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{"created":"2022-01-31T15:33:24.593788+00:00","id":"lit8742","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie","contributors":[{"name":"Hoppe-Seyler, Felix","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie 19: 476-481","fulltext":[{"file":"p0476.txt","language":"de","ocr_de":"Bemerkungen zur vorstehenden IV. Mittheilung von Herrn T. Araki Uber die Wirkungen des Sauerstoffmangels.\nVon\tX.; ::\t;V'\nF. Hoppe-Sevier.\nIn seinen fr\u00fcheren Mittheilungen \u00fcber die Ausscheidung von Milchs\u00e4ure und (Mycose im Harne gesunder, gut gen\u00e4hrter 1 liiere hat Herr A ra ki die Einwirkung. verschiedenartiger Stotre beschrieben, welche in dieser Hinsicht \u00fcbereinstimmen.\nHei seinen jetzigen Untersuchungen \u00fcber die Beziehungen dieser Ausscheidungen der Nieren zum Glycogengehalt der Heber und der Muskeln, sowie zum Alkaligehalte des Blutes dieser Thiere und zur Aenderung der Reaction des Harnes\nhat Herr Araki zur Herstellung des Sauerstoffmangels sich auf die Anwendung der Vergiftung mit Kohlenoxyd, oder mit Amylnitrit oder endlich der Athmung der Thiere in sauerstoffarmer Luft beschr\u00e4nkt. Diese Auswahl erscheint gewiss gerechtfertigt , weil bei den letztgenannten Einwirkungen jeder Zweifel an dem wirklich vorhandenen Sauerstoffmangel ausgeschlossen war und die Ausf\u00fchrung der Versuche keine erhebliche Schwierigkeiten dar bot, auch die Versuchstiere keinen Qualen ausgesetzt zu werden brauchten. Die Ein-\nwirkung starker Abk\u00fchlung oder der Vergiftung mit Strychnin, welche gleichfalls reichliche Ausscheidung von GJycose und Milchs\u00e4ure bewirken, sind nicht so entschieden beweisend, weil das Zustandekommen des Sauerstoffmangels |omplicirter erscheint, auch sind diese Versuche f\u00fcr die Thiere qu\u00e4lend.","page":476},{"file":"p0477.txt","language":"de","ocr_de":"177\nUnter den obengenannten 3 Einwirkungsarten d\u00fcrfte die Anwendung der sauerstoffarmen Luft als das Verfahren angesehen werden, welches die sichersten Resultate liefert, weil die Thiere in diesen Versuchen im Uebrigen sich unter ganz normalen Verh\u00e4ltnissen befanden, insbesondere auch ein erh\u00f6hter G04-Gehalt in der eingeathmeten Luft ganz ausgeschlossen war. F\u00fcr diese Versuche hat sich Herr Ara kl eines Apparates bedient, den ich bereits vor l\u00e4ngerer Zeit f\u00fcr zahlreiche Versuche anderer Art, besonders aber zur Auffindung der Grenze des Sauerstoffdruckes in der Luft, unter welcher das Leben der warmbl\u00fctigen Thiere nicht mehr bestehen kann, benutzt habe. Auch von Stroganow ist in seinen vor langer Zeit im physiologisch-chemischen Institute an-gestellten Untersuchungen eine sehr \u00e4hnliche Apparatanordnung verwendet.\nDer von Herrn Araki benutzte Apparat ist im beir getilgten Holzschnitte abgebildet. Er besteht aus einem ziemlich luftdichten Kasten A, dessen Deckel als Schieber ge\u00f6ffnet werden kann ; in diesem Reh\u00e4lter befindet sich das Versuchstier. An Stelle des Kastens A kann eine auf abgeschliffener Glasplatte luftdicht aufgesetzte tubulirte Glasglocke verwendet werden. B ist ein teilweise mit Wasser gef\u00fclltes Fl\u00e4schchen, G ein Stativ mit 4 mit Kalilauge von 1,27 spec. Gew. teilweise gef\u00fcllten Waschflaschen. D und D' sind- unten offene, oben in engere R\u00f6hren verl\u00e4ngerte Glascylinder, welche durch einen kleinen Wassermotor (von Schmid, Z\u00fcrich) mittelst Transmissionen i, i, p p' p\" in den Quecksilberbeh\u00e4ltern auf und ab bewegt als Pumpen wirken, deren Ventile die mit Kalilauge gef\u00fcllten Waschflaschen in C darstellen. Die aus dem Thierbeh\u00e4lter A oben durch a austretende Luft geht durch das T-R\u00f6hrchen o, je nachdem D oder D' sich gerade aufw\u00e4rts bewegt, in die eine oder die andere der beiden angef\u00fcgten Waschflaschen, gelangt durch die Kalilauge streichend in den im Quecksilber aufsteigenden Glascylinder und wird, wenn derselbe wieder abw\u00e4rts sich bewegt, durch das R\u00f6hrchen r (aus D) oder durch F (aus D') wieder durch Kalilauge getrieben durch m in die kleine Flasche B und 1 von dort\nZeitschrift f\u00fcr physiologische Chemie. XIX.\t'\t*\t'33","page":477},{"file":"p0478.txt","language":"de","ocr_de":"*\n178","page":478},{"file":"p0479.txt","language":"de","ocr_de":"479\ndurch b in den Thierbeh\u00e4lter A eingeleitet. Bei dem Auf-und Abgehen von D und D' wird also von a her abwechselnd Luft nach beiden Cylindern angesaugl und dann wieder nach b zur\u00fcckgepresst; indem dabei die Luft bei der Hin- und R\u00fcckbewegung der Cylinder D und D' jedesmal durch Kalilauge streichen muss, str\u00f6mt gleichzeitig ein ebenso grosses Luftvolumen von A her in die Cylinder ein, als aus denselben nach dem Beh\u00e4lter A zur\u00fcckkehrt.\nDurch den Stopfen der kleinen Flasche B ist; ein oben und unten offenes, senkrechtes Glasrohr so tief eingesteckt, dass das untere Ende unter dem Wasserniveau steht. Das T-R\u00f6hrchen m communicirt mit dem Luftraum in B. Da die von dem Thier ausgeathmeto CO, durch die Kalilauge absorbai wird, erleidet das im Beh\u00e4lter und R\u00f6hrensysteme des Apparates abgeschlossene Luftvolumen bei gleichbleibender Temperatur und unver\u00e4ndertem Barometerstand eine Aen-derung nur entsprechender Aufnahme von Sauerstoff aus der inspirirten Luft im lebenden Thiere. Entsprechend dieser Druckabnahme str\u00f6mt durch das offene senkrechte Rohr und das Sperrwasser in B atm. Luft von aussen ein, so dass bei dem Ersatz des verschwindenden Sauerstoffs durch atm. Luft im Athemraum des Thieres der Sauerstoffpr\u00f6eentgebalt weiter und weiter abnimmt.\nWill man dann bei einem bestimmten Gehalte an 0, dieser abgeschlossenen Luft diesen Gehalt f\u00fcr l\u00e4ngere Zeit lixiren, so verbindet man, sobald dieser Gehalt hergestellt ist, das obere Ende des senkrechten offenen Glasrohres in B mit einem Sauerstoffgasometer unter Atmosph\u00e4rendruck, so dass von da ab der durch die Athmung des Thieres aufgenommenen Sauerstoff durch Sauerstoff aus dem Gasometer ersetzt wird!\nDas Verhalten des Thieres l\u00e4sst nun recht wohl erkennen, ob bereits ein erheblicher Sauerstoffmangel eingetreten ist. Es ist durchaus nicht starke Dyspn\u00f6, welche denselben kennzeichnet, sondern zunehmende Mattigkeit und Unf\u00e4higkeit sich aufrecht zu erhalten, Ilinabsinken des Kopfes u. s. w.\nIn mehreren neueren Arbeiten und besonders im neuen Lehrbuch der Pathologie des Stoffwechsels von v. Noorden,","page":479},{"file":"p0480.txt","language":"de","ocr_de":"180 ' ,\nBerlin 1893, wird auf F\u00fclle von bedeutender Dispn\u00f6 und hochgradiger Cireulationsst\u00f6rungen hingewiesen T in welchen (ilycose und Milchs\u00e4ure im Urin vergeblich gesucht wurden. Dieser Befund entspricht unsern Beobachtungen an Thieren, welche entweder durch fieberhafte Krankheiten geschw\u00e4cht waren oder im vorger\u00fcckten Hungerzustand sich befanden. Es ist ausserdem wohl zu beachten, dass bei Thieren, die\ngesund und gut gen\u00e4hrt sind, ein vorger\u00fcckter Zustand des Sauerstoffmangels nicht durch Dyspn\u00f6 angegeben wird, sondern durch L\u00e4hmungen der Motilit\u00e4t, der Sensibilit\u00e4t und Verlust des Bewusstseins, wie dies am Besten geschildert ist in dem Berichte von Tissandier \u00fcber die Ballonfahrt, bei welcher Sivel und Oroce-Spinelli das Leben verloren im Jahre\n1<S75 am 15. April. Dieselben allgemeinen Erscheinungen zeigt der Sauerstoffmangel durch starke Temperaturerniedrigung, durch Vergiftung mit GO oder Amylnitrit.\nWeitere Mittheilungen \u00fcber das Zustandekommen der\nOxydationen in den Muskeln bei ihren Contractionen hoffe ich, bald bringen zu k\u00f6nnen. Man hat sich so sehr an die Annahme gew\u00f6hnt , dass unter normalen Verh\u00e4ltnissen in den tl\u00fcitigcn Muskeln Milchs\u00e4ure gebildet werde, dieselbe in das Blut \u00fcbertrete und nun in anderen Organen irgend wie verarbeitet werde, dass man sogar hier und da der Ansicht begegnet, als sei ein solcher Vorgang experimental erwiesen. Ls wird dabei v\u00f6llig \u00fcbersehen, dass diese Meinung den bekannten feststehenden Thatsachen durchaus widerspricht. Die mit der Th\u00e4tigkeit der Muskeln ausserordentlich stark gesteigerte Ausscheidung von CO, und Aufnahme von SaUer-\nstoff wird wohl von keiner Seite mehr bestritten; die mit dieser Th\u00e4tigkeit Hand in Hand gehende Kohlehydratzersetzung ist durch die besten neueren und neuesten Arbeiten v\u00f6llig best\u00e4tigt. Man muss also zugeben, dass, wenn sich hierbei intermedi\u00e4r Milchs\u00e4ure bildet, diese irgendwo zu GO, und 11,0 umgesetzt werden muss. An den Orten aber, wo diese Oxydation statt findet, muss diesen chemischen Processen \u00e4quivalente Anh\u00e4ufung von Spannung oder Steigerung von Bewegung, W\u00e4rmeentWickelung u. dergl. eintreten. Man hat nun","page":480},{"file":"p0481.txt","language":"de","ocr_de":"481\ndiese starke W\u00e4rmeentwickelung auch bei der Muskelth\u00e4tigkeit gefunden, aber weder in der Leber (welche \u00fcberhaupt in dieser Frage gar nicht in Betracht kommen kann, weil sie das sauerstoffarmste Organ ist), noch in den Nieren (hier wenigstens nur in geringerem Maasse), sondern ausserordentlich stark in den Muskeln. Die Versuche von Leyden, von Fick und Billroth, von Meade-Smith liabcn Resultate ergeben von so bedeutender W\u00e4rmeentwickelung in den Muskeln bei ihrer Reizung (Tetariisirung) im lebenden Thiere mit ungest\u00f6rter Circulation, dass durch die Teinparatur-erh\u00f6hung der Tod der Thiere zu drohen scheint. Wie man nun diese Thatsachen in Einklang bringen will mit der Ansicht, in den Muskeln bilde sich Milchs\u00e4ure, und diese werde in. anderen Organen in der einen oder anderen Weise chemisch ver\u00e4ndert, kann ich nicht einsehen, es Sei denn, man wolle dies nur annehmen bez\u00fcglich einer geringf\u00fcgigen Quantit\u00e4t eines Nebenproductes der Umsetzung des Kohlehydrats, wie ja auch bei der Oxydation des Zuckers durch alkalische Kupferoxydl\u00f6sung unter den g\u00fcnstigsten Verh\u00e4ltnissen immer noch Spuren von Milchs\u00e4ure gefunden werden k\u00f6nnen.\nDie angestellten Versuche, von der Anwendung \u2022 eines partiellen Sauerstoffmangels her zur Erkennung des normalen Spaltungs- und Oxydationsvorgangs vorzudringen, sind bis jetzt von geringem Erfolge gewesen.","page":481}],"identifier":"lit8742","issued":"1894","language":"de","pages":"476-481","startpages":"476","title":"Bemerkungen zur vorstehenden IV. Mittheilung von Herrn T. Araki \u00fcber die Wirkung des Sauerstoffmangels","type":"Journal Article","volume":"19"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T15:33:24.593793+00:00"}