht aus Kohlehydraten erfolge. Voit hat sp\u00e4ter derselben Ansicht sich zugewendet und sie eifrig verfochten, ohne jedoch wesentliche neue Gr\u00fcnde hierf\u00fcr anzugehen. Durch zahlreiche von ihm seihst, von andern Physiologen und landwirthscbaft-liclien (Chemikern ausgef\u00fchrte Stoffwechsel Versuchsreihen hat sich dann ergeben, dass diese Ansicht nur unter der Bedingung haltbar ist, wenn man 1) mehrere M\u00e4stungsergebnisse ohne zwingenden Grund als unrichtig verwirft und 2) annimmt, dass die Eiweissstoffe 51 \u00b0<> ihres Gewichts an Fett zu liefern verm\u00f6chten. Ich habe hiermit bereits meine fr\u00fchere Ansicht als widerlegt angesehen, denn wenn auch die Constitution der Eiweissstoffe noch sehr wenig durchschaut werden kann, ist die Annahme doch geradezu widersinnig, dass sie 51% Fett liefern k\u00f6nnten.\nDa wir jetzt wissen, dass aus den kleinen Moleculen tier Milchs\u00e4ure durch Aneinanderf\u00fcgung der Beste bei der Zerlegung dieser S\u00e4ure durch Aetzkali oder durch Ferment fette S\u00e4uren von viel h\u00f6herer Kohlenstoffatomzahl im Molecule entstehn, kann die Bildung von Fett aus Kohlehydrat nicht mehr als ein Problem erscheinen, dessen Ausf\u00fchrung unm\u00f6glich sei, da ein sehr wichtiger Tlieil des Weges vorgezeichnet isl.\nAuch bei reiner Ei Weissf\u00fctterung wird in Thieren Glycogen gebildet, deshalb wird auch aus Ei weissstoffen Fett entstehn k\u00f6nnen, es ist aber hinreichend bekannt, dass selbst bei reicher Ei weisskost die Fett production eine recht geringe ist.\nEs m\u00f6gen jetzt diese Hinweise gen\u00fcgen, ich werde in einer sp\u00e4tem Mittheilung auf die Entstehung der Fette mit gr\u00f6sserer Sicherheit (\u2018ingehen k\u00f6nnen, nur w\u00fcnschte ich jetzt schon hervorzuheben, dass f\u00fcr die Bildung der S\u00e4uren in den Fetten der Thierc und Pflanzen nach Analogie der oben beschriebenen Processe folgende Thatsachen sprechen:\nI) Das niedrigste Glied der in den Fetten vorkommenden S\u00e4uren ist die Butters\u00e4ure; 2) stets finden sich mehrere","page":360},{"file":"p0361.txt","language":"de","ocr_de":"361\nfette S\u00e4uren in den Fetten neben einander, indem bald di** eine, bald die andere vorherrscht : 3) mit sehr unbedeutenden Ausnahmen ist die Anzahl der KohlensfofFatume in diesen fetten S\u00e4uren durch 2 (heilbar; 1) sie scheinen alle normale S\u00e4uren zu sein: 5) die Fettbildung in Thieren wird, .am, meisten bef\u00f6rdert durch reichliche F\u00fctterung.mit Kohlehydrat bei sonst g\u00fcnstigen Lobensvorh\u00fcltnissen.","page":361}],"identifier":"lit8703","issued":"1879","language":"de","pages":"351-361","startpages":"351","title":"Ueber G\u00e4hrungsprocesse: Synthese bei G\u00e4hrungen","type":"Journal Article","volume":"3"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T15:33:53.228032+00:00"}