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{"created":"2022-01-31T12:23:16.452902+00:00","id":"lit98","links":{},"metadata":{"contributors":[{"name":"Du Bois-Reymond, Emil","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Berlin: Georg Reimer","fulltext":[{"file":"a0001.txt","language":"de","ocr_de":"UNTERSUCHUNGEN\n\u00dcBER\nTHIERISCIIE \"\nELEKTRICIT\u00c4T\nVON\nEmil du Bois - Reymond.\nZWEITER BAND.\nMIT SECHS KUPFERTAFELN.\nBERLIN.\nVERLAG VON G. REIMER.\n1849.","page":0},{"file":"a0002.txt","language":"de","ocr_de":"r~ \u25a0 I ----------------T\nM AX-PLAN CK\u00ab INSTITUT F\u00dcR WIBSEKSCHAFT8SE8CHICKTG\nBibliothek\nr-\u2014'\u2014\t\u2014 -------1\u2014 -\u2014\u2014s\nAUS DSR BIBLIOTHEX VON ERMBT FLOREV\n\u00bbSo bricht elektrisches Feuer tief aus dem Schools der Gew\u00e4sser \u00bbaus... Was unsichtbar die lebendige Waffe dieser Wasserbewohner \u00bbist; was, durch die Ber\u00fchrung feuchter und ungleichartiger Theile \u00bberweckt, in allen Organen der Thiere und Pflanzen umtreibt, was \u00bbdie weite Himmelsdecke donnernd entflammt, was Eisen an Eisen \u00bbbindet, und den stillen wiederkehrenden Gang der leitenden Nadel \u00bblenkt; alles, wie die Farbe des gelheilten Lichtstrais, fliehst aus einer \u00bbQuelle; alles schmilzt in eine ewige, allverbreilele Kraft zusammen.\u00bb\nALEXANDER von HUMBOLDT.\n(Ansichten der Natur u. s. w. 2. Ausg. Stuttgart und T\u00fcbingen 1826. Bd. I. Ueber die Steppen und \"W\u00fcsten. S. 38. 39. 40.*)","page":0},{"file":"a0003.txt","language":"de","ocr_de":"\\smm\nlaisx&mm\t^ q a sa 13an q?\nm\nvmm\u00ef\u00eem * mmmm\u00ae mumm mm\n","page":0},{"file":"a0005.txt","language":"de","ocr_de":"Dritter Abschnitt.\nUntersuchung.\n(Fortsetzung.)\nII.\n1","page":0},{"file":"p0003.txt","language":"de","ocr_de":"Dritter Abschnitt\nUntersuchung.\nViertes Haiiitel.\nVon dem Einfl\u00fcsse der Zusammenziehung auf den Muskelstrom,\n\u00a7\u2022 I.\nGeschichtlicher Ueherblick \u00fcber die Bestrebungen, elektromotorische Wirkungen von den Muskeln im Augenblicke der Zusammenziehung zu erhalten.\nDie Untersuchung, welchen Einflufs die verschiedenen physiologischen, physikalischen und chemischen Bedingungen, denen die Muskeln ausgesetzt werden k\u00f6nnen, auf den Strom derselben \u00e4ufsern, beginnt mit der Erforschung, wie sich der zusammengezogene Muskel in Betreff seines Stromes verhalte, indem so oft bisher die Rede von Muskeln gewesen ist, darunter stets das zwar noch der Zusammenziehung f\u00e4hige, augenblicklich aber nicht in derselben begriffene Gewebe verstanden worden ist.\nElektromotorische Wirkungen von den Nerven und Muskeln im Augenblicke der Zusammenziehung zu erhalten, ist bereits das Ziel der Bestrebungen einer grofsen Anzahl von Forschern gewesen. Mit der Erscheinung des Froschstromes, vollends des Muskelstromes, unbekannt, gingen sie dabei von der Voraussetzung aus, das unbekannte Nerven-agens, welches die Zuckungen hervorbringt, sei einerlei mit der Elektri-cit\u00e4t, oder wenigstens ihr nahe verwandt; den mechanischen Vorgang\n1 \"","page":3},{"file":"p0004.txt","language":"de","ocr_de":"4\n3. Abschi. Kap. IV. \u00a7. 1.1. Elektrische Theorieen\nder Zusammenziehung stellten sie sich mehr oder weniger klar auf elektrischem Wege vermittelt vor, und ihre Versuche hatten zum Zweck, die demgem\u00e4fs im Muskel geforderten Anordnungen elektromotorischer Kr\u00e4fte, wie auch Str\u00f6mungen in den Nerven selbst, in der Wirklichkeit nachzuweisen.\nNicht immer jedoch ward so angemessen verfahren; manche begn\u00fcgten sich mit der blofsen Aufstellung aus der Luft gegriffener Hypothesen; andere gaben sich dem undankbaren Zufallsspiele planlosen Experimentirens preis. Beim Verfolgen dieser Reihe von Bem\u00fchungen erkennt man leicht, wie eine jede wichtigere Entdeckung, welche neue, durch Elektricit\u00e4t bewirkte Bewegungserscheinungen in den Gesichtskreis der elektrischen Wissenschaft herauff\u00fchrte, oder neue und empfindlichere Pr\u00fcfungsmittel f\u00fcr bewegte Elektricit\u00e4t gew\u00e4hrte, in ihrem Gefolge auch stets eine neue, auf sie gest\u00fctzte Gruppe jener Theorieen und Bestrebungen mit sich brachte. Das Endergebnis aller dieser Arbeiten ist bekannt: trotz dem, dafs die geschicktesten Beobachter sich damit befafsten, und trotz einer l\u00e4ngst vollkommen ausreichenden Vervielf\u00e4ltigung und Verfeinerung der strompr\u00fcfenden Mittel, hatte es sein Bewenden stets bei einzelnen, unter mehr oder weniger verd\u00e4chtigenden Umst\u00e4nden angestellten, immer nur einem Beobachter und auch diesem oft nicht mehr als einmal gegl\u00fcckten Wahrnehmungen, die sich vor dem Blicke unbefangener Zuschauer schnell zu W irkungen der angewandten Vorrichtungen, statt der Nerven und Muskeln selbst, aufl\u00f6sten.\nIn dem Augenblicke, wo die Theorie der Muskelzusammenziehung, durch die Entdeckung einer dieselbe wirklich begleitenden elektrischen Wirkung, einem bedeutenden Wendepunkte entgegenzugehen kaum umhin kann, wird vielleicht ein kurzer R\u00fcckblick auf jene fr\u00fcheren Bestrebungen nicht unangemessen erscheinen. Es k\u00f6nnen von denselben an dieser Stelle jedoch zun\u00e4chst nur diejenigen Ber\u00fccksichtigung finden, welche, abgesehen von der Annahme der elektrischen Natur des Nerven-princips, zugleich einigermafsen nach einem mechanischen Verst\u00e4ndnisse der Muskelzusammenziehung selbst aus dem Zusammenwirken elektrischer Kr\u00e4fte getrachtet haben.\n1. Elektrische Theorieen der Muskelzusammenziehung bis zu\nMatteucci.\nDer vorgalvanische Zeitraum, dem keine anderen elektrischen Bewegungserscheinungen zu Gebote standen, als die der Anziehung und Abstofsung ungleichnamig und gleichnamig elektrisirter K\u00f6rper, suchte sich mit diesen zu behelfen.","page":4},{"file":"p0005.txt","language":"de","ocr_de":"der Muskelzusammenziehung vor Matteucci,\n5\nFolgendes berichtet uns Haller: \u00bbAlio modo clectricam matcriam \u00bbadhibuit 111. de Sauvages. Duo lila carnis, aut cannabis, aut serici, \u00bbaltero fine connexa, et ad filura ferreum electrisatum adligata, a \u00bbse invicem discedunt, quando vis electrica excitatur, et discedunt eo \u00bbinagis, quo major est a is electrica; discedunt etiam, si utrinque ligata \u00bbfuerint; ita vides, dum similia in toto musculo undique fiunt, ventrem \u00bb tumidum nasci. \u00ab Im darauf folgenden Paragraphen, \u00fcberschrieben: \u00bbHaec omnia minus firma videntur\u00ab zeigt sich IIaller der Sauvages\u2019-schen Vorstellung wenig geneigt. \u00bbAb electrica scintilla nervum emo-\u00bbveri certum est, quae sit stimulorum potentissimus. Naturam, quam \u00bb electri, nostrorum spirituum esse, non est probabile.\u00ab Haller\u2019s eigene Ansicht von der Zusammenziehung ist, seine besondere Lehre von der Muskelreizbarkeit (irritabilitas) vorausgesetzt, kurz in folgendem Satze ausgesprochen: \u00bbCum autem corporeum aliquid requiratur, quod augeat \u00bbmolem musculi, eumque duriorem reddat, et breviorem, omnium veri \u00bbsimillimum videtur, fluidum illud nerveum ignotum qtiidem, sed celer-\u00bbrimum, ct subtilissimum, stimuli modo sc habere, qui fibrae carneae \u00bb elementa undique pro sua subtilitate penetrabili ad contractioneni sol-\u00bblicitat. \u00ab '\nEine \u00e4hnliche Ansicht, wie des Hais und Sauvages, scheint Priestley eigen gewesen zu sein. Er hat aber, bei seinen Vermuthungen, auf eine Schwierigkeit R\u00fccksicht genommen, an welche diese Physiologen nicht gedacht hatten, indem er sagt: \u00bbAs to the manner in \u00bbwhich the electric matter makes a muscle contract, I do not pretend \u00bbto have any conjecture, worth mentioning. I only imagine that \u00bbwhatever can make the muscular fibres recede from one another \u00bbfarther than the parts of which they consist, must have this effect. \u00ab 1 * 3\nIn neuerer Zeit ist Sauvages\u2019s Hypothese von Meissner in Wien in seinem auch in anderer Beziehung verflossenen Jahrhunderten an-geh\u00f6rigen \u00bbSystem der Heilkunde aus den allgemeinen Naturgesetzen *gefolgert.\u00ab (Wien 1832. S. 74. \u00a7. 79\u00b0) abermals vorgebracht und\n1 Elementa Physiologie. Lausannae 1766. 4\u00bb. t. IV. p. 553. 554.556.* \u2014\nZu der ersten Stelle wird angef\u00fchrt: \u00bbDiss. sur la cause du mouv. des muscl. \u00bbp. 104. Conf. priorem CI. des Hais de hemiplegia disp. \u00ab \u2014 In Sacvages's Anmerkungen zu Stephan Hales \u00bb Statik des Gebl\u00fcts\u00ab (Halle 1748. 4\u00bb. S. 90*) und in seinen \u00bbPhysiologie mechanicae Elementa\u00ab (Amslelodami 1755. 12\u00bb. p. 130,* \u00bbConjecturac \u00bbde mechanismo conlraclionis muscularis\u00ab), findet sich jene Vcrmuthung Lei weitem nicht so deutlich ausgesprochen. Das Datum der von IIaller angef\u00fchrten Dissertation ist mir unbekannt.\n1 Experiments and Observations on different kinds of air. London 1775. vol. I. p. 279.*","page":5},{"file":"p0006.txt","language":"de","ocr_de":"6\n3. Abschn. Kap. IV. \u00a7. 1. 1. Elektrische Theorieen\nvon Jon. M\u00f6ller in dem Handbuche der Physiologie u. s. w. Bd. 1, 3. Auflage. S. 74. Bd. II. S. 56\u201c von der Hand gewiesen worden.\nGalvani\u2019s Theorie des Muskels als einer KxEisT\u2019schen Flasche (S. oben Bd. I. S. 49) geh\u00f6rt genau genommen nicht hieher. Denn man erinnert sich, dafs er sich dabei in gar keine Vermuthung \u00fcber einen etwaigen elektrischen Mechanismus im Muskel eingelassen hatte, sondern, ein strenger Anh\u00e4nger der IlALLER\u2019schen Reizbarkeitslehre, die Elektricit\u00e4t blos von Nerv auf Muskel auswendig \u00fcberstr\u00f6men liefs, wo dann der Muskel auf den Reiz derselben wie auf einen anderen beliebigen Reiz antworten sollte.\nErasmus Darwin gab eine Art an, diese L\u00fccke auszuf\u00fcllen, indem er die Zusammenziehung mit folgendem elektrischen Versuche vergleicht: \u00bbMan h\u00e4nge zwanzig sehr kleine Leidensche Flaschen geh\u00f6rig bekleidet \u00bbin einer Reihe an feinen seidenen F\u00e4den in einer kleinen Entfernung \u00bbvon einander auf. Die innere Ladung der einen Flasche sei positiv \u00bbund die andere negativ, wechselsweise. Wenn nun eine Communi-\u00bb cation gemacht wird von der innern Oberfl\u00e4che der ersten nach der \u00bb\u00e4ufsern Oberfl\u00e4che der letzten in der Reihe, so werden sie sich alle \u00bbeinander n\u00e4hern und so die Linie, in der sie h\u00e4ngen, verk\u00fcrzen, wie \u00bbeine Muskelfiber.\u00ab 1 \u2014 Allein gleichzeitig erhob Darwin bereits, was seiner Ueberlegung gewifs Ehre macht, gegen die elektrische oder magnetische Theorie der Muskelzusammenziehung den n\u00e4mlichen Einwand, der neuerdings, freilich besser begr\u00fcndet, in Schwann\u2019s H\u00e4nden so gewichtig auf alle hier gehegten Hoffnungen gefallen ist: \u00bbDie Anziehungen von \u00bbElektricit\u00e4t oder Magnetismus passen philosophisch nicht auf die Er-\u00bbl\u00e4uterung der Zusammenziehung der thicrischen Fibern, da die Kraft \u00bbdieser Anziehungen iii gewissem Verh\u00e4ltnifs verkehrt ist wie die Ent-\u00bb forming; hingegen in Muskelbcwegungen erscheint keine Verschieden-\u00bb heit in Schnelligkeit und St\u00e4rke w\u00e4hrend dem Anf\u00e4nge oder Ende der \u00bbZusammenziehung, aufser der, welche man wahrscheinlicher den sich \u00bbver\u00e4ndernden mechanischen Vortheilen bei der Ann\u00e4herung des einen \u00bbKnochens an den andern zuschreiben kann.\u00ab Mit Recht wendet indefs der Uebersetzer hiergegen ein (S. 109 Anm.\u201c): \u00bbWer vermag da die \u00bbunendliche Verwickelung vieler gleichzeitigen Erscheinungen und Ur-\u00bb Sachen so zu trennen, dafs die einfachen Gesetze jeder einzelnen Er-\u00bbscheinung daraus bestimmt werden k\u00f6nnten; sondern wir miifsten die \u00bbZusammenziehung einer einzelnen Fiber, oder gar zweier einfachen \u00bbPartikeln beobachten k\u00f6nnen; wer wird aber nur einmal an die M\u00f6g-\u00bblichkeit einer solchen Beobachtung denken?\u00ab\nO\n1 Zoonomie oder Gesetze des organischen Lebens von Erasmus Darwin. Deutsch von J, D. Brandis. Hannover 1795. Bd. I. S. 105. *","page":6},{"file":"p0007.txt","language":"de","ocr_de":"7\nder Muskelzusammenziehung vor Maxieccci.\nEine neue Analogie der Muskelzusammenziehung bot sich 1812 P. Erman in den von ihm entdeckten elektrochemischen Bewegungen der Fl\u00fcssigkeiten dar. 1 * Die augenblickliche Zusammenziehung, welche die durch eine Adh\u00e4sionsplatte emporgehobene Wassers\u00e4ule heim Schliefsen des Stromes durch dieselbe, und die Ausdehnung und gleichsam Coli\u00e4-sionsverminderung, die sie beim Oeffnen erf\u00e4hrt, verglich er mit der Schliefsungs- und Oelfnungszuckung der Muskeln, welche einem galvanischen Strome ausgesetzt werden. Er erinnerte dabei an den schon mehrmals beobachteten verschiedenen Charakter der Oeffnungs- und Schliefsungszuckung, den er hier wiederzuerkennen glaubte, und wufste dieses Aper\u00e7u sogar mit dem Bilde der anhaltenden Zusammenziehung in scheinbaren Einklang zu bringen, indem er gleichzeitig die Aufmerksamkeit von Neuem auf das Grimaldi'scIic Muskelger\u00e4usch lenkte, auf welches, ohne sein Wissen, auch Wollaston eben erst hingewiesen hatte, und wovon noch an einer anderen Stelle dieses Werkes ausf\u00fchrlich die Rede sein wird. 3 Die Folge wird dann auch lehren, dafs Erman, durch den Vergleich der Muskelbewegung mit den in Rede stehenden Erscheinungen an Fl\u00fcssigkeiten, von allen denen, die sich mit Betrachtungsweisen der Art befafst haben, leicht der gl\u00fccklichste Wurf gelungen sein k\u00f6nnte.\nLebhafte Erwartungen kn\u00fcpften sich seitdem an die Auffindung der grofsen AME\u00c8RE\u2019schen Thatsachen. Pr\u00e9vost und Dumas boten 1823 ihren vereinten Scharfsinn auf, um die von ihnen in den Muskeln wahrgenommenen, einander parallel und senkrecht auf die Axe der B\u00fcndel verlaufenden Nervenschlingen als einander anziehende Leiter gleichgerichteter von Hirn und R\u00fcckenmark ausgehender und wieder dahin zur\u00fcckkehrender Str\u00f6me darzustellen. 3\nEduard Weber hielt cs f\u00fcr unthunlich, Multiplicatorenden an den menschlichen K\u00f6rper anzulegen, ohne durch die dabei entstehenden hydro- und thermoelektrischen Wirkungen in die Irre gef\u00fchrt zu werden. Er schlug daher den Weg ein, durch die m\u00f6glicherweise im K\u00f6rper kreisenden Str\u00f6me weiches Eisen in die Ferne zu magnetisiren, wodurch eine in der N\u00e4he desselben befindliche Magnetnadel abgelenkt werden w\u00fcrde. \u00bbNec frustra operam nostram huic consilio impendi; \u00ab sagt er, \u00bbvidi enim hoc modo, quum musculi hominis prope tra-\u00bbbem conlraherentur, magnetem moveri.\u00ab 4 Er behielt sich vor, zu\n1 Gilbert\u2019s Annalen (1er Physik. 1812. Bd. XL. S. 1.*\n1 S. unten, Kap. IX.\n3 Magendie, Journal de Physiologie experimentale, t. III. p. 301. *\n\u2018 Quaesliones physiologicae de phaenomenis galvano -magnelicis in corpore humano ohservalis. Lipsiac (1836). 4\u00b0. p. 25. * \u2014 Yergl. oben Bd. I. S. 488.","page":7},{"file":"p0008.txt","language":"de","ocr_de":"s\nJbschn. Kap. IV. I. 1. Elektrische Theorieen\nuntersuchen, oh diese Wirkung nicht von einer anderweitigen Aenderung des magnetischen Zustandes des Eisens abzuleiten gewesen sei, hat indefs nichts Neues dar\u00fcber ver\u00f6ffentlicht.\nAm 5. December 1837 theilte Pr\u00e9vost, der ehemalige Mitarbeiter Dimas\u2019s, der Soci\u00e9t\u00e9 de Physique et d\u2019Histoire naturelle zu Genf eine neue Vorstellung mit, die er sich auf Grund fernerer Beobachtungen und Versuche von dem Vorg\u00e4nge bei der Muskelzusammenziehung gebildet hatte. 1 Mit H\u00fclfe eines Amici\u2019schen Mikroskopes glaubte er, bei iOOmaliger Vergr\u00f6fserung und auffallendem Lichte wahrzunehmen, dafs die Oucrstreifen der Primitivmuskelb\u00fcndel nichts anderes seien, als End-scldingen der Nerven. Auch in ruhendem Zustande seien die B\u00fcndel stets leicht zickzackf\u00f6rmig gebogen. Von hier aus war es, mit Hinblick auf die AMP\u00c8RE\u2019schen Grunds\u00e4tze, unschwer, die Ann\u00e4herung der aliquoten Theile der Primitivb\u00fcndel in dem Augenblicke zu begreifen, wo ein elektrischer Strom das ganze System von Schlingen in einerlei Richtung durchliefe: das Verfahren, diesen Strom sichtbar zu machen, entlehnte Pr\u00e9vost den Versuchen Vavasseur's, B\u00e9clard's und Beraulu\u2019s an Nerven. 2 3 Er stiefs eine sehr feine unmagnetische Nadel in den Schenkel eines Frosches in der Richtung der Fasern ein; die Spitze ragte hervor und war mit Eisenfeile umgeben, die durch Feilen von sehr weichem Eisen mittelst einer sehr feinen Feile erhalten worden war. Pr\u00e9vost berichtet nun, dafs in dem Augenblicke, wo er durch Verletzung des R\u00fcckenmarkes eine heftige Zusammenziehung hervorrief, die Eisenfeile sich in kleinen Nadeln um die Spitze der Nadel anordnete, als ob sie magnetisch geworden w\u00e4re, wie er unter der Lupe beobachtete.\nDer M\u00fche, die Nichtigkeit dieser Reihe von Behauptungen darzu-thun, unterzog sieb Peltier. 3 Er zeigte erstens, durch Beobachtungen am Frosche sowohl als an Infusorien mittelst eines O\u00dfERH\u00c4usER'schen Mikroskopes, dafs die Anordnung der Nervenendigungen, welche Pr\u00e9vost hier vorausgesetzt hatte, ganz aus der Luft gegriffen sei. Die Querstreifung r\u00fchre, seiner Meinung nach, vielmehr von den in entsprechenden Querebenen des Muskelcylinders liegenden Anschwellungen der Pri-mitivfaser her. Zweitens wiederholte er Pr\u00e9vost\u2019s Versuch zwanzigmal, an verschiedenen Fr\u00f6schen, mit sehr d\u00fcnnen und kurzen weichen Eisennadeln (\u00bbtoutes petites et fines\u00ab) und sehr feiner Eisenfeile, ohne eine Spur von Erfolg wahrnehmen zu k\u00f6nnen. Da diese Art, auf Magnetis-\n1 Biblioth\u00e8que universelle. Nouvelle Serie. Novembre 1837. t. XII. p. 202 und Mars 1838. t. XIV. p. 200 (Abbildung). *\n* S. unten, Kap. VI. \u00a7. ii.\n3 Annales des Sciences naturelles, 1838. t. IX. Zoologie, p. 89. *","page":8},{"file":"p0009.txt","language":"de","ocr_de":"der Muskelzttsammemiehunf/ vor Matteocci.\n0\nmus zu pr\u00fcfen, eine sehr rohe und unvollkommene ist, f\u00fchrte er denselben V ersuch noch in folgender Weise aus: er bereitete eine astatische Doppelnadel, welche 40\" schlug; die weichen Eisennadeln, in einer auf die Inclinationsnadel senkrechten Ebene befestigt, lenkten dieselbe in 20\"\"\" Entfernung um 30\u201440\u00b0 ah. Wenn Peltier den Nadeln die geringste Neigung gegen die bezeichnte Ebene gab, wurde das vorher beruhigte Spiel nach Umst\u00e4nden entweder angezogen oder abgestofsen. Als er aber den Schenkel eines Frosches in der Richtung der Fasern darauf aufspiefste, und die heftigsten Zuckungen der betreffenden Muskeln hervorrief, blieb die Doppelnadel v\u00f6llig unbewegt.\nDies Mifsgeschick entmuthigte Pr\u00e9vost nicht, der endlich doch das Rechte treffen zu m\u00fcssen glaubte. Er hatte sich, wie es scheint, inzwischen auf eigene Hand die Ueberzeugung verschafft, dafs die Ouer-streifen in der That nichts seien, als der Ausdruck der in einer und derselben Querebene gelegenen Anschwellungen der Primitivfaser. Er ging aber noch weiter und sah, dafs die \u00e4ufsersten Endigungen der Nerven, von demselben Durchmesser wie die Kugeln der Primitivfasern, sich senkrecht in den Muskelcj linder einsenken und wahrscheinlich jede in eine solche Kugel auslaufen. \u00bbSi Fon suppose\u00ab, f\u00e4hrt er fort, \u00bbque \u00bb les courants \u00e9lectriques parcourent les divisions nerveuses isol\u00e9ment, \u00bbet viennent se terminer isol\u00e9ment aussi chacune sur chacun des globules des fibrilles du cylindre musculaire, on aura toutes les donn\u00e9es \u00bbn\u00e9cessaires pour expliquer le rapprochement de ces globules, et par \u00bbcons\u00e9quent la contraction du muscle lui-m\u00eame....; le plissement en \u00bbzigzag des fibres musculaires r\u00e9sulterait des points d'appui de leurs \u00bbgaines et non d\u2019attractions proprement dites entre les diverses parties \u00bbde la ligne bris\u00e9e, qu\u2019ils forment en s\u2019infl\u00e9chissant.\u00ab 1 Ich habe geglaubt, diese Theorie, welche \u00fcbrigens noch unwiderlegt ist, mit den eigenen Worten ihres Urhebers mittheilen zu m\u00fcssen, um mich nicht selbst dem Vorwurf der Dunkelheit auszusetzen. M\u00f6glicherweise stellt sich Pr\u00e9vost vor, dafs je zwei in der L\u00e4ngsrichtung einander benachbarte, aber von einander isolirte Muskelmolekeln sich, wie die Conden-satorplatten in den Inductionsversuchen von Riess und von Masson und Breglet (S. oben Bd. I. S. 423), als Endpunkte eines ein elektromotorisches Moment in sich beherbergenden Leiters laden und mit entgegengesetzten Elektricit\u00e4ten anziehen.\nIn Prevost\u2019s Fufsstapfen schritt neuerdings Wharton Jones. 1\n1 Archives de l\u2019\u00c9lectricit\u00e9. i842. t. 11. p. 633. *\n3 Comptes rendus etc. 15 Janvier 1843. t. XVII. p. 1046; * \u2014 Annales de Chimie et de Physique. Janvier 1844. 3. Se\u2019rie, t. X, p. 111.*","page":9},{"file":"p0010.txt","language":"de","ocr_de":"10\n3. Abschn. Kap IV. \u00a7. 1. I. Elektrische Theorieen\nSeiner Ansicht nach, die sich an Bowman\u2019s Beobachtungen (S. oben Bd. I. S. 544. Anni.) kn\u00fcpft, bestehen die Muskelcylinder aus s\u00e4ulen-oder geldrollenartig aneinandergereihten Scheiben, welche durch eine, biegsame und elastische Substanz verbunden sind, die ihnen gestalte^ sich einander zu n\u00e4hern oder zu entfernen. Diese Scheiben w\u00fcrden, nach Jones, unter dein Einfl\u00fcsse der Nerven zu Elektromagneten, und ihre gegenseitige Anziehung bewirke die Verk\u00fcrzung des Muskels. Er schl\u00e4gt daher vor, sie \u00bbAppareils n\u00e9vro-magn\u00e9tiques\u00ab zu nennen. Zwar seien diese Elektromagnete nicht allseitig von den Nerven umgeben, wie die eisernen es mit Kupferdraht zu sein pflegten; dies beweise jedoch nur, dafs die Natur schon mit der einfacheren Anordnung auszukommen vermocht habe.\nMittlerweile hatte Schwann sich der L\u00f6sung dieser Aufgabe auf eine andere, der Wissenschaft w\u00fcrdigere Art zu n\u00e4hern gesucht. Er hatte vor allen Dingen durch das Mafs das Gesetz festzustellen sich bestrebt, welches, im Verlaufe der Verk\u00fcrzung, die etwaige Schwankung der Muskelkraft befolgt; und er hatte gefunden, dafs dieses Gesetz, allem Anscheine nach, dasselbe sei als das sich bei der Zusammenziehung eines ausgedehnt gewesenen, dann freigegebenen elastischen K\u00f6rpers kundgebende. Hieraus scldofs Schwann, wie einst Darwin vor ihm (S. oben S. 6), dafs keine von den bekannten anziehenden Kr\u00e4ften zur Erkl\u00e4rung der Muskelkraft verwendet werden k\u00f6nne, \u00bbwelche \u00bbso wirken, dafs die anziehende Kraft w\u00e4chst, je mehr sich die sich \u00bbanziehenden Thcilchen n\u00e4hern, und zwar umgekehrt nach dem Qua-\u00bbdrate der Entfernung. Denn, ist die Anziehungskraft der Thcilchen \u00bbdes Muskels so grofs, dafs sie sich schon n\u00e4hern k\u00f6nnen, wenn sie \u00bbweit von einander entfernt sind, so wird die Anziehungskraft noch \u00bbvermehrt, wenn sich die Theilchen etwas gen\u00e4hert haben, d. h. wenn \u00bbder Muskel sich schon etwas verk\u00fcrzt hat. Der Muskel miifste daher \u00bbbei seiner normalen L\u00e4nge die geringste Kraft \u00e4ufsern, diese miifste \u00bbwachsen mit seiner Verk\u00fcrzung und im st\u00e4rksten Grade der Con-\u00bb traction am gr\u00f6fsten sein. Die Versuche von Schwann beweisen aber, \u00bbdafs es sich gerade umgekehrt verh\u00e4lt, indem die Kraft des Muskels \u00bbbei seiner normalen L\u00e4nge am gr\u00f6fsten, bei dem st\u00e4rksten Grade der \u00bbContraction = 0 ist.\u00ab 1 So schien zun\u00e4chst jede Aussicht vernichtet, auf elektrischem Wege die Erscheinungen der Muskelbewegung abzuleiten; nur Meissner\u2019s (Sauvages\u2019s) oben angef\u00fchrte Hypothese war allenfalls geeignet, jenem Gesetze Gen\u00fcge zu leisten. Allein auch diese, was, bei ihrer sonstigen Unhaltbarkeit, sich kaum der M\u00fche verlohnte.\n1 Joh. Mcuer\u2019s Handbuch der Physiologie u. s, w, Bd. II. 1840. S. 59, *","page":10},{"file":"p0011.txt","language":"de","ocr_de":"der Muslcehusammeniiehunrj vor Matteuccl\n11\nbeseitigte Schwann noch besonders durch die Rechnung, welche zeigt, dal's die Muskelkraft alsdann immerhin mit der Zusamrnenziehung abnehmen, dies aber nach einem anderen Gesetze thun w\u00fcrde, als es in Wirklichkeit der Fall ist.\nAuf welche Weise die Folgerungen, welche Schwann aus seinen trefflichen Versuchen gezogen hat, zu umgehen, und sein Gesetz nichtsdestoweniger mit der Annahme anziehender Kr\u00e4fte, welche sich im umgekehrten Verh\u00e4ltnisse einer Potenz der Entfernung \u00e4ndern, in Einklang zu bringen sein w\u00fcrde, wird an einer sp\u00e4teren Stelle dieses Werkes gezeigt werden. 1 Der erste, der Schwann\u2019s Bemerkungen hei seinen Betrachtungen \u00fcber die Muskelzusammenziehung ber\u00fccksichtigte, war Wharton Jones in seiner eben angef\u00fchrten \u00bbAVe sur les muscles consid\u00e9r\u00e9s comme des appareils n\u00e9vro-magn\u00e9tiques.\u00ab- Wir werden seine Ausfl\u00fcchte in der Folge, zugleich mit unseren eigenen Bemerkungen \u00fcber die ScnwANN\u2019sche Theorie, in Augenschein nehmen.\nIlieher geh\u00f6ren sodann Valentin\u2019s gleichfalls ganz vergebliche Bestrebungen, elektrische Wirkungen von den Muskeln im Augenblicke der Zusammenziehung zu erhalten, die ich dem Leser an Ort und Stelle nachzuschlagen \u00fcberlasse, sofern ihm das oben Bd. I. S. 152 ff. Mit-getheilte nicht gen\u00fcgen sollte; 2 endlich die Behauptungen eines Dr. William M\u00fcller, dafs sich Spannungsclektricit\u00e4t durch .Muskelanstrengungen des menschlichen K\u00f6rpers entwickele. James Bring wies nach, dafs dies lediglich die Folge der Reibung der Kleidungsst\u00fccke sei, und dafs man daher ebensogut die Elektricit\u00e4t einer Elcktrisirmaschine dem sie in Bewegung setzenden menschlichen K\u00f6rper zuschreiben k\u00f6nne, als jene von M\u00fcller wahrgenommene. 3\n2. Matteucci's Bestrebungen, elektrische Erscheinungen bei der Muskelzusammenziehung wahrzunehmen.\nDafs Untersuchungen fruchtlos blieben, die so gef\u00fchrt waren, dafs sic, eigens auf Entdeckung elektromotorischer Th\u00e4tigkeit zusammengezogener Muskeln gerichtet, nicht einmal die, wie wir jetzt wissen, an enth\u00e4uteten ruhenden Muskeln stets vorhandene Wirksamkeit dieser\n1\tS. unten, Kap. IX.\n2\tRun. Wagner\u2019s Handw\u00f6rterbuch der Physiologie u. s. w. Bd. I. 1842. S. 299 ff.*\ns The London medical Gazelle. New Series, vol. 1. For the Session 1842\u201443. Friday, January 6, 1843. p. 512.* \u00bbObservalions on Dr. William Muller\u2019s Experiments on the Evolution of Electricity from the human Body. \u00ab Gez. Balh, Dec. 24,-1842. Enth\u00e4lt Muller\u2019s Angaben, die mir nicht zug\u00e4nglich gewesen sind, im Auszuge.","page":11},{"file":"p0012.txt","language":"de","ocr_de":"12\t3. Abschn. Kap. IV. \u00a7\u25a0 I. 2. Matte\u00fccci\u2019^ Bestrebungen.\nArt ans Licht zogen, kann uns nicht befremdend erscheinen. Sieht man aber, wie, trotz wiederholter Entt\u00e4uschungen, das Interesse f\u00fcr diese Angelegenheit sich ungel\u00e4hmt erhielt, mit welcher W\u00e4rme auch die unbedeutendsten unter jenen Versuchen aufgenommen wurden, so mufs man staunen, dafs der l\u00e4ngst bekannte Froschstrom hier so ganz unbeachtet blieb. Zum grofsen Theile mochte dies wohl Nobili\u2019s Schuld sein, der sich so entschieden gegen jede tiefere Bedeutung desselben ausgesprochen hatte (S. oben Bd. I. S. 107). Allein selbst Matteucci, dem, bei aller durch ihn angestifteten Verwirrung zwischen Frosch-und Muskelstrom, ihr Sitz und Ursprung in den Muskeln doch bereits klar geworden war, ja, dem ein gl\u00fcckliches Schicksal zuerst gewisser-mafsen einen Grundversuch dieses Gebietes in die H\u00e4nde gespielt hatte ; selbst Matteucci schlug, wie wir sogleich sehen werden, an diesem Punkte angelangt, statt des nat\u00fcrlichen, durch den stetig vorhandenen Muskelstrom dargebotenen Einganges die seltsamsten Nebenwege ein. Zuv\u00f6rderst mufs hier folgender Beobachtungen Erw\u00e4hnung geschehen, obgleich, wie die Folge lehren wird, Matteucci selbst weit davon entfernt gewesen ist, irgend einen Zusammenhang zwischen denselben und dem Gegenst\u00e4nde unserer Er\u00f6rterung vorauszusetzen.\nBereits im Jahre 1838 schrieb dieser Forscher: \u00bbUne autre cause \u00bbqui modifie grandement le courant propre de la grenouille, c\u2019est son \u00bb\u00e9tat t\u00e9tanique. Il arrive tr\u00e8s-souvent avec des individus vivaces, qu\u2019en \u00bbles pr\u00e9parant rapidement, on les voit \u00e9tendre leurs jambes et les roi-\u00bbdir de telle sorte qu\u2019il devient impossible de les plier; 1 * on peut aussi, \u00bbavec une solution de strichnine ou de l\u2019extrait de noix vomique, \u00bbd\u00e9terminer en peu de secondes (?) la convulsion t\u00e9tanique. L\u2019in-\u00bb fluence du t\u00e9tanos est telle que le courantpropre manque \u00bbtoujours lorsque la grenouille en est attaqu\u00e9e. Nous \u00bbn\u2019avons plus de contractions, ni de signes au gal van o -\u00bbm\u00e8tre. Si l\u2019animal a \u00e9t\u00e9 tu\u00e9 par le poison, on ne r\u00e9ussit plus \u00e0 en \u00bbobtenir; mais si, au contraire, le t\u00e9tanos a \u00e9t\u00e9 produit par l\u2019irritation \u00bbqu\u2019on a donn\u00e9e \u00e0 la grenouille en la pr\u00e9parant, une fois que les \u00bbconvulsions sont pass\u00e9es, les signes du courant propre apparaissent encore.\u00ab s\nIn einer sp\u00e4teren Abhandlung, 3 die sich, mit wenigen, nur einzelne Worte betreffenden Ab\u00e4nderungen, auch dem Trait\u00e9 etc. einver-\n1 S. \u00fcber diese Art des Tetanus den folgenden Paragraphen, No. 1.\n1 Biblioth\u00e8que universelle etc. Mars 1838. Nouvelle Se'rie. t. XV. p. 164. * \u2014\u25a0 Annales de Chimie et de Physique. Juin 1838. t. LXVIII. p. 102. * \u2014 Essai etc. (1840.) p. 81. 82. *\n3 Archives de l\u2019\u00c9lectricit\u00e9, t. II. (No. 5, 3 Novembre 1842) p. 442. 444. *","page":12},{"file":"p0013.txt","language":"de","ocr_de":"Elehtricit\u00e4tsentivichclung bei der Zusammenziehung tvahrzunehmen. 13\nleibt findet, wiederholt Matteucci dieselbe Mittheilung, wenngleich in bedingterer Form. Ich gehe dieselbe nach dem Trait\u00e9 etc. p. 109. 110.\u201c \u00bbJ\u2019ai pr\u00e9par\u00e9 des grenouilles prises de convulsions excit\u00e9es par \u00bbl\u2019extrait de noix vomique introduit dans l\u2019estomac. Avec ces gre-\u00bb nouilles ou a les signes du courant au galvanom\u00e8tre, mais plus \u00bbfaibles qu\u2019\u00e0 l\u2019ordinaire; les contractions propres sont \u00bb\u00e9galement plus rares et plus difficiles \u00e0 obtenir. J\u2019ai tou-\u00bbjours observ\u00e9 que les contractions propres manquent ou sont beau-\u00bbcoup plus rares si l\u2019on op\u00e8re sur la grenouille prise dans cet \u00e9tat \u00bbt\u00e9tanique o\u00f9 elle se trouve quelquefois aussit\u00f4t apr\u00e8s avoir \u00e9t\u00e9 pr\u00e9-\u00bb par\u00e9e. Gat.vam avait d\u00e9j\u00e0 observ\u00e9 ce ph\u00e9nom\u00e8ne.\u00ab 1\nDiese entsprechende Verminderung der galvanometrischen und der physiologischen Wirkung des Stromes tetanischer Fr\u00f6sche ist einer von den Beweisen, die Matteucci f\u00fcr die Einerleiheil der Ursache beider Wirkungen erw\u00e4hntermafsen beizubringen bem\u00fcht ist (S. oben Bd. I. S. 478). Wer sollte nun nicht meinen, wenigstens nach der ersten Stelle zu urtheilen, Matteucci\u2019s Ansicht sei, der Froschstrom nehme hei der Zusammenziehung ah? In der That ist Becquerel,2 ist ein ungenannter Berichterstatter \u00fcber den \u00bbEssai etc.\u00ab,3 hin ich seihst 4 in diese Schlinge gegangen. Dies ist jedoch so wenig der Fall, dafs vielmehr im \u00bbEssai\u00ab bereits sowohl als im \u00bb Trait\u00e9\u00ab, also gleichzeitig mit den beiden eben angef\u00fchrten Stellen, ausgedehnte Versuchsreihen beschrieben sind, welche zum Zweck haben, theils, nach Prevost\u2019s, Peltier\u2019s u. A. Vorgang, elektromotorische Wirkungen von den in den Muskeln verbreiteten Nerven im Augenblicke der Zusammenziehung zu erhalten; theils, nachzuweisen, der Froschstrom nehme w\u00e4hrend der Zusammenziehung an Gr\u00f6fse zu.\n1\tS. \u00fcber Gai.yani\u2019s Beobachtungen in dieser Hinsicht den folgenden Paragraphen, No. 1.\n2\tTrait\u00e9 experimental de l\u2019Electricit\u00e9 et du Magn\u00e9tisme, t. VI. 1840. p. 228. n\u00b0. 1640. '\n3\tDieser sagt: \u00bb Si la grenouille prend l\u2019\u00e9tat t\u00e9tanique, soit naturellement, \u00bbsoit artificiellement au moyen de passages successifs rapides du \u00bbcourant \u00e9lectrique, aussi longtemps que le t\u00e9tanos subsiste, le courant propre \u00bbde la grenouille ne para\u00eet pas.\u00bb Ibidem, Nouvelle S\u00e9rie. D\u00e9cembre 1840. t. XXX. p. 374. * Es ist aber zu bemerken, dafs Matteucci die Idee, den Elektrischen Strom Zum Telauisiren behufs der Untersuchung des elektrischen Zustandes der Muskeln w\u00e4hrend der Zusammenziehung anzuwenden, zum ersten Male in seinem \u00bbTrait\u00e9\u00ab, also vier Jahre nach der anonymen Beurtheilung und ein Jahr nach dem Erscheinen des \u00bbvorl\u00e4ufigen Abrisses\u00ab, wo ich dies Mittel mit Erfolg anwandle, ausspricht, sie aber sogleich fallen l\u00e4fst, weil er keine Art ausfindig machen kann, sich des Stromes zu bedienen, ohne dafs er in den Multiplicatorkreis einbr\u00e4che. S. unten, No. 3.\n4\tS. unten, No. 4.","page":13},{"file":"p0014.txt","language":"de","ocr_de":"14\n3. Abschn. Kap. IV. \u00a7. I. 2. Matteccci\u2019\u00ab Bestrebungen,\nFolgendes sind die Versuche der ersten Art, welche sich im \u00bb Essai\u00ab mitgetheilt finden. Zuerst stiefs Matteucci einen weichen Eisendraht in die Muskeln eines Kaninchens in der Richtung ihrer Fasern ein und suchte mittelst der Ablenkung einer astatischen Doppelnadel Elektromagnetisirung desselben hei der Muskelbewegung zu beobachten. Dann f\u00fchrte er in die Muskeln eine Inductionsrolle ein, welche mit \u00e4hnlichen Dr\u00e4hten angef\u00fcllt war, und deren Enden mit einem empfindlichen Multiplicator in Verbindung standen; oder er legte in dieselbe eine unmagnetische Stahlnadel und strebte nun hei Heizung der Muskeln beziehlich einen Inductionsstrom oder Magnetisirung der Nadel wahrzunehmen. Endlich brachte er das ganze eine Bein eines Frosches in eine Inductionsrolle, und die Enden derselben mit denen des Multi-plicators oder der bereits erw\u00e4hnten kleineren Rolle in Verbindung, in welcher letzteren sich wahrscheinlich ein weicher Eisenkern befand; 1 gleichfalls, um entweder Induction oder Elektromagnetisirung im Augenblicke der Zuckung erfolgen zu sehen.\nIm Trait\u00e9 etc. p. 253\u00b0 f\u00fcgt Matteucci hinzu, er habe Stahl- und weiche Eisennadeln in den verschiedensten Richtungen in die Muskeln lebender Thiere eingestochen und dieselben w\u00e4hrend der Zusammen-ziehung mittelst einer astatischen Doppelnadel oder des LEBAiLUF\u2019schen Sideroskops vergeblich auf Magnetismus untersucht.\nDie andere Versuchsreihe, welche Vermehrung des Froschstromes im Augenblicke der Zusammenziehung nachzuweisen bezweckt, stellte Matteucci auf Veranlassung der BECQUERELSchen Deutung des bereits erw\u00e4hnten, von ihm zuerst beschriebenen, aber g\u00e4nzlich mifsverstan-denen einen Grundversuches dieses Gebietes an. Ich meine seine Entdeckung der sec un d\u00e4r en Zuckung, wie ich diese Erscheinung der K\u00fcrze halber nennen will. Matteucci \u00fcberreichte dieselbe, in einem versiegelten P\u00e4ckchen, der Pariser Akademie der Wissenschaften bereits am 28. Februar 1842. Nachdem er sie sodann noch einen Sommer hindurch vielf\u00e4ltig gepr\u00fcft und nach allen Richtungen hinreichend verfolgt zu haben glaubte, machte er sic im Herbste desselben Jahres endlich an den oben Bd. I. S. 126. (1) bereits angegebenen Stellen bekannt.\nFolgendes war der Inhalt von Matteucci\u2019s versiegelter Mittheilung: \u00bbPr\u00e9parez rapidement la cuisse d\u2019une grenouille, en y laissant le nerf \u00bbattach\u00e9; placez ce nerf sur les cuisses d\u2019une autre grenouille pr\u00e9par\u00e9e \u00bb\u00e0 la mani\u00e8re ordinaire. Si alors vous obligez cette seconde grenouille \u00bb\u00e0 contracter ses muscles, soit au moyen d\u2019une excitation \u00e9lectrique, \u00bbsoit par tout autre moyen, au moment o\u00f9 la contraction musculaire\n1 Trait\u00e9 etc. p. 251. *","page":14},{"file":"p0015.txt","language":"de","ocr_de":"Elelctricit\u00e4lseniwichehmg bei der Zusammenziehung mahrzunehmen, jg\n\u00bbaura lieu, on verra se contracter \u00e9galement les muscles de la jambe \u00bbde la premi\u00e8re grenouille.\u00ab Hiezu f\u00fcgte der Entdecker jetzt noch folgende Bemerkungen. An der Stelle des urspr\u00fcnglich zuckenden Froschschenkels k\u00f6nne auch der von der Sehnenbinde enthl\u00f6fste Schenkel eines lebenden Kaninchens angewandt werden. Werde zwischen Nerv und Schenkel feines Fliefspapier gebracht, so finde gleichwohl die Wirkung statt, nicht aber, wenn dasselbe mit einem d\u00fcnnen Bl\u00e4ttchen eines Nichtleiters, und auch nicht, wenn es mit einem St\u00fccke Blattgold vertauscht werde.\nDiese Thatsachen sind best\u00e4tigt worden durch Dumas, v. Humboldt, Kupfer, Valenciennes,1 Flourens, 2 Peltier, 3 Becquerel,4 Alex. Donne 5 in Paris und Pr\u00e9vost 6 in Genf.\nBecquerel schlofs daraus, dafs im Augenblicke der Zusammen-ziehung eine elektrische Entladung (\u00bbd\u00e9charge \u00e9lectrique\u00ab) in dem Muskel vor sich gehen m\u00fcsse, und dafs ein Theil derselben seinen Weg durch den Nerven des zweiten Frosches nehme, was auch der Fall sein k\u00f6nne, wenn derselbe durch feuchtes Fliefspapier von dem unmittelbar gereizten Muskel getrennt sei, w\u00e4hrend das Goldbl\u00e4ttchen die Mittheilung der Wirkung auf die n\u00e4mliche Weise verhindere, wie z. B. der metallene Teller, auf dem man einen Zitterrochen tr\u00e4gt, die Hand vor den Schl\u00e4gen des Tliieres sch\u00fctzt;7 dafs endlich die nichtleitende Zwischenschicht, z. B. ein Streifen Glanzpapier (? \u00bbpapier glac\u00e9, varnished paper 8 * *\u00ab) eben als solche wirke.\nDieser Ansicht scheint sich die Commission der Akademie angeschlossen zu haben, die Matteucci im December desselben Jahres den Preis f\u00fcr Experimentalphysiologie ertheilte (S. oben Bd. I. S. 123). Peltier dagegen a. a. 0. behauptete, dafs die neue Erscheinung nicht\n1 Comptes rendus etc. 24 Octobre 1842. t. XV. p. 797. *\na L\u2019Institut etc. t. X. Ko. 4G1. p. 373. *\na Ibid., No. 466. p, 426. *\n4\tAnnales de Chimie et de Physique. 3. Serie. Novembre 1842. t. VI. p. 342. * \u2014 Archives de l\u2019\u00c9lectricit\u00e9 etc. t. II. p. 632.* \u2014 Trait\u00e9 etc. p. 136.*\n5\tJournal des D\u00e9bats politiques et litt\u00e9raires. 4 Janvier 1813. Feuilleton. *\n6\tArchives de l\u2019\u00c9lectricit\u00e9 etc. t. II. p. 633. *\n\u2019 S. v. Humboldt und Gay-Lussac in Gilbert\u2019s Annalen der Physik. 1806. Bd. XXII. S. 7. * \u2014 Dies ist eine Folge der fast unendlich \u00fcberlegenen Leilungs-f\u00e4higkeit der Metalle gegen\u00fcber den Leitern zweiter Klasse, im Vereine mit dem\nOim\u2019schen Gesetze der Slromverlheilung in Nebenzweigen nach dem umgekehrten\nVerh\u00e4ltnisse der Widerst\u00e4nde. Es versteht sich, dafs dabei das Thier durch eine\nandere isolirle Person, oder durch die dasselbe haltende mittelst eines Nichtleiters gereizt werden mufs, vorausgesetzt dafs es nicht freiwillig schl\u00e4gt. Vergl. \u00fcbrigens unten, Kap. X. \u00a7. in.\na Vergl. Philosophical Transactions etc. For the year 1845. p. II. p. 312.11","page":15},{"file":"p0016.txt","language":"de","ocr_de":"16\tAbsclm. Kap. IV. \u00a7. I. 2. Matteucci\u2019j Bestrebungen,\nauf elektrischem Wege erkl\u00e4rt werden k\u00f6nne. Die elektrischen Ph\u00e4nomene zerfielen in zwei Klassen, in statisch- und in dynamisch-elektrische. Zu den erstereu, zu denen Peltier merkw\u00fcrdiger Weise die der elektromotorischen Fische z\u00e4hlt, k\u00f6nne die secund\u00e4re Zuckung nicht geh\u00f6ren, weil die Dazwischenkunft eines Goldbl\u00e4ttchens sie alsdann nicht w\u00fcrde hindern k\u00f6nnen ; zu den letzteren aus folgenden Gr\u00fcnden nicht: \u00bbII faudrait qu\u2019il y e\u00fbt un courant d'ensemble qui vint produire \u00bb un courant d\u00e9riv\u00e9 \u00e0 travers le nerf ; mais un courant d\u2019ensemble ne \u00bbpeut exister sans des conducteurs sp\u00e9ciaux, qui viennent par leur \u00bbr\u00e9union former un courant g\u00e9n\u00e9ral. Jusqu\u2019alors aucun physicien, ni \u00bb aucun physiologiste, n\u2019a pu d\u00e9couvrir ni ces conducteurs, ni ces cou-\u00bbrants g\u00e9n\u00e9raux. Tout cet ordre de ph\u00e9nom\u00e8nes est mol\u00e9culaire et ne \u00bbpeut produire les courants d\u00e9riv\u00e9s que nous connaissons.\u00ab\nMatteucci seinerseits, dem Becquerel\u2019s Erkl\u00e4rung, mit Hinblick auf die von Becquerel und Breschet entdeckte W\u00e4rmeentwickelung im zusammengezogenen Muskel, eine besondere Wahrscheinlichkeit f\u00fcr sich zu haben schien, 1 zeigte bald darauf in einem Comptes rendus etc. 23 Janvier 1843. t. XVI. p. 197 \u00b0 abgedruckten Briefe an v. Humboldt an, dais es ihm gegl\u00fcckt sei, eine Vermehrung der St\u00e4rke des Frosch Stromes am Mult ip li cat o r im Augenblicke der Zusammenziehung selbst wahrzunehmen. \u00bbLes signes du cou-\u00bb rant propre de la grenouille, d\u00e9montr\u00e9s par le galvanom\u00e8tre, augmen-\u00bbtent au m\u00eame instrument dans l'acte de la contraction.\u00ab Der Versuch ward an einer Froschs\u00e4ule angestellt, und die Zusammenziehungen derselben durch Betupfen der Ber\u00fchrungsstellen zwischen den Nerven des einen und den Muskeln des n\u00e4chstfolgenden GALVANi\u2019schen Pr\u00e4parates mit einem in Kalihydratl\u00f6sung getauchten Pinsel hervorgerufen.\nIm Trait\u00e9 etc. selber kommt Matteucci weitl\u00e4uftig auf diesen Gegenstand zur\u00fcck. S. daselbst p. 130.\u201c \u00bbComme ce ph\u00e9nom\u00e8ne....\u00ab sagt er, \u00bb a lieu sur des animaux qui n\u2019ont pas le courant propre de la \u00bbgrenouille, (i \u2014 Vergl. oben Bd. I. S. 541) on pourrait supposer que \u00bbc\u2019est le courant musculaire qui, dans l\u2019acte de la contraction, augmente \u00bbd\u2019intensit\u00e9 et ne peut plus par cons\u00e9quent circuler enti\u00e8rement dans \u00bbles mol\u00e9cules m\u00eames du muscle o\u00f9 il est d\u00e9velopp\u00e9.\u00ab Er durfte also eigentlich, seiner Meinung nach, nur mit dem \u00bbcourant musculaire\u00ab, nicht mit dem \u00bb courant propre \u00ab arbeiten, wodurch er auf, in seiner Vorstellung, sehr betr\u00e4chtliche Schwierigkeiten gef\u00fchrt wurde. Es sinkt n\u00e4mlich die Kraft der \u00bbpiles musculaires\u00ab \u00e4ufserst schnell; auf solche von Kaninchen- und Taubenmuskeln mufste er so wie so verzichten,\nTrait\u00e9 de. p. 135. *","page":16},{"file":"p0017.txt","language":"de","ocr_de":"ElelUricit\u00e2tsentmclcelung bei der Zusammenziehung rvahnunelimen. 17\nweil sie sich nicht zur Zusammenziehung bringen lassen, und vergebens suchte er diese Uebelst\u00e4nde dadurch zu beseitigen, dafs er sich einer S\u00e4ule aus lebenden, auf ein Brett genagelten Tauben bediente! Er sah sich gen\u00f6thigt, zu dem \u00bbcourant propre\u00ab von S\u00e4ulen aus 8 \u201410 nach Galvam\u2019s Vorschrift bereiteten Fr\u00f6schen sciue Zuflucht zu nehmen: \u00bbJ\u2019ai cru qu\u2019en parvenant \u00e0 prouver que ce courant est d'une mani\u00e8re \u00bbquelconque augment\u00e9 par la contraction, on aurait fait un pas dans \u00bb l\u2019explication du ph\u00e9nom\u00e8ne que nous \u00e9tudions. \u00ab\nEine andere Schwierigkeit erwuchs Matteucci aus der Wahl eines Mittels, um die Froschs\u00e4ule zur Zusammenziehung zu bewegen, ohne unmittelbar, sei\u2019s die Summe der Spannungen in dem Kreise, sci\u2019s den Widerstand desselben zu ver\u00e4ndern. Auf die Anwendung des elektrischen Stromes verzichtete er, weil es ihm unm\u00f6glich schien, denselben in den Versuch einzuf\u00fchren, ohne dafs ein Theil desselben seinen Weg durch den Multiplicatordraht nehme (S. oben S. 13. Anm. 3). Er versuchte daher die Froschs\u00e4ule dadurch zum Zucken zu bringen, dafs er ungef\u00e4hr zu gleicher Zeit das R\u00fcckenmark s\u00e4mmtlicher darin befindlichen Pr\u00e4parate auf mechanischem Wege reizte. In den F\u00e4llen, wo bei Anstellung dieses Versuches durch die heftigen Zuckungen der Fr\u00f6sche nicht die Kette auseinandergerissen und ge\u00f6ffnet wurde, sah er die Ablenkung in der That um 2 \u2014 4\u00b0 zunehmen.\nWenn er sich, in der bereits oben mitgctheilten Weise, des Verfahrens der Reizung auf chemischem Wege bediente, so vermied er, die beiden \u00e4ufsersten Glieder der Froschs\u00e4ule mit der Kalihydratl\u00f6sung zu benetzen, damit dieselbe nicht zu den Platinenden des Multiplicators gelangen k\u00f6nne. Den solchergestalt erregten Zuckungen, welche schw\u00e4cher sind, aber l\u00e4nger anhalten, als die durch Reizung des R\u00fcckenmarkes hervorgebrachten, entsprach eine Zunahme der Nadelablenkung um 5 \u2014 10\u00b0. Dem Einwand, dafs diese Wirkung von der Verminderung des Widerstandes an den mit der L\u00f6sung benetzten Stellen herr\u00fchren k\u00f6nne, setzt Matteucci verschiedene Gr\u00fcnde entgegen. Wird erstens das Betupfen zum zweiten oder dritten Male wiederholt, wobei keine Zuckungen mehr zu Stande kommen, so bleibt jener augenblickliche Zuwachs aus. Wird ferner statt der Kalihydratl\u00f6sung verd\u00fcnnte Schwefels\u00e4ure, Salmiak- oder schwefelsaure Nalronl\u00f6sung mittelst eines Pinsels oder eines St\u00fcckchens Badeschwamm auf die Nerven einer S\u00e4ule aus GAi.vANi\u2019schen Pr\u00e4paraten aufgetragen, was keine Zuckungen, wohl aber eine Verminderung des Widerstandes an den benetzten Stellen zur Folge hat, so findet die entgegengesetzte Wirkung statt; die Nadel geht f\u00fcr den Augenblick auf Null zur\u00fcck. Eine besondere Versuchsreihe Matteucci\u2019s hat sodann den Zweck zu zeigen, dafs der bei der wechsel-II.\t2","page":17},{"file":"p0018.txt","language":"de","ocr_de":"IS\n3. Abschi. Kap. IF. I. 2. Matte cccri Bestrebungen,\nseitigen Ber\u00fchrung von Kalihydratl\u00f6sung, Nerv und Muskel sich entwickelnde chemische Vorgang nicht als die Quelle des beobachteten Stromzuwachses angesehen werden k\u00f6nne. Er ordnete auf einer iso-lirenden Unterlage zwei Fr\u00f6sche s\u00e4ulenartig an, indem er zwischen denselben eine L\u00fccke von 20 \u2014 30\"'\"' Breite offen liefs. Wenn er diese abwechselnd mit einem in Wasser, in Kalihydratl\u00f6sung und in anges\u00e4uertes Wasser getauchten Dochte \u00fcbcrbriickte, so erhielt er beziehlich auf die beiden ersten F\u00e4lle 5\u20146\u00b0, auf den letzten 6 \u2014 8\u00b0 Ausschlag im Sinne des Froschstromes. Endlich hat Matteucci siebenmal eine S\u00e4ule aus sechs Fr\u00f6schen hei + 8\u00b0 bis + 10\u201c C. vier Tage lang liegen lassen, und sie nach dieser Zeit, wo keine Zuckungen mehr erfolgten, nachdem sie etwas in Wasser aufgeweicht worden war, mit Kalihydratl\u00f6sung betupft. In einem einzigen Falle vermehrte sich die noch vorhandene Spur des Froschstromes um 3\u00b0.\nObschon Matteucci geneigt ist, diese Versuche, so weit sie bis hielier vorliegen, als eine Best\u00e4tigung der BECQUEREL\u2019schen Deutung der secund\u00e4ren Zuckung anzusehen, so wagt er doch nicht, die Frage f\u00fcr ganz entschieden zu halten: \u00bbII faut avouer que l\u2019apparition de deux \u00bbph\u00e9nom\u00e8nes, c'est-\u00e0-dire la production des contractions et la plus \u00bbgrande d\u00e9viation de l\u2019aiguille, se correspondent exactement... . Est-il \u00bbmaintenant bien exact de conclure que le courant propre augmente \u00bbpar la contraction du muscle? Peut-on expliquer diff\u00e9remment le r\u00e9-\u00bbsultat de nos exp\u00e9riences?.... Je n\u2019ose pas affirmer que la question \u00bbsoit compl\u00e8tement r\u00e9solue, et je me suis arret\u00e9, ne sachant par quelle \u00bbvoie avancer pour la r\u00e9soudre.\u00ab\nVon Neuem hat indefs Matteucci diese Frase aufsenommen in einer langen Abhandlung \u00fcber die secund\u00e4re Zuckung, welche in den Philosophical Transactions etc. For the l eur 1815. Part II. p.303\u2014 317\u00b0 unter dem Titel: \u00bbOn Induced Contractions \u00ab (Received Juli 23, \u2014 Read November 20, 1845) erschienen ist. Er hatte mittlerweile den Untersuchungen \u00fcber thicrische Elektricit\u00e4t auch in England Bahn gebrochen , und hier war die in Rede stehende Erscheinung auf diese Weise getauft worden. Ich mufs dieselbe aber f\u00fcr verwerflich erkl\u00e4ren, und zwar gerade aus dem Grunde, um defswillen sie von Matteucci gebilligt wird: \u00bbI shall henceforth adopt this denomination, since it has \u00bbthe advantage of expressing the phenomenon with brevity, and, to \u00bba certain degree, its nature.\u00ab Der Name der inducirten Zuckung entspricht, wie man sehen wird, einer ziemlich gewagten theoretischen Vorstellung, die sich Matteucci \u00fcber diese Erscheinung gebildet hat, und die im Laufe unserer eigenen Untersuchungen sich sehr bald als nichtig erweisen d\u00fcrfte; w\u00e4hrend mit der Bezeichnung als secund\u00e4re","page":18},{"file":"p0019.txt","language":"de","ocr_de":"Elehtricit\u00e4tsentrviclcciung bei der Zusammenziehung wahrzunehmen. 19\noder Zuckung zweiter Ordnung kein anderer Begriff als der den Tliat-bestand wiedergebende der Ableitung, der Abh\u00e4ngigkeit, der Unterordnung verkn\u00fcpft scheint.\nMatteucci wiederholt zun\u00e4chst die eben angef\u00fchrten Versuche des Trait\u00e9 etc. mit halbdurchschnittenen Froschoberschenkeln; weil n\u00e4mlich, seiner Meinung nach, der Muskelstrom st\u00e4rker ist als der Froschstrom, und es ihm hier darauf ankam, eine m\u00f6glichst grofse Ablenkung zu haben; aus demselben Grunde setzte er jetzt seine S\u00e4ulen aus 16 \u2014 20 Gliedern zusammen. Da er eine Zunahme des Stromes beobachten wollte, so ist durchaus nicht zu begreifen, weshalb er einen Werth auf die Gr\u00f6fse der Ablenkung legte: er h\u00e4tte, scheint cs, im Gegentheil suchen m\u00fcssen, die Nadel m\u00f6glichst nahe dem Nullpunkte zu behalten. Wie dem auch sei, er schreitet zuerst zu einer weitl\u00e4uftigen Untersuchung, \u00fcber den Einflufs, den das Eintauchen der halben Froschoberschenkel in verd\u00fcnnte Schwefels\u00e4ure, hinreichend ges\u00e4ttigte Kalihydratl\u00f6sung, und ges\u00e4ttigte Kochsalzl\u00f6sung auf den Strom solcher S\u00e4ulen \u00e4ufsert, indem er n\u00e4mlich abermals beabsichtigte, die Zuckungen durch Benetzen mit Aetzmitteln hervorzurufen. Das Eintauchen dauerle nur wenige Secun-dcn. Hernach wurden die Oberschenkel abgesp\u00fclt, so dafs die mit S\u00e4ure und Alkali behandelten die bez\u00fcgliche Reaction auf Lakmuspapier nicht mehr zeigten. Der Erfolg war der n\u00e4mliche als der bei Behandlung der Muskeln mit 50\u00b0 C. warmem Wasser beobachtet wird, n\u00e4mlich eine Verminderung des Stromes, die selbst durch Anfrischen des Querschnittes nicht gehoben wurde. Matteucci versicherte sich ausdr\u00fccklich, dafs diese Ver\u00e4nderung nicht von einer Zunahme des eigent\u00fcmlichen Widerstandes der Muskeln herr\u00fchrte; eben so wenig von dem dabei vor-kommenden \u00f6fteren Waschen mit kaltem Wasser. Meiner eigenen, viel fr\u00fcheren Erfahrungen \u00fcber diesen Gegenstand wird dabei nicht gedacht. 1 Hier nun also bleibt ein Widerspruch zur\u00fcck. Bei dieser Art des Versuches wirkt die Kalihydratl\u00f6sung stromschw\u00e4chend gleich Salz und S\u00e4ure, hingegen in den Versuchen des Trait\u00e9 etc., an Gacvam'scIkti Pr\u00e4paraten, brachte dieselbe nicht selten ein merkliches Anschwellen des Stromes in dem Augenblicke der dadurch bewirkten Zuckungen hervor. Diesen Widerspruch v\u00f6llig zu schlichten, heschcidet sich Matteucci, spricht sich aber jetzt mit der gr\u00f6fsten Bestimmtheit dahin aus, dafs jene Zunahme nicht auf Rechnung der Zusammenziehung zu bringen sei. Dies beweist er durch folgenden Versuch. Er richtet 12, 16 oder 20 Fr\u00f6sche nach Galvani\u2019s Vorschrift zu, ohne jedoch das Becken\n1 Vorl\u00e4ufiger Abrifs u. s. w. A. a, 0. S. 14. \u00a7. 35. r. e. * \u2014 Vergl, unten,\nKap. V. \u00a7. in.\n2","page":19},{"file":"p0020.txt","language":"de","ocr_de":"20\t3. Abschn. Kap. IV. \u00a7. I. 2. Matteecci\u2019.? Bestrebungen,\nunterhalb der Nerven fortzuschneiden; alsdann entfernt er den einen Unterschenkel, schneidet den Oberschenkel des anderen Beines quer durch, und ordnet sic zur S\u00e4ule zusammen, indem er den Querschnitt des Oberschenkels eines Gliedes gegen die Aufsenfl\u00e4che des unversehrten Oberschenkels des anderen Gliedes lehnt. Ist die Nadel auf 10\u00b0 bis 15\u00b0 zur Ruhe gekommen, so benetzt er die Nerven s\u00e4mmtlicher Pr\u00e4parate, welche, wie man sieht, einigermafsen aus dem Kreise sich befinden, mit ges\u00e4ttigter Kalihydratl\u00f6sung, mit Ausnahme der beiden letzten Glieder, wo er zu f\u00fcrchten h\u00e4tte, dafs die Lauge sich bis in die Endfl\u00fcssigkeiten der S\u00e4ule und der darin ruhenden Multiplicator-enden ergiefsen m\u00f6chte. Sogleich nach dem Auftr\u00e4gen des Aetzmittels beginnen Zuckungen, und halten einige Secunden lang an, ohne jemals stark genug zu werden, um die Kette zu sprengen. Die Nadel bleibt dabei in Ruhe; in einigen F\u00e4llen macht sie eine r\u00fcckg\u00e4ngige, in anderen eine fortschreitende Bewegung von 2 \u2014 3\u00b0, welcher keine Bedeutung zugesprochen werden kann. \u00bbLet us then conclude\u00ab, schliefst Matteucci, \u00bbthat direct experiment answers negatively to the question \u00bbwe proposed to solve, whether there were evolution of electricity in \u00bbmuscular contraction.\u00ab Er vermuthet, dafs die leise Zunahme in dem Fall der mit Kalihydratl\u00f6sung gereizten GALVANi\u2019schen Pr\u00e4parate von nichts als von der durch die Zuckung augenblicklich inniger gemachten Ber\u00fchrung zwischen den einzelnen Kettengliedern herr\u00fchre.\nEr geht sodann (p. 309) zu einigen die secund\u00e4re Zuckung unmittelbar betreffenden Versuchen \u00fcber. Die Isolation des secund\u00e4r zuckenden Schenkels von dem urspr\u00fcnglich zuckenden pflegt er dadurch zu bewerkstelligen, dafs er einen Teller mit Vcnetianischcm Ter-penthin anf\u00fcllt, und die beiden Fr\u00f6sche darauf lagert; das Terpenthin m\u00fcsse dickfl\u00fcssig genug sein, um kein Einsinken der thierischen Theile zu verstatten. \u2014 Die secund\u00e4re Zuckung erscheine, welches auch die Richtung des strompr\u00fcfenden Nerven zu den Muskelfasern des urspr\u00fcnglich zuckenden Schenkels sei ; ob er denselben parallel, quer\u00fcber, oder zickzackf\u00f6rmig in mannigfaltigen Biegungen gelagert werde. \u2014 Auch der Gastroknemius sei geeignet, die secund\u00e4re Zuckung zu ertheilen. \u2014 Sie finde statt, selbst wenn man den strompr\u00fcfenden Frosch mit Wasser v\u00f6llig rein von Blut und anderen Unreinigkeiten wasche. \u2014 Matteucci schnitt mit einem Rasirmesser, oder lieber mit der Scheere, eine Scheibe Muskcllleisch von dem Oberschenkel ab; die Zuckung blieb nicht aus, als der strompr\u00fcfende Nerv nur die Schnittfl\u00e4che ber\u00fchrte. \u2014 Sie zeigt sich auch, wenn man den strompr\u00fcfenden Nerven, auf dem urspr\u00fcnglich zuckenden Muskelfleisch, in einen geschlossenen Ring umbiegt, oder wenn man ihn, statt ihn von der Wirbels\u00e4ule loszutrennen,","page":20},{"file":"p0021.txt","language":"de","ocr_de":"EkMricit\u00e4tsentrvicJcdunij bei der Zusammenziehung wahrzunehmen. 21\nvielmehr mir, dem Rumpfe in Verbindung l\u00e4fst, so dafs dieser nur noch durch den Nerven mit dem Unterschenkel zusammenh\u00e4ngt. Der Nerv lag dabei quer \u00fcber das urspr\u00fcnglich zuckende Gaia\u2019am\u2019scIic Pr\u00e4parat, so dafs der Unterschenkel auf der einen, der Rumpf auf der anderen Seite lag. Bei derselben Anordnung leitete Matteucci den Strom einer S\u00e4ule durch den Nerven oder betr\u00f6pfelte diesen mit Kalihydratl\u00f6sung; die secund\u00e4re Zuckung stellte sich nichtsdestoweniger ein. \u2014 Sie fehlt hingegen, wenn der Nerv des urspr\u00fcnglich zuckenden Schenkels zwar gereizt wird, jedoch die Lei laug des Nervenprincips auf die Muskeln auf irgend eine Weise unterbrochen wird; wenn z. B. der Nerv an zwei oder drei Stellen zerschnitten, oder wenn der prim\u00e4r zucken sollende Muskel zerhackt ist; 1 ebenso, wenn statt des zum Oberschenkel, auf dem der strompr\u00fcfende Nerv aufliegt, geh\u00f6rigen Stammes des Ischia-dicus, die Verzweigung desselben am Unterschenkel gereizt wird; an Hunden und Kaninchen, wenn die Nieren-, Magen- und Eingeweidenerven gereizt wurden. \u2014 Vergebens suchte Matteucci secund\u00e4re Zuckung vom Nerven aus zu erhalten, indem er den strompr\u00fcfenden Nerven der unteren H\u00e4lfte des Nerven eines strompr\u00fcfenden Schenkels entlang legte, dessen obere H\u00e4lfte auf elektrischem Wege gereizt wurde. \u2014 Matteucci legte einem Frosch das Gehirn und den Plexus Ischia-dicus blofs, breitete \u00fcber jenes den strompr\u00fcfenden Nerven und benetzte den Plexus mit Kalihydratl\u00f6sung, oder liefs ihn bald in aufsteigender, bald in absteigender Richtung durch den Strom treffen; es entstanden Zuckungen in den Beinen und dem Rumpfe, hingegen der strompr\u00fcfende Schenkel blieb in Ruhe. \u2014 Matteucci breitete auf den Gastroknemius des strompr\u00fcfenden Schenkels den Nerven eines zweiten, auf den Gastroknemius dieses den Nerven eines dritten strompr\u00fcfenden Schenkels; beim Reizen des prim\u00e4r zuckenden Schenkels sah er alle drei strompr\u00fcfende Schenkel zucken; die ganze Anordnung war auf Terpenthin isolirl. Dies ist, wie man sieht, die Zuckung dritter und vierter Ordnung; die erstere fehlte niemals, die der f\u00fcnften Ordnung gl\u00fcckte Matteucci nie.\nEndlich kam Matteucci auf die Untersuchung der Wirkung verschiedener zwischen den strompr\u00fcfenden Nerven und den urspr\u00fcnglich zuckenden Schenkel gebrachter Fl\u00fcssigkeiten zur\u00fcck. Keine von den vielen untersuchten Fl\u00fcssigkeiten unterbrach die Fortpflanzung der secun-d\u00e4ren Zuckung, als: destillirtes oder leicht anges\u00e4uertes Wasser, verd\u00fcnnte Salzl\u00f6sung, Serum, Blut, Oliven\u00f6l, verd\u00fcnnter Alkohol, alkoholische\n1 \u00bbIf, without cutting the nerve, all the tendinous extremities of the muscles, \u00bbof the thigh are severed, and transverse cuts are also made in those muscles, \u00bbtailing care not to divide the nerves, on stimulating,them, the inducing and also \u00bbthe induced contractions are wanting.\u00ab (p. 310.)","page":21},{"file":"p0022.txt","language":"de","ocr_de":"22\n3. Absohn, Kap, 1V. g. I. \u00ff. Mat\u00efi\u00eeucci's Bestrebungen,\nHarzl\u00f6sung (Firnifs), Terpenthin\u00f6l. Matteucci licfs einige Tropfen dieser Fl\u00fcssigkeiten auf den Muskel fallen und bettete den Nerven darin ; aber er stellte den Versuch auch so an, dafs ein mit denselben getr\u00e4nkter Filzstreifen (\u00bba thin sheet offrit\u00ab1) zwischen Nerv und Muskel eingeschaltet wurde. Zur Reizung diente eine mit blofsem Wasser augemachte FARADAY\u2019sche S\u00e4ule von 15 Gliedern. Von jenen Fl\u00fcssigkeiten nun zeigten sich das Oliven- und Terpenthin\u00f6l, der Firnifs u. s. w. als v\u00f6llige Nichtleiter f\u00fcr den Muskelstrom und den \u00bbcourant propre\u00ab. Halte man den strompr\u00fcfenden Schenkel ii^ der Hand, und ber\u00fchre mit den Nerven desselben einen feuchten Papierstreifen, die Muskeln eines Frosches oder eines anderen Thieres, welche mit dem Erdboden in leitender Verbindung stehen, so erhalte man Zuckung, weil sich die Froschkette durch den Beobachter scldiefse. Dies sei nicht mehr der Fall, wenn der Nerv zuvor in Oliven- oder Terpenthin\u00f6l, oder in Firnifs getaucht worden sei. \u00bbIt is therefore indubitable\u00ab, sagt Matteucci, \u00bb that if an induced contraction is propagated through a stratum \u00bbof the bad conductors mentioned, this induced contraction cannot pos-\u00bb sibly be owing to a current generated in the contracting muscle, and \u00bbpassing thence into the nerve of the galvanoscopic frog.\u00ab (p. 313 ) Um sich dieses wichtigen Ergebnisses noch mehr zu versichern, w\u00fcnschte Matteucci einen noch schlechteren Leiter als die bereits genannten in Anwendung zu bringen, ln dieser Absicht beschmiert er die Muskeln mit einer Mischung von Venetianischem Terpcnthin und Terpenthin\u00f6l: er beeilt sich, darauf zu bestehen, dafs dieselbe so schlecht leitend sx-wesen sei, dafs, wenn er das eine Ende der f\u00fcnfzehngliederigen S\u00e4ule in die harzige Schicht steckte und das andere mit dem strompr\u00fcfenden Nerven in Ber\u00fchrung brachte, keine Zuckung entstand. Nichtsdestoweniger pflanze sich durch diese Schicht, falls sie nicht zu dick oder die Mischung zu leichtfl\u00fcssig sei, die seeund\u00e4re Zuckung fort. Durchaus kein fester K\u00f6rper hingegen lasse sie hindurch: das d\u00fcnnste Glimmer- oder Gypsbl\u00e4ltchcn, geleimtes Papier, Pflanzenbl\u00e4tter halten sie auf. Durch Froschhaut gelinge es, sie zu erhalten.\nUnd nun schreitet Matteucci, gest\u00fctzt auf diese zahlreichen Erfahrungen, zur Er\u00f6rterung seines Ph\u00e4nomens. Zun\u00e4chst liege es am Tage, dafs es nicht die Folge einer Verbreitung des erregenden Stromes bis zum strompr\u00fcfenden Nerven sei; eben so wenig einer mechanischen Ersch\u00fctterung desselben. Lege man den strompr\u00fcfenden Nerven auf schwingendes Metall, Glas, gespannte H\u00e4ute, Darmsaiten, so entstehe\n1 So steht in den Transactions ; in den unten erw\u00e4hnten Franz\u00f6sischen Ueher-setzungen heilst es an der Stelle \u00abun papier \u00e0 filtrer.\u00ab","page":22},{"file":"p0023.txt","language":"de","ocr_de":"Elehtricil\u00e4lsentmclceluny bei der Zusammenziehung wahrzunehmen. 23\nnie eine Zuckung. \u2014 Man bemerke in seltenen F\u00e4llen Zuckungen in dem Augenblicke, wo man den strompr\u00fcfenden Nerven \u00fcber den urspr\u00fcnglich zuckenden Schenkel lagere. Alsdann sei \u00bbthe inside of the \u00bbmuscle .... discovered in some points;\u00ab oder der slrompr\u00fcfende Nerv nicht ganz frei von allen Resten Muskelfleisch, welche beim Zur\u00fcckbeugen gegen ihn seihst Zuckung hervorzubringen verm\u00f6gen; oder \u00bbit \u00bbbas also appeared to me that sometimes these contractions occur \u00bbwhen the tendinous extremities and the surface of the muscle and of \u00bbthe thigh touch two points of the galvanoscopic frog. . . . These \u00bbcircumstances reduce themselves to the phenomenon of a muscular \u00bbcurrent or of a proper current, which ought to traverse the nerve \u00bb of the galvanoscopic frog. \u00ab 1 * Man k\u00f6nne nun voraussetzen \u00bb that.... \u00bbthe above stated circumstances .... may be rendered more active, or \u00bb that they may be excited by the muscular contraction. \u00ab Aber diese Voraussetzung sei nicht stichhaltig, weil die secund\u00e4re Zuckung auch von einer ganz gleichf\u00f6rmigen Schnittfl\u00e4che des Muskels, durch Haut und durch Schichten isolirender Stolle hindurch, erhalten werde. \u2014 Endlich k\u00f6nne man, nach dem Vorbilde der W\u00e4rme- und Lichtentwickelung 8 bei der Zusammenziehung, an eine Elektricit\u00e4tscntwickelung im Augenblicke der Zusammenziehung denken wollen; abgesehen indefs von der Fortpflanzung der Zuckung durch nichtleitende Fl\u00fcssigkeiten habe er gezeigt, dafs eine solche Entwickelung sich auf keine Weise darlhun lasse. Man k\u00f6nnte annehmen, dafs die Elektricit\u00e4t in dem Fall der Terpenthinschicht durch Vcrtheilung wirke; dann aber miifste dasselbe mit dem Glimmer stattliuden, wie denn ein Froschschenkcl zucke, \u00fcber dessen Nerven man ein d\u00fcnnes Glimmerblatt lege, und am [Henley sehen] allgemeinen Auslader den Schlag einer KxEisT\u2019schen Flasche \u00fcber den Glimmer fortgehen lasse. Matteucci hat auch vergeblich versucht, Zuckungen zu erhalten, indem er den Nerven eines Frosches in grofser L\u00e4nge dem gefirnifsten Leitungsdrahte einer zehngliedrigen BuNSErfschen S\u00e4ule entlanglcgte, die abwechselnd ge\u00f6ffnet und geschlossen wurde.3 * * * *\n1 Dieser Versuch geh\u00f6rt Volta, seine Deutung mir. S. oben Bd, I. S. 525.\n* Armand de Quatrefaoes in den Comptes rendus eie. 2 Janvier 1813.\nt. XVI. P. 31. *\n3 Ich habe diesen Versuch schon vor Jahren mit gleich nichtigem Erfolge an-\ngestellt, und mich deshalb desselben nicht ber\u00fchmt. Meine Anordnung war, wenn ich nicht irre, zweckm\u00e4\u00dfiger als die Matteucci\u2019s. Ich legte n\u00e4mlich den Nerven auf meine ganz mit Dr\u00e4hten angef\u00fcllte Induclionsrolle (S. oben Bd. I. S. 446), welche\neine f\u00fcnffache Schicht sehr d\u00fcnnen Drahtes darbietet, so dafs beim Oeffnen und\nSchliefsen der in die prim\u00e4re Kreisbahn eingeschalteten zweigliedrigen GRovE'schen\nS\u00e4ule ein \u00e4ufserst kr\u00e4ftiger Inductionsstrom vielemale in n\u00e4chster N\u00e4he des Nerven,\nbald in dieser, bald in jener Richtung vorheifuhr, Aber Alles blieb vergeblich,","page":23},{"file":"p0024.txt","language":"de","ocr_de":"24\n3. Abschn. Kap. IV. \u00a7. I. '2. Matteuom\u2019s Bestrebungenf\nMaxte\u00fccci\u2019s Ansicht von der secund\u00e4ren Zuckung kann ich nicht umhin mit seinen eigenen Worten zu gehen. Nachdem er die haupts\u00e4chlichsten Eigent\u00fcmlichkeiten der Erscheinung der Muskelbewegung an und f\u00fcr sich zusammengestellt hat, sagt er: \u00bbThe phenomenon of \u00bbinduced contraction would seem to be a first fact of induction of \u00bbthat force which circulates in the nerves and which arouses \u00bbmuscular contraction. Admitting that we cannot give a satisfactory \u00bbexplanation of the phenomenon of induced contraction by recurring to \u00bbelectricity or any other known causes, as I think I have abundantly \u00bbproved, it appears to me that we cannot, confining ourselves to a first \u00bbfact, as is that of induced contraction, interpret it differently from what \u00bb we have done. The induced contraction is only a new phenomenon of \u00bbnervous force, a phenomenon of which we have given the principal \u00bblaws in this memoir. It seems to me therefore more just to call that \u00bbhenceforth muscular induction, what I have hitherto called in-\u00bbduced contraction.\u00ab\nMatteucci schliefst mit einigen Anwendungen des von ihm entdeckten vermeintlichen neuen Princips auf einige Erscheinungen der Nerven- und Muskelphysik. Da jenes Princip indessen in Wirklichkeit nirgends anders bestellt, als in seiner Einbildung, und da, selbst unter der Voraussetzung seiner Richtigkeit, die Anwendungen desselben noch mancherlei Bedenken ausgesetzt sein d\u00fcrften, so scheint es \u00fcberfl\u00fcssig, davon n\u00e4here Kenntnifs zu nehmen. Matteucci ist nicht sehr gl\u00fccklich in seinen theoretischen Bestrebungen. Sie haben ihn dazu gef\u00fchrt, ohne Noth langwierige Untersuchungen dar\u00fcber anzustellen, ob der Strom, der die Zuckung ohne Metalle erzeugt, einerlei sei mit dem, der die Nadel im Nomu\u2019schen Grundversuche ablenkt; sie haben ihm die auf der Hand liegende Einerleiheit des Frosch- und Muskelstromes Jahrelang vorenthalten k\u00f6nnen; so werden wir ihn sp\u00e4ter gleichfalls Jahrelang die M\u00f6glichkeit l\u00e4ugnen sehen, die Wirkungen der Zitterfische nach den hergebrachten Gesetzen elektrischer Str\u00f6me zu erkl\u00e4ren; so mifskennt er jetzt sogar den elektrischen Ursprung der secund\u00e4ren Zuckung, und st\u00f6fst das seit einem Jahrhundert in der Muskel- und Nervenphysik ersehnte Heil\nwelche Stellungen ich auch dem Nerven gegen\u00fcber dem stromf\u00fchrenden Leiter anwies. So habe ich auch ganz vergeblich die durch die vorderen und hinteren Wurzeln gebildete Nerven\u00f6se, in der man sich, gewissen Voraussetzungen gem\u00e4fs, eine Art von Kreislauf des Nervenprincips vorstellen k\u00f6nnte, w\u00e4hrend des Oeffnens und Schliefsens der Kette dem einen Pole eines m\u00e4chtigen Elektromagnetes ausgeseizt. Hier ersch\u00f6pfte \u00fcbrigens die langwierige Zurichtung bereits zu sehr die Leistungsf\u00e4higkeit der thicrischen Gebilde, als daft noch mit Fug ein bejahender Erfolg zu erwarten gewesen w\u00e4re,","page":24},{"file":"p0025.txt","language":"de","ocr_de":"Elehlricitatsentmckelung bei der Zusammemiehung wahrzunehmen, 2S\nvon sich! Weil er sich seihst keine fruchtbaren Fragen zu stellen weifs, irrt er rathlos im Kreise nichtssagender Ab\u00e4nderungen erster roher Erfahrungen, wie man sie dem Zufall verdankt, umher; weil er vers\u00e4umt, die Erscheinungen auf ihre einfachste Gestalt zur\u00fcckzubringen, ersinkt er unter der East der Verwickelung, die in allen seinen Versuchen herrscht; die Natur versagt ihm ihre Aufschl\u00fcsse, und so kommen jene verkehrten theoretischen Ausgeburten zu Tage, die zwar einen Augenblick lang Aufsehen erregen m\u00f6gen, aber bei der leisesten Ber\u00fchrung, wie Seifenblasen, zu Schaum verspr\u00fctzen, 1 * * *\n3. Erste Darlegung der negativen Schwankung des Muskelstromes bei der Zusammenziehung in meinem \u00bbvorl\u00e4ufigen Abrisse u. s. m. \u00ab\nIch habe in meinem \u00bb vorl\u00e4ufigen Abrisse\u00ab (vom November 1842) a. a. 0. S. 12. \u00a7. 31. 1. Folgendes bekannt gemacht: \u00bbMatteucci hatte \u00bbin seinem Essai sur les ph\u00e9nom\u00e8nes \u00e9lectriques des animaux; Pa-\u00bbris 1840. p. 81. 82 angezeigt, dafs im Tetanus der Froschstrom ver-\u00bb schwinde. Ich habe mich durch eine grofsc Anzahl der sorgf\u00e4ltigsten \u00bbVersuche, zu denen ich auf die unter (18) beschriebene Art pr\u00e4pa-\u00bbrirte Gastrocnemien 5 vom Frosch benutzte, welche ich nach Nobili\u2019s \u00bbAngabe (Ann. de chim. et de phys. XLIV, p. 80) vom Nerven aus \u00bb tetanisirte, und mich dabei der Methode der Compensation bediente, \u00bbaufs bestimmteste \u00fcberzeugt, dafs in der That w\u00e4hrend heftiger und \u00bbandauernder Zusammenziehungen der Strom zwar bei weitem nicht \u00bbverschwindet, allein doch merklich an Intensit\u00e4t abnimmt. Dasselbe\n1 Die Abhandlung, von der so eben ein Auszug gegeben wurde, ist seitdem \u00fcbersetzt erschienen in den Annales de Chimie et de Physique. Septembre et Octobre\n1846. 3. S\u00e9rie, t. XVIII. p. 120,* wie auch fast vollst\u00e4ndig in den Le\u00e7ons sur les\nPh\u00e9nom\u00e8nes physiques des Corps vivants etc. 1847. p. 268.\u2019 \u2014 Matteucci hat \u00fcbrigens bereits wieder eine neue Arbeit \u00fcber die secund\u00e4re Zuckung angek\u00fcndigt, und\neine kurze Inhaltsanzeige davon milgelheilt in den Comptes rendus etc. 17 Ao\u00fbt 1846. t. XXIII. p. 358. * Er hebt folgende zwei Punkte als die wesentlichen hervor. Erstens, was bereits in der Abhandlung der Transactions gesagt ist, dafs nur der prim\u00e4r zuckende Muskel, nicht aber Theile des Nervensyslemes, z. 13. die Centralorgane in Folge aufsteigender, sensibler Reizung die secund\u00e4re Zuckung zeigen, und ebensowenig irgend ein anderes Organ. Zweitens, dafs die secund\u00e4re Zuckung auch durch die Oeffnungszuckung nach langer Schliefsung der Kette erhalten werde, wo dann diese in eine Art von Tetanus ausartet, wie dies Ritter vor f\u00fcnfzig Jahren, und nicht, wie Matteucci zu glauben scheint, er selber neuerdings entdeckt hat (S. oben Bd. I. S. 365). W as dies mit der secund\u00e4ren Zuckung als solcher zu schaffen habe, hat mir nicht deutlich werden wollen.\n\u2019 N\u00e4mlich wie oben Bd. I, S. 525 gelehrt wurde.","page":25},{"file":"p0026.txt","language":"de","ocr_de":"26\n3. Absehn. Kap. I V. \u00a7. I. 3. Matteucci l\u00e4ugnet die\n\u00bbfand ich mittelst der unsicheren, von Matteucci angewandten Metho-\u00bbdcn, den Gesammtfrosch durch Strychninintoxication, und das Gal-\u00bb vani\u2019scIic Pr\u00e4parat durch schnelle Pr\u00e4paration in Tetanus zu versetzen, \u00bbbest\u00e4tigt. Auch habe ich mich zu \u00fcberzeugen nicht vers\u00e4umt, dafs \u00bbdiese Abnahme des normalen Stromes nicht daher r\u00fchre, wie man \u00bbwohl h\u00e4tte vermulhen k\u00f6nnen, dal's w\u00e4hrend der Muskelzusammen-\u00bb zichung ein in umgekehrter Richtung wie der normale Strom des Ge-\u00bbsammtfrosches, des Galvam'scIicu Pr\u00e4parats und des Gastrocnemius, \u00bbn\u00e4mlich von der Cerebrospinalaxe nach der Peripherie verlaufender \u00bbStrom den normalen Strom zum Theil compensire.\u00ab\nIch hatte diese Thatsachen, mit mehreren Erweiterungen und darauf bez\u00fcglichen Einzelheiten, deren Mittheilung ich aber f\u00fcr den \u00bbvorl\u00e4ufigen Abrifs \u00ab nicht geeignet fand, sogleich bei meinen ersten darauf gerichteten Bestrebungen im Sommer 1842 entdeckt. Seitdem habe ich dieselben nicht nur, durch Vervielf\u00e4ltigung und Vermannigfachung der Versuche zu verschiedenen Zwecken, unz\u00e4hligemale f\u00fcr mich best\u00e4tigt gefunden, sondern ich habe sie auch einer grofsen Anzahl von M\u00e4nnern gezeigt, deren Zeugnifs in der Wissenschaft nachgerade vollg\u00fcltig sein d\u00fcrfte: von denen ich nur die Berliner Akademiker, die Herren Jon. M\u00fcller, Dove, Magnus, Poggenoorff, Riess, Mitscherlich, Eiiren-rerg, die Gebr\u00fcder Rose, hervorheben will. Auch hoffe ich, dafs bei denjenigen, die dem vorliegenden Kapitel ihre Aufmerksamkeit schenken wollen, nicht leicht ein Zweifel an der Wirklichkeit meiner Aussagen Zur\u00fcckbleiben wird. Es handelt sich hier nicht um spurweise Wahrnehmungen, die dann und wann unter zweideutigen Umst\u00e4nden, durch eben so viel ung\u00fcnstige F\u00e4lle aufgewogen, sorgenvoll ersp\u00e4ht werden m\u00fcssen; nein, sondern um Nadelbewegungen von 40 \u2014 70\u00b0, um einen Versuch, so schlagend, einfach, sicher und best\u00e4ndig in seinem Erfolge, dafs ich ihn, wenn meine Vorrichtungen im Stande und Fr\u00f6sche bei der Hand sind, an jedem Orte, zu jeder Stunde, beliebig viele Male hintereinander, ohne dafs auch nur ein einziges versagte, zu wiederholen mich anheischig mache.\nDiese Verwahrungen beziehen sich auf die seltsamen Verd\u00e4chtigungen, die Matteucci in dem bereits oben Bd. I. S. 546 erw\u00e4hnten Schreiben an Dumas vom September 1845 gegen meine Thatsachen zu erheben sich veranlafst gef\u00fchlt hat.\nWie man sieht, hatte ich mir eine Pflicht daraus gemacht, seine Behauptung hinsichtlich des Fehlens des Froschstromes bei tetanischen Fr\u00f6schen, als ihm den Erstbesitz der Entdeckung der elektrischen Zust\u00e4nde des zusammengezogenen Muskels sichernd, meiner eigenen Mittheilung voraufzuschicken. Der Leser ist aber bereits in Stand gesetzt,","page":26},{"file":"p0027.txt","language":"de","ocr_de":"negative Schwankung des Muskelstromes bei der Zusammemiehuny. 27\nzu ermessen, wie sehr ich meinen eigenen liechten dadurch zu nahe getreten war. Nie hat Matteucci entfernterweise auch nur die Vorstellung gehabt, dafs der Muskelstrom w\u00e4hrend der Zusammenziehung abnehme; wenn hier\u00fcber, nach dem Vorigen, noch der mindeste Zweifel obwalten k\u00f6nnte, so werden die nachfolgenden Worte dieses Physikers ihn zu heben geeignet sein.\nDer eigentliche Angriffspunkt, den ich Matteucci dargeboten habe, ist dieser: cs ist n\u00e4mlich klar, und wird sp\u00e4ter bis zum Uebermafse bewiesen werden, dafs die secund\u00e4re Zuckung nichts weiter ist, als die physiologische Wirkung der von mir entdeckten Stromabnahme bei der Zusammenziehung. Den Versuch zu machen, war mir, offen gestanden, nicht eingefallen; allein jene Deutung lag mir auf der Hand, sowie ich nur die erste unvollkommene Nachricht davon durch die Tagebl\u00e4tter erhielt, und ich fand dieselbe auch alsbald durch die unten geh\u00f6rigen Ortes beschriebenen Versuche best\u00e4tigt. Ich theilte sie darauf Herrn Geheimcnrath M\u00fcller mit, und dieser schrieb in der damals erscheinenden vierten Auflage des ersten Bandes seines Handbuches der Physiologie, S. 557. 558: \u00bbDieser Strom wird durch die Contraction des \u00bbMuskels selbst unterbrochen. [Matteucci hat sein Aufh\u00f6ren beim \u00bbTetanus,] nu Bois-Reymond seine Schw\u00e4chung oder Unterbrechung \u00bbbei jeder Zuckung des Muskels beobachtet. Da die Contraction nicht \u00bbdie leitende Verbindung aufhebt, so mufs die Unterbrechung von einem \u00bbAufh\u00f6ren der elektrischen Polarit\u00e4t selbst w\u00e4hrend der Contraction \u00bbabh\u00e4ngen. Bis so weit berechtigen die Elektricit\u00e4tsph\u00e4nomene an den \u00bbMuskeln und Nerven noch nicht zu einer Identificirung des Nerven-\u00bbprincips und der Elektricit\u00e4t. Mehr scheint hief\u00fcr der Versuch Mat-\u00bbteucci\u2019s zu sprechen, dafs, wenn auf den Muskel A. der Nerve eines \u00bbzweiten Muskelpr\u00e4parates B. gelegt wird, und der Nerve des Mus-\u00bbkels A. mechanisch oder galvanisch gereizt wird, zugleich der Mus-\u00bbkel B. zuckt. Indessen l\u00e4fst sich dieser Erfolg nach du Bois-Reymond \u00bbauf andere Art erkl\u00e4ren. Da n\u00e4mlich der Muskelstrom des Muskels A. \u00bbdurch seine Contraction unterbrochen wird, so mufs diese Unterbrechung \u00bbeine Gleichgewichtsst\u00f6rung in dem zweiten ber\u00fchrenden Nerven und \u00bbdaher Contraction des Muskels B. hervorrufen. Wir m\u00fcssen dasher anerkennen, dafs die Identit\u00e4t des Nervenprincips \u00bbund der Elektricit\u00e4t nichts weniger als erwiesen ist. \u00bbAber wir d\u00fcrfen auch nicht weiter gehen. Ein tieferer noch un-\u00bb bekannter Zusammenhang dieser Erscheinungen in analoger Art, Avie \u00bbzwischen Elektricit\u00e4t und Magnetismus, kann immer stattfinden. Nur ver-\u2022 \u00bbbietet der methodische Gang der Wissenschaft, eine noch nicht begr\u00fcn-\u00bbdete Vermuthung als Basis f\u00fcr wissenschaftliche Systeme zu benutzen.\u00ab","page":27},{"file":"p0028.txt","language":"de","ocr_de":"3. Abschn. Kap. IV. \u00a7. I, 3. Maiteucci l\u00e4ugnet die\n2S\nDagegen sagt nun Matteucci: \u00bbJe ne puis concevoir comment *M. M\u00f6ller a pu conclure de mes travaux, qu\u2019on est amen\u00e9 \u00e0 \u00bb\u00e9tablir l'identit\u00e9 du principe nerveux avec l\u2019\u00e9lectricit\u00e9.\u00ab Matteucci beruhige sich; wie man sieht, ist dies meinem verehrten Lehrer auch nicht entfernterweise in den Sinn gekommen. \u00bbJ\u2019ai, en \u00bb mille circonstances et dans tous mes M\u00e9moires, insist\u00e9 pour bien \u00e9ta-\u00bb blir les analogies et les diff\u00e9rences qui existent entre ces deux principes; on n\u2019a qu\u2019\u00e0 lire pour cela les chapitres VII et VIII de mon \u00bb Trait\u00e9 des ph\u00e9nom\u00e8nes \u00e9lectro-physiologiques des animaux. Je ne \u00bbdirai plus qu\u2019un mot au sujet de la contraction induite \u00e0 propos de \u00bbl\u2019explication que M. du Bois-Reymond en a donn\u00e9e. Ce physiologiste \u00bbpense que le courant musculaire est interrompu par la contraction, et \u00bbque celte interruption doit d\u00e9terminer une rupture d\u2019\u00e9quilibre \u00bbdans le nerf de la seconde pr\u00e9paration, et par cons\u00e9quent, amener la \u00bbcontraction du second muscle. Ce sont les m\u00eames expressions avec \u00bblesquelles M. M\u00fcller rapporte l\u2019hypoth\u00e8se de M. nu Bois-Reymond, \u00bbfaite pour expliquer la contraction induite. Il m\u2019a \u00e9t\u00e9 impossible de \u00bbme faire une id\u00e9e de la valeur physique de ces expressions. 11 pa-\u00bb\u00ee-a\u00eet que M. du Bois-Reymond admet que le courant musculaire ou propre s\u2019affaiblit ou s\u2019interrompt pendant la \u00bbcontraction musculaire; mais il n\u2019y a aucun fait qui \u00bbvienne \u00e0 l\u2019appui de cette id\u00e9e. Galvani avait bien vu que les \u00bbsignes des contractions propres s\u2019affaiblissent ou disparaissent dans la \u00bbgrenouille prise de t\u00e9tanos: moi-m\u00eame j\u2019ai bien confirm\u00e9 ce fait, mais \u00bbil faut remarquer que cet affaiblissement se montre, parce qu\u2019on prend \u00bbpour indication du courant propre la contraction de la grenouille \u00bbm\u00eame, en repliant sa jambe sur les nerfs lombaires. Mais on ne \u00bb trouve pas cela en mesurant le courant propre ou le musculaire avec \u00bble galvanom\u00e8tre. La diff\u00e9rence est donc due \u00e0 l\u2019\u00e9tat d\u2019excitabilit\u00e9 du \u00bbnerf dans l\u2019animal t\u00e9tanis\u00e9. Ce n\u2019est que dans un cas, que j\u2019ai not\u00e9 \u00bbdans mes premiers travaux et que j\u2019ai v\u00e9rifi\u00e9 apr\u00e8s, que l\u2019on pourrait \u00bbtrouver la preuve du principe admis par M. nu Bois-Reymond. J\u2019ai \u00bbtrouv\u00e9 que les grenouilles prises dans l\u2019\u00e9tat de surexcitation d\u00e9velop-\u00bbp\u00e9c par l\u2019emploi de la noix vomique, pr\u00e9par\u00e9es \u00e0 la mani\u00e8re ordinaire \u00bbet dispos\u00e9es en pile, donnent un courant propre plus faible que \u00bbcelui que l\u2019on obtient en agissant sur des grenouilles qui n\u2019ont \u00bbpas subi l\u2019action de la noix vomique. Mais, si l\u2019on r\u00e9fl\u00e9chit \u00bbque les contractions ne persistent pas dans les grenouilles pr\u00e9-\u00bb par\u00e9es et dispos\u00e9es en pile, on ne pourra pas voir, dans ce fait \u00bbunique, la d\u00e9monstration du principe invoqu\u00e9 par M. du Bois-\u00bb Reymond.\tDu reste, il est difficile de concevoir comment les","page":28},{"file":"p0029.txt","language":"de","ocr_de":"negative Schwankung des Mushelstromes bei der ZuSammemiehung. 29\n\u00bbactions chimiques doivent s\u2019affaiblir dans un muscle par le fait de sa \u00bb contraction. \u00ab\nMatteucci hat mir durch diese Bemerkungen, ohne sein Wissen, einen wahren Freundschaftsdienst geleistet. Er hat sich dadurch eines jeden Anspruches auf die in Rede stehende Entdeckung, den er auf seine ersten im \u00bbEssai\u00ab enthaltenen Behauptungen h\u00e4tte gr\u00fcnden k\u00f6nnen, g\u00e4nzlich und unwiderruflich begehen. Nicht leicht wird er fortan, er m\u00f6ge sich wenden, wie er wolle, wenn ihm \u00fcber den hier vorliegenden, beil\u00e4ufig unendlich einfachen und mit den H\u00e4nden zu greifenden Thatbestand, die Schuppen von den Augen gefallen sein werden, mir den Ersthesitz der Stromabnahme im Tetanus auf Grund jener Behauptungen streitig machen k\u00f6nnen. Das seltsame Mifsverst\u00e4ndnifs, diese Thatsache sei hlos eine Hypothese von mir, kann ich, nach Anf\u00fchrung meiner eigenen, wenn ich nicht irre, f\u00fcr jeden in diesem Gebiete Bewanderten hinl\u00e4nglich klaren Worte, dem Urtheile des Lesers \u00fcberlassen. Dafs Matteucci nicht begreift, wie die augenblickliche Unterbrechung eines Stromes in einem Nerven Zuckung hervorbringen k\u00f6nne, ist mir, von einem Elektrophysiologen von Fach, wie er, selbst unbegreiflich. Man erf\u00e4hrt \u00fcbrigens einmal unumwunden, welcher Werth auf die im entschiedensten Tone vorgebrachten thats\u00e4chlichen Aussagen Matteucci\u2019s zu legen ist. Wenn Matteucci sagt: \u00bb L\u2019influence du \u00bbt\u00e9tanos est telle que le courant propre manque toujours lorsque la \u00bbgrenouille en est attaqu\u00e9e. Nous n\u2019avons plus de contractions, ni de \u00bbsignes au galvanom\u00e8tre.\u00ab (S. oben S. 12), so kann kein Mensch dies anders verstehen, als wie der Ungenannte in der Biblioth\u00e8que universelle, Becquerel und ich selbst es verstanden haben, d. h. als oh der Froschstrom w\u00e4hrend andauernder Zusammenziehungen verschw\u00e4nde (S. oben S. 13. 25. 26): jetzt aber werden wir zur rechten Zeit aufgekl\u00e4rt, dafs es, in Matteucci\u2019s Sprache, nichts Anderes bedeute, als dafs der GALVANi\u2019sche Versuch ohne Metalle an tetanischen Fr\u00f6schen etwas schlechter gelinge als sonst und dafs der Strom von Thieren, die an Strychnin zu Grunde gehen, nicht mehr dieselbe St\u00e4rke besitzt, wie an gesunden! Heifst das nicht einigermafsen mit dem Vertrauen seiner Mitarbeiter und der gelehrten Nachkommenschaft ein gef\u00e4hrliches Spiel treiben?\nWas \u00fcbrigens die Thatsachen betrifft, die jenen Beobachtungen zu Grunde liegen, so ist, in Bezug auf die Zuckung ohne Metalle, nicht herauszubringen, ob Matteucci den Zustand des tetanischen Krampfes selber, oder die Pausen zwischen den einzelnen St\u00f6fsen, oder endlich das Stadium der nachfolgenden Erschlaffung gew\u00e4hlt hat, um seine Versuche anzustellen. Das erstere w\u00fcrde kaum einen Sinn haben, da es","page":29},{"file":"p0030.txt","language":"de","ocr_de":"30\t3. Abschi. Kap. 1V. \u00a7. II. Von der Art und Weise den Strom\nnicht zu verwundern ist, dafs die zuckungerregende Wirkung des Stromes geringer ausf\u00e4llt, wenn die Muskeln schon im Starrkrampf gespannt sind; und eben sowenig auffallend erscheint der schlechtere Erfolg unter den beiden letzteren Voraussetzungen, da die Zuckung ohne Metalle den Gipfel der Erregbarkeit erfordert, hingegen der Tetanus den der Ersch\u00f6pfung hinterl\u00e4fst. Aus der Stelle: \u00bbLa diff\u00e9rence est donc due \u00bb\u00e0 l\u2019\u00e9tat d\u2019excitabilit\u00e9 du nerf dans l\u2019animal t\u00e9tanis\u00e9\u00ab geht mit Bestimmtheit hervor, dafs nicht etwa ein zweiter Froschschenkel zur Pr\u00fcfung des Stromes des tetanischen verwandt wurde; auch ist in diesem Falle, da sich die secund\u00e4re Zuckung kundgiebt, das Ergcbnifs des Versuches ein ganz verschiedenes. Von Galvam\u2019s entsprechenden Aussagen, auf die Matteucci sich beruft, wird unten sogleich die Rede sein.\nAnlangend die Verminderung der galvanometrischen Wirkung mit Strychnin vergifteter Fr\u00f6sche, welche nach Beendigung des Tetanus wahrgenommen wurde ( \u00bbles contractions ne persistent pas dans les \u00bbgrenouilles pr\u00e9par\u00e9es et dispos\u00e9es en pile\u00ab \u2014 S. oben S. 28), so erkl\u00e4rt sie sich eben so einfach und auf dieselbe Weise, wenn man erw\u00e4gt, dafs die St\u00e4rke des Stromes mit der Leistungsf\u00e4higkeit der Muskeln sinkt, und dafs, nach Br\u00fccke, dergleichen Thiere etwa achtmal fr\u00fcher todtenstarr werden, als nicht im Tetanus verstorbene. 1\n\u00a7. II.\nVon der Art und Weise, den Strom des zusammengezogenen Muskels am Multiplicator zu untersuchen.\nIch schreite zur Mittheilung meiner eigenen Untersuchungen \u00fcber diesen Gegenstand. Sie wurden theils am Multiplicator, theils am strompr\u00fcfenden Schenkel angestellt.\nOben Bd. I. S. 409 sind bereits die Schwierigkeiten er\u00f6rtert worden, welche am Multiplicator f\u00fcr die Wahrnehmung \u00e4ufserst schneller Stromver\u00e4nderungen entstehen. Es stellte sich heraus, dafs diese Schwierigkeiten auf doppeltem Wege zu umgehen seien. Entweder, indem man die strompr\u00fcfende Vorrichtung f\u00e4hig macht, den elektrodynamischen Bewegungen leichter zu folgen; oder, indem man die Stromesschwankungen, wenn man es in seiner Macht hat, sich unaufh\u00f6rlich in m\u00f6glichst\nMI'uer\u2019s Archiv u. s, w. 1842. S. 185.* \u2014 Aergl. unten, leap, V. \u00a7. x. n.","page":30},{"file":"p0031.txt","language":"de","ocr_de":"zusammengezogener Muskeln am Mulliplicator zu untersuchen. 31\nkurzen Zeitr\u00e4umen wiederholen l\u00e4fst, wo denn der Stand der Nadel endlich eine dem Sinne derselben entsprechende Ver\u00e4nderung erf\u00e4hrt. Die Gr\u00f6fse dieser Ver\u00e4nderung im Allgemeinen als Function der mannigfachen Umst\u00e4nde, welche dabei in Betracht kommen, zu ermessen, ist mit grofsen, noch nicht \u00fcberwundenen Schwierigkeiten verkn\u00fcpft, was wir beklagen m\u00fcssen, da mehrere der dabei gewonnenen Bestimmungen f\u00fcr uns von Werth sein w\u00fcrden. 1\nDie au\u00dferordentliche Geschwindigkeit, deren die Muskelzusammenziehung f\u00e4hig ist, ist bekannt, obschon leider noch immer keine messenden Versuche zur Bestimmung derselben angestellt sind. Es wird davon sp\u00e4ter, hei Gelegenheit der Darstellung der wesentlichen von der Zusammenziehung bekannten Thatsachcn mehr die Rede sein. Hier begn\u00fcgen wir uns, dieses Umstandes einfach als eines v\u00f6llig ausgemachten Punktes zu gedenken, und in der That sieht man, obschon, wie bereits erw\u00e4hnt wurde, der Zustand der Zusammenziehung den entschiedensten Einflufs auf den Muskelstrom \u00e4u\u00dfert, sehr h\u00e4ufig aufliegende Muskeln oder Gliedma\u00dfen, sei\u2019s durch den Reiz der Salzl\u00f6sung, sei's durch andere unbekannte Ursachen, in fl\u00fcchtige, mehr oder weniger heftige Zu-\n1 Einen einzelnen Fall der Art hat Pouillet einer genaueren Zergliederung unterworfen. In den Kreis einer Kelle von best\u00e4ndiger Kraft waren eine Sinus-bussole und ein Unterbrechungsrad eingeschaltet, dessen leitende Z\u00e4bne gleiche Bogenl\u00e4nge mit den isolirenden hatten, und welches mit hinreichender Geschwindigkeit gedreht werden konnte, um die Nadel eine neue feste Gleichgewichtslage annehmen zu lassen. Dies geschah bei 140 bis 150 Unterbrechungen in der Secunde. Es zeigte sich, dafs der Sinus der neuen Ablenkung die H\u00e4lfte des Sinus der ersteren betrug. In der That, bezeichnet man mit m die Bogenl\u00e4nge eines metallischen, mit h die eines isolirenden, h\u00f6lzernen Zahnes, mit D die urspr\u00fcngliche, mit x die neue Ablenkung, mit F die magnetische Erdkraft, und nimmt man als Zeiteinheit die Zeit an, welche die Feder braucht, um den FVeg m -j- h zur\u00fcckzulegen, und welche, so gering ist, dafs zwei innerhalb derselben die Nadel in entgegengesetzter Richtung treffende Einwirkungen von ungleicher Dauer, deren Gr\u00f6fsen sich aber umgekehrt wie ihre Dauer verhalten, die Nadel unbewegt lassen; so hat man die Gleichung\noder\nd. h., wenn\nF sin x \u25a0\u25a0\nSinx\nm -f- U\nM\nm + /t jn = h,\nF sin D\n\u25a0 sint),\nsinx = \u2014sinD.\nS. Comptes rendus etc. 22 Mai 1837. t. IV. p. 788. * \u2014 Auch in Becquerel\u2019! Trait\u00e9 exp\u00e9rimental de l\u2019Electricit\u00e9 et du Magn\u00e9tisme t. V. p. I. 1837. p. 275. * Einen \u00e4hnlichen, aber unvollkommenen Versuch von Neer s. in Poggendorff\u2019s Annalen u. s. w. 1835, Bd. XXXVI. S. 357.*","page":31},{"file":"p0032.txt","language":"de","ocr_de":"32\n3. Abschi. Kap. IV. \u00a7. II. 1 (i). Vom Tetanisiren\nsammenziehungen gerathen, ohne eine Spur von Einwirkung auf die Multiplicatornadel wahrzunehracn. Nach dem Obigen wissen wir jedoch, was wir von diesem tr\u00fcgerischen Erfolge zu halten haben ; ehe wir danach \u00fcber die elektromotorische Unwirksamkeit der Muskelzusammenziehung absprechen, werden wir versuchen, Mittel ausfindig zu machen, wodurch die Einwirkung, die wir hier zu gew\u00e4rtigen zu haben glauben, hinreichend verl\u00e4ngert werde, um einen Einflufs auf unsere tr\u00e4gen Strompr\u00fcfer \u00e4ufsern zu k\u00f6nnen. Die Nichtbeachtung dieser Mafsregel w\u00fcrde heil\u00e4ulig hingereicht haben, alle fr\u00fcheren Bestrebungen, elektromotorische Wirkungen hei der Muskelzusammenziehung zu erhalten, zu vereiteln, selbst wenn dieselben nicht noch an anderen zahlreichen Gebrechen zu Grunde gegangen w\u00e4ren. Anstatt, wie diese fr\u00fcheren Beobachter alle, es auf Erzeugung eines einzigen heftigen Stofs es abzusehen, werden wir vielmehr unser Augenmerk darauf zu richten haben, die Dauer dieser Zuckung zugleich m\u00f6glichst zu verl\u00e4ngern.\nIn dem Folgenden ist unter Tetanus, der K\u00fcrze halber, stets der Zustand selbst einer solchen anhaltenden, heftigen Zusammenziehung eines Muskels verstanden, gleichviel ob getrennt vom K\u00f6rper oder noch an demselben befindlich, und gleichviel auf welche Weise dieselbe herbeigef\u00fchrt wurde; unter Tetanisiren aber jedes Verfahren, wodurch ein Muskel augenblicklich in diesen Zustand versetzt werden kann.\n1. Von den verschiedenen Arten zu tetanisiren, insbesondere dem Tetanisiren auf elektrischem Wege.\n(i) Tetanisiren durch mechanische Gewaltth\u00e4tigkeiten.\nBehufs des Tetanisirens stehen uns verschiedene Mittel zu Gebot.\nErstens die Anwendung gewisser \u00e4ufserer Gewaltth\u00e4tigkciten. Irgend reizbare Fr\u00f6sche gerathen durch Gehirnersch\u00fctterung, durch einen Schlag mit dem Sch\u00e4del auf die Tischkante hervorgebracht, stets in heftigen Tetanus, wobei das Maul weit aufgesperrt wird. Durch langsam vorschreitende Zerst\u00f6rung des R\u00fcckenmarkes von oben her, wie auch durch L\u00e4ngsspaltung desselben in der Mittelebene, erh\u00e4lt man meist eine ziemlich lang andauernde tetanische Zuckung. Dasselbe erreicht man, wie wir schon wissen (S. oben Bd. I. S. 230. 326), indem man das querdurchschnittene Lendenmark der An\u00e4tzung durch ges\u00e4ttigte Kochsalzl\u00f6sung aussetzt. Auch nach Abtrennung des Nerven vom R\u00fcckenmarke kann man noch auf \u00e4hnliche Weise, jedoch freilich mit minder ausgesprochenem Erfolg, den Muskel tetanisiren, indem man den ersteren von oben nach unten zu verbrennt, zerquetscht oder chemischen Einwirkungen preisgiebt.","page":32},{"file":"p0033.txt","language":"de","ocr_de":"durch \u00e4ufsere Gemallih\u00e4l'ujkeiten.\n33\nSodann berichtet Nobili: \u00bbParmi les grenouilles pr\u00e9par\u00e9es \u00e0 la \u00bbmani\u00e8re de Galvani, on en rencontre quelques-unes dont les membres \u00bbse raidissent au point de ne se plier qu\u2019avec peine, et si on les tient \u00bbploy\u00e9s par force, ils reprennent subitement leur raideur primitive. \u00bbC\u2019est une sorte de t\u00e9tanos ou de convulsion t\u00e9tanique. 1 \u00bbD\u2019autres individus, au contraire, laissent tous leurs membres tomber \u00bbdans un \u00e9tat de rel\u00e2chement et de souplesse absolue. Dans l\u2019un et \u00bbl\u2019autre cas, les grenouilles s\u2019agitent sous l'action des \u00e9lectromoteurs; \u00bbmais dans le premier, o\u00f9 les membres sont d\u00e9j\u00e0 contract\u00e9s et tendus, \u00bbles mouvements sont plut\u00f4t des contorsions que des contractions: \u00bbdans le second cas, au contraire, celui d\u2019un affaissement g\u00e9n\u00e9ral, on \u00bbobserve des contractions proprement dites. Quelquefois la grenouille \u00bb\u00e9tend ses membres et les raidit comme si elle allait \u00e9prouver une \u00bbconvulsion t\u00e9tanique.\u00ab 2\nMatteucci betrachtet diesen Tetanus nach der Zurichtung als eine sehr gew\u00f6hnliche Erscheinung: \u00bbTous les physiciens qui ont fait des \u00bbexp\u00e9riences sur les grenouilles ont d\u00fb n\u00e9cessairement observer, que si \u00bbune grenouille bien vivace est pr\u00e9par\u00e9e rapidement, elle se trouve \u00bbprise par une esp\u00e8ce de convulsion t\u00e9tanique. En effet ses membres \u00bbsont tendus et roides, et il est impossible de les fl\u00e9chir.\u00ab 3 Nobili\u2019s erw\u00e4hnt er dabei nicht. Sp\u00e4ter folgt die Reihe allm\u00e4lig einander aufhebender Behauptungen, die wir bereits oben S. 12. 13. 28. 29 in Augenschein genommen haben; n\u00e4mlich zuerst, dafs, bei dieser Art des Starrkrampfes sowohl als bei der durch Strychnin bewirkten, die Mul-tiplicatorablenkung durch den Froschstrom und die Zuckung ohne Metalle vermifst w\u00fcrden ; sodann dafs dies doch eigentlich nur f\u00fcr die Zuckung wahr sei, und endlich gar, dafs diese auch nicht ganz fehle, sondern im Grunde nur etwas schw\u00e4cher erscheine.\nIn Betreff dieser Beobachtung hat sich Matteucci zu Gunsten Galvani\u2019s der Vorhand begehen, ohne indefs genauer den Ort zu bezeichnen , wo Derselbe sie mitgetheilt haben soll. Ich mufs gestehen, dafs ich nach langem Suchen keine andere Stelle gefunden b\u00e4he, die ihm dabei gegenw\u00e4rtig gewesen sein k\u00f6nnte, als folgende aus der Memoria prima alio Spallanzani, 4 wo cs von Volta heilst: \u00bbl)i phi, con-\n1\t\u00abPlus les individus sont vigoureux, plus ils sont sujets au t\u00e9tanos. Il est \u00bbtr\u00e8s-rare qu\u2019un individu affaibli ou qui a souffert raidisse scs membres apr\u00e8s la \u00bbpr\u00e9paration ordinaire.\u00ab (Anmerkung Noisili\u2019s.)\n2\tAnnales de Chimie et de Physique. Mai 1830. t. XLIV. p. 89. *\u2014 Memorie ed Osservazioni ee. t. I. p. 153. *\n5 Biblioth\u00e8que universelle etc. D\u00e9cembre 1838. Nouvelle S\u00e9rie. I, \\\\ III. p. 362.*\n4 Op\u00e9r\u00e9 ed. et ined. ee. p. 311.*\nII.\t3","page":33},{"file":"p0034.txt","language":"de","ocr_de":"34\n3. Abschn. Kap. IV. \u00a7. II. 1 (n). Vom Tetanisiren\n\u00bb fonde accortamente le contrazioni nate Jall\u2019 applicazione di quest\u2019 arco \u00bbnervoso, con quei tremori e sussulti che svegliansi spontaneamente \u00bbliegli animali preparati, e ehe sono prodotti dallo strazio che di loro \u00bbsi fa neir atlo di prepararli; e per far valere eie piii l\u2019azione dello \u00bbstimolo dice, di non aver mai osservato tai moti, se non quando i \u00bbnervi ed i muscoli godevano di un piego vigore di vitalit\u00e0, e tale \u00bbche ogni slimolo incccanico, ogni orto e compressione hastavano ad \u00bb cccilarli. Ora incominciando da quest\u2019 ultimo punto di obbiezionc: \u00bbcome pub cgli stabilire questo, quando anzi, perche ricsca l'esperi-\u00bbmento con chiarezza e sicurezza, fa di mestieri aspettare che \u00bbsiano cstinti totalmente i predetti moti spontanei? ec.\u00ab Sollte Mat-teucci indefs diese Stelle gemeint haben, so scheint es mir, dafs er sie mifsverstanden hat. Galvani sagt nicht, dafs die Zuckung ohne Metalle au dergleichen Pr\u00e4paraten schw\u00e4cher ausfalle, sondern nur, dafs sie inmitten der freiwilligen Zuckungen nicht mit Sicherheit unterschieden werden k\u00f6nne.\nW ie dem auch sei, die erste Wahrnehmung des Tetanus nach schneller Zurichtung w\u00fcrde jedenfalls nicht ihm, sondern Volta zu-kommen, dessen Stelle dar\u00fcber im zweiten Briefe an Vassalu heilst: \u00bbCosi \u00e8: l\u2019esperimento non mi \u00e8 riuscito che pochissime volte, e soi \u00bbquando duravano ancora o erano appena cessati nella rana tagliata i \u00bbtremiti e i palpiti dclle libre per lo strazio sofferto.\u00ab 1\nMir selber ist es nur selten begegnet, diese Form des Tetanus zu beobachten. Dies kann sowohl von der geringeren Leistungsf\u00e4higkeit der Fr\u00f6sche in unseren Breiten, als von dem Umstande herr\u00fchren, dafs ich vcrh\u00e4ltnifsm\u00e4fsig doch nicht h\u00e4ufig in den Fall gekommen bin, Fr\u00f6sche gerade nach Galvani\u2019s Vorschrift, d. h. mit einem anh\u00e4ngenden St\u00fccke Wirbels\u00e4ule an den Ischiadncrven, zuzurichlen. Zwar babe ich in meinem \u00bbAbrisse\u00ab gesagt, dafs auch auf diesem Wege tetanisirte Thiere mir die negative Schwankung des Muskelstromes gezeigt h\u00e4tten (S. oben S. 25); ich bin aber jetzt geneigt zu glauben, dafs ich damals durch die mir noch nicht hinl\u00e4nglich vertraute Wirkung der Kochsalzl\u00f6sung auf den Querschnitt des Lendenmarkes in die Irre gef\u00fchrt worden bin.\n(ii) Tetanisiren durch Vergiftung.\nZweitens kann man sich des Strychnins 2 bedienen. Die bequemste Form seiner Anwendung scheint die ges\u00e4ttigte L\u00f6sung des salpeter-\n1\tCollezionc doll\u2019 Opcre ec. t. It. p. T. p. 227. 228. Nola. *\n2\tMattkccci gelingt es merkw\u00fcrdiger Weise auch, mil Blaus\u00e4ure und Opium Fr\u00f6sche im Tetanus sicilien vu machen. S. Essai etc. p, 28; * \u2014 Trait\u00e9 \u00abde. p. 239. 210.270. \u00bb Ver\u00f6l, oben Bd. I. S. 383.","page":34},{"file":"p0035.txt","language":"de","ocr_de":"durch Vergiftung.\nsauren Salzes zu sein; je nach der Gr\u00f6fse des Frosches l\u00e4fst man 1 \u2014 3 Tropfen ins Maul fallen, welches man mit einem Scalpellstiel offen h\u00e4lt. Gemeiniglich nach 10\u201415' erfolgt Tetanus. Es ist zu erinnern, dafs er, bis zu einer gewissen Grenze, um so kr\u00e4ftiger und nachhaltiger eintritt, je geringer die Gabe war, die ihn hervorrief, entschieden aber, je weniger der Frosch, in dem sogenannten Stadium der erh\u00f6hten Reizbarkeit, durch Reflexzuckungen in Anspruch genommen worden ist. Man mufs daher, um die m\u00f6glichst starke Wirkung zu erlangen, von dem Augenblicke an, wo man die ersten Vergiftungszeichen wahrnimmt, jede Ersch\u00fctterung und jedes Ger\u00e4usch in der N\u00e4he des Thieres vermeiden. Das bewegende Nervensystem geht dann allm\u00e4lig dem Zustande labilen Gleichgewichtes entgegen, in dem ein verschwindender Anstofs hinreicht, um den Umsturz in die tief zerr\u00fcttete Lage herbeizuf\u00fchren, deren Wirkungen wir als Tetanus vor Augen sehen. Uebung lehrt den Punkt beurtheilen, wo man sicher ist, durch eine Ber\u00fchrung des Frosches nicht mehr eine einzelne Reflexbewegung, sondern den ausgepr\u00e4gtesten und andauerndsten Tetanus hervorzubringen. Die Augen sind alsdann halb geschlossen, die Pupille etwas verengt, die Stellung Angst und Niedergeschlagenheit ausdr\u00fcckend, die Flanken eingefallen, die Athem-bewegungen beschleunigt, oberfl\u00e4chlich und h\u00f6chst unregelm\u00e4fsig.\nNach C. G. Mitscherlichs interessanter Entdeckung ist, wenigstens bei warmbl\u00fctigen Thieren, Tetanus auch die Folge grofscr Gaben von Ammoniaksalzen und sogar des Chlornatriums. 1\n(m) Tetanisiren auf elektrischem Wege.\nAlle diese Mittel leiden an Uebelst\u00e4nden, welche ihre Anwendbarkeit f\u00fcr unseren Zweck bedeutend beeintr\u00e4chtigen. Den Tetanus durch Gehirnersch\u00fctterung erh\u00e4lt man nur an sonst unverletzten Fr\u00f6schen, deren Strom wir bisher noch gar nicht einmal untersucht haben. Das Tetanisiren durch schnelle Zurichtung, durch die An\u00e4tzung des R\u00fcckenmarkes mittelst Kochsalzl\u00f6sung, und durch die Strychninvergiftung sind zu sehr der Beherrschung des Beobachters entzogen, um mit Vortheil zu feinen und mannigfaltigen Versuchsreihen ausgebeutet worden zu k\u00f6nnen. Zudem erfordern diese Verfahrungsarten s\u00e4inmtlich die Gegen-wart der Centralthcile des Nervensystemes, wodurch die Anordnung der Versuche erschwert\tund\tverwickelt\twird.\tDie\tangef\u00fchrten Methoden\nam\tblofsen Nerven\tsind\tzwar von\tdiesem\tFehler befreit, allein ihre\nWirksamkeit ist auch verh\u00e4ltnifsm\u00e4fsig sehr gering.\nO\tO\tO\n\u2018 Medicinische Zcihing.\tHerausgegeben von\tdem\tVerein fiir Heilkunde in\nPreufsen. 1841. No. 43 bis 46.* - C. (1. Mitsohkrucii. Lehrbuch der Ar/tieimillel-lehre. 15d. II. Berlin 1843. S. 231. *\n3a","page":35},{"file":"p0036.txt","language":"de","ocr_de":"30\n3. Ab sehn. Kap. IV. \u00a7. IL 1 (in). Vom Tetanisiren\nVon allen diesen Nachtheilen finden wir an dem dritten hier einzuschlagenden Wege, dem oben Bd. I. S. 262. 270 schon im Allgemeinen und andeutungsweise erw\u00e4hnten Tetanisiren durch den elektrischen Strom nichts mehr wieder.\nErw\u00e4gt man, dafs uns Tetanus nichts Anderes bedeutet, als fortdauernde heftige Zusammenziehung; dafs, wie wir gefunden haben, nur Schwankung der Stromdichtigkeit im Nerven Zuckung zu Wege bringt: so liegt das Mittel am Tage, diese Zuckung in Tetanus umzuwandeln. Iliezu ist nichts weiter nothwendig, als die Stromdichtigkeit in dem Nerven fortw\u00e4hrend schwanken zu machen, d. h. also, entweder den Strom fortw\u00e4hrend zu unterbrechen, oder doch merklich unter seine best\u00e4ndige Gr\u00f6fse sinken zu lassen, oder, was im Wesentlichen auf Eins herauskommt, den Nerven mit einer dicht aufeinanderfolgenden Reihe von Schl\u00e4gen, sei's nur in einer, sei's abwechselnd in beiden Richtungen zu treffen.\nDie Wirksamkeit eines solchen Verfahrens ist bereits seit sehr langer Zeit bekannt. Schon Volta schreibt an Aldim unterm 24. November 1792:\t\u00bb....Col continuo contatto de\u2019 duc metalli giungono al\n\u00bbsommo lc convulsion! spasmodiche e presentano uno de\u2019 pi\u00f9 forti \u00bbtetani, se rimanendo un solo m\u00e9tallo constantemente applicato al \u00bbnervo, l'altro si stacca a brevi istanti, e ritorna a toccare, e cio pi\u00f9 \u00bbvolte di seguito con qualchc celeril\u00e0;\u00ab 1 und sechs Jahre darauf, im April 1798, fragt er, als B\u00fcrger N. N. von Como gerade wieder an Aldim schreibend, in einer Anmerkung zu seinem zweiten Briefe: \u00bbWarum aber .... wachsen und verdoppeln sich nicht, bei unter-\u00bbhaltener Schliefsung des .... Kreises und der Unterhaltung des elek-\u00bb Irischen Stromes durch ihn, warum nehmen nicht auch die Muskel-\u00bbbewegungen, die Contractionen im Frosch, u. s. w., zu, oder halten \u00bbwenigstens an? Warum erfolgen diese blofs im Augenblick, dafs man \u00bbden Kreis schliefst, und h\u00f6ren dann sogleich auf? Warum mufs man \u00bbden Kreis unterbrechen, und ihn wieder ganz von neuem schliefsen, \u00bbdamit sie wiedererscheinen? Warum dauern die Kr\u00e4mpfe und Convul-\u00bbsionen nur fort, warum erh\u00e4lt man erst dann einen anhal-\u00bbLenden Tetanus, w e n n m a n j eue A b w e c h s e 1 u n g e n v o n \u00bbSchliefsung und Trennung des Kreises sehr schnell auf \u00bbeinander folgen 1 \u00e4f st ? \u00ab 2\nWie schon bemerkt, beruht hierauf der von Galvani, Pfaff u. A.\n1 Collezione delT Oper\u00ab ec. t. II. p. I. p. 180.*\n* Ritter\u2019s Beitr\u00e4ge u. \u00bb. w. Bd. II. Sl. 3. 4. J805. S. 48. Amu.* \u2014 Yergl. oben Bit. I. S. 89.","page":36},{"file":"p0037.txt","language":"de","ocr_de":"auf elektrischem Wege.\n37\nin den ersten Zeiten des Galvanismus wahrgenommene Erfolg beim Reiben und Schleifen der metallischen Kettenglieder an einander, wie auch beim Ersch\u00fcttern der Ber\u00fchrungsstellen derselben mit den feuchten Leitern, wegen der dadurch verminderten Polarisation. S. oben Bd. 1. S. 268.\nSeitdem scheint Nobili diese Methode des Tetanisirens selbst\u00e4ndig wieder aufgefunden zu haben. Nachdem er auf * die obenangef\u00fchrte Weise den durch schnelle Zurichtung entstehenden Tetanus beschrieben, f\u00e4hrt er, ohne Volta\u2019s Erw\u00e4hnung zu thun, fort: \u00bbCes convulsions \u00bbdurent toujours long-temps; les contractions au contraire, cessent ordinairement en un instant. Je dis ordinairement, car il y a moyen de \u00bbles rendre permanentes, au point de reproduire tous les effets du \u00bbt\u00e9tanos naturel. Il suffit pour cela d\u2019interrompre et de r\u00e9tablir le \u00bbcircuit assez rapidement pour que la contraction qui na\u00eet d\u2019un contact \u00bbdonn\u00e9 ne s\u2019\u00e9vanouisse pas avant la production de celle qui est due \u00bbau contact suivant. Alors la grenouille, n\u2019a pas le temps de se dc-\u00bb tendre d'une contraction \u00e0 l\u2019autre, et ses membres restent allong\u00e9s et \u00bbraidis, comme dans le cas du t\u00e9tanos naturel.\u00bb 1\nNobili hat sich hier, sei\u2019s mit Bewufstsein, sci\u2019s unabsichtlich, sehr gl\u00fccklich einer Ausdrucksweise bedient, welche, wie die Natur selbst in diesem Falle, zwei noch unentschiedene M\u00f6glichkeiten offen l\u00e4fst. Man kann sich n\u00e4mlich den Vorgang im Muskel in der That auf doppelte Weise Vorstehern Entweder die Zusammenziehung selbst ist von einer gewissen Dauer \u00fcber die elektrische Reizung hinaus, und der Anschein des Tetanus beruht darauf, dafs der n\u00e4chste Stofs den Muskel noch von dem fr\u00fcheren her zusammengezogen findet, oder sie h\u00f6rt mit der Schwankung des Stromes zugleich auf, der Muskel dehnt sich, verm\u00f6ge der ihm im Ruhezust\u00e4nde zukommenden Elasticit\u00e4t, gem\u00e4chlich wieder aus, um seine fr\u00fchere Gestalt anzunehmen, und nun, mufs man sich denken, trifft ihn die erneuerte Wirkung noch bevor die Muskel-theilchen einen merklichen Weg in dem angedeuteten Sinne beschrieben haben. Wir haben zun\u00e4chst kein Mittel, diese Frage zu entscheiden; die letztere M\u00f6glichkeit ist zwar sichtlich die einfachere, man wird aber irre an ihr, wenn man, wie dies namentlich bei sehr reizbaren Thic-ren der Fall ist, schon bei sehr wenig beschleunigter Wiederholung der St\u00f6fse die Zusammenziehung scheinbar durchaus best\u00e4ndig werden sieht. Nichtsdestoweniger wird ein sp\u00e4terer Versuch sich f\u00fcr sie aussprechen.\n1 Annales de Chimie et de Physique. Mai 1830. 1. XLIV. p. 90. *\u2014 Schweig-ger\u2019s Journal der Chemie und Physik. Bd. LX, S. 299.* \u2014 Memorie cd Ossena-zioni ed. ed ined. ec. vol. I. p. 153,*","page":37},{"file":"p0038.txt","language":"de","ocr_de":"3. Absulm. Kap. IV. \u00ff. II. 1 (ui). Vom Tctanmren\n3$\nSodann wird die Folge lehren, da Is h\u00f6chst wahrscheinlich die n\u00e4mliche Zweideutigkeit f\u00fcr alle Arten best\u00e4ndiger Zusannncnziehungen, seihst f\u00fcr die willk\u00fcrliche, slalllindet, mul f\u00fcr alle auf die n\u00e4mliche eben ber\u00fchrte Weise zu entscheiden sein d\u00fcrfte.\nNach Nobili mag zuerst wieder Stkrnebkkg im Jahre 1834 das Telanisiren auf elektrischem Wege, ohne Keuntnifs jener fr\u00fcheren Versuche zu besitzen, ins Werk gesetzt haben.1 * \u00bbConvulsiones plerum-\u00bbque sola spasmi forma sunt,\u00ab sagt er, \u00bbquam crus irritatum ostcu-\u00bbdit. Attamcn eliain spasmum tonicum vidi, qui exorilur, si continue \u00bbac celerrime (lumen eleetriciuu intercipias iterumque restituas, dum pes \u00bbnervi suspensi cruris subiculo nititur. llanam . . . . paratam superiore \u00bbejus parte sinistra tenebaiu, crura genuhus flexis laminae cupriuae \u00bbColuinuae Voltaicae, quam tabulis sex duplicibus pedem circiter qua-\u00bbdrantem coutinentibus struxeram, insedebant, tum digitis dextrae luden-\u00bbtibus Zincum inferius situm tractabam. Crura indexa sensim sensiinque \u00bbsurgebant, tune surrccta tanta vi extendebantur, ut partis superioris \u00bbpondus maximum ad partem ferre potuisseiit. Sic per quinque niinu-\u00bblas horae partes erecla slabant, neque dum defatigatus experimentum \u00bb exposuerim. \u00ab\nEtwas sp\u00e4ter fallen die subjecliven Wahrnehmungen an den mittlerweile in Umlauf gebrachten magnetoelektrischen Rotationsapparaten und den Unterbrechungsr\u00e4dern aller Art. liier tritt bekanntlich, bei einer gewissen Drehungsgeschwiudigkeil, ein Augenblick ein, wo es beim besten Willen der Oual ein Ende zu machen, unm\u00f6glich wird, die Handhaben, welche sie zuf\u00fchren, fahren zu lassen. Alsdann ist n\u00e4mlich die Zusammenziehung der Vorderarmmuskeln tetanisch geworden; zwischen je zwei St\u00f6fsen liegt eben f\u00fcr die Einwirkung des Willens kein hinreichender Zeitraum mehr. Ausdr\u00fccklich beschrieben hat diese Erscheinung Masson ; * es giebt aber wohl wenig Physiker, die sie nicht aus eigener Erfahrung kennen.\nMatt eu cci best\u00e4tigte den objectiven Erfolg des Tetanisircns auf elektrischem Wege zuerst im Jahre 1838, ohne Nobili zu nennen. 3 Hier ist zum ersten Male von dem Ausdruck \u00bb t\u00e9tanis\u00e9\u00ab Gebrauch gemacht, um damit den Zustand eines im Tetanus befindlichen Thicres zu\n1 Exp\u00e9rimenta quaedam circa vim eleelricam nervorum alque sanguinis facta. Bonnae. 4\". p. 7.\u2019\n5 S. oben Bd. I. S. 421. \u2014 Vergl. Valentin, Artikel \u00bbGalvanismus\u201c in Ben. Wagner\u2019s Handw\u00f6rterbuch der Physiologie u. s. w. Bd. 1. S. 552.\u2019 \u2014 Matteucci in seinem Trait\u00e9 etc. p. 235.*\n3 Biblioth\u00e8que universelle etc. D\u00e9cembre 1838. Nouvelle S\u00e9rie. 1. XVIII. p. 3G2. \u2019","page":38},{"file":"p0039.txt","language":"de","ocr_de":"auf elektrischem \u00cfVeye.\n311\nbezeichnen. Im Essai etc. p. 28\u201c wird die obige Vers\u00e4unmifs, in Bezug auf Nobju\u2019s Erstbesitz, nacbgeliok. Im Truit\u00e9 etc. p. 233* bemerkt er, wor\u00fcber man sieb eben nicht zu wundern hat, dafs das Tetanisircn auf elektrischen) Wege den Nerven sehr viel mehr angreife, als der best\u00e4ndige Durchgang desselben Stromes. Zwei m\u00f6glichst gleich zugerichtete Fr\u00f6sche wurden, der eine dem best\u00e4ndigen, der andere dem best\u00e4ndig unterbrochenen und wiederhergestellten Strome einer 45glie-derigen S\u00e4ule 10 \u201415' lang ausgesetzt. Nach dieser Zeit bedurfte es f\u00fcr den tetanisirten Frosch einer gr\u00f6fseren Anzahl son Plattenpaaren, um von den Ischiadnervcn aus Zuckung zu erregen, als f\u00fcr den best\u00e4ndig durchstr\u00f6mt gewesenen. Wurden beide Fr\u00f6sche nach dem Versuche abermals einem best\u00e4ndigen Strome ausgesetzt, so wirkte derselbe nach-theiligcr auf den noch vorhandenen liest der Leistungsf\u00e4higkeit in dem tetanisirten, als auf den in dem anderen ein. 1\nBis dahin war das Tetanisircn auf elektrischem Wem stets nur\nO\nselber Gegenstand der Neugier und darauf gerichteter Versuche gewesen. Im Jahre 1842 f\u00fchrte ich dagegen, wie schon bemerkt (S. oben S. 25), dasselbe zuerst mit Gl\u00fcck umgekehrt in die Erforschung der Muskelzusammenziehung ein, als Mittel, um die Fl\u00fcchtigkeit ihrer Erscheinungen zu fesseln, und von einer l\u00e4ngeren Dauer derselben Aufschl\u00fcsse zu erhalten, welche eine vereinzelte Zuckung mir unm\u00f6glich gew\u00e4hren konnte.\nDiese Anwendung beschr\u00e4nkte sich zun\u00e4chst auf das elektromotorische Verhalten des Muskels w\u00e4hrend seiner 'Findigkeit. Eduard Weber 2 aber ist seitdem auf diesem, \u00fcbrigens selbst\u00e4ndig von ihm betretenen Wege, in der morphologischen und mechanischen Untersuchung des zusammengezogenen Muskels mit dem trefflichen Erfolge fortgeschritten, den wir an einer sp\u00e4teren Stelle dieses Werkes kennen lernen werden, 3 und schon hat sein Beispiel angefangen, verschiedene Nachahmungen rege zu machen. 4\nAufser der hier besprochenen giebt es \u00fcbrigens, wie man sich erinnert, noch eine andere Art, andauernde Zusammenziehung durch den Strom zu erhalten. Ich meine die von Ritter entdeckte Erscheinung, dafs Muskeln, deren Nerv eine Zeit lang einem aufsteigenden Strome\n1\tS. endlich noch Valentin a. a. 0. S. 549. 555.*\n2\t1tl d. Wagner\u2019s Handw\u00f6rterbuch der Physiologie u. s. w. tut. III. Ablli. II. Artikel \u00bbMuskelbewegung\u201c (September 1846). S. 10.* \u2014 M\u00f6ller s Archiv u. s. \\v. 1846. S. 484.*\n3\tS. unten, Kap. IX.\n* Volkmann in Miller\u2019s Archiv u. s, w. 1845. S. 408,* \u2014 Budge ebendas. 1846. S. 295.*","page":39},{"file":"p0040.txt","language":"de","ocr_de":"40\tAbsvhn, Kap. IV. \u00a7\u25a0 II. ~. Anwendbarkeit des Tetanisirens\nausgesetzt gewesen, beim (Minen der Ivette nicht einen einzigen kurzen Stol's zeigen, sondern f\u00f6rmlich in Tetanus gcrathen (S. oben Bd. I. S. 365). Indessen m\u00f6chte diese Methode des elektrischen Tetanisirens nur unter ganz besonderen Umst\u00e4nden der ersterw\u00e4hnten vorzuziehen sein, der sic an allgemeiner Anwendbarkeit, Wirksamkeit, Verl\u00e4fslichkeit und Leichtigkeit ihrer Beherrschung, wie in mehreren anderen Bez\u00fcgen offenbar um vieles nachstellt. Es wird, unter Tctanisiren auf elektrischem Wege, in dem Folgenden daher stets nicht dieses, sondern das andere fr\u00fcher schon son mir gebrauchte Verfahren zu verstehen sein.\n2. Rechtfertigung der Methode des Tetanisirens auf elektrischem Wege hei thierisch-elektrischen Versuchen.\nBevor wir uns zu der Frage wenden, auf welche Weise das Teta-nisiren auf elektrischem Wege am besten ausf\u00fchrbar sei, haben wir zu untersuchen, inwiefern sich dasselbe \u00fcberhaupt f\u00fcr unseren Zweck benutzen lasse, da cs auf den ersten Blick scheinen k\u00f6nnte, als vertr\u00fcge sich die Gegenwart eines fremden erregenden Stromes nicht mit unserer Absicht, die zarten elektromotorischen Wirkungen zu ermitteln, zu denen die Zusammenziehung Anlafs gehen mag. Matteucci suchte zwar nicht Tetanus im Multiplicatorkreise zu bewirken, als er bem\u00fcht war, diese Wirkungen zu erforschen ; indefs schon zum Behufe der Erregung einzelner Zuckungen schien ihm kein anderes Mittel dem elektrischen Strome an Zweckm\u00e4\u00dfigkeit gleichzukommen. Nichtsdestoweniger verzichtete er auf dessen Anwendung, weil ihm kein Verfahren einleuchten wollte, bei dem der Zweck der Zusammenziehung im Kreise befindlicher Muskeln erreicht wurde, ohne zugleich das Ilereinbrechen des fremden Stromes in denselben zu gestatten, wodurch die Versuche nat\u00fcrlich, auch bei m\u00f6glichst grofser Schw\u00e4che desselben, durchaus unzuverl\u00e4ssig geworden sein w\u00fcrden.\nIndessen ist nicht einzusehen, wie hier f\u00fcr ihn eine Schwierigkeit liegen konnte ; folgendes ist die einfache L\u00f6sung dieser Aufgabe. Um einen Muskel auf elektrischem Wege zur Zusammenziehung zu veranlassen, ist es bekanntlich nicht nothwendig, dafs der Muskel selbst im Kreise befindlich sei; es gen\u00fcgt, dafs der Strom auf den Nerven allein einwirke Es ist ferner deutlich, dafs man zwei sonst von einander isolirte Kreise durch einen feuchten Leiter von geringem Querschnitte und dabei einer gewissen L\u00e4nge, wie einen Nerven, sehr gut mit einander verbinden k\u00f6nne, ohne dafs ein noch so kleiner Theil eines Stromes, der in dem einen Kreise gegenw\u00e4rtig w\u00e4re, in den anderen \u00fcberzugehen verm\u00f6chte, Wir erreichen also unser Ziel vollst\u00e4ndig.","page":40},{"file":"p0041.txt","language":"de","ocr_de":"auf elektrischem Wege in thierisch-elektrischen Versuchen.\n41\nwenn wir, w\u00e4hrend der Muskel sich im Multiplicatorkreise befindet, mit dem Hirnende des zugeh\u00f6rigen Nerven einen zweiten, von dem ersteren wohl isolirten Kreis schlicfscn, in welchem wir einen, dem Zwecke des Tetanisirens angemessenen Str\u00f6mungsvorgang nach Willk\u00fcr erregen k\u00f6nnen.\nObschon \u00fcber die Ausf\u00fchrbarkeit dieses Verfahrens im Allgemeinen kein Zweifel obwalten kann, so schien es doch zweekm\u00e4fsig, der Anwendung desselben eine Untersuchung der Richtigkeit der ihm zu Grunde liegenden Bedingung vorauszuschicken, der Voraussetzung n\u00e4mlich, dafs hei dieser Anordnung in der That kein Strom\u00fcbergang aus dem einen in den anderen Kreis stattfinde. Ich habe dieselbe sogleich an derjenigen Vorrichtung angestellt, an welcher nachher die Versuche mit dem Nerven selbst ausgef\u00fchrt werden sollten. Diese Vorrichtung findet sich bereits oben Bd. I. S. 450 ausf\u00fchrlich beschrieben und Fig. 20. 21. Taf. II. desselben Bandes abgebildet.\nWies ich dem unteren Paar Platinenden an derselben die in Fig. 79 Taf. I. sichtbare Stellung gegen die B\u00e4usche an, \u00fcber welche ein mit Kochsalzl\u00f6sung getr\u00e4nkter vieldoppelter Fliefspapierstreifen von 7 \u20148mm Breite gelegt worden war, und stellte eine Verbindung zwischen den B\u00e4uschen und den Platinenden mittelst eines \u00e4hnlichen Streifens her, der gleichzeitig beide Enden mit einander verband, so erfolgte, wenn ich eine S\u00e4ule aus sechs Grove'scIioh Ketten von der oben Bd. I. S. 446. 2 beschriebenen kleinen Art durch die Enden scldofs, das allerheftigste Anschl\u00e4gen an die Hemmung in einem durch die Richtung des Stromes zwischen den Enden bestimmten Sinne, welche sich gleich blieb, wenn ich die Lage des Verbindungsstreifens zwischen B\u00e4uschen und Enden ver\u00e4nderte, n\u00e4mlich das Bauschende desselben bald auf den einen Bausch, bald auf den anderen, bald auf den die beiden B\u00e4usche br\u00fcckenartig verbindenden Streifen auflegte. Der Ursprung dieses Stromes ist klar: ich habe in der Figur durch die punktirten Linien und Pfeile zu versinnlichen gesucht, wie man sich seine Entstehung und Ableitung aus dem Hauptstrome zu denken hat.\nNicht so leicht zu deuten sind die bei weitem schw\u00e4cheren abgeleiteten Str\u00f6me, welche ich, bei sonst ganz gleichen Verh\u00e4ltnissen, erhielt, wenn ich den Platinenden die ihnen f\u00fcr gew\u00f6hnlich zukommende Stellung Fig. 80 ertheilte. Die Richtung derselben war in Bezug auf die des Hauptstromes zwischen den Platinenden, wie sie daselbst abgebildet ist; sie blieb sich gleich, wenn man das Bauschende des Verbindungsstreifens zwischen Enden und B\u00e4uschen bald auf den einen, bald auf den anderen Bausch, bald auf die Mitte des br\u00fcckenartigen Streifens zwischen die B\u00e4usche auflegte, und wechselte mit der Rieh-","page":41},{"file":"p0042.txt","language":"de","ocr_de":"42\n3. Abschi. Kap. IV. \u00a7. 11. 2. Anwendbarkeit des Te tant sirens\ntuiig des Stromes zwischen den Platincnden. Die St\u00e4rke dieser Str\u00f6me war, wie nat\u00fcrlich, bei gleicher Kraft der S\u00e4ule abh\u00e4ngig von den Mafscn des Streifens; hei 15\",m Abstand des vorderen Platinendcs von dem \u00e4ufseren Rande des die B\u00e4usche verbindenden Streifens und gleicher Breite des Streifens zwischen B\u00e4uschen und Platinenden wie vorhin, betrug der Ausschlag nur etwa 15\u00b0, hei l()'nm 25 \u201430\u00b0, hei 5m\"! 45 \u2014 50\u00b0. Wurde ein Stromwender in den Kreis der S\u00e4ule eingeschaltet, und dessen 5\\ ippe in Uebcreinstimmung mit den Schwingungen der Nadel umgelegt, so erreichte dieselbe hei 5mm Abstand sehr bald, aber bereits bei 10mm sehr selten die Hemmung.\nUnter diesen Umst\u00e4nden findet demnach allerdings Uebergang des Stromes aus dem einen Kreise in den anderen statt. Diese Erscheinung ist dadurch ausgezeichnet, dafs die Richtung des abgeleiteten Stromarmes im Multiplicatorkreise bei gleicher Richtung des Hauptstromes unabh\u00e4ngig ist von der Stelle des Kreises, wo die Verbindung stattfindet, ein Umstand, wodurch ein solcher Stromarm leicht von allen solchen Wirkungen unterschieden werden kann, die mit dem Umlegen des sie vermittelnden Thci-les der Vorrichtung auf den B\u00e4uschen ihre Richtung wechseln, und der uns dadurch in der Folge noch wichtige Dienste leisten wird.\nDabei inufs eines Punktes Erw\u00e4hnung geschehen, der, weil er ganz au\u00dferhalb aller Berechnung liegt, bei Wiederholung dieser Versuche leicht zu st\u00f6renden Mil's Verst\u00e4ndnissen Anlafs geben k\u00f6nnte. Man kommt n\u00e4mlich, beim Einrichten derselben, leicht auf den Einfall, sich, statt der beiden Streifen, deren einer die B\u00e4usche untereinander, der andere die B\u00e4usche oder vielmehr den ersten Streifen mit den Enden verbindet, eines einzigen, in der Fig. 81 \u2014 84 abgebildeten Art rechtwinklig geknifften zu bedienen. Dabei ist nun die Mafsregel zu beobachten, dafs man die beiden in der schr\u00e4gen Kante a (Fig. 81. A.) rechtwinklig aneinanderstofsenden H\u00e4lften des Streifens hier mittelst der Feuchtigkeit, womit er ge-tr\u00e4nkt ist, fest an einander haften mache. Geschieht dies nicht, ist die Falte in a nicht scharf, sondern liegt der Streifen nur locker umgebogen mit der einen H\u00e4lfte auf den B\u00e4uschen, mit der anderen auf den Enden auf, wie in Fig. 82. 84, und hat die Falle die Fig. 82 abgcbildctc Stellung, so ist der Erfolg der Ableitung der Richtung nach gerade der umgekehrte von dem obigen und von dem, der er sein w\u00fcrde, wenn beide H\u00e4lften in der Falte dicht aneinanderschl\u00f6ssen, unabh\u00e4ngig iibri-gens von dem Bausche, auf dem der Winkel a des Streifens aufliegt. Woher diese Umkehr komme, habe ich mir nicht deutlich machen k\u00f6nnen. Bei der Lage der losen Falte Fig. 84 zeigt sich dieselbe nicht, sondern der Erfolg ist der n\u00e4mliche wie bei aneinander schliefsenden","page":42},{"file":"p0043.txt","language":"de","ocr_de":"au/ elektrischem Wege in thierisch- elektrischen Versuchen.\n43\nH\u00e4lften d es Streifens, oder bei der Anwendung zweier Streifen in der erstbeschriebenen Art. ]);i bei der Lage der Falte Fig. 81. 82 umgekehrte Stroinesrichtungen cintre ten, je nachdem die H\u00e4lften aneinander-schlicfsen oder nicht, so war zu erwarten, dal's es auch einen solchen Grad von Lockerheit der Falte, oder von Aneinanderschlicfsen der beiden H\u00e4lften geben w\u00fcrde, wo gar kein Strom in den Multiplicatorkreis \u00fcbergehen k\u00f6nne. In der That ist es mir gegl\u00fcckt, diesen Indifferenzpunkt mchreremal zu treffen. Bei der Lage Fig. 83. 84 der Falte ist zwar, wie bemerkt, die Richtung des Stromes stets dieselbe und zwar die gesetzm\u00e4fsige, allein seine St\u00e4rke ist bei anschlie\u00dfender Falte so unverh\u00e4ltnifsm\u00e4fsig gr\u00f6fser als bei lockerer, dafs es sehr wahrscheinlich ist, dafs auch hier bei einem Grade von Lockerheit der Falte, der in den Versuchen gemeiniglich nicht erreicht wird, ein \u00e4hnlicher Indifferenzpunkt, wie bei der Lage Fig. 81. 82, und jenseits desselben Umkehr der Str\u00f6mungsrichtung eiutreten k\u00f6nne. Wirklich habe ich einmal eine Spur einer solchen wahrgenommen.\nDer Irrthum nun, dem hier vorgebeugt werden mufs, ist folgender. Es ist gesagt worden, dafs die Richtung des von dem Strome der S\u00e4ule abgeleiteten Stromarmes im Multiplicatorkreise stets eine und dieselbe sei, wo man auch das Verbindungsglied beider Kreise an dem Mulliplicator-kreisc anbringe, und dafs uns dieser Umstand im Nothfall dienen k\u00f6nne, den in den Multiplicatorkreis hereinbrechenden fremden Strom von dem Strome aufgelegter thierischer Theile zu unterscheiden, dessen Richtung sich bei dem Umlegen dieser Theile n\u00e4mlich stets gleichfalls umkehren mufs. Gebraucht man aber, zur Anstellung dieser Vorversuche, statt der beiden Streifen Fig. 79. 80, den einen rechtwinklig geknifften Fig. 81\u201484, und will nun denselben auf den B\u00e4uschen umlegen, um sich der Best\u00e4ndigkeit der Str\u00f6mungsrichtung, trotz dieser Ver\u00e4nderung, zu versichern, so kann es leicht geschehen, dafs man entweder, bei lockerer Falte, die Lage derselben Fig. 82 in die Fig. 84 verwandelt, also z. B. von der Anordnung Fig. 82. A zu der Fig. 84. B \u00fcbergeht, oder dafs man die Falte in der Lage Fig. 81. 82 zuerst locker, dann anschliefsend, oder umgekehrt anwendet, also z. B. Fig. 81. A mit Fig. 82. B vertauscht. In beiden Fallen wird man eine Umkehr der Str\u00f6mungsrichtung bemerken, sLalt der verk\u00fcndeten Stetheit derselben. Um einerlei Str\u00f6mungsrichtung zu erhalten, mufs man also die Falte auf beiden B\u00e4uschen entweder fest anschliefsend, oder locker anwenden; bei der lockeren Falte aber sich h\u00fcten, die Lage Fig. 82 in die Fig. 84 zu verwandeln. Alsdann wird f\u00fcr die Lagen Fig. 82. A. B die Richtung des abgeleiteten Stromarmes auf beiden B\u00e4uschen dieselbe, wenngleich, mit Bezug auf Fig. 80 genommen, die unrichtige, f\u00fcr die Lagen","page":43},{"file":"p0044.txt","language":"de","ocr_de":"44\t3. Abschn. Kap. IV. \u00a7. 11. '2. Anwendbarkeit des Tetanisireni\nFig. 84. A. B gleichfalls dieselbe, und zwar, nach demselben Mafsstabe beurlheilt, die gcsctzmlifsige bleiben.\nDa bei den folgenden Versuchen der tetanisirende Str\u00f6mungsvor-gang aus abwechselnd gerichteten Str\u00f6men bestehen sollte, so muhte noch ermittelt werden, ob Str\u00f6me der Art, von der St\u00e4rke der obigen, beim Uebcrgange in den Multiplicatorkreis auf die beschriebene \\\\ eise, Poggendorff\u2019s doppelsinnige Ablenkung1 w\u00fcrden hervorbringen k\u00f6nnen, die einzige Wirkung bekanntlich, die dergleichen Str\u00f6me auf die Nadel zu \u00e4ufsern verm\u00f6gen. Es wurde daher der PoGGEMDOitFF\u2019sche Inverser (S. oben Bd. I. S. 447) in den Kreis der S\u00e4ule eingeschaltet, und die Nadel hei 0\", 20\u00b0 und 70\u00b0 \u00f6stlicher und westlicher durch ein hinzugelegtes Magnetst\u00e4bchen bewirkter Ablenkung der Wirkung der abgeleiteten Str\u00f6me von abwechselnder Richtung ausgesetzt. Bei 0\u00b0 urspr\u00fcnglicher Ablenkung der Nadel und langsamem Drehen des Rades, so dafs Zahn um Zahn in Uebereinstimmung mit den Schwingungen der Nadel unter der Feder durchging, war die Reihe der Ausschl\u00e4ge auf beiden Seiten +30\u00b0; -60\u00b0; +65\u00b0; -63\u00b0: +72\u00b0; -62\u00b0; -|- 90u. s. f. Die St\u00e4rke der abgeleiteten Str\u00f6me entsprach also der nach der obigen Angabe bei etwa 10mm Abstand zwischen dem vorderen Platincnde und den B\u00e4uschen staltfindenden. Bei schnellem Drehen des Rades war der Erfolg der, dafs bei 0\u00b0 und auch noch hei 20\u00b0 sowohl \u00f6stlicher als westlicher Ablenkung sich eine Wirkung von 2 \u2014 3\u00b0 Ausschlag stets in einer und derselben Richtung zeigte. Bei 70\u00b0 urspr\u00fcnglicher Ablenkung war diese Wirkung nicht mehr zu bemerken.\nDaraus sowohl, als aus dem Umstande, dafs dieselbe stets einerlei Richtung hatte, dafs sie also in dem einen Quadranten einen positiven, in dem anderen einen negativen Ausschlag hervorbrachte, er-gieht sich mit Gewifsheit, dafs sie keine doppelsinnige Ablenkung war. ln diesem Falle h\u00e4tte sie hei beliebiger Stellung der Nadel, und in beiden Quadranten im positiven Sinne stattfinden m\u00fcssen. Die Deutung dieser Wahrnehmung ist vielmehr diese, dafs der abgeleitete Strom bei der Fig. 76 abgebildeten Stellung der Platinenden f\u00fcr die verschiedenen Richtungen des Hauptstromes zwischen den Enden nicht von einerlei Gr\u00f6fse ist. Dafs dies wirklich der Grund jenes Umstandes gewesen sei, erhellt mit Bestimmtheit daraus, dafs sich schon hei allen fr\u00fcheren Versuchen eine solche Ungleichheit der Wirkungen auf beiden Seiten in geringem Mafse kundgegeben hatte, wie denn auch die so eben angef\u00fchrte Reihe der Ausschl\u00e4ge hei langsamem Drehen des Rades unverkennbare Spuren davon zeigt. Bei der in Fig. 80 dargestcllten Str\u00f6-\nS. Annalen u. s. w. 1838. Bd. XLV S. 353. *","page":44},{"file":"p0045.txt","language":"de","ocr_de":"auf elektrischem Wege in thierisch- elektrischen Versuchen.\n45\nrnungsrichtung zwischen den Platinenden fiel n\u00e4mlich der abgeleitete Strom st\u00e4rker aus, als hei der entgegengesetzten. Worauf dieser Unterschied beruht habe, ist nicht leicht zu sagen; nach den oben Bd. I. 'S. 592 angedeuteten Grunds\u00e4tzen jedoch schwerlich auf etwas Anderem, als auf einer irgendwie beschaffenen Einmischung der Polarisation der Platinenden, von deren st\u00f6render Kraft wir ja bereits ebendaselbst ein so augenf\u00e4lliges Beispiel erlebt haben.\nDoppelsinnige Ablenkung findet also, nach dem Allen, bei so schwachen Str\u00f6men, wie die hier -von der sechsgliedrigen Grove\u2019scIicu S\u00e4ule abgeleiteten, noch nicht in merkbarem Grade statt. Nachdem somit die Erscheinungsweise der abgeleiteten Str\u00f6me erkannt war, die man unter diesen Umst\u00e4nden erh\u00e4lt, blieb noch \u00fcbrig, die Grenzwerthe der L\u00e4nge und des Querschnittes des feuchten, die B\u00e4usche und Bleche verbindenden Leiters und der abnehmenden Stromst\u00e4rke zu bestimmen, bei denen noch Spuren des Stromes aus dem Erregerkreise in den Multiplicatorkreis \u00fcbergehen. Mit H\u00fclfe eines mit Speichel oder Eiweifs getr\u00e4nkten Zwirnsfadens, eines schmalen Streifens Froschhaut, l\u00e4fst sich ein Nerv, in Bezug auf seine Leitungsverh\u00e4ltnisse, ziemlich getreu nachbilden. Um die Ableitung in den Multiplicatorkreis dabei wo m\u00f6glich noch mehr zu beg\u00fcnstigen, als es im Nerven der Fall sein mag, kann man den Zwirnsfaden auch blos mit dcstillirtem Wasser tr\u00e4nken. Welche dieser Anordnungen man auch w\u00e4hlen m\u00f6ge, es findet, bei so geringem Querschnitte des verbindenden Streifens, selbst bei nur wenigen Millimetern Abstand des n\u00e4chsten Platinendes von den B\u00e4uschen, von dem die Str\u00f6me, die wir zum Tetanisiren anwenden werden, an St\u00e4rke bei weitem \u00fcbertreffenden Strome der sechsgliedrigen Grove\u2019scIicii S\u00e4ule keine Spur von Uebergang mehr in den Multiplicatorkreis statt. Die vorgeschlagcnc Methode des Tetanisirens ist also durchaus zuverl\u00e4ssig. Eine Menge anderer Umst\u00e4nde werden sich stets in der Folge zusammenfinden, um die dadurch erhaltenen Ergebnisse vollends \u00fcber jeden Verdacht von dieser Seite her zu erheben. Ich werde nicht ermangeln, an Ort und Stelle dieselben stets noch besonders hervorzuheben und der Aufmerksamkeit zu empfehlen.\n3. Von der besten Art des Tetanisirens auf elektrischem Wege bei thierisch-elektrischen Versuchen.\nNachdem wir uns solchergestalt in dem Rechte best\u00e4tigt haben, uns des Tetanisirens auf elektrischem Wege zu unseren Versuchen zu bedienen, wenden wir uns zur n\u00e4heren Bestimmung der Art, wie der erregende Strom, so soll der tetanisirende Str\u00f6mungsvorgang fortan","page":45},{"file":"p0046.txt","language":"de","ocr_de":"46\n3. Ab sehn. Kap. IV. \u00a7. 11. 3. Vorschriften beim Tetanisiren\nbezeichnet werden, nach unseren jetzigen Begriffen am zweckm\u00e4fsigsten, einfachsten und bequemsten hervorzubringen sei. Hier ist es, wo uns unsere im zweiten Kapitel des zweiten Abschnittes erworbenen Kenntnisse zu statten kommen. Aus der Gesammtheit der daselbst dargelegtcn Erfahrungen ergehen sich f\u00fcr die Natur des erregenden Str\u00f6mungsvor-ganges folgende drei Ilauptregeln, welche s\u00e4mmtlich aus dem Grunds\u00e4tze fliefsen, dafs der Nerv durch den Strom eine verderbliche Einwirkung erf\u00e4hrt, welche m\u00f6glichst geschw\u00e4cht werden mufs, um m\u00f6glichst lange m\u00f6glichst kr\u00e4ftigen Tetanus zu erhalten.\nDie einzelnen Wellen oder St\u00f6fse des Stromes m\u00fcssen daher erstlich abwechselnd gerichtet sein, weil n\u00e4mlich durch jede Einwirkung eines Stromes auf den Nerven die Empf\u00e4nglichkeit desselben f\u00fcr diesen Strom abgestumpft, f\u00fcr den entgegengesetzt gerichteten hingegen erh\u00f6ht wird. Durch fortgesetzte Anwendung des Stromes in einer Richtung wird man also weit weniger lange mit Erfolg tetanisirend ein-wirken k\u00f6nnen, als beim Gebrauch abwechselnd gerichteter Str\u00f6me.\nZweitens mufs der Strom so schwach sein, wie es nur irgend angeht, ohne den Zweck des Tetanisirens zu beeintr\u00e4chtigen; denn wir wissen, dafs die verderblichen Wirkungen der geschlossenen Kette auf den Nerven um so bedeutender ausfallen, je gr\u00f6fser unter andern die Stromdichtigkeit im Nerven ist. Um aber, bei einem m\u00f6glichst schwachen Strome, m\u00f6glichst starke Wirkungen zu erlangen, m\u00fcssen wir die Steilheit der Dichtigkeitscurve in dem Nerven zu Anfang und zu Ende jeder Unterbrechung m\u00f6glichst zu erh\u00f6hen suchen.\nDie dritte Regel, welche sich an die vorige anschliefst, ist diese, dafs die Gesammtzeit der Einwirkung des Stromes auf den Nerven, gerade wie seine St\u00e4rke, und aus demselben Grunde, eine so geringe sein mufs, als es nur eben die Umst\u00e4nde gestatten. Wir werden also die einzelnen St\u00f6fse sich einander in so grofsen Abst\u00e4nden folgen lassen, als es nur eben angeht, ohne den Tetanus einzub\u00fcfsen, und wir seben uns abermals darauf hingewiesen, die Steilheit der Dichtigkeits-curve m\u00f6glichst grofs zu w\u00e4hlen, um n\u00e4mlich die Zeit eines jeden Stofses auf diese Weise m\u00f6glichst abzuk\u00fcrzen.\nAbwechselnd gerichtete Str\u00f6me kann man im Wesentlichen auf zweierlei Weise hervorbringen; erstens durch Einschalten eines Roggen-noRFF\u2019schen Inversors in den Kreis einer beliebigen Kette und zweitens, der Natur der Sache nach, mit jeder Inductionsvorrichtung, welche nicht ausdr\u00fccklich mit H\u00fclfe eines Stromwenders zur Hervorbringung gleichgerichteter Str\u00f6me eingerichtet ist.\nDie Anwendung der Kette mit dem Inversor entspricht hier, wie man dem Obigen nach leicht bemerkt, unseren Zwecken nicht. Der","page":46},{"file":"p0047.txt","language":"de","ocr_de":"auf elektrischem Wege in thierisch-elektrischen Versuchen.\n47\neinzige Vortheil, den sie gew\u00e4hrt, ist der, dafs sie von vorn herein ein deutlicheres Bild und ungef\u00e4hres Mals der Str\u00f6me zul\u00e4fst, denen der Nerv ausgesetzt wird; dagegen ist es mit H\u00fclfe derselben nicht leicht genug, die St\u00e4rke des Stromes in jedem Augenblicke nach Gefallen zu beherrschen. Ferner hat sie den Uebelstand, dafs sie den Strom l\u00e4nger als es noting ist, im Nerven bestehen l\u00e4fst, vorz\u00fcglich wenn das Ver-h\u00e4ltnifs der Breite der Federn zu der entwickelten Bogenl\u00e4nge eines Zahnes so gestellt ist, wie an meinem Unterbrechungsrade (S. oben Bd. I. S. 448). Endlich mufs man, beim Gebrauche derselben, zu Anfang und zu Ende des Drehens, darauf achten, dafs die Federn stets auf Holz stehen, was eine l\u00e4stige Verpflichtung in Versuchen abgiebt, bei deren einfachster Form bereits zwei verschiedene Punkte der Anordnung, der Multiplicator n\u00e4mlich und die thierischen Theile selber, zum Theil gerade in denselben Augenblicken, genau \u00fcberwacht sein wollen.\nVon allen diesen M\u00e4ngeln sind Inductionsstr\u00f6me begreiflich v\u00f6llig' frei. Die Nebenwirkung, welche die unipolaren Inductionszuckungen hervorbringt, haben wir, nach den oben Bd. I. S. 436 gepflogenen Er\u00f6rterungen, liier nicht zu f\u00fcrchten. Was die Wahl zwischen den verschiedenen Vorrichtungen der Art betrifft, so hat Eduard Weber neuerdings, in der oben S. 39 erw\u00e4hnten Abhandlung, den Gebrauch der SAXTONSchen Maschine (des \u00bbmagnetogalvanischen Rotationsapparates\u00ab) zum Tetanisiren dringend und ausschliefslich empfohlen. Sie bietet un-l\u00e4ugbar den grofsen Vortheil dar, zu jeder Zeit, ohne weitere Vorbereitung, schlagfertig zur Hand zu sein. Wenn ich aber, im Beginne meiner Versuche, derselben den Vorzug nicht geschenkt habe, so ist dies aus zweierlei Gr\u00fcnden geschehen. Erstens, weil die Stromst\u00e4rke daran abermals allzusehr der leichten Beherrschung entzogen ist; f\u00fcrs zweite, weil die Handhabung eines kr\u00e4ftigen Magnetes in der N\u00e4he einer empfindlichen Multiplicatornadel, wenn sie auch v\u00f6llig unsch\u00e4dlich gemacht werden kann, doch stets allerlei Bedenken und Umst\u00e4nde mit sich bringt.\nAm vorz\u00fcglichsten erweist sich demnach hier, meiner Meinung nach, die Anwendung des durch schnelles Unterbrechen und Wiederumherstellen des Stromes einer best\u00e4ndigen Kette inducirten Stromes. Die Schl\u00e4ge sind abwechselnd gerichtet, dauern m\u00f6glichst kurze Zeit, und k\u00f6nnen ihrer St\u00e4rke nach durch Entfernen und Einbringen von Dr\u00e4hten in die Rolle mit leichter M\u00fche beliebig abgestuft werden. Die von mir zu allen nachstehenden Versuchen, wo nicht ausdr\u00fccklich das Gegentbeil bemerkt ist, gebrauchte Inductionsvorrichtung wurde bereits oben Bd. I. S. 446. 447 beschrieben, ln der erregenden Strombahn befand sich eine Grove\u2019scIic Kette von der gr\u00f6fseren ebendaselbst bezeiebneten Art,","page":47},{"file":"p0048.txt","language":"de","ocr_de":"4S\n3. Abschn. Rap. IV. \u00a7. 11. 3. Vorschriften beim Tetanisiren\nderen Zinkzelle jedoch meist nur mit Brunnenwasser gef\u00fcllt war, und deren Leide Zellen \u00fcberhaupt nur 20\u2014-30'\u201d\"\u2019 hoch Fl\u00fcssigkeit enthielten. In den Kreis derselben war der Inversor, jedoch mit so hergestellten 'S erbindungen eingeschaltet, dafs er einfach unterbrach, nicht zugleich umkehrte. 1 Die Rolle konnte manchmal, je nach der Erregbarkeit der thierischen Glieder, ohne alle Drahteinlagen angewandt werden; nie erreichten die hier gebrauchten Str\u00f6me je eine solche St\u00e4rke, dafs sie dem mittelst kupferner Handhaben statt des Nerven eingeschalteten menschlichen K\u00f6rper irgend versp\u00fcrbar gewesen w\u00e4ren. Das Rad wurde nicht schneller gedreht, als es der unmittelbar beobachtete Erfolg am Muskel zu verlangen schien.\nBei alledem zeigt es sich leider, dafs der auf diese Weise an frei dargcstellten Muskeln vom Nerven aus erlangte Tetanus selten mit hinreichender Kraft \u00fcber eine halbe Minute anh\u00e4lt. Nach Verlauf von wenigen Minuten Ruhe findet man jedoch, dafs Nerv und Muskel ihren urspr\u00fcnglichen Zustand ann\u00e4herungsweise wieder angenommen haben; man erlangt abermals, mittelst des beschriebenen Verfahrens, wenn auch aiR k\u00fcrzere Zeit, anhaltende Zusammenziehung, und so fort bis zur g\u00e4nzlichen Ersch\u00f6pfung der Organe, deren Sitz hier \u00fcbrigens zun\u00e4chst wohl mehr in der dem Strome unmittelbar ausgesetzten Nervenstrecke, als in dem Muskel zu suchen sein d\u00fcrfte, da der Tetanus l\u00e4nger zu dauern scheint, wenn, statt des Nerven, der letztere selbst sich im Kreise des tetanisirenden Stromes befindet. Bemerkenswerth ist, dafs der Muskel stets, nach dem Aufh\u00f6ren des eigentlichen Tetanus, noch immer etwas verk\u00fcrzt und zusammengeballt bleibt; erst nach und nach pflegt er seine nat\u00fcrliche Gestalt wieder anzunehmen. Dem Vertrocknen des Nerven wird vorgebeugt, indem man ihn von Zeit zu Zeit durch Anstreichen mit Blutwasser mittelst Klumpen Muskelfleisches frisch befeuchtet; man kann ihn auch, in den Pausen zwischen den Versuchen, in solche Klumpen einh\u00fcllen, oder ihn auf den Muskel zusammengefaltet hinlegen und nur behufs des Tetanisirens \u00fcber die Platinenden ausbreiten.\nFast alle nachstehenden Versuche sind am Gastroknemius des Frosches, ohne alle Ausnahme an diesem Tliiere angestellt. Ich zweifle, dafs sich warmbl\u00fctige Thiere zu ihrer Wiederholung eignen m\u00f6chten.\n1 Ich beabsichtige jetzt, mich, statt des Unterbrechungsrades, um der Verrichtung des Drehens \u00fcberhoben zu sein, des Neef\u2019scIicu Magnetelektromotors (Poggen-uorfe\u2019s Annalen u. s. w. 1839. \u00dfd. XLVI. S. 104*), oder Ritchie\u2019s elektromagnetischer Maschine (Ebendas. 1834. Bd. XXXII. S. 538\u2019) zu bedienen, welche man schon vorher, mit Ausschlu\u00df des Nerven, in Gang setzen kann, und dann nur noch n\u00f6tliig hat, eine Verbindung in Quecksilber herzustellen oder abzubrechen, um beziehlich Tetanus oder Ruhe erfolgen zu sehen.","page":48},{"file":"p0049.txt","language":"de","ocr_de":"auf elektrischem Wege in thieriscli- elektrischen Versuchen.\n49\nWas die Wahl jenes Muskels am Frosche betrifft, so beruht sie (vergl. oben Bd. I. S. 494) vorz\u00fcglich auf der grofsen L\u00e4nge seines Nerven-stammes. Der grofse Unterschenkelstrecker bietet, wie a. a. 0. bemerkt wurde, sonst die n\u00e4mlichen Vortheile dar, wie der Gastroknemius, eine sich unver\u00e4nderlich gleich bleibende Str\u00f6mungsrichtung, eine ungemeine St\u00e4rke des Stromes, eine unverw\u00fcstliche Lebensz\u00e4higkeit; allein, abgesehen von der viel schwierigeren Darstellung, ist sein Nervenstamm um ein Drittheil k\u00fcrzer, hier ein wichtiger Punkt, da, je l\u00e4nger derselbe ist, eine um so gr\u00f6fsere Strecke davon dem Strome ausgesetzt werden kann, was, bei gleicher Stromesdichtigkeit im Nerven, den Tetanus verst\u00e4rkt (S. oben Bd. I. S. 295), und eine zweite um so gr\u00f6fsere Strecke zwischen B\u00e4uschen und Platinenden \u00fcbrig bleibt, wodurch der Verdacht auf Hereinbrechen des erregenden Stromes in den Multiplicatorkreis um so mehr gehoben wird. Endlich kann man, wenn man \u00fcber einen l\u00e4ngeren Nervenstamm gebietet, auch mit R\u00fccksicht auf das Valli-Ritter\u2019-sche Gesetz (S. oben Bd. I. S. 321) beim zweiten, dritten .... Mal Tetanisiren, mit dem Strome an dem Nervenstamme herunterr\u00fccken, um fortdauernd gleich starke Wirkungen zu erlangen.\nBei der ausgedehnten Klasse von Versuchen dieser Art, an welche wir jetzt hinantreten, kann durchweg nicht genug Vorsicht in Betreff des Umstandes empfohlen werden, dal's ja die prim\u00e4re Kette keinen unmittelbaren Einflufs auf die Nadel aus\u00fcbe. Wenn man n\u00e4mlich nicht etwa Gelegenheit hat, das Bild der Multiplicatortheilung von Weitem in einem Spiegel durchs Fernrohr zu beobachten, oder wenn man nicht durch einen Schnurlauf das Unterbrechungsrad in der Entfernung in Bewegung setzen kann, so mufs, wofern man ohne Geh\u00fclfen arbeitet, nothwendigerweise ein Theil des prim\u00e4ren Kreises in solcher N\u00e4he vom Multiplicator verlaufen, dal's man, w\u00e4hrend man an diesem auf der einen Seite den Stand der Nadel beobachtet, auf der anderen die teta-nisirende Vorrichtung mit der Hand in Bewegung setzen kann. Vorz\u00fcglich hat man sich in dieser Beziehung vor gr\u00f6fseren Eisenmassen zu h\u00fcten, die durch den in ihrer N\u00e4he vor\u00fcbergehenden Strom elektro-magnetisirt werden. Stets wird es gerathen sein, sich durch Vorversuche davon zu \u00fcberzeugen, dal's das Schliefsen und Oeffnen der Kette den Stand der Nadel ganz unver\u00e4ndert l\u00e4fst. Beim Gebrauch des Neef'-sclien Magnetelektromotors, oder sonst einer selbsttetanisirenden Vorrichtung, den ich, wie so eben bemerkt wurde, jetzt im Sinne habe, w\u00fcrde auch dieser Uebelstand zum gr\u00f6fsten Theile wegfallen.\nFig. 85 stellt nun schematisch, wie Fig. 20. Taf. II. Bd. I. der Wirklichkeit entsprechend, die Anordnung des Grund Versuches dieses Gebietes vor. Die letztere Abbildung bedarf keiner weiteren Erl\u00e4uterung; II.\t4","page":49},{"file":"p0050.txt","language":"de","ocr_de":"50\t3. Abschi. Kap. IV. \u00a7. Ul. Von dem Verhalten\ndie beiden Drahtenden hat man sich zu der secund\u00e4ren Rolle der Induc-tionsvorrichtung f\u00fchrend zu denken. Zu beachten ist nur, hei der Zusammenstellung des Versuches, dafs die B\u00e4usche, welche mit Eiweifsh\u00e4utchen zu bekleiden sind, einander n\u00e4her stehen m\u00fcssen, als es sonst noting w\u00e4re, um den Gastroknemius zu tragen, weil dieser sich n\u00e4mlich heim Tetanus zu einem kurzen sph\u00e4ro'idischen Klumpen zusammenballt, welcher dann leicht in die schl\u00fcpfrige Kluft zwischen den B\u00e4uschen hinunter gl eitet. In Fig. 85 ist der Kreis A der des Multiplicators, welcher in M angedeutet ist. In denselben sind eingeschaltet ein Gastroknemius G, und der Nerv eines strompr\u00fcfenden Schenkels Gr; der Nerv eines zweiten strompr\u00fcfenden Schenkels Gn ist dem Gastroknemius G entlang gelegt. Der Nerv des letzteren schliefst die secund\u00e4re Strombahn der Inductionsvorrichtung /, deren erregender Strom in dem inneren Kreise durch die Kette E erzeugt und durch das Blitzrad U unterbrochen wird. Der Zweck der strompr\u00fcfenden Schenkel Gi, Gn wird sp\u00e4ter einleuchten. 1\n\u00a7. ffl.\nVon dem Verhalten der Multiplicatornadel w\u00e4hrend der Zusammenziehung.\nDer Grundversuch dieses ganzen Gebietes ist folgender. Ist alles, wie es oben geschildert wurde, vorbereitet, so legt man den mit seinem Nervenstamme frei pr\u00e4parirten Gastroknemius auf die B\u00e4usche auf, den Nerven gefaltet auf denselben hin. Die Nadel fliegt gegen die Hemmung, schwingt hin und her, und stellt sich endlich, durch das Beruhigungsst\u00e4bchen beherrscht, auf 10\u201420\u00b0 ruhig ein. Jetzt hebt man den Nerven von dem Muskel ab, wobei gemeiniglich, weil er Nebenschliefsung f\u00fcr den Multiplicatorkreis bildete, ein geringer positiver Ausschlag entsteht (S. oben Bd. I. S. 688), und breitet das Hirnende desselben \u00fcber die Platinenden. bn Augenblick, wo man das Rad zu drehen beginnt, und der Muskel sich im Tetanus zusammenballt, schl\u00e4gt die Nadel durch den Nullpunkt durch, und es erfolgt ein Ausschlag derselben in den negativen Quadranten, der sich bis \u00fcber 50\u00b0 erstrecken kann. Sie schwingt dann, w\u00e4hrend man zu drehen fortf\u00e4hrt, um eine in dem negativen Qua-\nS. unten, \u00a7. iv. dieses Kapitels,","page":50},{"file":"p0051.txt","language":"de","ocr_de":"der Mulliplicatornadel n\u00e4hrend des Tetanus.\n51\ndranten befindliche Gleichgewichtsstellung hin und her, aber hei der Langsamkeit ihrer Bewegungen hat sie niemals Zeit, zur Ruhe zu kommen, ehe der Tetanus des Muskels erlahmt ist. Sie stellt sich daher schliefslich wieder in den positiven Quadranten ein; l\u00fcfst man dem Muskel Ruhe, so kann man jedoch, wie schon bemerkt, nach wenigen Minuten dasselbe Spiel, und so, bis zur v\u00f6lligen Ersch\u00f6pfung der Organe, drei-, viermal und \u00f6fter hintereinander wiederholen.\n1. Der R\u00fcckschwung der Nadel beim Tetanisiren auf elektrischem Wege r\u00fchrt nicht von dem Hereinbrechen des erregenden Stromes in den Multiplicatorkreis her.\nIch will jetzt vor allen Dingen diesen Versuch von dem Verdachte reinigen, der ihm im Sinne vieler, trotz der Auseinandersetzungen des vorigen Paragraphen, im Stillen doch noch anhaften m\u00f6chte, dafs n\u00e4mlich die Nadelbewegung von einem Hereinhrechen des erregenden Stromes in den Multiplicatorkreis herr\u00fchrt. Ein Elektriker zwar wird schwerlich auch nur einen Augenblick dabei stehen bleiben wollen, wenn man ihn daran erinnert, dafs, w\u00e4hrend die einzige Wirkung, die man von den abwechselnd gerichteten Str\u00f6men der Inductionsvorrichtung erwarten kann, doppelsinnige Ablenkung ist, welche stets die Nadel in dein Sinne einer bereits vorhandenen Ablenkung weiter nach der Hemmung zu f\u00fchren strebt, hier vielmehr stets ein negativer Ausschlag der Nadel beobachtet wird. Abgesehen indefs von allen Gr\u00fcnden der Art, die man gegen diese Erkl\u00e4rung geltend machen k\u00f6nnte, ist es leicht, ihre Unstatthaf-tigkeit auf folgende Weise schlagend und f\u00fcr Jeden gleich b\u00fcndig dur-zuthun.\nEs ist n\u00e4mlich nur noting, den Nerven des Gastroknemius bei dem obigen Versuche zu unterbinden, um, beim Drehen des Rades, wo dann nat\u00fcrlich auch der Muskel in Ruhe bleibt, die Nadel v\u00f6llig unbeweglich in ihrer Stellung verharren zu sehen. Nur mufs man, beim Gebrauch einer Inductionsvorrichtung irgend welcher Art zum Tetanisiren, dabei Sorge tragen, dafs die Unterbindung dicht \u00fcber der Eintrittsstelle des Nerven in den Muskel angebracht sei. Der Grund dieser Mafsregel liegt in den oben Bd. I. S. 430 beschriebenen unipolaren Inductionszuckungen. Befolgt man dieselbe nicht, so bleibt erw\u00e4hntermafsen der Muskel auch bei der sorgf\u00e4ltigsten und festesten Unterbindung des Nerven nicht in Ruhe, Und dem geringen Tetanus, den man noch erh\u00e4lt, entspricht auch noch eine geringe Wirkung auf die Nadel. Zur Unterbindung bediene ich mich, wie bemerkt, eines vieldoppeltcn Fadens roher Seide. Hat man,\n4'","page":51},{"file":"p0052.txt","language":"de","ocr_de":"52\t3. Abschtl. Kap. IV. \u00a7. Ill, 1. Der R\u00fcckschwung der Nadel\nstatt der Inductionsvorrichtung, den Inversor mit einer best\u00e4ndigen Kette in Gebraucb, so kann man an einer beliebigen Stelle des Nerven unterbinden, und alsdann den Versuch so ab\u00e4ndern, dafs man den erregenden Strom bald oberhalb, bald unterhalb des Unterbandes den Nerven treffen l\u00e4fst. 1 In dem ersten Falle erfolgt kein Tetanus und die Nadel bleibt in Ruhe; in dem zweiten zieht sich der Muskel zusammen und die Nadel schl\u00e4gt in den entgegengesetzten Quadranten durch.\nStatt zu unterbinden, kann man ferner den Nerven an seiner Eintrittsstelle in den Muskel durchschneiden, und ihn mit dem peripherischen Stumpfe auf denselben auflegen, oder auch den Nerven zusammenfalten oder ganz entfernen, und ihn in seiner physikalischen Rolle als Leiter durch einen feuchten Zwirnsfaden, einen Streifen Froschhaut oder feuchten Fliefspapieres von viel geringerer L\u00e4nge und betr\u00e4chtlicherem Querschnitt ersetzen. Muskel und Nadel bleiben alsdann beim Drehen des Rades unbeweglich.\nZu demselben Schl\u00fcsse berechtigt iibrigeus schon der einfache Umstand, den man ohne alles Hinzuthun ganz von selbst am Ende jedes Versuches beobachtet, dafs n\u00e4mlich, wenn Muskel und Nerv durch h\u00e4ufiges Tetanisiren ersch\u00f6pft worden sind, so dafs der Tetanus beim Drehen des Rades ausbleibt oder nur noch d\u00fcrftig zu Stande kommt, dem entsprechend auch entweder keine oder nur noch eine Spur von Wirkung auf die Nadel wahrgenommen wird. So laufen, beim Ausf\u00fchren l\u00e4ngerer Versuchsreihen, auch manchmal F\u00e4lle unter, wo die thierischen Gebilde von Hause aus so wenig leistungsf\u00e4hig sind, dafs kein ordentlicher Starrkrampf entsteht; auch alsdann bleibt die r\u00fcckg\u00e4ngige Bewegung der Multiplicatornadel aus.\nEin noch sprechenderes Zeugnifs f\u00fcr die Unabh\u00e4ngigkeit der in Rede stehenden Wirkung von dem erregenden Strome w\u00fcrde es unstreitig abgeben, wenn es m\u00f6glich w\u00e4re, dieselbe auch durch andere Arten von Zusammenziehung, ohne alle Anwendung eines solchen Stromes, zu erhalten. Dies gelingt denn auch in der That auf sehr verschiedene Weisen.\n(i) Reizung des Nerven auf mechanischem Wege.\nDie Reizung kann entweder mittelbar, vom R\u00fcckenmark aus, oder unmittelbar geschehen. Die letztere Versuchsweise giebt nur d\u00fcrftige Erfolge. Man verf\u00e4hrt dabei folgendermafsen. In die wagerechte Klemme Fig. 19. Taf. ffl. zum ersten Bande spannt man eine starke Glasplatte ein, und dreht die Klemme so, dafs sich die Platte, vermittelst eines\n1 S. unten, Kap. VII. \u00a7. n. 4., eine zierliche Art, diesen Versuch anzustellen.","page":52},{"file":"p0053.txt","language":"de","ocr_de":"beim Tetanus r\u00fchrt nicht vom erregenden Strome her.\n53\ndazwischengelegten St\u00fcckchens Holz, Ivork u. s. w., auf den Messingarm st\u00fctzen kann, der die Klemme tr\u00e4gt. So erlangt man eine m\u00f6glichst grofse Festigkeit der Platte, welche dem Nerven w\u00e4hrend des von dem Ilirnende nach der Ausbreitung vorschreitenden Zerhackcns zur Unterlage dienen soll, dessen wir uns als mechanischen Reizes bedienen wollen. Dann ist noch eine Vorkehrung zu trelfen, damit der Muskel nicht von den B\u00e4uschen herunter gezerrt werde, was leicht geschehen kann, weil der zerquetschte Nerv dem zerhackenden Werkzeuge stark anh\u00e4ngt. Dem vorzubeugen, beklebe ich das Ende der Glasplatte, auf dem der Nerv ruhen soll, mit Kork, den man wob! auch, um das Austrocknen des Nerven zu verh\u00fcten, zuvor befeuchten kann. So vorgerichtet, wird der allgemeine Tr\u00e4ger mit dem belegten Ende der Platte dicht an die B\u00e4usche hinangeschoben und der Nerv \u00fcber die Korkfl\u00e4che ausgebreitet, wo man ihn, mit Insectennadeln, an Bindegewebefasern feststeckt. Auf diese Weise ist nunmehr die Lage des jenseits der letzten Nadel nach den B\u00e4uschen hin befindlichen Theilcs v\u00f6llig gesichert. Der Fufs des Tr\u00e4gers wird mit der in der Abbildung daran sichtbaren Schraube an den Arbeitstisch befestigt. Ist die Nadel in Ruhe, so f\u00e4ngt man an, den Nerven von seinem Ilirnende aus mit einem Scalpelisliel zu zerhacken; begreiflich m\u00fcssen sich die einzelnen Quetschungen in der Zeit wie im Raume m\u00f6glichst dicht folgen, damit m\u00f6glichst stetige und m\u00f6glichst andauernde Zusammenziehung beobachtet werde. Indessen bleibt diese immer nur \u00e4ufserst sp\u00e4rlich im Vergleich zu der auf elektrischem Wege vermittelten, und dem entsprechend sieht man die Nadel wohl stets zur\u00fcckweichen, jedoch nur in seltenen F\u00e4llen den Nullpunkt \u00fcberschreiten und einen merklichen Bogen in dem negativen Quadranten beschreiben.\nUm das Verfahren mit mittelbarer Reizung ins Werk zu setzen, wird ein Frosch folgendermafsen zugeschnitten: Man bereitet sich, in m\u00f6glichster Eile, ein Pr\u00e4parat, welches nur noch aus dem Gastrokne-mi,us, seinem Nervenstamme bis zum Wirbelcanal hin, und diesem selber, welcher hinter dem Sch\u00e4del querdurchschnitten ist, besteht. Eine 100\"\u201d\" lange Glasplatte, gleich der auf welcher in Fig. 19. Taf. III. Bd. I. der strompr\u00fcfende Schenkel befestigt ist, wird in die wagerechte Klemme eingespannt, der Nerv am Ende, derselben mit Insectennadeln auf einem Korkstege festgesteckt, der Wirbelcanal durch F\u00e4den, die an der unteren Fl\u00e4che der Platte vorher fcstgekittet worden und oberhalb in einen Weberknoten geschlungen sind, festgebunden, der Gastroknemius aufgelegt und die feste Ablenkung der Nadel abgewartet. Jetzt f\u00e4hrt man entweder mit einem Drahte langsam drehend und bohrend in die Riicken-marksh\u00f6hle hinein, oder, was manchmal einen recht guten Erfolg giebt,","page":53},{"file":"p0054.txt","language":"de","ocr_de":"54\tAbsehn. Kap. IV. \u00a7. III. t. Der li\u00fcclischwung der Nadel\ninan spaltet dieselbe von oben nach unten her in der senkrechten L\u00e4ngs-in ittelebene mittelst eines Scheerenscbnittcs. Die Zusammenziehung ist ungleich st\u00e4rker als bei der unmittelbaren Reizung des Nerven, aber doch viel schw\u00e4cher als beim elektrischen Tetanisiren; sie dauert nur kurze Zeit und man sieht daher die Nadel wohl stets einen R\u00fcckschwung antreten, der auch meist den Nullpunkt hinter sich l\u00e4fst, dem bei elektrischer Reizung erhaltenen indefs nicht gleichkommt.\n(n) Reizung des Nerven durch W\u00e4rme.\nAuch hier kann man entweder die Gl\u00fchhitze unmittelbar den Nerven, oder das R\u00fcckenmark treffen lassen. Die Anordnung zu beiden Versuchen ist genau dieselbe als bei blos mechanischer Mifshandlung, nur dafs bei Reizung des Nerven selber jetzt keine besonderen Vorkehrungen mehr f\u00fcr die Festigkeit der Glasplatte noting sind. Will man auf das R\u00fcckenmark einwirken, so wird zuerst der Draht, mit dem man in seine H\u00f6hle zu fahren gedenkt, weifsgl\u00fchend gemacht; den Nerven allein verbrannte ich mit einem stumpf kegelf\u00f6rmig endigenden, in Form der gew\u00f6hnlichen Gl\u00fcheisen oder L\u00f6thkolben umgebogenen, 2.5mm dicken Kupferdrahte. Zur Unterlage diente der Kork, auf den der Nerv auch jetzt noch festgesteckt werden mufs, weil er sich unter dem Gl\u00fcheisen mit hinl\u00e4nglicher Gewalt kr\u00e4uselt und windet, um den Muskel von den B\u00e4uschen herabzuzerren. Der Erfolg des Versuches ist der n\u00e4mliche, wie bei der mechanischen und elektrischen Reizung; schw\u00e4cher als hei der letzteren, in einzelnen F\u00e4llen jedoch st\u00e4rker als bei der ersteren,\n(m) Reizung des Nerven durch chemische Einwirkung.\nWiederum gilt hier derselbe Unterschied zwischen mittelbarer und unmittelbarer Erregung. .Den Nerven allein setzt man folgendermafsen einer heftigen chemischen Zerst\u00f6rung aus. Hinter dem Korkstege an dem freien Ende der Glasplatte, woran er, zun\u00e4chst dem Muskel, fest-gesleckt ist, kittet man auf dieselbe ein flaches Uhrsch\u00e4lchen \u2014 ich hatte ein solches von 22.5ram Durchmesser und 2.5mra Tiefe \u2014 auf. Man f\u00fcllt es mit ges\u00e4ttigter Kalihydrat- oder salpetersaurer Silberoxydl\u00f6sung, und wirft, wenn die Nadel zur Ruhe gekommen ist, das diesseits des Steges befindliche St\u00fcck Nerv auf einmal, oder auch in Abs\u00e4tzen hinein. Es erfolgt meist eine t\u00fcchtige Zusammenziehung, und gleichzeitig ein negativer Ausschlag der Nadel in den entgegengesetzten Quadranten.","page":54},{"file":"p0055.txt","language":"de","ocr_de":"beim Tetanus r\u00fchrt nicht vom erregenden Strome her.\t55\nDas mittelbare Verfahren \u00fcb L der Zufall nicht selten aus. Es ist sehon mehrfach bemerkt worden, dafs GalvaniscIic Pr\u00e4parate, denen ein St\u00fcck Wirbels\u00e4ule von einer gewissen L\u00e4nge gelassen ist, beim Auflegen auf die Zuleitungsgef\u00e4fse, durch den Reiz der Kochsalzl\u00f6sung, welche den Querschnitt des Lendenmarkes trifft, in heftige tetanische Kr\u00e4mpfe verfallen. Geschieht dies, w\u00e4hrend die Nadel sich in fester Ablenkung befindet, so sieht man dieselbe ihren Stand verlassen, und durch den Nullpunkt in den negativen Viertelkreis wandern. Dies ist der Erfolg, den ich in meinem \u00bbvorl\u00e4ufigen Abrifs\u00ab erw\u00e4hntermafsen (S. oben S. 34) dem Reiz durch schnelle Zurichtung zuschrieb, von dem ich bei Nobili und Matteucci las; irrth\u00fcmlicherweise vcrmuthlich, da ich denselben, seitdem ich auf dcii Ein\u00fcufs der Salzfliissigkeit aufmerksam geworden bin, nie anders, als wo diese mit im Spiele war, habe eintreten sehen. Dieser Versuch ist einer von den vielen, welche das gleiche Verhalten des Muskelstromes und des Stromes ganzer Glied-mafsen, dessen Zeichen lind Gr\u00f6fsc man nicht aus der Zusammensetzung der einzelnen Muskelstr\u00f6me abzuleiten vermag, gegen\u00fcber gleichen Einfl\u00fcssen beweisen.\nEs kommt \u00fcbrigens auch vor, dafs Gastrokncmicn ohne Nervenstamm, welche mau ohne Eiweifsh\u00e4utchen auf die B\u00e4usche auflegt, durch den Reiz der Salzl\u00f6sung sich im heftigsten Tetanus zusammenballen, wobei dann abermals die Nadel in den entgegengesetzten Quadranten durchschl\u00e4gt.\n(iv) Vergiftung mit Strychnin.\nDer Versuch, der unter allen Umst\u00e4nden die Gegenwart des R\u00fcckenmarkes nothwendig macht, ist im Wesentlichen zweier Formen f\u00e4hig. Man kann ihn n\u00e4mlich mit dem ganzen Muskelk\u00fcrpcr des Frosches, oder auch nur mit dem Gastroknemius anstellen.\nDas erste, sehr rohe und unvollkommene Verfahren, dessen ich mich zu den im \u00bbvorl\u00e4ufigen Abrifs\u00ab a. a. 0. erw\u00e4hnten Versuchen bedient hatte, ist folgendes. Man spannt den Frosch in den oben Bd. I. S. 453 beschriebenen, Fig. 22. Taf. IV. 23. 24. Taf. III. ebendas, abgebildeten Rahmen ein, und vergiftet ihn auf die oben S. 35 empfohlene Art, oder auch, indem man ihm, mit einem Pinsel, die ges\u00e4ttigte Salpeters\u00e4ure Strychninl\u00f6sung unter die Haut in die Lymphr\u00e4ume bringt. So wie sich die ersten Zeichen der Narkose kund geben, enth\u00e4utet man das Thier und bindet es los. Es in diesem Zustande auf die Zuleitungsgef\u00e4fse aufzulegen, und den Tetanus abzuwarten, geht nicht an, weil erstens noch zu viel Besinnlichkeit da ist, als dafs es den Reiz der Salzl\u00f6sung am Kopf und den F\u00fcfsen, oder auch nur die R\u00fcckenlage","page":55},{"file":"p0056.txt","language":"de","ocr_de":"56\n3. Abselm. Kap. IV. \u00a7. III. ! Der Riichsehmung der Nadel\nvertragen sollte, zweitens der Tetanus durch Strychninvcrgiftung nicht, wie der durch den Angriff der Salzl\u00f6sung auf das R\u00fcckenmark bewirkte, allm\u00e4lig, sondern bekanntlich pl\u00f6tzlich als furchtbare Streckung zu Stande kommt, wobei unvermeidlich die Anordnung zu Grunde gerichtet werden w\u00fcrde. Es bleibt daher nichts \u00fcbrig, als den Frosch m\u00f6glichst bald nach begonnenem Krampfe auf die Gef\u00e4fse zu bringen und die Gr\u00f6fse des nun erfolgenden Ausschlages mit der eines Ausschlages zu vergleichen, den man v on demselben Thiere beim Eintauchen mit Kopf und F\u00fcfsen aus der Hand vor dem Eintreten des Tetanus, oder nachher in den Zwischenr\u00e4umen zwischen den einzelnen Anf\u00e4llen erh\u00e4lt. Man findet nun wirklich, dafs der Ausschlag w\u00e4hrend des Tetanus geringer ist als w\u00e4hrend der Ruhe, etwa 70\u00b0 im ersten Falle, wenn er, im zweiten, die Nadel mit Heftigkeit gegen die Hemmung f\u00fchrte.\nViel zweckm\u00e4fsiger, ja entschieden \u00fcberhaupt die sch\u00f6nste Art, die Nadelhewegung w\u00e4hrend der Zusammenziehung wahrzunehmen, ist nachstehendes Verfahren.\nIch will zuerst noch hevorworten, dafs man, auf elektrischem Wege, auch am Gastrokncmius des lebenden Frosches dieselbe Erscheinung\n\u00d6\nwahrnehmen kann. Das Thier wird auf den Rahmen befestigt, und demn\u00e4chst die Arteria iliaca communis sinistra unterbunden, da man, durch die Einrichtung des Rahmens, ausschlie\u00dflich auf die Benutzung der linken Seite angewiesen ist. Man findet das Gef\u00e4fs, indem man zuerst einen Hautschnitt l\u00e4ngs des linken Os ilium macht, und dann, mit einem geraden Scalpell, das Muskelfleisch von der inneren Fl\u00e4che desselben Knochens trennt, bis man auf den Plexus ischiadicus st\u00f6fst: darunter, etwas schr\u00e4ger von innen und oben (den Kopf als oben gerechnet) nach aufsen und unten verl\u00e4uft die Arterie. Nun wird der Gastrokncmius mit seinem Nervenstamm bis m\u00f6glichst hoch hinauf an die Wirbels\u00e4ule ganz frei heraus- und lospr\u00e4parirt und auf die nah-herangebrachten B\u00e4usche aufgelegt. Besitzt man Froschhaut-Klemmen, wie die oben Bd. I. S. 456 beschriebenen, Fig. 24. 25. 26. Taf. III. daselbst abgebihlcten, so werden diese an den R\u00fccken des Frosches angesetzt und mit den Enden der secund\u00e4ren Inductionsrolle, deren Strom man \u00fcbrigens kaum zu verst\u00e4rken braucht, in Verbindung gebracht ; wo nicht, so mufs man sich mit dem viel grausameren ebendas, beschriebenen Verfahren behelfen, dem lebenden Frosch einen Strom zuzuleiten. Sowie man das Rad der unterbrechenden Vorrichtung zu drehen anf\u00e4ngt, ger\u00e4th das Thier in den heftigsten Tetanus. Es geschieht dabei leicht, dafs die Eingeweide durch die Zusammenziehung der Bauchmuskeln aus der Wunde hervorgetrieben werden, und dafs dadurch am Nerven, und somit an dem auf den B\u00e4uschen auflie-","page":56},{"file":"p0057.txt","language":"de","ocr_de":"beim Tetanus r\u00fchrt nicht vnm erregenden Strome her;\t57\ngenden Muskel gezerrt wird: diesem Uebelstande pflege ich auf zwiefache Weise vorzubeugen. Erstlich vereinige ich die Wundlefzen nach der Zurichtung wieder durch blutige Naht, und zweitens wird an die dem Austritte des Nerven aus der ge\u00f6ffneten Bauchh\u00f6hle entsprechende Stelle der senkrechten Seitenwand des Rahmens, etwa in a (Fig. 22) eine Korkplatte gekittet, deren oberer Rand sich mit Wunde und B\u00e4uschen in einer H\u00f6he befindet. liier kann der Nerv, in hergebrachter Weise, an seiner Bindegcwebh\u00fclle mittelst entomologischer Nadeln leicht unverr\u00fcckbar festgesteckt werden. Gleichzeitig mit den \u00fcbrigen Muskeln des Frosches ger\u00e4tli nun der auf den B\u00e4uschen aufliegende Gastro-knemius in lebhaften Tetanus, dessen Folge an der Multiplicatornadel ein eben so heftiger R\u00fcckschwung ist, als ob der Nerv unmittelbar dem Strom ausgesetzt worden w\u00e4re; au und f\u00fcr sich ein Beweis f\u00fcr die Unabh\u00e4ngigkeit dieser Nadelbewegung vom erregenden Strome, da, bei dieser Anordnung, an einem grofsen Frosche, die Nervenstrecke zwischen Muskel und Frosch 50mm betragen kann.\nSoll der Versuch, statt mit dem elektrischen Strome, mit Strychninvergiftung angestellt werden, so bleibt die Anordnung genau dieselbe, bis auf die stromzuf\u00fchrende Vorrichtung. Statt dem Thiere die Klemmen anzulegen, oder die Kupferstreifen unter der R\u00fcckenhaut durchzuziehen, mufs es aber jetzt mit Strychnin vergiftet werden. Es bleibt dabei von der Reizbarkeit des Frosches und der Gewandheit des Beobachters abh\u00e4ngig, an welcher Stelle der Zurichtung die Vergiftung einzuschalten ist, dergestalt, dafs zwar m\u00f6glichst bald nach eingerichtetem Versuch die Kr\u00e4mpfe ausbrechen, dafs aber auch die Einrichtung fertig werde und die Nadel noch Zeit habe, eine feste Stellung anzunehmen. Ich selbst fing, wenigstens zuletzt, als ich eine hinreichende Uebung in den hier vorkommenden Handgriffen erlangt hatte, stets mit der Vergiftung an, und hatte oft noch zu sorgen, dafs mir der Nerv nicht austrocknete. Gelingt der Versuch gut, d. h. trocknet der Nerv nicht zu sehr aus, bis der Tetanus eintritt, und ist dieser stark ausgepr\u00e4gt und lange anhaltend genug, so sicht man hier die Nadel einen nahe eben so heftigen negativen Ausschlag beschreiben, als bei der Erregung durch den elektrischen Strom.\n(v) Tetanisiren auf elektrischem Wege nach Ritter's Angabe.\nEndlich kann man den R\u00fcckschwung der Nadel w\u00e4hrend der Zusammenziehung auch bei dem von Ritter entdeckten Tetanus auf elektrischem Wege beobachten, welcher erst in dem Augenblick entsteht, wo ein lange Zeit in dem Nerven in aufsteigendem Sinne unterhaltener","page":57},{"file":"p0058.txt","language":"de","ocr_de":"5S o. Absohn. Kap. IV. \u00a7. III. \"J. Bedeutung des R\u00fcckschwunges\nStrom unterbrochen wird (S. oben S. 39.40). Auf eine Korkplatte kittet man, in metallischer Verbindung mit einander, einen Platin- und einen amalgamirten Zinkstreifen, breitet den Nerven dar\u00fcber, so dafs er aufsteigend durchflossen ist, und sichert seine Lage mittelst Insecten-nadeln. Die Korkplatte ihrerseits wird auf die wagerechte Cdasplatte des allgemeinen Tr\u00e4gers festgekittet, und das Ganze eine halbe bis mehrere Stunden lang (S. oben Bd. I. S. 365) in der feuchten Kammer (S. ebendas. S. 219), vor dem Austrocknen gesch\u00fctzt, liegen gelassen. Kann man erwarten, dafs die Ver\u00e4nderung des Nerven durch den Strom hinl\u00e4nglich weit gediehen ist, damit die Oeffnungszuckung in Starrkrampf ausartc, so spannt man die Glasplatte in die Klemme des Tr\u00e4gers, stellt so die Korkplatte neben die B\u00e4usche auf, legt den Gastroknemius auf dieselben auf, und hebt, wenn die Nadel zur Ruhe gekommen ist, das Hirnende des Nerven vom Platin ab, auf welchem es, w\u00e4hrend aller dieser Verrichtungen, durch die Insectennadeln festgehalten worden war. ln dem Augenblick, wo man solchergestalt die Kette \u00f6ffnet, ballt sich der Muskel zusammen, und die Nadel schl\u00e4gt durch den Nullpunkt durch; Der Einwand, dafs nun zwar von Anbeginn des Tetanus ab kein Strom mehr den Nerven durchkreise, dafs aber die negative Nadelbewegung hier von dem Aufh\u00f6ren eines im Multiplicator vorhandenen fremden Stromarmes, statt von dem Hereinbrechen eines solchen, herr\u00fchren k\u00f6nne, l\u00e4fst sich auf verschiedene Art beseitigen. Zun\u00e4chst dadurch, dafs man zeigt, dafs der absteigende Strom, welcher keinen Tetanus erzeugt, auch bei Oeffnung der Kette die Nadel in Ruhe l\u00e4fst; dann durch Aufheben des aufsteigenden Stromes selber nach k\u00fcrzerer Zeit als er braucht, um Starrkrampf zu hinterlassen, u. d. m.\n(vi) Willk\u00fcrliche Z usammenziehung.\nDen Frosch, bei der so eben unter (iv) beschriebenen Anordnung des Versuches, zu so anhaltenden willk\u00fcrlichen Zusammenziehungen zu bestimmen, wie sie nothwendig sind, um auf die Nadel wirken zu k\u00f6nnen, hat mir leider nicht gelingen wollen. Diese Art, Zusammenziehung zu erregen, ausgenommen, gl\u00fcckt es also mit H\u00fclfe aller anderen nur bekannten Methoden des Tetanisirens, den R\u00fcckschwung der Nadel w\u00e4hrend der Th\u00e4tigkeit des Muskels darzuthun, und cs zeigt sich zugleich, dafs die Gr\u00f6fse der Wirkung am Multiplicator gleichen Schritt h\u00e4lt mit der St\u00e4rke, der Stetigkeit und der Dauer der Muskelzusammenziehung Es ist demnach ersichtlich, dafs uns das Verfahren auf elektrischem Wege keine tr\u00fcgerischen Ergebnisse geliefert hat, und aus den im zweiten Paragraphen S. 35, 36 angef\u00fchrten Gr\u00fcn-","page":58},{"file":"p0059.txt","language":"de","ocr_de":"der Nadel bei der Zusammeniiehung.\n59\nden, welche jetzt doppelt eiuleuchten m\u00fcssen, werden wir daher fortfahren, uns zu unsern eigentlichen Untersuchungen desselben fast aus-schliefslich zu bedienen.\n2. Von der n\u00e4chsten Bedeutung des R\u00fcckschwunges der Nadel w\u00e4hrend der Zusammenziehung.\nNach Beseitigung dieses Verdachtes wollen wir nun erst die Erscheinung selber etwas n\u00e4her ins Auge fassen. Es ist schon bemerkt worden, dafs die Nadel, so wie irgend nur der Tetanus kr\u00e4ftig ausf\u00e4llt, also z. B. beim elektrischen Tetanus stets, in dem negativen Quadranten ihre urspr\u00fcngliche feste Stellung in dem positiven Viertelkreise \u00fcberschreitet. Sie geht z. B. in dem ersten Ausschlage von + 15\u00b0 auf \u2014 45\u00b0, von + 8\u00b0 auf \u2014 35\u00b0 u. s. w. Hieraus scheint unmittelbar zu folgen, dafs, w\u00e4hrend der ersten Augenblicke des Tetanus, in dem Multiplicatorkreise ein Strom von umgekehrter Richtung zugegen sein mufs, wie der gew\u00f6hnliche Muskelstrom.\nAuf folgende Weise gelingt es, diesen umgekehrten Strom ganz rein zu zeigen. Es ist dazu nur n\u00f6tliig, eine solche Vorkehrung zu treffen, dafs der Multiplicator nach bereits begonnenem Tetanus pl\u00f6tzlich in den Kreis der Muskelkette aufgenommen werden kann. Dies geschieht am besten mit H\u00fclfe eines Pouifschen Stromwenders, dessen Kreuz jedoch nicht ausgenommen sein darf, und zwar, mit Beibehaltung der oben Bd. I. S. 426 eingef\u00fchrten Bezeichnungsweise, indem man die beiden Multiplicatorenden mit den Gef\u00e4fsen A und B, die beiden Enden der Muskelkette mit den Gef\u00e4fsen A und a verbindet, w\u00e4hrend die Wippe die Lage 1 hat. Der Muskel wird auf elektrischem Wege teta-nisirt; wenige Secunden, nachdem man das Unterbrechungsrad zu drehen angefangen hat, legt man die Wippe um; der Strom nimmt seinen Weg durch A, den Multiplicator, B, den einen der gekreuzten Dr\u00e4hte, a, u, und durch die Muskelkette nach A zur\u00fcck. Die Nadel verl\u00e4fst, sowie die Wippe umgelegt worden ist, den Nullpunkt, aber in entgegengesetzter Richtung wie gew\u00f6hnlich, d. h. der Strom ist statt aufsteigend, absteigend in dem Gastroknemius.\nHieraus darf jedoch noch nicht geschlossen werden, dafs der Muskelstrom w\u00e4hrend der Zusammenziehung seine Richtung verkehrt. Die durch den Muskclstrom entwickelten Ladungen werfen die Nadel, nach Entfernung des Muskels und Schliefsung durch den dazu bestimmten Bausch, unfehlbar an die Hemmung; vollends w\u00fcrden sie dieses thun, wenn sie im Verein mit dem umgekehrten Muskelstrome wirkten, wie man dies beim Umlegen des Gastroknemius auf den B\u00e4uschen erf\u00e4hrt.","page":59},{"file":"p0060.txt","language":"de","ocr_de":"60\t3. Abschn. Kap. IV. \u00a7. III. Bedeutung des Riiclischmunges\nDa nun der negative Ausschlag im Beginn des Telanisirens selten 50\u00b0 \u00fcbersteigt, so ist deutlich, dafs es sich hier um nichts als um ein theil-vveises Verschwinden des gew\u00f6hnlichen Muskelstromcs handeln kann, und dafs der verkehrte Strom, von dem so eben die Rede war, allein dem dabei in Freiheit gesetzten Theile der Ladungen zugeschrieben werden mufs.\nImmerhin kann dieses Verschwinden eines Theils des urspr\u00fcnglichen Stromes zun\u00e4chst einem in dem Muskel absteigenden Strome zugeschrieben werden, der den aufsteigenden Strom des Gastroknemius zum Thcil eompensirt; diese Vorstellungsweise wird sp\u00e4ter Gegenstand der Pr\u00fcfung werden. Hier handelt es sich um den Beweis, dafs im Tetanus der Muskelstrom nicht wirklich Null wird oder gar sein Zeichen \u00e4ndert ; ist dies nicht der Fall, so mufs es m\u00f6glich sein, dadurch einen Ausschlag in dem gew\u00f6hnlichen Sinne von dem Gastroknemius innerhalb der ersten Secunden des Tetanisirens zu erhalten, dafs man die Entwickelung von Ladungen auf den Plalinenden hindert. Dies geschieht leicht in der Art, dafs man die, Kette \u00fcberhaupt erst nach dem Beginne des Tetanus schliefst. In roher Weise haben wir unabsichtlich diesen Versuch bereits oben S. 56 an dem mit Strychnin vergifteten Frosche angestellt, dessen Muskelk\u00f6rper wir, w\u00e4hrend des ersten Krampfanfalles, auf die Zuleitungsgef\u00e4fse auflegten. Man erinnert sich, dafs zwar ein merklich geringerer Ausschlag erfolgte, als wenn der Frosch, nicht te-tanisirt, ebenso aufgelegt wird, allein dieser Ausschlag behauptete doch stets die gew\u00f6hnliche aufsteigende Richtung des Froschstromes. Viel zweckm\u00e4fsiger l\u00e4fst sich derselbe Versuch an einem Gastroknemius anstellen, den man auf die gew\u00f6hnliche Weise, aber bei offener Kette, in Tetanus versetzt und die Kette gleich darauf durch den Multiplicator an irgend einer Stelle in Ouecksilber schliefst. Alsdann sieht man einen Ausschlag in dem gew\u00f6hnlichen Sinne des Muskelstromes erfolgen, obwohl merklich schw\u00e4cher, als wenn w\u00e4hrend der Erschlaffung geschlossen wird. Ich erhielt z. B. nur 12\u00b0; 28\u00b0; 30\u00b0 von Muskeln w\u00e4hrend des Tetanus, die vorher 19\u00b0; 35\u00b0; 50\u00b0 gegeben batten. Die absolut geringe Gr\u00f6fse dieser Werthe r\u00fchrt davon her, dafs diese Versuche zu einer Zeit angestellt wurden, wo ich meinen Vorrichtungen noch nicht den Grad von Vollkommenheit crtheilt hatte, den sie jetzt besitzen.\nWenn man den Versuch so ab\u00e4ndert, dafs man die Kette anfangs mit Ausschlufs des Multiplicators, allein abermals erst nach Beginn des Tetanisirens, schliefst, und, nachdem dieses einige Zeit gedauert hat, die strompr\u00fcfende Vorrichtung in dieselbe aufnimmt, so ist die Wirkung noch viel schw\u00e4cher als bei der ersten Form, weil der Muskelstrom Zeit gefunden hat, Ladungen auf den Platinenden zu entwickeln. Oeffnet","page":60},{"file":"p0061.txt","language":"de","ocr_de":"der Nadel lei der Zusammenziehung.\n61\nman, anstatt den Multiplicator einzuschalten, die Kette wieder durch Entfernen des Muskels, ersetzt diesen durch den Schliefsungsbausch, und schliefst jetzt durch den Multiplicator, so erh\u00e4lt man den reinen Ausschlag der Ladungen, die der Muskel w\u00e4hrend des Tetanisirens im Kreise entwickelt hat. Dieser Ausschlag geschieht, wiewohl schw\u00e4cher, in demselben Sinne, als wenn der Muskel untetanisirt im Kreise befindlich gewesen w\u00e4re; auch so gewinnt man daher die Ueherzeugung, dafs, w\u00e4hrend des Tetanus, der gr\u00f6fste Theil des gew\u00f6hnlichen Muskelstromes noch vorhanden ist, und dafs also der negative Ausschlag in den ersten Augenblicken des Tetanus dem jetzigen Anscheine nach unbedingt von nichts herr\u00fchrt, als von einem durch die Abnahme des Muskelstromes in Freiheit gesetzten Theile der Ladungen.\nDas Zustandekommen dieses augenblicklichen Sieges der Ladungen durch eine Abnahme des urspr\u00fcnglichen Stromes hat man sich, fr\u00fcheren Er\u00f6rterungen gem\u00e4fs (S. oben Bd. I. S. 236), folgendermafsen vorzustellen. Ein jeder Strom vermag nur eine Polarisation von einer gewissen St\u00e4rke zu erzeugen und zu erhalten. Sinkt mithin pl\u00f6tzlich die elektromotorische Kraft des prim\u00e4ren Stromes, so entspricht ihr nur noch eine geringere Gr\u00f6fse der Ladungen; ein Theil derselben kann sich, hei einer gewissen Gr\u00f6fse der Schwankung, folglich in Freiheit gesetzt finden und sich mit der nicht mehr v\u00f6llig aufgewogenen Erdkraft zu einer Wirkung auf die Nadel verbinden, welche diese in dem negativen Quadranten weit \u00fcber ihre Gleichgewichtslage in dem positiven Viertelkreise hinauszuf\u00fchren vermag. Nehmen wir an, wir h\u00e4tten es, statt mit einem thierischcn Erreger, mit einer einfachen Kette zu thun, deren elektromotorische Kraft k heifse, so sind die Zersetzungs-stoife, auf deren Wechselwirkung der Strom der Ladungen beruht, stets nur mit einer Kraft k \u2014 d auseinandergehalten zu denken. Sinkt dann k pl\u00f6tzlich unter k \u2014 d, etwa auf den Werth k \u2014 d \u2014 d', so mufs also ein Differentialstrom im Sinne der Ladungen zur Erscheinung kommen, dessen elektromotorische Kraft im ersten Augenblicke\n[- \u00a3 + d] + [\u00c6 - d - d'] = - d'\nist. Allein mit dem Erscheinen dieses Stromes verbunden ist auch ein rasches Sinken der Kraft desselben, und zwar erfolgt dieses Sinken wieder bis zu einem Punkte, der unterhalb der zeitigen Stromeskraft der Kette liegt. Es sei dieser Punkt k \u2014 d \u2014 d' \u2014 d\", so wird also schliefslich die Resultante\n[- k + d + d' + d\"] + [k - d - d'] = d\";\ndie Wirkungsrichtung ist also jetzt wieder positiv geworden^ oder die Gleichgewichtslage der Nadel, um welche dieselbe schwingt, und die .zuerst und fast augenblicklich durch den Nullpunkt in den negativen,","page":61},{"file":"p0062.txt","language":"de","ocr_de":"62\t5. Abschi. Kap. 1V. \u00a7. 111. 3. Die Stromabnahne im Tetanus\nden den Ladungen entsprechenden Viertelkreis verlegt war, kehrt jetzt allm\u00e4lig auf demselben Wege wieder in den positiven Quadranten zur\u00fcck.\nDiese R\u00fcckkehr der Nadel l\u00e4fst sich begreiflich nicht an dem Muskel in der Weise beobachten, dafs man die feste Stellung abwartet, welche die Nadel w\u00e4hrend des Tetanus annehmen mag; denn der Tetanus h\u00f6rt viel fr\u00fcher auf, als die Nadel irgend zur Ruhe kommen kann (S. oben S. 48). Aus demselben Grunde der geringen Dauer der Zusammenziehung schwebt auch eine gewisse Unsicherheit \u00fcber dem Ergebnisse des folgenden Versuches. Man tetanisirt den Gastroknemius wie gew\u00f6hnlich auf elektrischem Wege, bei geschlossener Kette, welche aber nicht den Multiplicator enth\u00e4lt. Nachdem der Tetanus schon geraume Zeit gedauert hat, nimmt man erst die strompr\u00fcfende Vorrichtung in den Kreis auf. Oben stellten wir gerade den n\u00e4mlichen Versuch mit dem Unterschied an, dafs wir sogleich nach begonnenem Tetanus den Multiplicator einschalteten: alsdann erfolgte ein negativer Ausschlag der Nadel. Jetzt hingegen erh\u00e4lt man einen positiven Ausschlag; die Unsicherheit liegt aber darin, dafs man nicht mit Gewifs-heit weifs, ob die R\u00fcckkehr der Gleichgewichtslage in den positiven Quadranten, welche sich auf diese Weise kundgiebt, von dem Sinken des Differentialstromes in dem Sinne der Ladungen, oder davon herr\u00fchrt, dafs der Tetanus bereits nicht mehr die geh\u00f6rige St\u00e4rke hat. Es giebt indefs Uebergangsf\u00e4lle zwischen beiden Arten, den Versuch anzustellen, wo man ein in der Mitte liegendes unzweideutiges Ergebnifs insofern wahrnimmt, als man die Gleichgewichtslage der Nadel, um welche dieselbe schwingt, gleichsam auf dem Punkt ertappt, durch den Nullpunkt in den positiven Quadranten zur\u00fcckzukehren. Alsdann sieht man bei Aufnahme des Multiplicators in den Kreis des Muskels, der zwar bereits seit einiger Zeit im Tetanus begriffen ist, jedoch noch nicht so lange, wie in der letztbeschriebenen Form des Versuchs, die Nadel auf dem Nullpunkte, wie unentschlossen, Stillstehen, und endlich sich f\u00fcr eine tr\u00e4ge Bewegung in dem Sinne des Muskelstromes entscheiden; oder sie zuckt in der Richtung der Ladungen hin, kommt aber alsbald in den positiven Quadranten zur\u00fcck.\n3. Die Abnahme des Muskelstromes w\u00e4hrend der Zusamnien-ziehung r\u00fchrt nicht von einer zuf\u00e4lligen Vergr\u00fcfserung des Widerstandes des Multiplicatorkreises her.\nNachdem gezeigt worden ist, dafs der R\u00fcckschwung der Nadel w\u00e4hrend der Zusammenziehung nicht von dem Hereinbrechen des erregenden Stromes in den Multiplicatorkreis herr\u00fchrt, dafs er vielmehr","page":62},{"file":"p0063.txt","language":"de","ocr_de":"beruht nicht auf Widerslantlsvergr\u00fcfserung des DlultipUcalorlreises. 63\neiner Ver\u00e4nderung des Muskelstromes selbst im negativen Sinne zugeschrieben werden mufs, und dafs diese Ver\u00e4nderung, trotz dem Anschein, den es im ersten Augenblicke haben konnte, nach der jetzigen Sachlage sich nicht \u00fcber die Abscissenaxe erstreckt, sondern auf eine blofse Abnahme des Stromes hinausl\u00e4uft, nimmt die Untersuchung folgende Wendung. Es bedarf keiner Er\u00f6rterung, dafs die ganze Bedeutung der Erscheinung an die Frage gekn\u00fcpft ist, ob wir es hier mit einer Schwankung der Summe der im Muskel wirksamen Spannungen, oder mit einer Widerstandsver\u00e4nderung zu thun haben. Das Letztere w\u00fcrde so gut wie ohne alles tiefere Interesse sein. Da der Muskel bei der Zusammenziehung seine Gestalt, seine Lage und unstreitig seine inneren Coh\u00e4sionsverh\u00e4ltnisse ver\u00e4ndert, so sieht man, dafs eine solche Muth-mafsung keinesweges aufser dem Bereiche der M\u00f6glichkeit liegt. Es bandelt sich also jetzt darum, nacheinander f\u00fcr alle Schwankungen der Art, deren Einflufs hier zu besorgen sein kann, wo m\u00f6glich den that-s\u00e4chlichen Nachweis zu f\u00fchren, dafs sie bei dem gewonnenen Ergebnisse nicht, oder in keinem f\u00fchlbaren Mafse betheiligt sind.\nDer erste Umstand, der Ber\u00fccksichtigung in diesem Sinne erfordert, ist eine m\u00f6glicherweise die Zusammenziehung begleitende Vergr\u00f6fserung des Widerstandes des Multiplicatorkreises. Diese k\u00f6nnte man herleitcn wollen aus der Lagever\u00e4nderung des Muskels auf den B\u00e4uschen, aus Discontinuirlichkeit seiner Ber\u00fchrung mit denselben u. s. w. W\u00e4re der Muskel als einfacher Erreger, nach dem Bilde der Ketten und S\u00e4ulen, zu betrachten, so w\u00fcrde diese Verd\u00e4chtigung sich schon durch die einfache Wahrnehmung widerlegt finden, dafs der negative Ausschlag bei der Zusammenziehung h\u00e4ufig die urspr\u00fcngliche Gleichgewichtslage in dem positiven Viertclkreise \u00fcberschreitet (S. oben Bd. I. S. 239. ff. und am Schl\u00fcsse des Bandes). Nach den Vorstellungen aber \u00fcber den Bau der thierischcn Erreger, welche im dritten Kapitel eingef\u00fchrt wurden, wagen wir es, wie man sieb erinnert, vor der Hand nicht mehr, diese Beweisf\u00fchrung f\u00fcr ausreichend zu halten. Schlagend l\u00e4fst sich die fragliche Ansicht hingegen durch Anwendung des Verfahrens der Compensation mit Ber\u00fccksichtigung des ebendaselbst empfohlenen Kunstgriffes beseitigen, den zu erforschenden Einflufs erst auf den einen, dann auf den andern Erreger einwirken zu lassen. Eine und dieselbe Ver\u00e4nderung des Widerstandes wird auch immer nur in einer und derselben Richtung einen Ausschlag hervorbringen k\u00f6nnen; wechselt daher mit dem Erreger, auf den man die ver\u00e4ndernde Bedingung einwirken l\u00e4fst, der Sinn der Nadelbewegung, so kann man sicher sein, dafs sie von keiner Schwankung des Widerstandes im Kreise herr\u00fchrt.\nZwischen den B\u00e4uschen wird, in hergebrachter Weise, ein Zwi\u00bb","page":63},{"file":"p0064.txt","language":"de","ocr_de":"G4 o. Absclin. Kap. IV. \u00a7.111.4. Die Stromabnahme im Tetanus\nschenbausch aufgestellt, und eine jede L\u00fccke mit einem Gastroknemius \u00fcberbr\u00fcckt, dem sein Nervenstamm, bis an die Wirbels\u00e4ule bin, erhalten ist. Das Gleichgewicht wird m\u00f6glichst vollkommen eingerichtet; die Nerven sind, um sie vor dem Vertrocknen zu sch\u00fctzen, auf die Muskeln zusammengefaltet hinzulegen. Die Plalinenden werden bald dem einen, bald dem anderen Muskel gegen\u00fcber aufgestellt, und der Nerv des entsprechenden Muskels \u00fcber dieselben hingebreitet. Der Erfolg ist unab\u00e4nderlich der n\u00e4mliche: so wie das Rad in Bewegung gesetzt wird, erfolgt ein Ausschlag in dem Sinne des ruhenden Muskels, gleichviel ob das Gleichgewicht f\u00fcr den angewandten Multiplicator vollkommen war oder ob, im anderen Falle, der st\u00e4rkere oder der schw\u00e4chere Muskel zur Zusammenziehung gereizt wurde. Des gr\u00fcfseren GcsammtWiderstandes halber sind zwar die Wirkungen im Ganzen weniger lebhaft, als bei den fr\u00fcheren Arten, den Versuch anzustellen; allein auch bei sehr unvollkommener Compensation wird man doch stets beim Tetani-siren des st\u00e4rkeren Muskels die Nadel in dem negativen Quadranten ihre Gleichgewichtsstellung in dem positiven um Vieles \u00fcberschreiten sehen. Man kann hier alle fr\u00fcheren Ab\u00e4nderungen, in Betreff des nachmaligen Schliefsens der Kette oder Einf\u00fchrens des Multiplicators in dieselbe, mit dem n\u00e4mlichen Erfolge wiederholen. Auch hier findet bald R\u00fcckkehr der Gleichgewichtslage der Nadel, um welche dieselbe schwingt, in den urspr\u00fcnglichen Quadranten statt, und es waltet in R\u00fccksicht auf die Ursache derselben die n\u00e4mliche Unjrewifsheit ob, da der Tetanus ebenso fr\u00fch an St\u00e4rke verliert, und der Strom des ruhenden Muskels, so wie er, durch Tetanisiren seines Widerpartes, theilweise in Freiheit gesetzt ist, Ladungen entwickelt, durch die er ebenso schnell geschw\u00e4cht wird, als der Differentialstrom der Ladungen in den vorigen Versuchen durch die Depolarisation. Man kann ferner auch, statt zwei L\u00fccken, nur eine L\u00fccke mit zwei entgegengesetzt gerichteten Gastrokne-mien \u00fcberbr\u00fcckcn, und auch so gelingen noch alle die mannigfaltigen Formen desselben Versuchs.\nDanach ist es unm\u00f6glich, jenem Verdacht noch l\u00e4nger Gewicht beilegen zu wollen, von dessen Begr\u00fcndung in der Wirklichkeit man sich auch schwer eine Vorstellung h\u00e4tte machen k\u00f6nnen. Denn es ist nicht einzusehen, warum nicht ebensogut einmal eine Verminderung des Widerstandes im Kreise die Folge der Zusammenziehung sein sollte, w\u00e4hrend doch die entsprechenden Wirkungen niemals wahrgenommen werden. Ebensowenig begreift man, woher alsdann die geringere St\u00e4rke des Stromes des Gesammtfrosches w\u00e4hrend des Tetanus nach Strychninvergiftung r\u00fchren sollte, dessen Auflegen sich, mit einiger Gewalt, doch v\u00f6llig wie beim erschlafften Thier bewerkstelligen l\u00fcfst. Zum","page":64},{"file":"p0065.txt","language":"de","ocr_de":"beruht nicht auf Lagever\u00e4nderung des Mushels auf den B\u00e4uschen. 65\nUeberflusse werden sich uns \u00fcbrigens noch sp\u00e4ter mehrere sichere Widerlegungen derselben Vermuthung an die Hand geben.\n4. Die Abnahme des Muskelstromes w\u00e4hrend der Zusammenziehung r\u00fchrt nicht von der Lagever\u00e4nderung des Muskels auf den B\u00e4uschen her.\nWir wissen nunmehr mit Sicherheit folgendes: Der Muskelstromarm im Multiplicatorkreise nimmt w\u00e4hrend der Zusammenziehung an Gr\u00f6fse ah, und diese Abnahme ist nicht die Folge einer Vermehrung des Widerstandes des Multiplicatorkreises. Es fragt sich jedoch noch, und vor Allem, ob nicht die Stromabnahme Folge einer Ver\u00e4nderung der Ableitung durch die Lagever\u00e4nderung des Muskels auf den B\u00e4uschen sein m\u00f6ge. Man erinnert sich, wie schwer es ist, beim Compensiren zweier Muskeln den Punkt auch nur ungef\u00e4hren Gleichgewichtes f\u00fcr Vorrichtungen von der Empfindlichkeit der mehligen zu treffen, und eine wie kleine Verschiebung dazu geh\u00f6rt, um ihn wieder einzub\u00fcfsen, nachdem man ihn gefunden hatte (S. oben Bd. I. S. 247. 248). Freilich sieht man auch hier nicht recht ein, weshalb nicht auch einmal Ver-gr\u00f6fserung des abgeleiteten Muskelstromarmes die Folge der Verr\u00fcckung sein sollte, und woher, wenn diese Vermuthung richtig w\u00e4re, die geringere Gr\u00f6fse des Stromes des in die Zuleitungsgef\u00e4fse eingetauchten tetanischen Gesammtfrosches herr\u00fchren m\u00f6ge; trotzdem ist dies eine Schwierigkeit, \u00fcber die wir nicht leichten Fufses hinwegsteigen d\u00fcrfen. Das Verfahren der Entgegensetzung ist diesmal ganz unverm\u00f6gend, dieselbe zu entfernen. Es bleibt vielmehr zu diesem Behuf nichts \u00fcbrig, als folgendes, auf den ersten Blick etwas seltsame Mittel, welches uns aber gute Dienste leisten wird.\nMan sieht ein, dafs, wenn es gel\u00e4nge, einen Muskel durch mechanischen Zwang so unbeweglich zu machen, dafs er bei der Zusammenziehung seine Gestalt gar nicht ver\u00e4ndern k\u00f6nnte, und wenn es dabei m\u00f6glich w\u00e4re, nach wie vor den Strom eines solchen Muskels zu untersuchen, wir sofort in der gew\u00fcnschten Hinsicht sicher gestellt sein w\u00fcrden.\nDie erstcre Bedingung vermag man, wie mich einige Vorversuche lehrten, dadurch ins Werk zu setzen, dafs man den Muskel mit seinen beiden Sehnen an zwei Punkte befestigt, deren Entfernung von einander nach Willk\u00fcr vergr\u00f6fsert werden kann ; wird dieser Abstand immer gr\u00f6fser gew\u00e4hlt, so nimmt die Gestaltver\u00e4nderung fortw\u00e4hrend ah und man erreicht endlich ein Mafs desselben, bei welchem der gereizte Muskel v\u00f6llig unbeweglich erscheint. Dieser Zustand ist offenbar nur grad-II.\t\u201c\t5","page":65},{"file":"p0066.txt","language":"de","ocr_de":"66\t3. Abschn. Kap. IV. \u00a7.111.4. Die Stromabnahme im Tetanus\nweise und nur wenig von demjenigen unterschieden, der im gemeinen Leben h\u00e4ufig beim Anstrengen zur Bewegung iiberm\u00e4fsiger Lasten, beim Steifen des gestreckten Armes u. d. m. vorkommt, und schon hienach war nicht daran zu zweifeln, dafs in dem aufs \u00e4ufserste gespannten Muskel bei der Reizung noch stets dieselbe innere Ver\u00e4nderung vor sich gebt, welche bei freier Beweglichkeit wirklich Zusammenziehung bedingt haben w\u00fcrde, unter diesen Umst\u00e4nden jedoch keinen andern Erfolg mit sich bringt, als den vermehrter Spannung, erh\u00f6hten Widerstandes gegen die dehnende Gewalt. Dafs dies in der That der Fall sei, wird aber die Erfahrung noch fernerhin herausstellen.\nWas die mechanische Zergliederung des Vorganges betrifft, wodurch ein Muskel solchergestalt unbeweglich gemacht wird, so l\u00e4fst sie sich, bei dem jetzigen Stande unserer Kenntnisse, nicht wohl mit aller Sicherheit durchf\u00fchren. Sobald die Entfernung der beiden festen Punkte, zwischen denen der Muskel ausgespannt ist, der nat\u00fcrlichen L\u00e4nge des Muskels + der seiner Sehnen gleichkommt oder sie \u00fcbertrifft, kann die Verk\u00fcrzung des ersteren nur noch auf Kosten einer Verl\u00e4ngerung letzterer vor sich gehen. Diese Verl\u00e4ngerung ist, da die Sehnen nur wenig dehnbar sind, von Anfang an klein, und man kann sich daher vorstellen, dafs die Gestaltver\u00e4nderung des Muskels zuletzt deshalb unmerklich erscheint, weil dieser selbst, beim Ausspannen, betr\u00e4chtlich verl\u00e4ngert wird und somit die Verk\u00fcrzung, welche er sich durch ferneres Ausdehnen der Sehnen bei der Zusammenziehung erzwingt, auch wenn sie von best\u00e4ndiger Gr\u00f6fse w\u00e4re, einen immer kleineren Bruch-tbeil seiner L\u00e4nge betr\u00e4gt. Allein es w\u00e4re m\u00f6glich, dafs auch jene Verk\u00fcrzung um so geringer w\u00fcrde, einer je betr\u00e4chtlicheren Dehnung die Sehnen bereits ausgesetzt sind. Dafs wenigstens die elastischen Verl\u00e4ngerungen (\u00bballongements \u00e9lastiques\u00ab) der frischen Weichtheile des thierischen K\u00f6rpers, auf die dehnenden Kr\u00e4fte bezogen, d'cm von Robert JIooke 1 und s\u2019Gravesande 2 f\u00fcr die festen K\u00f6rper aufgestellten linearen Gesetze nicht folgen, hat Wertheim 3 neuerdings gezeigt, nach desse n Untersuchungen dieses Gesetz hier vielmehr ein hyperbolisches, und bei betr\u00e4chtlichen Dehnungen, insbesondere der Gef\u00e4fsw\u00e4nde, so beschaffen sein w\u00fcrde, dafs die elastischen Verl\u00e4ngerungen in viel geringerem Mafse wachsen als die dehnenden Kr\u00e4fte. Hieraus l\u00e4fst sich aber, f\u00fcr unseren Fall, nichts bestimmtes entnehmen, weil bei demselben gewifs auch\n1 Thomas Birch, the History of the Royal Society of London etc. Vol. III. London 1757. 4\u00bb. p. 430.* (August 22, 1678).\n* Physices Element\u00bb mathematica, Experiment\u00ab confirm\u00e2t\u00bb etc, Ed. III. Leiilae 1742. 4\u00bb. t. I. P. 377.*\n3 Comptes rendus etc. 28 D\u00e9cembre 1846. t. XXIII. p. 1151.*","page":66},{"file":"p0067.txt","language":"de","ocr_de":"beruht nicht auf Lagever\u00e4nderung des Muskels auf den B\u00e4uschen. \u00df7\ndie bleibenden Verl\u00e4ngerungen (\u00bballongements permanents\u00ab) ins Spiel kommen, deren entsprechendes Gesetz noch nicht klar erhellt. Endlich erleidet, wovon sogleich mehr die Rede sein wird, die Kraft der Zusammenziehung selber durch die Dehnung, wenn auch vielleicht nicht im ersten Augenblicke, doch nach einiger Dauer derselben, eine Abnahme.\nWie dem auch sei, das Mittel, die Gestaltver\u00e4nderung des Muskels w\u00e4hrend seiner Th\u00e4tigkeit zu verh\u00fcten, schien gefunden und es handelte sich nur noch darum, es ftir unseren Zweck tauglich zu machen. Nach einigem Tasten gelangte ich zuletzt auf folgende Weise zum Ziele. Der Versuch mufste abermals an dem Gastroknemius des Frosches angestellt werden. Auf ihn ist also die kleine Vorrichtung, die ich nun beschreiben werde, wie sie Hr. Kleiner nach meiner Angabe ausgef\u00fchrt hat, ihrer Gestalt und Gr\u00f6fse nach berechnet. S. Fig. 86. Taf. I.\nMittelst eines wagerechten Armes und eines Kugelgelenkes, welche den oben Bd. I. S. 449. 450 beschriebenen, ebendas. Fig. 19. Taf. 111. abgebildeten, genau entsprechen, tr\u00e4gt der allgemeine Tr\u00e4ger einen Messingklotz, in den eine runde Stange von 53\"\"\" L\u00e4nge und 5mra Durchmesser eingelassen ist, an welcher ein dem ersten \u00e4hnlicher Klotz hin und her verschoben und durch eine Klemmschraube an jeder beliebigen Steile festgeklemmt werden kann. An das freie Ende eines jeden der beiden Kl\u00f6tze ist eine Elfenbeinplatte angeschraubt, welche bei 8mm.6 Breite und 3mm St\u00e4rke 12mm \u00fcber den untern Rand des Klotzes hervorragt, ln jeder dieser Platten findet sich ciii nach ihrem freien Ende zu offener, 7mm langer, 1\"\u201d\" breiter Spalt. An der nach Aufseu gekehrten Fl\u00e4che der einen Platte (S. Fig. 87 A,Ah Taf. I.) ist ferner eine H\u00f6hlung in Gestalt eines flachen Kugelsegmentes von 7'\"m Durchmesser und lmm.3 H\u00f6he, ausgedreht, an deren oberen Umfang der Spalt bis zu lml\u201d Abstand hinanreicht. An der entsprechenden Fl\u00e4che der anderen Platte (S. Fig. 87 B,B' ebendas.) l\u00e4uft eine gleich grofse und in derselben H\u00f6he angebrachte H\u00f6hlung dagegen nach dem freien Ende der Platte zu in Form einer Rinne aus, so dafs dieses Ende dadurch im Grundrisse von unten gesehen die in Fig. 87 B' abgebildete Gestalt darbietet. Die Platten sind mit einer L\u00f6sung von Copalharz in Aether gefirnifst.\nDer Gebrauch der Vorrichtung ist sehr einfach. Der Gastroknemius eines starken Frosches wird so zugerichtet, dafs an dem oberen Ende das St\u00fcck Oberschenkelknochen, woran er sich heftet, nebst allen B\u00e4ndern des Kniegelenkes und dem oberen Ende des Unterschenkel-knochens, an dem unteren Ende ein ganzes St\u00fcck des Mittelfufses erhalten bleiben. Burch den Spalt der Platte Fig. 87 A,A' wird die schlanke Achillessehne, durch den der Platte Fig. 87 B,B' die \u00e4ufserst\n5 *","page":67},{"file":"p0068.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dfS 3. Absclm. Kap. IV. \u00a7. III. 4. Die Stromabnahme im Tetanus\nkurze Sehne gelegt, welche tien Muskelbauch mit dem oberen Knochen-stiick verbindet (Vergl. Fig. 86 und 88. Taf. I.). Die K\u00fcrze der oberen Sehne ist der Grund, weshalb die zum Empfang des Knochenst\u00fcckes bestimmte H\u00f6hlung an der einen Platte die Gestalt einer bis zum Ende hin gleichf\u00f6rmig auslaufenden Rinne hat erhalten m\u00fcssen. Es w\u00fcrde nicht m\u00f6glich gewesen sein, diese Sehne durch einen Spalt von den Fig. 87 A,A' abgebildeten Verh\u00e4ltnissen ohne Quetschung des Muskelbauches und des dicht an der Sehne sich einsenkenden Nerven hindurchzuzw\u00e4ngen. Liegen die Knochenst\u00fccke in den entsprechenden H\u00f6hlungen an der \u00e4ufseren Fl\u00e4che der Platten fest, so l\u00e4fst sich dem Muskel durch Verschiebung des stellbaren Klotzes l\u00e4ngs der Messingstange nach Belieben jeder Grad von Spannung bis zur Zerreifsung \u00f6rtlichen, Dies geschieht am besten, indem man den Daumen auf das Ende der Messingstange setzt, Zeige- und Mittelfinger zu beiden Seiten der Stange jenseits des beweglichen Klotzes anbringt, und die Finger einander n\u00e4hert: gleichzeitig pr\u00fcft man mit der anderen Hand die wachsende Spannung des Muskels. Soll dieser im gedehnten Zustande zur Zusarn-ziehung gereizt werden k\u00f6nnen, so versteht es sich von selbst, dafs der Nervenstamm desselben\u2019 geschont werden mufs. Ich brauche nicht zu erinnern, dafs der Nerv nicht mit durch den Spalt, in dem die obere Sehne liegt, gef\u00fchrt werden darf, wo er beim Dehnen unfehlbar eine t\u00f6dtliche Quetschung erleiden w\u00fcrde; man hat ihn daher, w\u00e4hrend des Einbringens der Sehne und des Ausspannens, abw\u00e4rts gebogen um den Muskel zu schlingen oder zusammengefaltet auf ihn hinzulegen. Das Kugelgelenk und der allgemeine Tr\u00e4ger dienen dazu, den gestreckten Muskel in Ber\u00fchrung mit den B\u00e4uschen bequem und sicher aufzustellen. Hiezu ist jedoch nothwendig, die B\u00e4usche selbst mittelst abgestumpft dreiseitig prismatischer, eine Kante nach oben kehrender H\u00fclfsb\u00e4uschc in der Fig. 86 dargestellten Weise zu erh\u00f6hen, um n\u00e4mlich unterhalb der Elfenbeinplatten fort dem nat\u00fcrlichen L\u00e4ngs- und Querschnitt des Muskels beikommen zu k\u00f6nnen. Behufs des Tetanisirens des Muskels wird am allgemeinen Tr\u00e4ger aufserdem noch die stromzuf\u00fchrende Vorrichtung auf entsprechende, durch die jedesmalige Anordnung n\u00e4her zu bestimmende Weise angebracht.\nDie Erscheinungen zuv\u00f6rderst, welche man beim Spannen des Muskels, beim Reizen des gespannten zur Zusammenziehung und bei l\u00e4ngerer Dauer der Ausdehnung wahrnimmt, sind folgende.\nEs geh\u00f6rt eine ziemlich grofse Kraft dazu, fast die volle Kraft der Muskeln, welche den Daumen dem Zeige- und Mittelfinger n\u00e4hern, um den Gastroknemius eines grofsen und lebhaften Frosches so zu spannen, dafs er bei der Zusammenziehung gar keine Gestaltver\u00e4nde-","page":68},{"file":"p0069.txt","language":"de","ocr_de":"beruht nicht auf Lagever\u00e4nclerung des Musltds auf den B\u00e4uschen.\nrung mehr zeigt. Unter dem Mikroskope, hei auffallendem Lichte und 85maliger Vergr\u00f6fserung, hleiht selbst bei der \u00e4ufsersteu Spannung, wenn der Muskel dem Zerreilsen nahe ist, stets noch eine leise Verschiebung zur\u00fcck. Er f\u00fchlt sich alsdann wie eine blofsgelegte gespannte Sehne an; es ist nicht mehr m\u00f6glich, durchs Gef\u00fchl eine Vermehrung seiner Festigkeit im Augenblicke der Zusammenziehung wahrzunehmen, weil er bereits ohnedies jeder ferneren Zusammendr\u00fcckung einen betr\u00e4chtlichen Widerstand darbietet.\nSpannt man den Muskel \u00fcber das Mafs seiner Haltbarkeit an, so erfolgt endlich Zerreifsung, sei\u2019s der Sehne am Tarsus, sei's der Muskelfasern selbst in der Gegend des Bauches, sei\u2019s Trennung der letzteren von der Sehne am oberen Ende; die entsprechende Trennung von der Ausbreitung der Achillessehne habe ich nicht beobachtet. Mit einem zerrissenen Muskel darf aus verschiedenen Gr\u00fcnden nicht gearbeitet werden. Erstens wegen des k\u00fcnstlichen Querschnittes, der dann an einzelnen Stellen ungeh\u00f6riger Weise zum Vorschein kommt; dann weil die Spannung durch die Zerreifsung vermindert ist und ohne g\u00e4nzliche Zerst\u00f6rung nicht erneuert werden kann; weil man unsicher ist, ob diese schwere Verletzung nicht die F\u00e4higkeit zur Zusammenziehung bedeutend beeintr\u00e4chtigt hat; endlich weil, wie es mir einigemal hat scheinen wollen, der Strom durch die voraufgehende \u00fcberm\u00e4fsige Dehnung eine betr\u00e4chtliche dauernde Schw\u00e4chung erleidet.\n1st ein Muskel l\u00e4ngere Zeit hindurch, eine halbe bis zu einer ganzen Stunde, ausgespannt gewesen, so findet man ihn an der Oberfl\u00e4che wie bethaut mit grofsen Tropfen einer schwach gelblich gef\u00e4rbten, klaren, nicht fadenziehenden, auf Lackmus kaum merklich alkalisch reagi-renden Fl\u00fcssigkeit, welche unter dem Mikroskop einzelne Blutzellen zeigt, auf dem Objcc\u00fcr\u00e4ger erhitzt sich tr\u00fcbt und baumf\u00f6rmige mikroskopische Zeichnungen hinterl\u00e4fst. Ich weifs nicht, ob diese Fl\u00fcssigkeit Blutwasser ist, welches durch die mit der Ausdehnung des Muskels nothwendig gleichen Schritt haltende Zusammendr\u00fcckung desselben all-m\u00e4lig aus den Capillargef\u00e4fsen durch die verengten M\u00fcndungen der gr\u00f6-fseren Gef\u00e4fsst\u00e4mmc zu Tage gef\u00f6rdert wird, oder ob sie als ein Theil der in dem Muskel aufscrhalb der Blutgef\u00e4fse enthaltenen Fl\u00fcssigkeiten zu betrachten ist, welcher unter dem Druck der gespannten H\u00fcllen der Primitivb\u00fcndel und Bindegewebscheiden seinen Weg durch sic hindurch nach aufsen gefunden hat. F\u00fcr die erstcre Ansicht scheint der Umstand zu sprechen, dafs sie sich, wie gesagt, in einzelnen Tropfen sammelt und aufgetrocknet in derselben Weise wieder erscheint; wahrscheinlich ist cs indefs, dafs beide Annahmen zu gleicher Zeit in der Wirklichkeit begr\u00fcndet sind. Dem sei wie ihm wolle, zum Theil wegen","page":69},{"file":"p0070.txt","language":"de","ocr_de":"7(1\t3. Absohn, Kap. IV. \u00a7.111. 1. Die Stromabnahme im Tetanus\ndes Austrclcns dieser Fl\u00fcssigkeit au seine Oberfl\u00e4che, zum Theil aber wohl auch in Folge der nachtr\u00e4glichen Dehnung (\u00bballongement secondaire\u00ab), welche Wilhelm Weiser 1 zuerst an den Kokonf\u00e4den nachwies, nimmt der Muskel fortdauernd an Spannung ab, auch wenn er durch eine mit Wasser abgesperrte Glocke vor dem Vertrocknen gesch\u00fctzt ist.\nBringt man unter eine solche Glocke einen ausgespannten Gaslro-knemius und zum Vergleich den der anderen Seite im erschlafften Zustande, und untersucht man dieselben von Zeit zu Zeit auf ihre F\u00e4higkeit, sich zusammenzuziehen, indem man, nach angestcllter Pr\u00fcfung, den zum Behuf derselben erschlafften in der Vorrichtung befindlichen Muskel von Neuem anspannt, so findet man, dafs letzterer bereits nach mehreren Stunden reactionslos und todtenstarr wird, w\u00e4hrend der in Ruhe gebliebene, bei mittlerer Temperatur, noch nach 24 Stunden auf kr\u00e4ftige Reize antworten kann. Der Versuch gelingt um so besser, je gr\u00f6fscr die Gastroknemien sind, weil die gr\u00f6fserc Haltbarkeit der Sehnen eine gr\u00f6fserc Zugkraft auszu\u00fcben gestattet, abgesehen davon, dafs dieser Umstand wohl auch nicht ohne Einllufs auf die Dauer der Reizbarkeit des ruhenden Muskels sein m\u00f6chte. Es ist nicht nothwendig, den Muskel im ausgespannten Zustande todtenstarr werden zu lassen, um ihn lange vor der Zeit sterben zu sehen; ein Aufenthalt von wenigen Stunden, nach deren Verlauf er noch ziemlich leistungsf\u00e4hig aus der Vorrichtung entfernt wird, ist dazu hinreichend.\nDie Thatsache, dafs ausgedehnte Muskeln ihre Leistungsf\u00e4higkeit schnell einb\u00fcfsen, ist \u00fcbrigens keinesweges neu. Jedermann weifs z. B., wie m\u00fchsam nach langem Hocken, bei welchem sie doch keiner willk\u00fcrlichen Anstrengung Folge zu leisten hatten, die Strecker des Kniegelenkes ihre Dienste verrichten. Fontana hat aber sogar schon diesen Punkt, wenigstens an den organischen Muskeln, zum Gegenst\u00e4nde einer Versuchsreihe gemacht. Er spr\u00fctzte, bis zur \u00e4ufsersten Anspannung ihrer Wandungen, lauwarmes Wasser durch die Harnr\u00f6hre in die Blase einer lebenden Katze, eines Ziegenb\u00f6ckchens, zweier L\u00e4mmer und eines Hundes. Nach Er\u00f6ffnung der Bauchh\u00f6hle und Entleerung der Blase zeigte sich diese regungslos auf den Reiz von Nadelstichen, wie auch der Elektricit\u00e4t. Ein grofscr Hund, der nach der Einspr\u00fctzung unverletzt am Leben erhalten wurde, hatte das Verm\u00f6gen, den Harn zu lassen, auf viele Tage verloren. Ein Herz, in dessen rechten Ventrikel, nach Unterbindung der Lungenarterie, oder in dessen linken Ventrikel, nach\n' I\u2019orgendorff\u2019s Annalen u. s. w. 1835, Bd, XXXIV, S. 247.* \u2014 Vergl. AVer them a. a. 0. und oben Bd. I. S. 172.","page":70},{"file":"p0071.txt","language":"de","ocr_de":"beruht nicht auf Lugever\u00e4nderung des Muskels auf den B\u00e4uschen. 7 J\nUnterbindung der Aorta, lebenswarmes Venenblut oder Wasser vermittelst des anatomischen Hebers mit grofser Gewalt getrieben worden war, h\u00f6rte auf, sich von selbst oder auf angemessene Reize zusammenzuziehen. Aehnlichc Versuche gelangen mit dein gesammten Darmcanale wie auch dem blofsen Dickdarme von Katzen, der Speiser\u00f6hre und dem Magen anderer Thiere. Fontana erinnert endlich selbst bei dieser Gelegenheit an die bekannten Zuf\u00e4lle von Blasenl\u00e4hmung nach Harnverhaltung, und fragt wie es komme, dafs der Fruchthalter durch die langwierige Ausdehnung w\u00e4hrend der Schwangerschaft seines Verm\u00f6gens, sich zusammenzuziehen, nicht verlustig gehe. 1\nWird der Muskel freigelassen, wenn er eben erst zu antworten aufgeh\u00f6rt bat, so zieht er sich langsam zusammen und wird in der gew\u00f6hnlichen, etwas geballten Stellung v\u00f6llig todtenstarr. L\u00e4fst man ihn dagegen l\u00e4ngere Zeit in starrem Zustande in der Vorrichtung, so erfolgt, nach Entfernung der dehnenden Gewalt, keine wirkliche Gestaltver\u00e4nderung mehr: vermuthlich deshalb, weil die bis zur Zerst\u00f6rung durch die F\u00e4ulnifs unangegriffen bleibende Contractilit\u00e4t des Bindegewebes wohl den fl\u00fcssigen, oder den eben erst gerinnenden, aber nicht mehr den geronnenen Faserstoff in die ihm selber am besten anstehende Form zu pressen ausreicht.\nNicht uninteressant ist das Ergebnifs der mikroskopischen Untersuchung eines solchen in der Vorrichtung gestorbenen und darin ausgespannt gebliebenen Gastroknemius. Wird n\u00e4mlich ein St\u00fcckchen davon in der gew\u00f6hnlichen Weise zugerichtet und bei 380maliger Vcrgr\u00f6fse-rung betrachtet, so sicht man an einzelnen Stellen die Querstreifen vollkommen erhalten. An anderen Stellen haben dieselben ihr gleichf\u00f6rmiges, glattes Ansehen verloren, sie bieten eine n\u00fctzliche Beschaffenheit dar, wobei sic h\u00e4ufig \u00fcber die Breite der Primitivb\u00fcndel fort ungew\u00f6hnlich grofsc und zahlreiche Abweichungen von der queren Richtung, f\u00f6rmliche Zickzackbiegungen, zeigen. Auch lassen sie, vorz\u00fcglich an den Gipfeln dieser Biegungen, eine betr\u00e4chtlich gr\u00f6fsere Entfernung zwischen sich, als im unversehrten Zustande, so dafs die solchergestalt ver\u00e4nderten Muskclb\u00fcndcl eine auffallende Aehnlichkeit mit denen gewisser Glieder-lliierc, z. B. des Krebses, besitzen. An noch anderen Stellen erscheinen die Querstreifen gar als ziemlich regelm\u00e4fsige Perlenschn\u00fcre, gleichsam aus einzelnen der Quere nach aufgereihten, sehr groben K\u00fcgelchen zusammengesetzt. In einzelnen F\u00e4llen springen die K\u00fcgelchen an dem Rande des B\u00fcndels innerhalb der H\u00fclle desselben deutlich vor. Unter\n1 Riecrche filosolichc sopra la Fisica animale, Tu Firenze 1775. 4\u00b0. I. I. 3). 62. * \u2014 Vergl. union, \u00a7. vi. 2.","page":71},{"file":"p0072.txt","language":"de","ocr_de":"72\n3. Abschn. Kap. IV. \u00a7.111,5. Die Stromabnahme im Tetanus\nUmst\u00e4nden kann man die Reihen derselben sowohl der L\u00e4nge, als der Quere nach, nach Belieben verfolgen. Der Abstand der so verwandelten Querstreifen von einander ist noch bedeutend gr\u00f6fser als der bei der vorigen Form; er mag wohl das drei- bis vierfache von dem gew\u00f6hnlichen betragen. Eine noch weiter vorgeschrittene Ver\u00e4nderung zeigen einzelne Stellen, an denen gar kein feinerer Bau mehr erkannt werden kann, sondern nur noch eine feink\u00f6rnige Zusammensetzung ans sehr kleinen K\u00fcgelchen, die, je nach ihrer Stellung zur Ebene des deutlichen Sehens, in meinem Instrumente weifs, grau, weingr\u00fcn oder schwarz erscheinen; eine Form, welche an macerirtcn Muskeln sehr h\u00e4ufig ist, und die man auch an pl\u00f6tzlich und gewaltsam zerrissenen Muskelb\u00fcndeln wahrnimmt. An diese Form schliefst sich diejenige solcher Stellen an, wo das ganze Innere des B\u00fcndels mit regellosen, kr\u00fcmlichen Massen, dem Umfange abgestorbener Nervenr\u00f6hren nicht un\u00e4hnlich, angef\u00fcllt ist und dadurch v\u00f6llig verdunkelt erscheint. Noch andere Stellen endlich lassen zwar gleichfalls keine Querstreifung, aber eine scharf ausgesprochene glatte und feine L\u00e4ngsstreifung erkennen, welche dieselben nicht selten auch sehr undurchsichtig macht.\nEin und dasselbe Muskelb\u00fcndel vermag auf verschiedenen Punkten seiner L\u00e4nge einen grofsen Theil der hier beschriebenen Ab\u00e4nderungen aufzuweisen. Ob ein vor entwickelter Todlenstarre aus der Vorrichtung genommener Muskel, welcher sich allm\u00e4lig wieder in der obenerw\u00e4hnten Weise zusammengezogen hat, dieselben gleichfalls darbietet, ist noch nicht untersucht. Hr. Dr. Remak hat k\u00fcrzlich (im Februar 1847) die G\u00fcte gehabt, mir kranke Muskelb\u00fcndel einer im Wochenbette unter r\u00e4thselhaften Zuf\u00e4llen verstorbenen Frau zu zeigen, an denen t\u00e4uschend dieselbe Reihe von Ver\u00e4nderungen unterschieden werden konnte, als an jenen im gedehnten Zustande erstarrten Froschmuskeln. F\u00fcr diejenigen, welche diese Versuche allein in morphologischer Beziehung zu wiederholen w\u00fcnschten, brauche ich wohl kaum zu erinnern, dafs dazu durchaus keine der beschriebenen \u00e4hnliche k\u00fcnstliche Vorrichtungen noth-wendig sind, sondern dafs jede beliebige Befestigungsart der Enden des Muskels, welche die Anh\u00e4ngung eines hinreichenden Gewichtes unter einer das Austrocknen verh\u00fctenden Glocke gestattet, ihren Zweck vollkommen erf\u00fcllen wird. Beil\u00e4ufig will ich hier bemerken, dafs Froschmuskeln, die bis zur vollst\u00e4ndigen Ersch\u00f6pfung ihrer Leistungsf\u00e4higkeit auf elektrischem Wege unabl\u00e4ssig tetanisirt worden waren, unter dem Mikroskope, so viel ich sehen konnte, merklich dieselbe Beschaffenheit ihrer Primitivb\u00fcndel darboten, als solche, welche keine Mifshandlung der Art erlitten hatten.\nEndlich ist zu erw\u00e4hnen, dafs der ausgedehnte Muskel im Besitze","page":72},{"file":"p0073.txt","language":"de","ocr_de":"beruht nicht auf der Gestaltver\u00e4nderung des Muskels.\t73\neines gesetzm\u00e4fsig gerichteten Stromes ist, von dessen St\u00e4rke jedoch .sp\u00e4ter noch besonders wird die Rede sein m\u00fcssen. 1 Die Art diesen Strom von L\u00e4ngs- und Querschnitt des in der Vorrichtung befindlichen Muskels abzuleiten, ist bereits oben S. 67 angegeben und durch Fig. 86 bildlich erl\u00e4utert worden.\nJetzt schreiten wir, nachdem wir uns mit den Bedingungen des Versuches vertraut gemacht haben, zu dem eigentlichen Ziele desselben, der Untersuchung, wie sich der Strom des unbeweglich ausgedehnten Muskels verhalten werde, wenn derselbe auf die gew\u00f6hnliche Art teta-nisirt wird. Man findet, dafs der Erfolg genau der n\u00e4mliche ist, als ob der Muskel sich wirklich h\u00e4tte zusammenziehen k\u00f6nnen; die Nadel geht durch den Nullpunkt in den negativen Quadranten \u00fcber ihre Stellung in dem positiven Viertelkreise hinaus, die Ladungen haben augenblicklich die Oberhand. Ein gespannter Gastroknemius gab z. B. 40\u00b0 Ausschlag, 6\u00b0 best\u00e4ndige Ablenkung. Beim Tetanisiren schlug die Nadel bis auf \u2014 40\u00b0 durch und stellte sich endlich auf + 5\u00b0; bei abermaligem Tetanus schlug sie auf \u2014 35\u00b0 durch.\nSomit ist jede M\u00f6glichkeit abgeschnitten, die scheinbare Stromabnahme beim Tetanus von der Lagever\u00e4nderung des Muskels auf den B\u00e4uschen herzuleiten; auch ist deutlich, dafs dieser Versuch zugleich abermals den Verdacht auf eine Ver\u00e4nderung des Widerstandes des Mul-tiplicatorkreises zu entfernen geeignet ist.\n5. Die Abnahme des Muskelstromes w\u00e4hrend der Zusammen ziehung r\u00fchrt nicht von seiner Gestaltver\u00e4nderung her.\nIn meinem \u00bbvorl\u00e4ufigen Abrisse\u00ab sagte ich, nachdem ich die Lehre von dem Muskelstrome als einem abgeleiteten Stromarme auseinandergesetzt hatte (S. oben Bd. I. S. 690. Anm.): \u2019 \u00bbDie Abnahme des \u00bbMuskelstromes im Tetanus erkl\u00e4rt sich dann vielleicht so, dafs, da die \u00bbganze Masse des Muskels Ncbenschliefsung f\u00fcr den Strom jedes eiu-\u00bbzelnen Primitiv-Muskelb\u00fcndels bildet, diese Masse aber im Tetanus au \u00bbQuerschnitt zu-, an L\u00e4nge ab-, folglich an Leitungswiderstand abniniml, \u00bbder Stromarm in dem leitenden Bogen an Intensit\u00e4t abnehmen mufs. \u2014 \u00bbEs l\u00e4fst sich dagegen einwenden, dafs diese Ver\u00e4nderung des Wider-\u00bb Standes beim Tetanus ganzer Glieder zu geringf\u00fcgig ist, als dafs darauf \u00bbR\u00fccksicht genommen werden k\u00f6nnte. Messende Versuche sind un-\n1 S. unten, \u00a7. vi. 1.\n* S. a. a. 0. S. 19. \u00a7. 49.","page":73},{"file":"p0074.txt","language":"de","ocr_de":"*74\t3. Abschn, Kap. IV. \u00a7. 111. 0. Die Stromabnahme im Tetanus beruht\n\u00bbm\u00f6glich. \u2014 W\u00e4hrend heftiger und andauernder Zusammenzichungeu \u2022\u00bbder Arm-, Schulter- und Brustmuskeln des menschlichen K\u00f6rpers er-* leidet der Widerstand desselben keine wahrnehmbare Ver\u00e4nderung.\u00ab 1\nIch habe damals, vielleicht aus einem Uebcrmafs von Vorsicht, geglaubt, das hier ausgesprochene Bedenken gegen die Bedeutung der Stromabnahme im Tetanus nicht vorenthalten zu d\u00fcrfen, da es mir noch nicht gelungen war, es durch einen entscheidenden Versuch zu beseitigen. Ich mufs indefs bekennen, dafs die Statthaftigkeit desselben mir schon zu jener Zeit sehr zweifelhaft erschien; noch mehr ist dies jetzt der Fall, wo icli eher den entgegengesetzten Schlufs zu ziehen geneigt sein w\u00fcrde. Wie dem auch sei, das eigentliche Interesse der schwierigen Frage, welchen Einflufs wohl die Gestaltver\u00e4nderung des Muskels im Tetanus bei angenommener Best\u00e4ndigkeit seiner elektromotorischen Kr\u00e4fte auf den Strom \u00e4ufsern m\u00f6chte, ist durch den Versuch der vorigen Nummer bereits miterledigt; er zeigt, dafs von der Erkl\u00e4rung des \u00bbvorl\u00e4ufigen Abrisses\u00ab nunmehr die Rede nicht mehr sein k\u00f6nne, da die negative Schwankung des Muskelstromes w\u00e4hrend der Zusammenziehung nicht ausbleibt, auch wenn dem Muskel jede Spur einer Gestaltver\u00e4nderung bei derselben durch mechanische Zwangsmittel untersagt ist.\n(i. Die Abnahme des Muskelstromes w\u00e4hrend der Zusammeu-ziehung r\u00fchrt nicht von einer Ver\u00e4nderung des eigenthiimlichen Widerstandes der Muskelsubstanz her.\nNur ein Element des Widerstandes giebt es noch, dessen Best\u00e4ndigkeit w\u00e4hrend der Zusammenziehung man gesichert zu sehen w\u00fcnschen mufs, ehe die Ueberzeugung ausgesprochen werde, dafs die fragliche Erscheinung die Folge einer Verminderung der Summe der Spannungen im Inneren des Muskels sei. Es fragt sich, ob nicht vielleicht der eigen-th\u00fcmliche Widerstand der Muskelsubstanz selber dabei eine Ver\u00e4nderung erleidet, welcher die negative Schwankung des Stromes zuzuschreiben w\u00e4re.\nDurch das Verfahren der Entgegensetzung k\u00f6nnen wir \u2014 s. am Schl\u00fcsse des ersten Bandes \u2014 den Einflufs einer solchen Ver\u00e4nderung mit Sicherheit nicht aus dem Ergebnisse des Versuches verbannen; wir m\u00fcssen daher, um \u00fcber diesen Punkt zu entscheiden, abermals besondere Versuchsweisen aufsuchen. Das einfachste scheint zun\u00e4chst, zu ermitteln, ob sich, bei der Zusammenziehung, eine Schwankung des\n* S. \u00ablie folgende Seile.","page":74},{"file":"p0075.txt","language":"de","ocr_de":"nicht auf Ver\u00e4nderunq des eif/enth\u00fcmlichen Widerslandes der Muskeln, 75\nWiderstandes walmiehmcn l\u00e4fst, den der Muskel einem beliebigen, ihn im beliebigen Sinne durchkreisendcu Strome darbietet.\nZuerst gedachte ich den Versuch folgendermafsen an mir selber anzustellen. Ich liefs mir Kupferstreifen, in feuchtes Fliefspapier gewickelt, um die Handgelenke winden. Sie bildeten die Enden eines Kreises, in welchen eine, Grove'scIic Kette von der gr\u00f6fseren oben Bd. 1. S. 446 beschriebenen Art und ein Ki\u00c6iiVER\u2019scher Multiplicalor von 200 Windungen auf 100 Par. Fufs Drahtl\u00e4nge eingeschaltet waren. Die Madel desselben wurde, nach vollst\u00e4ndiger Entwickelung der Ladungen an den Kupferstreifen, durch meine Arme, Brust und Schultern hindurch in einer best\u00e4ndigen Ablenkung von etwa 15\u00b0 gehalten. Bei dem sehr betr\u00e4chtlichen Widerstande des menschlichen K\u00f6rpers, gegen den der uer \u00fcbrigen Kettentheile als ganz verschwindend erachtet werden durfte, 1 und da die Muskeln in der am meisten widerstehenden Strecke der Leitung, den Armen n\u00e4mlich, den gr\u00f6fsten Theil des Querschnittes ausmachen, liefs sich erwarten, dafs eine geringe Ver\u00e4nderung ihres Widerstandes aus irgendwelchem Grunde sich durch einen Ausschlag von Seiten der Nadel zu erkennen gehen w\u00fcrde.\nDer Erfolg des Versuches war jedoch so gut wie Null, gleichviel ob ich die gebeugten erschlafften Arme pl\u00f6tzlich mit aller Gewalt, anspannte oder sie erst seitw\u00e4rts ausgestreckt aber m\u00f6glichst erschlafft auf zwei schulterhohen St\u00e4ben ruhen und mir dann in jede Hand ein mehrere Kilogramm schweres Gewicht reichen liefs, welches ich, wie man zu sagen pflegt, mit steifen Armen hielt, indem ich zugleich bestrebt war, von den liais-, Schulter- und Brustmuskeln m\u00f6glichst viel beim Tetanus zu betlieiligen. Es fand zwar im Beginn eines jeden Versuches augenblicklich eine leichte Vergr\u00f6fserung der Ablenkung statt. Diese r\u00fchrte aber von nichts Anderem her, als davon, dafs der Uebel-stand, den ich durch Anwendung der Kupferstreifen statt der \u00fcblichen Handhaben hatte vermeiden wollen, doch nicht v\u00f6llig beseitigt, war: die Verminderung der Ladungen n\u00e4mlich an der negativen Elektrode durch Ersch\u00fctterung derselben bei der Muskelanstrengung (Vergl. oben Bd. I. S. 212. 239. 268. 616). Sic wurde, bei dieser Einrichtung, durch das Anspanuen der Sehnen der Vorderarmmuskeln innerhalb der Armb\u00e4nder hervorgebracht, eine Deutung der wahrgenommenen Wirkung, die, sich dadurch erh\u00e4rten liefs, dafs man durch blofses An-\n1 Den Widerstand des menschlichen K\u00f6rpers haben nacheinander gemessen Eduard Weber (Quaestioncs physiologicae de phnenomenis galvano-magneticis in corpore humano observatis. Lipsiae (1836). 4\u00b0. p, 4. sqq.*), Pouillet (Comptes rendus etc. 22 Mai 1837. I. IV. p. 791,*) und Lenz und Ptschernikoff (Pogcesdorff\u2019s Annalen u. s. w. 1842. 15d. LVI. S. 429.*)","page":75},{"file":"p0076.txt","language":"de","ocr_de":"76 o. Abschi. Kap. IV. \u00a7 .III. G. Die Stromabnahme im Tetanus beruht\nziehen der freien Enden der Kupferstreifeu leicht einen noch lebhafteren Ausschlag zu erzeugen im Stande war, als durch das willk\u00fcrliche Tc-tanisiren der Arme.\nUni den Versuch tadelfrei anzustellcn, h\u00e4tte folgendermafscn verfahren werden m\u00fcssen. Es h\u00e4tte die eine Hand in ein Cef\u00e4fs mit schwefelsaurer Kupferl\u00f6sung, die andere in ein solches ndt verd\u00fcnnter Schwefels\u00e4ure oder Kochsalzl\u00f6sung tauchen m\u00fcssen; h\u00e4tte man dann in das erstere eine Kupfer-, in das letztere eine Zinkplatte versenkt und beide durch den Multiplicator verbunden, w\u00e4hrend zugleich die Tiefe des Eintauchens der H\u00e4nde durch irgend eine Vorkehrung vor Schwankungen gesichert gewesen w\u00e4re, so h\u00e4lte der K\u00f6rper den por\u00f6sen Trog einer Kette von best\u00e4ndiger Kraft vorgestellt, die Ladungen w\u00e4ren aus dem Versuche verbannt gewesen und eine etwa stattfindende Ver\u00e4nderung des Widerstandes der Muskeln h\u00e4tte rein zur Erscheinung kommen k\u00f6nnen. Am Menschen habe ich den Versuch in dieser Gestalt nicht wiederholt, hingegen an den Gastroknemien des Frosches mit bestem Erfolge.\nEs kam hiebei darauf an, dafs der Widerstand der Muskeln einen m\u00f6glichst grofsen Theil des Widerstandes des Kreises, hingegen ihre elektromotorische Kraft, folglich auch deren Ver\u00e4nderungen, einen m\u00f6glichst kleinen Theil derjenigen der Kette ausmachte. Es mufsten folglich m\u00f6glichst viele Muskeln sich im Kreise befinden, allein je zwei derselben ihre Wirkungen gegenseitig aufheben; es mufste die Kette selber hingegen von so kleinem Widerstande und so grofscr elektromotorischer Kraft, wie nur immer m\u00f6glich, gew\u00e4hlt werden. Da aber die Muskeln bei der Zusammenziehung ihre Lage zu ver\u00e4ndern streben, so mufste eine solche Anordnung getroffen werden, dafs dabei ihre leitende Ber\u00fchrung untereinander unver\u00e4ndert blieb. Die Nothwendigkeit dieser Anordnung, und der Umstand, dafs die Muskeln gleichzeitig mufsten in Tetanus versetzt werden k\u00f6nnen, dafs also ihre Nerven s\u00e4mmtlicli auf die Plaliu-enden der bekannten stromzuf\u00fchrenden Vorrichtung aufgelegt werden mufsten, machte es unm\u00f6glich, mehr als zwei Gastroknemien auf einmal in den Kreis der Kette zu bringen. Um so rathsamer schien es, sich auf diese Anzahl zu beschr\u00e4nken, als sich im Laufe der Versuche das Bed\u00fcrfnifs herausstellte, die Muskeln in der Weise, wie cs in der vorletzten Nummer geschildert wurde, bis zur Unbeweglichkeit bei der heftigsten Zusammenziehung straff ausdehnen zu k\u00f6nnen.\nEin Theil der Vorrichtungen, die mir dienten, zwei einander entgegenwirkende Gastroknemien in der Art zu befestigen, dafs diesen verschiedenen Bedingungen ebenm\u00e4fsig gen\u00fcgt wurde, war urspr\u00fcnglich zu einem anderen Zwecke bestimmt, der erst sp\u00e4ter zur Sprache kommen","page":76},{"file":"p0077.txt","language":"de","ocr_de":"nicht auf Ver\u00e4nderung des eigent\u00fcmlichen Widerstandes der Muslceln. 77\nAvird, und kann daher hier noch nicht ausf\u00fchrlich beschrieben werden. Man sieht die Punkte der Anordnung, auf die es hier ankommt, indels in Fig. 88. Taf. I. schematisch dargestellt, und folgendes ist die Bedeutung der einzelnen Theile derselben.\net, \u00df sind die Elfenbeinplatten der Vorrichtung Fig. 86 im seitlichen Aufrisse; der bcAA'egliche Klotz ct dieser Vorrichtung ist jedoch, Avegen der verkehrten Lage des zugeh\u00f6rigen Knochenst\u00fcckes, gleichfalls verkehrt auf die ihn tragende Stange aufgesteckt, so dafs die H\u00f6hlung der Elfenbeinplatte nach innen zu liegen kommt; f\u00fcr die Platte des festen Klotzes \u00df hat dies begreiflich nicht in Ausf\u00fchrung gebracht Avcrden k\u00f6nnen. Der bewegliche Klotz ist dem festen so nahe gestellt, und in dieser Lage, festgeschraubt, dafs die oberen Knochenst\u00fccke beider Muskeln dadurch in inniger, unverr\u00fcckbarer Ber\u00fchrung gehalten werden.\na, h sind ein Paar Elfenbeinplatten, Avelche den erstbeschriebenen, Fig. 87 A,A' und B,B' abgebildeten in allen St\u00fccken genau entsprechen. Diese tragen, Avie man sieht, die Pulsenden der Muskeln, und ZAvar ist eins davon, z. B. a, als ein fester Punkt zu betrachten, von welchem das andere nach Willk\u00fcr entfernt werden kann. Da ct, \u00df sich, bei loser Klemmschraube, um die senkrechte Stange des allgemeinen Tr\u00e4gers an einem ziemlich grofsen Halbmesser ungehindert drehen konnten, so ist klar, dafs beim Vergr\u00f6fsern des Abstandes zwischen a, h beide Muskeln, und zAArar ohne irgend eine Verr\u00fcckung der Ber\u00fchrungsstelle ihrer Knochenst\u00fccke, einen ganz gleichen Grad von Dehnung erfuhren.\nDie Muskeln Avaren so zugerichtet, dafs an ihrem unteren Ende nicht blos ein St\u00fcck des Mittelfufses, sondern der ganze Fufs sogar mit seiner Hautbekleidung gelassen AA^ar. Der Fufs des einen tauchte in ein Gef\u00e4fs von der oben Bd. 1. S. 387 angegebenen Gr\u00f6fse voll schwach rauchender Salpeters\u00e4ure zugleich mit einer Platinplatte von 17.5 Oua-dratcentimenter benetzter Oberfl\u00e4che, der des anderen in ein solches voll Schwefels\u00e4ure zu Brunnenwasser Avie 1 : 8 dem Volum nach zugleich mit einer amalgamirten Zinkplatte von gleichen Mafsen. Die Platten, A\\7elche sich den thierischcn Theilen m\u00f6glichst nahe befanden, ohne sie jedoch zu ber\u00fchren, Avaren mit den Enden des Muscumsmulli-plicators (S. oben Bd. I. S. 202) in Verbindung, von dem jedoch nur die halbe L\u00e4nge in Anwendung kam, und dessen sclnveres rhombisches Nadelspiel durch einen in solcher N\u00e4he angebrachten MELLONi\u2019schen Berichtigungsstab auf Null gehalten wurde, dafs es nur noch 6\" schlug.\nMan sieht, der Widerstand der beiden Muskeln bildete unstreitig den bei Aveitem gr\u00f6fsten Theil des Widerstandes einer GitovE\u2019scheii Kette, deren por\u00f6sen Zwischenleiter sie vorstellten, und gegen deren","page":77},{"file":"p0078.txt","language":"de","ocr_de":"78\to.Abschn. Kap.IV. \u00a7.111. (!. Wie Stromabnahme hn Tetanus beruht\nelektromotorische Kraft die des \u00fcbrig bleibenden Differentials tromes der thierischeu Erreger als sehr unbedeutend angesehen werden konnte. In der That, w\u00e4hrend ein Semimembranosus Cuv. vom Oberschenkel des Frosches, mit k\u00fcnstlichem Querschnitte und nat\u00fcrlichem L\u00e4ngsschnitte auf die B\u00e4usche aufgelegt, die Nadel des Muliiplicators in diesem Zustande auf h\u00f6chstens 25\u00b0 trieb, hielt der Strom der Kette sie auf 45 bis 50\u00b0 best\u00e4ndiger Ablenkung. Von den Muskeln der F\u00fcfse war nicht zu f\u00fcrchten, dafs sie einen Strom durch den Kreis schickten, da sie erstens von der Haut und von einer gut leitenden Fl\u00fcssigkeit umgeben waren, welche Nebenscbliefsung f\u00fcr jenen bildeten, und da sie zweitens durch die Ber\u00fchrung der Salpeters\u00e4ure und der verd\u00fcnnten Schwefels\u00e4ure alsbald in einen Zustand versetzt wurden, in dem sic keinen Strom mehr entwickeln. In der That ballten sich die F\u00fcfse nach kurzer Zeit in unf\u00f6rmlicher Gestalt todtenstarr zusammen.\nDen einander ber\u00fchrenden Kopfenden der Muskeln nahe, wurden, wie die Figur es zeigt, die Platinbleche der stromzuf\u00fchrenden Vorrichtung aufgestellt, und auf dieselben die Nerven der beiden Gastroknemien zusam menge flochten aufgelegt. Es ist n\u00e4mlich deutlich, dafs sie nicht einzeln aufliegen durften, weil alsdann der Multiplicatorkreis eine Nebenschliefsung f\u00fcr den der Inductionsrollc gebildet h\u00e4tte, in deren prim\u00e4rer Strombahn sich, wie gew\u00f6hnlich, eine schwach geladene Grove -sclie Kette und das Unterbrechungsrad befanden. Damit sich die F\u00fcfse beim Tetanisiren in ihren Gef\u00e4fsen auf keinen Fall bewegen k\u00f6nnten, war \u00fcbrigens der zu denselben l\u00e4ngs der Achillessehne f\u00fchrende Nerv zerschnitten worden.\nWar nun Alles, wie beschrieben, vorbereitet, und die Muskeln hingen schlaff, aber doch geradlinig ausgestreckt, zwischen den Elfenbeinplatten, so dafs noch eine betr\u00e4chtliche Gestaltver\u00e4nderung die Zusammenziehung begleiten mufste, so erfolgte, beim Tetanisiren, stets ein kleiner R\u00fcckschwung der Nadel von ungef\u00e4hr 3\u00b0.\nEs fragt sich, welche Bedeutung diesem Umstande beizumessen sei, und zwar nat\u00fcrlich vor Allem, ob derselbe, trotz den getroffenen Vorkehrungen, nicht dennoch von dem Ilindurchscheincn der Schwankung des Muskelstromes bei der Zusammenziehung durch den Strom der Grove'scIicii Kette herr\u00fchren k\u00f6nne. Dies scheint zuerst undenkbar, indem alsdann nicht einzusehen w\u00e4re, weshalb, bei einander entgegenwirkenden Muskeln, die Richtung des Ausschlages im Tetanus gerade immer der Richtung des Stromes der Kette entgegengesetzt sein sollte. Bei n\u00e4herer Betrachtung aber entdeckt man allerdings einen Umstand, der m\u00f6glicherweise die Ursache dieser Best\u00e4ndigkeit enthalten k\u00f6nnte. Die Anordnung des Versuches bringt es n\u00e4mlich, wie man leicht sieht,","page":78},{"file":"p0079.txt","language":"de","ocr_de":"nicht auf Ver\u00e4nderung des cigenth\u00fcmlichcnWidcrsiandes der Muskeln. 79\nimmer mit sich, dafs der Nerv des einen Muskels, in unserem Falle \u00df, von dem Strome der Grove'scIim Kette in aufsteigendem Sinne, der des anderen \u00ab in absteigendem Sinne durchflossen ist. Demgem\u00e4fs (S. oben Bd. J. S. 365 ff.) wird sehr bald ein Unterschied zwischen der St\u00e4rke der Zusammenziehung des einen und des anderen Muskels f\u00fchlbar; der Tetanus des aufsteigend durchflossenen, dessen Strom mit dem der Kette folglich einerlei Richtung hat, f\u00e4llt bald viel lebhafter aus als der des absteigend durchkreisten; und die Resultante der drei Str\u00f6me, des der Kette und derjenigen der beiden Muskeln, k\u00f6nnte folglich durch den Tetanus des aufsteigend durchstr\u00f6mtcu Muskels stets mehr verkleinert werden, als sie durch den des absteigend durchflossenen vergr\u00fcfsert w\u00fcrde.\nDiese Muthmafsung l\u00e4fst sich indessen dadurch widerlegen, dafs man zeigt, wie die Stromabnahme seihst dann noch, nur begreiflich schw\u00e4cher, zu erscheinen fortf\u00e4hrt, wenn man entweder hei der vorigen Einrichtung allein den absteigend durchkreisten Muskel tetanisirt, oder den Versuch \u00fcberhaupt nur mit einem solchen anstellt. Demnach bleibt nichts \u00fcbrig, als an eine Vermehrung des Widerstandes der Muskeln hei der Zusammenziehung, zur Erkl\u00e4rung jener Stromabnahme, zu denken; ln dieser Hinsicht liegen zwei Erkl\u00e4rungen vor, zwischen denen entschieden werden mufs. Entweder n\u00e4mlich haben wir hier wirklich eine Vermehrung des eigent\u00fcmlichen Widerstandes der Muskeln w\u00e4hrend der Zusammenziehung vor uns, oder es r\u00fchrt dieselbe von der hei der obigen Versuchsweise ungehindert freigegebenen Gestaltver\u00e4nderung der Muskeln her.\nDas Letztere kann man sich folgendermafsen vorstellen. Die Anschauung zeigt leicht, was mit H\u00fclfe der Methoden Lagrange\u2019s strenge zu beweisen freilich seine Schwierigkeiten haben d\u00fcrfte, dafs, von allen Rotationsk\u00f6rpern von gleichem Rauminhalte und gleicher Axenl\u00e4nge, der Cylinder der K\u00f6rper von geringstem Widerstande f\u00fcr einen in der Richtung der Axe fliehenden Strom sei. Ann\u00e4herung an die Walzenform hei gleicher Masse und L\u00e4nge wird demnach Verminderung, fernere Abweichung von derselben Zunahme des Widerstandes zur Folge haben. Gerade das Letztere ist aber der Fall hei der Zusammenziehung, so wie-die Entfernung der Endpunkte des Muskels, wie in unserem Versuche, festgestellt ist, ohne dafs zugleich dieser Abstand so grot's gew\u00e4hlt w\u00e4re, dafs er eine alle weitere Gestaltver\u00e4nderung aufhebende Spannung mit sich bringt.\nUm die Richtigkeit dieser Vcrmutliung durch den Versuch unmittelbar zu erh\u00e4rten, haben wir zweierlei zu thun. Erstens m\u00fcssen wir, da die Ausf\u00fchrung der Rechnung versagt ist, wo m\u00f6glich durch","page":79},{"file":"p0080.txt","language":"de","ocr_de":"80 S.Abschn. Kap.IV. \u00a7.111. 6. Die Stromabnahme im Tetanus beruht\ndie Erfahrung nachzuweisen suchen, dafs eine Gestaltver\u00e4nderung, wie sie hier vorliegt, in der That eine Verminderung des Leitungsverm\u00f6gens nach sich ziehen kann. Dies geschah folgendermafsen.\nDer oben ausgesprochene Satz gilt offenbar auch f\u00fcr die Elektri-cit\u00e4tsbewegung nach nur zweien Richtungen. Es scheint einleuchtend, dafs von allen Figuren gleicher Oberfl\u00e4che und L\u00e4nge, das Rechteck dem elektrischen Strome den geringsten Widerstand darbieten m\u00fcsse. Ann\u00e4herung an die Gestalt des Rechteckes bei gleicher Oberfl\u00e4che und L\u00e4nge wird demnach Verminderung, fernere Abweichung von derselben Zunahme des Widerstandes zur Folge haben. Ich schnitt aus den beiden H\u00e4lften eines und desselben der L\u00e4nge nach getheilten Bogens vom d\u00fcnnsten Stanniol zwei St\u00fccke von gleichem Gewichte, gleicher L\u00e4nge (66cm) und gleicher Breite an den Enden, von denen ich aber dem einen die ungef\u00e4hre Gestalt einer sehr langgestreckten Ellipse, dem anderen die des L\u00e4ngendurchschnittes der Glaskolben, wie sie in der Chemie gebr\u00e4uchlich sind, ertheilte. Das erstere stellte also gleichsam den L\u00e4ngendurchschnitt des ruhenden, das zweite den des th\u00e4tigen Muskels vor. Der Analogie nach mufste von beiden, unter sonst gleichen Umst\u00e4nden in eine Kette eingeschaltet, jenes eine kleinere, dieses eine gr\u00f6fsere Schw\u00e4chung des Stromes erzeugen. Damit der Widerstand der Stanniolstreifen einen m\u00f6glichst grofsen Bruchtheil des Gesammt-widerstandes der Kette ausmache, mufste diese begreiflich eine thermoelektrische sein. Hr. Dr. Hermann Knoblauch hatte die G\u00fcte, mir die n\u00f6thigen Vorrichtungen zu diesem Behufe zu Gebote zu stellen, und mich in ihrer Handhabung, in der er eine so grofse Gewandheit besitzt, zu unterst\u00fctzen. Wir bedienten uns der 25gliederigen Thermo-s\u00e4ule, die er in seiner Inauguraldissertation: De Calore radiante Dis-quisitiones etc. Berolini 1846. 4\u00b0. p. 2 * beschrieben hat, und des ebendas, p. 62 erw\u00e4hnten Multiplicators. In den Kreis der S\u00e4ule und des Multiplicators wurden die beiden Stanniolst\u00fccke so eingeschaltet, dafs das eine Ende von beiden, in eine und dieselbe Blechklemme gefafst, dauernd in Verbindung mit dem einen Ende des Kreises blieb, w\u00e4hrend von den beiden anderen Enden, welche v\u00f6llig gleichra\u00e4fsig in amalgamirte Kupferhaken ausliefen, abwechselnd das eine oder das andere durch Quecksilbern\u00e4pfchen mit dem anderen Ende des Kreises verbunden werden konnten. Die S\u00e4ule wurde der Strahlung der a. a. 0. p. 60 beschriebenen OelQamme ausgesetzt. Zwei Versuchsreihen, zwischen welchen, um zuf\u00e4llige Unterschiede des Widerstandes aus der Anordnung zu verbannen, alle Theile derselben, in denen ein solcher Unterschied begr\u00fcndet sein konnte, auseinandergenommen und nach beliebiger Verwechselung der Klemmen, Haken u. s. w. wieder zusammengesetzt wurden, ergaben im","page":80},{"file":"p0081.txt","language":"de","ocr_de":"nicht auf Ver\u00e4nderung des eigent\u00fcmlichen Widerstandes der Mushein. 81\nMittel 42\u00b0.9; 43\u00b0.5 f\u00fcr-das den zusammengezogenen, 44\u00b0.7; 45\u201d.0 f\u00fcr das den erschlafften Muskel vorstellende Stanniolst\u00fcck; der Unterschied zwischen den zusammengeh\u00f6rigen Zahlen der einen und der anderen Reihe r\u00fchrt daher, dafs, w\u00e4hrend der Dauer der Versuche, der Unterschied der Temperaturen der beiden Enden der S\u00e4ule noch im Wachsen begriffen war.\nSomit ist als erwiesen anzusehen, dafs eine Gestaltver\u00e4nderung der Art, wie sie der Muskel w\u00e4hrend seiner Th\u00e4tigkeit erf\u00e4hrt, eine Vermehrung des Widerstandes bedingen k\u00f6nne; es mufs aber f\u00fcr\u2019s zweite gezeigt werden, dafs im vorliegenden Falle diese Gestaltver\u00e4nderung es auch wirklich sei, welche die wahrgenommene Stromabnahme bedingt. Hiezu haben wir ein leichtes Mittel in der Hand. Ist diese Vorstellungsweise begr\u00fcndet, so mufs die Abnahme bei der Zusammenziehung wegfallen, so wie die Muskeln durch Ausspannen verhindert werden, ihre Gestalt bei derselben merklich zu ver\u00e4ndern. Dies ist in der That der Fall.\nBleibt n\u00e4mlich die ganze Anordnung, wie sie war, nur dafs die Muskeln in den gespannten Zustand versetzt worden sind, und man dreht jetzt das Unterbrechungsrad, so erfolgt keine Stromabnahme, sondern eine Nadelbewegung in entgegengesetzter Richtung, eine augenblickliche Zunahme der Ablenkung um ungef\u00e4hr 3\u00b0.\nEs giebt offenbar keinen Grund anzunehmen, dafs die Ursache derselben nicht auch beim Tetanisiren der nicht ausgespannten Muskeln bereits sollte statt gefunden haben; es mufs also geschlossen werden, dafs die erstbeobachtete Abnahme wegen Gestaltver\u00e4nderung sogar betr\u00e4chtlich genug sei, um die Zunahme zu \u00fcberwiegen. Was diese betrifft, so k\u00f6nnte zun\u00e4chst abermals der Beweis verlangt werden, dafs sie nicht von der Stromabnahme des absteigend durchflossenen Muskels w\u00e4hrend seines Tetanus herr\u00fchre. Dieser Beweis liegt erstens darin, dafs, wie bemerkt, der st\u00e4rkere Tetanus vielmehr auf Seiten des aufsteigend durchkreisten Muskels f\u00e4llt; zweitens aber auch darin, dafs man gleichfalls, nur begreiflich schw\u00e4chere Stromzunahme erh\u00e4lt, wenn man entweder, bei der vorigen Einrichtung, allein den aufsteigend durchstr\u00f6mten Muskel tetanisirt, oder den Versuch \u00fcberhaupt nur mit einem solchen anstellt.\nIch habe mich endlich auch hier noch ausdr\u00fccklich durch den Versuch \u00fcberzeugt, dafs der Erfolg von der Anwendung eines elektrischen Stromes zum Tetanisiren unabh\u00e4ngig war. Wurden die Nerven an ihrer Eintrittsstelle in den Muskel zerschnitten und ihre St\u00fcmpfe wieder in die nat\u00fcrliche Lage an denselben gebracht, so dafs, bei ganz gleichen Leitungsverh\u00e4ltnissen f\u00fcr den elektrischen Strom, kein Tetanus mehr entstand, so verharrte auch die Nadel unbewegt in ihrer best\u00e4ndigen\nn.\te","page":81},{"file":"p0082.txt","language":"de","ocr_de":"82 S.Abschn. Kap. IV. \u00a7.111. 6. Die Stromabnahme im Tetanus beruht\nAblenkung. Dasselbe war der Fall, wenn die Muskeln durcli h\u00e4ufige Wiederholung des Versuches, vorz\u00fcglich bei gespanntem Zustande derselben, bereits ersch\u00f6pft waren.\nSonach bleiht hier sichtlich kein Ausweg, als sich vorzustellen, dafs eine leichte Verminderung des eigenth\u00fcmlichen Widerstandes der Muskelsubstanz die Zusammenziehung hegleite. Woher dieselbe r\u00fchre, ist begreiflich nicht zu sagen. Man k\u00f6nnte beim ersten Anblicke daran denken, dieselbe mit der geringen Verdichtung der Muskeln, welche gleichfalls dabei stattfindet, in Verbindung zu bringen. Es ist keine Frage, dafs die Muskeln sich unter diesen Umst\u00e4nden wirklich selber zusammendr\u00fccken, wovon sp\u00e4ter noch die Rede sein wird. 1 Allein es ist noch gar nicht thats\u00e4chlich ausgemacht, dafs die Zusammendr\u00fcckung der feuchten Leiter \u00fcberhaupt einen Einflufs auf ihren Widerstand \u00e4ufsere. Hierauf bez\u00fcgliche Erfahrungen besitzen wir freilich von P. L. Simon,2 Voigt,3 Colladon und St\u00fcrm,4 Jacobi5 und Daniell. 6 Nur in Colladon und Sturm\u2019s und in Jacobi\u2019s Versuchen indefs war der Multiplicator in den Kreis eingeschaltet, so dafs eine etwa eintretende Ver\u00e4nderung der Stromst\u00e4rke sicher beurtheilt werden konnte. In den \u00fcbrigen wurde blos auf den Gang der Wasserzersetzung geachtet, hier begreiflich ein h\u00f6chst tr\u00fcgerisches Kennzeichen. Sammt und sonders aber leiden diese Versuche an dem Uebelstande, dafs der Druck, der die Fl\u00fcssigkeiten selber traf, zugleich die Elektroden belastete, so dafs die etwa wahrgenommene Wirkung nothwendig aus der auf das Leitverm\u00f6gen der ersteren und der auf die Ladung der letzteren ausge\u00fchten zusammengesetzt war. Colladon und Sturm fanden nun, dafs ein Druck von 30 Atmosph\u00e4ren das elektrische Leitverm\u00f6gen des Quecksilbers, einer ges\u00e4ttigten Ammoniakl\u00f6sung und des destillirten Wassers nicht merklich \u00e4ndert; dafs aber derselbe das Leitverm\u00f6gen der Salpeters\u00e4ure verringert, und sie glauben, dafs dies dadurch erkl\u00e4rt werden k\u00f6nne, dafs der Druck die Zersetzung der S\u00e4ure hemmt. Jacobi dagegen sah die Ablenkung der Nadel an der Tangentenbussole um mehr als einen Grad zunehmen, als der Druck in dem\n1 S. unten, Kap. IX.\n1 Gilbert\u2019s Annalen der Physik. 1802. Bd. X. S. 297. *\n3 Ebendas. S. 298 Anm. ' \u2014 Voigt\u2019s Magazin f\u00fcr den neuesten Zustand der Naturkunde u. s. w. 1800. Bd. II. S. 555.* \u2014 S. auch Gehler\u2019s physikalisches W\u00f6rterbuch u. s. \\v. Bd. IV. Abth. II. 1828. Artikel \u00bbGalvanismus.* S. 898.\u2019\n1 Annales de Chimie et de Physique. Novembre 1827. t. XXXVI. p. 231.* \u2014 Poggendorff\u2019s Annalen u. s. w. 1828. Bd. XII. S. 166.*\n5 Poggendorfp\u2019s Annalen u. s. w.' 1839. Bd. XLVIII, S. 51.*\n* Ebendas. 1843, Bd. LX. S. 383.*","page":82},{"file":"p0083.txt","language":"de","ocr_de":"nicht auf Ver\u00e4nderung des eigent\u00fcmlichen Widerstandes der Musitein. 83\nVoltameter,.welches Platinelektroden in Schwefels\u00e4ure von 1.33 Dichte enthielt, auf 9 Atmosph\u00e4ren stieg. Jacobi meint nicht, dafs dies das bei Ketten von best\u00e4ndiger Kraft gew\u00f6hnlich vorkommende Wachsen der Stromst\u00e4rke gewesen sei, welches er sonst nie so ausdauernd bemerkt habe, wenn sich ein Volta-Elektrometer im Kreise befand, indem die Ladungserscheinungen alsdann in kurzer Zeit die St\u00e4rke des Stromes auf eine gewisse Grenze herabbringen. Und wirklich erhielt sich die Ablenkung nach Entfernung des Voltameters, so dafs die Kette f\u00fcr sich geschlossen war, einige Zeit lang auf gleicher H\u00f6he, ohne noch ferner zuzunehmen. Es waltet demnach hier ein Widerspruch oh zwischen den Erfahrungen der Franz\u00f6sischen Preistr\u00e4ger und denen des Petersburger Physikers; man f\u00fchlt sich aber geneigt, den Ergebnissen ersterer mehr Vertrauen zu schenken, wenn man erw\u00e4gt, dafs sich in neuerer Zeit eine Verminderung der Ladungen durch Aufhebung des Luftdruckes herausgestellt hat,1 * so dafs Jacobi\u2019s Erfolg auch in dieser Hinsicht ganz abweichend erscheint, und wenn man sich \u00fcberdies erinnert, dafs gleichfalls vor Kurzem durch Oiim der beg\u00fcnstigende Einflufs erh\u00f6hter Temperatur auf den Widerstand der feuchten Leiter durch einen Versuch erh\u00e4rtet worden ist, hei dem keine Ver\u00e4nderung des Spieles der Ladungen mehr vermuthet werden konnte,3 w\u00e4hrend doch sonst, bei Verh\u00e4ltnissen dieser Art, K\u00e4lte und Druck, Aufhebung desselben und Temperaturerh\u00f6hung in einerlei Sinne zu wirken pflegen. Um so wahrscheinlicher ist es endlich, dafs, wenn die Verdichtung der Elektrolyte einen Einflufs auf ihr Leitverm\u00f6gen \u00e4ufsert, dies kein beg\u00fcnstigender sein werde, als dieselben, beim Uebergange in den festen Zustand, sich bekanntlich in Nichtleiter verwandeln.3\nWie dem auch sei, die bei weitem wichtigere Frage f\u00fcr uns an dieser Stelle scheint zu sein, nicht, welche die Ursache der wahrgenommenen Zunahme des Leitverm\u00f6gens der zusammengezogenen Muskeln sein k\u00f6nne, sondern inwiefern dieselbe einen Einflufs gewinnen m\u00f6ge auf die Erkl\u00e4rung der Abnahme des Muskelstromes im Tetanus. Man darf nicht vergessen, dafs wir es in diesem Strome mit einem abgeleiteten Stromarme zu thun haben, und dafs also von vorn herein nichts widersinniges darin liegt, eine Abnahme desselben der Abnahme, des Widerstandes des Muskels zuschreiben zu wollen.\n1 S. unten, Kap. V. \u00a7. m. 5.\n3 Poggendorff\u2019s Annalen u. s. w, 1844. Bd. LX1I1. S. 403. * \u2014 Henrici ebendas. 1845. Bd. LXV1. S. 174.*\n3 Faraday, Experimental Researches in Electricity. (Collected from the Philosophical Transactions). Vol. I. London 1839. Series IV (April 1833). p. 110.*\n6\u00b0","page":83},{"file":"p0084.txt","language":"de","ocr_de":"S4\t3. Absehn. Kap. IV. \u00a7.111. 7. Die Stromabnahme im Tetanus beruht\nNicht nur indefs, dafs jene Wirkung viel zu geringf\u00fcgig ist, um die Schwankung des Muskelstromes im Tetanus mit ihrer H\u00fclfe zu erkl\u00e4ren, es l\u00e4fst sich auch leicht, sowohl durch die Betrachtung als durch den Versuch an einem Kupferzinkschema, einsichtlich machen, dafs unter den Umst\u00e4nden, wie der Strom am Muskel gewonnen wird, Abnahme des Widerstandes der Muskelsubstanz Zunahme, und nicht Abnahme der Stromst\u00e4rke zur Folge haben m\u00fcfste. Dazu ist, theore-tischerseits, nur zu erw\u00e4gen, dafs der Stromantheil, den eine Molekel des Muskels durch den Multiplicatorkreis schickt, ehe er in die feuchten Enden desselben, die B\u00e4usche, tritt, eine Strecke in dem Muskel selber zur\u00fcckzulegen hat, gegen deren Widerstand der des ganzen \u00fcbrigen Kreises unter diesen Umst\u00e4nden h\u00f6chst wahrscheinlich nur noch wenig zu sagen hat. Eine Verminderung des Widerstandes jener Strecke mufs also unstreitig eine Vermehrung der Stromst\u00e4rke im Multiplicator, und keine Verminderung, nach sich ziehen.\nDiesen Schlufs durch den Versuch zu bekr\u00e4ftigen, ging ich folgen-dermafsen zu Werke. Ich untersuchte einfach die vergleichweise St\u00e4rke des Stromes, den mir das Kupferzinkschema eines Muskels nach der Molecularhypothese, welches oben Bd. I. S. 672 beschrieben, Fig. 74. 75 Taf. VI. ebendas, abgebildet ist, zwischen L\u00e4ngs- und Querschnitt gehen w\u00fcrde, wenn ich, statt Brunnenwasser, wie gew\u00f6hnlich, eine besser leitende Fl\u00fcssigkeit als feuchten Leiter in den Trog g\u00f6sse. Das Brunnenwasser wurde zu diesem Behufe mit '/20 dem Volume nach englischer Schwefels\u00e4ure versetzt. Man erinnert sich, dafs die st\u00e4rksten Wirkungen, die mit Brunnenwasser erhalten wurden, h\u00f6chstens 25\" ersten Ausschlages der Nadel betrugen; sie erreichten jetzt 50\u00b0.\nMan sieht, es ist auf keine Weise daran zu denken, die geringe Zunahme des fremden durch den Muskel geleiteten Stromes beim Tetanus mit der Abnahme des eigenen Stromes desselben in Zusammenhang zu bringen. F\u00fcr diejenigen, die den Er\u00f6rterungen des dritten Kapitels \u00fcber die Anordnung der ungleichartigen Gebilde im Muskel ihr Zutrauen versagen, kann es vollends dieser Beweisf\u00fchrung gar nicht erst bedurft haben, da f\u00fcr sie gar kein Grund vorhanden ist, zu vermuthen, dafs eine Abnahme des eigent\u00fcmlichen Widerstandes des Muskels eine solche des von ihm gewonnenen Stromes bewirken k\u00f6nne.\nWir beschliefsen somit diese Pr\u00fcfung der neuen Erscheinung in Hinsicht der M\u00f6glichkeit ihrer Herleitung aus blofsen Widerstandsver\u00e4nderungen irgend eines Kettentheiles ; eine Untersuchung, bei der ich mich lieber habe dem Vorwurfe biosstellen wollen, dafs ich auch die fernliegendsten Verd\u00e4chtigungen zur Widerlegung heranz\u00f6ge und mit Beweisen und Versuchen gleichsam spielte, als demjenigen, dafs auch","page":84},{"file":"p0085.txt","language":"de","ocr_de":"nicht auf einem die Nervenvenweigung herabkommenden Strome. S3\nnur ein Schatten eines Zweifels \u00fcber dem bedeutsamsten Ergebnisse schweben geblieben sei, zu dem wir bisher im Laufe unserer Forschungen gelangt sind. Es steht fest, dafs es die Summe der Spannungen im Innern des Gastroknemius ist, welche, im Augenblicke der Zusammenziehung, eine Abnahme erleidet.\n7. Die Abnahme des aufsteigenden Stromes des Gastroknemius vom Frosche w\u00e4hrend der Zusammenziehung r\u00fchrt nicht von einem w\u00e4hrend derselben auftretenden absteigenden Strome her.\nWir schr\u00e4nken diesen Ausdruck zun\u00e4chst auf den Gastroknemius ein, nicht weil es m\u00f6glich w\u00e4re, dafs nur dieser Muskel eine Ver\u00e4nderung seiner elektromotorischen Th\u00e4tigkeit im Tetanus erf\u00fchre, sondern weil wir noch nicht zu der Annahme berechtigt sind, dafs diese Ver\u00e4nderung stets dasselbe Zeichen in allen Muskeln behaupten wird. Der Gastroknemius bot nat\u00fcrlich stets eine und dieselbe, die aufsteigende Str\u00f6mungsrichtung dar; wie, wenn die scheinbare Abnahme dieses aufsteigenden Stromes auf einem im Augenblicke der Zusammenziehung eintretenden absteigenden Strome beruhte, der, die Bahn der Bewegungsnerven herabkommend, und ihrer Ausbreitung im Muskel folgend, hier nur zuf\u00e4llig den urspr\u00fcnglichen Strom zum Theil aufh\u00f6be? Am Gastroknemius tritt der Nerv beinahe in den \u00e4ufsersten Kopf des Muskels ein; wenn man nun einen in dieser Hinsicht \u00e4hnlich gebauten Muskel n\u00e4hme, der aber absteigenden Strom zeigte, so w\u00fcrde vielleicht Vermehrung dieses absteigenden Stromes beobachtet werden, und wenn man den Versuch z. B. an der oberen H\u00e4lfte eines der Oberschenkelmuskeln anstellte, welche den Ililus f\u00fcr Nerven und Gef\u00e4fse in der Mitte ihrer L\u00e4nge zu haben pflegen, so m\u00fcfste man, falls jene Voraussetzung richtig w\u00e4re, an dieser oberen H\u00e4lfte beziehlich Stromabnahme und Stromzunahme im Tetanus wahrnehmen k\u00f6nnen, je nachdem ihr urspr\u00fcnglicher Strom der absteigende oder der aufsteigende war.\nDie M\u00f6glichkeit dieser Vorstellungsweise wurde schon fr\u00fcher augedeutet (S. oben S. 60); dem ist jedoch nicht so. Man findet vielmehr stets und unter allen Umst\u00e4nden der Ableitung des urspr\u00fcnglichen Stromes, dafs Abnahme desselben die Folge des Tetanisirens ist. Sie zeigt sich ebensogut bei absteigendem als bei aufsteigendem Strome, ebensogut beim Strome zwischen nat\u00fcrlichem L\u00e4ngs- und Querschnitte, als bei Anwendung des k\u00fcnstlichen Querschnittes. Man kann jenen Versuch mit der oberen H\u00e4lfte eines Oberschenkelmuskels, in dem die Ausbreitung der Nerven nach oben geht, sehr gut am Semimembranosus","page":85},{"file":"p0086.txt","language":"de","ocr_de":"86 3.Abschn. Kap.IV. \u00a7.Ul. 7. Die Stromabnahme imTetanus beruht\nCuv. anstellen, indem man einen k\u00fcnstlichen Querschnitt unterhalb des Hilus anbringt, und diesen gegen einen Punkt des L\u00e4ngsschnittes am Muskelkopfe auflegt; der Strom ist aufsteigend und die Wirkung des Tetanisirens Abnahme desselben, also dem Sinne der Nervenausbreitung entgegen. Ganz dasselbe kann man \u00fcbrigens bereits an dem mit einer rein nach unten strebenden Nervenausbreitung versehenen Gastroknemius beobachten, indem man ihn oberhalb der Eintrittsstelle des Nerven k\u00f6pft, die Schnittfl\u00e4che gegen den einen Bausch und das Ende der Achillessehne gegen den anderen Bausch bringt. Man erh\u00e4lt etwa 30\u00b0 absteigenden Stromes, beim Tetanisiren etwa \u2014 18\u00b0 aufsteigenden Ausschlages, dem Sinne der Nervenausbreitung entgegen, mit der diese Wirkung folglich nichts zu schaffen hat.\nDabei h\u00e4lt die Gr\u00f6fse des negativen Ausschlages stets gleichen Schritt mit der des urspr\u00fcnglichen Stromes. Es war von Wichtigkeit, diese Proportionalit\u00e4t auch bis in die Grenzf\u00e4lle zu verfolgen, wo man zwischen zweien nat\u00fcrlichen oder k\u00fcnstlichen Querschnitten, oder zwischen entsprechenden oder auch in einer Querebene des Muskels gelegenen Punkten des L\u00e4ngsschnittes gar keinen oder nur noch eine Spur von Strom erh\u00e4lt. Die letzte Art, den Versuch anzustellen, ist die zweckm\u00e4fsigste, und zwar ist folgendermafsen dabei zu verfahren. Man richtet einen Adductor rnagnus Cuv. # oder noch besser diesen Muskel zugleich mit den neben ihm gelegenen, durch Bindegewebescheiden mit ihm verbundenen Semimembranosus und Biceps Cuv. dergestalt zu, dafs an beiden Enden der Muskelgruppe die St\u00fccke des Beckens und der Tibia erhalten werden, an welche sich oben die vier, unten die drei Sehnen der Muskelb\u00e4uche anheften; zugleich erh\u00e4lt man den gemeinschaftlichen Nervenstamm bis zur Wirbels\u00e4ule hinauf. So werden die Muskeln in die S. 67 beschriebene, Fig. 86 abgebildete Streckvoi'-richtung gebracht, m\u00e4fsig angespannt, und die B\u00e4usche entweder mit einer mit Eiweifsh\u00e4utchen \u00fcberzogenen Ecke oder nachdem man sie in der oben Bd. I. S. 507 beschriebenen, Fig. 37. Taf. IV. ebendas, dargestellten Weise mit spitzen Il\u00fclfsb\u00e4uschen versehen hat, gegen die zu untersuchenden Punkte des L\u00e4ngsschnittes geschoben. Das Ausspannen der Muskeln hat zum Zweck, dafs beim Tetanisiren derselben keine Aenderung der ber\u00fchrten Punkte des L\u00e4ngsschnittes entstehen k\u00f6nne, wodurch leicht ein Strom herbeigef\u00fchrt werden w\u00fcrde. Gelingt der Versuch gut, so erh\u00e4lt man heim Schliefsen des Kreises nur wenige Grade Ausschlag, und heim Tetanisiren ebenso nur eine Spur von r\u00fcckg\u00e4ngiger Nadelbewegung. R\u00fcckt man dagegen den einen Bausch gegen eins der Knochenst\u00fccke jenseits der Elfenbeinenden, welches entweder dem oberen oder dem unteren nat\u00fcrlichen Querschnitte der vier Mus-","page":86},{"file":"p0087.txt","language":"de","ocr_de":"auf Abnahme der elektromotorischen Kraft der Muskeln.\tS7\nkein entspricht, so erfolgt sogleich ein Ausschlag von angemessener St\u00e4rke in der durch das Gesetz des Muskelstromes geforderten Richtung, und beim Tetanisiren ein entsprechend lebhafter R\u00fcckschwung der Nadel in den negativen Quadranten \u00fcber ihre Stellung in dem urspr\u00fcnglichen Viertelkreise hinaus.\nDurch diese Versuche ist die obige Vorstellung eines der Ausbreitung der Nerven folgenden, den Muskelstrom bald theilweise com-pensirenden, bald sich mit ihr vereinigenden Stromes im Augenblicke der Zusammenziehung entschieden widerlegt (Vergl. oben S. 26). Man sieht vielmehr, dafs der Muskel auch im Tetanus noch nach demselben Gesetze wirkt, welches w\u00e4hrend der Ruhe seine elektromotorischen Leistungen beherrscht, und wir d\u00fcrfen das oben vorl\u00e4ufig nur f\u00fcr den Gastroknemius ausgesprochene Ergebnifs folgendermafsen verallgemeinern :\n\u00bbDie elektromotorische Kraft der Muskeln erleidet w\u00e4hrend \u00bbder Zusammenziehung eine Abnahme.\u00ab\nSo wohlbegr\u00fcndet indefs dieser Ausdruck nach dem Allen erscheinen mag, bereits die n\u00e4chste Folge wird lehren, dafs wir bei Abfassung desselben eine M\u00f6glichkeit \u00fcbersehen haben, durch deren Stattfindeu in Wirklichkeit leicht noch eine betr\u00e4chtliche Ab\u00e4nderung desselben notli-wendig gemacht werden k\u00f6nnte.\n\u00a7. IV.\nVon (lern Verhalten des strompr\u00fcfenden Froschschenkels w\u00e4hrend der Zusammenziehung, nebst der Erkl\u00e4rung der secund\u00e4ren Zuckung Matteucci\u2019s.\n1. Vom Verhalten des strompr\u00fcfenden Froschschenkels in dem Kreise eines tetanisirten Muskels.\nMan erinnert sich, dafs wir cs als die wesentliche Eigenth\u00fcmlich-keit des physiologischen Rheoskopes erkannten, dafs es nur Ver\u00e4nderungen in der Dichtigkeit des Stromes im Nerven anzeigt, diese aber um so leichter, je schneller sie bei gleicher Gr\u00f6fse vor sich gingen, oder je gr\u00f6fser sie in der Zeiteinheit waren; so dafs eben die Schnelligkeit der Ver\u00e4nderung hier im Stande ist,, ihren Mangel an Gr\u00f6fse zu","page":87},{"file":"p0088.txt","language":"de","ocr_de":"88\nr% 4bschn. Kap. IV, \u00a7. IV. 1. Von dem Verhalten\nersetzen. Daher ein Hauch von Ileibungselektricit\u00e4t, von dem keine Nadel eine Spur anzeigt, und der dem empfindlichsten Elektroskop entgeht, einen reizbaren Froschschenkel zu den heftigsten Zuckungen anzuregen vermag (S. oben Bd. I. S. 258. 409).\nMan erinnert sich ferner, welche grofse Geschwindigkeit wir der Muskelzusammenziehung beizumessen berechtigt sind (S. oben S. 31). Es fragt sich daher, und es lohnt sich der M\u00fche zu versuchen, ob nicht durch die so \u00e4ufserst geschwinde Stromabnahme im ersten Augenblicke des Tetanus, trotz ihrer Geringf\u00fcgigkeit, der strompr\u00fcfende Schenkel zum Zucken gebracht werden k\u00f6nne. Weniger l\u00e4fst sich dies vom Ende des Tetanus erwarten, wenn man mit dem Drehen des Unterbrechungsrades einh\u00e4lt, weil, wie bereits oben S. 48. bemerkt wurde, dieses Ende nicht so scharf begrenzt erscheint wie der Anfang, und der Muskel vielmehr erst allm\u00e4lig in seinen nat\u00fcrlichen Zustand wieder zur\u00fcckkehrt.\nDieser Versuch giebt nun allerdings ein gl\u00e4nzendes Ergebnifs, allein sehr verschieden von dem, welches wir gew\u00e4rtigten. Um ihn ins Werk zu setzen, ist nur noting, zwischen den beiden B\u00e4uschen einen Zwischenbausch anzubringen. Die eine L\u00fccke wird mit dem zu teta-nisirenden Gastrokncmius, die andere mit dem Nerven des strompr\u00fcfenden Schenkels \u00fcberbr\u00fcckt, der, wie gew\u00f6hnlich, und wie dies Fig. 19. Taf. III. Bd. I. ausf\u00fchrlich zeigt, an eine Glasplatte gebunden oder besser mit Kautschukringen befestigt, isolirt aufgestellt ist. Die schematische Abbildung Fig. 85. Taf. I. dieses Bandes ist geeignet, auch diese Anordnung zu versinnlichen; G ist der zu tetanisirende Gastroknemius, dessen Strom abgeleitet wird; Gt der strompr\u00fcfende Froschschenkel, dessen Nervenstamm dem Muskelstrome des Gastroknemius G zur Schliefsung dient. Nur die wesentliche Vorschrift ist zu geben, dafs man jetzt, anstatt mit H\u00fclfe des Inductionsstromes, wegen der unipolaren Inductions-zuckungen (S. oben Bd. I. S. 423), lieber mit H\u00fclfe des Stromes der CRovE\u2019schen Kette selber tetanisire, in deren Kreis Poggendorff\u2019s In-versor so eingeschaltet ist, dafs er nicht Idos unterbricht, sondern zugleich umkehrt (S. oben S. 46). Bei den Multiplicatorversuchen hatten wir, wie man sich erinnert, diese R\u00fccksicht nicht zu nehmen (S. oben S. 47). Auch hier huldigen wir derselben mehr aus \u00e4ufserster Vorsicht, als wegen unbedingter Nothwendigkeit: denn die erregenden In-ductionsschl\u00e4ge k\u00f6nnen, unbeschadet dem Tetanus, so schwach genommen werden, dafs sie nicht im Stande sind, unipolare Wirkung zu erzeugen (S. oben Bd. I. S. 435). In die bildliche Darstellung ist diese Ab\u00e4nderung der Anordnung nicht aufgenommen worden, weil dadurch die Uebersicht in den Zusammenhang der beiden Grundversuche dieses","page":88},{"file":"p0089.txt","language":"de","ocr_de":"des strompr\u00fcfenden Schenkels m\u00e4hrend des Tetanus.\n89\nGebietes, des Eingangs des vorigen Paragraphen beschriebenen, und des jetzt in Rede stehenden, geschm\u00e4lert worden w\u00e4re.\nFolgendes nun ist der angek\u00fcndigte \u00fcberraschende Erfolg. Die Nadel des Multiplicators ist in Ruhe, der strompr\u00fcfende Schenkel unbeweglich. So wie man mit Drehen des Inversors anhebt, gehorcht die Nadel, wegen des eingeschalteten m\u00e4chtigen Widerstandes des Nerven, mit tr\u00e4gen Bewegungen dem Strome der Ladungen, und der strompr\u00fcfende Schenkel zeigt sich seinerseits w\u00e4hrend der ganzen Dauer des Tetanisirens in den heftigsten unabl\u00e4ssigen Zuckungen, in f\u00f6rmlichem Tetanus begriffen. Der Multiplicator ist dabei nur eingeschaltet, um gleichzeitig den Erfolg an dem elektromagnetischen und physiologischen Strompr\u00fcfer \u00fcbersehen zu k\u00f6nnend er erweist sich indefs als \u00fcberfl\u00fcssig und der Tetanus erfolgt ebensogut bei ausgeschlossener Multiplicator-drahtwulst, zum Beweise n\u00e4mlich, dafs derselbe nicht etwa durch eine Reihe von Gegenstr\u00f6men erzeugt werde, welche durch die h\u00e4ufig wiederkehrenden schnellen Gr\u00f6fseschwankungen des Muskelstromes in derselben hervorgerufen w\u00fcrden.\nIn der That giebt uns dieser Versuch ein ganz anderes Bild von dem elektromotorischen Verhalten des tetanisirten Muskels, von dem wir uns, auf Grund der Erscheinungen an der Multiplicatornadel hin, nur eine unrichtige Vorstellung gemacht hatten. Dies ist der im zweiten Abschnitte dieser Untersuchungen (S. oben Bd. I. S. 409 ff.) be-zeichnete Fall, in welchem uns die Schnelligkeit der physiologischen Stromanzeigen einen so aufserordentlichen Nutzen gew\u00e4hren sollte. Die Langsamkeit der Nadelbewegungen hatte uns nichts Anderes wahrzunehmen gestattet, als im Allgemeinen eine Abnahme des im Multipli-plicatordrahte gegenw\u00e4rtigen Muskelstromarmes, und f\u00fcr das Auge hatte in der Erscheinung des tetanisirten Muskels Nichts gelegen, was dieser Wahrnehmung widersprochen h\u00e4tte.\nJetzt sind wir eines anderen belehrt. Die fortw\u00e4hrenden Zuckungen des zweiten Muskels, deren jede nothwendig einer Schwankung des Stromes des ersteren entsprechen mufs, zeigen, dafs die scheinbar noch so stetige Zusammenziehung desselben aus einer unzusammenh\u00e4ngenden Reihe von h\u00e4ufig wiederkehrenden, \u00e4ufserst schnellen Wirkungen besteht, von denen immer eine n\u00e4chstfolgende den Muskel, der von der vorhergehenden erledigt gem\u00e4chlich seine gew\u00f6hnliche Gleichgewichtslage einzunehmen trachtet, erfafst und abermals in die verk\u00fcrzte Gestalt zwingt. So ist die Frage entschieden nach dem Mechanismus des Tetanisirens auf elektrischem Wege, welche Nobili in seiner Erkl\u00e4rung dieses Vorganges offen gelassen hatte, und welche oben S. 37 gleichfalls noch schweben geblieben war: ob der Act der Zusammenziehung","page":89},{"file":"p0090.txt","language":"de","ocr_de":"90\t<?- Abschn. Kap. IV. \u00a7. IV. 1. Von der \u00dfiscontinuirlichkeit\nselbst n\u00e4mlich bei h\u00e4ufiger Wiederholung der elektrischen Reizung ein stetiger werde, oder ob der Vorgang der Form nach dem an einem Elektromagnete zu vergleichen sei, welcher, in den Kreis einer schnellgedrehten SAXTON\u2019schen Maschine gebracht, nie Zeit findet, seinen Anker fallen zu lassen, obschon er in einer ihn umgebenden Drahtrolle eine Reihe von Inductionsstr\u00f6men erregt. Der Tetanus auf elektrischem Wege ist discontinuirlich ; und es wird sich, wie schon bemerkt, sp\u00e4ter zeigen, dafs es \u00fcberhaupt fraglich ist, ob irgend eine anscheinend stetige Zusammenziehung wirklich continuirlicher Art sei, oder ob sie nicht vielmehr stets, gleich der elektrischen, aus einer schnell aufeinanderfolgenden Reihe augenblicklicher Wirkungen sich zusammensetze.1 Es ist, nebenbei gesagt, nat\u00fcrlich anzunehmen, und es geht aus der Erscheinungsweise der Zuckungen des strompr\u00fcfenden Schenkels bei langsamem Drehen des Rades mit Gewifsheit hervor, dafs, auch beim schnellsten Drehen desselben, einer jeden Oeffnung und Schliefsung der prim\u00e4ren Kette, wie ein Inductionsstrom, so auch stets ein tetanischer Stofs entsprechen mag.\nEs kn\u00fcpfen sich an die Erscheinung der Zuckungen, welche durch die Schwankung des Muskelstromes im Augenblicke der Zusammenziehung hervorgebracht werden, mehrere nicht unwichtige Einzelheiten, welche wir sp\u00e4ter in Augenschein nehmen wollen; zuvor jedoch nmfs untersucht werden, wie sich jetzt die Schl\u00fcsse gestalten, die wir in Betreff der Gr\u00f6fse jener Schwankung auf das Verhalten der Multi-plicatornadel im Tetanus gegr\u00fcndet hatten, che uns die Discontinuir-lichkeit desselben bekannt geworden war. Aus den Umst\u00e4nden, dafs der erste R\u00fcckschwung der Nadel dieselbe nicht gegen die negative Hemmung f\u00fchrt, und dafs ein tetanisirter Muskel einen Ausschlag in der gew\u00f6hnlichen Richtung, obschon schw\u00e4cher giebt, als im Zustande der Ruhe, wenn mau ihn nur verhindert hat, vorg\u00e4ngig Ladungen auf den Platinenden zu entwickeln, \u2014 hatten wir anscheinend mit vollem Rechte entnommen, dafs der Muskelstrom w\u00e4hrend des Tetanus nur theilweise verschwinde, zum gr\u00f6fsten Theil aber noch wie gew\u00f6hnlich vorhanden sei. Diese Folgerung ist dem jetzigen Thatbestande nicht mehr entsprechend. Man erinnert sich, dafs ein durch ein Unterbrechungsrad in regelm\u00e4fsigen Abst\u00e4nden v\u00f6llig unterbrochener Strom, wofern nur die Dauer der Pausen nicht allzubedeutend ist, eine Nadel gerade wie ein ganz stetiger Strom in best\u00e4ndiger Ablenkung zu halten vermag, nur dafs diese Ablenkung geringer ausf\u00e4llt als bei continuirlicher Einwirkung auf die Nadel. In dem oben Bd. I. S. 4t3. Bd. II.\n1 S. unten, Kap. IX.","page":90},{"file":"p0091.txt","language":"de","ocr_de":"des Tetanus auf elektrischem Wege.\n91\nS. 31. Anm. angef\u00fchrten hierauf bez\u00fcglichen PomLLEi\u2019schen Versuche war aber die Bogenl\u00e4nge eines metallischen gleich der eines nicht leitenden Zahnes; es ist klar, und es geht zum Theil aus Pouillet\u2019s Formel hervor, dafs die Best\u00e4ndigkeit der Ablenkung um so leichter eintreten und ihre Gr\u00f6fse um so betr\u00e4chtlicher ausfallen mufs, je k\u00fcrzer die Dauer der Unterbrechung im Verh\u00e4ltnisse zu der der Schliefsung ist. Da nun beim Muskel h\u00f6chst wahrscheinlich dies Verh\u00e4ltnis ein sehr grofses ist, d. h. die Dauer des Stromes immer noch sehr betr\u00e4chtlich bleibt gegen die Dauer der Unterbrechungen, so ist es m\u00f6glich, dafs w\u00e4hrend jeder Zuckung der Strom vollst\u00e4ndig verschwinde, ja eine theilweise oder v\u00f6llige Umkehr desselben ist denkbar, ohne dafs dadurch der Erkl\u00e4rung der Erscheinungen an der Multiplicatornadel irgend Eintrag gesch\u00e4he. Die Fig. 89 ist bestimmt, diese neue Vorstellungsweise im Zusammenh\u00e4nge mit der fr\u00fcheren zu erl\u00e4utern. Die Abscissenaxe 01 stellt die Zeit vor, auf welche die Gr\u00f6fse des Stromes in jedem Augenblicke als Curve bezogen ist, und + k sei die best\u00e4ndige Gr\u00f6fse des Muskelstromes im Zustande der Ruhe: so ist es, damit eine blofse Abnahme der Multiplicatorwirkung stattfinde, gleichg\u00fcltig, ob k stetig kleiner wird, wie es in kt ku angedeutet ist, oder oh es stofsweise, aber dann viel tiefer, immerhin bis unter die Abscissenaxe sinkt, was Umkehr der Str\u00f6mungsrichtung bedeutet {kI kIU) ; ja die Wirkung beider Schwankungen wird a\u00fcch der Gr\u00f6fse nach die n\u00e4mliche sein, wofern nur die zwischen der Geraden -t- k \u2014 const, und den beiden Curven begriffenen Fl\u00e4chenr\u00e4ume gleich sind, und die St\u00f6fse, in dem zweiten Falle, hinl\u00e4nglich schnell auf einander folgen. Ganz anders verh\u00e4lt es sich, wie man sich erinnert, mit dem physiologischen Rheoskope, welches nicht, gleich dem elektromagnetischen, den Fl\u00e4chenraum, sondern die Gestalt der Curve, nicht die Summe der Producte ihrer Ordinaten mit der unendlich kleinen Zeiteinheit, sondern die Werthe einer Function ihrer Steilheiten auf allen Punkten nacheinander durchempfindet (S. oben Bd. I. S. 258. 414). Die Gestalt der Curve k[ ku k\u00f6nnte niemals Tetanus im strompr\u00fcfenden Schenkel hervorbringen; wir sind also zu der Annahme gen\u00f6thigt, dafs es die Gestalt k, kUI, aber mit constanter noch unbekannter Tiefe der Einbiegungen sei, welche in Wirklichkeit beim Tetanisiren stattfinde. Diese Gestalt n\u00e4hert sich, wie man sieht, derjenigen, welche nach den a. a. 0. gepflogenen Er\u00f6rterungen das Maximum der physiologischen Wirkung zur Folge haben w\u00fcrde.\nEs fragt sich, wie sich, bei dieser Deutung der Erscheinungen, das Freiwerden eines Theiles der Ladungen in den ersten Augenblicken des Tetanus erkl\u00e4ren lasse, welches wir oben S. 59 nachgewiesen haben. Die Antwort hierauf giebt folgender Versuch. Es handelt sich darum,","page":91},{"file":"p0092.txt","language":"de","ocr_de":"92\n3, Absclm. Kap. IV. \u00a7. IV. 1. Von der KiscontinuirlichleeU\nzu zeigen, dafs beim Intermittirendwerden einer Stromesquelle die Ladungen sich ebenso verhalten, wie bei stetiger Abnahme der elektromotorischen Kraft (Vergl. oben Bd. I. S. 238). Es m\u00fcfste also dio elektromotorische Wirkung unterbrochen werden, ohne dafs der Kreis zugleich ge\u00f6ffnet w\u00fcrde, was sich nicht anders als mit H\u00fclfe der Gesetze der abgeleiteten Str\u00f6me, und zwar nur ann\u00e4hernd bewerkstelligen l\u00e4fst. Zu diesem Behufe wurde eine GRovE\u2019sche Kette der gr\u00f6fseren Bd. I. S. 447 beschriebenen Art gleichzeitig durch zwei Leitungen geschlossen. Die eine Leitung enthielt den Multiplicator mit kurzem Drahte (S. oben Bd. I. S. 202) und Platinelektroden von 25mm Seite in Brunnenwasser. Die andere hingegen bestand einfach aus dem Unterbrechungsrade, dessen Widerstand, wenn die Federn auf Kupfer dr\u00fcckten, gegen den der Nebenleitung als durchaus verschwindend angesehen werden konnte. Gericthen hingegen die Federn auf Holz, so ging der Strom allein durch den Multiplicator und die voltameter\u00e4hnliche Vorrichtung. Nennen wir W den Widerstand der Kette, w den des Multi-plicators und Voltameters, w' den des Unterbrechungsrades, so schwankte also beim Drehen desselben die Stromst\u00e4rke in Voltameter und Multiplicator zwischen\nk\nTV + m\nund\nwo w : re ein sehr grofscs Verh\u00e4ltnifs anzeigt. Her Erfolg war stets ein lebhafter Ausschlag im Sinne der Ladungen. Ich stellte denselben Versuch auch noch am gew\u00f6hnlichen Multiplicator unter Verh\u00e4ltnissen der Stromkr\u00e4fte an, welche mehr den am Muskel obwaltenden gleich kommen. Als Erreger diente eine kleine Kali-Salpeters\u00e4urekette mit Platinelektroden; die Rolle des Voltameters \u00fcbernahmen die Zuleitungs-gef\u00e4fse selbst mit ihren gew\u00f6hnlichen Platinenden. Beim Schliefsen erfolgte ein Ausschlag wie von einem schw\u00e4chlichen Gastroknemius, 70\u00b0; es hinterblieben ungef\u00e4hr 8\u00b0 best\u00e4ndiger Ablenkung. Drehte ich das Unterbrechungsrad, welches, die Federn auf Holz gestellt, gleichfalls bereits mit den Enden der S\u00e4ure-Alkalikette verbunden war, so erhielt ich \u2014 50\u00b0 Ausschlag im Sinne der Ladungen, gerade als ob ein aufliegender Muskel tetanisirt worden w\u00e4re.\nDieser Umstand bietet demnach keine Dunkelheit dar. Die vornehmste Aufgabe, deren L\u00f6sung uns jetzt bevorsteht, ist unstreitig, ein Mittel ausfindig zu machen, wie wir \u00fcber die Tiefe der Einbiegungen der Muskelstromcurve im Augenblicke der Zusammenziehung zu gr\u00f6sserer Gewifsheit gelangen k\u00f6nnen. Sie wird Gegenstand des n\u00e4chstfolgenden Paragraphen sein; jetzt wollen wir uns nach der Erscheinungs-","page":92},{"file":"p0093.txt","language":"de","ocr_de":"des Tetanus auf elektrischem Wege.\n93\nweise der Zuckungen, zu denen diese Einbiegungen in einem strompr\u00fcfenden Schenkel Anlafs zu geben verm\u00f6gen, etwas n\u00e4her erkundigen.\n2. Erkl\u00e4rung der secund\u00e4ren Zuckung Matteucci\u2019s.\nEs hat gewifs Niemand, der der geschichtlichen Darstellung in dem ersten Paragraphen dieses Kapitels mit Aufmerksamkeit gefolgt ist, verborgen bleiben k\u00f6nnen, dafs der Versuch, den wir oben .mit dem Nerven des strompr\u00fcfenden Schenkels im Kreise des tetanisirten Muskels anstellten, nichts Anderes war, als Matteucci\u2019s sccund\u00e4re Zuckung oder \u00bbcontraction induite\u00ab in ver\u00e4nderter Gestalt. Ich darf, wenn ich nicht irre, hoffen, dafs es nicht vieler Worte bed\u00fcrfen werde, um den Leser zu \u00fcberzeugen, dafs diese Erscheinung, wie ich es sogleich nach Matteucci\u2019s Bekanntmachung aussprach, in der That nichts weiter ist, als die physiologische Wirkung derselben Schwankung des Muskelstromes, deren Sinn ich sogar bereits an der Multiplicatornadel nachgewiesen hatte. Es w\u00fcrde wenigstens eine Deutung sein, deren Abenteuerlichkeit alle Grenzen \u00fcberstiege, wenn man sich vorstellen wollte, dafs es aufser dieser Wirkung noch eine andere gebe, der die Zuckungen zugeschrieben werden m\u00fcfsten, w\u00e4hrend jene v\u00f6llig ausreichend ist, um dieselben zu erkl\u00e4ren. Dafs dies der Fall sei, dafs unter den zahlreichen Versuchen und Einw\u00e4nden Matteucci\u2019s gegen die elektrische Natur der \u00bbcontraction induite\u00ab nicht ein einziger sich finde, der f\u00fcr irgend stichhaltig gelten k\u00f6nne, w\u00e4hrend sich f\u00fcr dieselbe noch eine Menge anderer von diesem Physiker \u00fcbersehenen Thatsachen mit Zuverl\u00e4ssigkeit ausspricht, soll jetzt dargelegt werden.\nSehen wirJ vorl\u00e4ufig ganz von dem oben angestellten Versuche, ja sogar von der Kenntnifs der r\u00fcckg\u00e4ngigen Nadelbewcgung im Tetanus ab, und w\u00e4hlen wir die urspr\u00fcnglichen von Matteucci selber liin-gestellten Erfahrungen als Ausgangspunkt der Untersuchung. Es ist klar, dafs wir, einer Zuckung an einem reizbaren Froschschenkel gegen\u00fcber, welcher mit einem andern in leitender Ber\u00fchrung ist, unter allen Umst\u00e4nden zun\u00e4chst an eine elektrische Einwirkung von Seiten des letzteren auf den ersteren denken werden. Eine jede andere Vermuthung mufs so lange zur\u00fcckstehen, als nicht die triftigsten Gr\u00fcnde vorhanden sind, diesen Ursprung der Erscheinung in Abrede zu stellen. Unsere Kenntnifs der elektromotorischen Leistungen eines Froschschenkels sind aber vorger\u00fcckt genug, um von diesem Standpunkte aus alsbald die Aussicht auf ein weites und fruchtbares Gebiet pr\u00fcfender Versuche zu er\u00f6ffnen. Welcher Art kann eine Ver\u00e4nderung elektrischer Zust\u00e4nde am zuckenden Schenkel sein? denn eine solche Ver\u00e4nderung mufs statt-","page":93},{"file":"p0094.txt","language":"de","ocr_de":"94\n3. Abschn. Kap. IV. \u00a7. IV. 2. Erhl\u00e4rung\nfinden, da es sich um eine Erregung des physiologischen Rheoskopes handelt. Augenscheinlich sind nur zwei F\u00e4lle denkbar: entweder wir haben es mit einer Schwankung des Muskelstromes selber, der St\u00e4rke nach, aber innerhalb der durch sein bekanntes Gesetz bestimmten Form, oder sonst mit einer nicht nach diesem Gesetze erfolgenden, zun\u00e4chst als unregelm\u00e4fsig erscheinenden Wirkung zu thun, deren neues Gesetz alsdann zu erforschen ist. Um zwischen diesen M\u00f6glichkeiten zu entscheiden, ist nichts weiter n\u00f6thig, als uns zu versichern, ob die Einwirkung des einen Schenkels auf den Nerven des andern nach dem Gesetze des Muskelstromes erfolgt oder davon unabh\u00e4ngig ist. Anstatt uns also, wie Matte\u00fccci, damit zu begn\u00fcgen, den Nerven des strompr\u00fcfenden Schenkels aufs Gerathewohl \u00fcber das urspr\u00fcnglich zuckende GALvANi\u2019sche Pr\u00e4parat hinzulagern, werden wir suchen, diesem Nerven in Bezug auf die ungleichartigen Fl\u00e4chenbegrenzungen der Muskeln, Sehne oder nat\u00fcrlichen Querschnitt und Fleisch oder nat\u00fcrlichen L\u00e4ngsschnitt bestimmte Lagen zu ertheilen, und zu ermitteln, ob sich diese Lagen dem Erscheinen der secund\u00e4ren Zuckung in Uebereinstimmung mit dem Gesetze des Muskelstromes mehr oder weniger g\u00fcnstig zeigen.\nL\u00e4fst man den Nerven des strompr\u00fcfenden Schenkels der L\u00e4nge nach dergestalt auf den Extensor cruris oder den Gastroknemius heruntersinken, dafs immer neue Punkte des Nerven mit immer neuen Punkten der Muskeln in Ber\u00fchrung kommen, so bleibt, so lange nur nat\u00fcrlicher L\u00e4ngsschnitt oder nat\u00fcrlicher Querschnitt ber\u00fchrt wird, alles in Ruhe, weil hier nur schwache Str\u00f6me herrschen; bei geh\u00f6riger Reizbarkeit erfolgt dagegen die Zuckung, so wie der Nerv von der einen dieser Fl\u00e4chenbegrenzungen aus die andere erreicht (S. oben Bd. I. S. 525. Bd. II. S. 23). Diese Zuckung bedeutet, wie wir wissen, dafs pl\u00f6tzlich ein elektrischer Strom seine Bahn in dem Nerven gefunden habe; wir wissen, vom Multiplicator her, dafs ein solcher Strom hier wirklich fortw\u00e4hrend gegenw\u00e4rtig ist. Lassen wir daher den Nerven in der Stellung, in welcher schliefslich die Zuckung erfolgt War, auf dem Muskel ruhen, so ist er mit Bestimmtheit von einem Strome von best\u00e4ndiger Kraft in der Richtung vom L\u00e4ngsschnitte zum Querschnitte durchflossen, und es ist klar, dafs eine pl\u00f6tzliche Ver\u00e4nderung in der Gr\u00f6fse dieser Kraft im Stande sein wird, abermals eine Zuckung hervorzubringen; um so leichter nat\u00fcrlich, je gr\u00f6fser die Ver\u00e4nderung ist, und je schneller sie erfolgt. Lassen wir hingegen den Nerven nur auf L\u00e4ngsschnitt oder nur auf Querschnitt aufliegen, so ist er von einem viel geringeren Strome durchflossen, und eine verh\u00e4ltnifsm\u00e4fsig eben so bedeutende Schwankung, wie sie eben f\u00fcr den Strom zwischen L\u00e4ngsund Querschnitt vorausgesetzt wurde, kann hier vielleicht keine Zuckung","page":94},{"file":"p0095.txt","language":"de","ocr_de":"der secund\u00e4ren Zuckung Matteucci\u2019j.\n95\nmehr zur Folge haben. Ist nun die Ver\u00e4nderung elektrischer Zust\u00e4nde, der wir die secund\u00e4re Zuckung zuschreiben, dem Gesetze des Muskelstromes unterthan, d. h. nichts als eben eine Schwankung dieses Stromes seiner St\u00e4rke nach, so mufs die Gr\u00f6fse dieser Schwankung in der That \u00fcberall der St\u00e4rke des Stromes selbst proportional sein; es wird also das beschriebene Verhalten eintreten m\u00fcssen. Gehorcht hingegen diese Ver\u00e4nderung einem neuen uns unbekannten Gesetze, so m\u00fcssen wir die secund\u00e4re Zuckung mit derselben Leichtigkeit wahrnebmen, wenn der Nerv des strompr\u00fcfenden Schenkels nur eine der beiden Fl\u00e4chenbegrenzungen, als wenn er beide ber\u00fchrt, da im anderen Falle ja sein Gesetz mit dem des Muskelstromes zusammenfallen w\u00fcrde.\nWie man sich, allem Voraufgegangenen nach, leicht denken kann, best\u00e4tigt der Versuch die erstere Vorstellungsweise aufs entschiedenste. Folgendes ist zun\u00e4chst die Art, Matteucci\u2019s Versuch im Groben und Allgemeinen zu wiederholen. Es ist bemerkenswerth, und erkl\u00e4rt sich aus der grofsen Geschwindigkeit der Muskelzusammenziehung mit Hinblick auf das allgemeine Gesetz elektrischer Nervenerregung, dafs es ungleich leichter ist, die secund\u00e4re Zuckung wahrzunchmen, als die GALVANi\u2019sche Zuckung ohne Metalle. Man nimmt einen Frosch von fast beliebiger Reizbarkeit und Gr\u00f6fse, bereitet daraus das Galvani\u2019scIic Pr\u00e4parat, schneidet den Nerven an einer Seite von dem St\u00fccke Wirbels\u00e4ule ab, und stellt denselben bis zum Kniegelenk frei dar, worauf man durch Entfernen des St\u00fcckes Oberschenkel zwischen L\u00e4ngsmittclebene des Beckens und diesem Kniegelenke einerseits ein halbes GALVANi\u2019sches Pr\u00e4parat nebst dem dazu geh\u00f6rigen Nerven und dem St\u00fccke Wirbels\u00e4ule, andererseits den strompr\u00fcfenden Schenkel gewinnt. Legt man nun den Nerven des letzteren aufs Gerathewohl \u00fcber den Oberschenkel des ersteren, und reizt dieses auf elektrischem Wege, wozu ich mich der oben Bd. I. S. 445 beschriebenen, Fig. 18. Taf. I. ebendas, abgebildeten kleinen Vorrichtung zu bedienen pflege, oder mittelst eines gl\u00fchenden Drahtes, einer Pinzette u. s. w. zur Zusammenziehung, so sieht man h\u00e4ufig, jedoch nicht immer, die secund\u00e4re Zuckung mit grofser Lebhaftigkeit erfolgen. Es versteht sich von selbst, dafs der strompr\u00fcfende Schenkel auf das sorgsamste isolirt sein mufs; ich lege daher entweder beide Schenkel auf zwei getrennte, nebeneinander befindliche Porzellanplatten, oder ich bediene mich der zur Aufstellung des strompr\u00fcfenden Schenkels bestimmten Glasplatte am allgemeinen Tr\u00e4ger (Fig. 19. Taf. III. Bd. I.).\nSchreitet man, von diesen ersten Wahrnehmungen, zu der Ermittelung von Lagebedingungen, unter denen die Zuckung vorzugsweise kr\u00e4ftig erfolgt oder v\u00f6llig ausbleibt, so findet man sehr bald,","page":95},{"file":"p0096.txt","language":"de","ocr_de":"96\n3. Abschn. Kap. IV. \u00a7. IV. 2. Erkl\u00e4rung\ndafs dieselbe nur dann eintritt, wenn der Nerv die Kette zwischen den beiden ungleichartigen Fl\u00e4chenbegrenzungen des Muskels, zwischen nat\u00fcrlichem L\u00e4ngs- und Querschnitte, schliefst. Ruht der Nerv dagegen allein auf L\u00e4ngsschnitt, so bleibt der strompr\u00fcfende Schenkel meisten-theils ganz unbewegt. Dieser Unterschied ist so in die Augen springend, so leicht zu finden und zu zeigen, der Zufall f\u00fchrt ihn so h\u00e4ufig ganz von selbst herbei, dafs ich in der That nicht begreife, wie er Matteucci auch nur eine Viertelstunde lang nach seiner ersten Beobachtung hat verborgen bleiben k\u00f6nnen. Schwieriger ist es, wegen seiner geringeren Ausdehnung und der \u00e4ufserlichen Unbestimmtheit seiner Begrenzung, die Unwirksamkeit des reinen nat\u00fcrlichen Querschnittes dar-zuthun. Indessen gelingt dies dennoch unzweifelhaft, wenigstens bei geringeren Graden der Reizbarkeit, an dem Sehnenspiegel des Extensor cruris und des Gastroknemius.\nDie Form des Versuches mit nat\u00fcrlichem L\u00e4ngs- und Querschnitte ist \u00fcberhaupt die vortheilhafteste, weil sie nicht, gleich den \u00fcbrigen nun zu beschreibenden, Vei'letzung der urspr\u00fcnglich zuckenden Muskeln, wodurch die Kraft derselben geschw\u00e4cht wird, mit sich bringt. Man zeigt daher am besten die secund\u00e4re Zuckung in dieser Gestalt, indem man den strompr\u00fcfenden Nerven dem Extensor cruris oder dem Gastroknemius in m\u00f6glichst grofser Ausdehnung entlang legt, so dafs er Sehne und Fleisch dieser Muskeln mit einander in Verbindung setzt. Man erinnert sich jedoch, dafs, wie Matteucci dies zuerst bemerkt hat und es sich leicht aus dem Gesetze des Muskelstromes ergiebt, auch der k\u00fcnstliche Querschnitt zur Hervorbringung der Zuckung ohne Metalle geeignet ist (S. oben Bd. I. S. 527). Wir d\u00fcrfen also auch erwarten, die secund\u00e4re Zuckung zwischen nat\u00fcrlichem L\u00e4ngsschnitte und k\u00fcnstlichem Querschnitte eintreten zu sehen und eben so m\u00fcssen k\u00fcnstlicher L\u00e4ngsschnitt und nat\u00fcrlicher Querschnitt, k\u00fcnstlicher L\u00e4ngsschnitt und k\u00fcnstlicher Querschnitt dem Gesetze nach wirksame Anordnungen abgeben, w\u00e4hrend keine secund\u00e4re Zuckung erfolgen d\u00fcrfte, wenn der Nerv nur k\u00fcnstlichen Querschnitt oder nur k\u00fcnstlichen L\u00e4ngsschnitt, nur nat\u00fcrlichen und k\u00fcnstlichen Querschnitt oder L\u00e4ngsschnitt ber\u00fchrt.\nAlle diese Schl\u00fcsse habe ich, mit mehr oder weniger Sicherheit, best\u00e4tigt gefunden. Der Versuch mit nat\u00fcrlichem L\u00e4ngsschnitte und k\u00fcnstlichem Querschnitte gelingt auf das sch\u00f6nste. Man pr\u00e4parirt den Adductor magnus vom Kniegelenke aufw\u00e4rts bis zu seinem Ililus vom Oberschenkel los und schneidet ihn an der Stelle, wo er eben seine volle Dicke erlangt hat, quer durch. Ruht der Nerv nur auf nat\u00fcrlichem L\u00e4ngsschnitte, so versagt die secund\u00e4re Zuckung; sie erfolgt sogleich mit aller Lebhaftigkeit, wenn der Nerv gegen den k\u00fcnstlichen","page":96},{"file":"p0097.txt","language":"de","ocr_de":"der secund\u00e4ren Zuckung Matteccci\u2019j.\ndi\nQuerschnitt gebogen wird. Bei Benutzung des k\u00fcnstlichen Querschnittes allein f\u00e4llt zwar die Schwierigkeit fort, die der nat\u00fcrliche darbot, dafs man n\u00e4mlich leicht ungewifs bleibt, ob man nicht schon die Grenze zwischen den beiden ungleichartigen Gebilden \u00fcberschritten hat; daf\u00fcr stellt sich aber, wenn der Querschnitt nicht ganz vollkommen gelungen ist, in der Einmischung k\u00fcnstlichen L\u00e4ngsschnittes, wie man leicht begreift, ein neuer Entstand ein, der die Best\u00e4ndigkeit des hier zu gew\u00e4rtigenden negativen Erfolges bedroht.\nZur Darstellung des k\u00fcnstlichen L\u00e4ngsschnittes f\u00fcr diese Versuche bediente ich mich des folgenden Verfahrens. Ich l\u00f6ste den Extensor cruris, wie vorher den Adductor magnus, bis zu der Eintrittsstelle seines Nerven g\u00e4nzlich ah, und schnitt das Bein unterhalb desselben weg; dann machte ich mit der Scheere einen Einschnitt in die untere Sehne des Muskels, wobei ich bem\u00fcht war, m\u00f6glichst genau in der Richtung der Fasern zu schneiden, fafste beide Zipfel mit starken Pinzetten und spaltete mit einem langsamen aber kr\u00e4ftigen Zuge den Muskel nach Belieben weit hinauf. Durch einen senkrecht auf die Richtung der Fasern gef\u00fchrten Schnitt mit der Scheere wird der k\u00fcnstliche Querschnitt gewonnen. Um nat\u00fcrlichen und k\u00fcnstlichen Querschnitt einander begrenzend und in hinl\u00e4nglicher Ausdehnung darzu-stellen, verfuhr ich auf die n\u00e4mliche Weise, nur dafs der Schnitt so viel tiefer gef\u00fchrt wurde, dafs oberhalb desselben noch ein hinreichendes St\u00fcck von dem Sehnenspiegel stehen blieb.\nEs versteht sich von selbst, dafs von diesen Anordnungen die Regelm\u00e4fsigkeit der Ergebnisse nicht mehr zu verlangen war, welche die fr\u00fcheren zeigen konnten. Es finden sich denn auch, unter der Menge, mancherlei Abweichungen von dem gesetzlichen Verhalten ein. Bei k\u00fcnstlichem L\u00e4ngsschnitte und nat\u00fcrlichem oder k\u00fcnstlichem Querschnitte z. B. erh\u00e4lt man h\u00e4ufig keine Wirkung. Dies wird wohl dadurch hinl\u00e4nglich gerechtfertigt, dafs die Darstellung des k\u00fcnstlichen L\u00e4ngsschnittes, vollends im Vereine mit dem k\u00fcnstlichen Querschnitte, eine zu schwere Verletzung der Muskeln und dabei vor Allem Zer-reifsung oder t\u00f6dtliche Zerrung zu vieler Nervenfasern mit sich bringt, als dafs noch hinreichend kr\u00e4ftige urspr\u00fcngliche Zuckung erfolgen k\u00f6nnte. Es wird auch keinesweges unter allen Umst\u00e4nden gl\u00fccken, in dieser Weise Galvani\u2019s Zuckung ohne Metalle zu beobachten. Umgekehrt zeigt sich die Anordnung: k\u00fcnstlicher und nat\u00fcrlicher Querschnitt, manchmal wirksam, was sie nicht sollte. Allein hier erinnert man sich bereits vom Multiplicator her, ein wie mifslicher Punkt es war, die doch offenbare Gleichartigkeit der beiden negativen Fl\u00e4chenbegrenzungen befriedigend nachzuweisen (S. oben Bd. I. S. 504. 511. 538). Die Unwirk-n.\t7","page":97},{"file":"p0098.txt","language":"de","ocr_de":"98\n3. Abschn. Kap. IV. \u00a7. IV. 2. Erkl\u00e4rung\nsamkeit des k\u00fcnstlichen L\u00e4ngsschnittes, sowohl an und f\u00fcr sich, als auch in Verbindung mit dem nat\u00fcrlichen L\u00e4ngsschnitte, l\u00e4fst sich dagegen meistens sehr rein darthun.\nMan k\u00f6nnte, beim ersten Anblicke, sich versucht f\u00fchlen, ein Bedenken gegen die Beweisf\u00e4higkeit dieser Versuchsreihe dem Umstande zu entnehmen, dafs hei den als unwirksam angesprochenen Anordnungen der Natur der Sache nach der strompr\u00fcfende Nerv meist k\u00fcrzer aufgelegt werden mufs, als dies bei den als wirksam erkannten der Fall sein kann. Dies Bedenken zu entkr\u00e4ften ist jedoch, auf der einen Seite, besonders die so lebhaft wirksame Zusammenstellung: nat\u00fcrlicher L\u00e4ngs- und k\u00fcnstlicher Querschnitt, geeignet, indem hier auch mit einer ganz kurzen Nervenstrecke die Grenze zwischen den ungleichartigen Gebilden sicher getroffen werden kann, was bei der Sehne, wo diese Grenze verwaschener ist, erw\u00e4hntermafsen leicht verfehlt werden mag; auf der anderen Seite bietet der nat\u00fcrliche L\u00e4ngsschnitt, z. B. dem Adductor magnus entlang, vielfache Gelegenheit dar, den Nerven in viel gr\u00f6fserer L\u00e4nge aufzulegen, als es bei L\u00e4ngs- und Querschnitt zugleich nothwendig ist, und dennoch bleibt die secund\u00e4re Zuckung aus. So giebt es auch grofse Fr\u00f6sche, an denen die Ausdehnung des nat\u00fcrlichen L\u00e4ngsschnittes des Extensor cruris oder des Gastroknemius ebenso bedeutend ist, als die ganze L\u00e4nge dieser Muskeln bei kleineren Thieren, und wo man doch, noch dazu trotz dem st\u00e4rkeren Strome der gr\u00f6fseren Muskelmassen, so lange der Nerv nicht den nat\u00fcrlichen Querschnitt ber\u00fchrt, keine secund\u00e4re Zuckung vom L\u00e4ngsschnitte aus erfolgen sieht.\nDiese Versuchsreihe zeigt, dafs w\u00e4hrend der Ver\u00e4nderung der elektrischen Zust\u00e4nde des Muskels bei der Zusammenziehung, die wir zur Erkl\u00e4rung der secund\u00e4ren Zuckung vorausgesetzt haben, die in derselben begriffenen Spannungen noch immer dem n\u00e4mlichen Gesetze der Vertheilung gehorchen, welches den ruhenden Muskelstrom beherrscht, oder mit einem Worte, dafs diese Ver\u00e4nderung den Muskelstrom allein seiner Gr\u00f6fse nach betrifft. Die blofse Kenntnifs des Gesetzes dieses Stromes, im Vereine mit der secund\u00e4ren Zuckung, war demnach, wie man sieht, hinreichend, um auf dem k\u00fcrzesten Wege .zu der Ueber-zeugung einer einfachen Gr\u00f6fseschwankung desselben hei der Zusammenziehung zu gelangen. Weiter vermag man auf diesem Wege allerdings nicht vorzudringen. Ohne Multiplicatornadel l\u00e4fst sich nicht entscheiden, in welchem Sinne jene Schwankung geschieht.\nHier kann die Frage entstehen, weshalb dies nicht mit H\u00fclfe des Gesetzes der Zuckungen (S. oben Bd. I. S. 303) m\u00f6glich sei. Es scheint, als m\u00fcsse man dadurch, wenn man bei gegebenem Sinne der","page":98},{"file":"p0099.txt","language":"de","ocr_de":"der secund\u00e4ren Zuckung Matteoccx^.\t99\nSchwankung der Dichtigkeitscurve des Stromes in dem Nerven seine Richtung zu erkennen vermag, umgekehrt auch im Stande sein, bei gegebener Richtung desselben, dessen Bestimmung im Versuche uns freisteht, den Sinn einer Schwankung zu unterscheiden, welche Zuckung erregt hat oder unwirksam geblieben ist. So scheint es auch auf den ersten Blick, als k\u00f6nne man mit H\u00fclfe des Gesetzes der Zuckungen, unter Zuziehung der Kenntnifs des negativen Sinnes der Stromesschwankung beim Tetanus, die wir vom Multiplicator her besitzen, die ausgesprochene Deutung der secund\u00e4ren Zuckung noch dadurch auf die Probe stellen, dafs man versucht, ob die Zuckung vielleicht nur dann gelingt, wenn dem Gesetze des Muskelstromes gem\u00e4fs die Richtung desselben in dem aufliegenden Nerven die aufsteigende sein mufs.\nGegen beide Versuchsplane w\u00e4re urspr\u00fcnglich nichts einzuwenden. Nichtsdestoweniger f\u00e4llt die M\u00f6glichkeit einer solchen Bestimmung hier leider fort. Man findet, dafs die secund\u00e4re Zuckung erfolgt, welches auch die Richtung des Stromes in dem aufliegenden Nerven sei, und man versteht auch bei einiger Ueberlegung bald, dafs dem nicht anders sein k\u00f6nne. Man hat es n\u00e4mlich, bei der Stromesschwankung durch die Zusammenziehung, gewissermafsen mit einer doppelsinnigen Wirkung zu thun, da der Strom sich bei jedem tetanischen Stofse alsbald wieder ebenso schnell auf seine fr\u00fchere H\u00f6he erhebt, als er dieselbe eingeb\u00fcfst hatte (S. Fig. 89. Taf. I.). Daher der strompr\u00fcfende Schenkel, wenn sein Nerv z. B. absteigend durchflossen ist, und auf das rasche Sinken der Stromesdichtigkeit in seinem Querschnitte somit nicht zu antworten vermag, durch sein nicht minder pl\u00f6tzliches Wie-deranschwellen angeregt werden kann, und umgekehrt. Abgesehen davon kommt noch in Betracht, dafs dieser Schenkel sich wohl meistens auf einer Stufe der Erregbarkeit befinden wird, auf der er zur Wahrnehmung von Erscheinungen, die in das Gebiet des Gesetzes der Zuckungen einschlagen, wenig geeignet ist.\n3. Widerlegung von Matteucci\u2019s Theorie der secund\u00e4ren\nZuckung.\nF\u00fcr wie \u00fcberzeugend, in ihrer Einfachheit, ich die vorigen Versuche hinsichtlich der von mir gegebenen Erkl\u00e4rung der secund\u00e4ren Zuckung halten zu d\u00fcrfen glaube, so kann ich mir doch nicht verhehlen, welchen Vorurtheilen ich dabei zu begegnen haben werde, nachdem sich Matteucci auf Grund jahrelanger Untersuchungen und in einer Reihe von Aufs\u00e4tzen so entschieden sogar gegen jede elektrische Theorie der fraglichen Erscheinung \u00fcberhaupt ausgesprochen\n^ *","page":99},{"file":"p0100.txt","language":"de","ocr_de":"100\n3. Abschn. Kap. IV. \u00a7. IV. 3. Widerlegung\nhat. Ich f\u00fchle, dafs es unbegreiflich erscheinen mufs, wie die durch das Gesetz des Muskelstromes bestimmten Lagebedingungen des Eintretens und des Ausbleibens der secund\u00e4ren Zuckung, wenn sie wirklich g\u00e4lten, Matteucci und den ihm zur Seite stehenden Franz\u00f6sischen Beobachtern h\u00e4tten entgehen k\u00f6nnen.\nMan mufs aber nicht vergessen, dafs Matteucci, zur Zeit, wo er die secund\u00e4re Zuckung bekannt machte, von jenem Gesetze noch keine Ahnung besafs. Zwar kannte er die Negativit\u00e4t eines blosgelegten Muskelinneren im Allgemeinen im Verh\u00e4ltnisse zum Muskelumfange ; aber von der Gleichbedeutung der Sehne mit dem k\u00fcnstlichen Querschnitte, von ihrer Negativit\u00e4t gegen den nat\u00fcrlichen L\u00e4ngsschnitt, die ich eben-damals erst ans Licht zog, wufste er nichts. Er hatte demnach auch gar keine Ursache, R\u00fccksicht auf diese Umst\u00e4nde beim Lagern des strompr\u00fcfenden Nerven auf den urspr\u00fcnglich zuckenden Schenkel zu nehmen, und hiezu kommt noch die Natur des Versuches, der gem\u00e4fs man von vorn herein immer geneigt sein mufste, sein Mifslingen, wenn es einmal vorkam, statt auf die Vers\u00e4umnifs einer wesentlichen Bedingung, einfach auf irgend eine der unz\u00e4hligen in diesem Gebiete spukenden Zuf\u00e4lligkeiten zu schieben.\nIn der von Matteucci urspr\u00fcnglich gegebenen und bis auf die neueste Zeit unver\u00e4ndert beibehaltenen Abbildung schl\u00e4ngelt sich der strompr\u00fcfende Nerv aufs Gerathewohl \u00fcber die obere H\u00e4lfte eines nach Galvani\u2019s Vorschrift zugerichteten Frosches hin. Dasselbe ist der Fall in der Fig. 14. PI. IV. zum Aufsatze \u00bb0\u00ab Induced Contractions\u00ab, welche die oben S. 20. 21 beschriebene Form des Versuches zu erl\u00e4utern bestimmt ist, wobei n\u00e4mlich der strompr\u00fcfende Nerv, anstatt von der Wirbels\u00e4ule losgetrennt zu sein, vielmehr noch mit dem ganzen Rumpfe zusammenh\u00e4ngt. Nat\u00fcrlich kann auf einem solchen Laufe der Nerv mehrmals L\u00e4ngs- und Querschnitt ber\u00fchren.\nIn der erw\u00e4hnten Abhandlung hat Matteucci freilich, jedoch ohne einen zu Grunde liegenden Gedanken, blos im unbegrenzten Felde der M\u00f6glichkeiten umhertastend, mannigfache Lagerungsweisen des Nerven auf dem urspr\u00fcnglich zuckenden Muskel versucht. Er hat ihn bald den Muskelfasern gleichlaufend, bald quer\u00fcber, bald zickzackf\u00f6rmig, bald zu einer Oese gebogen darauf gebettet; er hat mit einer Scheere ein St\u00fcck Fleisch vom Oberschenkel weggeschnitten, und den Nerven auf die Schnittfl\u00e4che gelegt: ohne Ausnahme trat die Zuckung ein (S. oben S. 20). Nur die letzte Erfahrung k\u00f6nnte uns von einiger Bedeutung erscheinen; die aufs Gerathewohl angelegte Schnittfl\u00e4che k\u00f6nnte Einer, nach Matteucci\u2019s Vorg\u00e4nge, als gleichartig in ihren verschiedenen Punkten ansprechen wollen. Ich brauche kaum zu erinnern, wie voreilig","page":100},{"file":"p0101.txt","language":"de","ocr_de":"von B\u00efattedcci\u2019s Theorie der secund\u00e4ren Zuckung.\ndies sein w\u00fcrde; eine solche Fl\u00e4che bietet stets in ihrer Mitte und an ihren seitlichen R\u00e4ndern mehr oder weniger reinen k\u00fcnstlichen L\u00e4ngsschnitt, an ihrem oberen und unteren Ende jedoch der Natur der Dinge nach entschieden k\u00fcnstlichen Querschnitt dar. Matteucci nennt das: \u00bbquite uniform\u00ab; nat\u00fcrlich, weil er keinen Begriff von der Positivit\u00e4t des k\u00fcnstlichen L\u00e4ngsschnittes besitzt, sondern das ganze Muskelinnere schlechthin f\u00fcr negativ dem Muskelumfange gegen\u00fcber h\u00e4lt.\nAn einer Stelle jener Arbeit wird Matteucci zuf\u00e4llig einmal ganz in die N\u00e4he des richtigen Punktes gef\u00fchrt. Er bemerkt, dafs es manchmal vorkomme, dafs der strompr\u00fcfende Schenkel zucke in dem Augenblicke, wo sein Nerv auf das GALVANi\u2019sche Pr\u00e4parat gelagert werde. Als eine der Bedingungen, unter welchen dies geschehe, glaube er erkannt zu haben, dafs der Nerv mit einem Punkte seiner Ausdehnung die Sehne und mit einem anderen die Oberfl\u00e4che der Muskeln ber\u00fchre (S. oben S. 23). Anstatt aber hier den Schl\u00fcssel zu der Erscheinung zu ahnen, geht er blindlings mit der Behauptung daran vor\u00fcber: \u00bbSo let us say that the induced contraction takes place con-\u00bbstantly in all cases in which, by the care taken, the above-mentioned \u00bbcircumstances that may awake the contraction of the galvanoscopic \u00bbfrog are [not] 1 verified\u00ab \u2014 einer Behauptung, gegen\u00fcber welcher mir freilich \u00abnichts \u00fcbrig bleibt, als auf den so leicht zu pr\u00fcfenden, Jedermann zug\u00e4nglichen Thatbestand mich zu berufen.\nZu dieser Verblendung Matteucci\u2019s finden wir den Grund, wenn wir den Kern der kritischen Betrachtung w\u00fcrdigen, welche er in seinem Brief an Dumas (S. oben S. 28; vergl. Bd. I. S. 546) meiner Deutung der secund\u00e4ren Zuckung widmet. Zun\u00e4chst lebt er in dem Wahne, von dem nicht zu verstehen ist, wie er dazu gelangt sei, die von mir entdeckte negative Schwankung des Muskelstromes im Tetanus sei eine der allzuvielen Hypothesen, die er mir zum Vorwurf machen zu m\u00fcssen glaubt. Sodann begreift er nicht, wie eine negative Schwankung eines Stromes eine Zuckung in dem davon durchkreisten Nerven zur Folge haben k\u00f6nne; \u00bbII m\u2019a \u00e9t\u00e9 impossible de me \u00bbfaire une id\u00e9e de la valeur physique de ces expressions.\u00ab (!) End-\n1 Es steht da (p. 315*) \u00bbare verified\u201c; dies ist jedoch augenscheinlich ein Druckfehler, da es keinen Sinn bietet, dafs Matteucci alsdann auf ein so wichtiges Zusammentreffen nicht weiter eingeht, und da die Franz\u00f6sische Uebersetzung der Stelle in den Annales de Chimie et de Physique, ibid. p. 133* lautet: \u00bbDisons \u00bbd\u2019abord que la contraction induite s\u2019obtient constamment dans tous les cas dans \u00bblesquels, par les soins qu\u2019on y a apport\u00e9s, on ne v\u00e9rifie pas les circonstances susin-\u00bbdiqu\u00e9es qui peuvent faire r\u00e9veiller la contraction de la grenouille galvanoscopique. \u00ab Vergl. auch Le\u00e7ons sur les Ph\u00e9nom\u00e8nes physiques des Corps vivants etc. p. 293. 294.\"","page":101},{"file":"p0102.txt","language":"de","ocr_de":"102\n3. Abschn. Kap. IV. \u00a7. IV. 3. Widerlegung\nlieh aber, und dies ist der wesentliche Punkt, bleibt ihm unverst\u00e4ndlich, von was f\u00fcr einem Strome denn \u00fcberhaupt ein Nerv durchkreist sein solle, der auf dem Oberschenkel eines GALVANi\u2019schen Pr\u00e4parates ruht. \u00bbOn ne sait pas de quel courant il parle; le courant muscu-\u00bblaire et le courant propre circulent dans les masses musculaires seule-\u00bbment dans le cas o\u00f9 ces masses seraient coup\u00e9es et pr\u00e9par\u00e9es.\u00ab Hier n\u00e4mlich zeigt sich an ihm, welches Recht ihm zustehe, mein Gesetz des Muskelstromes f\u00fcr einen rohen und unvollst\u00e4ndigen Ausdruck ihm geh\u00f6riger Erfahrungen auszugeben (S. oben Bd. I. S. 546). Von seiner der chemischen Hypothese der volt\u00e4ischen Kette entlehnten Vorstellungsweise aus, nach welcher das Blut der S\u00e4ure, der Inhalt der einfachen B\u00fcndel und das angeblich damit gleichbeschaffene Sehnengewebe (!) dem Zink, endlich die H\u00fclle der B\u00fcndel dem negativen Metalle zu vergleichen w\u00e4ren, und hei nicht angelegtem Bogen, die Spannungen sich auf denselben Punkten wieder aufheben w\u00fcrden, auf denen sie sich erst eben entwickelten (S. oben Bd. I. S. 545. 548. 683), von diesem wohlbegr\u00fcndeten Standpunkte aus vermag sich Matteucci nicht zu denken, dafs ein Strom einen Nerven durchkreise, der in ununterbrochener Ausdehnung an L\u00e4ngs- und Querschnitt eines Muskels zugleich anliegt. So eingewurzelt ist diese vorgefafste Meinung in ihm, dafs sogar die Wahrnehmung keine Macht \u00fcber ihn hat, dafs der auf den Muskel gebettete Nerv im Augenblicke des Auflegens manchmal zuckt, wenn jene Bedingung erf\u00fcllt ist! Wo \u00fcbrigens bei der Erscheinung des Froschstromes Muskeln zerschnitten oder sonst zugerichtet sein m\u00fcssen, bleibt auch im Dunkel. H\u00e4tte Matteucci eine richtige Vorstellung von dem Gesetze des Muskelstromes, h\u00e4tte er die Zergliederung der Erscheinungen auch nur bis zu den Anf\u00e4ngen zu f\u00fchren verstanden, auf welche die Untersuchungen des dritten Kapitels gegr\u00fcndet worden sind, die Entdeckung der Schwankung jenes Stromes bei der Zusammenziehuug h\u00e4tte ihm nicht entgehen k\u00f6nnen, an deren Stelle er nun ein Phantasiegebilde, seine \u00bbmuscular induction\u00ab, als Wirkung eines neuen unbekannten Agens der Natur, nicht ohne Selbstgef\u00e4lligkeit auf den Schild erhebt.\nDenn er f\u00e4hrt fort: \u00bbEt apr\u00e8s tout, je viens de d\u00e9montrer, par \u00bbdes exp\u00e9riences, que la contraction induite ne peut jamais \u00eatre pro-\u00bbduitc par une action \u00e9lectrique, ou directe, ou d\u2019induction. Je le \u00bbr\u00e9p\u00e8te, la contraction induite est le premier fait d\u2019une \u00bbaction \u00e0 distance, ou plus proprement, d\u2019induction qui \u00bbest exerc\u00e9e par un muscle en contraction sur un nerf.\u00ab\nIch weifs durchaus das Vergn\u00fcgen zu w\u00fcrdigen, das Matteucci zu empfinden berechtigt sein w\u00fcrde, wenn es ihm gegl\u00fcckt w\u00e4re, eine Wirkung eines Muskels auf einen Nerven aus der Ferne zu entdecken.","page":102},{"file":"p0103.txt","language":"de","ocr_de":"von Maxxeucci\u2019\u00e6 Theorie der secund\u00e4ren Zuclcung.\t103\nIch kann aber nicht umhin, diese Behauptung k\u00fchn zu finden, so lange dieselbe noch durch keinen unmittelbaren Versuch erh\u00e4rtet ist. Dafs dem jemals so sein werde, daran ist guter Grund zu zweifeln. Ich will aber Matteucci eine Wirkung aus der Ferne, wenn es ihm beliebt .meilenweit, nur freilich durch einen Kupferdraht vermittelt, vorf\u00fchren, wonach es ihm vielleicht minder schwierig erscheinen wird, sich eine Vorstellung von der \u00bbvaleur physique\u00ab meiner Angaben zu machen.\nIch meine den einfachen Versuch, der im Anf\u00e4nge dieses Paragraphen beschrieben wurde. Der stetige Strom, von dem ein Nerv durchflossen ist, welcher, auf einem Muskel aufliegend, dessen ungleichartige Fl\u00e4chenbegrenzungen zur Kette schliefst, ist, wie man sich erinnert, ein von dem unabl\u00e4ssig im Inneren des Muskels kreisenden Strome abgeleiteter Arm. Wenn eine Unterbrechung dieses Stromarmes im Stande ist, Zuckung des strompr\u00fcfenden Schenkels hervorzubringen, so d\u00fcrfen wir wohl erwarten, dafs noch dasselbe der Fall sein werde, wenn wir jetzt den Nerven in der Mitte abheben, so dafs er nur noch bogenf\u00f6rmig mit zweien Punkten ber\u00fchrt. Ferner wird es gleichg\u00fcltig sein, ob wir jetzt in den Ber\u00fchrungspunkten zwischen Muskel und Nerv einen unwirksamen Leiter einschalten, wofern nur sein Widerstand nicht so grofs gew\u00e4hlt wird, dafs dadurch eine zu bedeutende Schw\u00e4chung des abgeleiteten Stromarmes und seiner verh\u00e4ltnifsm\u00e4fsigen Schwankung herbeigef\u00fchrt werde. Dadurch entsteht die Form des Versuches, wo der Muskel auf den B\u00e4uschen aufliegt, und an einer beliebigen Stelle des Kreises eine L\u00fccke angebracht ist, welche man mit dem Nerven des strompr\u00fcfenden Schenkels schliefst (Fig. 85. Taf. I. G, Gj). Diese Anordnung giebt die secund\u00e4re Zuckung, wie wir gesehen haben, gerade eben so gut, wie die urspr\u00fcnglich von Matteucci angewendete. Es braucht n\u00e4mlich nicht erinnert zu werden, dafs zur Erzeugung derselben durchaus nicht gerade ein halbes Galvani'scIics Pr\u00e4parat, ja nicht einmal ein strompr\u00fcfender Schenkel nothwendig ist. Grunds\u00e4tzlich bed\u00fcrfte es dazu nur eines Bruchst\u00fcckes eines einfachen B\u00fcndels in geh\u00f6riger Verbindung mit der entsprechenden Nervenaus-breitung; in der Wirklichkeit l\u00e4fst sich jedoch mit der Vereinfachung nicht weiter gehen, als bis zur Anwendung eines einzelnen mit seinem Nervenstammc zugerichteten Gastroknemius oder Extensor cruris, oder sonst eines st\u00e4rkeren Oberschenkelmuskels des Frosches, welche auch zur Wahrnehmung der GALVANi\u2019schen Zuckung ohne Metalle ausreichen.\nAuch beim Auflegen von k\u00fcnstlichem statt des nat\u00fcrlichen Querschnittes, gl\u00fcckt daher, wie sich erwarten liefs, dieser Versuch. Hingegen versteht es sich von selbst, dafs die Zuckung ausbleibt, wenn man die B\u00e4usche statt an L\u00e4ngs- und Querschnitt, an zwei mit ein-","page":103},{"file":"p0104.txt","language":"de","ocr_de":"104\n3. Ab sehn, Kap. IV. \u00a7. IV. 3. Widerlegung\nander unwirksame Punkte des Muskels, entsprechend den obigen unwirksamen Lagen des Nerven auf dem G alv a ni\u2019sehen Pr\u00e4parate, anlegt. Man verf\u00e4hrt dabei auf dieselbe Weise, wie um zu zeigen, dafs auch die Nadel unter diesen Umst\u00e4nden unbewegt erscheint (S. oben S. 86), nur dafs man den einen H\u00fclfsbausch, mit welchem man den Muskel, ber\u00fchrt, anstatt unmittelbar am Zuleitungsbausche, an einem Zwischenbausche anbringt; diesem gegen\u00fcber stellt man den Zuleitungsbausch auf, bekleidet beide mit Eiweifsh\u00e4utchen, und \u00fcberbr\u00fcckt die L\u00fccke zwischen ihnen mit dem strompr\u00fcfenden Nerven. Beim Drehen des Unterbrechungsrades, welches die gemeinschaftlich in der kleinen Streckvorrichtung befindlichen Muskeln, den Semimembranosus, den Biceps und den Adductor magnus in lebhaften Tetanus versetzt, bleibt der strompr\u00fcfende Schenkel in Ruhe. Hier giebt die gleichfalls kaum bewegte Nadel, geben die unmerklichen Ladungen unmittelbar den Grund f\u00fcr dieses Verhalten an; unter diesen Umst\u00e4nden ist der strompr\u00fcfende Nerv von keinem oder von einem zu schwachen Strome durchflossen, als dafs die im Verh\u00e4ltnisse seiner St\u00e4rke stattfindende Schwankung Zuckung hervorzubringen verm\u00f6chte. Sobald man aber den einen H\u00fclfsbausch, statt an den L\u00e4ngsschnitt, an eines der Knochenst\u00fccke anlegt, durch welche die Muskeln in den Platten der Streckvorrichtung befestigt sind, erscheint die secund\u00e4re Zuckung augenblicklich.\nUm zu zeigen, dafs eben so wenig, wie die Multiplicatordraht-wulst (S. oben S. 89), die Ladungen bei der Erscheinungsweise der Zuckungen betheiligt sind, kann man auch den Versuch so anstellen, dafs man den Gastroknemius blos auf die entsprechenden Enden zweier einander parallel auf einer Glasplatte ruhenden B\u00e4usche von der Gestalt der Zwischenb\u00e4usche auflegt, und mit dem strompr\u00fcfenden Nerven die beiden anderen Enden in Verbindung bringt. Man kann auch, w\u00e4hrend schon ein strompr\u00fcfender Nerv in den gew\u00f6hnlichen Multiplicatorkreis eingeschaltet ist, die beiden B\u00e4usche selber, auf denen der zuckende Muskel aufliegt, noch durch den Nerven eines zweiten strompr\u00fcfenden Schenkels verbinden, ja, um jeden Zweifel daran zu heben, dafs der Versuch in dieser Gestalt einerlei sei mit dem in Matteucci\u2019s urspr\u00fcnglicher Form, aufser diesen beiden strompr\u00fcfenden Nerven, sogar einen dritten dem Gastroknemius selber entlang legen, und man wird, bei jeder prim\u00e4ren Zuckung dieses Muskels, die drei strompr\u00fcfenden Schenkel gleichzeitig secund\u00e4r zucken sehen. Jener dritte strompr\u00fcfende Schenkel findet sich, in der eben bezeichnten Lage, denn auch noch ferner in Fig. 87 in GIt dargestellt. Bedarf es jetzt noch des Beweises, dafs die secund\u00e4re Zuckung elektrischer Natur sei? dafs sie nichts anderes sei, als das Ergebnifs der bereits nachgewiesenen nega-","page":104},{"file":"p0105.txt","language":"de","ocr_de":"von MATTEucci\u2019f Theorie der secund\u00e4ren Zuckung.\n105\ntiven Schwankung des Muskelstromes im Augenblicke der Zusammenziehung? So betrachte man die Multiplicatornadel, welche, so wie nur die Wirkung sich in einigermafsen kleinen Zeitr\u00e4umen wiederholt, alsbald ihre Stellung verl\u00e4fst und in den negativen Viertelkreis durchschl\u00e4gt.\nAllein Matteucci hat, wie er versichert, unmittelbar durch Versuche die Unm\u00f6glichkeit dargethan, die secund\u00e4re Zuckung auf elektrischem Wege zu deuten. Untersuchen wir die von ihm und Anderen aufgeworfenen Schwierigkeiten.\nZun\u00e4chst sagt er: \u00bbJ\u2019ai vari\u00e9 de mille mani\u00e8res les exp\u00e9riences \u00bbpour d\u00e9couvrir s\u2019il y a d\u00e9gagement d\u2019\u00e9lectricit\u00e9 dans la contraction \u00bbmusculaire. J\u2019ai employ\u00e9 pour cela les instruments les plus d\u00e9licats \u00bbet tous les soins possibles, et je dois conclure que ce d\u00e9gagement \u00bbd\u2019\u00e9lectricit\u00e9 ne peut pas se d\u00e9montrer par l\u2019exp\u00e9rience\u00ab (S. oben S, 20). Es kommt jedoch hier nur auf eine Ver\u00e4nderung der elektrischen Zust\u00e4nde des Muskels im Augenblicke der Zusammenziehung an, und diese h\u00e4tte Matteucci, da er meine Abhandlung gelesen, leicht bekannt sein k\u00f6nnen.1\nDie Er\u00f6rterung nimmt sodann dieselbe Form an wie alle anderen Streitigkeiten \u00fcber Identit\u00e4tstheorieen. Es wird gesagt, dafs die Natur der K\u00f6rper, welche, zwischen den zuckenden Schenkel und den aufliegenden Nerven gebracht, geeignet sind, die secund\u00e4re Zuckung zu hemmen oder fortzupflanzen, der elektrischen Erkl\u00e4rung derselben widerstrebe. Die ersten Stoffe, welche Matteucci in dieser Weise untersuchte, waren folgende: ein d\u00fcnnes Goldbl\u00e4ttchen, ein Streifen Fliefs-papier, der sich sogleich von Fl\u00fcssigkeit vollsaugt, ein Streifen geleimtes Papier, der dieses nicht thut, und ein Glimmerbl\u00e4ttchen. Das Metall, das trockene Papier und das Gliramerbl\u00e4ttchen hemmten die Erscheinung der Zuckung; das feuchte Papier hingegen gestattete ihr freien Durchgang.\nBecquerel hat bereits diese Wirkungsweisen unter der Voraussetzung einer elektrischen Entladung, welche im Augenblicke der Zusammenziehung im Muskel stattfinde, v\u00f6llig richtig erkl\u00e4rt (S. oben S. 15). In der That, es konnte keine bessere Wahl als die eines vorz\u00fcglichen Leiters, des Goldes, die eines feuchten Leiters, des ungelernten Papieres, und eines Nichtleiters, des geleimten Papieres oder des Glimraerbl\u00e4ttchens getroffen werden, um die Natur der Erscheinung als einer elektrischen festzustellen. Dafs der Nichtleiter alsdann die Wirkung\n1 Hieher geh\u00f6rt auch Peltier's oben S. 16. angef\u00fchrter Einwand gegen Becque-rel\u2019s Erkl\u00e4rung der secund\u00e4ren Zuckung aus einer elektrischen Entladung, welche die Muskelzusammenziehung begleite. Ich brauche nicht zu erinnern, dafs auch er vor dem nun vorliegenden Thatbestande zusammenf\u00e4llt.","page":105},{"file":"p0106.txt","language":"de","ocr_de":"106\n3. Abschn. Kap. IV. \u00a7. IV. 3. Widerlegung\nhemmen m\u00fcsse, leuchtet ein; dafs das Gold sich ihrem Zustandekommen widersetzt, ist nach den Omi\u2019schcn Grunds\u00e4tzen gleichfalls nothwendig. Denn zwischen dem Gold und dem aufliegenden Nerven vertheilt sich der Muskelstrom nach dem Gesetze der Nebenschliefsungen ; da aber das Gold unendlich besser leitet als der Nerv, so ist der Antheil des Stromes im Nerven unendlich kleiner als im Golde, und eine dieser Gr\u00f6fse proportionale Schwankung vermag keine Zuckung mehr hervorzubrin-gen. Becqdekel vergleicht diesen Vorgang ganz richtig mit dem bekannten Versuche am Zitterrochen, den man, auf einer metallenen Sch\u00fcssel gehalten, mit einem Nichtleiter ungestraft reizt oder durch eine isolirte Person reizen lassen kann; auch kann man ihn mit einer andern Sch\u00fcssel bedecken, und ihn so zwischen zwei metallenen Schildern ungef\u00e4hrdet tragen, wofern sich nur dieselben am Rande ber\u00fchren, so dafs sie f\u00fcr die Schl\u00e4ge des gereizten Fisches in Bezug auf den menschlichen K\u00f6rper eine Nebenleitung von verschwindendem Widerstande bilden. So hat man sich denn auch das Zustandekommen der secund\u00e4ren Zuckung durch den feuchten Leiter, das ungeleimte, mit Fl\u00fcssigkeit getr\u00e4nkte Fliefspapier hindurch, vorzustellcn. Es ist dasselbe blos als eine Verdickung der Schicht eines unwirksamen feuchten Leiters anzusehen, welche, nach den Er\u00f6rterungen des vorigen Kapitels, an der Oberfl\u00e4che der Muskeln ohnehin durch die H\u00fcllen der einfachen B\u00fcndel und das Bindegewebe dargestellt wird. Hier vertheilt sich der Strom in einem ganz anderen, dem Nerven ungleich g\u00fcnstigeren Verh\u00e4ltnisse; der im letzteren kreisende Stromarm f\u00e4llt stark genug aus, damit eine seiner St\u00e4rke proportionale Schwankung desselben noch Erregung zur Folge haben k\u00f6nne. Ganz das n\u00e4mliche hat man in dem Falle, wo man den Nerven des strompr\u00fcfenden Schenkels, statt ihn auf den urspr\u00fcnglich zuckenden Muskel aufzulegen, nur demselben nahe in die d\u00fcnne Fl\u00fcssigkeitschicht bettet, welche sich auf der Porzellantafel leicht durch das Umherschleifen des GALVANi\u2019schen Pr\u00e4parates erzeugt.\nAlles dies sind Wahrnehmungen, die dem auf diesem Gebiete und dem des Ora\u2019schen Gesetzes Bewanderten keinen Augenblick entgehen durften. Ich habe mir aber auch angelegen sein lassen, sie durch unmittelbare Thatsachen zu erh\u00e4rten. Ich habe n\u00e4mlich nachgewiesen, dafs die Einschaltung derselben Zwischenk\u00f6rper denselben Einflufs, wie auf die secund\u00e4re Zuckung, auch auf die GALVANi\u2019sche Zuk-kung ohne Metalle \u00e4ufsere. Als Zwischenk\u00f6rper von einem dem der nat\u00fcrlichen unwirksamen H\u00fclle des Muskels entsprechenden Widerstande wende ich mit Speichel oder Blutwasser getr\u00e4nktes leicht durchg\u00e4ngiges schwedisches Fliefspapier an, als gutleitenden das fein-doppelt-Blattgold der Goldschl\u00e4ger, oder, da dies zu leicht zerreifst, noch lieber feines","page":106},{"file":"p0107.txt","language":"de","ocr_de":"von Matte\u00fccci's Theorie der secund\u00e4ren Zuckung.\n107\nGoldblech, welches aber der Gestalt des Muskels entsprechend gebogen werden mufs; endlich als nichtleitenden Zwischenk\u00f6rper ein d\u00fcnnes Bl\u00e4ttchen russischen Glimmers, oder ein St\u00fcckchen Wachstaffent. Beim Gebrauche derselben mufs, gleichviel ob man die secund\u00e4re Zuckung oder die Zuckung ohne Metalle untersucht, darauf R\u00fccksicht genommen werden, dafs die Umh\u00fcllung des Muskels sich auf die beiden ungleichartigen Fl\u00e4chenbegrenzungen erstrecke, und dafs auch der Nerv so aufgelegt sei, dafs, ohne Dasein der Zwischenk\u00f6rper, wirklich Zuckung erfolgen w\u00fcrde, widrigenfalls das Ergebnifs nur ein illusorisches sein kann. Man findet nun in der That, dafs der GALVANi\u2019sche Versuch ohne Metalle mit Gold und Glimmer niemals, dagegen h\u00e4ufig mit dem feuchten Fliefspapiere gelingt.\nGanz denselben Einflufs zeigen die drei Zwischenk\u00f6rper begreiflich, wenn man ihre Wirkung auf die in einer L\u00fccke des Multiplicatorkreises stattfindende secund\u00e4re Zuckung untersucht. Legt man den Nerven des strompr\u00fcfenden Schenkels, statt frei \u00fcber diese L\u00fccke, auf einen Fliefspapierstreifen, der mit Speichel oder Blutwasser getr\u00e4nkt ist, ein Platinblech oder ein Glimmerbl\u00e4ttchen, so erfolgt im ersten Falle manchmal eine Wirkung, nie aber in den beiden letzten F\u00e4llen.\nIndessen den Einflufs dieser drei Zwischenk\u00f6rper, giebt Matteucci denn doch dem Anscheine nach zu, k\u00f6nne man noch unter der Voraussetzung des elektrischen Ursprunges der secund\u00e4ren Zuckung erkl\u00e4ren. Denn er unternimmt es von Neuem, nachdem Becquerel ihm die obige Deutung dieses Einflusses mitgetheilt hatte, Elektricit\u00e4tsentwickelung, Zunahme des Muskelstromes im Augenblicke der Zusammenziehung zu entdecken. Dies gelingt ihm aus guten Gr\u00fcnden nicht, und nun kehrt er zur Untersuchung der mannigfaltigen Stoffe zur\u00fcck, welche, zwischen die urspr\u00fcnglich zuckenden Muskeln und den strompr\u00fcfenden Nerven eingeschaltet, die secund\u00e4re Zuckung entweder hemmen oder gestatten. Er schmeichelt sich, in seiner englischen Abhandlung, in dieser Hinsicht zu folgendem durchgreifenden und h\u00f6chst auffallenden Ergebnisse gelangt zu sein: Die unbekannte Wirkung in die Ferne, welche ein zuckender Muskel auf einen fremden Nerven auszu\u00fcben vermag, durchbreche ohne Hindernifs alle Fl\u00fcssigkeiten, selbst die f\u00fcr die Elektricit\u00e4t am wenigsten leitenden; aber kein fester K\u00f6rper lasse sie hindurch. \u00bbThere is no liquid body among the many examined that impedes the \u00bbinduced contraction;... I have never succeeded in obtaining the in-\u00bbduced contraction when using a solid body interposed, however thin \u00bb it might have been chosen, and whatever might be its nature. \u00ab\t(L.\nc. p. 314. 315\u00b0. S. oben S. 22.)\nNehmen wir jedoch die Versuche etwas n\u00e4her in Augenschein, auf","page":107},{"file":"p0108.txt","language":"de","ocr_de":"108\t\u00ab?\u2022 Abschn. Kap. IV. \u00a7. IV. 3. Widerlegung\nwelche sich eine Aussage von solcher Bedeutung st\u00fctzen mag. Die \u00bbvielen\u00bb Fl\u00fcssigkeiten, welche Matteucci als Zwischenk\u00f6rper bei der secund\u00e4ren Zuckung gepr\u00fcft hat, sind folgende: Destillirtes Wasser (pure water), leicht anges\u00e4uertes Wasser, verd\u00fcnnte Salzl\u00f6sung, Blutwasser, Blut; Oliven\u00f6l, verd\u00fcnnter Alkohol, alkoholischer Harzfirnifs, Terpenthin\u00f6l, und eine Aufl\u00f6sung von Venetianischem Terpenthin in Terpenthin\u00f6l. Er liefs einige Tropfen der zu pr\u00fcfenden Fl\u00fcssigkeit auf den Muskel fallen und tauchte auch den strompr\u00fcfenden Nerven in dieselbe. Dann breitete er den Nerven, wie gew\u00f6hnlich, \u00fcber den Oberschenkel und sah, bei Zuckungen des letzteren, die secund\u00e4re Zuckung nicht ausbleiben. Das Gemisch von Venetianischem Terpenthin und Terpenthin\u00f6l ausgenommen, stellte er aber auch den Versuch so an, dafs er einen mit der Fl\u00fcssigkeit getr\u00e4nkten d\u00fcnnen Filzstreifen zwischen Nerv und Muskeln einschaltete, und auch so will Matteucci bei allen obengenannten Stoffen die secund\u00e4re Zuckung beobachtet haben.\nDafs reines und anges\u00e4uertes Wasser, verd\u00fcnnte Salzl\u00f6sung, Blut-wasser, Blut, die secund\u00e4re Zuckung nicht hemmen, nun dies scheint eben, nach allem Voraufgeschickten, nicht \u00e4ufserst wunderbar. Wunderbarer w\u00fcrde ich es finden, wenn Matteucci uns ein Mittel kennen gelehrt h\u00e4tte, die secund\u00e4re Zuckung einmal zu beobachten, ohne dafs sich Wasser, dafs sich mehr oder weniger verd\u00fcnnte Salzl\u00f6sung, Blut und Blutwasser auf dem Wege ihrer Fortpflanzung, n\u00e4mlich im Schenkel und dem Nerven selber, bef\u00e4nden. Auch der Erfolg mit dem verd\u00fcnnten Alkohol \u00fcberrascht nicht; hingegen w\u00e4re es allerdings ein Fund von \u00fcberschwenglicher Wichtigkeit, wenn so gut isolircnde Fl\u00fcssigkeiten, wie Oliven\u00f6l, Terpenthin\u00f6l u. d. m., der Fortpflanzung der secund\u00e4ren Zuckung gar kein Hemmnifs in den Weg legten. Man w\u00fcrde nicht umhin k\u00f6nnen, dem k\u00fchnen Erfindungsfluge des Mannes Dank zu zollen, den eine unbegreifliche Ahnung dazu gef\u00fchrt h\u00e4tte, der Entdeckung eines neuen \u00bbunw\u00e4gbaren Stoffes\u00ab auf dem Wege einer Versuchsreihe entgegen zu gehen, in welcher es jedem Anderen schwer geworden sein w\u00fcrde, von vorn herein etwas mehr als ein sinnloses T\u00e4ndeln mit Versuchen zu erblicken. Ich mufs jedoch sagen, dafs ich nicht vermocht habe, mich von der Wahrheit von Matteucci\u2019s Angabe zu \u00fcberzeugen.\nWas erstlich die Beobachtungen betrifft, die ohne Dazwischenlegung eines mit der zu pr\u00fcfenden Fl\u00fcssigkeit getr\u00e4nkten por\u00f6sen festen K\u00f6rpers angestellt sind, so geh\u00f6rt keine tiefe Ueberlegung dazu, um ihre v\u00f6llige Werthlosigkeit zu durchschauen. Es ist klar, dafs man bei dieser Versuchsweise nicht die geringste Sicherheit hat, dafs nicht an zwei oder mehreren Punkten der Nerv die nichtleitende fl\u00fcssige Schicht","page":108},{"file":"p0109.txt","language":"de","ocr_de":"von Matteucci\u2019s Theorie der secund\u00e4ren Zuckung.\n109\ndurchsinkt, und in unmittelbare Ber\u00fchrung mit dem zuckenden Muskel ger\u00e4th. Die M\u00f6glichkeit davon kannte sogar schon Galvani sehr gut, welcher sagt: \u00bbNeque enim unica serica tela ad cohibendas contrac-\u00bbtiones sat erat, quippe quae facile deferenti animali ly mp ha imbue-\u00bbbatur, et humectabatur, neque solum oleum, quippe quod arcus ex-\u00bbtremitati ita locum concedebat, ut ad ipsum cum subjecta parte \u00bbcontactum omnino veniret. \u00ab 1 Vermuthlich damit dasselbe hier recht ungehindert von statten gehen k\u00f6nne, giebt denn auch Mat-te\u00fccci f\u00fcr den in Terpenthin\u00f6l gel\u00f6sten Venetianischen Terpenthin den Rath: \u00bbIf the insulating stratum exceeds certain limits of \u00bbthickness, and the mixture has not a convenient degree of \u00bbfluidity, the induced contraction is wanting. It is however im-\u00bb possible to me to determine within what limits of thickness in the \u00bbstratum and fluidity in the mixture this occurs; it is sufficient for \u00bbme to have established by experiment that in some cases the induced \u00bb contractions are obtained, while there is interposed between the nerve \u00bband the muscle an insulating stratum which certainly arrests the \u00bbmuscular and proper current, no less than an ordinary voltaic cur-\u00bbrent. \u00ab Wir bezweifeln keinesweges, dafs man Venetianiscben Terpenthin so weit verd\u00fcnnen k\u00f6nne, dafs, wenn man einen Froschschenkel damit beschmiert und einen Nerven darein bettet, dieser und jener sich an mehreren Stellen bis zur Ber\u00fchrung n\u00e4hern k\u00f6nnen. Es mag also f\u00fcr Matteucci ausreichend sein, nachgewiesen zu haben, dafs die f\u00fcnf-zehngliederige FARADAY\u2019sche S\u00e4ule, deren er sich zum Erregen der urspr\u00fcnglichen Zuckung bediente, keine Zuckung bewirkte, wenn er mit dem einen Poldraht derselben den strompr\u00fcfenden Nerven, mit dem anderen die isolirende Schicht, \u00bbof course without penetrating to the muscle\u00ab, ber\u00fchrte; f\u00fcr uns entbehrt dieser Gegenversuch aller\n1 Op\u00e9r\u00e9 \u00e9dit\u00e9 ed inedite ec. p. 89,* aus dem dritten Abschnitte des Commen-tars. Vergl. p. 173. 193* gleichbedeutende Erfahrungen aus der Schrift \u00bb dell\u2019usoe dell\u2019 attivit\u00e0 dell\u2019 Arco conduttore ec.,\u201c und eine Angabe der Commissarien der Soci\u00e9t\u00e9 philomatique zu Paris, Chappe, Pobilliard und Sylvestre, in (Iren\u2019s Journal der Physik. 1794. Bd. VIII. S. 23.*, welche von einfachen GrAtVANi\u2019schen Versuchen berichten: \u00bbDie hei den Thieren mit kaltem Blute wahrgenommenen Erfolge sind \u00bbnoch auffallender im Oel als im Wasser. Sie dauern auch l\u00e4nger und lassen sich \u00bbl\u00e4nger wahrnehmen.\u201c (Vergl. Reinhold\u2019s Geschichte des Galvanismus u. s. w. S. 46*) Sie konnten also, unter Oel, die Metalle zur Ber\u00fchrung unter sich und mit den thierischen Theilen bringen. Dafs die Zuckungen st\u00e4rker waren, als unter Wasser, erkl\u00e4rt sich aus der fortfallenden Nebenschliefsung durch dasselbe; dafs die Muskeln l\u00e4nger antworteten, aus dem Nichtstattfinden der verderblichen Diffusion zwischen dem Wasser und den thierischen Fl\u00fcssigkeiten im Inneren der Muskelb\u00fcndel.","page":109},{"file":"p0110.txt","language":"de","ocr_de":"no\n3. Jbschn. Kap. IV. \u00a7. IV. 3. Widerlegung\nbindenden Kraft. Denn nichts b\u00fcrgte, wie gesagt, daf\u00fcr, dafs beim Erscheinen der secund\u00e4ren Zuckung nicht der Nerv bis zur Ber\u00fchrung mit dem Muskel die Schicht durchsunken hatte, und der Umstand, dafs ein gewisser Grad von D\u00fcnnfl\u00fcssigkeit als nothwendig f\u00fcr dieses Erscheinen anerkannt wird, ist nicht eben geeignet, uns \u00fcber das ausgesprochene Bedenken zu beruhigen.\nSomit ist das zahlreiche Heer von Versuchen, dessen Matteucci sich zur St\u00fctze seiner neuen Naturkraft ber\u00fchmte, schon auf ein sehr durchsichtiges H\u00e4uflein z\u00fcsammengeschmolzen. ln der That, es bleiben jetzt nur noch die drei Versuche mit alkoholischem Harz\u00fcrnifs, mit Oliven- und mit Terpenthin\u00f6l aufrecht stehen, bei welchen ein mit diesen Fl\u00fcssigkeiten getr\u00e4nkter d\u00fcnner Filzstreifen zwischen Nerv und Muskeln eingeschaltet war. Darauf w\u00fcrde indessen nichts ankommen. Sind diese Erfahrungen richtig, und ist die isolirende Eigenschaft jener Fl\u00fcssigkeiten erwiesen, so darf uns ihre Zahl gleichg\u00fcltig scheinen ; wir werden die Ersten sein, jene neue Kraft anzuerkennen, die wir alsdann sogar zu Ehren ihres Entdeckers \u00bb Matteuccismus \u00ab zu nennen Vorschl\u00e4gen m\u00f6chten.\nEs scheint jedoch nicht, als ob sobald Grund vorliegen d\u00fcrfte, die Physik mit diesem neuen Kapitel zu bereichern. Der alkoholische Harz-firnifs ist erstens durchaus kein stichhaltiger Isolator, wie z. B. jeder weifs, der einmal einen Multiplicatorrahmcn oder eine Inductionsrolle bewickelt bat. Man pflegt dabei jede Lage von Windungen, wenn sie fertig geworden ist, mit unfiltrirtem Schellackfirnifs (Politur der Tischler) anzustreichen; stets zeigt sich alsdann noch nach vielen Tagen bis zur v\u00f6lligen Verdampfung des Alkohols ein leitender Uebergang von Windung zu Windung durch den Lack. 1 Allerdings l\u00e4fst sich dagegen einwenden, dafs man hier ungleich st\u00e4rkere Str\u00f6me, als die, welche bei Erzeugung der secund\u00e4ren Zuckung betheiligt sind, zur Pr\u00fcfung anwendet, und dafs die Strombahn eine ungleich g\u00fcnstigere ist, da sie zum Querschnitte fast die ganze entwickelte Oberll\u00e4che des Drahtes, zur L\u00e4nge etwa die doppelte Dicke der Seide hat, mit welcher der Draht besponnen ist. Dies wird aber dadurch aufgewogen, dafs, bei der secund\u00e4ren Zuckung, dem Alkohol des Firnisses Gelegenheit geboten wird, sich mit Wasser zu verd\u00fcnnen, wodurch er an Leitungsg\u00fcte gewinnt. Was die beiden Oele betrifft, so l\u00e4fst sich hingegen wider dieselben kein solcher Einwand erheben; beide gelten, seit sehr langer\n1 Vergl. Courjon und Peltiee, in den Comptes rendus etc. 8 Ao\u00fbt 1836.\nt. III. p. 148.*","page":110},{"file":"p0111.txt","language":"de","ocr_de":"von Matteucci\u2019s Theorie der secund\u00e4ren Zuckung.\n111\nZeit und nach den \u00fcbereinstimmenden Zeugnissen zahlreicher Beobachter, f\u00fcr sehr vollkommene Nichtleiter. 1\nObschon dies der Fall ist, wird man doch leicht folgendes zugeben. Wenn uns eine Erscheinung vorliegt, die sonst in jeder Hinsicht das Gepr\u00e4ge eines elektrischen Ursprunges zeigt, mit der einzigen Abweichung jedoch, dafs Oliven- und Terpenthin\u00f6l, sonst anerkannte Nichtleiter der Elektricit\u00e4t, die Wirkung durch sich hindurch zu lassen scheinen, auf welcher sie beruht; so ist es unsere Schuldigkeit, ehe wir dieses einzigen Umstandes halber \u00fcber die Nichteinerleibeit der Ursache einer solchen Erscheinung und der Elektricit\u00e4t absprechen, uns durch den Versuch zu \u00fcberzeugen, ob in unserem besonderen Falle jene Fl\u00fcssigkeiten sich denn wirklich isolirend verhalten. Es k\u00f6nnte ja eine Verunreinigung derselben im Spiele sein, 2 und es ist nicht zu \u00fcbersehen, dafs die Versuche \u00fcber die Leitungsf\u00e4higkeit des Oeles, bei welchen man sich der einfachen Kette und des strompr\u00fcfenden Schenkels bediente, statt mit sehr d\u00fcnnen Schichten Oeles, wie sie hier Vorkommen, mit mehr oder weniger dicken angestellt sind; w\u00e4hrend die Versuche, zu welchen gr\u00f6fsere elektromotorische Kr\u00e4fte verwendet wurden, wieder an dem Uebelstande leiden, dafs das strompr\u00fcfende Mittel nicht, wie bei uns, der Froschschenkel, sondern wohl meist ein solches war, welches keine Einschaltung eines betr\u00e4chtlichen Widerstandes vertragen\n1\tHinsichtlich des Terpenthin\u00f6les s. Priestley, the History and present State of Electricity etc. 2. Edition. London 1769. 4\u201c. p. 581.* Er war es, der zuerst die nichtleitende Beschaffenheit der fetten und fl\u00fcchtigen Oele \u00fcberhaupt hervorhob. \u2014 Pfaef schreibt dem rectificirten Terpenthin\u00f6l einen 12mal geringeren Verz\u00f6gerungs-Werth zu, als dem absoluten Alkohol, dem 84procentigen Weingeist gleich. Schweig-ger\u2019s Jahrbuch der Chemie und Physik. Neue Folge. 1826. Bd. XVIII. S. 284.* \u2014 \u00fceber das Oliven\u00f6l vergl. Priestley ebendas.;\u2014Amp\u00e8re und Dulong \u00fcber Rous-seau\u2019s Diagomeler in den Annales de Chimie et de Physique. 1824. t. XXV. p. 373;* \u2014 Fechner in seinem Lehrbuche des Galvanismus und der Elektrochemie. Leipzig 1829. S. 227;* \u2014 Poggendoref in seinen Annalen u. s. w. 15. December 1846. Bd. LXX. S. 64. Anm.* \u2014 Versuche dar\u00fcber mit der einfachen Kette am stromprufenden Froschschenkel sind mir bekannt geworden von Galvani seihst im dritten Theile seines Commentars, Op\u00e9r\u00e9 \u00e9dit\u00e9 ed inedite ec. p. 85* (Vergl. oben Bd. I. S. 46. 47); \u2014 von Fowler in Alex. Monro\u2019s und Rich. Fowler\u2019s Abhandlung \u00fcber thierische Elektricit\u00e4t u. s. w. Leipzig 1796. S. 60;* \u2014 Pfaff, Ueber thierische Elektricit\u00e4t und Reizbarkeit. Leipzig 1795. S. 41 ; * \u2014 v. Humboldt, Versuche \u00fcber die gereizte Muskel- und Nervenfaser. Posen und Berlin 1797. Bd. I. S. 141. 143. 147.*\n2\tDer Verz\u00f6gerungswerlh des Oliven\u00f6les wird nach Rousseau's Versuchen durch Hinzuf\u00fcgung von nur eines fremden Oeles so bedeutend verringert, dal\u2019s er diesen Umstand zur Entdeckung von Verunreinigungen des Oliven\u00f6les mit anderen Oelen f\u00fcr Kaufleute vorschlagen konnte. \u20141 Ranziges Oliven\u00f6l leitet nach v. Humboldt a. a. 0. S. 147.*","page":111},{"file":"p0112.txt","language":"de","ocr_de":"112\n3. Ahschn. Kap. IV. \u00a7. IV. 3. Widerlegung\nkann. Es erhellt also die Nothwendigkeit, die Pr\u00fcfung auf Nichtleitung in jedem einzelnen Falle selber zu erneuern, und zwar wird man, wenn man es mit der Natur, mit sich selber aufrichtig meint, diese Pr\u00fcfung begreiflich nicht mit H\u00fclfe eines schw\u00e4cheren, sondern eines st\u00e4rkeren Stromes anstellen als derjenige ist, f\u00fcr welchen die Nichtleitung dar-gethan werden soll.\nMatteucci hat jene Nothwendigkeit wohl gef\u00fchlt, der letzteren Vorschrift jedoch nachzukommen vers\u00e4umt. Nur in dem einen Versuche mit der L\u00f6sung von Venetianischem Terpenthin in Terpen-thin\u00f6l hat er den Gegenversuch mit der f\u00fcnfzehngliederigen Faraday-schen S\u00e4ule angestellt. Aber dieser Versuch ist, wie oben gezeigt wurde, dadurch ganz entwerthet, dafs er nicht mit einem por\u00f6sen, mit der isolirenden Fl\u00fcssigkeit getr\u00e4nkten festen K\u00f6rper angestellt wurde, so dafs alle B\u00fcrgschaft fehlt f\u00fcr die Stetigkeit der nichtleitenden Schicht. In allen anderen F\u00e4llen, wo ein solcher K\u00f6rper eingeschaltet war, wo also der Versuch von dieser Seite her erst Beweiskraft erhalten haben w\u00fcrde, in allen diesen F\u00e4llen hat Matteucci die Probe auf Nichtleitung mittelst eines weit schw\u00e4cheren Stromes, auf folgende v\u00f6llig unzul\u00e4ngliche Weise gemacht.\nHalte man den strompr\u00fcfenden Schenkel in der Hand und ber\u00fchre mit dem Nerven desselben einen feuchten Papierstreifen, die Muskeln eines Frosches oder sonst eines Thieres, die mit dem Erdboden in leitender Verbindung stehen, so erfolge eine Zuckung. Diese r\u00fchre her von dem durch den Beobachter, den Fufshoden und den feuchten K\u00f6rper, den man ber\u00fchre, kreisenden Froschstrome. Sie bleibe aus, wenn man den Nerven zuvor mit Oel, Terpenthin\u00f6l oder Firnifs benetze. \u00bbIt is therefore indubitable,\u00ab schliefst Matteucci, \u00bbthat if an \u00bbinduced contraction is propagated through a stratum of the bad con-\u00bbductors mentioned, this induced contraction cannot possibly be owing \u00bbto a current generated in the contracting muscle, and passing thence \u00bb into the nerve of the galvanoscopic frog. \u00ab Aber Matteucci l\u00e4fst unbedacht, dafs er mit dem feuchten K\u00f6rper, mit dem Fufsboden, mit seiner Fufsbekleidung und seinem eigenen K\u00f6rper einen unermefslichen Widerstand in die Froschkette einschaltet, wodurch m\u00f6glicherweise der Strom auf einen so niederen Grad der St\u00e4rke herabgebracht wurde, dafs er den Widerstand der schlecht leitenden Schicht nicht mehr zu \u00fcberwinden vermochte; er bemerkt auch nicht, was ihm bei der bewundernsw\u00fcrdigen Leichtigkeit, mit der die GALVANi\u2019sche Zuckung ohne Metalle jenseits der Alpen zu erfolgen scheint, \u00fcberhaupt entgangen sein mufs, wie viel leichter, als die eben erw\u00e4hnte, die secund\u00e4re Zuckung unter allen Umst\u00e4nden von statten geht. Und ich frage nochmals kurz-","page":112},{"file":"p0113.txt","language":"de","ocr_de":"von Matteccci\u2019s Theorie der secund\u00e4ren Zuckung.\n113\nweg, weshalb hat Matteucci hier nicht den einzig beweisenden Gegenversuch mit der f\u00fcnfzehngliederigen S\u00e4ule, wie hei der L\u00f6sung von Venetianischem Terpenthin in Terpenthin\u00f6l angestellt? Oder weshalb verhehlt er uns seinen Erfolg, wenn er ihn angestellt hat? Weshalb setzt er sich der mifslichen Vermuthung aus, dafs die S\u00e4ule allerdings noch durch Oliven- und Terpenthin\u00f6l hindurch den Schenkel zur Zuckung anzuregen vermocht habe?\nSchon eine blofse, aus Matteucci\u2019s eigenen Mittheilungen gesch\u00f6pfte Kritik ist somit verm\u00f6gend, das Kartenhaus der neuen Naturkraft, welches er so k\u00fcnstlich in die H\u00f6he gebaut hat, umzublasen. Ich habe indessen geglaubt, es nicht unterlassen zu d\u00fcrfen, mich auch noch auf dem Wege eigener Versuche von dem hier stattfindenden Thatbestande zu \u00fcberzeugen. Ich ging dabei folgendermafsen zu Werke.\nDie urspr\u00fcngliche Zuckung brachte ich stets mit H\u00fclfe einer zweigliederigen GRovE\u2019schen S\u00e4ule hervor, welche mit den beiden Dr\u00e4hten meiner stromzuf\u00fchrenden Vorrichtung verbunden, war, auf deren Platinblechen der Nerv der urspr\u00fcnglich zuckenden Muskeln auflag. Die Kette wurde in Quecksilber geschlossen, so dafs f\u00fcr m\u00f6glichste Gleichheit der Erregung hei jedem Versuche gesorgt war. Ich pr\u00fcfte folgende f\u00fcr Nichtleiter geltende Fl\u00fcssigkeiten:\n1.\tDas reinste in Berlin k\u00e4ufliche Oliven\u00f6l;\n2.\tGemeines Brenn\u00f6l (R\u00fcb\u00f6l mit Thran versetzt) ;\n3.\tRectificirtes Terpenthin\u00f6l;\n4.\tGemeines Terpenthin\u00f6l;\n5.\tL\u00f6sung von Venetianischem Terpenthin in Terpenthin\u00f6l, etwa von der Consistenz der innersten Eiweifsschicht eines H\u00fchnereies ;\n6.\tRectificirtes Stein\u00f6l;\n7.\tAbsoluter Alkohol;\n8.\tFiltrirte alkoholische L\u00f6sung von Schellack und etwas Drachenblut (Lack der Mechaniker).\nMit jeder Fl\u00fcssigkeit wurden drei Versuchsreihen gemacht. Erstens wurde der urspr\u00fcnglich zuckende Extensor cruris oder Gastroknemius damit betropft, und der strompr\u00fcfende Nerv alsdann darin gebettet. Zweitens wurde ein St\u00fcck schwedischen Fliefspapieres mit der Fl\u00fcssigkeit getr\u00e4nkt, und zwischen Nerv und Muskeln eingeschaltet. Drittens wurde ein Platinblech mit einem so getr\u00e4nkten St\u00fccke Fliefspapieres \u00fcberzogen, der Nerv des strompr\u00fcfenden Schenkels auf dasselbe, sein Fufs auf ein anderes St\u00fcck Platinblech gelegt, und die beiden Bleche mit den Poldr\u00e4hten der zweigliederigen GRovE\u2019schen S\u00e4ule ber\u00fchrt.\nDer erste Versuch gab bei allen Fl\u00fcssigkeiten Zuckung, mit Ausnahme des in Terpenthin\u00f6l gel\u00f6sten Venetianischen Terpenthins. Hier\nH. 8","page":113},{"file":"p0114.txt","language":"de","ocr_de":"114\n3. Abschn. Kap, IV. \u00a7. IV. 3. Widerlegung\nhatte ich Ungl\u00fcck ; ich hatte \u00bb the limit of thickness \u00ab vermuthlich \u00fcberschritten, bei welcher die Zuckung zu erscheinen aufh\u00f6rt, \u00bbthe convenient degree of fluidity\u00ab nicht getroffen, bei welcher sie zu erscheinen anf\u00e4ngt! In der That aber, es gelang mir nach einiger Uebung den Nerven so lange bis zur Ber\u00fchrung mit dem Muskel herumzuschleifen, die Verd\u00fcnnung mit Terpenthin\u00f6l so weit zu treiben, dafs die Zuckung, wie man es nur w\u00fcnschen konnte, erschien! Was mir aber nicht gelang, war, mich zu \u00fcberreden, dafs jetzt noch eine stetige Schicht eines Nichtleiters zwischen Nerv und Muskeln bestand.\nDer zweite Versuch gab lebhafte secund\u00e4re Zuckung beim Schel-lackfirnifs, der nat\u00fcrlich, wegen der Verd\u00fcnnung mit der thierischen Feuchtigkeit, sogleich sein Harz fallen liefs. Eine Spur von Wirkung erfolgte auch beim absoluten Alkohol; nur mit M\u00fche konnte sie durch das Gew\u00fchl kleiner Zuckungen hindurch unterschieden werden, welches von der unmittelbaren Einwirkung des Alkohols auf den Nerven herr\u00fchrte. Bei allen anderen Fl\u00fcssigkeiten blieb die secund\u00e4re Zuckung g\u00e4nzlich aus, obwohl sie alsbald nach Entfernung des Fliefspapieres wiederkehrte.\nDie S\u00e4ule aber vermochte ebensowenig durch eine der genannten Fl\u00fcssigkeiten, mit Ausnahme des Alkohols und des alkoholischen Harzfirnisses, hindurchzuwirken, als die Schwankung des Muskelstromes bei der Zusammenziehung.\nIch sehe nicht, was sich gegen diese Versuche einwenden l\u00e4fst, und ich stelle somit das von Matteucci behauptete Verhalten auf das entschiedenste in Abrede, als seien die Leiter und Nichtleiter der Elek-tricit\u00e4t nicht auch Nichtleiter und Leiter der secund\u00e4ren Zuckung; als gebe es keine Fl\u00fcssigkeit, f\u00e4hig, die Fortpflanzung dieser zu hemmen, keinen festen K\u00f6rper, im Stande, sie zu gestatten. Dafs alle festen K\u00f6rper die secund\u00e4re Zuckung aufzuhalten scheinen, ist eine T\u00e4uschung, hervorgebracht durch den Umstand, dafs dieselben entweder sehr viel schlechter oder sehr viel besser leiten, als die feuchten Leiter, und dafs, bei der Matteucci allein bekannt gewordenen Anordnung, der Muskelstrom, auf dessen pl\u00f6tzlicher Schwankung im negativen Sinne die secund\u00e4re Zuckung beruht, sich verzweigen mufs zwischen dem strompr\u00fcfenden Nerven und dem eingeschalteten K\u00f6rper, was nach den Omi\u2019schen Grunds\u00e4tzen nicht anders, als im umgekehrten Verh\u00e4ltnisse der Widerst\u00e4nde, also, bei sehr grofser Leitungsf\u00e4higkeit des Zwischenk\u00f6rpers, auch nur zum gr\u00f6fsten Nachtheil f\u00fcr den strompr\u00fcfenden Nerven geschehen kann. Aber anstatt denselben den urspr\u00fcnglich zuckenden Muskeln in seiner ganzen Ausdehnung entlang zu legen, hebe man ihn bogenf\u00f6rmig in der Mitte davon ab, und schalte nun zwischen seinem","page":114},{"file":"p0115.txt","language":"de","ocr_de":"von Matteucci\u2019s Theorie der secund\u00e4ren Zuclcung.\n115\neinen am L\u00e4ngsschnitt und seinem anderen am Querschnitt gelegenen Ber\u00fchrungspunkte zwei nicht mit einander in metallischer Verbindung stehende Metallst\u00fccke ein; mit einem Worte, man bringe den Nerven des strompr\u00fcfenden Schenkels einfach in den Multiplicatorkreis, wie es zu Anfang dieses Paragraphen geschah und in Fig. 85 (G7) abgebildet ist, und man wird sehen, dafs allerdings die Metalle der secund\u00e4ren Zuckung den Durchgang verstauen, und nur die isolirenden festen K\u00f6rper sie hemmen.\nWas Matteucci\u2019s sonstige Gr\u00fcnde gegen die elektrische Natur der secund\u00e4ren Zuckung betrifft, so hat er sie selbst in folgender Weise zusammengefafst: \u00bbCes faits suffisent pour prouver que ce n\u2019est pas par \u00bbune action \u00e9lectrique, ou directe, ou indirecte, \u00ab (?) \u00bbd\u00e9velopp\u00e9e par \u00bbla contraction musculaire, que l\u2019on peut expliquer la contraction in-\u00bbduite. J\u2019ai trouv\u00e9 que la contraction induite persistait, quelleque f\u00f9L \u00bbla direction du nerf relativement aux fibres musculaires; que l\u2019cxci-\u00bbtation du nerf induit se propageait, soit vers le muscle, soit vers le \u00bbcentre nerveux; que cette excitation avait lieu quand m\u00eame le nerf \u00bbinduit \u00e9tait d\u00e9j\u00e0 excit\u00e9 par une cause quelconque; que cette contrac-\u00bbtion induite \u00e9tait capable d\u2019exciter jusqu\u2019\u00e0 une seconde et une troi-\u00bbsi\u00e8me contraction indirecte\u00ab (induite?). \u00bbOn est donc, par l\u00e0, \u00bbamen\u00e9 \u00e0 conclure, que la contraction induite est un ph\u00e9nom\u00e8ne \u00bbsimple et primitif, une nouvelle propri\u00e9t\u00e9 de l\u2019action nerveuse dont \u00bbles principales lois sont \u00e9tablies.\"\nMan begreift wirklich nicht, wie Matteucci diese Thatsachen und diesen Schlufs in einen Satz zusammenzustellen vermag. Da er gar kein Gesetz einer vorhandenen Str\u00f6mungsrichtung voraussetzt, wie kann er daraus, dafs bei beliebiger Lage des Nerven Zuckung erfolgt, entnehmen, dafs diese nicht elektrischer Natur sei? Dafs Zuckungen am Rumpfe sich kundgaben, wenn ein Frosch, dessen einer Unterschenkel nur noch durch den Ischiadnerven mit der Wirbels\u00e4ule zusammenhing, mit dem Nerven \u00fcber einen urspr\u00fcnglich zuckenden Schenkel gelagert ward, was hat dies anders zu bedeuten, als dafs Reflexwirkung stattfand? Dafs die secund\u00e4re Zuckung auch dann nicht aushlieb, wenn der Nerv schon sonst von einem Strome durchflossen oder durch Aetzmittel erregt war, was ist denn hierin dem Thatbestande elektrischer Reizung widerstrebendes? Was endlich die M\u00f6glichkeit betrifft, durch die secund\u00e4re abermals eine solche oder terti\u00e4re Zuckung, durch diese noch eine oder der vierten Ordnung hervorzubringen, so m\u00f6chte ich wohl wissen, was darin liegt, wodurch die elektrische Theorie der Erscheinung verd\u00e4chtigt und der Charakter eines Urphaenomens der Neuromuscular-Induction, den Matteucci derselben beigelegt wissen will, erwiesen w\u00fcrde.\n8 *","page":115},{"file":"p0116.txt","language":"de","ocr_de":"116\n3. Abschn. Kap. IV. \u00a7. IV. 3. Widerlegung\nZweifelt man daran, dafs die Induction ein elektrischer Vorgang sei, weil es Inductionsstr\u00f6rae h\u00f6herer Ordnung giebt? Oder ist ein Zahnrad kein Zahnrad mehr, weil man hundert Zahnr\u00e4der immer eines durch das andere in Bewegung setzen kann?\nW\u00e4hrend des Druckes dieser Bogen erhielt ich das Compte rendu etc. vom 15. M\u00e4rz d. J. (1847), in welchem (t. XXIV. p. 414\u00b0) der fruchtbare Schriftsteller Matteucci abermals von der secund\u00e4ren Zuckung handelt. Ich ersehe daraus, dafs ich, in Vorstehendem, in gewisser Beziehung gegen Leichen gefochten habe. Matteucci erkennt die elektrische Natur der secund\u00e4ren Zuckung nunmehr in folgender Weise an: \u00bbJ\u2019ai, d\u2019une mani\u00e8re s\u00fbre, mis hors de doute que la contraction induite est un ph\u00e9nom\u00e8ne qui, parmi toutes les parties de \u00bbl\u2019organisme vivant, n\u2019appartient qu\u2019au seul muscle en contraction\u00ab (S. oben S. 25. Anm. 1.) \u00bbJ\u2019ai \u00e9galement prouv\u00e9 qu\u2019il est impos-\u00bb sible de s\u2019expliquer ce ph\u00e9nom\u00e8ne par une action quelconque d\u2019un \u00bbcourant \u00e9lectrique, qui parcourrait la masse musculaire pendant la \u00bbcontraction. On ne trouve aucune augmentation dans le \u00bbcourant musculaire pendant la contraction du muscle.* \u00bbC\u2019est apr\u00e8s avoir prouv\u00e9 que des d\u00e9charges \u00e9lectriques de la bouteille, \u00bbtellement faibles qu\u2019elles ne peuvent \u00eatre montr\u00e9es par aucun instrument, \u00bbexcept\u00e9 par la grenouille,\u00ab . . . [excitent des contractions, 1 2] . . . \u00bbque \u00bbj\u2019ai pens\u00e9 que la contraction induite pouvait \u00eatre due \u00e0 une d\u00e9charge \u00bb\u00e9lectrique de ce genre. En effet, s\u2019il en e\u00fbt \u00e9t\u00e9 ainsi, ce n\u2019est pas \u00e0 \u00bbl\u2019aide du galvanom\u00e8tre qu\u2019on aurait pu s\u2019en apercevoir. Mes doutes \u00bb ont acquis un plus grand poids, lorsque j\u2019ai trouv\u00e9 que des d\u00e9charges \u00bb\u00e9lectriques tr\u00e8s-faibles, en traversant les masses musculaires, \u00e9taient \u00bb capables d exciter la contraction de la grenouille galvanoscopique, qui,\n1 Matteucci gegen\u00fcber glaube ich es mir schuldig zu sein, abermals ausdr\u00fccklich darauf aufmerksam zu machen, wie derselbe noch im Jahre 1847 sich vergeblich abm\u00fcht, eine Zunahme des Muskelstromes bei der Zusammenziehung zu entdecken, da ich bereits im Sommer 1842, also f\u00fcnf Jahre fr\u00fcher, den gr\u00f6fsten Theil der im vorigen Paragraphen dargelegten Versuche \u00fcber die von mir entdeckte negative Schwankung jenes Stromes im Tetanus angestellt und sie im Januar 1843 bekannt gemacht habe.\nDie eingeklammerten Worte habe ich hinzugef\u00fcgt, da dieselben oder gleichbedeutende bei Matteucci durch einen Druck- oder Schreibfehler ausgefallen sind. Die Thatsache, welche Matteucci bewiesen zu haben vorgiebt, ist jetzt bereits \u00fcber ein halbes Jahrhundert durch Vo\u00fbta der Wissenschafteinverleibt, und in allen Lehrb\u00fcchern zu finden. Vergl. oben Bd. I. S. 282.","page":116},{"file":"p0117.txt","language":"de","ocr_de":"von Maxteucci\u2019j Theorie der secund\u00e4ren Zuckung.\tJ j 7\n* avec son nerf seulement, touchait la surface du muscle travers\u00e9, j\u2019ai \u00bb\u00e9galement prouv\u00e9 que les couches isolantes et conductrices interpos\u00e9es \u00bbentre les nerfs de la grenouille galvanoscopique et la surface du \u00bbmuscle contract\u00e9, donnaient des effets, desquels on ne pouvait pas \u00bbd\u00e9duire des diff\u00e9rences entre l\u2019action de la d\u00e9charge de la bouteille, \u00bbet la contraction musculaire excit\u00e9e par l\u2019irritation du nerf. Ces ph\u00e9-\u00bbnom\u00e8nes n\u2019ont pas \u00e9t\u00e9 diff\u00e9rents quand on faisait passer la d\u00e9charge \u00bb de la bouteille aussi petite que possible, \u00e0 travers des masses muscu-\u00bb laires qui avaient perdu le pouvoir de se contracter. Si l\u2019on r\u00e9fl\u00e9chit \u00bb maintenant \u00e0 toutes les analogies que mes recherches sur la torpille \u00bb ont prouv\u00e9 exister entre les lois qui pr\u00e9sident \u00e0 la contraction mus-\u00bbculaire et \u00e0 la d\u00e9charge des poissons \u00e9lectriques, 1 on est amen\u00e9 \u00e0 \u00bbs\u2019expliquer la contraction induite par un ph\u00e9nom\u00e8ne de d\u00e9charge \u00e9lec-\u00bb trique qui aurait lieu pendant la contraction musculaire. Il est juste \u00bbde dire que M. Becquerel eut le premier cette id\u00e9e.\u00ab (S. oben S. 15. ff.)\nMatteucci scheint sich also jetzt vorzustellen, dafs der Muskel, im Augenblicke der Zusammenziehung, gleich dem elektromotorischen Organe eines Zitterfisches, dem strompr\u00fcfenden Nerven einen Schlag ertheile. Ferner scheint er noch immer der Meinung zu sein, obschon sie hier bereits nicht mehr deutlich ausgesprochen ist, dafs die secun-d\u00e4re Zuckung durch Schichten nichtleitender Fl\u00fcssigkeiten hindurch zu erfolgen verm\u00f6ge. Wahrscheinlich indefs wird er n\u00e4chstens, seiner Gewohnheit gem\u00e4fs (S. oben Bd. I. S. 112. 114. 115. Bd. II. S. 33.), auch diese Behauptung in der Stille zu Boden gleiten lassen, wozu hier schon der Anfang gemacht ist.\nJene neue Irrlehre nun, betreffend die Natur der secund\u00e4ren Zuk-kung, halte ich mich zu widerlegen nicht f\u00fcr berufen. Eine solche Verpflichtung zur wiederholten Vertheidigung meiner Deutung der Erscheinung gegen die seinige w\u00fcrde erst dann eintreten, wenn es Matteucci gelingen k\u00f6nnte, durch besser ausgesonnene Versuche, durch wahrhaftere Thatsachen als bisher die Unstatthaftigkeit der von mir ausgesprochenen Lehre darzuthun. Gest\u00fctzt auf den Zusammenhang meiner zahlreichen Erfahrungen, die klarsten Beweise nach allen Richtungen vor Augen, habe ich nicht zu f\u00fcrchten, dafs dies jemals der Fall sein werde; ich nehme keinen Anstand, Jeden, der es nicht verschm\u00e4hen will, auf diesem zug\u00e4nglicheren Felde thierisch-elektrischer Versuche selbst Hand ans Werk zu legen, als Schiedsrichter zwischen Matteucci und mir anzurufen, in der Ueberzeugung, dafs wenige Mi-\n1 S. unten, Kap. X. \u00a7. 1.","page":117},{"file":"p0118.txt","language":"de","ocr_de":"118\t3. Abschn. Kap. IV. \u00a7. IV. 4. Einzelheiten\nnuten hinreichen werden, ihn zum Theilnehmer an dem Erstaunen zu machen, von dem ich nicht zur\u00fcckzukommen vermag: wie man so lange Jahre so in selbstgeschaffenem Dunkel tappen, auf so ebener Strafse sich so seltsam versteigen, so \u00bbMittag um vierzehn Uhr suchen\u00ab k\u00f6nne.\n4. Fernere Bemerkungen \u00fcber die seeund\u00e4re Zuckung.\nDie Zuckungen h\u00f6herer Ordnung, von denen schon im Vorigen, als von Matteucci beobachtet, die Rede gewesen ist (S. oben S. 21 ff.), habe ich gleichfalls l\u00e4ngst wahrgenommen, und zwar ist mir sogar gelungen, die der f\u00fcnften Ordnung erfolgen zu sehen. Dafs ich hierin, trotz der geringeren Leistungsf\u00e4higkeit der Fr\u00f6sche in unseren Breiten, einen Schritt weiter habe gehen k\u00f6nnen, als Matteucci, findet wohl darin seinen Grund, dafs dieser nicht, gleich mir, die Lagebedingungen des strompr\u00fcfenden Nerven auf den urspr\u00fcnglich zuckenden Muskeln kannte, unter welchen die seeund\u00e4re Zuckung am leichtesten und kr\u00e4ftigsten stattfindet. Ich bereitete, in m\u00f6glichster Eile, sechs strompr\u00fcfende Froschschenkel, welche ich, in der Reihenfolge, wie sie fertig wurden, dergestalt auf einer wohl isolirenden Unterlage anordnete, dafs der erste mit seinem Nerven die Platinbleche der stromzuf\u00fchrenden Vorrichtung verband, w\u00e4hrend jeder nachfolgende mit dem seinigen dem Gastroknemius seines Vordermannes entlang gelegt war, also die Kette zwischen nat\u00fcrlichem L\u00e4ngs- und Querschnitt schlofs. Die Zuk-kung der sechsten Ordnung scheint nicht leicht zu gl\u00fccken. Bemerkenswerth ist, dafs durchaus kein durch die gew\u00f6hnlichen Hiilfsmittel wahrnehmbarer Zeitraum zwischen der Reizung des unmittelbar erregten und der Zuckung des letzten Schenkels in der Reihe verstreicht. Es werden aber, wie man leicht durchschaut, diese Zuckungen h\u00f6herer Ordnungen geeignet sein, dereinst ein m\u00e4chtiges Hiilfsmittel abzugeben bei Untersuchungen, die sich die Auffassung und Bestimmung der Zeit zum Ziele setzen, welche die Nervenerregung braucht, um sich von einer gegebenen Stelle des Nervenstammes bis zum Muskel fortzupflanzen. 1\nAuch bei der oben S. 104 beschriebenen Form des Versuches, bei welcher der Muskel auf den entsprechenden Enden zweier einander parallel auf einer Glasplatte ruhenden B\u00e4usche von der Gestalt der Zwischenb\u00e4usche aufliegt, deren beide andere Enden durch den strompr\u00fcfenden Nerven verbunden sind, gelingt es, wenigstens die terti\u00e4re Zuckung zu erhalten, indem man den zu dem Nerven geh\u00f6rigen Gastroknemius abermals \u00fcber eine \u00e4hnliche L\u00fccke zwischen zweien B\u00e4uschen\nS. unten, Kap. IX.","page":118},{"file":"p0119.txt","language":"de","ocr_de":"betreffend die secund\u00e4re Zuckung.\n119\nlegt, und diese aufserdem wieder mit dem Nerven des terti\u00e4r zuckenden Muskels \u00fcberbr\u00fcckt.\nBei der Untersuchung der Zuckungen h\u00f6herer Ordnung ist es besonders auffallend, aber auch bereits bei der einfachsten Form des Versuches giebt sich der Umstand zu erkennen, dafs regelm\u00e4fsiges Wiederholen der Erregung des urspr\u00fcnglich zuckenden Schenkels in hinreichend kleinen Zeitr\u00e4umen das Erscheinen der Wirkung, wenn sie zu versagen droht, merklich bef\u00f6rdert, daher es stets sehr leicht ist, wie wirschon Eingangs dieses Paragraphen erfuhren, nach Einschaltung eines Unterbrechungsrades in den Kreis der erregenden Kette, die Reihe von se-cund\u00e4ren Zuckungen in einen anscheinend v\u00f6llig stetigen secund\u00e4ren Tetanus zu verwandeln, gleichviel welcher der nun bekannten Arten, die secund\u00e4re Zuckung abzuleiten, man sich dabei bediene. Es ist diese Erscheinung wohl einerlei mit der bereits in den ersten Zeiten des Galvanismus wahrgenommenen, deren Literatur, so weit ich sie habe ermitteln k\u00f6nnen, oben Bd. I. S. 477 Anm. 1 mitgetheilt wurde, dafs n\u00e4mlich auf einer tiefen Stufe der Erregbarkeit die Zuckungen durch ungleichartige Metallb\u00f6gen nicht selten erst nach mehrmaliger Wiederholung der Reizung hervorzutreten sich bequemen.\nFolgendes ist ein zierlicher und in seinem Erfolge \u00fcberraschender Versuch. Wenn man einen Gastroknemius mit seinem Nervenstamme wie zum Tetanisiren zurichtet, und den Muskel auf die L\u00fccke zwischen dem einen Zuleituugsbausche und dem Zwischenbausche, den Nerven auf diejenige zwischen dem letzteren und dem anderen Zuleitungsbausch auflegt, ein Unterbrechungsrad in den Kreis einschaltet, und dieses dreht, so ger\u00e4th der Muskel in Tetanus. Ich erw\u00e4hne diese Thatsache, welche auch vielleicht allein der Lehre vom Tetanisiren auf elektrischem Wege angeh\u00f6rt (S. oben S. 35), erst an dieser Stelle, weil es doch wahrscheinlich ist, dafs auch die secund\u00e4re Zuckung dabei eine Rolle spielt. Man sollte n\u00e4mlich meinen, dafs die Zuckung, welche durch Wiederherstellen des Stromes im Nerven geschieht, da sie bei geschlossenem Kreise stattfindet, eine secund\u00e4re Zuckung des prim\u00e4r zuckenden Muskels selber zur Folge haben m\u00fcfste, etwa wie ein stromf\u00fchrender Leiter auf sich selbst den Extracurrent inducirend wirkt.\nEs war nicht ohne Interesse, zu versuchen, ob sich die secund\u00e4re Zuckung von einem im gespannten Zustande befindlichen Muskel erhalten lassen w\u00fcrde. Wirklich ist dieses der Fall. Streckt man einen Gastroknemius in der bekannten Weise unbeweglich aus, legt den Nerven des strompr\u00fcfenden Schenkels demselben entlang, und tetanisirt jenen auf die gew\u00f6hnliche Art, so geniefst man das merkw\u00fcrdige Schauspiel, dafs, w\u00e4hrend der unmittelbar erregte Muskel an sich selbst durch kein","page":119},{"file":"p0120.txt","language":"de","ocr_de":"120\n3. Ahschn. Kap. IV. \u00a7. V. Von der Gr\u00f6fse\n\u00e4ufseres Anzeichen den inneren Molecularsturrn verr\u00e4th, der mit seinem Nerven eine Br\u00fccke zwischen L\u00e4ngs- und Querschnitt desselben schlagende strompr\u00fcfende Schenkel in den heftigsten unabl\u00e4ssigen Zuckungen begriffen ist.\nDieser Versuch liefert zugleich einen schlagenderen Beweis, als alle bis jetzt von Matteucci gegebenen (S. oben S. 22), dafs die se-cund\u00e4re Zuckung nicht auf der mechanischen Ersch\u00fctterung des strompr\u00fcfenden Nerven beruht. Von \u00e4hnlichen sich hier darbietenden Schlufs-folgen ist noch zu erw\u00e4hnen, dafs die Kenntnifs, die wir von der Discontinuirlichkeit der Stromver\u00e4nderung w\u00e4hrend des Tetanus gewonnen haben, uns, wenn es dessen noch bed\u00fcrfte, vollends in Betreff des Verdachtes beruhigen kann, als m\u00f6chte diese Ver\u00e4nderung von der Ver\u00e4nderung des Widerstandes irgend eines Kettentheiles statt von einer solchen der elektromotorischen Kraft herr\u00fchren. Denn da die Gestalt-, Lage- und etwaige Dichtigkeitsver\u00e4nderung 1 des Muskels w\u00e4hrend der ganzen Dauer des Tetanus dieselben bleiben, so ist klar, dafs keine von ihnen den Grund der unterbrochenen Stromver\u00e4nderung, wie sie sich uns jetzt kund gegeben hat, vern\u00fcnftigerweise enthalten k\u00f6nne.\nHier verlassen wir f\u00fcr jetzt das Gebiet der secund\u00e4ren Zuckung vom Muskel aus, \u2014 denn wir werden sp\u00e4ter noch eine solche vom Nerven aus kennen lernen2 \u2014 und wenden uns nunmehr der L\u00f6sung einer schon fr\u00fcher bezeichneten Aufgabe zu, n\u00e4mlich die Gr\u00f6fse der negativen Schwankung zu erforschen, welche der Muskelstrora im Augenblicke der Zusammenziehung erleidet.\n\u00a7. V.\nVon dem wahren Verhalten des Muskelstromes im Augenblicke der Zusammenziehung.\nIch habe, um die wichtige hier gestellte Frage zu beantworten, keine M\u00fche gespart, mufs aber doch gestehen, dafs es mir nicht gelungen ist, sie zu einer v\u00f6lligen thats\u00e4chlichen Entscheidung zu bringen.\n1 S. Eduard Weber, Artikel \u00bbMuskelbewegung\u00ab in Rud. Wagner\u2019s Handw\u00f6rterbuch der Physiologie u. s. w. Bd. III. Abth. II. September 1846. S. 53.*\n* S. unten, Kap. VII. \u00a7. vn.","page":120},{"file":"p0121.txt","language":"de","ocr_de":"der negativen Stromesschmanltung bei der Zusammetiziehung. 121\nEs ist deutlich, dafs hier \u00fcberhaupt nur zwischen zweien F\u00e4llen durch den Versuch entschieden werden kann, ob n\u00e4mlich blos Abnahme des Stromes, immerhin bis zur Abscissenaxe, stattfinde (Fig, 89 Taf. I. A, B), oder ob wirkliche Umkehr desselben, immerhin bis zur Geraden \u2014 k = const., erfolge (Ebendas. C, D. Vergl. oben S. 91). Gelingt es, durch experimentelle Kunstgriffe, von dem zusammengezogenen Muskel verkehrte Stromes\u00e4ufserungen zu erhalten, so ist die Frage zu Gunsten der letzteren M\u00f6glichkeit erledigt. Gelingt dies nicht, so bleibt sie schweben, obschon, je nach der Vollkommenheit des Verfahrens, mit gr\u00f6fserer oder geringerer Wahrscheinlichkeit auf das Stattfinden des ersteren Falles wird geschlossen werden k\u00f6nnen. Schwerlich aber wird man je dazu gelangen, die Tiefe der Einbiegung in dem Mafse genau zu bestimmen, dafs man im ersten Falle z. B. sagen d\u00fcrfe, sie reiche gerade bis zur Abscissenaxe (B), oder im zweiten, der verkehrte Strom im Augenblicke der Zusammenziehung habe gerade dieselbe Gr\u00f6fse als der gesetzm\u00e4fsig gerichtete w\u00e4hrend der Ruhe (Z>). Man sieht nicht ab, wie jemals unsere Pr\u00fcfungsmittel und Methoden den zu einer solchen Bestimmung hinreichenden Grad von Sch\u00e4rfe und Sicherheit sollten erreichen k\u00f6nnen.\nEs w\u00fcrde voreilig sein, wollte man aus dem Umstande, dafs die Nadel beim Tetanus durch Strychnin (S. oben S. 55) nicht an die negative Hemmung geht, den Schlufs ziehen, dafs keine Stromumkehr stattfinde, weil n\u00e4mlich diese Art des Tetanus nicht, wie der elektrische, discontinuirlich sei. Vielmehr werden wir, wie schon bemerkt, in der Folge sehen, dafs sowohl dieser Tetanus, als jeder andere, gleich dem elektrischen, wenn gleich nicht so entschieden, unterbrochener Art ist, wie es sich denn \u00fcberhaupt als zweifelhaft heraussteilen wird, ob es irgend eine kr\u00e4ftige und auf gleicher H\u00f6he bleibende Muskelzusammenziehung ununterbrochener Art giebt.\nHerrscht w\u00e4hrend des Augenblickes der Zusammenziehung die umgekehrte Str\u00f6mungsrichtung in dem Kreise der Muskelkette, so miifste sie also dadurch sichtbar gemacht werden k\u00f6nnen, dafs die Kette nur allein w\u00e4hrend dieses Augenblickes geschlossen ist. Dies suchte ich anfangs so zu bewerkstelligen, dafs ich den Muskel auf dem Gipfel der Verk\u00fcrzung sich selber die Kette schliefsen liefs. Es geschah mit H\u00fclfe folgender Vorrichtung, welche die Herren B\u00f6tticher und Halske nach meiner Angabe fertigten.\nSie besteht wesentlich aus zweiTheilen; erstens der Wippe, an welcher der Muskel arbeiten soll, um die Kette rechtzeitig zu schlossen; zweitens dem Schraubstocke, welcher dazu dient, den Muskel","page":121},{"file":"p0122.txt","language":"de","ocr_de":"122\n3. Abschn. Kap. IV. \u00a7. V. Von der Gr\u00f6fse\nso zu befestigen, dafs er einesteils einen St\u00fctzpunkt f\u00fcr seine Anstrengungen besitzt, anderentbeils aber noch immer seinen Strom, wie gew\u00f6hnlich, an die Zuleitungsgef\u00e4fse abzugeben vermag.\nDer Schraubstock ist aus Buchsbaum, seine Kiefern, von 15\u201d\u201c\u201d Breite, haben parallelen Gang und sind mit Kork ausgelegt. Eine Messings\u00e4ule, welche in einer starken H\u00fclse nach Beheben auf und nieder gestellt und hin und her gedreht, wie auch mittelst einer Klemmschraube in jeder Lage befestigt werden kann, tr\u00e4gt ihn, \u00fcber einem hinreichend ausgedehnten und wohlgeehneten Brette, auf dem zugleich die Wippe und die Zuleitungsgef\u00e4fse, hier jedoch ohne ihre B\u00e4usche, befindlich sind, f\u00fcr gew\u00f6hnlich in der H\u00f6he des Randes dieser Ge-f\u00e4fse empor.\nDer Muskel ist folgendermafsen vorzurichten. Vom Unterschenkel des Frosches wird alles Fleisch, bis auf den einzigen Gastroknemius, sehr sorgf\u00e4ltig entfernt. Dieser, welchem aufserdem sein Nervenstaram in voller L\u00e4nge erhalten ist, h\u00e4ngt aber noch durch seine Bindegewebescheiden mit dem Unterschenkelknochen zusammen. Der Oberschenkelknochen ist dicht \u00fcber der Anheftung des Gastroknemius durchschnitten, und gleichfalls von Muskelfleisch ges\u00e4ubert. Um das Kniegelenk ist die Haut des Oberschenkels festgebunden. Die Achillessehne ist, unterhalb ihres knorpeligen Sesambeines, vom Fufse gel\u00f6st, dieser aber wieder mit seiner Haut bis zur Ferse bekleidet worden.\nDer Unterschenkelknochen wird, mit sammt dem Kniegelenke, in den Schraubstock eingespannt. Auf der einen Seite h\u00e4ngen die Haut des Oberschenkels, auf der andern der Fufs herab, und k\u00f6nnen in die Zuleitungsgef\u00e4fse getaucht werden. Sind die Gef\u00e4fse mit dem Multipli-cator in Verbindung gesetzt, so erh\u00e4lt man auf diese Weise also ganz einfach den aufsteigenden Strom des Gastroknemius, nur freilich etwas geschw\u00e4cht durch die Nebenschliefsung, welche der Unterschenkelknochen bildet, und durch die Widerst\u00e4nde, welche mit der Haut des Oberschenkels und einer Strecke des Fufses in die Muskelkette eingeschaltet worden sind. Man sieht aber, dafs, bei dieser Befestigungsart, der Gastroknemius sich nunmehr nicht nur frei zusaramenziehen und dabei noch fortdauernd .seinen irgendwie ver\u00e4nderten Strom abgeben kann, wie dies in unseren fr\u00fcheren Anordnungen der Fall war, sondern er kann zugleich, weil er in dem eingespannten Kniegelenke einen festen St\u00fctzpunkt besitzt, nach Aufsen, ohne Beeintr\u00e4chtigung jenes Zweckes, eine so grofse mechanische Gewalt aus\u00fcben, als er nur irgend vermag.\nDiese d\u00fcrfen wir nunmehr verwenden, um den besonderen Zweck des Versuches zu erreichen, was mit H\u00fclfe der Wippe geschieht. An-","page":122},{"file":"p0123.txt","language":"de","ocr_de":"der negativen Stromesschwankung bei der Zusammemiehung. J23\nstatt n\u00e4mlich das eine Zuleitungsgef\u00e4fs unmittelbar mit dem Multipli-cator zu verbinden, ist zwischen beide folgende Vorrichtung eingeschaltet worden.\nMan denke sich einen Winkelhebel, mit einem unteren senkrechten und einem oberen fast wagerechten Arme, der mit langen st\u00e4hlernen Zapfen in Kernl\u00f6chern \u00e4ufserst leicht beweglich l\u00e4uft. Ein Gewicht, durch einen \u00fcber eine Rolle gehenden Faden an seinem senkrechten Arme wirkend, h\u00e4lt diesen fortw\u00e4hrend gegen einen Anschlag. Das untere Ende des senkrechten Hebelarmes spielt, auch bei den gr\u00f6fsten dem Hebel gestatteten Winkelbewegungen, stets in Quecksilber; es ist amalgamirt und nach der vom Anschl\u00e4ge abgewandten Richtung zweischneidig zugesch\u00e4rft. Das freie Ende des wagerechten Armes des Winkelhebels ist nach unten gebogen, zugespitzt, amalgamirt und schwebt, wenn der senkrechte Arm desselben wider seinen Anschlag ruht, in einer gewissen H\u00f6he \u00fcber dem Spiegel eines zweiten Queck-silbergef\u00e4fses. Der Faden, durch welchen das Gewicht am senkrechten Hebelarme wirkt, verl\u00e4ngert sich jenseits desselben noch bis zum Schraubstocke. Hier ist er an der Achillessehne des Gastroknemius des eingespannten Unterschenkels befestigt, wozu der darin befindliche Sesamknorpel eine \u00e4ufserst g\u00fcnstige Gelegenheit darbietet.\nMan. \u00fcbersieht nun bereits leicht das Spiel der Vorrichtung. Zieht sich der Muskel zusammen, so hebt er das Gewicht, entfernt den senkrechten Arm des Winkelhebels vom Anschl\u00e4ge und macht die Spitze des wagerechten Armes desselben in das ihr entsprechende Quecksilber-gef\u00e4fs eintauchen. Die beiden Quecksilbergef\u00e4fse sind durch Klemmschrauben beziehlich mit dem Multiplicator und dem einen Zuleitungs-gef\u00e4fse in Verbindung. Die Kette wird also auf diese Weise, da das untere Ende des Hebels das Quecksilber nicht verl\u00e4fst, durch die Zusammenziehung des Muskels selber geschlossen, indem der Strom seinen Weg von Quecksilbergef\u00e4fs zu Quecksilbergef\u00e4fs durch den Hebel selber nimmt.\nDas Gewicht ist ein Messingeimer mit Vogeldunst gef\u00fcllt, und kann nach der St\u00e4rke des Muskels beliebig abge\u00e4ndert werden. Es soll schwer genug sein, um den Muskel, sobald die Zusammenziehung aufgeh\u00f6rt hat, wieder auszudehnen, den senkrechten Arm des Hebels gegen den Anschlag zu ziehen, und also die obere Spitze desselben aus dem Quecksilber herauszuheben. Der Winkel des Winkelhebels ist ver\u00e4nderlich, indem der obere schr\u00e4ge Arm desselben um die Axe drehbar ist, welche mit dem anderen unverr\u00fcckbar zusammenh\u00e4ngt; eine Gegenmutter dient, ihn in beliebiger Stellung zu befestigen. Diese Anordnung war nothwendig, um die Vorrichtung verschieden langen Muskeln in der","page":123},{"file":"p0124.txt","language":"de","ocr_de":"124\n3. Abschn. Kap. IV. \u00a7. V. Von der Gr'ofse\nArt anpassen zu k\u00f6nnen, dafs bei verschieden grofsen Ablenkungen des senkrechten Armes aus seiner Lage, entsprechend dem oberen Grenz-werthe der Zusammenziehung der verschieden langen Muskeln, die Spitze des Hebels doch immer gerade nur den Quecksilberspiegel in dem oberen Gef\u00e4fse erreiche. Dieser befindet sich in einer wagerechten Ebene mit dem Drehpunkte des Hebels, wodurch bewirkt wird, dafs die Spitze des letzteren, welche in einem aus dem Drehpunkte geschlagenen Kreise gebogen ist, stets senkrecht eintaucht. Ferner ist der obere Hebelarm in dem Verh\u00e4ltnisse von 3 : 1 l\u00e4nger, als der untere bis zum Angriffspunkte des Fadens. So durfte ich hoffen, dafs, bei einem gewissen den beiden Armen ertheilten Winkelabstande und einer bestimmten Muskell\u00e4nge, die Kette durch das augenblickliche \u00e4ufserst schnelle Eintippen der amal-gamirten Spitze des Hebels nur einen Augenblick lang entsprechend dem oberen Grenzwerthe der Zusammenziehung geschlossen werden w\u00fcrde. Dieser Vorgang sollte oft genug und in hinreichend kurzen Zeitr\u00e4umen wiederholt werden, damit sich der in diesem Augenblicke stattfindende elektromotorische Zustand des Muskels au der Multiplicatornadel aussprechen k\u00f6nnte.\nIndessen wurden die Erwartungen, die ich von dieser Vorrichtung hegte, nicht erf\u00fcllt. Ich sah leider bald, dafs die Zusammenziehungen sich nicht mit hinl\u00e4nglicher Gleichm\u00e4fsigkeit hervorbringen liefsen, um das Eintauchen der Spitze des Hebels in der Art, wie cs erforderlich war, zu bewirken. Ich mochte noch so zarte Str\u00f6me anwenden, so glichen doch die nachfolgenden Zuckungen den ersten nicht an Ausdehnung; jetzt also erreichte die Spitze das Quecksilber nicht mehr, oder sie mufste umgekehrt zu Anfang so tief eintauchen, dafs w\u00e4hrend ihres R\u00fcckweges der Muskel schon ann\u00e4hernd im Zustande der Ruhe sich befand. Ferner mochte ich das Gewicht, welches die Spitze aus dem Quecksilber wieder herauszuheben bestimmt ist, noch so sehr vergr\u00f6fsern, so lange der Muskel es noch zu bewegen im Stande war, war es auch nicht hinreichend, ihn pl\u00f6tzlich wieder auszudehnen, wenn man annehmen konnte, dafs die Nervenerregung durch den Strom vor\u00fcber sei, sondern die Spitze zuckte einige Augenblicke lang um den Quecksilberspiegel herauf und herunter. Genug, der unerw\u00fcnschte Erfolg war und blieb, dafs der Muskel sich nicht selber die Kette immer rechtzeitig schlofs, das Gewicht sie nicht rechtzeitig \u00f6ffnete, sondern stets viel zu lange geschlossen liefs; und so war das Ende immer ein mehr oder weniger kr\u00e4ftiger Ausschlag in dem gew\u00f6hnlichen Sinne des Muskelstr\u00f6mes. Dazu kam der Uebelstand, dafs nun alsbald Ladungen auf den Platinenden entwickelt wurden, deren Tilgung erst abgewartet werden mufste, ehe ein neuer Versuch begonnen werden konnte, wor\u00fcber","page":124},{"file":"p0125.txt","language":"de","ocr_de":"der negativen Stromesschwanlcung bei der Zusammeniiehung. 125\nder Muskel leicht die bedeutende hier erforderliche Leistungsf\u00e4higkeit einb\u00fcfste.\nIch gab demnach diese Art des Versuches auf, wozu ich mich so williger verstand, als ich mittlerweile ein viel richtigeres Princip zur Entscheidung der Frage ersonnen zu haben glaubte. Es wurde mit H\u00fclfe folgender Vorrichtung ins Werk gesetzt, welche die Herren B\u00f6tticher und Halske nach meiner Angabe verfertigt hatten. Auf eine (isolirende) Buchsbaumaxe, durch welche, Behufs des Drehens, ein mit einer Kurbel versehener, in zwei Lagern laufender Messingstab geht, sind zwei messingene Zackenr\u00e4der, jedes von vier Zacken, von 140mm Durchmesser aufgesetzt. Eine zwischen beiden befindliche Holzscheibe dient ihnen zur St\u00fctze; das eine ist fest, gegen die Scheibe mit Holzschrauben angeschraubt; das andere, ist um den Buchsbaum-cylinder drehbar, und kann so bis um 45\u00b0 gegen das erste verstellt, an der Holzscheibe aber, deren Umfang mit einer hinreichend genauen Theilung versehen ist, an jeder beliebigen Stelle mittelst zweier Schraubenmuttern, deren Gewinde in kreisf\u00f6rmigen Einschnitten des Rades verlaufen, festgeklemmt werden. An den H\u00fclsen, welche sich von den R\u00e4dern aus noch in einiger L\u00e4nge \u00fcber die Buchsbaumaxe ausdehnen, schleifen continuirlich Messingfedern, welche auf dem das Ganze tragenden Brette in Klemmen enden; die Zacken aber schlagen beim Drehen gegen andere, gleichfalls mit Klemmen verbundene Federn an. >\nIn ^den Kreis der GRovE\u2019schen Kette der Inductionsvorrichtung wird das feste, in den Kreis der Muskelkette das bewegliche Zackenrad eingeschaltet. Dreht man jetzt die beide tragende gemeinschaftliche Messingaxe, so erleidet der Muskel eine nach Mafsgabe der Drehungsgeschwindigkeit mehr oder weniger dicht gedr\u00e4ngte Reihe von Zusammenziehungen. F\u00fcr jedesmal aber, dafs er zuckt, wird auch, durch das andere Zackenrad, die Muskelkette geschlossen, und zwar kann, da es verstellbar ist, mit H\u00fclfe desselben der elektromotorische Zustand des Muskels in jedem beliebigen Augenblicke w\u00e4hrend und nach der unmittelbaren Erregung durch den Inductionsschlag innerhalb einer gewissen Grenze der Zeit untersucht werden. Man sieht, dafs diese Vorrichtung von allen Fehlern der ersten vollkommen frei ist, da das Schlies-sen und Oeffnen der Muskelkette, statt dem Muskel selber \u00fcbertragen zu sein, auf mechanischem Wege mit aller Sicherheit bewerkstelligt wird, und dafs sie aufserdem den Vortheil darbietet, nicht blos, wie jene, die Erforschung des Endpunktes der Zusammenziehung in elektromotorischem Bez\u00fcge, sondern die eines beliebig gelegenen Zeitaugenblickes zu gestatten.","page":125},{"file":"p0126.txt","language":"de","ocr_de":"126\n3. Abschn. Kap. IV. \u00a7. V. Von der Grofse\nEs wurde nun folgendermafsen verfahren. Dem Doppelrade ertheilte ich, theils nach dem 0.\"4 - Schlage meiner TiEDE\u2019schen Duplexuhr, theils nach dem 2\"-Schlage des Modells einer Chronometerhemmung von Tiede, dessen Benutzung mir durch die G\u00fcte des Herrn Professor Dove verstauet war, stets eine und dieselbe gleichf\u00f6rmige Umdrehungsgeschwindigkeit. Zuerst stellte ich die Zackenr\u00e4der gleich, dann verstellte ich sie gegeneinander um einen m\u00f6glichst kleinen Bruchtheil, dann um einen gr\u00f6fseren, u. s. f. Der Erfolg des Versuches war und blieb nichtig. Nie zeigte sich eine Spur von absteigender Str\u00f6mungsrichtung. Das einzige Bemerkenswerthe, nach dem Vorigen leicht zu Gew\u00e4rtigende und zu Deutende war, dafs die schwache aufsteigende Wirkung, die sich bei fortgesetztem Drehen kund gab, sich merklich verst\u00e4rkte, wenn die Inductionsvorrichtung aufser Spiel gebracht wurde, und also der unterbrochene Strom des ruhenden Muskels, statt des zuckenden, die Nadel traf. Die Wirkung hatte indefs, auch bei teta-nisirten Muskeln, von vorn herein dieselbe St\u00e4rke, wenn die R\u00e4der um einen etwas betr\u00e4chtlichen Winkel gegen einander verstellt worden waren, indem alsdann die Stromesschwankung durch die Zusammenziehung bereits vor\u00fcber war, wenn erst die Muskelkette geschlossen wurde.\nDies sind die Versuche, die ich in Betreff der schwebenden Frage angestellt habe. Ihr Ergebnifs leidet an der Unsicherheit eines jeden negativen Erfolges. Es ist immer noch denkbar, dafs eine augenblickliche Umkehr der Str\u00f6mungsrichtung die Muskelzusammenziehung begleite. Um dies mit v\u00f6lliger Entschiedenheit in Abrede stellen zu k\u00f6nnen, dazu w\u00fcrde eine noch viel gr\u00f6fsere Verfeinerung der Beobachtungsmittel geh\u00f6ren, als die im Obigen in Anwendung gebrachte, und eine fast ins Unendliche gehende Vervielf\u00e4ltigung der Versuche. Es m\u00fcfste das Doppelzackenrad durch ein kr\u00e4ftiges Uhrwerk in Bewegung gesetzt, beide Scheiben gegeneinander durch eine Mikrometerschrauhe verstellt, die Dauer der Ber\u00fchrung der zur Muskelkette geh\u00f6rigen intermittirenden Feder gleichfalls mikrometrisch beherrscht werden k\u00f6nnen. Dies sind Erfordernisse, denen ich in diesem Augenblicke Gen\u00fcge zu leisten aufser Stande bin, und ich verzichte somit vor der Hand auf die L\u00f6sung der Aufgabe auf dem hier eingeschlagenen Wege. Ich bevorworte jedoch, dafs man die Verhandlung \u00fcber diesen Gegenstand deshalb nicht als geschlossen, sondern nur als vertagt anzusehen habe, in sofern wir in der Folge, von einem sehr verschiedenen und sehr erweiterten Standpunkte unserer Kenntnisse aus, darauf zur\u00fcckzukommen Gelegenheit linden werden. Einstweilen sehen wir uns gen\u00f6thigt, bei folgender Fassung des bisher aufgedeckten Thatbestandes stehen zu","page":126},{"file":"p0127.txt","language":"de","ocr_de":"der negativen Stromesschivankung bei der Zusammemiehung. 127\nbleiben, welche auch die noch obwaltende Unsicherheit in Betreff eines wichtigen Punktes desselben nicht ausschliefst:\n\u00bbDie Curve der elektromotorischen Kraft des Muskels, bezo-\u00bbgen auf die Zeit, erleidet im Augenblicke der Zusammen-\u00bb Ziehung eine \u00e4ufserst schnelle Schwankung im negativen \u00bbSinne, von welcher ungewifs ist, his zu welcher Tiefe sie \u00bbsich erstreckt, obschon es, nach den vorliegenden Thatsachen \u00bbzu schliefsen, allerdings nicht wahrscheinlich ist, dafs sie \u00bbunter die Ahscissenaxe hinabreicht.\u00ab\nDie Schwankung des Muskelstromes bei der Zusammenziehung ist die erste der Bewegungserscheinungen desselben (S. oben Bd. I. S. 681), welche uns bekannt wird. Die Er\u00f6rterung der physiologischen Bedeutung, welche ihr in Bezug auf die Theorie der Muskelzusammenziehung m\u00f6glicherweise zukommen kann, bleibt einem sp\u00e4teren Orte aufbehalten. 1 Hinsichtlich der Theorie des Muskelstromes selber kann ich jedoch nicht umhin, sogleich auf Folgendes aufmerksam zu machen.\nMan erinnert sich, dafs wir im dritten Kapitel dieser Untersuchung zu der Einsicht gelangten, das Gesetz des Muskelstromes k\u00f6nne gleich-m\u00e4fsig unter einer sehr grofsen Anzahl von Voraussetzungen in Betreff der Anordnung der ungleichartigen Gebilde im Muskel erkl\u00e4rt werden, welche aber alle in einem wesentlichen Punkte \u00fcbereinkamen. Auseinander gingen diese Anordnungen darin, dafs es uns freistand, das ganze Muskelb\u00fcndel, oder einen aliquoten Theil von beliebiger Gr\u00f6fse bis zum Verschwinden seiner Mafse, und alsdann auch von beliebiger Gestalt, als Sitz und Tr\u00e4ger der Ungleichartigkeiten anzusprechen, welche die Ursache des Muskelstromes sind; ihr Gemeinsames aber war dieses, dafs alle diese Theile, gleichviel bei welcher Gr\u00f6fse und Beschaffenheit derselben man stehen bleiben wolle, ohne Ausnahme gedacht werden m\u00fcfsten als versehen mit einer positiven Aequatorialzone und zwei negativen Polarzonen, und \u00fcbrigens nach beliebig vielen Seiten hin noch als umgeben von einer Schicht unwirksamen feuchten Leiters. Dies war das Ergebnifs der rein physikalischen Zergliederung der Erscheinungen, die uns im Gesetze des Muskelstromes Vorlagen; eine Entscheidung zwischen diesen verschiedenen, physikalisch bisher ganz gleichberechtigten M\u00f6glichkeiten konnte auf diesem Wege somit nicht erstrebt werden. Aber vom Standpunkte der Morphologie aus wufsten wir alsbald Betrachtungen anzustellen, welche dahin dr\u00e4ngten, von den obigen Voraussetzungen vorzugsweise einer solchen die Hand zu reichen,\n1 S. unten, 4. Abschn.","page":127},{"file":"p0128.txt","language":"de","ocr_de":"128 3. Abschn. Kap. IV. \u00a7. V. Folgerungen aus der Stromesschwankung\nwelche den Sitz der Ungleichartigkeiten in Kr\u00e4ftetr\u00e4ger von verschwindenden Mafsen im Inneren der Muskelbiindel verlegt, und aufserdem wurde bereits verk\u00fcndet, dafs wir in der Folge auf Thatsachen stofsen w\u00fcrden, welche vern\u00fcnftigerweise nur mit der auseinandergesetzten Moleculartheorie des Muskelstromes in Einklang zu bringen seien.\nEine solche Thatsache ist nun offenbar die blitzschnelle negative Schwankung des Muskelstromes bei der Zusammenziehung. Sie ist es schon dann, wenn man sich denkt, dafs sie hlos bis zur Abscissenaxe reiche, oder noch \u00fcber derselben bleibe; sie wird es vollends, wenn man sich darunter eine augenblickliche Umkehr des Stromes vorstellt. Bleiben wir z. B. bei der Meinung stehen, die elektromotorische Wechselwirkung, auf welcher der Muskelstrom beruht, linde statt zwischen der H\u00fclle des einfachen Muskelb\u00fcndels und seinem Inhalte. Wie soll nun pl\u00f6tzlich, unter dem Einfl\u00fcsse des Nervensystemes, diese elektromotorische Wechselwirkung aufh\u00f6ren, oder gar wie soll pl\u00f6tzlich die H\u00fclle sich negativ, der Inhalt positiv verhalten ? Wie hat man es sich vorzustellen, dafs diese Ver\u00e4nderung, so rasch als sie entstanden war, wieder aufgehoben werde? Und welchen Sinn vermag man, mit Hinblick auf das grofse R\u00e4thsel der Muskelzusammenziehung, einem solchen Vorg\u00e4nge unterzulegen?\nEs leuchtet ein, dafs die Schwierigkeiten, welche f\u00fcr eine solche Ansicht von der Sache entspringen, erst v\u00f6llig verschwinden, wenn man bei dem entgegengesetzten Endpunkte der hier erkannten Reihe von M\u00f6glichkeiten angelangt ist, bei der Annahme n\u00e4mlich peripolarelektromotorischer Molekeln im Inneren des einfachen Muskelb\u00fcndels. Von einer zusammengesetzten Molekel kann man sich leicht denken, wie ein solches Spiel ihrer Bestandtheile untereinander oder im Vereine mit denen einer benachbarten stattfinden m\u00f6ge, dafs sie mit Blitzesschnelle eine Anordnung annehmen k\u00f6nnen, bei welcher ihre Gesammt-heit nicht mehr nach Aufsen mit merklichen Kr\u00e4ften th\u00e4tig ist, oder wobei die Richtung ihrer Wirksamkeit pl\u00f6tzlich die umgekehrte wird. Und es ist nicht schwer vorauszusehen, wie dieses Spiel kleinster Bestandtheile, indem es solchergestalt den Forderungen des elektromotorischen Verhaltens der Muskeln w\u00e4hrend der Zusammenziehung entspricht, zugleich so beschaffen sein k\u00f6nne, dafs es, unter der Voraussetzung einer mechanischen Leistungsf\u00e4higkeit jener Theilchen, zur Erkl\u00e4rung der Muskelzusammenziehung in der Folge ein erspriefsliches H\u00fclfsmittel abzugeben geeignet sei.\nAuf diese hinreichend verst\u00e4ndliche Andeutung beschr\u00e4nken wir uns hier; der Zweck derselben war nur, dafs dem Leser nicht entgehen m\u00f6ge, wie nunmehr, mit der Aufdeckung der Schwankung des Muskel-","page":128},{"file":"p0129.txt","language":"de","ocr_de":"bei der Zusammemiehung f\u00fcr die Theorie des MvsJcelstromes. J29\nStromes im Augenblicke der Zusammenziehung, die Erf\u00fcllung der Zusage ihren Anfang genommen hat, welche hinsichtlich der Beweise f\u00fcr die Unhaltbarkeit einer jeden anderen als einer Moleculartheorie des Stromes an der in Erw\u00e4hnung gebrachten Stelle gegeben wurde.\n\u00a7\u2022 VI.\nAnhang.\nUntersuchung des Einflusses einiger anderen Coh\u00e4sions-ver\u00e4nderungen auf den Muskelstrom.\nIch halte diesen Ort f\u00fcr den geeignetsten, um dem Leser eine gedr\u00e4ngte Mittheilung \u00fcber eine Versuchsreihe zu machen, auf welche ich im Verfolg der Beobachtungen \u00fcber den gedehnten Muskel (S. oben S. 65) gef\u00fchrt wurde, sie einige Zeit mit vielem Eifer und in der Hoffnung, wichtige Verh\u00e4ltnisse aufzudecken, fortgef\u00fchrt, endlich aber in dem Drange anderer Fragen zur Seite hegen gelassen habe, da sie sich weniger ergiebig zeigte, als ihr Anfang versprach, und die damit verbundenen Schwierigkeiten es erfordert h\u00e4tten, um zu weiterer Ueber-windung derselben sich angespornt zu f\u00fchlen.\n1. Von dem Einfl\u00fcsse der Ausdehnung des Muskels auf die St\u00e4rke seines Stromes.\nIch glaubte bemerkt zu haben, indem ich die a. a. 0. beschriebenen Versuche mit dem gedehnten Muskel am Multiplicator anstellte, dafs der Strom desselben \u00fcberhaupt merklich schw\u00e4cher sei als im Zustande der Erschlaffung. Dies konnte von mehreren Umst\u00e4nden abh\u00e4ngig sein. JErstens von der Vergr\u00f6fserung des Widerstandes, welche die Anwendung der dreiseitig prismatischen Il\u00fclfsb\u00e4usche (S. oben S. 68) und die Kleinheit der durch die nach oben gekehrte Kante derselben dargebotgnen Ber\u00fchrungsfl\u00e4chen mit sich bringen mochte. Ferner von der verschiedenen Lage dieser Ber\u00fchrungsstellen an dem nat\u00fcrlichen L\u00e4ngs- und Querschnitte des gedehnten und des ungedehnten Muskels. Endlich, und dieser Punkt war es nat\u00fcrlich, der meine Aufmerksamkeit II.\t9","page":129},{"file":"p0130.txt","language":"de","ocr_de":"130\n3. Alschn. Kap. IV. \u00a7. VI. 1. Von dem Einfl\u00fcsse\nrege machte, von dem Zustande der Ausdehnung selber, in welchem der Muskel sich befand.\nUm auf einen Schlag und unzweifelhaft zwischen den ersteren und allen \u00e4hnlichen Deutungen und der letzteren zu entscheiden, war nichts weiter n\u00f6thig, als einen und denselben Muskel abwechselnd im gedehnten und im ungedehnten Zustande, diesen einzigen Umstand aber ausgenommen, unter v\u00f6llig gleichen Verh\u00e4ltnissen auf seinen Strom zu untersuchen, und dabei vorzugsweise ein Augenmerk auf die etwa w\u00e4hrend des Vorganges der Streckung selbst eintretenden Ver\u00e4nderungen desselben gerichtet zu halten. Es handelte sich also darum, eine Anordnung zu ersinnen, bei welcher die Ber\u00fchrungsstellen zwischen den B\u00e4uschen und dem Muskel w\u00e4hrend der Streckung vollkommen unverr\u00fcckt und unver\u00e4ndert bleiben. Die einzige Art, diesen Zweck zu erreichen, bestand darin, die beiden Multiplicatorenden an die Knochenst\u00fccke jenseits der Elfenbeinplatten anzulegen, und dieselben dann gleichzeitig mit der Dehnung des Muskels von einander zu entfernen, mit seiner Erschlaffung einander zu n\u00e4hern. Einige vorl\u00e4ufige, aus der Hand angestellte Versuche zeigten mir nun, dafs die obige Wahrnehmung wenigstens nicht allein auf der Anwendung der H\u00fclfsb\u00e4usche und anderen dergleichen Verh\u00e4ltnissen beruht haben k\u00f6nnte, sondern dafs die Streckung des Muskels allem Anscheine nach wirklich mit einer Schw\u00e4chung des davon entlehnten Muskelstromarmes verbunden sei. Um diesen Punkt mit Sicherheit und Bequemlichkeit weiter verfolgen zu k\u00f6nnen, bediente ich mich nachstehender Vorrichtung, die von den Herren B\u00f6tticher und Halske nach meiner Angabe ausgef\u00fchrt worden war. 1\nDas 470\u201dm lange, 148mm breite Brett, welches derselben zur Grundlage dient, hat in 273ranl seiner L\u00e4nge 45mm St\u00e4rke, in der \u00fcbrigen Strecke derselben nur ungef\u00e4hr die H\u00e4lfte. Hier ist es beiderseits mit nach oben und innen vorspringenden Leisten versehen, die es zu derselben St\u00e4rke erg\u00e4nzen, welche der \u00fcbrige Theil des Brettes hat; so dafs die obere Fl\u00e4che eines zwischen den Leisten laufenden Brettes oder Schlittens von gleicher H\u00f6he als sie selber in einer Ebene mit der Oberfl\u00e4che des st\u00e4rkeren Theiles des festen Brettes liegt. Eine der einen Leiste entlang gelegte Messingfeder sichert den Gang des Schlittens zwischen den Leisten, ein an dem freien Ende der oberen Fl\u00e4che desselben befindlicher Knopf dient zu seiner Verschiebung, und eine seitlich die Leiste durchbohrende, gegen die Feder spielende Klemm-\n1 S\u00e4mmtliche in diesem Paragraphen beschriebene Vorrichtungen sind im Besitze des K\u00f6niglichen Anatomischen Museums.","page":130},{"file":"p0131.txt","language":"de","ocr_de":"der Dehnung des Muskels auf die Stromst\u00e4rke.\n131\nschraube zu seiner Feststellung an jedem beliebigen Ort. Da, wo beide Bretter in der Mitte aneinanderstofsen, tragen sie jedes zwei im Lichten 65\"*\" von einander abstehende Messings\u00e4ulen von 140mm H\u00f6he und S\u201c\u2122 Durchmesser. An diesen gleiten, der gegenseitigen Begrenzung der Bretter parallel und senkrecht auf die L\u00e4ngenaxe der Vorrichtung, einander gegen\u00fcber zwei wagercchte Querbalken aus Messing auf und nieder, und k\u00f6nnen mittelst Klemmschrauben in jeder beliebigen H\u00f6he festgestellt werden. In der Mitte der von einander abgewandten Fl\u00e4chen derselben ist ein Paar Elfenbeinplatten angebracht, welche denen der oben S. 67 beschriebenen kleineren Streckvorrichtung (Fig. 86. 87 Taf. I.) genau entsprechen; sie ragen 17\u201c\"\" nach oben \u00fcber den Rand der Balken fort.\nDer Gebrauch der Vorrichtung ist leicht einzusehen. Der auszuspannende Muskel wird mit seinen Knochenst\u00fccken auf dieselbe Weise vorgerichtet und in die Schlitze der Elfenbeinplatten eingeh\u00e4ngt, wie dies a. a. 0. bereits gelehrt wurde, mit dem Dnterschiede jedoch, dafs dort die Enden der Platten nach unten gekehrt waren, hier dieselben, wie bemerkt, nach oben vorspringen, was einige Bequemlichkeiten gew\u00e4hrt. Hinter einem jeden Querbalken kommt auf dem denselben tragenden Brette ein Zuleitungsgef\u00e4fs zu stehen. Die B\u00e4usche werden dicht an die- in der H\u00f6hlung der entsprechenden Platten liegenden Knochenst\u00fccke angedr\u00e4ngt. Wird nun der Schlitten in Bewegung gesetzt, so entfernen sich Elfenbeinplatten, Knochenst\u00fccke, B\u00e4usche, Ge-f\u00e4fse u. s. w. gleichm\u00e4fsig und ohne gegenseitige Verr\u00fcckung von einander; der Muskel selbst aber erf\u00e4hrt jeden beliebigen Grad der Spannung bis zur Zerreifsung.\nDiese Vorrichtung ist es beil\u00e4ufig, welche mir gedient hat, die bereits oben S. 76 beschriebenen Versuche \u00fcber den Widerstand anzustellen, den ein tetanisirter Muskel im gespannten und ungespannten Zustande einem fremden, durch ihn hindurchgeleiteten Strome darbietel. Von den vier in Fig. 88 dargestellten Elfenbeinenden, zwischen denen die beiden Gastroknemien ausgespannt sind, geh\u00f6ren n\u00e4mlich die beiden \u00e4ufsersten der jetzt beschriebenen Vorrichtung an, deren Querbalken man im Durchschnitt sieht. Die beiden mittleren sind erw\u00e4hntermafsen die der kleineren Streckvorrichtung; sie waren so dicht aneinandergedr\u00e4ngt und in dieser Lage unverr\u00fcckbar festgestellt, als es die Dicke der Knochenst\u00fccke an den Kopfenden beider Muskeln mit sich brachte, die zwischen denselben begriffen war. Ferner war der kleinen Streckvorrichtung eine m\u00f6glichst freie Bewegung ihrer H\u00fclse um die Stange des allgemeinen Tr\u00e4gers gelassen, so dafs, wenn jetzt das bewegliche Brett der grofsen Streckvorrichtung von dem feststehenden entfernt\nr","page":131},{"file":"p0132.txt","language":"de","ocr_de":"132\t3. Abschn. Kap. IV. \u00a7. VI. 1. Von dem Einfl\u00fcsse\nwurde, die beiden mittleren Elfenbeinenden ganz leicht dem Zuge des einen Muskels folgten und denselben auf den anderen fortpflanzten, mithin eine gleichm\u00e4fsige Streckung beider Muskeln erzielt wurde.\nZu den Vorbereitungen zu den jetzt in Rede stehenden Versuchen geh\u00f6rt noch folgender Kunstgriff. Es w\u00fcrde zeitraubend, m\u00fchsam und nicht einmal zweckm\u00e4fsig sein, s\u00e4mmtliches Muskelfleisch vom unteren Knochenst\u00fccke zu entfernen ; die ohnehin leicht nachgebende Befestigung der Achillessehne an der Sohle m\u00f6chte dadurch sehr an Haltbarkeit verlieren. Man findet aber, wie nat\u00fcrlich, dafs dieses Muskelfleisch, je nach der Stellung, die ihm beim Einrichten des Versuches vom Zufall angewiesen wird, bald in dieser, bald in jener Richtung elektromotorisch wirkt; so dafs die Wirkung des Gastroknemius selber dadurch bedeutend geschw\u00e4cht oder vergr\u00f6fsert erscheinen kann. Bei einer fr\u00fcheren Gelegenheit (S. oben S. 76), wo wir die Knochenst\u00fccke mit in den Kreis einf\u00fchrten, konnte uns dieses einestheils aus anderweiten Gr\u00fcnden gleichg\u00fcltig sein, anderentheils wurden die Knochenst\u00fccke sehr bald durch die \u00e4tzende Wirkung der Fl\u00fcssigkeiten, in welche sie sich getaucht fanden, ihrer elektromotorischen Kraft beraubt. Hier jedoch f\u00fchrt dieser Umstand eine sehr l\u00e4stige Reihe von St\u00f6rungen mit sich, und ich kam daher auf den Einfall, das dort durch die \u00fcbrigen Bedingungen des Versuches zuf\u00e4llig ausge\u00fcbte Verfahren k\u00fcnstlich nachzuahmen, was mir auch folgendermafsen vollst\u00e4ndig gelang. Ich tauchte vor Beginn des Versuches das untere Knochenst\u00fcck einige Minuten lang in eine etwa 55\u00b0 warme ges\u00e4ttigte Kochsalzl\u00f6sung, indem ich mich sorgf\u00e4ltig h\u00fctete, das Muskelfleisch des Gastroknemius seihst mit derselben in Ber\u00fchrung zu bringen. Die elektromotorische Kraft des Muskelfleisches wurde dadurch, worauf wir nachmals zur\u00fcckkommen werden, so gut wie ganz zerst\u00f6rt, w\u00e4hrend die Haltbarkeit der Sehnen, weit entfernt, darunter zu leiden, vielmehr noch erh\u00f6ht zu werden schien.\nEs zeigt sich nun in der That, dafs in dem Augenblicke, wo man den Muskel ausdehnt, die Nadel durch den Nullpunkt in den negativen Quadranten \u00fcbergeht; sie kehrt jedoch alsbald zur\u00fcck und stellt sich unterhalb der urspr\u00fcnglichen Ablenkung wieder ein. L\u00e4fst man dann mit der Spannung nach, so erfolgt ein Ausschlag im Sinne des Muskelstromes, und die \u00fcbrigbleibende best\u00e4ndige Ablenkung ist gr\u00f6fser, als sie es w\u00e4hrend des Gestrecktseins war; zieht man wieder an, so schl\u00e4gt die Nadel wieder durch den Nullpunkt u. s. f. Ein Gastroknemius h\u00e4lt dieselbe z. B. auf 11\u00b0. Beim Ausdehnen erfolgen \u2014 20\u00b0 Ausschlag 1\n1 S\u00e4mmtliche Winkel sind vom Nullpunkte ab gerechnet, so dafs \u201420\u00ae Ausschlag von + 11\" best\u00e4ndiger Ablenkung aus im Ganzen = 31\u00b0 Ausschlag im Sinne der Ladungen sind.","page":132},{"file":"p0133.txt","language":"de","ocr_de":"der Dehnung des Muskels auf die Stromst\u00e4rke.\t133\nim Sinne der Ladungen und die Nadel stellt sich wieder auf +9\u00b0. Beim Nachlassen geht sie ausschlagsweise bis auf +20\u201c, und kommt endlich auf 10\" zu stehen; nach und nach sinkt die Ablenkung auf 8\".5. Beim Spannen abermals \u2014 20\u00b0 Ausschlag, best\u00e4ndig + 7\u00b0 u. s. f.\nDerselbe Versuch gl\u00fcckt bei Anwendung des Verfahrens der Compensation. Dies wird hier folgendermafsen ins Werk gesetzt. Das Zu-leitungsgef\u00e4fs auf der festen H\u00e4lfte der Streckvorrichtung, welche deshalb auch die bewegliche an L\u00e4nge \u00fcbertrifft (S. oben S. 130), wird von dem entsprechenden Knochenst\u00fcck entfernt, und zwischen beide ein Zwischenbausch und ein zweiter Gastroknemius in der umgekehrten Richtung von der des ersteren eingeschaltet; er mufs gleichfalls mit Knochenst\u00fccken versehen, und mit H\u00fclfe dieser in die kleine Streckvorrichtung in erschlafftem Zustande eingeh\u00e4ngt sein. Wie auch die Einrichtung der Compensation gelinge, ob sie vollkomrpen sei, ob der Strom des auszuspannenden oder der des anderen Muskels \u00fcberwiege, der Erfolg ist stets der n\u00e4mliche und dem obigen am einzelnen Gastroknemius entsprechend. Das Ausspannen des Muskels bringt einen Ausschlag im Sinne des ruhig gelassenen hervor, das Nachlassen einen solchen im Sinne des ausgespannt gewesenen. Es versteht sich von selbst, dafs dabei die Wirkungen nicht so lebhaft sein k\u00f6nnen, wie bei Anwendung nur eines Muskels. Der Muskel, der ausgespannt werden sollte, fand sich z. B. um 10\u201c schw\u00e4cher als sein Widerpart. Im Augenblicke der Dehnung w\u00e4chst diese Ablenkung bis auf 15\u00b0. Beim Nachlassen schl\u00e4gt die Nadel bis auf \u2014 4\u00b0 durch. Nachdem dies zweimal beobachtet worden ist, werden die Muskeln verwechselt; der jetzt auszuspannende \u00fcberwiegt mit 6 \u00b0. Beim Spannen schl\u00e4gt die Nadel durch bis auf \u2014 20\u00b0 und stellt sich auf + 4\u00b0.5 ein. Beim Nachlassen Ausschlag bis auf + 12\u201c u. s. f. Auch hier l\u00e4fst sich an die Stelle der Methodg der Compensation, mit gleichem Erfolge, die Einschaltung eines sehr betr\u00e4chtlichen Widerstandes in den Kreis der Kette setzen, wobei man sich der oben Bd. I. S. 707 empfohlenen Kunstgriffe zu bedienen hat.\nSchliefslich ist zu bemerken, dafs die secund\u00e4re Zuckung vom unbeweglich ausgespanuten Muskel aus (S. oben S. 119), obschon sie mit grofser Lebhaftigkeit erscheint, doch an St\u00e4rke hinter derjenigen zur\u00fcckbleibt, die man vom erschlafften Muskel erh\u00e4lt. Dies ist nicht nur dann der Fall, wenn man erst den erschlafften, dann den gespannten Muskel auf die St\u00e4rke der secund\u00e4ren Zuckung pr\u00fcft, die er zu erregen vermag, sondern auch dann, wenn man in umgekehrter Reihenfolge beobachtet, zum Zeichen, dafs die gr\u00f6fsere Schw\u00e4che der Zuckung unter jenen Umst\u00e4nden wirklich durch den Zustand des Ausgespanntseius, nicht aber durch eine dauernde Beeintr\u00e4chtigung bedingt sei, die der","page":133},{"file":"p0134.txt","language":"de","ocr_de":"134\n3. Abschn. Kap. IV. \u00a7. VI. 2. Von dem Einfl\u00fcsse\nurspr\u00fcnglich zuckende Muskel durch die Dehnung bereits an seiner Leistungsf\u00e4higkeit erlitten haben k\u00f6nnte.\nDie Er\u00f6rterung dieser Thatsachen wollen wir erst in der dritten Nummer dieses Paragraphen vornehmen, in Gemeinschaft mit derjenigen mehrerer \u00e4hnlichen Erscheinungen, zu deren Kenntnil'snahme wir demn\u00e4chst \u00fcbergehen.\n2. Von dem Einfl\u00fcsse der Zusammendr\u00fcckung des Muskels auf die St\u00e4rke seines Stromes.\nTheoretische Vermuthungen, welche sich nur zum Theil best\u00e4tigt haben, machten in mir den Wunsch rege, auch die Wirkung der Zusammendr\u00fcckung des Muskels auf die St\u00e4rke seines Stromes zu versuchen, und zwar lag es in dem Gange dieser Vermuthungen, dafs ich insbesondere darauf bedacht war, den Druck auf den Muskel in zwei verschiedenen Richtungen aus\u00fcben zu k\u00f6nnen : einmal senkrecht auf die Richtung der Muskelb\u00fcndel, dann aber auch parallel der Axe derselben.\nEs ist vielleicht nicht unn\u00fctz, daran zu erinnern, dafs in der Erwartung, bei diesen verschiedenen Richtungen des Druckes verschiedene Wirkungen zu beobachten, kein Verstofs gegen das hydrostatische Gesetz der gleichm\u00e4fsigen Verbreitung des Druckes nach allen Richtungen im Innern von Fl\u00fcssigkeiten lag. Denn wenn gleich der Muskel als eine in ein System von elastischen H\u00e4uten eingeschlossene Fl\u00fcssigkeitsmasse angesehen werden kann, so braucht es ihm deswegen noch kei-nesweges gleichg\u00fcltig zu sein, ob seine Molekeln nach der Richtung, in welcher sie unter dem Einfl\u00fcsse des Nervenagens so besondere Eigenschaften entfalten, einander n\u00e4her oder entfernter gebracht werden.\n, Einige vorl\u00e4ufige Versuche stellte ich folgendermafsen an. Gastro-knemien wurden mit ihren Knochenst\u00fccken in der beschriebenen Weise zugerichtet, in Kautschukrohrenden gesteckt, wie sie zur Verbindung von Glasr\u00f6hren \u00fcblich sind, und, als ob sie ausgespannt werden sollten, mit H\u00fclfe der kleinen Streckvorrichtung mit den feuchten Multi-plicatorenden in Ber\u00fchrung gebracht. Als ich nun dieselben zwischen die breiten Theile der Branchen gemeiner anatomischer Pinzetten, die zu diesem Behufe gefirnifst worden waren, fafste und in verschiedenen Richtungen quetschte, stellten sich lebhafte, wenn gleich, der Rohheit des angewandten Verfahrens entsprechend, unregelm\u00e4fsige Wirkungen der Stromvermehrung und -Verminderung ein, wodurch ich zum weiteren Verfolgen dieses Gegenstandes aufgefordert wurde.\nDie Herren B\u00f6tticher und H\\lske fertigten mir nach meiner Angabe zuerst ein Muskelcompressorium senkrecht auf die Faser, sodann","page":134},{"file":"p0135.txt","language":"de","ocr_de":"der Zusammendr\u00fcckung des Muskels auf die Stromst\u00e4rke.\n135\nein solches der Axe parallel. Die erste dieser Vorrichtungen herzustellen, war der ungleich leichtere Theil der Aufgabe. Folgende Anordnung zuv\u00f6rderst ist beiden Compressorien gemeinschaftlich. In der Mitte der einen langen Seite des oben Bd. I. S. 214 beschriebenen Brettes, auf welchem f\u00fcr gew\u00f6hnlich die Zuleitungsgef\u00e4fse stehen, wird mittelst zweier Holzschrauben eine Messingplatte von 75mra L\u00e4nge und 20\u201c\" Breite befestigt, welche an einem Schwanenh\u00e4lse eine H\u00fclse nebst Klemmschraube nach dem Mittelpunkte des Brettes zu emportr\u00e4gt.\nIn der H\u00fclse gleitet sodann, an dem Compressorium senkrecht auf die Faser eine S\u00e4ule von 69mra L\u00e4nge und 7mm Durchmesser senkrecht auf und nieder, und kann mittelst der Klemmschraube in jeder beliebigen H\u00f6he eingestellt werden. Diese S\u00e4ule tr\u00e4gt eine wagerechte Elfenbeinplatte von 50mm L\u00e4nge, 34mm Breite und 8\u2122\" Dicke, durchbohrt dieselbe und l\u00e4uft oberhalb in einen 54\u201d\u2122 hohen, 9mm dicken, gleichfalls cylindrischen Theil aus, der in seiner oberen H\u00e4lfte von einem senkrechten Schlitze durchbrochen ist, in welchem ein ungleicharmiger Hebel, mit seinem Drehpunkte 40m\u201c \u00fcber der Elfenbeinplatte und in der die Platte der L\u00e4nge nach halbirenden senkrechten Ebene spielt.\nDer k\u00fcrzere, \u00fcber der Platte schwebende Arm des Hebels, von 37mm L\u00e4nge, tr\u00e4gt mittelst eines Scharnieres eine 40mm breite, an der inneren Fl\u00e4che ihrer Kiefern stark gez\u00e4hnte Klemme nach Art der Blechklemmen an den Zuleitungsgef\u00e4fsen (Fig. 6. 12. Taf. I. 8. 9. 10. Taf. II. Bd. I.). Die Ebene der Klemme schneidet senkrecht die des Hebels. In der Gegend der Elfenbeinplatte, \u00fcber welcher die Klemme, dem Spiel des Hebels folgend, sich hebt und senkt, sind, einander und der Klemme parallel und in 8m\u201d Abstand von einander, zwei Schlitze von 26ram L\u00e4nge durch die ganze Dicke der Platte angebracht. Ein 120mm langer, 25mm breiter Streifen von d\u00fcnnem, aber sehr festem und wenig dehnbarem Kalbsleder ist mit seinen beiden Enden von unten her durch die Schlitze gesteckt und oberhalb der Platte in die Klemme eingespannt.\nDer l\u00e4ngere Hebelarm, welcher O\u00f6\u201d\u2122 mifst, endigt in einen Elfenbeingriff. Er bewegt sich auf und nieder an einem Kreisbogen, der an der S\u00e4ule befestigt ist, und er kann an demselben mittelst einer Klemmschraube unter jedem beliebigen Winkel gegen die S\u00e4ule unverr\u00fcckbar eingestellt werden, welchen einerseits die L\u00e4nge des Schlitzes in derselben, worin der Drehpunkt des Hebels liegt, andererseits diejenige des Lederstreifens gestattet.\nMan begreift nun leicht, dafs ein in der Schlinge, welche der Lederstreifen unterhalb der Platte bildet, gefangener walzenf\u00f6rmiger K\u00f6rper, also z. B. ein Gastroknemius vom Frosche, durch Niederdr\u00fccken","page":135},{"file":"p0136.txt","language":"de","ocr_de":"136\n3. Abschn. Kap. IV. \u00a7. VI. 2. Von dem Einfl\u00fcsse\ndes l\u00e4ngeren Hebelarmes sehr bequem, allm\u00e4hlig, ohne Ersch\u00fctterung und, verm\u00f6ge der Klemmschraube am Kreisbogen, auch dauernd einem betr\u00e4chtlichen Drucke senkrecht auf seine Axe ausgesetzt werden kann. Die L\u00e4nge des die Klemme tragenden Hebelarmes und des Lederstreifens sind dabei so gew\u00e4hlt, dafs, wenn der letztere seine gr\u00f6fste Spannung erreicht hat, die Ebene der Klemme oder der Kraft gerade mit der senkrechten Ebene zusammenf\u00e4llt, welche den Abstand zwischen beiden Schlitzen halbirt. Die Elfenbeinplatte ist mit einer L\u00f6sung von Copat-harz in Aether gefirnifst; der Lederstreifen mit Knochenfett schwach angerieben.\nBeim Gebrauch wird die Vorrichtung so angeordnet, dafs die Klemme, die Schlitze u. s. w. der langen Seite des Brettes parallel zu liegen kommen; beiderseits von den langen Seiten der Elfenbeinplatte werden die Zuleitungsgefafse aufgestellt, deren B\u00e4usche von derselben \u00fcberragt werden, und an den M\u00fcndungen des durch die untere Wand der Platte und den Lederstreifen gebildeten Compressionsrohres gegen die hervorstehenden Enden des Muskels angedr\u00fcckt sind. Es ist \u00fcberfl\u00fcssig, hier Knochenst\u00fccke stehen zu lassen; dagegen wird es, bei l\u00e4ngerer Dauer des Versuches, begreiflich wieder nothwendig, sich der Ei-weifsh\u00e4utclien zu bedienen, welche bei mehreren vorhergehenden Versuchsweisen durch die Knochenst\u00fccke entbehrlich gemacht waren.\nUeber die Wirkung der Zusammendr\u00fcckung auf den Muskel selbst ist zun\u00e4chst folgendes zu sagen. Zu beiden Enden des Compressionsrohres quillt ein Theil des Muskelfleisches in \u00e4ufserster Spannung, bei wachsendem Drucke bis zur Zerreifsung, hervor. Das Rohr f\u00fchlt sich dabei, wie nat\u00fcrlich, ganz hart und fest an. Nach einiger Zeit findet man das Innere desselben mit eben der Fl\u00fcssigkeit benetzt, welche durch Dehnen aus dem Muskel ausgetrieben werden kann (S. oben S. 69). Wenige Stunden Aufenthalt in dem Rohre reichen hin, um denselben reactions-los und todtenstarr zu machen, wie denn bereits Fontana gefunden haben will, dafs Herzen kaltbl\u00fctiger Thiere, ja eine gek\u00f6pfte Viper in dem Recipienten der Compressionspumpe schnell ihre Reizbarkeit ein-b\u00fcfsten. ' Der starre Muskel zeigt die Form, zu welcher der elastisch reagirende schliefslich zusammengeprefst wurde; der mikroskopische Befund bietet nichts auffallendes dar.\nDa das Ergebnifs der Versuche, welche mit dem senkrecht auf die Richtung der Faser zusammengedr\u00fcckten Muskel in Bezug auf seine elektromotorischen Wirkungen angestellt wurden, sich nur wenig von\n1 Ricerche filosofiche sopra la Fisica animale. In Firenze 1775. 4\". t. I. p. 64. 65.* - S. oben S. 70. 71.","page":136},{"file":"p0137.txt","language":"de","ocr_de":"der Zusammendr\u00fcckung des Muskels auf die Stromst\u00e4rke. 137\ndemjenigen unterscheidet, welches an dem der Axe parallel zusammen\u00ab gedr\u00fcckten in derselben Beziehung sich herausstellte, so soll die Mittheilung desselben erst gleichzeitig mit der des letzteren statt finden.\nDas Wesentliche an dem Compressorium der Faser parallel besteht darin, dafs dem Muskel darin Freiheit gegeben ist, sich nach den Seiten auszudehnen und die Gestalt des zusammengezogenen Muskels anzunehmen, w\u00e4hrend er durch einen in der Richtung seiner Fasern angebrachten Druck gewaltsam verk\u00fcrzt wird. Um die Einsicht in die etwas verwickelte Vorrichtung, mit deren H\u00fclfe dieser Zweck erreicht ward, zu erleichtern, will ich zuv\u00f6rderst die Art und Weise beschreiben, wie dieselbe angefertigt wurde.\nEin Bohr wurde so zugerichtet, dafs die damit gebohrten L\u00f6cher an ihrem Grunde denselben L\u00e4ngendurchschnitt darboten, als das obere Ende der vorderen Fl\u00e4che eines Gastroknemius vom Frosche. Mit diesem Bohre ward ein Loch von einigen 30\u201c\u201d Tiefe und 9\"\"\u201c Durchmesser in der Axe eines cylindrischen Elfenbeinklotzes gebohrt. Liefs man den Gastroknemius eines starken Frosches, das obere Ende voran, auf den Grund des Loches gleiten, so f\u00fcllte er dasselbe, wie man leicht begreift, nur unvollst\u00e4ndig aus; es blieben n\u00e4mlich, der vorderen Fl\u00e4che des Muskels entsprechend, \u00abein Cylinderabschnitt, und der Ausbreitung der Achillessehne entsprechend, ein mit dem ersteren zusammenh\u00e4ngender Raum von schwer zu beschreibender Gestalt unausgef\u00fcllt \u00fcbrig. Jetzt ward das Elfenbein der vorderen Fl\u00e4che des Muskels parallel so lange abgetragen, bis die Feile diese Fl\u00e4che fast erreichte. Der \u00fcbriggebliebene Halbcanal wurde mit einer Elfenbeinplatte verschlossen, das untere Ende des Muskels gegen dieselbe angedr\u00fcckt, und die der Ausbreitung der Achillessehne entsprechende Leere mit Gyps ausgegossen. Das solchergestalt gewonnene Gypsmodell diente dazu, dem einen Ende eines mit dem Ilalbcanal einerlei Querschnitt darbietenden und leicht in demselben verschiebbaren Elfenbeinstempels eine solche (concave) Gestalt zu ertheilen, dafs dasselbe, wenn es gegen den im Grunde der H\u00f6hlung befindlichen Gastroknemius angedr\u00fcckt wurde, sich* seiner (convexen) Gestalt so gut wie nur immer m\u00f6glich anschlofs. Ward nun dem dem Muskelkopfe entsprechenden Ende der den Halbcanal nach unten begrenzenden Platte Spiel zur Drehung um eine quere Axe gelassen, und der Stempel noch tiefer in die H\u00f6hlung getrieben, so schwoll der Muskel ann\u00e4hernd zu der Gestalt an, die er bei der Zusammenziehung anzunehmen pflegt, und dr\u00e4ngte die Platte von den R\u00e4ndern des Halbcanales fort. Aus dem Bau des Gastroknemius, wie er in Fig. 33 Taf. IV. Bd. I. erl\u00e4utert worden ist, geht hervor, dafs der Druck dabei in der That in der Richtung der Fasern ausge\u00fcbt wurde.","page":137},{"file":"p0138.txt","language":"de","ocr_de":"138\n3. Ab sehn. Kap. IV. \u00a7. VI. 2. Von dem Einfl\u00fcsse\nMan sieht, dafs es nur noch darauf ankam, diese Anf\u00e4nge in eine bequeme mechanische Vorrichtung zu verwandeln, und den Muskel w\u00e4hrend der Zusammendr\u00fcckung den B\u00e4uschen zug\u00e4nglich zu machen.\nDie Art und Weise, wie dieses geschah, hier im Einzelnen auseinander zu setzen, m\u00f6chte ohne eine grofse Anzahl von Abbildungen kaum thunlich sein und sich \u00fcberhaupt nicht der M\u00fche verlohnen. Es gen\u00fcge die Bemerkung, dafs das Ganze, die Axe des Muskels wie gew\u00f6hnlich in wagerechter Richtung, die Deckplatte des Halbcanales nach unten gekehrt, auf einer \u00e4hnlichen S\u00e4ule in derselben H\u00fclse aufgestellt wurde, wie das Compressorium senkrecht auf die Faser (S. oben S. 135); dafs abermals einem, an einem Kreisbogen spielenden, mittelst einer Klemmschraube daran feststellbaren Hebel die Aus\u00fcbung des Druckes durch F\u00fchrung des Stempels \u00fcbertragen wurde; w\u00e4hrend von unten her eine angemessen starke Feder aus geschlagenem Messing das Amt \u00fcbernahm, die Deckplatte so gegen den gewaltsam verk\u00fcrzten Muskel anzudr\u00fccken, dafs er sich zwar noch seitlich ausdehnen konnte, jedoch nach Aufhebung des Druckes wieder auf seine urspr\u00fcngliche Gestalt zur\u00fcckgef\u00fchrt ward. Ein Schlitz an dem Ende der Platte, welches dem Schw\u00e4nze des Muskels entsprach, gab Gelegenheit, hier die Achillessehne, wenn es sein sollte, mit einem Knochenst\u00fccke versehen, aus dem Compressionsrohr heraush\u00e4ngen zu lassen, und zu demselben Zwecke wurde an dem Ende des Klotzes, wo sich der Muskelkopf befand und den Grund des urspr\u00fcnglich cylindrischen, jetzt in einen Halbcanal verwandelten Loches ausf\u00fcllte, das Elfenbein so lange abgetragen, bis durch eine kleine hufeisenf\u00f6rmige Oeffnung, welche nach unten unmittelbar in den Halbcanal \u00fcberging, der Kopf des Gastrokne-mius zum Vorschein kam. Hier hing das obere Knochenst\u00fcck heraus, und so konnten die beiden Zuleitungsb\u00e4usche, zu beiden Enden des Compressionsrohres aufgestellt, leicht den aufsteigenden Strom des Muskels, auch w\u00e4hrend seiner Zusammendr\u00fcckung, in Empfang nehmen.\nDie Wirkung der Zusammendr\u00fcckung auf den Muskel ist hier dieselbe wie f\u00fcr das Compressorium senkrecht auf die Faser (S. oben S. 136); er giebt Fl\u00fcssigkeit von sich, wird fr\u00fcher als ein freiliegender zuckungsunf\u00e4hig und todtenstarr, der mikroskopische Befund bietet nichts auffallendes dar.\nIch theile jetzt die Ergebnisse der Versuche betreffend den Einflufs der Zusammendr\u00fcckung sowohl senkrecht auf die Faser als auch parallel derselben auf den Muskelstrom mit.\nIn beiden F\u00e4llen ist das h\u00e4ufigste, dafs man den Strom abnehmen sieht.\nIm Compressorium senkrecht auf die Faser h\u00e4lt z. B. ein Muskel die Nadel auf 13\u00b0 best\u00e4ndiger Ablenkung. Zusammendr\u00fccken \u2014 7\".5","page":138},{"file":"p0139.txt","language":"de","ocr_de":"der Zusammendr\u00fcckung des Muskels auf die Stromst\u00e4rke.\t139\nAusschlag, best\u00e4ndig + 8\u00b0.5. Nachlassen Ausschlag auf -+- 17\u00b0.7, best\u00e4ndig 10\u00b0. Nachher bei abermaligem Zusammendr\u00fccken Ausschlag von -f- 8\u00b0 auf \u2014 13\u00b0. Nachlassen best\u00e4ndig -+- 6\u00b0. Zusammendr\u00fccken \u2014 16\u00b0.5 Ausschlag u. s. w.\nIm Compressorium der Faser parallel sind die Wirkungen minder ausgesprochen. Ein Gastroknemius giebt z. B. best\u00e4ndig 13\u00b0. Zusammendr\u00fccken 10\u00b0 Ausschlag, best\u00e4ndig 11\u201c. Nachlassen bringt keine merkliche Zunahme hervor. Zusammendriicken 5\u00b0 Ausschlag, best\u00e4ndig 7\u201c.5. Nachlassen 9\u00b0 Ausschlag, best\u00e4ndig 8\u00b0.5. Zusammendr\u00fccken 0\u00b0.5 Ausschlag u. s. w.\nDie Versuche gl\u00fccken ebenso gut mit Anwendung des Verfahrens der Entgegensetzung, gleichviel auf welchen Muskel, ob auf den st\u00e4rkeren oder ob auf den schw\u00e4cheren, man die ver\u00e4ndernde Bedingung einwirken lasse.\nIch weifs nicht mit Bestimmtheit zu sagen, worauf der Umstand beruht, der schon aus den angef\u00fchrten Versuchsreihen erhellt und \u00f6fter von mir beobachtet wurde, dafs die Wirkung der Zusammendr\u00fcckung mit der \u00f6fteren Wiederholung derselben bis zu einer gewissen Grenze steigt. Man k\u00f6nnte geneigt sein, da es sich um eine negative Schwankung handelt, an ein Wachsen der Ladungen bei l\u00e4ngerer Dauer des Versuches zu denken. Dies erscheint jedoch unhaltbar, da ja im Ge-gentheil w\u00e4hrend der Zusammendr\u00fcckung ein Theil der Ladungen immer wieder in Freiheit gesetzt wird. Eine andere Deutung der Erscheinung die ich f\u00fcr wahrscheinlicher halte, wird sich uns, freilich in Gestalt einer etwas unbestimmten Analogie, in der Folge darbieten.\nNicht minder auffallend ist es, dafs man h\u00e4ufig, statt der Verminderung der Stromgr\u00f6fse, eine eben so betr\u00e4chtliche Vermehrung derselben als Wirkung der Zusammendr\u00fcckung wahrnimmt. Man erinnert sich, dafs dies bereits bei den vorl\u00e4ufigen Versuchen der Fall war, die oben zur Pr\u00fcfung der etwaigen Ergiebigkeit dieser Versuchsweise mit einem Kautschukrohr und Pinzetten angestellt wurden. Die Unregel-m\u00e4fsigkeit der Ergebnisse ward damals der Rohheit des angewandten Verfahrens zugeschrieben. Ich hoffte, durch Herstellung der beiden in der Richtung ihres Druckes auf einander senkrechten Compressorien ein Mittel zur Sonderung jener beiden Wirkungen der Vermehrung und Verminderung der Stromgr\u00f6fse gewonnen zu haben. Der Erfolg lehrte jedoch, dafs sowohl in der einen als in der anderen dieser Vorrichtungen aus unbekannten Ursachen bald die eine, bald die andere Wirkung die Folge der Zusammendr\u00fcckung sein k\u00f6nne. Zwar schien es mir, als ob die Stromvermehrung h\u00e4ufiger in dem Compressorium der Faser parallel, als in dem senkrecht auf die Faser wahrgenommen w\u00fcrde.","page":139},{"file":"p0140.txt","language":"de","ocr_de":"J40\t3. Ab sehn. Kap. IV. \u00a7. VI. 3. Er\u00f6rterung des Einflusses\nHieraus darf aber nicht geschlossen werden, dafs diese Wirkung vielleicht allein von der Zusammendr\u00fcckung der Axe parallel, die der Verminderung allein derjenigen senkrecht auf dieselbe zuzuschreiben sei, wie dies meine urspr\u00fcngliche, auf einer fehlgeschlagenen Hypothese beruhende Vermuthung war: in der Weise n\u00e4mlich, dafs durch Unvollkommenheiten in den Vorrichtungen, Unterschiede in der Lage der Muskeln u. d. m. in dem einen Compressorium sich zuf\u00e4llig einmal die Wirkung des anderen, und umgekehrt, erzeugte. Denn ich habe nicht nur allemal, dafs ich Stromvermehrung in einem der beiden Comprcs-sorien beobachtet habe, bei unver\u00e4nderter Lage des Muskels und unverr\u00fcckter Stellung aller \u00fcbrigen Theile der Vorrichtung, pl\u00f6tzlich ohne irgend einen Grund bei abermaliger Zusammendr\u00fcckung Stromverminderung wahrgenommen, die sich sp\u00e4ter wieder in Stromvermehrung verwandelte u. s. f. ; sondern ich habe auch einmal den vermehrten Strom eines zusammengedr\u00fcckten Muskels sich allm\u00e4hlig bis unter die Gr\u00f6fse des Stromes des ruhenden Muskels vermindern, und beim Nachlassen des Druckes sich alsdann wieder vermehren gesehen. Ich gebe einige Beispiele.\nCompressorium senkrecht auf die Faser. \u2014 Zwei Unterschenkelstrecker einander entgegenwirkend. Der freiliegende wiegt vor mit 4\u00b0. 5. Bei der Zusammendr\u00fcckung Durchschlagen durch den Nullpunkt bis auf \u2014 5\u00b0; die best\u00e4ndige Wirkung f\u00e4llt jedoch auf die Seite des freiliegenden mit +9\u00b0 Ablenkung. Nachlassen bringt einen Ausschlag nach dem Nullpunkte hin bis auf -+- 6\u00b0 hervor. Wird jetzt zusammengedr\u00fcckt, + 15\u00b0 Ausschlag; also Abnahme des Stromes des zusammengedr\u00fcckten Muskels. Nachdem die Muskeln verwechselt worden sind, findet abermals zuerst Stromvermehrung bei der Zusammendr\u00fck-kung statt, welche noch zweimal mit Verminderung abwechselt.\nCompressorium der Faser parallel. \u2014 Ein Gastroknemius h\u00e4lt die Nadel best\u00e4ndig auf 11\u00b0. Druck 7 \u00b0.5 Ausschlag. Nach dem Nachlassen best\u00e4ndig 7\u00b0. Druck bringt einen Ausschlag auf 12\u00b0 hervor, best\u00e4ndig 8\u00b0.5. Nachlassen Ausschlag auf 5\u00b0 nach dem Nullpunkte hin. Druck Ausschlag auf 10\u00b0 u. s. w.\nSchliefslich ist zu erw\u00e4hnen, dafs in beiden Compressorien befindliche Muskeln, tetanisirt, eine lebhafte Abnahme ihres Stromes zeigen, genau als ob sie sich h\u00e4tten frei zusammenziehen k\u00f6nnen.\n3. Er\u00f6rterung der vorigen Ergebnisse.\nDa in der Streckvorrichtung sowohl als in den beiden Compressorien die Versuche ebensogut mit Anwendung des Verfahrens der Entgegensetzung gl\u00fccken, und zwar gleichviel, ob es der st\u00e4rkere oder","page":140},{"file":"p0141.txt","language":"de","ocr_de":"der Dehnung und Zusammendr\u00fcckung des Muskels auf den Strom. 141\nder schw\u00e4chere Muskel ist, der die Einwirkung erleidet, so kann nicht die Rede davon sein, den Erfolg derselben von einer Ver\u00e4nderung des Widerstandes an den Ber\u00fchrungsstellen der Muskeln und der B\u00e4usche herleiten zu wollen.\nEbensowenig ist, f\u00fcr die beiden Compressorien, an eine Ver\u00e4nderung der Widerst\u00e4nde ira Muskel, wie sie allenfalls durch die geringe Form Ver\u00e4nderung desselben bedingt sein mag, als Grund der Erscheinung zu denken. Denn dieser Deutungsweise widersetzt sich mit Entschiedenheit der Umstand, dafs man, unter v\u00f6llig gleichen Bedingungen, die entgegengesetzten Wirkungen, Stromvermehrung und Abnahme desselben, eintretcn, ja die eine dieser Wirkungen in die andere ohne alle \u00e4ufsere Veranlassung \u00fcberschlagen und sp\u00e4ter einmal wieder die Oberhand gewinnen sieht. Auch bleibt, in dem Compres-sorium der Faser parallel, jede Wirkung a lis, wenn der Muskel f\u00fcr das Compressionsrohr zu klein gew\u00e4hlt worden ist, so dafs er beim Eintreiben des Stempels in dasselbe keine Zusammendr\u00fcckung erf\u00e4hrt, obschon alsdann seine Gestaltver\u00e4nderung keine viel geringere sein kann, als in dem Falle, wo er wirklich einen Druck erleidet. Endlich w\u00fcrde, bei dieser Ansicht von der Sache, das Wachsen der Wirkungen bei mehrmaliger Wiederholung des Versuches (S. oben S. 139) offenbar ganz unerkl\u00e4rt bleiben.\nMinder leicht zu heben ist aber das ausgesprochene Bedenken in Betreff der grofsen Streckvorrichtung. Man k\u00f6nnte sich in der That leicht vorstellen, dafs die die Dehnung des Muskels begleitende Stromabnahme von der Zunahme desselben an L\u00e4nge, seiner Abnahme an Querschnitt dabei herr\u00fchre. Zwar nicht unmittelbar, insofern dadurch der Widerstand des Kreises vergr\u00f6fsert wird, welche Deutung durch die Methode der Compensation, durch die Betrachtung der Gr\u00f6fse der negativen Ausschl\u00e4ge, durch die ganze Lehre vom Zustandekommen des Muskelstromes unm\u00f6glich gemacht ist: sondern durch die Ver\u00e4nderung der Ableitungsbedingungen des Gesammtstromes von den unz\u00e4hligen unendlich vielen Molecularstr\u00f6men, die sich im Inneren des Muskels, zu einer Resultante zusammengesetzt, nach den Er\u00f6rterungen des dritten Kapitels, bewegen. Dort haben wir diesem Versuche, wenn seinem Erfolge eine Ver\u00e4nderung der elektromotorischen Kr\u00e4fte des Muskels untergelegt werden soll, allerdings gleichsam den Boden unter den F\u00fcfsen fortgezogen (S. oben Bd. I. S. 727), indem wir zeigten, dafs die Methode der Compensation wegen des ungleichen Eingehens der Mafse und der Leitungsg\u00fcte jedes Muskels in die Ausdr\u00fccke f\u00fcr seinen eigenen Strom und f\u00fcr den des anderen, schwerlich im Stande sei, eine Ver\u00e4nderung dieser Elemente der Stromst\u00e4rke zu eliminiren.","page":141},{"file":"p0142.txt","language":"de","ocr_de":"142 3. Abschn. Kap.1V. \u00a7. VI. 3. Einflufs der Dehnung, Compression etc.\nMit Hinblick intlefs auf das Ergebnifs der Zusammendr\u00fcckung in den beiden Muskelcompressorien, welches von dieser Zweideutigkeit frei ist, ferner auf die unverh\u00e4ltnifsm\u00e4fsige Gr\u00f6fse der Wirkungen in der Streckvorrichtung, welche mit der m\u00f6glichen Ver\u00e4nderung der Widerst\u00e4nde nicht \u00fcbereinzustimmen scheint, glaube ich, dafs man, obschon es sich nicht streng darthun l\u00e4fst, die Unabh\u00e4ngigkeit wenigstens eines Theiles der beobachteten Stromabnahme von der Gestaltver\u00e4nderung des Muskels getrost annehmen darf.\nWas nun, unter dieser Voraussetzung, die Bedeutung der vorliegenden Ergebnisse betrifft, so ist allerdings wenig zu sagen. Eine erste Bemerkung ist diese, dafs die beobachtete Stromver\u00e4nderung der Gr\u00f6fse nach in keiner Weise mit der beim Tetanisiren in Vergleich zu bringen ist; denn die Ruhe eines strompr\u00fcfenden Froschschenkels, dessen Nerv einem gedehnten Muskel entlang gelegt ist, so lange dieser nicht tetanisirt wird (S. oben S. 119. 133), beweist, dafs wir es mit einer stetigen Stromver\u00e4nderung zu thun haben, und so ist es deutlich, dafs es die Curve kt ku in der Fig. 89 Taf. I. ist, welche den Gang der Stromst\u00e4rke in diesen Versuchen ausdr\u00fcckt, w\u00e4hrend, wie man sich entsinnt, die kammf\u00f6rmige k, kln den Verlauf derselben beim Tetanisiren bezeichnet (S. oben S. 91). Erw\u00e4gt man, dafs aus allen drei Vorrichtungen der Muskel nach einer gewissen viel k\u00fcrzeren Frist reactions-los und todtenstarr hervorgeht, als wenn er aufserhalb derselben sich ruhig \u00fcberlassen worden w\u00e4re, dafs also sein Aufenthalt darin eine stetige Inanspruchnahme seiner eigenth\u00fcmlichen Kr\u00e4fte mit sich zu bringen scheint, so kann man sich geneigt f\u00fchlen, den Schl\u00fcssel^ju jenen Stromver\u00e4nderungen in diesem gemeinsamen Umstande, mit Hinblick auf die Stromesschwankung beim Tetanisiren, zu suchen; obschon die bei den Compressorien auch vorkommende Stromzunahme dieser Deutungsweise nicht zu verkennende Schwierigkeiten in den Weg legt.\nSchliesslich mache ich darauf aufmerksam, dafs, in der hier beschriebenen Reihe von Phaenomenen, eine zweite Gattung von Bewegungserscheinungen des Muskelstromes vorliegt (S. oben S. 127), welche, wenn ihr auch' die gr\u00f6fse Geschwindigkeit der negativen Schwankung bei der Zusammenziehung nicht mehr zukommt, doch schwerlich mit einer anderen Vorstellungsweise von dem inneren Baue der thierischen Erreger in Einklang zu bringen sein m\u00f6chte, als mit der hinsichtlich desselben aufgestellten Hypothese passend angeordneter, leicht durch einander verschiebbarer, in sich selbst beweglicher elektromotorischer Molekeln.","page":142},{"file":"p0143.txt","language":"de","ocr_de":"F\u00fcnftes Kapitel.\nVon dem Einfl\u00fcsse verschiedener Umst\u00e4nde auf den Muskelstrom.\n\u00a7\u2022 I.\nVon dem Gesetze der Abnahme und der nat\u00fcrlichen Grenze des Muskelstromes nach dem Tode.\nUihe wir untersuchen, wie sich der Muskelstrom den mannigfachen physikalischen und chemischen Bedingungen gegen\u00fcber verh\u00e4lt, denen wir die Muskeln im Versuch aussetzen k\u00f6nnen, scheint es nothwendig, uns zuerst nach dem nat\u00fcrlichen Gange zu erkundigen, den die elektromotorische Wirksamkeit der sich selbst \u00fcberlassenen thierischen Erreger nach dem Tode oder nach der Trennung vom Gesammtorganismus nimmt. Vernehmen wir zuv\u00f6rderst, was bereits Matteucci \u00fcber diesen Punkt Bemerkenswerthes mitgetheilt haben mag.\n1. Matteucci\u2019s Erfahrungen \u00fcber Dauer und Abnahme des Frosch- und Muskelstromes.\nIm Essai etc. p. 79. 82\u201c sagt Matteucci, nachdem er den im ersten Kapitel dieser Untersuchung (S. oben Bd. I. S. 465) geschilderten Kreis von Erscheinungen beim Auflegen des Frosches, Schliefsen an seiner Stelle mit einem unwirksamen feuchten Leiter, Wiederauflegen u. s. f. dargestellt hat, dafs er Fr\u00f6sche f\u00fcnf bis sechs Stunden, ja sogar einen Tag lang in Wasser aufbewahrt, Und stets, wenn gleich immer schw\u00e4cher werdende Wirkungen von denselben erhalten habe.\nSp\u00e4ter berichtet er, dafs die Abnahme des Stromes in den ersten acht bis zehn Minuten so bedeutend sei, dafs der Ausschlag nach die-","page":143},{"file":"p0144.txt","language":"de","ocr_de":"144 S. Abschn. Kap. V. \u00a7\u25a0 I. 1. Matteucci\u2019\u00e4 Erfahrungen\nser Zeit nur noch halb so grofs erscheine als in den ersten Augenblicken nach der Zurichtung; daher man auch bereits nach 15 \u2014 20 Minuten nur noch schwer die Zuckung ohne Metalle beobachte; und dafs eine S\u00e4ule aus sechs GALVANi\u2019schen Pr\u00e4paraten, welche urspr\u00fcnglich 16\u00b0 Ausschlag gab, nach einer halben Stunde nur noch 6\u00b0 und nach 24 Stunden nur noch 2 \u2014 3\u00b0 gegeben habe. Werden seit langer Zeit zugerichtete Fr\u00f6sche mit verd\u00fcnnter Kochsalzl\u00f6sung angefeuchtet, so erh\u00e4lt man eine kaum bemerkbare Vergr\u00f6\u00dferung ihres Stromes.1\nDiese Angaben Matteucci\u2019s beziehen sich, dem durch alle seine Arbeiten bis auf die neueste Zeit sich hindurchrankenden Grundirrthume gem\u00e4fs, auf seinen vermeintlichen Froschstrom, der, von allen thieri-schen Gebilden einzig dem Unterschenkel des Wasserfrosches zukommen soll (S. oben Bd. 1. S. 538); folgende hingegen auf den Muskelstrom, den alle Thiere, unter ihnen der Frosch noch obenein, besitzen. Mat-teucci fand, dafs die Dauer dieses Stromes um so kleiner sei, je h\u00f6her die Thiere auf der Rangleiter der organischen Wesen st\u00e4nden.a Bereite man drei S\u00e4ulen aus gleichviel Gliedern, die eine aus Kaninchenmuskeln, die andere aus solchen von der Taube, die dritte aus halben Froschoberschenkcln, und pr\u00fcfe dieselben m\u00f6glichst schnell hintereinander auf die St\u00e4rke ihres Stromes, indem man bald mit der einen, bald mit der anderen den Anfang mache, so zeige sich, dafs die Kaninchenmuskels\u00e4ule die geringsten, die Tauben- und Froschmuskels\u00e4ule ansteigend gr\u00f6fsere Werthe g\u00e4ben. Folgendes sind die von mir zur Tabelle zusammengestellten Zahlen eines MATTE\u00fccci\u2019schen Versuches an drei solchen achtgliederigen S\u00e4ulen.\nZeit von der Zurichtung ab.\t\tKaninchen.\tTaube.\tFrosch.\n0h\t0'\t8\u00bb\t14\u00ab\t22\u00bb\n0\t15\t4\t10\t16\n1\t0\t0\t2-3\t8-10\n24\t0\t0\t0\t2-3\n1 Archives de l\u2019\u00c9lectricit\u00e9. Novembre 1842. t. II. p. 436.* \u2014 Annales de Chimie et de Physique. 3. S\u00e9rie, t. VI. p. 319.320.* \u2014 Trait\u00e9 etc. p. 100.*\n3 Archives de l\u2019\u00c9lectricit\u00e9. Ibid. p. 449. 628.* \u2014 Annales de Chimie et de Physique. Ibid. p. 334. 338. *","page":144},{"file":"p0145.txt","language":"de","ocr_de":"\u00fcber Dauer und Abnahme des Mushelslromes.\t145\nEine S\u00e4ule aus St\u00fccken Aal sei noch l\u00e4nger wirksam, als eine solche aus halben Froschoberschenkeln. 1\nMatteucci pflegt dem Satze, dafs die Dauer des Stromes um so gr\u00f6fser werde, je tiefer man auf der Rangleiter der organischen Wesen hinabsteige, noch den anderen von gr\u00f6fserer Wichtigkeit zuzugesellen, dafs die urspr\u00fcngliche Kraft des Stromes im lebenden Thiere das umgekehrte Gesetz befolge. Was die Anwesenheit des Stromes \u00fcberhaupt im lebenden Thiere betrifft, die Matteucci fortw\u00e4hrend im Munde f\u00fchrt, sie aber nirgends geh\u00f6rig erweist, so wird nachmals davon die Rede sein. 2 Anlangend seine urspr\u00fcngliche Kraft in den ersten Augenblik-ken na;|h der Zurichtung sind nun allerdings Gr\u00fcnde vorhanden, welche es von vorn herein wahrscheinlich erscheinen lassen, dafs ein, dem von Matteucci ausgesprochenen \u00e4hnliches Gesetz wirklich Geltung habe. Handelt es sich aber um den thats\u00e4chlichen Nachweis dieser Behauptung, so kann man sich nicht verhehlen, welche unermefsliche Schwierigkeiten sich demselben entgegensetzen d\u00fcrften. Wenn man sich erinnert, welchen Aufwand an Kunstgriffen aller Art uns die Entscheidung der allem Anscheine nach doch so einfachen Frage gekostet hat, ob der Unterschied zwischen den Stromst\u00e4rken zweier Muskeln von verschiedenem Querschnitte vom Oberschenkel eines und desselben Frosches herr\u00fchre von eben dieser Verschiedenheit oder von einer solchen in den elektromotorischen Kr\u00e4ften beider (S. oben Bd. I. S. 703): so wird man mit Recht begierig, zu erfahren, wie Matteucci es wohl angefangen habe, sich St\u00fccke Muskelfleisches von gleicher L\u00e4nge, gleichem Querschnitte, gleicher Gestalt desselben, gleicher Frische, gleichem Zustande ihrer Querschnitte, von verh\u00e4ltnifsm\u00e4fsig gleicher Ausbildung ihrer Kraft von so verschiedenen Thieren zu verschaffen, nicht zu gedenken der ihm unbekannten R\u00fccksicht auf die gleiche Spannweite des ableitenden Bogens; und wie er alles dieses mit seinen acht-, zehn-und mehrgliederigen S\u00e4ulen habe zu Stande bringen k\u00f6nnen, wenn schon ein kleiner Theil davon f\u00fcr nur zwei Muskeln ganz unausf\u00fchrbar erscheint.\nDer Leser t\u00e4uscht sich nicht, wenn er bereits vermuthet, dafs Matteucci sich mit dem Zerhauen des unentwirrbaren Knotens dieser Schwierigkeiten begn\u00fcgt hat, deren Mehrzahl ihm \u00fcbrigens v\u00f6llig fremd war. In seiner ersten Mittheilung \u00fcber diesen Punkt heifst es blos, dafs, aus der schnelleren Abnahme des Miiskelstromes der h\u00f6heren\n* Archiv\u00e9s de l\u2019Electricit\u00e9. 1843. t. III. p, 19. 28.* \u2014 Annales de Chimie et de Physique. 3. S\u00e9rie, t. VII. p. 439. 440. 449.* \u2014 Trait\u00e9 etc. p. 70. 71. 82.*\n2 S. unten, Kap. VIII. \u00a7. i.\nII.\n10","page":145},{"file":"p0146.txt","language":"de","ocr_de":"146\t<?. Abschn. Kap. V. \u00a7. 1. 1. Matteocci\u2019\u00e4 Erfahrungen\nThiere, im Verein mit dem Umstande, dafs man beim Versenken der Platinenden des Multiplicators in eine frische Muskelwunde eines lebenden Kaninchens oder Hammels 30 \u2014 40\u00b0 Ausschlag erhalte, w\u00e4hrend dasselbe Verfahren beim Frosche nur 5 \u2014 6\u00b0 gebe, mit R\u00fccksicht auf die Unsicherheit dieser Versuchsweise doch mindestens auf eine urspr\u00fcngliche Gleichheit der Stromeskr\u00e4fte in den verschiedenen Thierklassen geschlossen werden d\u00fcrfe. Sp\u00e4ter sollten jedoch Versuche daf\u00fcr beigebracht werden, dafs die Stromeskraft bei den h\u00f6heren Thieren urspr\u00fcnglich sogar st\u00e4rker sei als hei den niederen. 1 * Diese Versuche sind folgende : Matteucci f\u00fcgte auf nachmals zu beschreibende Art3 eine viergliederige S\u00e4ule aus lebenden Tauben zusammen. Der Strom derselben betrug, unter Umst\u00e4nden, 25\u00b0. Der Strom einer S\u00e4ule aus eben so viel lebendigen Fr\u00f6schen, deren Zurichtungsweise nach Matteucci uns gleichfalls noch kennen zu lernen bevorsteht,3 betrug dagegen nie \u00fcber 10 \u201412\u00b0. Da nun Matteucci den Widerstand der Taubens\u00e4ule (nach dem Augenmaafs?) auf wenigstens das Vierfache desjenigen der Froschs\u00e4ule, ja nach sp\u00e4teren Versuchen, die aber auch nicht beschrieben werden, auf noch viel mehr sch\u00e4tzt, so h\u00e4lt er die Ueberlegenheit der Stromeskraft der h\u00f6heren Thiere in den ersten Augenblicken nach der Zurichtung f\u00fcr eine ausgemachte Sache. 4 In seiner Arbeit \u00bb The Muscular Current \u00ab endlich kommt Matteucci abermals auf diesen Punkt zur\u00fcck mit den Worten: \u00bbOperating with \u00bbgreat rapidity upon chickens and pigeons, I have been able to de-\u00bbmonstrate the truth of this, using for my experiments the thighs of \u00bbthe above mentioned animals. Comparing an equal number of ele-\u00bbments, whether of fowls or pigeons, with the same number of elements \u00bbtaken from frogs, the current, at first, is as intense, and in the greater \u00bbnumber of cases more than that of the frogs. Reflecting a moment \u00bb on the greater length and resistance of the circuit of the pile of fowls \u00bband pigeons, the greater intensity of the muscular current in warm-\u00bbblooded animals than in frogs, will be manifestly proved.\u00ab 5\n1 Archives de l\u2019Electricit\u00e9. Ibid. p. 12. 20.* \u2014 Annales de Chimie et de Physique. Ibid. p. 432. 440. 441.* \u2014 Trait\u00e9 etc. p. 70. 71.*\na S. unten, Kap. VIII. \u00a7. i.\n3\tS. ebendas.\n4\tComptes rendus etc. 11 Mars 1844. t.XVIII. p.443. * \u2014 Annales des Sciences naturelles. 3. S\u00e9rie, t. I. Zoologie p. 191.* \u2014 Annales de Chimie et de Physique. Juin 1844. 3. S\u00e9rie, t. XI. p. 403.* \u2014 Comptes rendus etc. 14 Avril 1845. t. XX. p. 1097.* \u2014 Philosophical Magazineetc. 3. Series, vol. XXVI. p. 534. 535. *\n5\tPhilosophical Transactions etc. Ibid. p. 292.* \u2014 Annales de Chimie et de Physique. Septembre et Octobre 1846. 3. S\u00e9rie.t. XVIII. p. 112.* \u2014 Le\u00e7ons sur les Ph\u00e9nom\u00e8nes physiques des Corps vivants etc. p. 187. 188.*","page":146},{"file":"p0147.txt","language":"de","ocr_de":"\u00fcber Dauer und Abnahme des Muskelslrom.es.\t147\nIch bin, wie gesagt, durchaus nicht abgeneigt, an das Dasein eines solchen Unterschiedes, wie Matteucci ihn behauptet, zwischen der urspr\u00fcnglichen Stromeskraft warm- und kaltbl\u00fctiger Muskeln zu glauben; aber es ist mir unm\u00f6glich, und ich denke, der Leser des dritten Kapitels dieser Untersuchungen wird meine Ansicht theilen, in den obigen Erfahrungen Matteucci\u2019s etwas anderes zu erblicken als einen \u00fcberaus rohen Versuch jener Vermuthung eine thats\u00e4chliche Grundlage zu verleihen, einen Versuch, der mit um so mifstrauischerem Auge zu betrachten ist, als er zuf\u00e4lligerweise in dem Sinne der Vermuthung zu sprechen scheint, welche er zu erh\u00e4rten bestimmt war. Ich kann auch nicht umhin, erstaunt zu sein \u00fcber die ohne irgend einen Zahlenbeleg mitgetheilte Nachricht, dafs die Taubens\u00e4ule einen so sehr viel gr\u00f6fse-ren Widerstand dargeboten haben solle, als die aus Fr\u00f6schen. Dies erregt billig Zweifel, wenn man die Mafsverh\u00e4ltnisse beider Thierarten in Gedanken vergleicht und sich \u00fcberdies erinnert, dafs die W\u00e4rme das Leitungsverm\u00f6gen der Fl\u00fcssigkeiten erh\u00f6ht (Vergl. oben S. 83. Anm. 2).\nZwischen Frosch- und Muskelstrom, also dem Strome vom nat\u00fcrlichen L\u00e4ngsschnitte zum nat\u00fcrlichen und zum k\u00fcnstlichen Querschnitte nach unserer Bezeichnungsweise, findet Matteucci, in Bezug auf den Gegenstand dieses Paragraphen, noch folgende Unterschiede. Der Muskelstrom kehre nicht, gleich dem Froschstrome (S. oben S. 144), spurweise zur\u00fcck, wenn man die Glieder mit Wasser oder verd\u00fcnnter Kochsalzl\u00f6sung befeuchte. 1 * Zweitens der Froschstrom dauere l\u00e4nger nach dem Tode aus, als der Muskelstrom. 3\nVon dem ersteren Umstande wird unten noch die Rede sein; was den letzteren betrifft, so brauche ich wohl nicht zu erinnern, dafs er einfach von der Verletzung herr\u00fchrt, welche die Muskeln der querdurchschnittenen Glieder in Matteucci\u2019s Versuchen erlitten hatten. So lange man, beim Auflegen von nat\u00fcrlichem Querschnitt gegen nat\u00fcrlichen L\u00e4ngsschnitt noch Spuren von Strom erh\u00e4lt, so lange zeigen sie sich auch noch nach Herstellung des k\u00fcnstlichen Querschnittes zwischen diesem und dem L\u00e4ngsschnitte; und umgekehrt, wenn der k\u00fcnstliche Querschnitt keine Wirkung mehr giebt, versagt auch gewifs der Strom des nat\u00fcrlichen L\u00e4ngsschnittes.\n1 Archives de l\u2019\u00c9lectricit\u00e9, t. 111. p. 19.* \u2014 Annales de Chimie et de Phy-\nsique. 3. S\u00e9rie, t. Vil. p. 440.* \u2014 Trait\u00e9 etc. p. 71.*\n* Trait\u00e9 etc. p. 127.* \u2014\u25a0 Philosophical Transactions etc. Ibid. p. 297.*\n10","page":147},{"file":"p0148.txt","language":"de","ocr_de":"148\n3. \u00c4bschn. Kap. V. \u00a7. I. 2. Von dem Gesetze\n2. Von dem Gesetze der Abnahme des Muskelstromes nach\ndem Tode.\nWie man aus dem Vorigen und so mancher fr\u00fcheren Andeutung bereits hat entnehmen k\u00f6nnen, ist der Muskelstrom nach dem Tode des Thieres oder nach der Trennung des Muskels vom Gesamratorga-nismus in fortw\u00e4hrender Abnahme begriffen und verschwindet endlich ganz. Der folgerichtige Gang der Untersuchung w\u00fcrde also jetzt erheischen, dafs wir suchen, uns \u00fcber das Gesetz dieser Abnahme zu unterrichten, und sodann jene nat\u00fcrliche, dem Strome gesetzte Grenze ins Auge fassen. Es wird uns hiebei jedoch weniger darum zu thun sein, abstracte Zeit- und entsprechende Stromgr\u00f6fsebestimmungen in lebloser Aufz\u00e4hlung aneinanderzureihen; wir werden danach zu streben haben, einen Bezug der beobachteten Ver\u00e4nderung der elektromotorischen Wirksamkeit auf die sonstigen Leichenver\u00e4nderungen des Muskels, den Verlust der Erregbarkeit, sein Erstarren und seine F\u00e4ulnifs zu erkennen, um daraus f\u00fcr die Bedeutung jener Wirksamkeit ihrer Natur nach fast unfehlbare Fingerzeige zu entnehmen. Dies ist, wie man leicht gewahr wird, der einfache leitende Grundsatz, der hier mafs-gebend sein mufs, an dem es aber Matteucci bei den obigen Beobachtungen gebrochen hat, wodurch er aufser Stande gesetzt war, den Sinn dessen, was er sah, aufzufassen und zu deuten.\nWas erstens das Gesetz der Abnahme des Muskelstromes nach dem Tode betrifft, so sind bereits oben Bd. I. S. 242. 243. 465 die Schwierigkeiten erw\u00e4hnt worden, die sich hier leider jeder sch\u00e4rferen Bestimmung entgegensetzen. Sie r\u00fchren her zum Theil von der Entwickelung der Ladungen auf den metallischen Multiplicatorenden, zum Theil von dem Umstande, dafs der Multiplicator, der ihm zu erhaltenden Empfindlich-keit wegen, nicht f\u00fcglich graduirt werden kann (S. ebend. S. 197). Es bietet demnach der Gang der Nadel, den sie bei dauerndem Aufliegen eines thierischen Erregers nach dem Nullpunkte hin zeigt, nicht entfernterweise ein Bild dar von dem entsprechenden Gange des Muskelstromes. In der That, w\u00e4hrend bei dieser Anordnung, wie man sich erinnert, die best\u00e4ndige Ablenkung, nachdem zuerst Anschl\u00e4gen an die Hemmung erfolgt war, zuletzt auf 5 \u2014 8\u201c zu sinken pflegt, erh\u00e4lt man alsbald wieder \u00fcber 90\u00b0 Ausschlag, sowie man durch Scldiefsen mit einem unwirksamen feuchten Leiter den Ladungen Raum gegeben hat sich auszugleichen, und dieses Spiel l\u00e4fst sich viele Male hintereinander wiederholen, ohne dafs eine namhafte Schw\u00e4chung des thierischen Erregers in die Augen fiele. Um ein richtiges Bild von dem Gesetze der Abnahme des Muskelstromes nach dem Tode sich zu verschaffen,","page":148},{"file":"p0149.txt","language":"de","ocr_de":"der Abnahme des Mushelstromes nach dem Tode.\n149\nm\u00fcfste also mit Ausschlufs der Ladungen gearbeitet werden k\u00f6nnen, und \u00fcberdies die Intensit\u00e4tencurve des Multiplicators vorgehend bestimmt sein.\nAn der ersten angef\u00fchrten Stelle ist bemerkt worden, dafs es, um die Ladungen aus dem Versuche zu verbannen, nur nothwendig sein w\u00fcrde, statt der Kochsalzl\u00f6sung mit darin tauchenden Platinenden eine geeignete Metallsalzl\u00f6sung, deren Metall sich gut galvanoplastisch niederschl\u00e4gt, mit Elektroden aus demselben Metalle anzuwenden: schwefelsaure Kupferoxydl\u00f6sung mit Kupfer-, salpetersaure Silber- oder Cyansilberkaliuml\u00f6sung mit Silberelektroden.\nMein Freund Dr. H. Helmholtz in Potsdam hat nunmehr diese Versuche angestellt, und mir verstauet, ihre Ergebnisse hier mitzuthei-len. Leider sind dieselben nicht befriedigend ausgefallen. Es hat sich n\u00e4mlich gezeigt, dafs mit keiner der genannten drei Salzl\u00f6sungen der schwache thierisch-elektrische Strom best\u00e4ndig wurde. Zwar erschienen die Wirkungen im Vergleich zu denen, die man bei polarisir-baren Elektroden wahrnimmt, allerdings bedeutend verst\u00e4rkt, so dafs sie an einem viel weniger empfindlichen Instrumente, als das meinige ist, welches daher auch noch leicht h\u00e4tte graduirt werden k\u00f6nnen, sich beobachten liefsen; allein cs war noch immer eine betr\u00e4chtliche Polarisation vorhanden, so dafs es klar wurde, dafs f\u00fcr so schwache Str\u00f6me, wie diejenigen, mit denen man es hier zu thun hat, das Da-NiELL\u2019sche Princip nicht mehr ausreicht. Und es ist zu bemerken, dafs eine s\u00e4ulenartige Anordnung thierischer Erreger in diesem F\u2019alle zur Verst\u00e4rkung der Wirkung nichts beitragen kann, da der aufserwesent-lichc Widerstand schon ohnedies gegen den wesentlichen verschwinden d\u00fcrfte. Der einzige Umstand, auf den meines Wissens hier noch zu bauen w\u00e4re, ist folgender. Es ist eine bekannte Thatsache, dafs durch Verkleinerung der Oberfl\u00e4che der Elektroden die Elektrolyse unter Umst\u00e4nden merklich bef\u00f6rdert erscheinen kann. 1 Es ist also immerhin\n1 S. z. B. Henrik Steffens ia Gilbert\u2019s Annalen der Physik. 1801. Bd. VII. S. 523.* \u2014Wollaston ebendas. 1802. Bd. XI. S. 109 * ; 1806. Bd. XXIII. S. 424.* \u2014 Humphry Daw ebendas. 1808. Bd. XXVIII. S. 42.* \u2014 G. S. Ohm in Kast-ner\u2019s Archiv f\u00fcr die gesammte Naturlehre. 1829. Bd. XVI. S. 29.* \u2014 Faraday, Experimental Researches in Electricity. (Collected from the Philosophical Transactions). London 1839. vol. I. p. 209. 211. (Series VII. January 1834. \u00a7. 714. 718).* \u2014 de la Rive, Biblioth\u00e8que universelle etc. Nouvelle S\u00e9rie. Avril 1838. t. XIV. p. 366.* (16 Avril 1837). \u2014 Sturgeon in seinen Annals of Electricity, Magnetism and Chemistry etc. July 1837. vol. I. p. 367. 368.* \u2014 Matteucci, Annales de Chimie et Physique. Novembre 1837. t. LXVI. p. 231; Mai 1839. t. LXXI. p. 96.\u2019 Matteucci nimmt hier unbegreiflicherweise keinen Anstand, sich die Entdeckung dieses, wie man sieht, l\u00e4ngst und allbekannten Verhaltens ausdr\u00fccklich zuzuschreiben.","page":149},{"file":"p0150.txt","language":"de","ocr_de":"150\t3. Abschn. Kap. V. \u00a7. I. 2. Von dem Gesetze\nm\u00f6glich, dafs es doch noch gelinge, durch Anwendung der beschriebenen Mittel die thierisch - elektrischen Str\u00f6me best\u00e4ndig zu machen, unter dem Vorbehalte, dafs die Elektroden in sehr feine Spitzen endigen, dafs man sich z. B. nach Wollaston\u2019s Vorg\u00e4nge d\u00fcnner, in Glasr\u00f6hren eingeschmelzter Dr\u00e4hte aus dem Metalle der Salzl\u00f6sung bediene.\nDas Einzige, was f\u00fcr den Augenblick hier zu thun \u00fcbrig bliebe, um eine das Gesetz der Abnahme des Muskelstromes ungef\u00e4hr darstellende Reihe von Bestimmungen zu gewinnen, w\u00fcrde sein, die Ausschl\u00e4ge zu beobachten, welche man von einem thierischen Erreger bei regel-m\u00e4fsig fortschreitenden Zeitabst\u00e4nden nach der Zurichtung erh\u00e4lt. Die g\u00e4nzliche Werthlosigkeit einer solchen Zahlentabelle unter den obwaltenden Umst\u00e4nden leuchtet aber viel zu sehr ein, als dafs ich nicht f\u00fcrchten m\u00fcfste, durch Uebertragung einer oder mehrerer solchen aus meinen Tageb\u00fcchern den Schein auf mich zu laden, als solle mit einer nur in der Form liegenden Genauigkeit ein hohler Prunk getrieben werden. Ich habe demnach, abgesehen von diesen Auseinandersetzungen, \u00fcber den in Rede stehenden Punkt nur folgende, mehr abgerissene Bemerkungen mitzutheilen.\nEine so schnelle Abnahme der Kraft der thierischen Erreger, wie Matteucci sie beschreibt (S. oben S. 143. 144) ist mir im Allgemeinen nicht aufgefallen. Ich vermuthe, dafs sie, bei seinen Versuchen an Gal-vANi\u2019schen Pr\u00e4paraten, einfach vom Austrocknen der Ischiadnerven herr\u00fchrte , die er laut allen seinen Abbildungen und Versuchsbeschreibungen fortw\u00e4hrend im Kreise hatte; deshalb brachte auch wohl das Anfeuchten mit Salzwasser wieder eine Verst\u00e4rkung des Stromes hervor, wenn er beinahe ganz verschwunden war. Was die Versuche mit dem k\u00fcnstlichen Querschnitte betrifft, so ist schon oben Bd. I. S. 714 bemerkt worden, dafs der Strom unter dem Austrocknen, An\u00e4tzen, Absterben desselben merklich leidet, und durch das Herstellen eines neuen Querschnittes alsbald wieder eine Hebung erf\u00e4hrt. Vergl. Mat-teucci selber in \u00bb The Muscular Current\u00ab p. 292.\nAuf nachstehende, das Gesetz der Abnahme des Muskelstromcs betreffende Beobachtung, die vielleicht nicht ohne Wichtigkeit ist, gelangte ich auf einem ziemlich seltsamen, urspr\u00fcnglich etwas ganz anderes bezweckenden Umwege. Matteucci suchte sich Aufsclilufs dar\u00fcber zu verschaffen, ob sich auf den thierischen Gliedern selbst, durch die Wirkung ihres eigenen Stromes, Ladungen zu entwickeln verm\u00f6chten. Es schwebten ihm dabei vermuthlich die von Peltier entdeckten Ladungserscheinungen an Froschpr\u00e4paraten vor, welche dem Strome einer S\u00e4ule ausgesetzt werden (S. oben Bd. I. S. 376). Zu diesem Behufe \u00f6ffnete Matteucci eine Kette, worin sich zwei Froschs\u00e4ulen, aus sechs","page":150},{"file":"p0151.txt","language":"de","ocr_de":"der Abnahme des Mushelstromes nach dem Tode.\n151\nGALVANi\u2019schen Pr\u00e4paraten jede, f\u00fcr sein Instrument genau das Gleichgewicht hielten, und schlofs die eine dieser S\u00e4ulen f\u00fcr sich mittelst eines ihr entlang gelegten feuchten Bogens aus Fliefspapier oder Baumwollendocht. Nach einiger Zeit wurde der feuchte Bogen entfernt, und die eine S\u00e4ule gegen die andere abermals am Multiplicator abgewogen : es herrschte nach wie vor Gleichgewicht. Matteucci zog daraus den Schlufs, es h\u00e4tten sich, durch das Geschlossenscin der einen S\u00e4ule, auf den sie zusammensetzenden Gliedern keinerlei Ladungen entwickelt. 1\nGegen Matteucci\u2019s Versuchsplan ist bereits von seinem Standpunkte der Kenntnifs aus einzuwenden, dafs er von einem so schwachen Strome, wie seiner Meinung nach der Froschstrom sein mufs, nicht f\u00fcglich Entwickelung Peltier\u2019s eher Ladungen gew\u00e4rtigen konnte. Von unserem Standpunkte f\u00e4llt zwar dieses Bedenken fort (S. oben Bd. I. S. 688) ; es tritt aber ein anderes hinzu. Wir betrachten n\u00e4mlich nicht, wie Matteucci, die Muskeln derjenigen S\u00e4ule, welcher kein feuchter Bogen entlang gelegt war, als befindlich im Zustande der offenen Kette; vielmehr nehmen wir an, dafs auch in dieser fortw\u00e4hrend ein lebhafter Str\u00f6mungsvorgang gegenw\u00e4rtig ist (S. ebendas. S. 685). Die einzige Aussicht, bei dem beschriebenen Versuche einen merklichen Erfolg zu beobachten, w\u00fcrde also darauf beruhen, dafs der Str\u00f6mungsvorgang in den mit einer k\u00fcnstlich hinzugetragenen Nebenschliefsung versehenen Muskeln eine Ver\u00e4nderung erleidet, welcher die Muskeln nicht theilhaf-tig werden, die ungeschlossen liegen bleiben. Dadurch k\u00f6nnte eine entsprechende Verschiedenheit in der Gr\u00f6fse der Ladungen, und somit auch der abgeleiteten Str\u00f6me bedingt sein, die man nachmals, unter gleichen Umst\u00e4nden, von beiden thierischen Erregern erh\u00e4lt. Es ist aber deutlich, dafs diese Ver\u00e4nderung des Str\u00f6mungsvorganges der mit einer Nebenschliefsung ausgestatteten Muskeln, wenn sie \u00fcberhaupt in merklicher Gr\u00f6fse stattiindet, nichts als eine Verminderung sein kann. Es m\u00fcfsten folglich die ohne Nebenschliefsung gebliebenen Muskeln nach einiger Zeit an Kraft verloren zu haben scheinen gegen die mit einer solchen versehenen.\nJe mehr Grund vorhanden ist, den Arm des Muskelstromes, der im Multiplicator kreist, f\u00fcr einen sehr schwachen anzusehen im Vergleiche zu demjenigen, den wir uns im Muskel selber verlaufend denken, f\u00fcr um so unbetr\u00e4chtlicher mufs auch von vorn herein die Verminderung dieses letzteren gelten, welche durch das Anlegen des ablei-\n1 Archives de l\u2019\u00c9lectricit\u00e9, t. II. p. 425.* \u2014 Annales de Chimie et de Physique. 3 S\u00e9rie, t. VI. p. 308.* Im Trait\u00e9 etc. ist dieses Versuches nicht wieder gedacht worden.","page":151},{"file":"p0152.txt","language":"de","ocr_de":"152\t\u00e4 Abschn. Kap. V. \u00a7. 1. 2. Von dem Gesetze\ntenden Bogens an den Muskel bewirkt wird. Nichtsdestoweniger hielt ich es nicht f\u00fcr unn\u00fctz, die obigen Schlufsfolgen durch den Versuch zu pr\u00fcfen, wegen der Best\u00e4tigung, die im Bejahungsf\u00e4lle daraus f\u00fcr die Richtigkeit der im dritten Kapitel hingestcllten Lehren erwachsen sein w\u00fcrde. Dazu mufsten nun zwei thierische Erreger genau ins Gleichgewicht gebracht, der eine sich selber \u00fcberlassen, der andere aber mit einer m\u00f6glichst guten Nebenschliefsung ausger\u00fcstet werden. Nach einer m\u00f6glichst langen Zeit mufste man von Neuem die elektromotorischen Kr\u00e4fte beider gegeneinander abw\u00e4gen. War jetzt der mit der Nebenschliefsung versehene Muskel der st\u00e4rkere, so konnte man glauben, dafs dies von dem Ueberschusse der Ladungen auf dem anderen herr\u00fchrte.\nDer Versuch war nicht ohne die allergr\u00f6fsten Schwierigkeiten, die cs jedoch, mit H\u00fclfe folgender Vorkehrungen, so ziemlich zu beseitigen gelang. Auf die obere Fl\u00e4che einer h\u00f6lzernen S\u00e4ule, welche die H\u00f6he der R\u00e4nder der Zuleitungsgef\u00e4fse \u00fcber der Ebene des Tisches hatte, wurde ein gelirnifstes Brettchen von 60mnl Seite in der Mitte der einen Seite angekittet. An die einander gegen\u00fcber liegenden seitlichen freien R\u00e4nder und auf die denselben gleichlaufende Mittellinie des Brettchens kamen einander parallel drei Zwischenb\u00e4usche zu liegen. Gewichste F\u00e4den, welche an passenden Stellen das Brett durchbohrten oder durch Einschnitte in seinen R\u00e4ndern verliefen, hielten sie unverr\u00fcckbar befestigt. In der Mitte ihrer L\u00e4nge waren sie, an einander gegen\u00fcberliegenden Stellen, dreidoppelt mit Eiweifsh\u00e4utclien bekleidet. Auf diese wurden, in entgegengesetzter Richtung, die beiden Gastroknemien eines und desselben Frosches aufgelegt. Die dreidoppelte Bekleidung hatte zum Zweck, die Muskeln vor der ges\u00e4ttigten Salzl\u00f6sung der Zwischenb\u00e4usche zu sch\u00fctzen, welche sie sonst, bei der mehrst\u00fcndigen Dauer, auf die der Versuch berechnet war, durch Diffusion f\u00f6rmlich ausgesogen haben w\u00fcrde. Jetzt brachte ich das Brettchen mit den Muskeln zwischen die B\u00e4usche der Zuleitungsgef\u00e4fse, welche gegen die beiden \u00e4ufseren Zwischenb\u00e4usche geschoben wurden, und suchte durch Ilin-und Herr\u00fccken der Gastroknemien m\u00f6glichst vollkommenes Stromgleichgewicht zu erzielen. Da dies jedoch beinahe nie gelang (S. oben Bd. I. S. 247. 248) so mufste der schw\u00e4chere Muskel mit der Nebenschliefsung versehen werden, indem alsdann aus der Umkehr des Differentialstromes mit Sicherheit auf eine Ver\u00e4nderung des Verh\u00e4ltnisses der Stromkr\u00e4fte geschlossen werden konnte. Die angebrachte Nebenschliefsung bestand darin, dafs \u00fcber die beiden Zwischenb\u00e4usche, zur Rechten und zur Linken des schw\u00e4cheren Muskels, B\u00e4usche gebettet wurden, die ihn etwas an Dicke \u00fcbertrafen; \u00fcber diese und den Muskel fort wurde","page":152},{"file":"p0153.txt","language":"de","ocr_de":"der Abnahme des Mushelstromes nach dem Tode.\tJ53\nwieder ein m\u00e4chtiger Bausch gelagert. Daran n\u00e4mlich war nicht zu denken gewesen, jetzt etwa die Vorrichtung auseinanderzunehmen, und den schw\u00e4cheren Muskel eine Zeit lang ganz mit einem guten Leiter zu umgeben, ihn z. B. unter Quecksilber eingetaucht zu halten; vielmehr war eine v\u00f6llige Unverr\u00fccktheit der Muskeln von dem Augenblicke an, wo das Gleichgewicht eingerichtet worden war, unerl\u00e4fsliche Bedingung des Erfolges, weshalb auch die Lage der Zwischenb\u00e4usche auf vorgedachte Weise war gesichert worden. Das Ganze wurde nun aus dem Multiplicatorkreise entfernt und in die feuchte Kammer (S. oben Bd. I. S. 219) gebracht, um das Austrocknen der Muskeln, vorz\u00fcglich in der N\u00e4he der wassergierigen B\u00e4usche, zu verh\u00fcten. Nach einer gewissen Zeit pr\u00fcfte ich das Gleichgewicht der Muskeln, nach Entfernung der Nebenschliefsung, wieder auf die n\u00e4mliche Art zwischen den B\u00e4uschen der Zuleitungsgef\u00e4fse, wie ich es urspr\u00fcnglich herzustellen versucht hatte.\nIn den sechs ersten Versuchen, welche ich auf diese Weise anstellte, war der regelm\u00e4fsige Erfolg der, dafs nach einiger Zeit Gleichgewicht wahrgenommen wurde, und endlich der schw\u00e4chere Muskel \u00fcberwog. Dies geschah im Mittel nach anderthalbst\u00fcndiger Dauer des Versuches. Wurde dann die Nebenschliefsung an den jetzt schw\u00e4cheren, anf\u00e4nglich st\u00e4rkeren Muskel angebracht, so nahm ich keine Aende-rung des Verh\u00e4ltnisses der Stromkr\u00e4fte mehr wahr; im Gegentheil, der Differentialstrom im Sinne des urspr\u00fcnglich schw\u00e4cheren, dem Anscheine nach k\u00fcnstlich gest\u00e4rkten Muskels fuhr in manchen F\u00e4llen zu wachsen fort. Da indefs die Muskeln jetzt stets \u00e4ufserst elend waren, nur noch im Mittel 15\u00b0 Ausschlag gaben, so konnte dies kein Grund sein, daran zu zweifeln, dafs die Verst\u00e4rkung des mit der Nebenschliefsung versehenen Muskels vielleicht wirklich von der darin gehemmten Entwickelung von Ladungen abgehangen hatte. Ehe ich indefs einer so w\u00fcn-schenswerthen Best\u00e4tigung der theoretischen Voraussicht Zutrauen schenken konnte, waren einige Gegenversuche erforderlich.\nZun\u00e4chst kehrte ich die Anordnung um, d. h. ich brachte die Nebenschliefsung an den st\u00e4rkeren Muskel an. Allein der Erfolg blieb in drei Versuchen unge\u00e4ndert; auch jetzt gewann nach einiger Zeit der urspr\u00fcnglich schw\u00e4chere Gastroknemius die Oberhand.\nDann brachte ich gar keine Nebenschliefsung an, und auch nun zeigte sich noch dreimal das n\u00e4mliche Ergebnifs. Stets \u00fcbrigens wirkten die Muskeln, einzeln gepr\u00fcft, in demselben Sinne mehr oder weniger stark elektromotorisch, als es der Differentialstrom angegeben hatte. So schien es deutlich, dafs ich, anstatt eine Antwort auf die dem Versuche in Betreff der PELtiEHSchen Ladungen gestellte Frage zu erhal-","page":153},{"file":"p0154.txt","language":"de","ocr_de":"154\n3. Absehn. Kap. V. \u00a7. I. 2. Von der Umkehr\nten, aller Wahrscheinlichkeit nach vielmehr auf ein Gesetz der Wirkungsabnahme der thierischen Erreger gef\u00fchrt worden war, welches sich im Allgemeinen folgendermafsen ausdr\u00fccken lassen w\u00fcrde (S. Fig. 90. Taf. U): \u00bbDie Curve, welche das Gesetz dieser Abnahme auf die Zeit \u00bbbezogen darstellt, ist anf\u00e4nglich um so steiler, je gr\u00f6fser die urspr\u00fcng-\u00bb liehe Kraft des Muskels war, so dafs die Curven zweier zusammen-\u00bb geh\u00f6rigen Muskeln (kt, k, t,) von verschiedener St\u00e4rke sich nach eini-\u00bbger Zeit (bei % in der Figur) schneiden.\u00ab\nIch stelle dieses Gesetz indefs nur vermuthungsweise hin, da sich gegen die Beweiskraft der obigen zw\u00f6lf Versuche noch mancherlei einwenden lassen d\u00fcrfte; ich habe diese Untersuchung, welche \u00e4ufserst m\u00fchselig und zart ist* damals aufgegeben, weil ich n\u00e4herliegende Aufgaben zu l\u00f6sen zu haben glaubte. Soviel scheint gewifs, dafs auf die Entwickelung von PELTiER\u2019schen Ladungen auf den Muskeln durch ihren eigenen Strom in der beschriebenen Weise, mit H\u00fclfe einer angebrachten fremden Nebenschliefsung, nicht untersucht werden k\u00f6nne. Zweifelhaft aber mufs es bleiben, ob in dem Falle der wirklichen G\u00fcltigkeit jenes Gesetzes, darin eine Folge der st\u00e4rkeren Entwickelung solcher Ladungen auf dem st\u00e4rkeren Muskel zu suchen sei, wie ja auch die RiTTER\u2019schen Ladungen sich um so rascher entwickeln, je st\u00e4rker der urspr\u00fcngliche Strom ist (S. oben Bd. I. S. 207); oder ob es sich dabei in der That um ein Gesetz der Abnahme der urspr\u00fcnglichen Kr\u00e4fte des Muskels handle. Mit Hinblick auf einige sp\u00e4ter zu erw\u00e4hnende Thatsachen, bei welchen theilweise a\u00fcch der hier in Rede stehende Punkt wieder zur Sprache kommen soll, bin ich indefs geneigt, der letzteren Ansicht mehr Vertrauen zu schenken. 1 *\nEine beachtenswerthe Erscheinung, welche unter gewissen Umst\u00e4nden nicht selten w\u00e4hrend der letzten Stadien des Stromes auftritt, besteht in der schnell, ohne alle bekannte Veranlassung sich einlindendeii Umkehr seiner Richtung. Die H\u00e4ufigkeit derselben steigt mit der Zartheit der untersuchten thierischen Erreger. Ausgenommen nach Einwirkung zweier Einfl\u00fcsse, die wir in der Folge kennen lernen werden,3 erh\u00e4lt man von zugerichteten Froschmuskeln niemals verkehrte Ausschl\u00e4ge. Hingegen die querdurchschnittenen Schw\u00e4nze von Froschlarven geben sie fast als Regel. Sodann bei den Muskeln warmbl\u00fctiger Thiere ist es, so wie sie zu erkalten anfangen, etwas ganz gew\u00f6hnliches, dafs die noch vorhandene Spur von Strom die umgekehrte Richtung von der gesetzlich vorgeschriebenen zeigt. Namentlich ist dies der Fall f\u00fcr\n1 S. unten, Kap. VIII. \u00a7. v.\n* S. unten, \u00a7. m. 1. und Kap. VIII. \u00a7. u.","page":154},{"file":"p0155.txt","language":"de","ocr_de":"der Richtung des Mushelstromes m\u00e4hrend des Absterbens. 155\ndie Str\u00f6me zwischen verschiedenen Punkten einer und derselben Fl\u00e4chenbegrenzung der Muskeln ( Vergl. oben Bd. I. S. 525). Dasselbe Vor-kommnifs wird uns noch sp\u00e4ter bei Gelegenheit des Nervenstromes zu wiederholtenmalen entgegentreten, und auch dort in dem Mafse leichter, als wir zarteren Theilen unsere Aufmerksamkeit zuwenden. 1 *\nMatteucci sagt, dafs, wenn er den Strom an lebenden warmbl\u00fctigen Thieren in der Art beobachtete, dafs er in eine frische Muskelwunde das eine Platinende des Multiplicators versenkte, w\u00e4hrend er mit dem anderen die Aufsenfl\u00e4che des Muskels ber\u00fchrte,3 er nach mehrmaliger Wiederholung des Versuches \u00f6fters einen verkehrten Ausschlag erhielt.3 Es kann sein, dafs diese Wahrnehmung einerlei ist mit der eben erw\u00e4hnten. Dies unterliegt jedoch einem Zweifel, weil sich nicht gesagt findet, ob die Platinenden zwischen je zwei Versuchen entladen wurden. War dies nicht der Fall und die Stromeskraft im schnellen Sinken begriffen, so konnte, ohne dafs sie selber negativ wurde, doch leicht ein umgekehrter Ausschlag erfolgen (S. oben S. 61).\nAn eine solche Deutung der von mir hezeichneten Erscheinung ist nicht zu denken, da einmal die verkehrten Ausschl\u00e4ge auch hei v\u00f6llig entladenen Platten beobachtet wurden, f\u00fcr\u2019s zweite, wenn die Umkehr w\u00e4hrend des Aufliegens der thierischen Theile auf den B\u00e4uschen all-m\u00e4lig eintrat, die Ladungen selber nachmals die verkehrte (positive) Richtung zeigten. Es handelt sich hier vielmehr um eine wirkliche Umkehr des Stromes, wobei der L\u00e4ngsschnitt statt positiv, negativ, der Querschnitt statt negativ, positiv zu wirken anf\u00e4ngt; das Gesetz des Muskelstromes, so weit es sich bei der \u00fcblen Verfassung der Muskeln, welche dieser Zustand voraussetzt, erforschen l\u00e4fst, ist dasselbe geblieben, aber mit vollkommener Umkehr aller Zeichen.\nEs ist dies abermals eine Bewegungserscheinung des Muskelstromes, welche uns bekannt wird (S. oben S. 127). Obschon sie nicht mit der Blitzesschnelligkeit vor sich geht, wie die negative Schwankung von unbekannter Gr\u00f6fse, welche die Zusammenziehung begleitet, auch nicht einmal mit der m\u00e4fsigen Geschwindigkeit der hei der Dehnung und Zusammendr\u00fcckung des Muskels auftretenden Wirkungen (S. oben S. 142), so wird man doch zugeben, dafs auch sie nicht leicht mit einer anderen, als mit der Molecularhypothese \u00fcber den Sitz der Ungleichartigkeiten im Inneren der Muskelb\u00fcndel zu vereinigen ist, da es sich diesmal dabei um einen vollst\u00e4ndigen Austausch aller Wirkungs-\n1 S. unten, Kap. VI. \u00a7. in.\n3 S. oben Bd. I. S. 527. 528; unten, Kap. VIII. \u00a7. i.\n3 Archives de l\u2019\u00c9lectricit\u00e9, t. III. p. 16.' \u2014 Annales de Chimie e*t de Physique. 3. S\u00e9rie, t. VIL p. 436.* \u2014 Trait\u00e9 etc. p. 66.'","page":155},{"file":"p0156.txt","language":"de","ocr_de":"156\t<5- Abschn. Kap. V. \u00a7. 1. 3. Von der Todtenstarre,\nrichtungen handelt. Man mufs sich vorstellen, dafs die aliquoten Theile der Muskelb\u00fcndel, welche bis dahin mit einer positiven Aequatorial-und zwei negativen Polarzonen versehen waren, jetzt im Gegentheil eine negative Aequatorial- und zwei positive Polarzonen besitzen. Diesen Zustand kann man, der K\u00fcrze halber, als den der negativ peripolaren Anordnung der elektromotorischen Muskelmolekeln bezeichnen, im Gegens\u00e4tze zu dem der positiv peripolaren, welcher derjenige ist, der oben Bd. I. S. 678 ff. zuerst er\u00f6rtert wurde und in den die dipolar elektromotorischen Molekeln unter den Umst\u00e4nden, unter welchen wir die Muskeln zu betrachten pflegen, f\u00fcr gew\u00f6hnlich binnen sehr kurzer Zeit verfallen.\n3. Von der Todtenstarre, als der nat\u00fcrlichen Grenze des Muskelstronies nach dem Tode. 1\nDas Obige ist leider Alles, was ich \u00fcber das Gesetz der Wirkungsabnahme der thierischen Erreger f\u00fcr jetzt mitzutheilen im Stande bin. Es ist nicht schwer, die grofse Bedeutung zu durchschauen, welche einer Reihe wohlausgef\u00fchrter Strombestimmungen hier m\u00f6glicherweise zukommen k\u00f6nnte. Gleichzeitig mit der elektromotorischen ist die mechanische Leistungsf\u00e4higkeit des Muskels in unabl\u00e4ssigem Sinken begriffen. Es springt in die Augen, von welchem Interesse es sein w\u00fcrde, eine einfache Beziehung zwischen diesen beiden Vorg\u00e4ngen ihrer Gr\u00f6fse nach in Zahlenwerthen nachweisen zu k\u00f6nnen. Hierauf ist zun\u00e4chst Verzicht zu leisten; aber es fragt sich, was es mit dem wohl bestimmbaren Endpunkte beider f\u00fcr eine Bewandtnifs habe: ob nicht wenigstens das Verschwinden der einen F\u00e4higkeit mit dem der anderen Hand in Hand gehe.\nMeinen Mittheilungen \u00fcber diesen wichtigen Punkt glaub\u2019 ich folgende Bemerkungen voranschicken zu m\u00fcssen. Ernst Br\u00fccke hat in einem Aufsatze: \u00bb (Jeher die Ursache der Todtenstarre\u00ab in M\u00fcller\u2019s Archiv u. s. w. 1842. S. ITS* den Beweis gef\u00fchrt, dafs alle Erscheinungen der Todtenstarre unter der einfachen Voraussetzung erkl\u00e4rt werden k\u00f6nnen, dafs in den Muskeln aufserhalb der Blut- und Lymph-gef\u00e4fse vorhandener fl\u00fcssiger Faserstoff zum Gerinnen komme. Die Gegenwart von Faserstoff \u00fcberhaupt in den Muskeln ist nicht in Ab-\n1 S. meinen .vorl\u00e4ufigen Abrils u. s. w.\u00ab a. a. 0. S. 13. \u00a7. 33. 34: \u00bb... der \u00bbtodtenstarre Muskel b\u00fcfst kurze Zeit nachdem die Reactionsf\u00e4higkeit verloren ge-\u00bb gangen ist, seinen Strom ein . . . Der einmal wegen Todtenstarre verschwundene \u00bbStrom kehrt nicht zur\u00fcck. Er ist eine lediglich dem lebendigen Gewebe angeh\u00f6-\u00bbrige Erscheinung,\u201c","page":156},{"file":"p0157.txt","language":"de","ocr_de":"als der nat\u00fcrlichen Gr erne des Mushelstromes nach dem Tode. 157\nrede zu stellen; ebensowenig dafs, wenn dieser Faserstoff in fl\u00fcssiger Gestalt vorhanden ist, derselbe, eine gewisse Zeit nach dem Tode, unfehlbar der Gerinnung verfallen m\u00fcsse. Es handelt sich daher hier nur darum, ob der Faserstoff in fl\u00fcssiger, oder ob er bereits in fester Gestalt, geronnen in den Muskeln sich vorfinde. Nun hat erstens Br\u00fccke durch Betrachtungen, welche der Theorie der Ern\u00e4hrung der durch sogenannte Intussusception wachsenden Gewebe entlehnt sind, der erste-ren Vorstellungsweise den h\u00f6chsten denkbaren Grad von Wahrscheinlichkeit verliehen. F\u00fcrs zweite ist man im Stande, die Gr\u00fcnde anzugeben, welche sich der unmittelbaren Darstellung fl\u00fcssigen Faserstoffes aus den Muskeln durch Auspressen entgegensetzen. Drittens endlich ist zu bedenken, dafs, f\u00fcr die feste Natur des Muskelfaserstoffes w\u00e4hrend des Lebens des Gewebes, bei dem h\u00f6chst geheimnifsvollen Verhalten dieses K\u00f6rpers, von vorn herein im Grunde gar nichts anderes spricht, als die althergebrachte Meinung, dafs dem so sei; so dafs der entgegengesetzten Ansicht schon allein dadurch ein ungemeines Uebergewicht der Wahrscheinlichkeit gesichert wird, dafs alsdann eine einleuchtende Erkl\u00e4rung der Todtenstarre gewonnen ist. Wie w\u00fcnschenswerth es daher auch scheint, dafs es gelingen m\u00f6ge, jener Schwierigkeiten Herr zu werden, und eine freiwillig gerinnbare Fl\u00fcssigkeit aus den von Blut befreiten Muskeln zu gewinnen, wozu uns vielleicht die. Zukunft Mittel bieten wird, so bin ich doch der Meinung, dafs es auch bei der jetzigen Sachlage einer undankbaren Zweifelsucht huldigen hiefse, wenn man sich weigern wollte, der obigen Ansicht beizutreten.\nIch selbst kann aus vielf\u00e4ltiger, absichtlich auf diesen Punkt gerichteter Anschauung ersterbender und erstarrender ganzer Gliedmafsen sowohl, als einzelner Muskeln von warm- und kaltbl\u00fctigen Thieren insbesondere auf die Betrachtung und Handhabung der letzteren w\u00e4hrend des Eintritts der Todtenstarre, als durch den Augenschein v\u00f6llig f\u00fcr jene Theorie einnehmend, verweisen. Ich glaube nicht, dafs Nysten, wenn er mit Aufmerksamkeit dem Vorg\u00e4nge in dieser Form gefolgt w\u00e4re, jemals auf den Gedanken einer lebendigen hier obwaltenden Zusammenziehung h\u00e4tte gerathen k\u00f6nnen;1 wenigstens dafs es f\u00fcr dies Teigig-, Tr\u00fcbe- und Unausdehnsamwerden keinen passenderen Namen geben d\u00fcrfte, als eben den des Gerinnens, wird Niemand, der es gesehen hat, einen Augenblick in Abrede stellen. Danach aber soll es Jedermann freistehen, sich in den Muskeln einen anderen freiwillig gerinnbaren Stoff auszudenken, als Faserstoff, und diesem das Gesch\u00e4ft\n1 Recherches de Physiologie et de Chimie pathologiques etc. Paris 1811, p. 403.*","page":157},{"file":"p0158.txt","language":"de","ocr_de":"158\t3. Jbschn. Kap. V. \u00a7. I. 3. Von der Todtenstarre,\nder Todtenstarre zu \u00fcbertragen. Ist aber einmal zugegeben, dafs dieses sichtliche Gerinnen eines einzelnen absterbenden Muskels von gerinnendem Faserstoff herr\u00fchrt, so m\u00f6gen diejenigen, denen die \u00e4ufserliche Verschiedenheit der Erscheinung zwischen diesem Erstarrtsein und dem eines muskelkr\u00e4ftigen Mannesschenkels, zu dessen Beugung vielleicht hunderte von Pfunden erforderlich sind, als ein unbegreifliches mechanisches R\u00e4thsel erscheint, ihre Ueberzeugung aus jener Gesetzm\u00e4fsigkeit der organischen Natur sch\u00f6pfen, auf welche hin man anderw\u00e4rts die Gleichheit von Verh\u00e4ltnissen ohne weiteres anzunehmen pflegt, welche m\u00f6glicherweise viel mehr Abwechselungen unter den Einfl\u00fcsse sehr geringf\u00fcgiger Umst\u00e4nde preisgegeben sind. 1\n1 F. A. Giermchs (De Rigore Mortis. Dissertalio inauguralis. Bonnae. 31. Mai 1843*) hat gegen Bu\u00fccke\u2019s Lehre folgendes eingewendet: Was Br\u00fccke von der Ern\u00e4hrung der Muskeln sage, sei keinesweges ganz gewifs. Dafs fl\u00fcfsiger Faserstoff in den Muskeln vorhanden sei, dagegen streite W\u00f6bler\u2019s Erfahrung, der in der aus frischem Fleische ausgeprefsten Fl\u00fcssigkeit keinen solchen fand (Grundrifs der organischen Chemie. Berlin 1840. S. 151*). W\u00e4re Br\u00fccke\u2019s Annahme richtig, so m\u00fcfste man vor dem Eintrilt der Todtenstarre durch Auspressen Faserstoff von den Muskeln, nach Eintritt derselben dergleichen nicht mehr gewinnen k\u00f6nnen. Gewifs m\u00fcfste dies der Fall sein, aber der verneinende Erfolg jenes scheinbar entscheidenden Versuches, auf den Br\u00fccke auch verfallen war, ist ohne Beweiskraft wegen des vom Standpunkte seiner Theorie aus leicht zu rechtfertigenden Emstandes, dafs die Muskeln unter der Presse todtenstarr vorgefunden werden, d. h. mit einem Worte, dafs der Faserstoff w\u00e4hrend des Auspressens in den Muskeln gerinnt. \u2014 Br\u00fccke st\u00fctze sich auf die Aehnlichkeiten, diezwischen dem Verlaufe der Erstarrung der Muskeln und dem der Gerinnung des Blutes obwalteten; aber Aehnlichkeiten bewiesen nichts (p. 27). Wenn Aehnlichkeiten nichts beweisen, wie kommt es, dafs Giermchs auf Unterschiede etwas giebt, wie folgt: dafs das Blut fr\u00fcher gerinne, als die Todtenstarre eintrete, und dafs der Blutkuchen eher durch F\u00e4ulnifs seiner Aufl\u00f6sung entgegengehe, als die todtenstarren Glieder? \u2014 Zwei Unzen Kalihydratl\u00f6sung und Regenwasser, zu gleichen Theilen und vierzig Grad R. warm in die Gef\u00e4fse eines Kaninchens eingespr\u00fctzt, bringen sehr schnell Erstarrung hervor, w\u00e4hrend eine Unze derselben Fl\u00fcssigkeit, zu dem noch warmen Blute gethan, die Gerinnung desselben verhindere (p. 17). Zu wieviel Blut ist nicht gesagt; es liegt jedoch nahe zu vermuthen, dafs das Verh\u00e4ltnifs des Kalihydrals zum Faserstoff in dem Versuch mit Blut ein merklich gr\u00f6fseres gewesen, als in dem mit dem Muskelfaserstoff, der durch das Einspr\u00fctzen erreicht werden sollte. Dieser aber hatte, wenn eine 40\u00b0 R. warme Fl\u00fcssigkeit in das noch lebenswarme, also dieselbe wenig abk\u00fchlende Thier eingespr\u00fctzt wurde, nach allbekannten Erfahrungen (S. Hermann Nasse, Artikel \u00bbBlut\u00ab in Rud. Wagner\u2019s Handw\u00f6rterbuch der Physiologie u. s. w. Bd. 1. Braunschweig 1842. S. 109*), wahrlich hinreichenden Grund zum Gerinnen. In meinem Munde z. B. wird ein Gastroknemius vom Frosche hinnen 35' todtenstarr (S. unten \u00a7. nt. 1). Dies wird Gierlichs vielleicht auch erkl\u00e4ren, weshalb ein gek\u00f6pfter und enth\u00e4uteter Frosch, den er 30\" lang in ein 60\u00b0 R. warmes Bad aus der bezeichneten Kalifl\u00fcssigkeit hielt, todtenstarr wurde","page":158},{"file":"p0159.txt","language":"de","ocr_de":"als der nat\u00fcrlichen Grenze des Muskelstromes nach dem Tode. 159\nDiese Andeutungen haben an dieser Stelle zum Zweck, es zu be-vorworten, wenn ich im Folgenden, wo die Erscheinung der Todten-starre nicht selten unsere Aufmerksamkeit in Anspruch nehmen wird, bei der Betrachtung derselben von Br\u00fccke\u2019s Vorstellungsweise ausgehe.\nDie Todtenstarre n\u00e4mlich ist in der That jene gesuchte Grenze, welche der Dauer des Muskelstromes gesetzt ist;\n(p. 18): er w\u00fcrde es n\u00e4mlich auch in Wasser von gleicher W\u00e4rme und zwar, des gerinnenden Eiweifses wegen, sogar doppelt, so zu sagen, geworden sein. \u2014 Endlich sei ein zw\u00f6lfpf\u00fcndiger Hund erstarrt, dem er anderthalb Stunden vor dem durch Strychnin bewirkten Tode den Faserstoff von zwei Unzen Blut entzogen (p. 15). Dies beweist, wie mir scheint, nichts anderes, als was man sich auch schon ohnedies h\u00e4tte denken k\u00f6nnen, n\u00e4mlich dafs die Muskeln nichtsdestoweniger noch fl\u00fcssigen Faserstoff enthielten. \u2014 Nach alledem kommt Gierlichs zum Schl\u00fcsse: \u00bbRigor mortualis est phaenomenon vitale\u00ab (p. 29). Dies habe schon Nysten behauptet, sei jedoch von Sommer (Dissertationis de signis, mortem hominis absolulam ante pu-tredinis accession indicantibus, particula posterior. Hauniae 1833. p. 250*) und Br\u00fccke widerlegt worden. Br\u00fccke habe zugleich Sommer\u2019s Lehre abgelehnt, der die Todtenstarre aus physikalischen Ursachen herleiten wollte. Nun aber, da er selber Brooke\u2019s Ansicht beseitigt habe, bleibe nichts weiter \u00fcbrig, als zu Nysten\u2019s Meinung zur\u00fcckzukehren. Diese, welche n\u00e4mlich den Grund der Todtenstarre sucht in einem \u00bbdernier effort de la vie contre l\u2019action des forces chimiques qui tendent \u00e0 dissocier \u2022 les \u00e9l\u00e9ments de l\u2019organisation\u00ab (S. oben), glaubt er dadurch geniefsbarer zu machen, dafs er nachweist, wie sehr allm\u00e4hlig das Leben den K\u00f6rper verlasse; und die von Br\u00fccke f\u00fcr diese ungeheure Anstrengung der Kr\u00e4fte kurz vor ihrem Zugrundegehen im Gebiete der Lebenserscheinungen vermifste Analogie findet er, nicht viel gl\u00fccklicher, in dem Tetanus, welcher ein Beispiel abgehe, wie eine Kraft, kurz vorher, ehe sie g\u00e4nzlich erl\u00f6sche, den h\u00f6chsten Werth erreichen und eine Zeitlang auf demselben beharren k\u00f6nne! Endlich heifst es (p. 29\u201431) : \u00bb Quodsi in num\u00e9ro ea-rum rerum, quae vitae attribuuntur, motum sponte sua exortum referimus, non in-\u00bbtelligo, quin causam rigoris in vi vitali ponamus;\u00ab und so w\u00e4ren wir wieder einmal gl\u00fccklich bei der Lebenskraft angelangt.\nSeitdem hat C. Broch gleichfalls \u00fcber die Todtenstarre gearbeitet (Nonnulla de Rigore Mortis. Dissertatio etc. pro Facultate legendi. Heidelberg, M\u00e4rz 1845. 4\u00b0.'). Dieser ist bereits ein weit gef\u00e4hrlicherer Gegner. Er ist n\u00e4mlich unwiderlegbar, weil er, statt aller Gr\u00fcnde, seinen pers\u00f6nlichen Geschmack in die Wageschale der Wissenschaft legt. Er erkl\u00e4rt in Bezug auf Br\u00fccke\u2019s Lehre schlechthin, dafs er weniger erbaut, \u00bbparum deleclatus\u00ab davon gewesen (Proverbium, p. in) ; dafs sie \u00bbtarn ingenii quam erroris ubertale insignis\u00ab sei; dafs er sie an einem andern Orte weitl\u00e4uftig widerlegen werde (p. 2) ; und sie g\u00e4nzlich hei Seite lassend, f\u00e4ngt er von Frischem zu experimentiren an, wobei nat\u00fcrlich nicht viel Neues zu Tage kommt, P. 14 gelangt er zu dem Ergebnisse : \u00bbJamjamque nobis persuasum est, refrigeratio->rnem causam rigoris absolutam non esse, quum calore servato quoque mortui ri-\u00bbgescant,\u00ab wodurch man insofern \u00fcberrascht sein darf, als das Starrwerden kaltbl\u00fctiger Thiere, welche gar keine W\u00e4rme zu verlieren haben, eine l\u00e4ngst bekannte Erfahrung ist. Was Bruch\u2019s eigene Theorie anbelangt, so ist folgendes zum Verst\u00e4ndnisse derselben nothwendig. Peeufer hat den Lehrsatz aufgestellt: \u00bbDer","page":159},{"file":"p0160.txt","language":"de","ocr_de":"160\t3. Absckn. Kap. V. \u00a7. 1. 3. Von der Todtenstarre,\ndieselbe' tiefe Ver\u00e4nderung, welche Sommer zuerst den Tod des Muskels nannte, wie die Gerinnung der Tod des Blutes sei; und deren Eintritt, nach Nysten\u2019s und seinen Erfahrungen, der Verlust der Zu-sammenziehung begleitet. Die Erscheinung des Muskelstromes ist dadurch unmittelbar als eine nur an dem lebendigen Gewebe m\u00f6gliche bezeichnet. Dies, jedoch nicht mehr, folgt aus dieser Thatsache. Man merke wohl, und dies wird uns sp\u00e4ter zu\n\u00bbmenschliche K\u00f6rper und seine einzelnen Theile ziehen sich gem\u00e4fs ihrer Structur \u00bbzusammen und dehnen sich unter dem Einfl\u00fcsse der W\u00e4rme aus; die Zusammen-\u00bb Ziehung ist also immer activ, die Erweiterung immer passiv\u00ab (Henle und Pfeufer, Zeitschrift f\u00fcr rationelle Medizin. Bd. I. 1844. S. 410'). \u00bbQuae argumentatio maxime \u00bbdilucida atque perspicua,\u00ab sagt Bruch, \u00bbmihi fulminis instar phaenomenon istud mi-\u00bbrabile corporum emortuorum illustravit\u00ab (Proverbium, p. iv). Demgem\u00e4fs schreibt er endlich mit Sommer die Todtenstarre einer \u00bbcontractilitati physicae textui \u00bbfibroso propriae\u00ab zu, \u00bb\u2014 quod erat demonstrandum.\u00ab Frage Einer, weshalb denn im lebenden K\u00f6rper von dieser Kraft nichts zu sp\u00fcren sei, so habe er einstweilen zur Antwort: \u00bb\u00bbpropter vilam\u00ab\u00ab (p. 19); am Schl\u00fcsse des Proverbium aber heifst es mit Emphase: \u00bb\u00bbDie mihi quae sit vita, et tibi dicam \u2014 quis sit rigor emor-\u00bb\u00bbtualis! \u00ab\u00ab\nIch kann es, wenn ich nicht irre, dem Leser selbst \u00fcberlassen, die wissenschaftliche Verwahrlosung zu w\u00fcrdigen, die sich in diesen Leistungen abspiegelt, und abermals einen traurigen Beleg hergiebt f\u00fcr die Wohlbegr\u00fcndung der Anklagen, welche vor einigen Jahren gegen die Methoden in der Physiologie laut geworden sind.\nNicht zu verwechseln mit solchen seichten Angriffen auf eine Lehre, welche ein altes R\u00e4thsel der Physiologie so einfach und so befriedigend gel\u00f6st hat, vielmehr h\u00f6chlich willkommen kann nat\u00fcrlich nur eine besonnene W\u00fcrdigung des Standes der Frage sein, wie sie in H. Jordan\u2019s Aufsatze: \u00bbTod durch Blitzschlag\u00ab in IIenle und Pfeufer\u2019s Zeitschrift u. s. w. Bd. IV. 1846. S. 209* vorliegt. Jordan hat die Anzahl der schon beobachteten F\u00e4lle, wo die Todtenstarre kr\u00e4ftig entwik-kelt, hingegen die Gerinnung des Blutes nur unvollkommen war oder ganz fehlte, seiner Meinung nach um einen vermehrt. Da er indessen das Blut nicht anders als in einer Aderlafswunde hat untersuchen k\u00f6nnen, \u2014 die Leichen\u00f6ffnung wurde nicht gestattet, \u2014 so mufs ich gestehen, dafe ich den Beweis daf\u00fcr vermisse, dafs das Blut in diesem Falle wirklich nicht geronnen war. Dem sei wie ihm wolle, es liegen, wie bemerkt, andere wohlbeglaubigte F\u00e4lle der Art vor (Sommer a. a. 0. p. 262\u2019), und man kann Jordan nur beipflichten, wenn er die Alternative stellt, dafs entweder Br\u00fccke\u2019s Deutung nicht die richtige sein k\u00f6nne, oder dafs der Muskelfaserstoff leichter oder unter andern Bedingungen gerinnen m\u00fcsse, als der \u00dflulfaserstoff; wenn er selber sich zur letzteren Vorstellung hinneigt, und auf k\u00fcnftige Erfahrungen behufs der v\u00f6lligen, thats\u00e4chlichen Entscheidung der Frage harrt.\nDagegen vermag ich allerdings nicht mit IIenle die BR\u00dcCKE\u2019sehe Lehre durch den von Jordan beobachteten Thatbestand, im Vereine mit einem BRUCH\u2019schen, dem oben von Gierlichs beschriebenen \u00e4hnlichen Injectionsversueh, bereits als g\u00e4nzlich widerlegt zu betrachten (Handbuch der rationellen Pathologie. Braunschweig 1846, Bd. I. S. 356*).","page":160},{"file":"p0161.txt","language":"de","ocr_de":"als der nat\u00fcrlichen Grenze des Muslcelstromes nach dem Tode. Jg[\nGute kommen, dafs wir uns vorgesehen haben, die fragliche Erscheinung noch nicht so ohne Weiteres als eine dem Leben selbst wesentlich angeh\u00f6rige, eine Lebens\u00e4ufserung ausmachende, sondern zun\u00e4chst nur als eine allein im lebenden Gewebe stattfindende anzusprechen.\n\u25a0 Ueher die Art und Weise der Beobachtung dieser Grundthatsache ist begreiflich wenig hinzuzuf\u00fcgen. Ich habe dieselbe an warmbl\u00fctigen Thieren, Kaninchen, Meerschweinchen, M\u00e4usen und Tauben sowohl als am b r\u00f6sche sehr h\u00e4ufig theils absichtlich, theils beil\u00e4ufig und ohne alle Ausnahme best\u00e4tigt gefunden. Um sie herum schaart sich aber eine Anzahl von Wahrnehmungen von geringerer Bedeutung, welche wir jetzt, nach Feststellung jener, nach einander in Betracht ziehen wollen.\nZun\u00e4chst also gehen wirklich mechanische und elektromotorische Leistungsf\u00e4higkeit beinahe gleichzeitig verloren. Es mufs jedoch bemerkt werden, dafs die letztere etwas l\u00e4nger anh\u00e4lt, als die erstere, so dafs ein Muskel, der bereits auf die allerst\u00e4rksten elektrischen Schl\u00e4ge, z. B. auf die meiner ganz mit Dr\u00e4hten gef\u00fcllten Inductionsrolle (S. oben Bd. I. S. 446), zu antworten aufgeh\u00f6rt hat, nichtsdestoweniger noch schwach auf die Nadel zu wirken im Stande ist. Gemeiniglich zeigen sich w\u00e4hrend der ersten Zeit der Todtenstarre noch ein Paar Grad Ausschlag.\nMan entsinnt sich aus dem ersten Bande (S. das. S. 106), dafs, in Betreff der Zuckungsf\u00e4higkeit, Nobili bereits dieselbe Beobachtung gemacht hatte. Er entnahm daraus einen Grund f\u00fcr seine Behauptung, dafs der Strom mit den Lebensvorg\u00e4ngen, mit der Zusammenziehung selber ganz und gar nichts zu schaffen habe.\nEs ist indefs leicht zu sehen, dafs dieses Uriheil voreilig war. Es k\u00f6nnte, trotz der scheinbar l\u00e4ngeren Dauer des Stromes, sehr wohl sein, dafs die mechanische und elektromotorische Leistungsf\u00e4higkeit des Muskels als Minima wirklich ganz gleichzeitig verschw\u00e4nden. Denn die Rechtfertigung liegt auf der Hand, dafs die Multiplicatornadel ja m\u00f6glicherweise ein weit empfindlicheres Pr\u00fcfungsmittel fiir den Strom sei, als die sichtbare Zusammenziehung f\u00fcr das Bestreben der Muskelmolekeln, sie zu bewirken. 1 Wegen dieses einen Punktes die nahe Verbindung des Stromes mit der Lebensth\u00e4tigkeit des Muskels in Abrede\n1 S. meinen \u00bbvorl\u00e4ufigen Abrifs\u00ab a. a. 0. S. 14. \u00a7.3: \u00bbAus der . .. angedeu-\u00bbteten Versuchsreihe folgt, dafs zur wahrnehmbaren Muskelzusammenziehung eine \u00bbgr\u00f6fsere Integrit\u00e4t des Muskelgewebes geh\u00f6rt, als zur elektromotorischen Wirkung \u00bbdesselben. Da indessen die Contraction erst wahrnehmbar zu werden beginnt, \u00bbwenn ihr Moment grofs genug geworden ist, um Masse, Steifigkeit und Adh\u00e4sion \u00bbdes contractilen Organs zu \u00fcberwinden, so w\u00e4re es denkbar, ffafs Contraction und \u00bbStrom als Minima durchaus gleichzeitig verschw\u00e4nden.\u00ab\nn.\nil","page":161},{"file":"p0162.txt","language":"de","ocr_de":"162\t3. Abschn. Kap. V. \u00a7. 1. 3. Von der Todtenstarre,\nstellen, hiefse so viel, als den urs\u00e4chlichen Zusammenhang zwischen dem Winde und der Bewegung eines Segelschiffes l\u00e4ugnen wollen, aus dem Grunde, dafs ein ersterbender Lufthauch dem Fahrzeuge keine merkliche Geschwindigkeit mehr zu ertheilen vermag.\nWas nun die Frage nach der absoluten Zeitdauer des Stromes nach dem Tode und nach den mannigfaltigen Umst\u00e4nden betrifft, welche sie verk\u00fcrzen oder verl\u00e4ngern, so ist, nach dem Vorhergehenden, klar, dafs dar\u00fcber durchaus nichts anderes, und folglich nichts neues, ausgesagt werden k\u00f6nne, als was \u00fcber die Dauer der Erregbarkeit im Allgemeinen und \u00fcber die Zeit des Eintretens der Todtenstarre schon l\u00e4ngst bekannt ist. Der einfache Ausspruch, dafs die Todtenstarre oder das Ende der Zuckungsf\u00e4higkeit, oder schlechthin der Tod des Muskels zugleich das Bestimmende sind f\u00fcr das Ende seines Stromes: dieser Ausspruch enthielt, hei der ausgedehnten Kenntnifs der Verh\u00e4ltnisse, Welche von Einflufs auf jene Erscheinungen sind, f\u00fcr jeden Physiologen auch schon im Voraus den gr\u00f6fsten Theil von alledem, was die unmittelbare Erfahrung noch ausdr\u00fccklich f\u00fcr die elektromotorische Wirksamkeit zu lehren vermochte.\nVor Allem kommt ganz einfach hierauf zur\u00fcck der Umstand, von dem Matteucci so viel Aufhebens macht (S. oben S. 144), dafs n\u00e4mlich \u00bbdie Dauer des Stromes im umgekehrten Verh\u00e4ltnisse zur H\u00f6he \u00bbder Stellung stehe, welche die Thiere in der Rangleiter der Sch\u00f6pfung \u00bb einnehmen. \u00ab Es ist, man kann wohl sagen, eine uralte und sehr gemeine Erfahrung, die vollends seit der Entdeckung des Galvanismus unz\u00e4hligemal ihre Best\u00e4tigung gefunden hat, wie viel fr\u00fcher warmbl\u00fctige Thiere, namentlich V\u00f6gel, ihre Leistungsf\u00e4higkeit einb\u00fcfsen als Fische und Amphibien, vorz\u00fcglich aber als Fr\u00f6sche und Schildkr\u00f6ten. Weifs nicht jede Kochmagd davon zu erz\u00e4hlen, wie die St\u00fccke eines zerschnittenen Aales erst um Sonnenuntergang sich beruhigen? Weifs sie nicht durch Bestreuen mit Kochsalz das \u00fcberraschende Schauspiel der Auferstehung eines Gerichtes GALVANi\u2019scher Pr\u00e4parate hervorzuzaubern? Kein Wunder also, wenn man ausgeschnittene Tauben- und Kaninchenmuskeln nach kaum einer halben Stunde am Multiplicator unwirksam findet, w\u00e4hrend ein Gastroknemius vom Frosche, vor dem Vertrocknen gesch\u00fctzt, noch nach vielen Stunden, ein Galvani'scIics Pr\u00e4parat unter Umst\u00e4nden noch nach Tagen die Nadel an die Hemmung wirft. Uebrigens trifft Matteucci hier der Vorwurf, einer vor-gefafsten Meinung zu Liebe, sehr unvollst\u00e4ndige Beobachtungen unvorsichtig genug nach dem zoologischen Ilandhuche erg\u00e4nzt zu haben. Denn w\u00e4hrend er nicht m\u00fcde wird zu wiederholen, dafs der Strom der S\u00e4ugethiere vor dem der V\u00f6gel, dieser vor dem der Amphibien,","page":162},{"file":"p0163.txt","language":"de","ocr_de":"als der nat\u00fcrlichen Grenze des Muslcelstromes nach dem Tode.\nendlich wiederum dieser vor dem der Fische verschwinde, ist es vielmehr eine l\u00e4ngst bekannte Thatsache, dafs keinesweges die h\u00f6here. Stellung einer Wirbelthierklasse in unserem Systeme eine gr\u00f6fsere Verg\u00e4nglichkeit der Muskelreizbarkeit bedinge, sondern dafs in dieser Hinsicht im Allgemeinen die V\u00f6gel \u00fcber den S\u00e4ugethieren und die Fische \u00fcber den Amphibien, wenigstens den Fr\u00f6schen und Schildkr\u00f6ten zu stehen kommen. Vergl. an den unten 1 angegebenen Stellen. Wenn aber Matteucci geradezu berichtet, dafs die St\u00fccke eines querdurchschnittenen Aales l\u00e4nger elektromotorisch gewirkt h\u00e4tten als querdurchschnittene Froschoberschenkel, so brauchen wir diese Erfahrung an sich darum noch nicht in Abrede zu stellen; sondern es mufs bedacht werden, dafs die Dauer der Erregbarkeit ja Function von noch mehreren Umst\u00e4nden ist, als der blofsen Besonderheit der Thierart; dafs die Aalst\u00fccke nicht nur aller Wahrscheinlichkeit nach gr\u00f6fser als die Froschoberschenkel, sondern auch, was bekanntlich hier von Gewicht ist, mit einer Strecke R\u00fcckenmarkes versehen waren.\nVerlassen wir sodann die Vergleichung verschiedener Thierarten, um bei den verschiedenen Individuen einer einzigen stehen zu bleiben, so finden wir gr\u00f6fsere Dauer der elektromotorischen wie der mechanischen Leistungsf\u00e4higkeit und sp\u00e4teres Eintreten der Todtenstarre bedingt durch vielerlei schwer mit Bestimmtheit darzulegende Einfl\u00fcsse. Es k\u00f6nnte, wie gesagt, hier durchaus nur wiederholt werden, was l\u00e4ngst an vielen Orten \u00fcber die beiden letzteren Punkte geschrieben steht, welchen in Zukunft nun noch der erste derselben, als gleichbedeutendes Moment in der Geschichte des absterbenden Muskels, hinzuzuf\u00fcgen sein wird. Ein minder bekannter, aber \u00e4ufserst wichtiger Umstand der Art ist der von Br\u00fccke, bei Anlafs seiner Untersuchung \u00fcber die Ursache der Todtenstarre, zum Theil nach C. G. Mitscheruch\u2019s Erfahrungen ans Licht gezogene, dafs Thiere, deren Reizbarkeit vor dem\n1 Valli in Aloysi Galvani Abhandlung \u00fcber die Kr\u00e4fte der thierisehen Elek-tricit\u00e4t u. s. w. Uebcrsetzt von J. Mayer. Prag 1793. S. 144. 145.* \u2014 Derselbe in Gren\u2019s Journal der Physik. 1792. Bd. VI. S. 390.* \u2014 Pfaff, Ueber thierische Elektricit\u00e4t und Reizbarkeit. Leipzig 1795. S. 112.115.* \u2014 v. Hdmbolot, Versuche \u00fcber die gereizte Muskel- und Nervenfaser u. s. w. Posen und Berlin 1797. Bd. I. S. 287. 304. 305. * \u2014 Ritter in Gilbert\u2019s Annalen der Physik. Bd. NVI. S. 323. 324.;* \u2014 Beitr\u00e4ge zur n\u00e4heren Kenntnifs des Galvanismus u. s. w. Bd. II. St. 3. 4. 1805. S. 80* (S. oben Bd. I. S. 320). \u2014 Nysten, Nouvelles Exp\u00e9riences galvaniques, faites sur les organes musculaires de l\u2019homme et des animaux \u00e0 sang rouge etc. Paris, An XI (1803);* \u2014\u2022 derselbe, Recherches de Physiologie et de Chimie pathologiques etc. Paris 1811. p. 392.* \u2014 Sommer, Dissertationis de Signis etc. Par-tieula posterior. Hauniae 1833. p. 178. 184. 257.*\n11","page":163},{"file":"p0164.txt","language":"de","ocr_de":"164\t\u2022?. Abschn. Kap. V. \u00a7. I. 3. Von der Todtenstarre,\nTode durch gewaltige Muskelanstrengungen ersch\u00f6pft wurde, weit fr\u00fcher als andere todtenstarr werden. 1\nBeim Frosche, der in dieser Hinsicht am meisten beobachtet worden und uns am n\u00e4chsten angeht, ist bekanntlich die Jahreszeit ein Punkt von grofsem Belang, und zwar, allem Anscheine nach, nicht nur in Folge der verschiedenen Luftw\u00e4rme, der die Gliedmafsen nach dem Tode ausgesetzt sind, sondern zum Theil verm\u00f6ge bestimmter Unterschiede, welche durch den typischen Kreislauf des individuellen Lehens bedingt werden, ihrerseits aber allerdings wieder unstreitig unter der Botm\u00e4fsigkeit der kosmischen und meteorologischen Einfl\u00fcsse stehen. Im Fr\u00fchlinge vor der Begattung ist die Reizbarkeit nach dem einstimmigen Zeugnisse aller Beobachter am gr\u00f6fsten und am l\u00e4ngsten ausdauernd; die heifse Sommerzeit ist am ung\u00fcnstigsten; im Herbste findet nach Ritter\u2019s, durch Joh. M\u00fcller erneuerter Beobachtung (S. oben Bd. I. S. 356. 320) abermals eine Hebung derselben statt. Dasselbe wird von der elektromotorischen Wirksamkeit gelten; doch ist zu bemerken, dafs die gr\u00f6fstm\u00f6gliche Reizbarkeit, d. h. die F\u00e4higkeit, noch auf den kleinstm\u00f6glicheri Reiz zu antworten, keinesweges nothwendig und von vorn herein auch die gr\u00f6fste St\u00e4rke der Zuckung, und eben so wenig die gr\u00f6fste elektromotorische Wirksamkeit des Muskels bedingen d\u00fcrfte. \u2014 Im Winter habe ich einmal die GALVANi\u2019schen Pr\u00e4parate von Fr\u00f6schen, welche bereits vier Monate lang ohne Speise in Kisten mit feuchtem Moose aufbewahrt worden waren (S. oben Bd. I. S. 458), bei einer Zimmerw\u00e4rme von 7\u201411\" C., noch in der 112. Stunde auf die Schl\u00e4ge meiner Inductionsrolle antworten und die Nadel kr\u00e4ftig ablenken sehen, obschon sie sich noch dazu mancherlei nachtheiligen experimentellen Einfl\u00fcssen ausgesetzt fanden.\nHalten wir uns endlich an die vergleichende Betrachtung der Muskeln nur eines einzigen Thieres, so tritt das NysTEN\u2019sche Gesetz bedeutend hervor (S. oben Bd. I. S. 322), demzufolge die Reizbarkeit der Muskeln vom Rumpfe nach den oberen und unteren Extremit\u00e4ten zu fortschreitend erlischt, w\u00e4hrend die Todtenstarre ihrem Verschwinden in derselben Richtung auf dem Fufse folgt. Hiezu ist jetzt noch das Verschwinden des Muskelstromes zu rechnen. Wenn schon die Beckengegend und der Oberschenkel am Frosche faulig riechen und mit gelblicher, lebhaft alkalisch reagirender, von Vibrionen wimmelnder, Fl\u00fcssigkeit bedeckt sind, der geronnene Faserstoff hier durch F\u00e4ul-nifs seiner Aufl\u00f6sung wieder entgegengeht, keine Spur von Strom, geschweige von mechanischer Leistungsf\u00e4higkeit mehr vorhanden ist,\n1 S. unten, \u00a7. n. g; vergl. oben S. 30.","page":164},{"file":"p0165.txt","language":"de","ocr_de":"als der nat\u00fcrlichen Grenze des Muskelstromes nach dem Tode. 1(J5\nkann man den Gastroknemius noch munter zucken sehen und lebhafte Ausschl\u00e4ge von ihm erhalten, und dieser seinerseits kann bereits der Gerinnung und dem Tode anheimgefallen sein, w\u00e4hrend die Muskeln des Fufses sich noch zusammenziehen und kr\u00e4ftig elektromotorisch wirken.\nDer wegen Todtenstarre verschwundene Strom kehrt unter keinerlei Umst\u00e4nden wieder zur\u00fcck. Faulende Glied-mafsen, nach L\u00f6sung der Todtenstarre, wirken nicht merklich elektromotorisch.\nIch mufs, in Bezug hierauf, schliefslich auf eine T\u00e4uschung aufmerksam machen, in die ich selbst einm\u00e4l, nicht ohne Best\u00fcrzung, verfallen bin. Es ist mir begegnet, von den Muskeln eines verwesenden Froschbeines, welches ich auf die Gegenwart des Stromes untersuchen wollte, lebhafte Ausschl\u00e4ge in verschiedenen Richtungen zu erhalten. Bei n\u00e4herer Betrachtung fand sichs, dafs es die eben erw\u00e4hnte, alkalisch reagirende Vibrionenfl\u00fcssigkeit war, welche diese Wirkung hervorbrachte. Ich spr\u00fctzte einige Tropfen Essigs\u00e4ure in einen heifsen Tiegel, und setzte den Oberschenkel den sauren D\u00e4mpfen aus : die Fl\u00fcssigkeit h\u00f6rte auf, laugenhaft zu i\u2019eagiren, und die elektromotorischen Wirkungen waren verschwunden.\n\u00a7\u2022 II-\nVon dem Einfl\u00fcsse solcher Umst\u00e4nde auf den Muskelstrom, die das Thier w\u00e4hrend des Lebens getroffen, auch wohl dasselbe get\u00f6dtet haben.\nWir haben jetzt eine grofse Reihe von Erfahrungen, theils von Matteucci, theils von mir selber, zu betrachten, betreffend den Einflufs von allerlei Umst\u00e4nden auf den Muskelstrom, deren Interesse indefs durch die in dem vorigen Paragraphen enthaltene Grundbestimmung, einige wenige Punkte ausgenommen, sehr geschm\u00e4lert erscheint, indem sie gr\u00f6fstenthcils nur noch auf Best\u00e4tigungen der Thatsache hinauslaufen, dafs der Strom gleichen Schritt mit der Reizbarkeit halte, und mit ihr zugleich verschwinde.\nEine angemessene Einleitung zu den Untersuchungen der beiden jetzt folgenden Paragraphen, oder vielmehr zu einer jeden der darin enthaltenen Versuchsreihen, w\u00fcrde eigentlich in der Zusammenstellung","page":165},{"file":"p0166.txt","language":"de","ocr_de":"166\t* Abschn. Kap. V. \u00ff\u2018. IL Von dem Einfl\u00fcsse solcher\nder Nachrichten bestehen, die wir bereits \u00fcber den Einflut's verschiedener Umst\u00e4nde auf die Erregbarkeit der Muskeln nach dem Tode besitzen. Indessen ist die Zahl der derartigen Erfahrungen aus allen Zeiten des physiologischen Wissens so ungeheuer, dafs nicht daran zu denken ist, hier eine auch nur einigermafsen vollst\u00e4ndige Uebersicht derselben geben zu wollen. Man wird aber, was man braucht, um die Wirkungsweise der mannigfaltigen Agentien auf die mechanische Leistungsf\u00e4higkeit beurtheilen zu k\u00f6nnen, leicht zusammenfinden, wenn man die unten 1 aufgef\u00fchrten Quellen nachschl\u00e4gt, die ich vorziehe, einige wenige Punkte ausgenommen, ein- f\u00fcr allemal voraufzuschicken, um sie nicht fast in jedem einzelnen Falle s\u00e4mmtlich von Neuem aufz\u00e4hlen zu m\u00fcssen.\nWir beginnen mit der Erforschung des Einflusses solcher Einwirkungen, denen der Gesammtorganisraus w\u00e4hrend des Lebens ausgesetzt wird. Es ist dies ein Feld der Versuche, auf dem sich Matteucci, jedoch, wie bemerkt, ohne leitenden Grundsatz, oder vielleicht gerade, weil ihm eine derartige Einsicht abging, mit besonderer Vorliebe bewegt hat. Er nennt diese Untersuchung diejenige \u00fcber \u00bbles lois du \u00bbcourant musculaire, les lois du courant propre\u00ab (S. oben Bd. I. S. 527). In Ermangelung der Kenntnifs des wirklichen Interesses, welches denselben zukommt, und auf der fortlaufenden Best\u00e4tigung beruht, die sich daraus f\u00fcr den Zusammenhang zwischen der elektromotorischen und der mechanischen Leistungsf\u00e4higkeit ergiebt; in Ermangelung dieser Kenntnifs schreibt Matteucci diesen Versuchen\n1 Fontana, Ricerche filolofiche sopra la Fisica animale. In Firenze. 1775. 4V \u2014 Derselbe, Abhandlung \u00fcber das Viperngift u. s. w. Berlin 1787. 4\u00b0. An vielen Stellen ; s. Reizbarkeit im Register. \u2014 Valu, in Gren\u2019s Journal der Physik. 1792. Bd. VI. S. 382.* \u2014 Derselbe, in Aloysi Galvani Abhandlung u. s. w. Uebersetzt von Joh. Mayer. Prag 1793. S. v. der Vorrede; S. 138;* \u2014 in Reinhold\u2019s Geschichte des Galvanismus u. s. w. S. 29.* \u2014\u25a0 Alex. Monro\u2019s und Rich. Fowler\u2019s Abhandlung \u00fcber die thierische Electricit\u00e4t u. s. w. Leipzig 1796. * \u2014 Pfaff, lieber thierische Elektricit\u00e4t und Reizbarkeit. Leipzig 1795. S. 124 ff.* \u2014 Cr\u00e8ve, vom Metallreize, einem neuentdeckten untr\u00fcglichen Pr\u00fcfungsmittel des wahren Todes. Leipzig und Gera 1796. S. 84 ff.* \u2014 v. Humboldt, Versuche \u00fcber die gereizte Muskel- und Nervenfaser u. s. w. Posen und Berlin 1797. Bd. I. S. 243 ff.\" Bd. II. S. 171 ff.* \u2014 Bericht der Commission des National-Institutes von Frankreich (1797), in Ritter\u2019s Beitr\u00e4gen zur n\u00e4heren Kenntnifs des Galvanismus u, s. w. Bd. 1. St. 1. 2. Jena 1800. S. 68 ff. * \u2014 Pfaff, im Nordischen Archive f\u00fcr Natur-und Arzneywissenschaft. Herausgegeben von Pfaff und Scheel. Bd. I. St. 1. 1799. S. 17.* \u2014 Carlisle, the Croonion Lecture on muscular Motion, Philosophical Transactions etc. For the Year 1805. P. I. p. 1.* \u2014 Nysten, Recherches de Physiologie et de Chimie pathologiques etc. Paris 1811. p. 328 et suiv.* \u2014 Joh. M\u00fcller, Handbuch der Physiologie des Menschen u. s. w. Bd. H. 1840. S. 15. 38. 40 ff. *","page":166},{"file":"p0167.txt","language":"de","ocr_de":"Umst\u00e4nde auf den Strom, die das lebende Thier treffen,\tIQJ\neine falsche, oder wenigstens schwer zu w\u00fcrdigende Bedeutung zu. Er glaubt n\u00e4mlich darin ein Mittel gefunden zu haben, die Zweifel zu beseitigen, die er so unn\u00fctzerweise gegen die Einerleiheit der Ursachen erhoben hat, welche die Nadelablenkung in dem Nobili-schen Grundversuche und die Zuckung in dem GAi.vANi\u2019schen Versuche ohne Metalle hervorbringen. Deshalb wurde auch stets, in seinen Versuchen, neben dem Multiplicator, von dem strompr\u00fcfenden Schenkel Gebrauch gemacht, um die Wirksamkeit der Muskeln zu pr\u00fcfen: s. oben Bd. I. S. 478. Hier habe ich bereits angedeutet, dafs, wenn es Matteucci noch ferner anstehen sollte, jene Zweifel fortzusetzen, er sich durch den Erfolg von Versuchen der Art nicht darin st\u00f6ren zu lassen brauchte; denn die \u00fcberall gleichen Schritt haltende Abnahme der beiden Erscheinungen kann sehr wohl davon abgeleitet werden, dafs die untersuchten Einfl\u00fcsse durchweg allgemein verderblicher Art waren. Aufserdem finden sich bei Matteucci s\u00e4mmtliclie hiehergeh\u00f6rige Versuche doppelt angestellt, n\u00e4mlich einmal mit dem vermeintlichen Froschstrome, das andere Mal mit dem Muskelstrorae; d. h. also, nach unserer Bezeichnungsweise, einmal mit dem Strome zwischen nat\u00fcrlichem L\u00e4ngsschnitte und nat\u00fcrlichem Querschnitte, das andere Mal mit demjenigen zwischen nat\u00fcrlichem L\u00e4ngsschnitte und k\u00fcnstlichem Querschnitte. Die Erfolge beider Versuchsreihen sind, wie sich f\u00fcr uns von selbst versteht, v\u00f6llig \u00fcbereinstimmend, und dadurch ist Matteucci, seiner Angabe nach, endlich dazu gef\u00fchrt worden, dar\u00fcber nachzudenken, ob nicht Frosch- und Muskelstrom am Ende doch noch einerlei sein m\u00f6chten. \u2019\nWas das hier einzuschlagende Verfahren betrifft, so liefs Matteucci stets zwei S\u00e4ulen aus den thierischen Gliedern einander entgegenwirken, wovon die eine dem zu erforschenden Einllufs ausgesetzt gewesen war, die andere aber in ihrem nat\u00fcrlichen Zustande sich befand (S. oben Bd. I. S. 231. 246). Ich habe mich in solchen F\u00e4llen, wo das ganze Thier w\u00e4hrend des Lebens der ver\u00e4ndernden Bedingung preisgegeben wurde, um die es sich also zuerst hier handelt, damit begn\u00fcgt, den mir so bekannten Strom des Gastroknemius, oder des Galvani\u2019sehen Pr\u00e4parates, auf seine St\u00e4rke zu pr\u00fcfen, da mich die oben Bd. I. a. a. 0. angef\u00fchrten Gr\u00fcnde hinderten, mich des Verfahrens der Entgegensetzung zu bedienen. Gewifs kommt diesem Verfahren grunds\u00e4tzlich eine grofse Ueberlegenheit zu; allein ich bin der Meinung, dafs man getrost auf dasselbe Verzicht leisten kann, insofern hier doch nur so erhebliche\n' Philosophical Transactions etc. For the Year 1845. P. II. p. 297. * \u2014 S. oben Bd. I. S. 542.","page":167},{"file":"p0168.txt","language":"de","ocr_de":"168\t3. Abschn. Kap. V. \u00a7. II. 1. Einflufs krankhafter\nWirkungen von Interesse sein k\u00f6nnen, dal's sie sich auch jener minder empfindlichen .Art der Pr\u00fcfung nicht zu entziehen verm\u00f6gen. Sollten hingegen einzelne vom Gesammtorganismus getrennte Muskeln dem Versuche unterworfen werden, so vers\u00e4umte ich nat\u00fcrlich nie, entweder einen Gegenversuch mit dem unverletzt gebliehenen Muskel gleichen Namens von der anderen Seite desselben Thieres anzustellen, oder mich seiner zur Compensation zu bedienen, wovon Eingangs des folgenden Paragraphen mehr die Rede sein wird.\n1. Einflufs krankhafter Zust\u00e4nde des Thieres auf den Muskelstrom.\nHier w\u00e4re zun\u00e4chst der Ort, von dem Einfl\u00fcsse zu reden, den etwaige krankhafte Zust\u00e4nde auf den Muskelstrom aus\u00fcben m\u00f6gen. Man kann unterscheiden zwischen solchen krankhaften Zust\u00e4nden, die uns die Natur selbst darbietet, und solchen, die der Versuch sich als Bedingung neuer Erscheinungen willk\u00fcrlich schafft.\n(i) Nat\u00fcrlich entstandene krankhafte Zust\u00e4nde.\nMatteucci hat die Bemerkung gemacht, dafs man nicht selten, vorz\u00fcglich in der Sommerhitze, Fr\u00f6schen begegne, deren Muskeln weifs-lich, m\u00fcrbe und mit einer ser\u00f6sen Fl\u00fcssigkeit getr\u00e4nkt erschienen; zwischen Haut und Muskeln finden sich bei denselben gleichfalls ser\u00f6se Erg\u00fcsse. Solche Fr\u00f6sche gerathen nicht in Zuckungen in Folge schneller Zurichtung (S. oben S. 33); es sei sehr selten, dafs der Gai.-VANi\u2019sche Versuch ohne Metalle an denselben gl\u00fccke, und auch die Nadelablenkungen durch ihren Strom seien vermindert. Lasse man eine S\u00e4ule aus sechs gesunden einer solchen aus sechs in diesem Zustande befindlichen Fr\u00f6schen entgegenwirken, so gebe sich stets ein deutlicher Differentialstrom im. Sinne der ersteren kund. 1\nDies Ergebnifs kann ich best\u00e4tigen, ohne im Stande zu sein, der von Matte\u00fccci gegebenen Beschreibung des krankhaften Zustandes eine wissenschaftlichere Fassung zu verleihen. Die Muskeln in demselben bieten, statt des zarten Pfirsichrothes gesunden Froscbfleisches, ein Graulichweifs dar, sind m\u00fcrbe anzuf\u00fchlen, und die Lymph r\u00e4ume sind mit einer w\u00e4sserigen Fl\u00fcssigkeit erf\u00fcllt. Der besondere, jedem organischen Physiker befreundete, s\u00fcfslich aromatische Geruch des gesunden Froschblutes wird vermifst. In denselben Zustand gerathen augen-\n1 Archives de l\u2019\u00c9lectricit\u00e9, t. II. p. 440. t. III. p. 23.\"\u2014 Annales de Chimie et de Physique. 3. S\u00e9rie, t. VI. p. 323. l. VII. p. 444.* \u2014 Trait\u00e9 etc. p. 76. 106.*","page":168},{"file":"p0169.txt","language":"de","ocr_de":"Zust\u00e4nde des Thieres auf den Muskelslrom.\n169\nscheinlich Fr\u00f6sche, welche man lange in Wasser aufbewahrt, ln dieser k\u00fcnstlich hervorgebrachten Form ist er bereits von Vielen beobachtet worden, und Joh. M\u00fcller hat bemerkt, dafs alsdann die Lymphe nicht mehr gerinnt, wie auch das Blut entweder sehr wenig oder gar kein Gerinnsel absetzt. 1\nIch habe schon oben Bd. I. S. 452, bei Gelegenheit der Aufbewahrung der Fr\u00f6sche, einer Seuche Erw\u00e4hnung gethan, welche mit v\u00f6llig sich gleichbleibenden Zuf\u00e4llen mehrere Jahre nacheinander unter meinen Vorr\u00e4then ausgebrochen ist und erst zu weichen anfing, nachdem sie die Reihen betr\u00e4chtlich gelichtet hatte. Sie ist neuerdings auch in ganz entsprechender Weise von Dr. Helmholtz in Potsdam beobachtet worden. Am heftigsten w\u00fcthete sie bei mir im Winter 1843 bis 1844, wo mir von f\u00fcnfhundert Fr\u00f6schen, die ich in Kisten an it feuchtem Moose hielt, nur etwa die H\u00e4lfte \u00fcbrig blieb. Die Zeichen der Seuche waren folgende.\nEin Thier, welches ex-kranken soll, st\u00f6fst von Zeit zu Zeit einen ganz kurzen quikenden Schrei aus. Es wird von einer Unruhe befallen, die es antreibt, gegen die W\u00e4nde des Beh\u00e4lters zu springen, was Verwundung der Nasenspitze nach sich zieht. Sp\u00e4ter bemerkt man eine Augeneixtziindung, mit Anschwellung des Augenliedes und manchmal einem pannus\u00e4hulichen Zustande der Hornhaut. Die Verletzung der Nase vei-wandelt sich in ein bis auf die Knochen gehendes torpides Geschw\u00fcr mit aufgeworfenen R\u00e4ndern. Aehnliche Ulceralionen ei-greifen die vier Pfoten, und stellen sich auch wohl sonst am K\u00f6rper ein. Das Thier magert ab ; seine Haut wird ganz dunkelbraun oder schwarz. Es l\u00e4fst sich greifen, ohne das Weite zu suchen, und setzt dem Anfassen nur ein eigenth\u00fcmliches Aufbl\u00e4hen des Leibes entgegeu, was eine Schmerzhaftigkeit desselben anzudeuten scheint. Endlich stirbt es, ohne Ausnahme, im Tetanus, der mit einem langen gellenden, an die Epilepsie ei-innei'uden Schrei hereinbricht, wie er auch stets den Tetanus nach Gehirnersch\u00fctterung, nie den nach Strychninvergiftung begleitet; so dafs alle Todten in der Lage tetanischer Fr\u00f6sche gefunden werden, die Jedem bekannt sein wird, der einmal einen Frosch mit Strychnin vergiftet hat. Ersch\u00fctterung, pl\u00f6tzliches Begiefsen mit kaltem Wasser u. d. m. bestimmen nicht seilen den Ausbruch des t\u00f6dt-lichen Tetanus. Es k\u00f6nnen aber, durch sehr reinliches Halten, manchmal auch solche Fr\u00f6sche noch gerettet werden, die bereits nach dem\n1 Handbuch der Physiologie u. s. w. Bd. I. 3. Auflage. S. 257.\u2019 \u2014\u201c Vergl. die Inaugural-Dissertation: Systema Amphibiorum lymphaticum Disijuisitionibus novis examination. Auct, Jos. Meyer. Berolini 1845. 4\u201c. p. 11. Not. 8.\u2019","page":169},{"file":"p0170.txt","language":"de","ocr_de":"170\n3. Abschn. Kdp. V. \u00a7. IL 1. Ein\u00dfufs krankhafter\nTetanus in einen dem sopor\u00f6sen Stadium der Epilepsie vergleichbaren Zustand verfallen sind. Die Dauer der Krankheit bis zum Tode betr\u00e4gt, je nach der Temperatur, mehrere Tage bis mehrere Wochen.\nDergleichen kranke Fr\u00f6sche habe ich im Laufe meiner Untersuchungen in Ermangelung gesunder nicht selten in Anwendung ziehen m\u00fcssen, indessen nie daran irgend eine wesentliche Ver\u00e4nderung ihres Stromes, eine merkliche Schw\u00e4chung ausgenommen, versp\u00fcrt. Sogar an dieser, wie auch an andern Krankheiten verstorbene Fr\u00f6sche geben zu keiner andern Wahrnehmung Anlafs. Auch sonst begegnet es einem wohl, wenn man viel mit Fr\u00f6schen arbeitet, allerlei Abweichungen unter denselben zu beobachten. Die Muskeln von Gliedmafsen, deren Knochen gebrochen waren, oder denen ein Theil, z. B. der Unterschenkel, der Vorderarm, in Folge eines Unfalles fehlt, verhalten sich gleich denen von gesunden.\n(u) K\u00fcnstlich hervorgerufene krankhafte Zust\u00e4nde.\nUelter absichtlich hervorgerufene krankhafte Zust\u00e4nde habe ich keine eigene Erfahrungen zu berichten. Bei Mattedcci finde ich folgende mitgetheilt. Er verletzte sechs Fr\u00f6schen die Oberschenkelmuskeln. Nach 30 Stunden, w\u00e4hrend welcher sie in Ruhe gelassen worden waren, fand er die Schenkel ger\u00f6thet und von Blute strotzend \u00bbrouges \u00bbet remplis de sang: un m\u00e9decin les aurait dits engorg\u00e9s.\u00ab Diese Fr\u00f6sche gaben ihm s\u00e4mmtlich st\u00e4rkere Nadelablenkungen und Zuckung ohne Metalle als solche mit nicht verletzten Oberschenkeln. In einem zweiten Versuche wurden sechs gesunde Fr\u00f6sche in demselben Beh\u00e4lter mit den verletzten gehalten, gleichzeitig geschlachtet, und die beiden Froschs\u00e4ulen einander entgegen aufgebaut; die mit den verletzten Schenkeln \u00fcherwog um 3\u20144\u00b0, und gab auch ohne Anwendung der Compensation eine um eben so viel Grad st\u00e4rkere Wirkung als die gesunde. \u2014 Von acht Fr\u00f6schen wurden vier auf die angegebene Weise behandelt, vier gesund gelassen; von den ersten zeigten alle vier die Zuckung ohne Metalle, von den letzteren nur einer. \u2014 Fr\u00f6sche, denen ein Schenkel verletzt ist, geben manchmal die Zuckung ohne Metalle nur an diesem allein. Die Verwundung mufs, bei diesen Versuchen, so eingerichtet werden, dafs das Thier nicht verbluten kann; es darf nicht ins Wasser gesetzt werden, widrigenfalls die Stockung (engorgement) nicht zu Stande kommt. 1\nDiese Versuche Matteucci\u2019s beziehen sich, in seiner Vorstellung, auf den angeblichen \u00bbCourant propre\u00ab; die S\u00e4ulen wurden aus Gal-\n1 Archives de l\u2019\u00c9lectricit\u00e9, t. II. p. 442. 443.\" \u2014 Annales de Chimie et de Physique. 3. S\u00e9rie, t. VI. p. 326.* \u2014 Trait\u00e9 etc. p. 110. 111.*","page":170},{"file":"p0171.txt","language":"de","ocr_de":"Zust\u00e4nde des Thieres auf den Mushelslrom.\n171\nvANi\u2019schen Pr\u00e4paraten zusammengesetzt. Folgender Versuch war dagegen urspr\u00fcnglich bestimmt, die Unabh\u00e4ngigkeit des Muskelstromes vom Nervensysteme nachzuweisen. Matte\u00fccci zerst\u00f6rte sechs Fr\u00f6schen das R\u00fcckenmark mit einem gl\u00fchenden Eisen in der Gegend der Lendenwirbel, und \u00fcberliefs dieselben vier Tage lang mit sechs anderen unverletzten in einem grofsen Glase bei 8\u201410\u00b0 Luftw\u00e4rme sich selbst. Dann setzte er aus den querdurchschnittenen Oberschenkeln beider Sippschaften zwei zw\u00f6lfgliederige S\u00e4ulen zusammen, die er einander entgegenwirken liefs; es zeigte sich ein Ausschlag von 16 \u2014 18\u00b0 zu Gunsten der Thicre, deren R\u00fcckenmark verletzt worden war; einzeln gab die diesen zugeh\u00f6rige S\u00e4ule 50 \u2014 55\u00b0, die andere nur 42 \u2014 45\u00b0; die Muskeln der ersteren waren merklich ger\u00f6thet. 1\nVon Interesse w\u00fcrde es unstreitig sein, Muskeln auf ihren Strom zu untersuchen, die durch lange Trennung vom Centralnervensysteme ihre mechanische Leistungsf\u00e4higkeit eingeb\u00fcfst und eine Ver\u00e4nderung ihres Baues erlitten haben, oder deren Arterien unterbunden worden sind. Ich habe noch nicht Zeit gefunden, diese Fragen zu beantworten.\n2. Einflufs verschiedener Todesarten des Thieres auf den Strom.\nZu anderen Umst\u00e4nden \u00fcbergehend, m\u00fcfste jetzt eigentlich der wesentlichste Einflufs zur Sprache kommen, dessen wir \u00fcberhaupt, als das Thier w\u00e4hrend des Lebens treffend und den Muskelstrom ver\u00e4ndernd, zu gedenken haben, der n\u00e4mlich der lange fortgesetzten Einwirkung der K\u00e4lte. Indefs es kn\u00fcpfen sich an die Untersuchung desselben so bemerkenswerthe Aufschl\u00fcsse \u00fcber die innerste Natur des Muskelstromes, dafs ich es f\u00fcr gerathen halte, die ganze Darlegung dieser Reihe von Erfahrungen nebst den daran sich kn\u00fcpfenden Er\u00f6rterungen an eine sp\u00e4tere Stelle zu verlegen, wo jene Aufschl\u00fcsse besser an ihrem Platze sein werden.2\nVon dem Einflussse der verschiedenen Todesarten des Thieres auf den Muskelstrom, Opium-, Strychnin-, Blaus\u00e4urevergiftung, Gehirnersch\u00fctterung, K\u00f6pfung u. s. w. habe ich bereits in meinem \u00bbvorl\u00e4uJ \u00bbfiym Abrifs\u00ab (A. a. 0. S. 14. \u00a7. 37) gesagt, dafs er abh\u00e4ngig sei \u00bbvon dem Einfl\u00fcsse dieser .Todesarten auf das fr\u00fchere oder sp\u00e4tere \u00bb Eintreten der Todtenstarre, d. h. des Muskeltodes. \u00ab Matte\u00fccci hat, nach mir, und ohne meiner Erw\u00e4hnung zu thun, die Einflgfslosigkeit\n1\tArchives etc. t. III. p. 24. 25.*\u2014 Annales etc. t. VII. p. 445.* \u2014 Trait\u00e9 etc, p. 77. 78.*\n2\tS. unten, Kap. VIII. \u00a7. ii.","page":171},{"file":"p0172.txt","language":"de","ocr_de":"172\t3. Abschn. Kap. V. \u00a7. II. 2. Einflufs verschiedener\ndes Opiums, Strychnins, und der Blaus\u00e4ure auf den Strom abermals ausgesprochen. Es liegen hier folgende Erfahrungen vor.\n1.\tOpium Vergiftung. Ich habe mich der Tinctura Opii simplex Pharm. Bor. bedient, Matteucci des mit Chlorwasserstoffs\u00e4ure gemischten w\u00e4ssrigen Opiumextractes, wovon er den Fr\u00f6schen 10 \u2014 12 Tropfen gab. Matteucci erhielt keinen merklichen Differentialstrom, als er eine S\u00e4ule aus halben Froschoberschenkeln von den vergifteten Thieren einer solchen von nicht vergifteten entgegensetzte, und so habe auch ich keinen Unterschied in der St\u00e4rke des Stromes des Gastro-knemius entdecken k\u00f6nnen. Dasselbe fand Matteucci an Tauben best\u00e4tigt. 1\n2.\tStrychninvergiftung. Diese ist dadurch ausgezeichnet, dafs sie durch die dem Tode vorangehenden Kr\u00e4mpfe die Reizbarkeit aufreibt, so dafs, nach Br\u00fccke\u2019s Beobachtung,2 die Todtenstarre acht-'1** mal fr\u00fcher eintritt, als bei anderen Todesarten. Demzufolge versteht\nes sich nach dem Voraufgeschickten von selbst, dafs auch der Strom achtmal schneller schwindet als sonst. Matteucci hat hier grofse Verwirrung angestiftet, von deu wir zum Theil schon Kenntnifs haben. Man sehe seine Behauptungen \u00fcber die Wirkung der Strychninvergil-tung in der geschichtlichen Einleitung zum vorigen Kapitel. Mit Strychnin vergiftete, tetanische Thiere sollten keinen Strom besitzen, nach gel\u00f6stem Krampfe sogar der Strom nie wiederkehren (S. oben S. 12). Nachher wurden diese Behauptungen gemildert und es kam heraus, dafs der Strom etwas schw\u00e4cher sei und die Zuckung ohne Metalle nicht so leicht gl\u00fccke (S. oben S. 29). Dies ist nun in der That kein Wunder, da das Thier durch den Tetanus billig sich im Zustande einiger Ersch\u00f6pfung befinden darf. Matteucci geht aber sogar noch weiter in der Beschr\u00e4nkung seiner ersten, so zuversichtlich schroffen Behauptung. Das letzterw\u00e4hnte Ergebnifs solle n\u00e4mlich nur f\u00fcr den \u00bbcourant propre\u00ab gelten; f\u00fcr den \u00bbcourant musculaire\u00ab stellt er noch eine besondere Versuchsreihe, entsprechend der so eben in Betreff des Opiums beschriebenen, an. Er findet, dafs auf den \u00bbcourant inuscu-\u00bblaire\u00ab von Fr\u00f6schen und Tauben das Strychnin so wenig wie das Opium einen merklichen Einflufs aus\u00fcbt. \u00bbJ\u2019ai m\u00eame, dans un seul \u00bbcas, observ\u00e9, et d\u2019une mani\u00e8re bien distincte, que l\u2019action du poison\n1\tArchives etc. t. lit. p. 25. * \u2014 Annales etc. t. VII. p. 445.446.*\u2014 Trait\u00e9 etc. p. 78. * \u2014 In einer ersten Mittheilung behauptete Matteucci eine Schw\u00e4chung durch Opium. Comptes rendus etc. 23 Janvier 1843. t. XVI. p. 197:\u201c \u00bb J\u2019ai introduit dans \u00bbl\u2019estomac des grenouilles de l\u2019extrait d\u2019opium en solution, et j\u2019ai trouv\u00e9 que le \u00bb courant musculaire, en g\u00e9n\u00e9ral, s\u2019affaiblit. \u00ab\n2\tMiller's Archiv u. s. w. 1842. S. 178.*","page":172},{"file":"p0173.txt","language":"de","ocr_de":"Todesarten des Thieres auf den MusJcelstrom.\n173\n\u00bbnarcotique en tr\u00e8s-faible dose, avait augment\u00e9 les signes du cou-\u00bbrant musculaire.\u00ab 1\n3.\tBlaus\u00e4urevergiftung. Ich spr\u00fctzte Fr\u00f6schen in 5 \u2014 10' Abstand 3\u20144 Gaben des alkoholischen Pr\u00e4parates der Pharm. Bor. von 3/3 (etwas \u00fcber 1.8sr') ein, wodurch ich eine m\u00f6glichst allgemeine Verbreitung des Giftes und seiner Wirkung bezweckte. Die Thiere geriethen in folgenden Zustand. Sie behielten jede gegebene Stellung bei, antworteten nicht mehr auf Zehenabschneiden, Einschneiden des Augenliedes, Kneipen, Maulaufsperren. Eine lebhafte Ersch\u00fctterung in der Umgebung rief eine tr\u00e4ge Reflexbewegung der vier Exti\u2019emit\u00e4ten hervor. Athmen konnte nicht bemerkt werden, das Herz schlug meh-reremal in der Minute. Alle Theile rochen stark nach bitteren Mandeln. Das Blut gerann in Gestalt eines unzusammenh\u00e4ngenden Niederschlages, wie dies auch bei der Strychninvergiftung beobachtet wird.\nIndessen zuckte der Gastroknemius noch beim Durchschneiden seines Nerven und von demselben aus auf die leere Inductionsrolle ; der Strom war in gew\u00f6hnlicher Richtung und St\u00e4rke vorhanden. Das Ergebnifs blieb sich in mehreren Versuchen gleich.\nMit Piria\u2019s H\u00fclfe stellte Matteucci folgenden Versuch an. Fr\u00f6sche wurden unter eine Glocke gebracht, in die er Cyanwasserstoffgas steigen liefs. So wie die Fr\u00f6sche unter dem Einfl\u00fcsse des Giftes zu wanken (?! \u00bbchanceler\u00ab) anfingen, t\u00f6dtete Matteucci eine gleiche Anzahl nicht vergifteter, und setzte aus diesen und jenen, in gewohnter Weise, zwei S\u00e4ulen aus halben Oberschenkeln zusammen, die er einander entgegenwirken liefs. Es gab sich ein sehr kleiner Differentialstrom im Sinne der nicht vergifteten Fr\u00f6sche kund. Dasselbe sah Matteucci an Tauben.2\n4.\tArsenikwasserstoffvergiftung. Alles von der Blaus\u00e4ure gesagte lassen Matteucci und Piria auch vom Arsenikwasserstoff gelten. 3 Ich habe keine Versuche dar\u00fcber angestellt.\n0. Schwefelwasserstoffvergiftung. Diese Todesart scheint, nach Matteucci, eine ausgezeichnete Wirkung auf den Muskelstrom zu besitzen. Es wird damit verfahren wie mit der Blaus\u00e4ure und dem Arsenikwasserstoffgase. Zwei S\u00e4ulen, aus zw\u00f6lf Gliedern jede, die eine bestehend aus querdurchschnittenen Oberschenkeln von gesunden, die\n1 Archives de l\u2019Electricit\u00e9. Ibidem. \u2014 Annales de Chimie et de Physique. Ibidem. \u2014 Trait\u00e9 etc. Ibidem.\n* Archives etc. p. 26. 27.* \u2014 Annales etc. p. 447. 448.* \u2014 Trait\u00e9 etc. p. 80. 81.* \u2014 Philosophical Transactions etc. For the Year 1845. II. p.284. 293.* \u2014 Le\u00e7ons sur les Ph\u00e9nom\u00e8nes etc. p. 186. *\n3 Ibidem.","page":173},{"file":"p0174.txt","language":"de","ocr_de":"174\t3. Abschn. Kap. V. \u00a7.11.2. Einflufs verschiedener\nandere aus solchen von den vergifteten Fr\u00f6schen, wurden einander entgegengesetzt. Es erfolgte ein Differentialstrom von 26\u201c; einzeln gepr\u00fcft, gab die vergiftete S\u00e4ule nur 5 \u2014 6\u201c, die gesunde 30\u201c Ausschlag. In einem anderen Falle mit achtgliederigen S\u00e4ulen erhielt Matteucci 15\u201c Differentialstrom, in einem dritten mit einer siebengliederigen 12\u201c; in diesem letzteren hatte die vergiftete S\u00e4ule fast gar keine Wirkung, die andere gab 15\u201c Ausschlag. 1 * Drei zwanziggliederige S\u00e4ulen aus querdurchschnittenen Froschoberschenkeln gaben, statt 90\u201d Ausschlag, wie sie h\u00e4tten sollen, durch den Einflufs des Gases nur 55\u201d; 44\": 41\u201c. * Dasselbe fand Matteucci an Tauben best\u00e4tigt. Zwei einander entgegenwirkende siebengliederige S\u00e4ulen gaben nacheinander 15\u201c; 10\u00b0; 8\u201c zu Gunsten der nicht vergifteten Thiere. 3 4 5 Bei Gelegenheit des \u00bbcourant propre\u00ab f\u00fchrt Matteucci noch an, dafs auch dieser Strom durch den Schwefelwasserstoff beeintr\u00e4chtigt erscheine, so dafs ein starker Frosch keine Zuckung ohne Metalle gegeben habe, und auch die Multiplicatorwirkung unmerklich gewesen sei. Dasselbe fand sich an einer S\u00e4ule aus GALVANi\u2019schen Pr\u00e4paraten. Matteucci f\u00fcgt hinzu: \u00bbJe ferai observer que cette grenouille se contractait encore sous le \u00bbcourant d\u2019un couple de zinc et platine.\u00ab1 Es ist indefs nicht zu \u00fcbersehen, dafs, nach dem Zeugnisse mehrerer Beobachter, das Schwefelwasserstoffgas sowohl als die schwefelige S\u00e4ure eine verderblichere Wirkung auf die mechanische Leistungsf\u00e4higkeit der Muskeln zu \u00e4ufsern scheinen, als die \u00fcbrigen Vergiftungsarten und Todesweisen, die sich auch der elektromotorischen Leistungsf\u00e4higkeit gegen\u00fcber mehr gleichg\u00fcltig verhalten. \u2018\nIch selbst habe noch nicht Zeit gefunden, diese Angaben Mat-teucci\u2019s zu pr\u00fcfen, werde jedoch an einer sp\u00e4teren Stelle dieses Werkes vielleicht noch Gelegenheit nehmen, darauf zur\u00fcckkommen.\n6. Stickoxydgasvergiftung, ln Matteucci\u2019s Brief an Dumas \u00fcber meine Untersuchungen heifst es: \u00bbJe viens de trouver que le gaz\n1 Comptes rendus etc. 23 Janvier 1843. t. XVI. p. 197.* \u2014 L\u2019Institut, t. XI.\nNo. 475. p. 36.* \u2014 Archives de l\u2019\u00c9lectricit\u00e9, t. III. p. 27. 28.* \u2014 Annales de Chimie et de Physique. 3. S\u00e9rie, t. VII. p. 448. 449.* \u2014 Trait\u00e9 etc. p. 81. 82.\u2019\n3\tPhilosophical Transactions etc. Ibid. p. 293.*\n3\tArchives etc., Annales etc., Trait\u00e9 etc., ibidem.\n4\tComptes rendus etc., L\u2019Institut etc., ibidem. \u2014 Archives eic. t. II. p. 442.* \u2014 Annales etc. p. 326.* \u2014 Trait\u00e9 etc. p. 110.*\n5\tS. Fontana, Abhandlung \u00fcber das Viperngift u. s. w. Berlin 1787. 4\u201c. S. 50. 51.* \u2014 Volta, Collezione delT Opere etc. Firenze 1816. t. II. p. I. p. 45. Nota (a).*\n\u25a0\u2014 Valu in Aloysi Galvani Abhandlung \u00fcber die Kr\u00e4fte der thierischen Elektrici-t\u00e4t u. s. w. Uebersetzt von J. Mayer. Prag 1793. Vorrede S. vi. ;* \u2014 Gren\u2019s Journal der Physik. 1792. Bd. VI. S, 395.* \u2014 Pfaff, Ueber thierische Elektricit\u00e4t","page":174},{"file":"p0175.txt","language":"de","ocr_de":"Todesarten des Thieres auf den MusJeelstrom.\n175\n\u00bb nitreux agit encore avec plus d\u2019intensit\u00e9 que l\u2019hydrog\u00e8ne sulfur\u00e9 pour \u00bbd\u00e9truire le courant musculaire et le courant propre.\u00ab 1 In seinen sp\u00e4teren Mittheilungen, wo er noch viele Male auf die Wirkung des Schwefelwasserstoffgases zur\u00fcckkommt, vermifst man die Erneuerung auch jener Angabe, was hei Matteucci kein gutes Zeichen f\u00fcr ihre Zuverl\u00e4ssigkeit ist.\n7.\tKohlens\u00e4urevergiftung. Matteucci liefs unter die Glocke, in der die Versuche mit Blaus\u00e4ure u. s. w. angestellt wurden, Kohlens\u00e4uregas zu Fr\u00f6schen treten. \u00bbLes grenouilles commencent par sauter, \u00bbouvrent la bouche, et apr\u00e8s quinze \u00e0 vingt minutes elles restent sans \u00bbmouvement, on dirait quelles sont mortes. Effectivement si on ne \u00bbles retire pas de l\u2019acide carbonique, on ne parvient plus \u00e0 les sauver.\u00ab In dem Augenblicke, wo die Fr\u00f6sche regungslos wurden, richtete Matteucci eine S\u00e4ule aus ihren querdurchschnittenen Oberschenkeln zu, und zu gleicher Zeit bereitete ein Geh\u00fclfe eine solche von gesunden Fr\u00f6schen. In sechs Versuchen zeigte sich kein Differentialstrom. Dasselbe Ergebnifs erhielt Matteucci an einer in Kohlens\u00e4ure erstickten. Taube. 2\n8.\tErstickungstod. Matteucci that zwanzig Fr\u00f6sche in Wasser, welches zwei Stunden lang gekocht hatte. Auf das Wasser ward Oel gegossen, damit es nicht wieder Luft anziehen sollte, und eine Glasplatte auf den Cylinder aufgekittet. Temperatur 15\u00b0 C. Anfangs fuhren die Fr\u00f6sche in dem Wasser auf und ab, vom Boden nach der Oberfl\u00e4che. Nach einer Stunde aber hielten sie sich s\u00e4mmtlich am Grunde, schienen zu leiden und machten nur wenig Bewegungen. Nach zwei Stunden h\u00f6rte jene Bewegung auf und die Fr\u00f6sche schienen todt. Eine aus den querdurschnittenen Oberschenkeln dieser Fr\u00f6sche bereitete zwanziggliederige S\u00e4ule zeigte einen weit schw\u00e4cheren Strom als sonst; statt 90\u00b0 Ausschlag und 25 \u2014 30\u00b0 best\u00e4ndiger Ablenkung, wie sie h\u00e4tte sollen, gab sie nur 50\u2014-60\u00b0 Ausschlag und 10\u201412\u00b0 best\u00e4ndige Ablenkung. Der Versuch ward zweimal mit gleichem Erfolge wiederholt, und der einzige bemerkbare Unterschied zeigte sich in der Zeit des Erstickens, die sich umgekehrt wie die Temperaturen verhielt.\nlind Reizbarkeit. Leipzig 1795. S. 128.* \u2014 Die Commission des Franz\u00f6sischen National - Institutes vom Fr\u00fchling 1797 (S. oben Bd. I. S. 315) in Ritter\u2019s Beitr\u00e4gen ii. s. w. Bd. I. St. 1.2. 1800. S. 73.* \u2014 Nystkn, Recherches de Physiologie et de Chimie pathologiques etc. Paris 1811. p. 114. 365.*\n2\tAnnales de Chimie et de Physique. Septembre 1845. 3. S\u00e9rie, t. XV. p. 65.* \u2014 Archives etc. 1845. t. V. p. 383. *\n3\tArchives etc. t. III. p. 26.* \u2014 Annales etc. t. VII. p. 446. 447.* etc. p. 79. 80. * \u2014 Philosophical Transactions etc. p. 284.294.*\nTrait\u00e9","page":175},{"file":"p0176.txt","language":"de","ocr_de":"176\t3. Abschi. Kap. V. \u00a7.11. 2. Einflufs der Verblutung, Enth\u00e4utung \u2014\nDie Muskeln dieser Fr\u00f6sche sollen weifs gewesen sein, und sich an der Luft leicht ger\u00f6thet haben. 1 2\n9.\tVerblutung. Matteucci behauptet, dafs Fr\u00f6sche, denen er das Herz ausgeschnitten, und sie sich zu Tode bluten gelassen, nur sehr schwer die Zuckung ohne Metalle zeigten, und dafs auch der Strom ihres GALVANi\u2019schen Pr\u00e4parates am Multiplicator geschw\u00e4cht erscheine.5 Dasselbe wird sp\u00e4ter auch von dem \u00bbmuscular current\u00ab einer zwanzig-gliederigen S\u00e4ule berichtet. 3\n10.\tEnth\u00e4utung. Matteucci hat folgenden Versuch mehrmals wiederholt: Er zog zehn lebendigen Fr\u00f6schen die Haut ab. Die Fr\u00f6sche lebten auf diese Weise noch sechs, acht, sogar zehn Stunden fort. Der Strom einer zwanziggliederigen, aus ihren querdurchschnittenen Oberschenkeln bereiteten S\u00e4ule trieb die Nadel, statt auf 90\u00b0, nur auf 80\u201485\u00b0, die best\u00e4ndige Ablenkung betrug 18\u00b0 statt 25\u00b0.4\nMatteucci macht \u00fcbrigens die allgemeine Bemerkung, dafs St\u00e4rke und Dauer seines sogenannten Froschstromes (des Stromes zwischen nat\u00fcrlichem L\u00e4ngs- und Querschnitte) unter der Wirkung der erniedrigten Temperatur, des unterdr\u00fcckten Athmungsvorganges oder Blutumlaufes, des geschwefelten Wasserstoffgases mehr leide als sein sogenannter Muskelstrom 5 ( der Strom zwischen nat\u00fcrlichem L\u00e4ngs - und k\u00fcnstlichem Querschnitte). Vergl. oben Bd. 1. S. 542. 543. Wir werden sp\u00e4ter Gelegenheit finden, auf die Bedeutung dieser Angabe zur\u00fcckzukommen, welche, bei der so sehr viel gr\u00f6fseren Zartheit des k\u00fcnstlichen Querschnittes, auf den ersten Blick allerdings nicht wenig auffallend erscheint. 6\n1\tComptes rendus etc. 14 Avril 1845. t. XX. p. 1097.* \u2014 Philosophical Transactions etc. p. 292. 293.*\n2\tArchives etc. t. II. p. 442. * \u2014 Annales etc. t. VI. p. 325. * \u2014 Trait\u00e9 etc. p. 109.*\n3\tPhilosophical Transactions etc. p. 292.*\n4\tIbidem, p. 291.292.*\n5\tIbidem, p. 298.*\n6\tS. unten, Kap. VIII. \u00a7. il.","page":176},{"file":"p0177.txt","language":"de","ocr_de":"(\u00a7, III) solcher Umst\u00e4nde, die den Muslcel unmittelbar treffen. 177\n\u00a7\u2022 HI.\nVon dem Einfl\u00fcsse solcher Umst\u00e4nde auf den Muskelstrom, welche den vom Gesammtorganismus getrennten Muskel unmittelbar treffen.\nDer gr\u00f6fste Theil der im vorigen Paragraphen beschriebenen Erscheinungen liefs sich nach dem, was l\u00e4ngst \u00fcber den Einflufs der verschiedenen Todesarten auf die Erregbarkeit der Muskeln bekannt ist, und dem von uns aufgestellten Satze, dafs der Strom mit derselben gleichen Schritt h\u00e4lt, leicht voraussehen, und eben dieses gilt von dem nun Mitzutheilenden, betreffend den Einflufs mannigfacher Bedingungen, denen die vom Gesammtorganismus getrennten Muskeln im Versuche unmittelbar unterworfen werden k\u00f6nnen. Man vermag sich leicht zu denken, dafs wir hier, \u00fcber ungleich heftigere Einwirkungen gebietend, \u00fcbrigens auf viel ausgesprochenere Erfolge stofsen werden.\nMatteucci hat sich auch hier seiner einander entgegenwirkenden S\u00e4ulen aus thierischen Gliedern bedient. Ich habe mich an die Untersuchung des Gastroknemius, und in solchen F\u00e4llen, wo der Einflufs der Art war, dafs er nur schwer und langsam ins Innere des Muskels dringen konnte, an diejenige des d\u00fcnnen und platten Sartorius gehalten; wobei mir der entsprechende Muskel der anderen Seite desselben Thieres, der der Bedingung nicht ausgesetzt wurde, zum Vergleichspunkte diente. Nur in wenigen F\u00e4llen ist 'diese Bedingung der Art, dafs man sie w\u00e4hrend des Aufliegern cinwirken lassen kann. Die B\u00e4usche waren mit Eiweifsh\u00e4utchen bekleidet, um die Muskeln, falls sie dem Einfl\u00fcsse noch einmal ausgesetzt werden sollten, vor dem An\u00e4tzen durch die Kochsalzl\u00f6sung zu sch\u00fctzen. Handelte es sich um Eintauchen derselben in eine Fl\u00fcssigkeit, und war diese von der Art, dafs sie, in den Multiplicatorkreis zwischen den B\u00e4uschen eingef\u00fchrt, leicht h\u00e4tte elektromotorisch wirken k\u00f6nnen, so wurden die Muskeln vor dem Auflegen mit destillirtem Wasser abgesp\u00fclt und zwischen Fliefspapier getrocknet. Nie vers\u00e4umte ich, gleichzeitig mit der elektromotorischen, die mechanische Leistungsf\u00e4higkeit des Muskels einer genauen Pr\u00fcfung zu unterwerfen. Dies geschah auf elektrischem Wege, mittelst der bekannten Inductionsrolle, wobei, wegen der an und f\u00fcr sich dem Muskel sch\u00e4dlichen Wirkung elektrischer Schl\u00e4ge, die Vorsicht gebraucht wurde, die Pr\u00fcfung stets mit den schw\u00e4chsten Str\u00f6men zu beginnen und m\u00f6glichst wenig Schl\u00e4ge durch den Muskel hindurch gehen zu lassen. F\u00fcr todt galt er, wenn er, auf den Platinenden der II.\t12","page":177},{"file":"p0178.txt","language":"de","ocr_de":"178\n3. Abschn. Kap. V. \u00a7. III. 1 (i). Von dem Einfl\u00fcsse\nstromzuf\u00fchrenden Vorrichtung aufliegend, auf die Schl\u00e4ge der ganz mit Dr\u00e4hten angef\u00fcllten Rolle, in deren prim\u00e4ren Kreis sich eine GRovE\u2019sche Kette der gr\u00f6fseren Art befand, nicht mehr antwortete. Auf diese Weise wurde die bevorstehende Untersuchung abermals eine fortlaufende Best\u00e4tigung der im ersten Paragraphen dieses Kapitels gegebenen Grund-bestimmung: dafs die Abnahme des Stromes Hand in Hand gehe mit der der Reizbarkeit, dafs er verschwinde, wenn das Gerinnen des fl\u00fcssigen MuskelfaserstolTes, die Todtenstarre, cintrete.\n1. Einflufs der Temperatur.\n(i) Temperaturerh\u00f6hung.\nDafs ein warmes, vollends ein siedendes Wasserbad, wie auch ein Wasserdampfbad von bestimmter Temperatur die Reizbarkeit und den Strom vernichten, habe ich bereits in meinem \u00bb vorl\u00e4ufigen Abrifs \u00ab a. a. 0. S. 13. \u00a7. 35. 4. c. d. im Allgemeinen angef\u00fchrt. Hier folgen die n\u00e4heren Angaben. In meinem Munde wurde ein Gastroknemius binnen 35' todtenstarr, reactions- und stromlos. In destillirtem Wasser von 40\u00b0 C. geschah dasselbe bereits nach 25'. In destillirtem Wasser von 50\u00b0 zieht sich ein Adductor magnus Cuv. binnen 2' zu einem unf\u00f6rmlichen Klumpen zusammen, und ist reactions- und stromlos. In Dampf von 50\u00b0 tritt die Wirkung nicht ganz so schnell ein. Noch langsamer geschieht dies in trockener Luft von der gleichen Temperatur, ohne Zweifel, weil der Muskel durch das Verdampfen des Wassers an seiner Oberfl\u00e4che und die schlechte W\u00e4rmeleitungsf\u00e4higkeit der sich auf derselben bildenden trockenen Schale eine Zeit lang gesch\u00fctzt wird. Wirklich ist innerhalb dieser Schale die Muskelsubstanz fast unversehrt, allein die Steifigkeit der ersteren ist so grofs, dafs keine Zusam-raenziehung sichtbar werden kann.\nDie constanten Temperaturen wurden erreicht, indem ich hinl\u00e4nglich grofse Wassermassen in einiger Entfernung von der verkleinerten und sorgf\u00e4ltig \u00fcberwachten Flamme der BERZELius\u2019schen Lampe so aufstellte, dafs die hinzutretende W\u00e4rme den Verlust durch Verdampfung, Leitung und Strahlung m\u00f6glichst genau compensirte. Dem Dampfbade wurde der Muskel ausgesetzt, indem ich ihn auf ein Netz von Platindraht rings um die Kugel eines \u00fcber der Oberfl\u00e4che des Wassers schwebenden Thermometers legte. Ebenso ward beim heifsen Luftbade verfahren.\nMatte\u00fccci hat bereits in seinem vor dem Erscheinen des \u00bbvor-\u00bbl\u00e4ufigen Abrisses\u00ab ver\u00f6ffentlichten \u00bbDeuxi\u00e8me M\u00e9moire sur le cou-","page":178},{"file":"p0179.txt","language":"de","ocr_de":"erh\u00f6hter Temperatur auf den Muslcelstrom.\t179\n\u00bb rant de la grenouille etc. \u00ab angek\u00fcndigt, dafs es ihm gelungen sei, diesen Strom durch mehrere Minuten lang dauerndes Eintauchen in fast siedendes Wasser zu vermindern und sogar v\u00f6llig verschwinden zu machen. 1 Seitdem hat er dieselbe Angabe einer grofsen Schw\u00e4chung, durch ein nur wenige Secunden (?) dauerndes Bad von 50\u00b0, in Bezug auf den \u00bbcourant musculaire\u00ab wiederholt. 2 Sechszehn halbe Froschoberschenkel, auf diese Weise behandelt, dann in kaltem Wasser gewaschen, gaben, statt 90\u00b0 Ausschlag und etwa 20\u00b0 best\u00e4ndiger Ablenkung, wie sie h\u00e4tten sollen, nur 12\u00b0 Ausschlag und 0\u00b0 best\u00e4ndiger Ablenkung. Anfrischen des Querschnittes half dem Strom nicht wieder auf. Matteucci \u00fcberzeugte sich, dafs die Wirkung weder von der verminderten Leitungsf\u00e4higkeit der thierischen Glieder, noch von den Waschungen mit kaltem Wasser herr\u00fchrte.\nDafs die Temperaturerh\u00f6hung den verderblichsten Einflufs auf den Strom aus\u00fchen w\u00fcrde, war nicht schwer im Voraus zu errathen. Es ist (S. oben S. 158. Anm.) eine alte und vielfach best\u00e4tigte Erfahrung, dafs die Gerinnung des Blutfaserstoffes durch Temperaturerh\u00f6hung, statt verz\u00f6gert zu werden, vielmehr beschleunigt erscheint, und so weifs man auch schon seit geraumer Zeit von mehreren Seiten her, dafs bei h\u00f6heren W\u00e4rmegraden die Muskeln schnell ihre Erregbarkeit eiub\u00fcfsen und gerinnen.3 Aber es kommt eine andere, mehr besondere Wirkung hier zu Stande, die zu einer sehr lehrreichen Wahrnehmung Aulafs giebt. Sie ist Matteucci entgangen, und war es auch mir hei meinen ersten im \u00bbvorl\u00e4ufigen Abrisse\u00ab niedergelegten Arbeiten, da sie allerdings eine betr\u00e4chtliche Empfindlichkeit der strompr\u00fcfenden Vorrichtung erforderlich macht. Sie besteht darin, dafs durch Eintauchen in siedendes Wasser, wo dann die Muskeln, durch die Gerinnung des Eiweifses\n1 Archives etc. t. II. p. 438.* \u2014 Annales etc. t. VI. p. 321.* \u2014 Trait\u00e9 etc.\np. 103.*\n3 Philosophical Transactions etc. p. 306.*\n3 Fontana, Ricerche filosofiche sopra la Fisica animale. In Firenze 1775. 4\u00b0. p. 70. * \u2014 John IIonter\u2019s Versuche liber das Blut, die Entz\u00fcndung und die Schufs-wunden u. s. w. Uebersctzt von IIebenstreit. Leipzig 1797. Bd. I. S. 181 ff.* \u2014 Caldani, Osservazioni sulla Membrana del Timpano e nuove Ricerche sulla Elel-tricita animale ec. In Padova 1794. p. 128. 173.* \u2014 Pfaff, Ue.ber thierische Elektricit\u00e4t und Reizbarkeit u. s. \\v. S. 175.* \u2014 Cr\u00e8ve, Vom Metallreize, einem neuentdeckten untr\u00fcglichen Pr\u00fcfungsmittel des wahren Todes. Leipzig und Gera 1796. S. 97. 98. * \u2014 v. Humboldt, Versuche \u00fcber die gereizte Muskel- und Nervenfaser u. s. vv. Bd. IL S. 222.* \u2014\u2022 Carlisle, Philosophical Transactions etc. For the Year 1805. P. I. p. 25.* \u2014 F. E. Delaroche, Experiences sur les~effets qu\u2019une forte chaleur produit dans l\u2019\u00e9conomie animale. Paris, 13 Janvier 1806 (Th\u00e8se). 4\u00b0. p. 80 et suiv. *\n12","page":179},{"file":"p0180.txt","language":"de","ocr_de":"ISO\n3. Abschn. Kap. V. \u00a7. III. I (n). Von dem Einfl\u00fcsse\nzugleich mit dem Faserstoff, gleichsam in doppelte Todtenstarre verfallen, der Strom nicht nur aufs \u00e4ufserste geschw\u00e4cht, sondern auch in seiner Richtung umgekehrt wird.\nBeim Gastroknemius, wo ich dies zuerst beobachtete, konnte ein Zweifel an der Richtigkeit der Thatsache daraus entnommen werden, dafs der Muskel beim Kochen seine Gestalt aufserordentlich ver\u00e4ndert, sich zu einem unf\u00f6rmlichen Klumpen unkenntlich zusammenballt, dafs er also, verm\u00f6ge dieser neuen Anordnung seiner Theile, gleich mehreren anderen Muskeln (S. oben Bd. I. S. 497), k\u00f6nnte absteigend wirksam geworden sein. Allein derselbe Versuch gelingt mit einem ganzen GALVANi\u2019schen Pr\u00e4parate, wo die Gestaltver\u00e4nderung so hoch nicht mehr in Anschlag zu bringen ist; er gelingt ferner mit k\u00fcnstlichem Querschnitte und nat\u00fcrlichem L\u00e4ngsschnitte, sowohl an einzelnen Muskeln als an einem ganzen Oberschenkel. In diesem Falle hat also das Gal-VANi\u2019sche Pr\u00e4parat absteigenden Strom, und zugleich findet man die Str\u00f6mungsrichtung zwischen den ungleichartigen Fl\u00e4chenbegrenzungen der dasselbe zusammensetzenden Muskeln umgekehrt: augenscheinlich der b\u00fcndigste Beweis, dafs der f\u00fcr gew\u00f6hnlich aufsteigende Strom jenes Pr\u00e4parates, obschon dies nicht mit mathematischer Strenge hergeleitet werden kann, wirklich nichts weiter ist, als die Resultante aller jener vom nat\u00fcrlichen L\u00e4ngsschnitte zum nat\u00fcrlichen Querschnitte kreisenden Muskelstr\u00f6me ; mit der Umkehr des Zeichens s\u00e4mmtlicher Componenten kehrt sich auch das Zeichen der Resultante um (Vergl. oben Bd. I. S. 688).\nAufserdem erkennen wir in dieser schnellen, auf allen Punkten des Muskels in gleicher Weise vor sich gehenden Umkehr des Stromes zum vierten Male eine jener verk\u00fcndigten Bewegungserscheinungen desselben (S. oben S. 127. 142. 155), welche sich, nach fr\u00fcheren Er\u00f6rterungen, vern\u00fcnftigerweise mit keiner anderen, als der auseinandergesetzten Mo-leculartheorie des Stromes in Einklang bringen lassen. Was bei den zarteren Muskeln in den letzten Stadien der schwindenden Erregbarkeit sich h\u00e4ufig von selber einzustellen pflegt (S. oben S. 155), tritt hier unter der Gewalt einer der kr\u00e4ftigsten Einwirkungen nach Belieben an den r\u00fcstigsten der thierischen Erreger hervor, welche uns bekannt geworden sind: die Verwandlung der positiv peripolaren Anordnung der elektromotorischen Muskelmolekeln in die negativ peripolare.\n(n) Temperaturerniedrigung.\nEinen eben so verderblichen Einflufs auf den Muskelstrom als die Siedhitze \u00fcbt ein solcher K\u00e4ltegrad aus, dafs die Muskeln todtenstarr","page":180},{"file":"p0181.txt","language":"de","ocr_de":"des Erfrierens und (2) elektrischer Schl\u00e4ge auf den Muslcelstrom. lg X\ndaraus hervorgehen. ' L\u00e4fst man einen Gastroknemius vom Frosche auf den Grund eines kleinen Reagenzglases gleiten, in dem sich etwas Blutwasser oder H\u00fchnereiweifs befindet, und stellt dieses mehrere Minuten lang in eine gute Frostmischung, so wird man, gleichviel ob man den Muskel schnell oder langsam aufthauen lasse, nur noch eine geringe Spur von Strom und gar keine von mechanischer Leistungsf\u00e4higkeit mehr an ihm entdecken. Nicht immer erscheint dabei die Richtung des Stromes umgekehrt; es kommen aber auch F\u00e4lle vor, wo dies der Fall ist. Die Grenztemperatur, bis zu welcher ein einzelner Froschmuskel abgek\u00fchlt werden kann, ohne seine Lebenseigenschaften einzub\u00fcfsen, weifs ich nicht mit Bestimmtheit anzugeben; ich glaube jedoch der Wahrheit ziemlich nahe zu kommen, wenn ich sie auf \u2014 5\u00b0 bis \u2014 6\u00b0 sch\u00e4tze. Die zerst\u00f6rende Wirkung heftiger K\u00e4ltegrade auf den Strom, von der hier die Rede ist, darf nicht verwechselt werden mit der oben S. 171 bereits verk\u00fcndigten, welche vielmehr durch die lange Zeit hindurch fortgesetzte Anwendung solcher ra\u00e4fsig erniedrigten Temperaturen auf den Gesammtorganismus des kaltbl\u00fctigen Thiere ausge\u00fcbt wird, bei denen die Lehenseigenschaften der Gewebe im Uebrigen noch gar nicht gef\u00e4hrdet sind. 1 2\n2.^ Einflufs elektrischer Schl\u00e4ge.\nDer verderbliche Einflufs heftiger elektrischer Entladungen auf die Reizbarkeit, das schnelle Faulen von Thieren, die durch den Blitz oder die KLEisT\u2019sche Batterie get\u00f6dtet, oder vielfach zu galvanischen Versuchen benutzt worden sind:3 alles dies sind \u00e4ufserst bekannte That-\n1 S. Hunter a. a. O. S. 179;* \u2014 Br\u00fccke in M\u00fcller\u2019s Archiv u. s. w. 1842. S. 186.*\n* Vergl. unten, Kap. \\HII. \u00a7. ii.\n3 S. unter andern Benjamin Franklin, Experiments and Observations on Electricity, made at Philadelphia etc. 4. Edition. London 1769. 4\u00b0. p. 153. 415. 416.* \u2014 Derselbe, in seinen s'ammtlichen Werken u. s. w. Uebersetzt von Wenzel. Dresden 1780. Bd. I. S. 488.* \u2014 Fontana, Ricerche filosofiche sopra la Fisica animale ec. p. 42. 181 e seg.* \u2014 Achard, in Nouveaux M\u00e9moires de l\u2019Acad\u00e9mie Royale des Sciences et Belles-Lettres (de Berlin). Ann\u00e9e 1781 (1783). p. 16.* \u2014 Galvani in seinem Com-mentar, Op\u00e9r\u00e9 \u00e9dit\u00e9 ed in\u00e9dite ec. p. 75.* \u2014 Valu in Reinhold\u2019s Geschichte des Galvanismus u. s. w. S. 31.* \u2014 van Marum in Gren\u2019s Journal der Physik. 1792. Bd. VI. S. 37.* \u2014 Klein in Gren\u2019s Neuem Journal der Physik. 1795. Bd. I. S. 49.* \u2014 Pfarf, Ueber thierische Elektricit\u00e4t und Reizbarkeit u. s. w. S. 87.* \u2014 Cr\u00e8ve, in Gren\u2019s Journal der Physik. 1793. Bd. VII. S. 331;* \u2014 und in seiner Schrift vom Metallreize u. s. w. S, 84. * \u2014 Carlisle, Philosophical Transactions etc. For the","page":181},{"file":"p0182.txt","language":"de","ocr_de":"182\n3. Abschi. Kap, V. \u00a7. III. 3. Von dem Einfl\u00fcsse\nSachen. Es war von Interesse, auf diese Weise ersch\u00f6pfte Muskeln auf ihre eigene elektromotorische Wirkung zu untersuchen, und wirklich zeigte sichs, dafs in den meisten F\u00e4llen, mit der Reaction, auch zugleich der Strom fast ganz zu Grunde gegangen war. So gaben drei Gastroknemien beziehlich 33\u00b0; 33\u00b0; 54\u00b0 Ausschlag; nachdem sie durch die Schl\u00e4ge der ganz mit Dr\u00e4hten angef\u00fcllten Rolle bis zum Ausbleiben jeder Spur von Zuckung tetanisirt worden waren, zeigten sie nur noch 0\"; 7\u00b0; 0\u00b0 Ausschlag. 1 Von dem mikroskopischen Befunde dergestalt mifshandelter Muskeln ist bereits oben S. 72 die Rede gewesen. Aehn-liche Erfolge nahm ich an Fr\u00f6schen wahr, durch die ich starke Batterieschl\u00e4ge hatte gehen lassen.\n3. Einflufs narkotischer Gifte. a\nDafs die narkotischen Gifte, unmittelbar auf Nerven und Muskeln angewendet, nicht mit der Heftigkeit auf die Zerst\u00f6rung der Erregbarkeit hinwirken, mit der sie die Functionen der Centralorgane des Nervensystemen auf dem Wege des Blutumlaufes zerr\u00fctten, so dafs ein guter Theil ihres verderblichen Einflusses wahrscheinlich einfach dem Wasser oder gar dem Weingeiste zukommt, in dem sie sich gel\u00f6st finden, ist eine alte und oftbest\u00e4tigte Erfahrung.\nIch habe dieselbe ei\u2019neuert und sie zugleich auf die elektromotorische Wirksamkeit ausgedehnt bei folgenden Stoffen: Ziemlich concen-trirte w\u00e4sserige Blaus\u00e4ure. Essigsaures Morphium, zu Va0 dem Gewichte nach in destillirtem Wasser. Extraction Opii aquosum Pharm. Bor. zu gleichen Theilen mit Wasser anger\u00fchrt. Essigsaures Strychnin zu '/60 in destillirtem Wasser. Extractum Nucis Vomicae Pharm. Bor. zu '4 mit destillirtem Wasser anger\u00fchrt. Dem Sartorius vom Frosche wurde seiner D\u00fcnne wegen bei diesen Versuchen, wie auch bei allen der folgenden Nummer, der Vorzug geschenkt. Die Extrade\nYear 1805. P. I. p. 25.* \u2014 Nur die unmittelbar betroffenen Muskeln biifsen, nach van Marum und Cr\u00e8ve, ihre Zuckungsf\u00e4higkeit ein. Dies erkl\u00e4rt wohl manches abweichende Ergebnifs, z. B. Valli\u2019s in Galvani\u2019s Commentai' u. s. w., \u00fcbersetzt von Mayer. Vorrede S. vi ; * \u2014 Sommer\u2019s in der Dissertatio de Signis etc. p. 215* u. s. w. \u2014 Eine Sammlung anderweiter hierauf bez\u00fcglicher Stellen s. noch in Saxtorph\u2019s Darstellung der gesammten, auf Erfahrung und Versuche gegr\u00fcndeten Elektricit\u00e4tslehre, u. s. w. Aus dem D\u00e4nischen \u00fcbersetzt von Bo\u00ebtics Fangel. Kopenhagen 1804. Bd. II. S. 140.*\n1 S. meinen \u00bbvorl\u00e4ufigen Abrifs u. s. w.\u00bb A. a. O. S. 13. \u00a7. 35. 4. a. s Vorl\u00e4ufiger Abrifs u. s. w. A. a. 0. S. 14. \u00a7. 35. 4. e.","page":182},{"file":"p0183.txt","language":"de","ocr_de":"narkotischer Gifte und (4) der Aetzmittel auf den Muskelstrom. ]83\nschienen mir beil\u00e4ufig kr\u00e4ftiger als die L\u00f6sungen der essigsauren Alkaloide zu wirken.\n4. Einfluls der Aetzmittel. 1\nViel kr\u00e4ftiger werden bekanntlich die Lebenseigenschaften des Muskelgewebes, unter ihnen nun auch der Strom, durch die Ber\u00fchrung solcher Stoffe betroffen und vernichtet, welche in die Augen fallende chemische Wirkungen auf die Muskelsubstanz aus\u00fcben, und deshalb als Aetzmittel bezeichnet zu werden pflegen. Ich habe in dieser Hinsicht versucht:\nA.\tWasser. 2 Chlorwasser Pharm Bor. Alkohol. Aether.\nB.\tS\u00e4uren: Arsenige S\u00e4ure in ges\u00e4ttigter w\u00e4sseriger L\u00f6sung. Concentrirte Essigs\u00e4ure. Salpeters\u00e4ure.\nC.\tAlkalien: Ges\u00e4ttigte Kalihydratl\u00f6sung.\nD.\tSalze: Kohlensaures Kali. Salpetersaures Silberoxyd, schwefelsaures Kupferoxyd, die ges\u00e4ttigten L\u00f6sungen. Schwefelwasserstoffammoniak. Bleiessig und Liquor Chloreti Stibii Pharm. Bor. Ges\u00e4ttigte Kochsalzl\u00f6sung.\nDie \u00e4tzende Wirkung der letzteren ist Ursache, dafs wir uns von Anfang dieser Untersuchung an, bei allen feineren Ermittelungen, der Eiweifsh\u00e4utchen zum Schutze der thierischen Theile bedient haben (S. oben Bd. I. S. 223).\nAufser der verst\u00e4rkenden Wirkung, welche die verd\u00fcnnte Kochsalzl\u00f6sung auf den Strom solcher Gliedmafsen aus\u00fchen soll, die bereits dem Ahsterben nahe sind, wovon oben S. 144. 147. 150 die Rede gewesen ist, schreibt Matteucci derselben noch die Kraft zu, \u00fcberhaupt den Strom eines GALVANi\u2019schen Pr\u00e4parates am Multiplicator st\u00e4rker erscheinen zu lassen. Er erinnert zugleich daran, dafs schon Gal-vani die bef\u00f6rdernde Wirkung eines Bades in Kochsalzl\u00f6sung auf das Erscheinen und auf die St\u00e4rke der Zuckung ohne Metalle erkannt habe3 4\n1 Ebendaselbst.\n* Uebcr die verderbliche Wirkung des AVassers auf die Reizbarkeit s. unter\nandern Fontana, in seiner Abhandlung \u00fcber das Viperngift u. s. w. Berlin 1787.\n4s. S. 438. ff.* \u2014 Fowler in Alex. Monro\u2019s und Rich. Fowler\u2019s Abhandlung \u00fcber die thierische Eleklricitat u. s. w. S. 168.* \u2014 v. Humboldt, Versuche \u00fcber die gereizte Muskel- und Nervenfaser u. s. w. Bd. II. S. 222.* \u2014 Carlisle, Philosophical Transactions etc. For the Year 1805. P. I. p. 23* (Crimping fish). \u2014 Nasse in Meckel\u2019s Deutschem Archiv f\u00fcr Physiologie. 1816. Bd. II. S. 78. * \u2014 Stannius in Decker\u2019s Litterarischen Annalen der gesammten Heilkunde. 1832. Bd. XXIV. S. 408. *\n1 Archives etc. t. II. p. 442.* \u2014 Annales etc. t. VI. p. 325,* \u2014 Trait\u00e9 etc. p. 109.*","page":183},{"file":"p0184.txt","language":"de","ocr_de":"184\n3. Abschn. Kap. V. \u00a7. III. 5. Von dem Einfl\u00fcsse\n(S. oben Bd. I. S. 62. 97). Dies ist einer von den Versuchen, auf welche hin sich Matteucci endlich entschlossen hat, die Zweifel fallen zu lassen, die er, in Ermangelung besserer Einf\u00e4lle, gegen die Einer-leiheit der Ursachen erheben zu m\u00fcssen glaubte, welche die Nadelablenkung im NoBiLi\u2019schen Grundversuche und die Zuckung ohne Metalle hervorbringen.\nDrei Jahre nach mir hat Matteucci, ohne meiner Erw\u00e4hnung zu thun, die zerst\u00f6rende Wirkung der Aetzmittel (verd\u00fcnnte Schwefels\u00e4ure, Kalihydratl\u00f6sung und ges\u00e4ttigte Kochsalzl\u00f6sung) auf den Muskelstrom als etwas Neues bekannt gemacht,1 * und zwar hat er die Anzeige dieser Entdeckung sogar in demselben Briefe an Dumas wiederholt, welcher vorzugsweise einer Beurtheilung meines \u00bb vorl\u00e4ufigen Abrisses \u00ab gewidmet ist. 3 Vielleicht ist es ein Vorzug von Matteucci\u2019s Erfahrungen, dafs er sie, statt, wie ich, an einem einzigen Muskel vom Frosche, an S\u00e4ulen aus sechszehn querdurchschnittenen Oberschenkeln gemacht hat, oder vielleicht glaubt er dadurch ein Anrecht auf sie erworben zn haben, dafs er sich die M\u00fche genommen, durch eine besondere Versuchsreihe nachzuweisen, dafs durch den Aufenthalt in der sauren oder alkalischen Fl\u00fcssigkeit die Muskeln nicht an Leitungsg\u00fcte verloren haben !\n5. Einflufs des Aufenthaltes in verschiedenen Gasarten und dem luftverd\u00fcnnten Raume.\nZu den sauren Aetzmitteln ist hier zun\u00e4chst noch die salpetrige S\u00e4ure zu rechnen, welche den Muskel sehr bald in einen gelblichen Brei verwandelt.\nWas die indifferenteren Gase betrifft, so ist der erste Versuch, die Wirkung des Aufenthalts in denselben auf den Muskelstrom zu erkunden, von Matteucci. Von zw\u00f6lf GALVANi\u2019schen Pr\u00e4paraten wurden sechs unter eine Glocke mit Kohlens\u00e4ure gebracht, und nach einer Viertelstunde gegen die anderen sechs am Multiplicator gepr\u00fcft; es zeigte sich kein Differentialstrom, allein die Zuckung ohne Metalle fand sich durch die Kohlens\u00e4ure sehr geschw\u00e4cht; manchmal fehlte sie ganz, kehrte aber nach einigen Secunden (?) Aufenthalt an der atmosph\u00e4rischen Luft, oder nachdem die thierischen Glieder mit Wasser abge-\n1 Philosophical Transactions etc. p. 305. 306.\"\n1 Annales etc. Septembre 1845. 3. S\u00e9rie, t. XV. p. 65.* \u2014 Archives etc. t. V.\np. 383.*","page":184},{"file":"p0185.txt","language":"de","ocr_de":"des Aufenthaltes in verschiedenen Gasen auf den Musleelstrom. 185\nwaschen worden waren, zur\u00fcck. Matteucci schreibt dies der Wirkung des Gases auf die Nerven zu. Sauerstoff verhielt sich, bei einem \u00e4hnlichen Versuche, in jeder Hinsicht wie gemeine Luft. '\nUm dieselbe Zeit hatte ich seihst einen, zwar im Principe zweck-m\u00e4fsigeren, jedoch in der Anwendung damals gef\u00e4hrlichen Weg eingeschlagen, um die n\u00e4mliche Frage zu beantworten.\nIn ein rundes Tischchen von 170\"\u201c\" Durchmesser, welches auf drei 100\"\"\" hohen F\u00fcfsen steht, ist eine kreisf\u00f6rmige Rinne von 120'nm Durchmesser und hinl\u00e4nglicher Tiefe und Breite geschnitten, um den Rand einer tubulirten, nur etwa 100mm hohen Glocke aufzunehmen. Unter dieselbe kamen zwei Gl\u00e4ser von 45mm H\u00f6he und ebensoviel Durchmesser zu stehen. Sie waren mit ges\u00e4ttigter Kochsalzl\u00f6sung gef\u00fcllt, gleich den gew\u00f6hnlichen Zuleitungsgef\u00e4fsen innerhalb in passender H\u00f6he mit gefirnifsten Holzvorspr\u00fcngen versehen (S. oben Bd. I. S. 221. Fig. 11. 12. 13. Taf. I. ebendas.), auf denen B\u00e4usche ruhten, und jedes derselben nahm zwei mit Fliefspapier bekleidete Platinplatten von 16\"\"\" Breite und 20mm benetzter L\u00e4nge auf. Der Tisch selbst war an zwei Stellen durchbohrt. Durch die eine Durchbohrung waren luftdicht die beiden Dr\u00e4hte der beiden Plattenpaare gef\u00fchrt; durch die andere trat ein Rohr vom Gasbeh\u00e4lter her unter die Glocke. Aus der Tubulatur derselben begab sich ein anderes Rohr in ein mit Wasser gef\u00fclltes Cy-linderglas, um durch den darin statt\u00fcndenden Blasengang eine Vorstellung von der Geschwindigkeit des Gaszuflusses zu gewinnen, und die hier \u00fcber dem Sperrwasser aufgefangene Gasart mittelst eines glimmenden Spanes auf ihre wesentlichen Eigenschaften pr\u00fcfen zu k\u00f6nnen.\nWar nun Alles in dieser Weise vorgerichtet, der Rand der Glocke mit Oel, Salzl\u00f6sung oder Quecksilber luftdicht abgesperrt, die Vorrichtung unter derselben hinl\u00e4nglich gleichartig, so schien nichts einfacher, als den fraglichen Versuch anzustellen und beliebig mit den durchzutreibenden Gasen abzuwechseln. In der That, es brauchte nur auf die mit Eiweifsh\u00e4utchen \u00fcberzogenen B\u00e4usche des Gl\u00e4serpaares unter der Glocke ein Gastroknemius aufgelegt zu werden: die Nadel flog an die Hemmung, stellte sich auf 10 \u2014 15\u00b0 ein; wurde nun der Hahn des Gasbeh\u00e4lters ge\u00f6ffnet und die Luft ausgetrieben, was, bei der Kleinheit der Glocke, sehr schnell vor sich gehen konnte, so befand sich der Muskel in der verlangten Atmosph\u00e4re, und die Multiplicatornadel mufste durch ihr Stillestehen, oder durch das Zeichen ihrer Bewegung bekun-\n1 Archives etc. t. II. p. 437. 438.* \u2014 Annales etc. t. VI. p. 320. 321.* \u2014 Trait\u00e9 etc. p. 102. 103.\u2019 \u2014 Fiir Matteucci\u2019s vermeintlichen Muskelstrom (den Strom zwischen nat\u00fcrlichem L\u00e4ngs- und k\u00fcnstlichem Querschnitte), s. in Philosophical Transactions etc. p. 289. 290.*","page":185},{"file":"p0186.txt","language":"de","ocr_de":"186\n3. Abschn, Kap. V. \u00a7. 111. 5. Von dem Einfl\u00fcsse\nden, ob und in welcher Art dieser Umstand auf die St\u00e4rke des Stromes einfliefsen mochte. Pl\u00f6tzliches Wegheben der Glocke, wodurch die atmosph\u00e4rische Luft m\u00f6glichst schnell wieder freien Zutritt erhielt, schien eine gute Gew\u00e4hrleistung f\u00fcr die Richtigkeit etwa gelungener Beobachtungen abgeben zu k\u00f6nnen, weil jetzt die Nadel mit mehr Geschwindigkeit ihren fr\u00fcheren Stand wieder aufsuchen mufste.\nAber leider war mir damals die allerwichtigste der liier zu nehmenden R\u00fccksichten noch unbekannt, n\u00e4mlich die auf etwaige durch die Gase selbst bewirkte elektromotorische Wirkungen, und ich bin in dieser Hinsicht zu entschuldigen, da ich meine Untersuchungen im November 1842 vorl\u00e4ufig abschlofs, w\u00e4hrend Grove seine \u00bbgaseous vol-\u00bbtaic battery\u00ab erst im Decembcrheft 1842 des \u00bb Philosophical Mnga-\u00bbzine\u00ab 1 beschrieb, wodurch zuerst die Aufmerksamkeit allgemein auf diese Art von Wirkungen gerichtet wurde. So kam es, dafs ich mich in meinem \u00bbvorl\u00e4ufigen Abrifs\u00ab (A. a. 0. S. 24. \u00a7. 62) zu folgenden, jetzt zum Theil als voreilig erkannten Aeufserungen verleiten liefs: \u00bbIch habe eine Reihe von Versuchen \u00fcber das Verhalten des Muskel-\u00bb Stroms w\u00e4hrend des Aufenthalts der Muskeln in verschiedenen Gas-\u00bb arten angestellt. Es scheint n\u00e4mlich, als ob der Strom, wenn anders \u00bbseine Gr\u00f6fse eine Function der Intensit\u00e4t des Atlmmngsprocesses ist, \u00bbverschwinden m\u00fcsse, wenn der Muskel in einer Stickgas-, Wasserstoff-\u00bboder Kohlens\u00e4ure-Atmosph\u00e4re allen freien Sauerstoff von sich gegeben \u00bbhat; dafs er dagegen zunehmen m\u00fcsse, wenn der Athmungsprocefs \u00bbin einer Sauerstoff- oder Stickstoffoxydul-Atmosph\u00e4re das Maximum \u00bbseiner Lebendigkeit erreicht. In der That hatte ich bereits in allen \u00bbdiesen F\u00e4llen die erwarteten Wirkungen mit der t\u00e4uschendsten Ueber-\u00bbeinstimmung erfolgen sehen, als ich auf Umst\u00e4nde aufmerksam wurde, \u00bbwelche diese gleichwohl anscheinend mit allen Cautelen gemachten \u00bbBeobachtungen, wenigstens in Betreff des Stickgases und der Kohlen-\u00bb s\u00e4ure, in der Art verd\u00e4chtigten, dafs ich die Nothwendigkeit einsah, \u00bbeine andere Methode des Experimentirens in Anwendung zu bringen, \u00bbund bei der ungemeinen Vorsicht, welche die Untersuchungen in diesem \u00bbGebiet verlangen, mich nicht getraue, f\u00fcr die Exactitude jener schon \u00bbgewonnenen Ergebnisse einzustehen. Die Zunahme des Stroms im \u00bbSauerstoff und Lustgas ist dagegen unbezweifelt, und findet in sehr \u00bbbetr\u00e4chtlichem Maafse statt.\u00ab Das Vertrauen, welches die Versuche mit den letzteren Gasen mir einfl\u00f6fsten, r\u00fchrte daher, dafs ich, nach freiem Zutritt der atmosph\u00e4rischen Luft, die Nadel, welche, in der\n1 S. daselbst, 3. Series, vol. XXL p. 417.* \u2014 Poggendoref\u2019s Annalen u. s. w. Februar 1843. Bd. LVI1I. S. 202.'","page":186},{"file":"p0187.txt","language":"de","ocr_de":"des Aufenthaltes in verschiedenen Gasen auf den Muskelstrom, J\u00a77\nSauerstoffatmosph\u00e4re, auf 30\u00b0 best\u00e4ndiger Ablenkung im Sinne des Muskelstromes beharrte, in den negativen Quadranten durchschlagen und dort noch lange Zeit nachher \u00e4ufserst kr\u00e4ftige und hartn\u00e4ckige Ladungen anzeigen sah, die ich durchaus nichts anderem, als dem w\u00e4hrend des Aufenthaltes in den athembaren Gasen verst\u00e4rkten Muskelstrome zuzuschreiben wufste.\nIndefs auch dies beruhte auf einer T\u00e4uschung, wie ich sehr bald erkannte, als ich, im darauf folgenden Sommer, bei hinreichender Mufse und durch die GitovE\u2019sche Erfindung \u00fcber die m\u00f6glicherweise hier obwaltenden Fehlerquellen aufgekl\u00e4rt, meine Untersuchungen sogleich an diesem Punkte wieder aufnahm. Es zeigte sich merkw\u00fcrdiger Weise jetzt, dafs die Nadel in allen f\u00fcnf genannten Gasen stets v\u00f6llig in Ruhe blieb, gleichviel ob ein Muskel auflag oder ob der Kreis durch einen Schliefsungsbausch vervollst\u00e4ndigt war; oder wenn ja einige kleine Nadelbewegungen erfolgten, so waren sie doch nicht zu vergleichen jenen m\u00e4chtigen und entschiedenen Wirkungen, die sich mir im vorhergegangenen Herbste dargeboten hatten. Jenem bejahenden Erfolge anfangs vor dem verneinenden den Vorzug gebend, wiederholte ich die Versuche fast unz\u00e4hligemal mit aller erdenklichen Sorgfalt: allein um so klarer blieb nur das Urtheil gesprochen, dafs das augenblickliche Eintauchen in eine Atmosph\u00e4re eines der f\u00fcnf genannten Gase: Sauerstoff, Wasserstoff, Stickstoff, Kohlens\u00e4ure, Stickstoffoxydul, keinen merklichen Einllufs auf den Muskelstrom hat.\nDa dies Ergebnifs seitdem durch Matteucci best\u00e4tigt worden ist, dem der Erslbesitz desselben in Betreff von Sauerstoff' und Wasserstoff geb\u00fchrt, so kann kein Zweifel dar\u00fcber sein, und unbegreiflich bleiben mir nur die Umst\u00e4nde, durch die ich hei der ersten Versuchsreihe in die Irre gef\u00fchrt worden bin. Dafs das Priucip der Gnov\u00c9\u2019schen Gasbatterie dabei eine wesentliche Rolle gespielt habe, scheint unvermeidlich; wie dies aber, bei der vorliegenden Anordnung, der Fall sein konnte, dies zu ermitteln und jene Rolle ins Einzelne der Versuche zu verfolgen, bin ich so sehr unverm\u00f6gend gewesen, dafs es mir nicht einmal gelungen ist, die Bedingungen der Wirkung, sei's durch Zufall, sei\u2019s absichtlich, in vielen darauf gerichteten Versuchen wiederzufinden. Wir werden \u00fcbrigens sehen, dafs sie sich, wenn auch in etwas abge\u00e4nderter Weise, Matteucci gleichfalls bei seinen drei Jahre sp\u00e4ter erschienenen Untersuchungen dargehoten haben, der aber, durch die Bekanntschaft mit der GRovE\u2019schen Erfindung gewitzigt, allerdings besser als ich in den Stand gesetzt war, die Klippe zu vermeiden, die sich uns hier entgegengestellt hat.\nIch habe ferner seitdem gleichfalls den Einllufs des luftverd\u00fcnn-","page":187},{"file":"p0188.txt","language":"de","ocr_de":"188\t& Abschn. Kap. V. \u00a7. 111. 5. Von dem Einfl\u00fcsse\nten Raumes auf den Muskelstrom untersucht. Meine Versuche dar\u00fcber wurden ira Winter 1843 \u2014 1844 angestellt. Ich bediente mich der OERTLiNG\u2019schen Luftpumpe des K\u00f6niglichen Anatomischen Museums, welche damals mit Bequemlichkeit bis auf 5mra pumpte; ich verdankte die Erlaubnifs zu ihrer Benutzung der G\u00fcte des Herrn Geheimenraths Joh. M\u00fcller.\nAuf den Teller derselben wurde ein l\u00e4nglich achteckiges, ringsum mit einer Leiste versehenes, auf drei F\u00fcfsen ruhendes, wohl gefirnifstes Tischchen von 133'mn L\u00e4nge und 88mm Breite angekittet, auf dessen oberer Fl\u00e4che eine 120mm lange, 46mra breite, 6'\u201c\" tiefe Rinne ausgestochen war, in der die beiden Gl\u00e4ser der eben beschriebenen Gasvorrichtung sich mit Reibung verschieben liefsen. Die Platinplatten derselben durften hier jedoch nicht mit Fliefspapier bekleidet werden, der Blasen wegen, welche sich bei Aufhebung des Luftdruckes zwischen dem Platin und der Papierh\u00fclle entwickelt haben w\u00fcrden, ohne entweichen zu k\u00f6nnen: ich suchte die Vortheile, die das Bekleiden gew\u00e4hrt, dadurch zum Theil wieder einzuholen, dafs das Metall bis unter die Oberfl\u00e4che der Fl\u00fcssigkeit mit Kitt \u00fcberzogen wurde (S. oben Bd. I. S. 215). Die beiden Dr\u00e4hte der beiden Plattenpaare waren erst um Kn\u00f6pfe am Tischchen gewickelt, und dann luftdicht durch die Tubu-latur einer Glocke gef\u00fchrt, welche die Vorrichtung eben bedeckte; sie waren schraubenf\u00f6rmig federnd aufgerollt, so dafs sie, die Glocke mochte aufgesetzt, oder in einiger H\u00f6he \u00fcber dem Teller schwebend angebracht sein, um etwas unter derselben zu ordnen, stets zwischen den Kn\u00f6pfen und der Tubulatur in passender Spannung verharrten.\nEhe ich an die Versuche mit dem Muskel selbst gehen durfte, mufste ich mich noch \u00fcber folgenden Umstand unterrichten.\nDe la Rive hat in den Comptes rendus etc. 17 April 1843. t. XVI. p. 772 ' angezeigt, dafs w\u00e4hrend der Strom einer einfachen \u00dcANiELL\u2019schen Kette, Wasser mit 0.1 Schwefels\u00e4ure (dem Volume nach), Schwefels\u00e4ure zwischen Platinelektroden nicht zu zersetzen verm\u00f6ge, diese Zersetzung sogleich beginne und die Multiplicatorablenkung zunehme, wenn man das Voltameter in die Guericke\u2019scIic Leere bringe. Man sehe dabei sehr feine Glasblasen vom Platin aufsteisren. Die Wir-kung sei nur vor\u00fcbergehend, und erneutes Pumpen nothwendig, um abermals eine Hebung des Stromes zu bewerkstelligen.\nW\u00e4re diese Behauptung in der Allgemeinheit richtig gewesen, die man, nach de la Rive\u2019s Ausdruck, ihr zuzuschreiben geneigt ist, so h\u00e4tte ich, wie man leicht sieht, von meinen Bem\u00fchungen, das Verhalten des Muskclstromes im luftverd\u00fcnnten Raume zu ermitteln, nur sogleich abstehen k\u00f6nnen; denn die Stromvergr\u00f6fserung durch die Verminderung","page":188},{"file":"p0189.txt","language":"de","ocr_de":"des Aufenthaltes in der Guericke 'sehen Leere auf den \u00dflnshclstrom. ]S9\nder Ladungen bei aufgehobenem Luftdrucke w\u00fcrde jede andere Wirkung verdeckt oder mindestens ihre Beobachtung \u00e4ufserst unsicher gemacht haben. Ich fing also damit an, die de la RivE\u2019sche Erfahrung zu best\u00e4tigen, indem ich entweder beide Plattenpaare einfach in ein und dasselbe Gef\u00e4fs setzte, oder die B\u00e4usche beider Gef\u00e4fse wie gew\u00f6hnlich durch einen Schliefsungsbausch verband. Die Gef\u00e4fse und B\u00e4usche wurden, statt mit der sonst \u00fcblichen ges\u00e4ttigten Kochsalzl\u00f6sung, mit verd\u00fcnnter Schwefels\u00e4ure nach de la Rive\u2019s Vorschrift angef\u00fcllt.\nIch wandte zuerst eine sehr kleine Damell\u2019scIic Kette an, an welcher der amalgamate Zinkdraht in destillirtes Wasser tauchte, welches durch Blase von der ges\u00e4ttigten schwefelsauren Kupferoxydl\u00f6sung getrennt war. Der Strom derselben vermochte die Nadel meines Multi-plicators bei Einschaltung der voltameter\u00e4hnlichen Vorrichtung unter der Glocke nur auf etwa 40\u00b0 zu halten. Es zeigte sich nun in der Thal, dafs das Auspumpen der Luft in derselben eine Wirkung auf den Strom \u00e4ufserte, wie sie de la Rive beschrieben hat. Wurde gepumpt, so stieg pl\u00f6tzlich die Ablenkung, und sank, sobald nachgelassen wurde, auf den fr\u00fcheren Stand zur\u00fcck oder noch tiefer. Gleichzeitig entwik-keltcn sich aus der Fl\u00fcssigkeit, und vorzugsweise an den Platinplatten, gleichviel ob gerade gepumpt wurde oder nicht, eine Menge gr\u00f6fserer und kleinerer Blasen. Luftzulassen brachte keine Wirkung hervor. Wurde dieselbe Versuchsreihe, statt mit dem prim\u00e4ren Strome des Daniell\u2019s mit dem Strome der dadurch erregten Ladungen angestellt, so fand keine deutliche Wirkung statt.\nHier nun war ein Zusammentreffen von Erscheinungen, worin sich wenigstens alle von de la Rive beschriebenen Einzelheiten Punkt f\u00fcr Punkt wiedererkennen liefsen. Die Frage, ob dies eine nur rein \u00e4ufser-liche Aehnlichkeit, oder ob die Erscheinungen wirklich einerlei gewesen, mag unbeantwortet bleiben: nur soviel ist gewifs, dafs diese Wirkungen in meinem Falle nicht von der durch die Aufhebung des Luftdruckes bedingten Verminderung der Ladungen herr\u00fchrten. Folgendes ist der Fortgang meiner Erfahrungen.\nEs kam mir zun\u00e4chst \u00e4ufserst unwahrscheinlich vor, dafs die Aufhebung des Luftdruckes nur eben w\u00e4hrend des Pumpens ihre Wirkung sollte \u00e4ufsern k\u00f6nnen. So lange dies in der Beschreibung fremder, mit einer Luftpumpe von unbekannter Beschaffenheit angestellten Versuche geschrieben stand, liefs sich nichts dagegen einwenden, denn die Pumpe konnte ja so wenig dicht gehalten haben, dafs die Wirkung des Pumpens sich nur wenige Augenblicke \u00fcber die Dauer desselben hinaus erstreckte. Davon durfte, bei der G\u00fcte meiner Vorrichtungen, nicht die Rede sein, Ich fand auch sehr bald, dafs ich, um die Ab-","page":189},{"file":"p0190.txt","language":"de","ocr_de":"190\t3. Abschn. Kap. V. \u00a7. 111. 5. Von dem Einfl\u00fcsse\nlenkung auf einige Zeit zu verst\u00e4rken, nichts weiter n\u00f6thig hatte, als die Pumpe mit sammt dem Tische, auf dein sie stand, in fortdauernde Schwankung zu versetzen; ja, die Wirksamkeit dieser Ersch\u00fctterung \u00fcbertraf bei weitem die des Pumpens. Ilienach stand zu vermuthen, dafs es die mechanische Ersch\u00fctterung der voltameter\u00e4hnlichen Vorrichtung unter der Glocke war, von der die Vergr\u00f6fscrung der Ablenkung w\u00e4hrend des Pumpens herr\u00fchrte; eine Vermuthung, die ich alsbald durchaus zur Gewifsheit brachte, indem ich bei von den Stiefeln abgesperrter Glocke pumpend gerade dieselbe Wirkung erhielt. Das Ganze war also nichts weiter als eine etwas umst\u00e4ndliche Form des bekannten Sch\u00fcttelversuches an der negativen Elektrode, der von Fech-ner, Vorsselman de Heer und Faraday herr\u00fchrt, und dessen schon mehrmals im Laufe dieser Untersuchungen hat gedacht werden m\u00fcssen (S. oben Bd. I. S. 212. Anm. 1). Die blofse Ersch\u00fctterung vorzugsweise der negativen Elektrode einer voltameter\u00e4hnlichen Vorrichtung ist hinreichend, eine bedeutende Verst\u00e4rkung des durch die Ladungen geschw\u00e4chten Stromes zu bewirken. Dies beruht, nach Vorsselman de Heer, darauf, dafs gleichsam lose anhangende elektropositive Ionen, der Wasserstoff u. s. w., durch das Sch\u00fctteln fortgesp\u00fclt werden. Ist diese Erkl\u00e4rung richtig, so mufs durch Sch\u00fctteln der Wasserstoffelektrode der Strom der Ladungen, wie er nach Ausschlufs des prim\u00e4ren Stromes beobachtet wird, ab nehmen. Dies ist nun wirklich meistens der Fall, wie ich mich an Platinelektrodcn von 20ram Breite und 30mm L\u00e4nge benetzter Oberfl\u00e4che \u00fcberzeugt habe, die durch Kitt, welcher sich bis unter die Oberfl\u00e4che der Fl\u00fcssigkeit erstreckte, vor dem Anwogen gesch\u00fctzt waren, und in verd\u00fcnnter Schwefels\u00e4ure durch eine Grove'scIic Kette geladen wurden. Was aber nicht so leicht zu gew\u00e4rtigen war, ist, dafs unter diesen Umst\u00e4nden Sch\u00fctteln der Sauerstoffelektrode Zunahme des Stromes der Ladungen hervorbringt. Dies r\u00fchrt vermuthlieh daher, dafs der secund\u00e4re Strom abermals Wasserstoff an der in Bezug auf ihn negativen, urspr\u00fcnglich positiven Platte zu entbinden sucht. Hierauf hat \u00fcbrigens bereits Poggendorff die besondere Tauglichkeit des platinirten Platins zu secund\u00e4ren Batterieen von grofser Wirksamkeit zur\u00fcckgef\u00fchrt. 1 W\u00e4re die Zunahme des prim\u00e4ren Stromes in dem obigen Luftpumpenversuche nicht von der Ersch\u00fctterung, sondern von der Verd\u00fcnnung abh\u00e4ngig, so ist es klar, m\u00fcl'ste der secund\u00e4re Strom unter denselben Umst\u00e4nden eine Verminderung erleiden, da auf dieser Verminderung, bei Gegenwart des urspr\u00fcnglichen Stromes, ja die Verst\u00e4rkung dieses letzteren beruhen w\u00fcrde;\nPoctiENDOKFF s Annalen u. s. w. 1844. Bd. LXI. S. 594. 595.","page":190},{"file":"p0191.txt","language":"de","ocr_de":"des Aufenthaltes in der Guericke\u2019sehen Leere auf den Muslcelstrom. 191\nder Erfolg lehrt indefs, dafs der Einflufs des Pumpens auf den Strom der Ladungen nicht ausgesprochen, bald unmerklich, bald in dieser, bald in jener Richtung stattfand. Dies erkl\u00e4rt sich auf zweierlei Weise. Einmal gl\u00fcckt der Sch\u00fcttelversuch mit geladenen Elektroden nur in den ersten Augenblicken nach Ausschluss der prim\u00e4ren Kette; wahrscheinlich, weil die Reste der Ladungen zu fest an dein Platin anhaften. Sodann ist, wie so eben gesagt wurde, die Wirkung des Sch\u00fctteins auf beide geladene Elektroden die entgegengesetzte; sie rnufste sich folglich in dem vorliegenden Falle mehr oder weniger vollst\u00e4ndig auf-heben, und die Nadel somit ann\u00e4herungsweise in Ruhe bleiben.\nNachdem nunmehr der Pumpe ein fester Stand angewiesen, und dabei der Strom der kleinen DAMELLSchen Kette w\u00e4hrend des Aus-pumpens ziemlich best\u00e4ndig erfunden war, schritt ich zur Pr\u00fcfung von OE la Rive\u2019s Behauptung auch noch mit gr\u00f6fseren Stromst\u00e4rken, obschon dies aufserhalb des n\u00e4chsten Zweckes meiner Untersuchung lag. Ich bediente mich einer bis zweier s\u00e4ulenartig angeordneten GnoVE\u2019schen Ketten und des schon bekannten Multiplicators mit kurzem Drahte (S. oben Bd. 1. S. 202).\nHier glaube ich nun gefunden zu haben, dafs es eine gewisse Grenze der Polarisation giebt, unterhalb welcher die Aufhebung des Luftdruckes keinen merklichen Einflufs \u00e4ufsert. Ueher diese Grenze hinaus, die ich an den Punkt setzen m\u00f6chte, wo die Elektroden anfangen, sich mit feinen Bl\u00e4schen zu bedecken, welche aber nicht, oder nur sehr selten, aufsteigen, findet allerdings eine vermindernde Wirkung auf die Ladungen statt. Nat\u00fcrlich aber dauert dieser Einllufs so lange fort, als die Luftverd\u00fcnnung seihst; er giebt sich durch vermehrte Gasentwickelung und vergr\u00f6fserte Nadelablenkung kund. Die Nadel sinkt sogleich, wenn die Luft zugelassen wird, und die Gasentbindung wird tr\u00e4ger. Bei offener Kette h\u00f6rt die Gasentwickelung auf, und ist also unabh\u00e4ngig von etwa noch in der Fl\u00fcssigkeit aufgel\u00f6sten, sich nach Entfernung des Luftdruckes entbindenden atmosph\u00e4rischen Gasarten.\nPoggendorff hat inzwischen den n\u00e4mlichen Umstand beobachtet und bekannt gemacht. Er sagt, in seinen Anna hm u. s. re.. Bd. LXI. S. 620\u00b0: \u00bbBarometrischer Druck. Auch der Einflufs dieses Ele-\u00bb mentes l\u00e4fst sich auf analoge Weise \u00bb\u2014 mit H\u00fclfe der Wippe \u2014 \u00ab \u00bbermitteln, wenn man die eine Zelle unter die Glocke einer Luftpumpe \u00bbversetzt. Einige vorl\u00e4ufige Versuche lassen mich schliefsen, dafs die \u00bbPolarisation mit ver\u00e4ndertem Drucke abnimmt.\u00ab\nEs erscheint auch dies Ergebnifs v\u00f6llig in der Ordnung und zwar gerade im Vereine mit der von mir bemerkten Einschr\u00e4nkung auf eine gewisse Grolls der Polarisation, wenn man sich erinnert, dafs zu An-","page":191},{"file":"p0192.txt","language":"de","ocr_de":"192\t3. Abschn. Kap. V. \u00a7. 111. 5. Matteucci \u00fcber den Einflufs\nfang, oder noch bei Gegenwart des urspr\u00fcnglichen Stromes, eine blofse Ersch\u00fctterung ausreicht, um den Strom der Ladungen merklich zu verringern, w\u00e4hrend dies sp\u00e4ter nicht mehr von statten geht. Dunkel bleibt nur in beiden F\u00e4llen in gleichem Mafse, wie auch solche Theile der entwickelten Gase zur elektromotorischen Gegenkraft beitragen k\u00f6nnen, welche so locker gebunden sind, dafs es einer blofsen Ersch\u00fctterung oder der Aufhebung des Luftdruckes bedarf, um sie aufser Spiel zu versetzen.\nWir kehren zu dem Ausgangspunkte dieser nothwendigen Abschweifung zur\u00fcck. Sie hat uns gezeigt, dafs die Untersuchung \u00fcber das Verhalten des Muskelstromes in der GuERiCKE\u2019schen Leere wirklich in der Weise unternommen werden k\u00f6nne, wie wir dieselbe begonnen haben.\nIch stellte mehrere Versuchsreihen, sowohl mit dem Wadenmuskel, als mit dem grofsen Unterschenkelstrecker an. In einigen derselben bediente ich mich des Verfahrens der Entgegensetzung. Es wurden n\u00e4mlich, aufser dem Multiplicator, noch die gew\u00f6hnlichen Zuleitungs-gef\u00e4fse in den Kreis der unter der Glocke befindlichen Vorrichtung mit aufgenommen, und ihre B\u00e4usche in entgegengesetzter Richtung mit dem gleichnamigen Muskel der anderen Seite desselben Frosches \u00fcberbr\u00fcckt. Allerdings war dadurch der Widerstand des ganzen Kreises betr\u00e4chtlich erh\u00f6ht, die Sicherheit der Versuche aber auch doppelt verb\u00fcrgt.\nWie bei den Gasversuchen liefs sich nat\u00fcrlicherweise auch hier viel mehr von dem Augenblicke des Luftzulassens, als von dem Auspumpen seihst erwarten, da jenes in vielleicht 10\" beendigt ist, w\u00e4hrend dieses, selbst an der mit Steuerung versehenen OertlinG\u00f6schen Pumpe, dreifsigmal l\u00e4nger dauern mag. Der unter der Glocke befindlichen Feuchtigkeiten halber konnte \u00fcbrigens die Barometerprobe nie unter die der zeitigen Luftw\u00e4rme (10 \u2014 15\u00b0) entsprechende Spannkraft der Wasserd\u00e4mpfe gebracht werden.\nIndessen, der Erfolg war in beiden F\u00e4llen v\u00f6llig nichtig; es zeigte sich, wie es nach dem Ergebnisse der Gasversuche zu erwarten stand, dafs die augenblickliche Entziehung der atmosph\u00e4rischen Luft von keinerlei Einflufs auf den Muskelstrom ist.\nEs bleibt uns \u00fcbrig, Matteucci\u2019s auf eben dasselbe hinauslaufende Versuche in diesem Gebiete in Augenschein zu nehmen. Ihm geh\u00f6rt, wie schon bemerkt, der Erstbesitz derselben f\u00fcr Sauerstoff, Wasserstoff und den luftverd\u00fcnnten Raum an. Diese Arbeiten machen gr\u00fcfsten-theils den Inhalt der schon ofterw\u00e4hnten Arbeit: \u00bb The Muscular Cur-\n\u00bbrent\u00ab aus.","page":192},{"file":"p0193.txt","language":"de","ocr_de":"der Guericke \u2019sehen Leere und verschiedener Gasarten auf den Strom. 193\nMatteucci gebrauchte zu seinen Versuchen eine doppelt tuhulirte Glocke, welche urspr\u00fcnglich zu Versuchen \u00fcber das elektrische Licht in der GuERiCKE\u2019schen Leere bestimmt war. Die eine, mit einem Hahne versehene Tubulatur diente zum Verkehr der Gase, die andere war durch eine Stopfb\u00fcchse verschlossen, durch die ein Metallstab auf und nieder ging. Auf dem Teller des Recipienten lag, auf dem oben Bd. I. S. 229 beschriebenen Brette mit Vertiefungen, eine dreizehngliederige S\u00e4ule aus halben Froschoberschenkeln. Zwei Platindr\u00e4hte waren, der eine mit dem Metallstabe in metallischer Verbindung, der andere isolirt daran befestigt, und dieser ging durch die mit dem Hahne versehene Tubulatur zur Glocke hinaus; er und der Metallstab konnten mit dem Multipli-cator in Verbindung gesetzt und die thierischc Kette dadurch geschlossen werden, dafs Matteucci den Stab durch die Stopfb\u00fcchse hinab stiefs, indem alsdann die auseinandevgebogenen Enden der beiden Dr\u00e4hte in die mit Brunnenwasser oder destillirtem Wasser gef\u00fcllten Vertiefungen trafen, in welche die Enden der S\u00e4ule tauchten.\nMatteucci stellte nun den Versuch so an, dafs er die Gr\u00f6fse der Ausschl\u00e4ge verglich, die er vor dem Entleeren der Glocke, w\u00e4hrend der Luftverd\u00fcnnung und nach wiederum zugelassener Luft durch Schlies-sen der S\u00e4ule mit H\u00fclfe der Stopfb\u00fcchse erhielt; wobei er keinen Unterschied wahrnehmen konnte. Ferner bestimmte er das Gesetz der Stromabnahme bei geschlossener Kette f\u00fcr den Strom einer S\u00e4ule aus zwanzig querdurchschnittenen Froschoberschenkeln, indem er von 10' zu 10' die Gr\u00f6fse der Ablenkung verzeichnete. Der erste Ausschlag betrug 90\u00b0; bei 30\u00b0 fing die Nadel an stetig zu sinken; von 10' zu 10' waren die Ablenkungen in einem angef\u00fchrten Beispiele 15\u00b0, 9\", 5\u00b0, 4\u00b0, 3 V2 0; nach zwei Stunden hatte die Nadel noch dieselbe Stellung inne. Nun ward der Versuch mit Fr\u00f6schen, die an demselben Tage und in demselben Sumpfe gefangen waren, unter der Glocke bei nur 1\" Spannung, aber mit merklich demselben Erfolge angestellt. Auch Matteucci hat die Zunahme der Ablenkung durch das Pumpen bemerkt, diese Wirkung aber, statt sie dem Sch\u00fcttelversuche zu vergleichen, von dem Anwogen der Fl\u00fcssigkeit gegen die Elektroden abgeleitet. Ich war auch zuerst auf diese Erkl\u00e4rung verfallen, liefs sie aber zur Seite, nachdem ich bedacht hatte, dafs die Wirkung des Anwogens gegen beide Elektroden sich im Durchschnitt aufheben mufs, und nachdem ich gefunden, dafs die Vermehrung blieb, selbst als die Platten bis unter die Oberfl\u00e4che der Fl\u00fcssigkeit mit Kitt \u00fcberzogen waren.\nAuf dieselbe Weise und an derselben Vorrichtung stellte Matteucci mit S\u00e4ulen aus zwanzig halben Froschoberschenkeln seine Gasversuche an. Er pumpte die Luft aus der Glocke, f\u00fcllte sie an der II.\t13","page":193},{"file":"p0194.txt","language":"de","ocr_de":"194\t'?\u2022 Abschi. Kap. V. \u00a7\u25a0 III. 5. Mattkdcci \u00fcber den Einflufs\nStelle mit Sauerstoff und beobachtete, dafs der Gang der Abnahme des Stromes zweier S\u00e4ulen sich im Sauerstoff, wie im luftverd\u00fcnnten Raume, v\u00f6llig gleich blieb.\nDer Wasserstoff hingegen bot eine Eigent\u00fcmlichkeit dar. Es zeigte sich n\u00e4mlich, dafs die Nadel, auf 15\u00b0 angelangt, statt tiefer zu sinken, weiter abgelenkt wurde, bis auf 50\u00b0. Matteucci unterbrach den Strom, indem er den Stab in der Stopfb\u00fcchse, und mit ihm die Platindr\u00e4hte aus den Endl\u00f6chern der S\u00e4ule emporzog, liefs die Nadel auf Null zur\u00fcckkommen und scldofs abermals. Es erfolgten 90\u00b0 Ausschlag, und die Nadel stellte sich auf 55\u00b0; erst nach einer Stunde war sie bis auf 40\u00b0 gesunken. Nun ward Luft zugelassen, und sie begab sich auf 12\u00b0, von wo aus sie, wenngleich langsamer als gew\u00f6hnlich, zu sinken fortfuhr. Mehrere andere Versuche gaben entsprechende Ergebnisse. Matteucci konnte, im Laufe eines und desselben Versuches, durch \u00f6fteres Zulassen und Auspumpen von Wasserstoff, mehrmals hintereinander Anschwellcn des Stromes und Zur\u00fccksinken auf sein nat\u00fcrliches Mais willk\u00fcrlich hervorbringen.\nUm zu beweisen, dafs diese Wirkungen nicht von einem Einfl\u00fcsse des Gases auf die Muskeln herr\u00fchrten, verglich Matteucci, mit H\u00fclfe des Verfahrens der Compensation, den Strom einer zwanziggliederigen thierischen S\u00e4ule, welche 40' lang in Wasserstoff gewesen war, mit dem einer gleichzeitig bereiteten, in der atmosph\u00e4rischen Luft gebliebenen, wie auch mit dem einer in verd\u00fcnnter Luft gewesenen, und fand weder so, noch in der Weise einen Unterschied, dafs er die Stromst\u00e4rke der einzelnen S\u00e4ulen nach dem ersten Ausschlage und der best\u00e4ndigen Ablenkung nach 10' bestimmte.\nMatteucci behauptet sodann, dafs die Verst\u00e4rkung des Stromes daher r\u00fchre, dafs der Wasserstoff sich mit dem Sauerstoff an der positiven Elektrode der thierischen S\u00e4ule verbinde, und beweist dies angeblich durch folgenden Versuch. Er umgab die, aus einem an seinem Ende schraubenf\u00f6rmig aufgerollten Platindrahte bestehende positive Elektrode einer zwanziggliederigen S\u00e4ule mit einem umgest\u00fcrzten Rohr und f\u00fcllte dieses mit Wasserstoff, wobei die Fl\u00fcssigkeit des Endloches der S\u00e4ule dem Gase zum Sperrwasser diente. Dabei stieg die Ablenkung von 20\u00b0 auf 50\u00b0. Matteucci liefs den Wasserstoff entweichen, und die Nadel ging auf 5\u00b0 zur\u00fcck; bei abermaliger Einwirkung des Gases kam sie wieder auf 30\u00b0. Als die negative Elektrode mit der VVas-serstoffatmosph\u00e4re umgeben wurde, sank die Ablenkung, statt sieb zu heben, vielmehr schneller als gew\u00f6hnlich.\nNichtsdestoweniger scheinen mir hier noch betr\u00e4chtliche Dunkelheiten obzuwalten. Denn wenn sich der Wasserstoff mit dem Sauer-","page":194},{"file":"p0195.txt","language":"de","ocr_de":"der Guericke\u2019scAct Leere und verschiedener Gasarten auf den Strom. 195\nStoff an der positiven Elektrode verbindet, warum verbindet sich der Sauerstoff, in dem entsprechenden Versuche mit diesem Gase, nicht ebensogut mit dem Wasserstoff an der negativen Elektrode? Ferner, wenn das Wasserstoffrohr, an der negativen Elektrode angebracht, die Ablenkung .verkleinert, warum that dies nicht auch die Wasserstoff-Atmosph\u00e4re, und hob so die Verst\u00e4rkung wieder auf, die sie durch Binden des Sauerstoffes am positiven Pole bewirkt haben soll? Und warum vermehrte umgekehrt der Sauerstoff im Sauerstoffversuche nicht die Ladung der positiven Elektrode?\nSeitdem hat Matteucci sich \u00fcber meine ersten mangelhaften Gasversuche im i\u2022> vorl\u00e4ufig en Abrifs\u00ab folgenderma\u00dfen ausgesprochen: \u00bb J\u2019aurais voulu aussi que M. nu Bois-Reymond eut d\u00e9crit dans son \u00bbM\u00e9moire la m\u00e9thode qu\u2019il a employ\u00e9e pour \u00e9tudier l'influence des gaz \u00bbsur l\u2019intensit\u00e9 et la dur\u00e9e du courant musculaire. Les r\u00e9sultats aux-\u00bb quels je suis parvenu diff\u00e8rent beaucoup de ceux de M. du Bois-\u00bb Reymond, ayant trouv\u00e9 que, dans tous les gaz, ce courant reste le \u00bbm\u00eame, et que la variation produite par l\u2019hydrog\u00e8ne est due \u00e0 une \u00bbaction secondaire, ind\u00e9pendante, par cons\u00e9quent, de la nature de la \u00bbpile. J ai d\u00e9crit, dans le M\u00e9moire qui para\u00eetra dans les Philosophi-y>cul Transactions, l'appareil et le proc\u00e9d\u00e9 que j'ai employ\u00e9s dans mes \u00bbexp\u00e9riences. Je regarde comme tr\u00e8s-exacts les r\u00e9sultats auxquels je \u00bbsuis parvenu, et j'ai de la peine \u00e0 m\u2019expliquer comment, en travaillant \u00bbsur ce sujet, on n\u2019a pas remarqu\u00e9 la diff\u00e9rence produite par le gaz \u00bbhydrog\u00e8ne, qui est si manifeste, tandis qu\u2019en op\u00e9rant avec les autres \u00bbgaz on a trouv\u00e9 des diff\u00e9rences qui n\u2019existent pas.\u00ab1\nEs ist seltsam, dafs Matteucci, anstatt mir den Irrthum vorzuwerfen, in den ich hier augenblicklich wirklich verfallen bin, lieber den Thatbestand zu leugnen sucht, den ich falsch gedeutet habe. Allein dies liegt daran, dafs er selbst seine Versuche nicht hinl\u00e4nglich vervielf\u00e4ltigt hat. Er hat, die Ketten in den Gasen, nur ein Paar Versuche mit Sauerstoff und Wasserstoff angestellt, und weil nun das Schicksal bei diesen, allem Anscheine nach, sehr unbest\u00e4ndigen und verwickelten Erscheinungen gewollt hat, dafs ihm gerade die anscheinende Stromverst\u00e4rkung durch Wasserstoff aufgestofsen ist, h\u00e4lt er alles andere f\u00fcr unm\u00f6glich, f\u00fcr baare Erfindung, was er selbst nicht zuf\u00e4llig beobachtet hat. Was kann ich dazu, wenn, wie ich es viele Male gesehen, Sauerstoff und Stickstoffoxydul die lebhafteste Stromzunahme gaben, welche ungeheure Ladungen hinterliefs; wenn hingegen Wasserstoff\n1 Annales de Chimie et de Physique. Septembre 1845. 3. S\u00e9rie, t. XV. p. 67.* \u2014 Archives de l\u2019\u00c9lectricit\u00e9, t. V. p, 385.*\n13\"","page":195},{"file":"p0196.txt","language":"de","ocr_de":"196 3. Abschn. Kap. V. \u00a7. 111. 5. Einflufs verschiedener Gasarten u.s.w.\nund Kohlens\u00e4ure die Nadel durch den Nullpunkt in den negativen Quadranten f\u00fchrten, und erst der nicht athembare, indifferentere Stickstoff mich dadurch, dafs auch er meistens schwache Zunahme gab, auf das Bedenkliche dieser Ergebnisse aufmerksam machte? Was kann ich dazu, wenn ich seitdem bei allen diesen Gasarten, mit derselben Vorrichtung, nach demselben Verfahren experimentirend, diesesmal alle jene unerkl\u00e4rlichen und doch ein geheimes Gesetz verrathenden Wirkungen kaum spurweise wieder auftreten sah?\nSoviel von diesem, wie man sieht, nicht sehr fruchtbaren Felde der Untersuchung, welches aber doch gleichfalls durchmustert sein wollte. Von dem Einfl\u00fcsse einer lange Zeit fortgesetzten Einwirkung der verschiedenen Gasatmosph\u00e4ren wird nachmals noch die Rede sein.1 Es bleibt uns jetzt, in Betreff des Muskelstromes, im Wesentlichen noch \u00fcbrig, sein Verhalten am lebenden unversehrten Thicre zu ermitteln. Ich halte es indefs f\u00fcr zweckm\u00e4fsig, den Leser zuerst mit einer anderen wichtigen Reihe von Erscheinungen bekannt zu machen, und mit jener Ermittelung lieber unsere Forschungen im Gebiete der elektrischen Muskel-und Nervenphysik zu beschliefsen. Wir verlassen demnach jetzt den Muskelstrom und wenden uns dem Strome anderer Gewebe, insbesondere dem Nervenstrome, zu.\n1 S. unten, Kap. VIII. \u00a7. v.","page":196},{"file":"p0197.txt","language":"de","ocr_de":"Sechstes Kapitel.\nVon dem Strome einiger anderen Gewebe, insbesondere dem\nMerveusti'ome.\n\"V\"on den drei Richtungen, nach welchen wir uns vorgesetzt hatten, unsere Untersuchung \u00fcber das Gesetz des Muskelstromes auszudehnen (S. oben Bd. I. S. 521), haben wir erst zwei verfolgt: diejenige durch die Reihe der verschiedenen Thierarten, und die ins Innere des Muskels selbst. Es bleibt uns \u00fcbrig, uns nach dem Vorkommen \u00e4hnlicher elektromotorischer Wirkungen auch bei anderen Geweben, wovon wir schon ebendas. S. 486 unbestimmte Spuren wahrgenommen, umzusehen, und insbesondere aufzumerken, ob auch diese dem beim Muskelgewebe g\u00fcltig befundenen Gesetze oder einem davon abweichenden gehorchen m\u00f6gen.\n\u00a7. I.\nVon dem Strome bei den verschiedenen Formen des Muskelgewebes, den Gef\u00e4fsw\u00e4nden, Sehnen u. s. w., dem Nerven-strome im Allgemeinen und der elektromotorischen Unwirksamkeit der Ber\u00fchrung ungleichartiger Gewebe.\n1. Von dem Strome der verschiedenen Gewebe.\nAuf die mannigfaltigen Formen des Muskelgewebes selber, von denen wir bisher nur die vornehmste, diejenige der Muskeln des Stammes und der Extremit\u00e4ten, in Augenschein genommen haben, trifft diese Untersuchung zun\u00e4chst. Ich schicke derselben ihr, \u00fcbrigens leicht zu gew\u00e4rtigendes Ergebnifs vorauf als leitende Bemerkung und sammelnden Faden f\u00fcr ihre Einzelheiten, welche dadurch erst zur Bedeutung gelangen. Es ist folgendes. Aus den Versuchsreihen des vorigen Kapitels ging, wie man sich erinnert, im Allgemeinen hervor, dafs mit","page":197},{"file":"p0198.txt","language":"de","ocr_de":"19S\n3. Abschn. Kap. VI. \u00a7. /. /, Von dem Strome\nder mechanischen Leistungsf\u00e4higkeit eines und desselben Muskels, unter dem Einfl\u00fcsse der verschiedensten Umst\u00e4nde, auch sein elektromotorisches Verm\u00f6gen gleichen Schritt halte. Hier nun wird sich zeigen, dafs ebenso durch die Reihe der zusammenziehungsf\u00e4higen Gewebe hindurch das elektromotorische Verm\u00f6gen gleichen Schritt halte mit der mechanischen Leistungsf\u00e4higkeit.\nDie Eigenschaft der Muskeln, auf die wir hier zu merken haben, ist somit weder, oh sie willk\u00fcrlich oder unwillk\u00fcrlich bewegte seien, noch, ob die Form ihrer Reaction die animalische oder die organische sei, sondern diese, welche Kraftgr\u00f6fse sie bei ihrer Zusammenziehung entfalten. Man weifs, dafs es die n\u00e4mliche Eigenschaft ist, welche durch die Abwesenheit oder die Gegenwart von Querstreifen bezeichnet wird. Sie steht mit der animalischen und organischen Reactionsweisc vor der Hand in keinem bekannten Zusammenh\u00e4nge, da zwar die animalischen Muskeln s\u00e4mmtlich einen hohen Grad von mechanischer Leistungsf\u00e4higkeit zeigen, jedoch auch organische Muskeln Vorkommen, welche jenen in dieser Beziehung ganz nahe treten. 1 * 3\nAn die quergestreiften Muskeln mit animalischer Bewegung, die wir bisher allein im Auge gehabt, schliefst sich aus der Thierwelt noch das Gaumenorgan einiger Cyprino\u00efden, auf dessen contractile Natur Ernst Heinrich Weber 2 aufmerksam machte. Er erkannte daran die merkw\u00fcrdige Eigenschaft, dafs es, hei mechanischer Reizung, ganz \u00f6rtlich mit einer lange w\u00e4hrenden Zusammenziehung antwortet, so dafs man erhabene Schriftz\u00fcge darauf zeichnen kann. Jon. M\u00fcller 3 f\u00fc\u00b0te hinzu, dafs es quergestreifte Muskelfasern besitze, die in mannigfachen Richtungen durcheinander gewirkt seien, und dafs es durch die Volta\u2019scIic S\u00e4ule in die heftigsten Zuckungen, immer in der Richtung des Stromes, versetzt werde. Euuard Weber 4 endlich hat neuerdings die Rea-ctionsweise dieses Organs, mit H\u00fclfe der Methode des Tetanisirens auf elektrischem Wege, n\u00e4her bestimmt als animalische, aber mit organischer untermischte Bewegung. Ich habe dasselbe beim Schley (Cy-prinus Tinea) auf eine eigene elektromotorische Wirkung untersucht, indem ich St\u00fccke davon, die einerseits durch die Schleimhaut des Rachens, sonst aber allerseits durch Schnittfl\u00e4chen begrenzt waren, in ver-\n1 Vergl. Eduard Weber in seiner Abhandlung \u00fcber Muskelbewegung in Run.\nWagner\u2019s Handw\u00f6rterbuch der Physiologie u. s. w. Bd. Ill, Abth. 2. S. 3.\"\n3 Meckel\u2019s Archiv f\u00fcr Anatomie und Physiologie. 1827. S. 309.*\n3 Handbuch der Physiologie u. s. w. Bd. I. 3. Aull. 1838. S. 798. Bd. II. 1840. S. 35. *\n* A. a. 0. S. 28. *","page":198},{"file":"p0199.txt","language":"de","ocr_de":"bei den verschiedenen Formen des Muskelgewebes.\n199\nschiedener Weise auf die B\u00e4usche meiner Vori'ichtung auflegte. Die Nadel blieb ann\u00e4hernd in Ruhe, wenn die ber\u00fchrten Punkte beide der Schleimhaut, oder beide der k\u00fcnstlichen Begrenzung angeh\u00f6rten; wurde aber ein Punkt der letzteren gegen einen Punkt der ersteren aufgelegt, so entstand ein lebhafter Ausschlag (40 \u2014 50\"), der einen Strom in der Richtung von der Schleimhaut in dem Drahte zur k\u00fcnstlichen Begrenzung, also entsprechend dem Gesetze des Muskelstromes, anzeigte.\nAuf diese Muskeln folgt nun zun\u00e4chst die Klasse derjenigen mit Ouerstreifung und organischer Bewegung, welche sich aber, in ihrer Schnelligkeit und Kraft, noch der animalischen n\u00e4hert. Es war zu erwarten, und, wie schon bemerkt, die Erfahrung best\u00e4tigt es, dafs solche Muskeln in ihrem elektromotorischen Verhalten sich nicht merklich von den ersterw\u00e4hnten unterscheiden w\u00fcrden. Das Verdienst, die elektromotorische Wirksamkeit der Herzmuskelsubstanz zuerst nachgewiesen zu haben, geb\u00fchrt Matteucci, dem \u00fcbrigens die allgemeinen hier zu ziehenden Folgerungen v\u00f6llig entgangen sind. 1 Es geschah an einer S\u00e4ule aus querdurchschnittenen Taubenherzen zwischen dem Mus-kelinneren (dem k\u00fcnstlichen Querschnitte) und der Aufsenfl\u00e4che; der Querschnitt verhielt sich negativ. Ich habe denselben Versuch an einzelnen Herzen von Fr\u00f6schen, vom Erdmolch (Salamandra maculata), dem Meerschweinchen und der Hausmaus angestellt; habe aber auch lebhafte Ausschl\u00e4ge von ganz unverletzten Herzen erhalten, die ich mit der Spitze gegen den einen, mit den fleischigen Seitenw\u00e4nden gegen den anderen Bausch lehnte: hier stellte die Spitze des Herzens nat\u00fcrlichen Querschnitt vor.\nAnlangend die glatten Muskelfasern mit tr\u00e4ger organischer Bewegung, war es, nach physiologischen Analogieen, wiederum leicht vorauszusehen, dafs sich hier, im Vergleich mit den vorigen Formen des Muskelgewebes, ein bedeutender Unterschied zu Gunsten der letzteren, hinsichtlich der elektromotorischen Leistungen, kundgeben w\u00fcrde, und so zeigt es sich denn auch in Wirklichkeit. Der Muskelmagen der Taube, mit nat\u00fcrlichem L\u00e4ngsschnitt und k\u00fcnstlichem Querschnitt aufgelegt, gab mir zwar lebhafte Wirkungen in richtigem Sinne, etwa 25\u201c ersten Ausschlages, die sich auch bei fortgesetztem Umlegen (S. oben Bd. I. S. 242) bis auf 90\u00b0 treiben liefsen, allein im Vcrh\u00e4ltnifs zu der Muskelmasse, von welcher sie ausgingen, doch \u00e4ufserst schwach zu nennen waren. Die Negativit\u00e4t des nat\u00fcrlichen Querschnittes an den sch\u00f6nen Sehnenspiegeln dieses Magens nachzuweisen, wie auch \u00fcberhaupt\n1 Comptes rendus etc. 23 Janvier 1843. t. XVI. p. 197.\u201c \u2014 1/Institut. 1. XI, No. 475. p. 36.* \u2014 Trait\u00e9 etc. p, GO. *","page":199},{"file":"p0200.txt","language":"de","ocr_de":"200\n3. Abschn. Kap. VI. \u00a7. 1.1. Von dem Strome\ndas Gesetz des Muskelstromes in etwas gr\u00f6fserer Vollst\u00e4ndigkeit zu best\u00e4tigen, gelang nicht nach Wunsch, wegen der Unregelm\u00e4fsigkeit der Faserrichtungen sowohl als der Unbest\u00e4ndigkeit des Stromes.\nDie Wandung des Magens oder des Darmes vom Frosche gicbt, mit einem Punkte ihrer \u00e4ufseren Fl\u00e4che gegen einen beliebig zur Axe des Darmes verlaufenden Schnittrand aufgelegt, schwache Wirkungen, innerhalb der ersten 15\", in dem Sinne des Gesetzes des Muskelstro-raes. Man wird, selbst nach sorgf\u00e4ltiger Reinigung der inneren Schleimhautfl\u00e4che, stets vorziehen, die Periton\u00e4alseite aufzulegen, wegen der elektromotorischen Wirkungen, die die Ueberbleibsel des Darminhaltes leicht bewirken k\u00f6nnten. Damit der Bausch, der nur mit nat\u00fcrlichem L\u00e4ngsschnitt ber\u00fchrt werden soll, von der Ber\u00fchrung der sich gern einrollenden Schnittr\u00e4nder frei bleibe, ist es angemessen, sich der oben Bd. I. S. 629 beschriebenen gefensterten Glimmerbl\u00e4ttchen zu bedienen. Gleichg\u00fcltig ist die Richtung, in welcher der aufgelegte Schnittrand gegen die Axe des Darmes verl\u00e4uft, weil n\u00e4mlich das Mikroskop, wie man weifs, an jener Haut zwei senkrecht aufeinander angeordnete Schichten paralleler Fasern, die eine der L\u00e4nge nach, die andere der Quere nach verlaufend zeigt. Sobald also der Schnitt nicht genau in der Richtung der Fasern der einen Schicht gef\u00fchrt wird, mufs er den k\u00fcnstlichen Querschnitt beider Schichten enthalten; aber selbst in jenem schwerlich jemals mit Genauigkeit verwirklichten Falle bliebe immer, um den Schnittrand negativ gegen den Punkt des Darmumfanges erscheinen zu lassen, der k\u00fcnstliche Querschnitt der anderen Schicht \u00fcbrig, w\u00e4hrend allerdings die erste nur noch eine unwirksame schw\u00e4chende Nebenschliefsung in Bezug auf den Multiplicatorkreis abgeben w\u00fcrde. Eine vortreffliche Gelegenheit zur Bew\u00e4hrung des Gesetzes des Muskelstromes in aller Vollst\u00e4ndigkeit an den Darmmuskeln, mit Ausnahme freilich der den nat\u00fcrlichen Querschnitt betreffenden Punkte, in\u00fcfsten \u00fcbrigens, wie mir scheint, die L\u00e4ngsbinden des Dickdarmes (Taeniae coli) gr\u00f6fserer S\u00e4ugethiere darbieten.\nMan erinnert sich der merkw\u00fcrdigen Entdeckung Reichert\u2019s, 1 nach welcher eine vereinzelte Cyprinusart, der Schley, von allen untersuchten Wirbelthieren einzig quergestreifte Muskelfasern an seinem Darmcanal besitzt. Eduard Weber 2 hat dieselbe neuerdings dahin vervollst\u00e4ndigt, dafs der Darmcanal des Schleyes auch durch seine kr\u00e4ftige animalische Reactionsweise vor dem der \u00fcbrigen Thiere ausgezeichnet\n1 Medicinische Zeitung. Herausgegeben von dem Verein f\u00fcr Heilkunde in Preui'sen 10. M\u00e4rz. 1841. S. 47.'\nJ A. a. 0. S. 28.*","page":200},{"file":"p0201.txt","language":"de","ocr_de":"bei den verschiedenen Formen des Muskelgewebes.\t201\nist. Danach war zu erwarten, dafs er ebenso durch seine elektromotorische Leistungsf\u00e4higkeit weit voraus stehen w\u00fcrde. Diese Erwartung fand sich, zu nicht geringer Befriedigung, auf das vollst\u00e4ndigste best\u00e4tigt. Der Darmcanal des Schleyes, gleich dem des Frosches in den obigen Versuchen behandelt, f\u00fchrt zwar nicht die Nadel an die Hemmung, giebt aber doch zwischen 50 und 60\u00b0 Ausschlag. Der Darmcanal des Karpfens (Cyprinus Carpio) dagegen, der mir zum Vergleichspunkte diente, gab nur \u00e4ufserst matte Wirkungen gleich dem des Frosches.\nEine Gelegenheit zu einem gleichbedeutenden Versuche bot die mit quergestreiften Muskelfasern versehene Augenblendung der V\u00f6gel dar, im Gegens\u00e4tze zu der nicht gestreiften der S\u00e4ugethiere. Ich stellte denselben, unterst\u00fctzt durch die Geschicklichkeit meines augenkundigen Freundes Br\u00fccke, an der Iris der Taube und des Kaninchens an, die ich einerseits mit einem Punkte ihrer Fl\u00e4che, andererseits mit einem radialen Querschnitt auflegte. Um sie dabei leichter handhaben zu k\u00f6nnen, wurden sie zuerst auf einem St\u00fccke mit Eivveifs getr\u00e4nkten Fliefspapieres entfaltet, dieses dem \u00e4ufscren und dem inneren grade ausgestreckten Umfange entlang abgeschnitten, sodann ein gemeinschaftlicher Querschnitt durch das Papier und die Iris angelegt, und das Ganze in passender Lage auf die B\u00e4usche gebracht, wobei freilich das feuchte Papier eine unwirksame schw\u00e4chende Nebenschliefsung f\u00fcr den Strom in Bezug auf den Multiplicatorkreis bildete. An der Blendung des Kaninchens gelang der Versuch gut; cs zeigte sich ein schwacher Strom in der richtigen Richtung. An der Iris der Taube hingegen gl\u00fcckte es, ihrer ausnehmenden Zartheit halber, nicht einmal, \u00fcberhaupt mit Bestimmtheit ge-setzm\u00e4fsige Wirkungen wahrzunehmen. Von einem Vergleich beider in der angedeuteten Hinsicht konnte demnach nicht die Rede sein.\nEin St\u00fcck Fruchthalter eines nicht tr\u00e4chtigen Kaninchens gab mir einen schwachen Strom in der richtigen Richtung vom \u00e4ufscren Umfange zum k\u00fcnstlichen Querschnitte in dem Draht. Von einem St\u00fccke Eileiter vom Frosche erhielt ich nur \u00e4ufserst schwache und verwirrte Ausschl\u00e4ge; es gelang mir aber auch nicht, durch Tetanisiren mittelst der ganz angef\u00fcllten Rolle wurmf\u00f6rmige Bewegung wahrzunch-men. 1 Der Harnleiter des Kaninchens dagegftn gab mir zwar schwache aber regelm\u00e4fsige Wirkung gleich dem Fruchthalter; die Harnblase selber starke, jedoch regellose Ausschl\u00e4ge, wobei wohl die Verunreinigung durch den Harn mit im Spiele war.\n1 Doch sind an anderen Thieren sogar freiwillige Bewegungen der Tuben beobachtet. S. Joh. M\u00fcller, Handbuch der Physiologie u. s. w. Bd. 1. 3. Aull. 1838. S. 739. Bd. II. S. 70.* \u2014 G. Valentin, Lehrbuch der Physiologie u. s. w. 1844. Bd. II. S. 706.*","page":201},{"file":"p0202.txt","language":"de","ocr_de":"202\t3. Abschn. Kap. VI. \u00a7. I. 1. Von dem Strome des elastischen,\nKaum mehr an meinem Multiplicator mit Sicherheit nachzuweisende Spuren eines gesetzm\u00e4fsig gerichteten Stromes zeigte mir ein St\u00fcck Aorta abdominalis vom Kaninchen. Dies f\u00fchrte zur Untersuchung des gelben elastischen Gewebes, welche am Nackenbande eines frischgeschlachteten Sch\u00f6pses angestellt ward. Ich fand, trotz der betr\u00e4chtlichen aufgelegten Gewebemasse, nur einen sehr schwachen Strom in dem Sinne des Muskelstromes. Andere Male erhielt ich verkehrte Ausschl\u00e4ge, ohne dafs es mir gelang, den Grund dieser Unregelm\u00e4fsig-keiten zu entdecken. Es folgt aber hiernach, dafs der Strom der Arterienhaut als zusammengesetzt anzusehen ist aus dem der glatten Muskelfasern, welche, nach Henle, 1 dieselbe zum Theil bilden, und aus dem des elastischen Gewebes selbst.\nLegt man, dem Gesetze des Muskelstromes entsprechend, eine Sehne vom Kaninchen mit nat\u00fcrlichem L\u00e4ngsschnitt und k\u00fcnstlichem Querschnitt auf die B\u00e4usche meiner Vorrichtung auf, so erh\u00e4lt man eine ausnehmend schwache und tr\u00e4ge Wirkung, selten mehr als 5\u00b0, h\u00f6chstens 8\u00b0 Ausschlag, welche zwar meist wie beim Muskel gerichtet ist, allein sehr leicht unregelm\u00e4fsig wird. Z. B. man sieht nach mehrmaligem Auflegen den einen Querschnitt sich positiv gegen den nat\u00fcrlichen L\u00e4ngsschnitt verhalten, w\u00e4hrend der andere sich noch negativ verh\u00e4lt u. d. m. Ebenso giebt die Achillessehne des Frosches nur sehr undeutliche und leicht unregehn\u00e4fsige Wirkungen.\nVon der Haut des Frosches erh\u00e4lt man alles M\u00f6gliche; bald richtig, bald verkehrt gerichtete, bald starke, bald schwache, bald gar keine Str\u00f6me, und ganz gleichviel, ob man nach dem Gesetze oder wie man sonst auflege. Auf diesen Punkt wird sp\u00e4ter noch, besonderer Gr\u00fcnde halber, zur\u00fcckgekommen werden m\u00fcssen.2\nDer frisch zugerichtete Ober- und Unterschenkelknochen vom Frosche geben, mit einer Gelenk- oder Querbruchfl\u00e4che gegen einen Punkt des \u00e4ufseren Umfanges aufgelegt, Wirkungen in demselben Sinne, wie ein Muskel, freilich unendlich viel schw\u00e4cher. 3 Aber auch quer durch die Tibia, in der Gegend der Foramina nutritia, finden sich, dem Gesetze zuwider, Str\u00f6me von gleicher Kraft.\nS\u00e4ulen aus St\u00fccken Lunge, Leber und Nieren, nach Art seiner Muskels\u00e4ulen, hat Matteucci zusammengef\u00fcgt. Er will auf diese Weise, sowohl mit H\u00fclfe des Multiplicators als mit der des strompr\u00fcfenden Froschschenkels, schwache und nur kurze Zeit nach dem Tode\n1 Allgemeine Anatomie. 1841. S. 575.\u2019\u2014 Vergl. Ernst Heinrich und Eduard Weber in M\u00fclier\u2019s Archiv u. s. w. 1847. S. 309.\u2019\n3 S. unten, Kap. VIII. \u00a7. i.\n3 Vorl\u00e4ufiger Abrifs u. s. w. A. a. 0. S. 23. \u00a7. 61.","page":202},{"file":"p0203.txt","language":"de","ocr_de":"sehnigen und Bindegewebes, der Knochen und der dr\u00fcsigen Gebilde. 203\nausdauernde Str\u00f6me in dem Sinne des Muskelstromes, d. h,, bei ihm, von dem biosgelegten Inneren der Gewebemassen nach ihrer Aufsenfl\u00e4che erhalten haben. 1 Von welchem Thiere die Theile entnommen waren, wird nicht gesagt; man darf nur, da auch von der Lunge die Rede ist, schliefsen, dafs sie nicht dem Frosch angeh\u00f6rten, dessen Lunge keinen hinreichend ausgedehnten Querschnitt darbietet.\nAuch ich habe Versuche der Art am Kaninchen, der Taube und dem Frosche angestellt, jedoch einen merklich verschiedenen Erfolg wahrgenommen. Ein St\u00fcck Lunge, Leber, Niere, Milz vom Kaninchen, einerseits mit einem k\u00fcnstlichen Querschnitte, andererseits mit der \u00e4ufse-ren Oberfl\u00e4che auf die B\u00e4usche meiner Vorrichtung aufgelegt, gab mir n\u00e4mlich stets einen ziemlich kr\u00e4ftigen Strom (10 \u2014 25\u00b0) in der umgekehrten Richtung von der des Muskelstromes, oder der von Matteucci angegebenen, n\u00e4mlich von der Aufsenfl\u00e4che zum Querschnitt in dem thierischen Gebilde. Die langgestreckte Milz des Kaninchens eignete sich gut dazu, zwei k\u00fcnstliche Querschnitte zu vergleichen. Sie verhielten sich gleichartig. An der Taube gab die Leber mir einigemale Str\u00f6me in dem von Matteucci angezeigten Sinne, \u00f6fter jedoch in dem verkehrten; die Niere in dem verkehrten; die Lunge liefs die Nadel auf Null. Am Frosche war das Ergebnifs f\u00fcr die Leber ebenso zweideutig wie bei der Taube, nur noch \u00f6fter Matteucci\u2019s Angabe entsprechend. Die Milz giebt eine Spur von Strom im umgekehrten Sinne, wie beim Kaninchen. Die Nieren zeigen keinen deutlichen Strom. Die Hoden wirken, wie nach Matteucci\u2019s Angabe s\u00e4mmtiiehe Gewebe. An einem und demselben, dem Versuch unterworfenen St\u00fccke dr\u00fcsigen Gewebes h\u00f6rt der Strom bald auf; aber noch nach 24 Stunden aus dem Kaninchen se-schnittene St\u00fccke Leber, Niere, Lunge geben beim ersten Auflegen schon lebhafte Wirkungen, zu einer Zeit also, wo die Muskeln keine deutliche Spur von Wirkung mehr zeigen; die Leber meist in dem von Matteucci angezeigten Sinne.\nEhe wir zur W\u00fcrdigung dieser Reihe von Thatsachen \u00fcbergehen, haben wir noch Folgendes zu ber\u00fccksichtigen.\nVon dem Nervensysteme n\u00e4mlich ist noch nicht die Rede gewesen. In meinem \u00bbvorl\u00e4ufigen Abrifs\u00ab a. a. 0. S. 7. \u00a7. 20 habe ich folgendes bekannt gemacht (Januar 1843): \u00bbEin St\u00fcck N. ischiadicus vom \u00bbFrosche oder vom Kaninchen wirkt elektromotorisch nach demselben \u00bbGesetz wie ein St\u00fcck Muskelfleisch. Ber\u00fchrt der indifferente leitende \u00bbBogen zwei Punkte der Aufsenfl\u00e4che des Nerven, oder seine beiden\n1 Annales de Chimie et de Physique. Septembre 1845. 3 Se'rie. t. XV. p. 65. 66. ' \u2014 Archives de l\u2019\u00c9lectricit\u00e9, t. V. p. 383. 384, *","page":203},{"file":"p0204.txt","language":"de","ocr_de":"204\t>?\u2022 Ab sehn. Kap. VI. \u00a7. 1.1. Vom Nervenstrom im Allgemeinen\n\u00bbSt\u00fcmpfe, so wird kein Strom bemerkbar sein; derselbe tritt sogleich \u00bbhervor, und zwar in gleicher Richtung, ohschon viel schw\u00e4cher, als \u00bbam Muskelfleischriemen, wenn der indifferente leitende Bogen einen \u00bbPunkt der Aufsenfl\u00e4che des Nerven mit einem Punkte seines Quer-\u00bb Schnitts in Verbindung setzt.\u00ab\nIn der That, das Nervensystem allein, von allen anderen thierischen Theilen, ist mit einer elektromotorischen Th\u00e4tigkeit begabt, welche mit der des Muskelgewebes in Vergleich zu bringen ist. Nicht nur in der Kraft, auch in der v\u00f6lligen Eingeschr\u00e4nktheit unter dasselbe Gesetz, kommen die Str\u00f6me beider hochgestellten Gewebe v\u00f6llig mit einander \u2022 iiherein. Wie der Muskelstrom bei der Zusammenziehung, hei Cohae-sionsver\u00e4nderungen des Muskels, beim nat\u00fcrlichen Absterhen oder im siedenden Wasserhade, ja noch ungleich leichter und h\u00e4ufiger erleidet der Nervenstrom Schwankungen in verschiedenem Sinne theils Einfl\u00fcssen gegen\u00fcber, die der Innervation am n\u00e4chsten stehen, theils nach \u00e4hnlichen Mifshandlungen, wie diejenigen, welche die Bewegungserscheinungen des Muskelstromes veranlassen. Endlich wie von den Eigen-th\u00fcmlichkeiten dieses letzteren, kann nur mit H\u00fclfe einer Molecularhy-pothese Rechenschaft abgelegt werden von den mannigfachen Erscheinungswechseln des Nervenstromes. Von diesem also haben wir jetzt auf das genaueste Kenntnifs zu nehmen, als von einem Phaenomen von v\u00f6llig gleicher W\u00fcrde und Berechtigung mit dem Muskelstrom. Der dritte Paragraph dieses Kapitels und das ganze folgende sind ausschliefs-lich dieser Bem\u00fchung gewidmet.\nZuvor bleiben uns noch einige andere Punkte zu erledigen \u00fcbrig. Seinen Lungen-, Leber- und Nierenstrom h\u00e4lt Matteucci f\u00fcr gleichbedeutend mit dem Muskelstrome, f\u00fcr nur gradweise davon verschieden. Er beeilt sich, seine bereits oben Bd. I. S. 683 beleuchtete Theorie des Muskelstromes darauf auszudehnen, welche sich auf die unerwiesene chemische Hypothese von dem Urspr\u00fcnge des elektrischen Stromes st\u00fctzt, von ihm aber als ganz zweifellos hingestellt wird, ' Ich hin der Meinung, dafs Matteucci wohlgethan haben w\u00fcrde, hier etwas von dem Skcpticismus anzubringen, der ihn anderw\u00e4rts dazu trieb, die Einerleiheit von Frosch-und Muskelstrom und die der Ursachen in Abrede zu stellen, welche die Multiplicatorablenkung im Nomm\u2019schen Grundversuch und die Galvani-sche Zuckung ohne Metalle hervorhring en (S. oben S. 167. Bd. I. S. 541). Um es begreiflich zu finden, wie Matteucci die Einerleiheit jener \u00bbDr\u00fcsenstr\u00f6me\u00ab mit dem Muskelstrom so ohne R\u00fcckhalt und schlechterdings behauptet, mufs man bedenken, dafs ihm, vom Gesetze des\n1 Annales etc., ibidem. \u2014 Archives etc., ibidem.","page":204},{"file":"p0205.txt","language":"de","ocr_de":"und der Bedeutung des Stromes der verschiedenen Gewebe. 205\nMuskelstromes, seiner langj\u00e4hrigen Forschungen und der Kenntnifs meiner Abhandlung ungeachtet, noch immer nichts ganz eingeleuchtet hat, als was auch die dr\u00fcsigen Gebilde scheinbar darbieten, ein elektrischer Gegensatz des Inneren und der Aufsenfl\u00e4che ; dafs ihm die Bewegungserscheinungen des Muskelstromes, sein Zusammenhang mit den Lebenseigenschaften, mit der mechanischen Leistungsf\u00e4higkeit des Muskelgewebes, endlich der Nervenstrom, v\u00f6llig fremd geblieben sind; dafs der Muskelstrom in seinen Augen nichts weiter ist, als ein Strom von chemischem Urspr\u00fcnge wie eben jeder andere auch, und das R\u00e4thsclhafteste daran im Grunde, welches Interesse er wohl alsdann noch einzufl\u00f6fsen geeignet sei. Ein anderer Umstand, der Matteucci bewogen haben mag, an jener Stelle den Lungen-, Leber- und Nierenstrom in einem etwas zu sch\u00f6nen Lichte sehen zu lassen, wird uns sp\u00e4ter bekannt werden. 1\nMan wird, wie mir scheint, der Wahrheit ziemlich nahe kommen, wenn man folgendermafsen \u00fcber den Zusammenhang dieses Kreises von Erscheinungen urtheilt. Was erstens die schwachen Str\u00f6me der glatten Muskeln des Magens, Darmes, der Blendung, des Fruchthalters, des Harnleiters u. s. w. betrifft, so wird man nicht umhin k\u00f6nnen, sie f\u00fcr einerlei zu halten mit dem Strome der quergestreiften Muskelfaser, obschon eine ungeheure Kluft sie der St\u00e4rke nach von diesem und von dem Nervenstrome trennt, und obschon keine Bewegungserseheinungen an denselben nachgewiesen sind, was f\u00fcr das Tetanisiren wenigstens seine nicht zu \u00fcberwindenden Schwierigkeiten hatte. Sie stellen sich gewissermafsen dar als eine niedere Entwickelungsstufe jenes Stromes, v\u00f6llig entsprechend der tiefen Stufe mechanischer Leistungsf\u00e4higkeit und morphologischer Ausbildung, auf welcher das Gewebe, von dem sie ausgehen, stehen geblieben ist.\nAn dem anderen Endpunkte der Reihe bin ich geneigt, die Str\u00f6me der Lunge, Leber, Niere, Milz, des Hodens, wie auch der Knochen, als Erscheinungen ganz anderer Art zu betrachten, welche mit dem Muskelstrome in der That nur den Punkt gemein haben, dafs sich dabei dem Anscheine nach ein elektrischer Gegensatz des Inneren und der \u00e4ufseren Oberfl\u00e4che kundgiebt. Allein die v\u00f6llig mangelhafte Unterordnung dieser Str\u00f6me unter das gemeinsame Gesetz des Nerven- und Muskelstromes, die Abwesenheit von Bewegungserscheinungen an denselben, die zum Theil unver\u00e4nderte Fortdauer lange Zeit nach dem Tode, endlich die Erw\u00e4gung im physiologischen Sinne des jede Gleichstellung vorweg abschneidenden Unterschiedes zwischen Muskel und Nerv und den Geweben, welche die Tr\u00e4ger jener sind: dies Alles scheint mir zu dem Schl\u00fcsse\n1 S. unten, \u00a7. u. 4.","page":205},{"file":"p0206.txt","language":"de","ocr_de":"206\t3. Abschn. Kap. VI. \u00a7. 1. 1. Von der Bedeutung\nzu f\u00fchren, dafs in denselben ein, an und f\u00fcr sich immerhin bemerkens-werther, aber von dem Nerven- und Muskelstrom ganz getrennter Kreis von Thatsachen und jedenfalls von ganz verschiedener Bedeutung vorliege. Obschon die geringe Best\u00e4ndigkeit des Gegensatzes der Str\u00f6mungsrichtungen an Leber und Niere diese Ansicht nicht gerade sehr beg\u00fcnstigt, ist doch wohl zun\u00e4chst die Vermuthung hinzustellen, dafs cs sich bei diesen Str\u00f6men einfach handele um grobvertheilte Ungleichartigkeiten im Inneren und an der Oberfl\u00e4che der Gewebetheile, welche durch den Absonderungsvorgang in denselben bedingt sind. Vielleicht r\u00fchren sie auch blos von dem gr\u00f6fseren Blutreichthum des Inneren her, wof\u00fcr das Beispiel der Milz sprechen d\u00fcrfte, welche keine se-cernirende Fl\u00e4che darbietet. An eine physiologische Verwerthuug so roher Ergebnisse, etwa in dem Sinne, wie dies fr\u00fcher mit den DoNN\u00c9\u2019schen Str\u00f6men zwischen Magen und Leber u. s. w. (S. oben Bd. I. S. 487) beabsichtigt wurde, ist begreiflich in keiner Weise zu denken.\nEs bleibt nun drittens \u00fcbrig, den schwachen Wirkungen, welche uns Sehne, Haut, elastisches Gewebe gegeben haben, einen angemessenen Platz in dieser Gruppirung anzuweisen. Bei diesen haben wir es, wenigstens zum Theil, mit mehr oder weniger regelm\u00e4fsigen Anh\u00e4ufungen gleichgearteter Elementartheile zu thun. Es scheint, als ob dem Dasein von schwachen Str\u00f6men zwischen L\u00e4ngsschnitt und Querschnitt derselben, trotz der Abwesenheit irgend einer mechanischen Leistungsf\u00e4higkeit, wie bei der Sehne, dem elastischen Gewebe, der Schlufs zu entnehmen sei, dafs mehr oder minder zwischen dem Aeufsereu und Inneren der feineren Bestandteile s\u00e4mmtlichcr Gewebe ein Gegensatz herrsche, der sich als Strom auszusprechen verm\u00f6ge. Man kann sonach, im physiologischen Sinne betrachtend, sagen, dafs Nerven- und Muskelstrom nur eine besonders hohe Entwickelungsstufe einer allgemeinen Eigenschaft seien, entsprechend den besonderen Lebenseigenschaften jener beiden Gewebe; ferner dafs, je lebhafter der Stoffwechsel in einem Gewebe vor sich gehe, um so entwickelter sei sein elektromotorisches Verm\u00f6gen. Mit einem Worte: Sehne, Bindegewebe, contractiles Bindegewebe der Tunica Dartos, der Brustwarzen u. s. w. (obschon es noch nicht untersucht werden konnte, wird man sein elektromotorisches Verm\u00f6gen nach dem Obigen nicht bezweifeln wollen), die glatten Muskeln, die quergestreiften Muskeln nebst den Nerven stellen eine ansteigende Reihe elektromotorischer Bildungen dar, und dunkel kann nur noch erscheinen, worauf auch nicht leicht sobald eine Antwort erfolgen d\u00fcrfte, an welcher Stelle dieser Reihe man sich zu denken habe, dafs die von uns an ihrem oberen Endpunkte erkannte","page":206},{"file":"p0207.txt","language":"de","ocr_de":"des Stromes der verschiedenen Gewebe.\n207\nErzeugung des Stromes durch elektromotorische Molekeln ihren Anfang nehme.\nBekanntlich haben R\u00fcppell, 1 Charles Robin2 und Erdl3 bei verschiedenen Fischen ein Organ von unbestimmter Verrichtung beschrieben, welches von dem zweiten dieser Beobachter bei den nicht elektromotorischen Rochen, wo er es zuerst wiederfand, f\u00fcr das vollst\u00e4ndige Ebenbild eines elektromotorischen Organes ausgegeben ward. Jon. M\u00fcller unterzog sich, jedoch vergeblich, auf Helgoland der Untersuchung desselben auf Str\u00f6mungen \u00e4hnlich denen der elektrischen Fische, mit H\u00fclfe des oben Bd. I. S. 202 beschriebenen Multiplicators des K\u00f6niglichen Anatomischen Museums mit schwerem rhombischen Nadelspiel. Er lud sodann Matteucci brieflich ein, seinerseits den Versuch anzustellen. Matteucci bediente sich des strompr\u00fcfenden Froschschenkels, den Gal-vajSI so passend und mit so grofsem Erfolge in die Erforschung der Zitterfische eingef\u00fchrt hat; 1 allein auch ihm versagten Wirkungen, welche denen der elektromotorischen Organe zu vergleichen gewesen w\u00e4ren. Hingegen sagt er: \u00bbJe dois ajouter que j\u2019ai pu obtenir de cet \u00bborgane tous les ph\u00e9nom\u00e8nes du courant \u00e9lectrique musculaire, de sorte \u00bbque l\u2019observation de M. Robin m\u2019en semble d\u2019autant plus digne d\u2019at-\u00bbtentiou de la part des anatomistes.\u00ab 5\n2. Von der elektromotorischen Unwirksamkeit der Ber\u00fchrung ungleichartiger Gewebe.\n(Fortsetzung von \u00a7. vii. Kap. I. dieses Abschnittes. S. oben Bd. I.\nS. 481. 521.)\nWir k\u00f6nnen jetzt, wo wir mit dem elektromotorischen Verhalten der einzelnen Gewebe hinl\u00e4nglich vertraut sind, die Untersuchung wiederum aufnehmen und zu Ende f\u00fchren, welche noch vom ersten Kapitel her \u00fcber die vermeintliche Ungleichartigkcit der Gewebe untereinander schwebend ist. Man erinnert sich des VoLiA\u2019schen Princips,\n' Fortsetzung der Beschreibung und Abbildung mehrerer neuer Fische, im Nil entdeckt u. s. w. Frankfurt am Main. 1832.4\u00b0. S. 8. 9.* (An Mormyrus longipinnis.)\n3\tComptes rendus etc. 18 Mai 1846. t. XXII. p. 821.' \u2014 Philosophical Magazine etc. January 1847. 3. Scries, vol. XXX. p. 47.*\n3\tGelehrte Anzeigen. Herausgegeben von Mitgliedern der k. bayer. Akademie der Wissenschaften. No. 203. 10. October 1846. S. 508.* (An Gymnarchus niloticus.)\n4\tMemoria quinta alio Spallanzani. Op\u00e9r\u00e9 \u00e9dit\u00e9 et inedite ec. p. 411.\u201d\n5\tComptes rendus etc. 22 F\u00e9vrier 1847. t. XXIV. p. 302. 303. *","page":207},{"file":"p0208.txt","language":"de","ocr_de":"208\t\u00ab?\u2022 Abschi. Kap. VJ. \u00a7\u25a0 I. 2. Von der elektromotorischen\nwelches, nach mangelhaften Analogieen schliefsend, jedes einzelne Gewebe als ein in sich selbst v\u00f6llig Gleichartiges betrachtete, hingegen eine elektromotorische Wirkung aus der Ber\u00fchrung zweier ungleichartigen Gewebe entspringen liefs. Dies Princip, welches so lange in der Wissenschaft gegolten hat, und meines Wissens noch allgemein gilt (Vergl. oben Bd. 1. S. 532), haben wir nun, im Verfolge des Weges, den ich zuerst in meinem \u00bbvorl\u00e4ufigen Abrifs\u00ab eingeschlagen habe,1 vor Allem die einzelnen Gewebe auf ihre innere Gleichartigkeit zu untersuchen, v\u00f6llig umgekehrt. Es zeigt sich jetzt, wie gesagt, dafs vielmehr alle Gewebe in sich selbst den Grund zu einem elektrischen Gegens\u00e4tze tragen, w\u00e4hrend a. a. 0. bereits, zuerst theoretisch, dann durch den Versuch, die elektromotorische Unwirksamkeit der Ber\u00fchrung verschiedener Gewebe verk\u00fcndigt wurde. Unser Nachweis erstreckte sich auf folgende f\u00fcnf Gewebe vom Frosche, die dem Zustande des unversehrten Lebens m\u00f6glichst nahe in allen zehn m\u00f6glichen Combinationen untersucht wurden: Muskel, Nerv, Sehne, Haut und Knochen. Allein die Beschreibung der Versuche, wodurch dieser Nachweis geliefert worden ist, wurde damals vorenthalten, mit dem Bemerken, es sei zum Verst\u00e4ndnisse derselben die Kenntnifs einer Reihe von Umst\u00e4nden erforderlich, die noch nicht bei dem Leser vorausgesetzt werden k\u00f6nnte.\nJetzt ist er so weit gef\u00fchrt; es leuchtet ein, dafs bei diesen Versuchen beide Gewebe so gelagert sein m\u00fcssen, dafs jedes einzelne an und f\u00fcr sich, durch die ihm eigenth\u00fcmlichen elektromotorischen Kr\u00e4fte, nicht auf die Nadel einzuwirken verm\u00f6ge. Hat man es also z. B. mit Nerv und Muskel zu thun, so wird man ihnen die Lage anweisen m\u00fcssen, die Fig. 91. Taf. II. abgebildet ist; nach den fr\u00fcheren Auseinandersetzungen bedarf dieselbe keiner n\u00e4heren Erl\u00e4uterung mehr. Was Sehne und Muskel betrifft, so ist ferner deutlich, dafs der Versuch nicht etwa so anzustellen ist, dafs man eine mit dem Muskel organisch verbundene Sehne gegen reines Muskelfleisch auflegte; denn da jene den nat\u00fcrlichen Querschnitt des Muskels verdeckt, so w\u00fcrde, bei den \u00e4ufserst geringen Stromeskr\u00e4ften des Sehnengewebes selber, der Erfolg begreiflich nichts anderes anzuzeigen geeignet sein, als das elektromotorische Verhalten zwischen dem nat\u00fcrlichen Querschnitte und dem zweiten aufliegenden Punkte des Muskels, am allerwenigsten aber eine elektromotorische Wirkung an der Grenze des Muskel- und des Sehnen-gewcbcs. Man mufs also vielmehr hei derselben Lage des Muskels wie\n1 Matteucci hat erst nach mir von einzelnen St\u00fccken Muskelgewebes Str\u00f6me erhalten. In seinem \u00bbDeuxi\u00e8me Memoire\u00ab ist nur die Rede von querdurchschnittenen Froschoberschenkeln. Vergl. oben B. I. S. 536. 540.","page":208},{"file":"p0209.txt","language":"de","ocr_de":"Unwirksamkeit der Ber\u00fchrung ungleichartiger Gewebe. 209\nFig. 91 der Sehne eine \u00e4hnliche Lage anweisen, wie diejenige, die der Nerv daselbst inne hat.\nEs w\u00fcrde \u00fcberfl\u00fcssig sein, diese Er\u00f6rterung, deren Grundsatz sehr einfach, seine Anwendung indefs, wie man sich leicht denken kann, sehr schwierig ist, noch ausf\u00fchrlich auf mehrere Zusammenstellungen von Geweben ausdehnen zu wollen. Wir wenden uns vielmehr nach dieser Abschweifung, welche uns auf einen l\u00e4ngst \u00fcberwundenen Standpunkt der Untersuchung f\u00fcr einen Augenblick zur\u00fcckversetzte, der Betrachtung der elektromotorischen Kr\u00e4fte des Nervensystemes selber zu.\n\u00a7. II.\nGeschichtlicher Ueberblick \u00fcber die Bestrebungen, elektrische Wirkungen an den Nerven nachzuweisen.\nEs wird nicht unpassend erscheinen, wenn der endlichen nnd zwar bejahenden Erledigung der Frage nach elektrischen Str\u00f6men in den Nerven eine gedr\u00e4ngte Uebersicht der mannigfaltigen fr\u00fcheren Bestrebungen in diesem Gebiete voraufgeschickt wird. Alles im geschichtlichen Paragraphen des vierten Kapitels von den elektrischen Erkl\u00e4rungsversuchen der Muskelzusammenziehung im Allgemeinen Gesagte gilt hier in gleichem Mafse. Wir begegnen denselben mehr oder weniger berechtigten Muthmafsungen, dreisten Behauptungen; dann denselben Entt\u00e4uschungen, den n\u00e4mlichen Wiederaufschw\u00fcngen eines nie ganz erloschenen Glaubens, entsprechend etwaigen neuen Fortschritten der anorganischen Elektricit\u00e4tslehre selbst; endlich derselben allgemeinen Entmuthigung, dem entschiedenen Inabredestellen der Beobachter, welche die besten H\u00fclfsmittel, die scheinbar vielversprechendsten Methoden bald an dem unerquicklichen Gew\u00fchl dichtgedr\u00e4ngter Fehlerquellen, bald an dem hartn\u00e4ckigen Verstummen der befragten experimentellen Anordnungen hatten scheitern sehen.\nDie Anzahl derer, die sich in fr\u00fcherer Zeit f\u00fcr die elektrische Natur des Nervenwesens aussprechen zu m\u00fcssen glaubten, ist fast uner-mefslich zu nennen. Es w\u00fcrde nutzlos und vielleicht kaum m\u00f6glich sein, ein vollst\u00e4ndiges Verzeichnifs dieser Bekenner aufzustellen; nur die Sch\u00f6pfer der Identit\u00e4tslehre und ihre hervorragendsten Verfechter werden daher hier, und auch diese zum Theil nur in namentlicher Anf\u00fchrung, ohne Entwickelung ihrer besonderen Ansichten, einen Platz finden.\nII.\n14","page":209},{"file":"p0210.txt","language":"de","ocr_de":"210\t& Absclin. Kap. VI. \u00a7. II. Geschichte der eielfirischen Theorie\n1. Der vorgalvanische Zeitraum.\nWer zuerst dem menschlichen Hange, dem Dunklen das Dunkle erkl\u00e4rungshalber unterzulegen, in Bezug auf Elektricil\u00e4t und Nerven-princip nachgegeben, dies weifs uns Haller selbst bereits, \u00fcber den hinauszugehen in der physiologischen Literatur so schwer ist, nicht mit Bestimmtheit zu melden. Dieser widerlegt, unter der Aufschrift \u00bbCon-jecturae \u00ab in seinen Elementa Phijsiologiae Corporis liumani nacheinander alle die mannigfaltigen Hypothesen, die seit undenklichen Zeiten ersonnen worden waren, um die r\u00e4thselhaften Wirkungen der Nerven dem Verst\u00e4ndnisse etwas n\u00e4her zu r\u00fccken: jener weichen feuchten Str\u00e4nge, die, ohne an sich selber eine merkbare Ver\u00e4nderung zu ver-rathen, mit Blitzesschnelle Schmerz und Wonne und gewaltige Bewegung in die Ferne hinterbringen. Die Nerven, heifst es zuerst, leiteten nicht durch ihre h\u00e4utige Umh\u00fcllung; es sei falsch, sie gespannten Saiten oder Seilen zu vergleichen, die, an einem Ende aus ihrem Gleichgewichte gest\u00f6rt, die Ersch\u00fctterung wellenf\u00f6rmig nach dem anderen fortpflanzen; vielmehr m\u00fcsse man zu einem unendlich zarten und beweglichen Fl\u00fcssigen, den Sonnenstrahlen, dem Lichte, dem Feuer, der Luft, dem Electrum vergleichbar, seine Zuflucht nehmen, welche alle fl\u00fcssig und nachgiebig, doch die heftigsten Bewegungen vermitteln. Dieses Fl\u00fcssige der Nerven sind ihm die thierischen Geister, \u00bbspiritus animales.\u00ab Nachdem die Einw\u00fcrfe wider diese Annahme beseitigt sind, wird gefragt, welcher Art die Geister seien. Sie seien nicht w\u00e4sserig, nicht ei weifs-, nicht weingeistartig, nicht sauer oder schwefelig, nicht luftig, wie diese oder jene muthmafsten; ob sie, wie die ber\u00fchmten M\u00e4nner Willis, Newton und Stenson wollten, dem Lichte, oder, wie Cartes und Bonnet, dem Feuer u. d. m. vergleichbar seien ?\t\u00bb Denique, \u00ab f\u00e4hrt Haller fort, \u00bb cum nuper materies\n\u00bbelectrica omnium esset in ore, eaque videretur celeritatem habere, quae \u00bbest in spiritibus animalibus, vimque summis etiam motibus excitandis \u00bbparem, cogitatum est, ejus naturae esse animalem spiritum. Nescio, \u00bban non CI. olim Hausen prima conjectura fuerit, quam \u00bbinde Cl. Boissier \u00ab[sc. be Sauvages]\u00bb et des Hais pro-\u00bbposuit. Addidit uterque varia, quae earn sententiam non impro-\u00bbbabilem reddunt, luculas et flammulas, quae de animalium pilis vulgo, \u00bbnon raro etiam de hominibus, excusso indusio neque detracto, aut \u00bbfricata cute exsiliunt, et igniculos ante eptlqjlicos insultus adparentes, \u00bbaque fricto oculo nascentes quasi scintillas; et motuin in nervo ea \u00bbstrictione, quae versus partem aliquam deorsum fit, in vivo animale \u00bbexcitatum. Ad funiculos electricum elementum adhaerere commode","page":210},{"file":"p0211.txt","language":"de","ocr_de":"des Nervenprincips. 1. Ursprung derselben durch Hausen (1743). 211\n\u00bbadnotatum est. Sed etiam a scintilla electrica musculos, aut ipsos, \u00bbaut per nerv\u00f6s suos percussos, omnium certissime ct potcutissime in \u00bbmotum cieri observarunt, et subsultus electricos nervorum directionem \u00bbsequi; esseque eo minores scintillas, quo remotius a cerebro, spirituum \u00bbfontc, pars aliqua percutitur; et denique a nervo iscliiatico canis, elec-\u00bbtrica natura imbuto, conspicuum penicillurn lucidum prodiisse. \u00ab 1\nHaller f\u00fchrt hiezu, aus dem unermesslichen Schatze seiner literarischen Kenntnifs, eine Menge von Stellen an, von denen es mir jedoch nur zum kleineren Theile verg\u00f6nnt gewesen ist, selber Kenntnifs zu nehmen. Zu Hausen\u2019s Namen fehlt merkw\u00fcrdiger Weise ein Cit\u00e2t, womit doch Haller sonst nicht zu kargen pflegt. Auch der von Haller ausgesprochene Zweifel \u2014 \u00bbNescio, an non CI. olim Hausen prima \u00bbconjectura fuerit\u00ab \u2014 ist sehr auffallend, und kaum anders erkl\u00e4rbar, als wenn man annimmt, cs sei ihm die bez\u00fcgliche Stelle wirklich nicht bekannt gewesen. Es ist mir aber gelungen, sie ausfindig zu machen, und ich denke, dafs wohl schwerlich eine \u00e4ltere Urkunde f\u00fcr die Iden-tit\u00e4tslehre aufzuhringen sein m\u00f6chte.\nEinem Deutschen also, Christian August HAUSEN, Professor der Mathematik zu Leipzig, geboren zu Dresden 1693, gestorben zu Leipzig 1743, geb\u00fchrt das Verdienst, in dem Werke: \u00bbNovi Pro-fectus in Ilistoria Electricitatis,\u00ab 2 welches erst nach seinem Tode erschien, diese Lehre zuerst in folgender Weise ausgesprochen zu haben: \u00bbQuodsi licet suspicari, non verebor dicere, mihi haud parum \u00bbverisimile videri firmitatem et fluiditatem, elatercm, densitatem, lucem, \u00bbsonurn, calorem, electricitatcm, ct fortasse Magnetismum, ah uno eo-\u00bb demque fluido pendere, in quo hacrent corpora omnia, quodve haeret \u00bbin omnibus et pro varia conditione virium agendi, fluidi hujus et cor-\u00bbporum ipsorum, ilia omnia variis modis varioque gradu oriri. Imo \u00bbsi ex sanguine posset secerni magna copia hoc fluidum, \u00bbquod in sanguine est sine dubio, ut in corporibus reli-\u00bbquis, fungeretur illud fortasse officio spirituum anima-\u00bblium. Et si in lucem idoneo motuversum, agere potest in organum \u00bbvisionis, id est, agitare simile sibi fluidum contentum in retina, quae \u00bbest nervus expansus, quidni a saliva attractus (nam phlegma mate-\u00bbriam electricam potenter absorbet) posset commovere simile fluidum,\n1 Elementa etc. Lausannae. 4\". t. IV. 1766. p. 378.*\n* Chr. Aug. Hausenu etc. novi Profectus in Histor\u00eea Electricitatis, post Obi-tum Auctoris, praematuro Fato nuper exstincti, ex MSto ejus editi etc. Lipsiae 1743. 4\u00b0. p. 47.* \u2014 Die Ausgabe ist von Gottsched besorgt: s. J. B. v. Rohr\u2019s physikalische Bibliothek u. s. w., herausgegeben von A. G. K\u00e4stner. Leipzig 1754. S. 179.*\n14 5","page":211},{"file":"p0212.txt","language":"de","ocr_de":"212\t3. Abschn. Kap. VI. \u00a7. II. Geschichte der eieidrischen Theorie\n\u00bbquod est in nervulis partium, quarum cum motu conjunctus est sen-\u00bbsus saporis; ut sic sufficeret perficiendis omnibus mutationibus, quae \u00bbin corpore fiunt, exercitio sensuum subtiliorum.\u00ab\nIch vermisse sodann bei Haller eine nur um ein Jahr j\u00fcngere Stelle, welche de Sauvages geh\u00f6rt. Dieser sagt in seinen Anmerkungen zu Hales\u2019 Haematostatik, wo der Verfasser sieh im Texte die Frage stellt, ob auch Fl\u00fcssigkeiten durch Reiben Elektricit\u00e4t entwickeln (S. oben Bd. I. S. 22. Anm. 2): \u00bbMr. Hales ouvre ici un vaste champ \u00bb\u00e0 une hypoth\u00e8se propre \u00e0 expliquer le mouvement musculaire, et \u00bbplusieurs autres fonctions auxquelles on n\u2019a vu go\u00fbte jusqu\u2019ici. La \u00bb fluide nerveux n\u2019est-il pas pouss\u00e9 dans les nerfs avec une vitesse suf-\u00bb lisante pour les \u00e9chauffer, et mettre en jeu l\u2019\u00e9lectricit\u00e9 des fibres et \u00bbla leur propre? Par cette \u00e9lectricit\u00e9, ne se peut-il pas que les fibres \u00bbnerveuses se froncent, et racourcissent le muscle entier, sans aug-\u00bbmenter son volume? Ne pourrait-on pas d\u00e9duire certaines antipathies \u00bbmorales ou aversions qu\u2019on a pour certains aliments, certaines odeurs, \u00bbde 1 \u00e9branlement que l\u2019atmosph\u00e8re \u00e9lectrique de ces corps peut causer \u00bbaux fibres nerveuses? La force r\u00e9pulsive de quelques autres, ne \u00bbpourrait-elle pas venir au secours de l\u2019hypoth\u00e8se?\u00ab 1\nSo k\u00fchn es scheinen mag, Haller nach so langer Zeit in einem Punkte der Literaturgeschichte berichtigen zu wollen, der noch dazu in die Jahre der Bl\u00fcthe seiner eignen Kraft f\u00e4llt, so kann ich doch nicht umhin, es hiernach sehr unwahrscheinlich zu finden, dafs der Arzt von Montpellier dem Leipziger Mathematiker die Vorstellung der Identit\u00e4tslehre sollte entlehnt haben. Wie dem auch sei, nach einem Zeitraum von vier Jahren folgt abermals ein Document, welches Haller unerw\u00e4hnt l\u00e4fst, in de Sauvages\u2019 Dissertation sur la Nature et la Cause de ln liage. (Toulouse 1749. 4\u00b0; \u2014- 1759. 4\u00b0; \u2014 auf\u2019s Neue abgedruckt in de Sauvages\u2019 Oeuvres compl\u00e8tes etc. Nouvelle \u00c9dition. Lyon 1776. t. XI. p. 1\u00b0). Hier erkl\u00e4rt der Verfasser vornehmlich auf Grund einer Reihe subjectiv-elektrischer Erfahrungen das Nervenprincip und die Elektricit\u00e4t f\u00fcr einerlei mit den Worten: \u00bbCe qui, r\u00e9it\u00e9r\u00e9 souvent, ma convaincu que le fluide nerveux est cette mati\u00e8re \u00e9lectrique \u00bbque ces artifices mettent en un si grand mouvement.\u00ab In der Bibliotheca anatomica (Tiguri 1777. 4\u201c. t. II. p. 301\u201d) giebt zwar Haller 1749 als die Jahreszahl dieser Schrift an; aus dem \u00c9loge de M. de Sau-\n' Haemastatique ou la Statique des Animaux. Exp\u00e9riences hydrauliques faites sur les Animaux vivans. Par M. Etienne Hales etc. Traduit par Mr. de Sauvages etc. A Gen\u00e8ve 1744. 4\u00b0. p. 79. Note 3.* \u2014 Statick des Gebl\u00fcts u. s. vv. Halle 1748. 4\u00bb. S. 90.*","page":212},{"file":"p0213.txt","language":"de","ocr_de":"des Nervenprincips. 1. Des Hais, de Sauvages, Iaghi (1744\u20141757). 213\nvages par M. de Ratte (Oeuvres compl\u00e8tes etc. t. I. p. 45.') ist aber zu ersehen, dafs sie bereits im Jahre 1748 von der Akademie zu Toulouse gekr\u00f6nt wurde, bei welcher sie als Preisschrift eingereicht worden war. Unbedingt ist sie \u00e4lter, als die Abhandlung, welche Haller seihst als die erste hieher geh\u00f6rige anf\u00fchrt. Der Titel dieser letzteren, welche er uns in seinen Disputationes ad Morborum Ilistoriam et Curafionem facientcs (Lausannae 1757. 4\u00b0. t. I. p. 17') aufbewahrt hat, lautet: J. Stephani des Hais Dissertatio de Hemiplegia per Elce-tricitntem curanda. Monspelii 1749. Sic hebt sofort v\u00f6llig didaktisch an: \u00bbDatur in homine fluidum tenuissimum, elasticum, mobilissimum, \u00bbcorporis interiora velocissime pervadens, electricum dictum etc.\u00ab Auf Hausen ist in ihr kein Bezug enthalten, wohl aber heilst es: \u00bbVide hac de re, dissertationem de rahie Tolosae nuper editam.\u00ab\nNoch an zwei, von Haller angegebenen, mir zug\u00e4nglichen Stellen ist de Sauvages f\u00fcr die Identit\u00e4tslehre aufgetreten. Zun\u00e4chst 1753 in der ihm durch Haller und de Ratte zugeschricbencn: Dissertation sur le M\u00e9chanisme du Mouvement des Muscles, welche, bei der hiesigen Akademie der Wissenschaften eingereicht, den ausgesetzten Preis nicht gewann, sondern nur der Ehre theilhaftig wurde, n\u00e4chst der gekr\u00f6nten Arbeit Lecat's aus Rouen, von der alsbald die Rede sein wird, in der Sammlung von Preisschriften der Akademie den zweiten Platz cinzunehmen ; 1 sodann in seinen Phgsiologiae mechanicae Elementa (Amstelodami 1755. 12\u201c. p. 129\u00b0). Was die \u00fcbrigen von Haller angef\u00fchrten Stellen betrifft, so scheint es nach denjenigen unter denselben, die ich habe nachsehen k\u00f6nnen, dafs sie sich weniger auf Aeufserungen im Sinne der Identit\u00e4tslehre beziehen, als auf die elektrischen Erscheinungen, die de Sauvages und des Hais zum Beweise ihrer Behauptungen angerufen haben. Ausgenommen hievon sind\n1 Dissertation qui a remporte le prix propos\u00e9 par l'Acad\u00e9mie Royale des Sciences et Belles-Lettres de Prusse, sur le Principe de l\u2019action des Muscles avec les Pi\u00e8ces qui ont concouru. Berlin 1753. 4\u00b0. p. 73. No. XX.* \u2014 Vergl. Haller\u2019s Bibliotheca anatomica; \u2014 de Ratte\u2019s Eloge de M. de Sauvages, ibidem, p. 46.* \u2014 Dies ist die oben S. 5 Anm. 1 angef\u00fchrte Abhandlung, die ich mir zur Zeit des Druckes jener Bogen noch nicht zu verschaffen gewufst hatte. Auch das auf des Hais bez\u00fcgliche, mir damals unverst\u00e4ndliche Cit\u00e2t Haller\u2019s ist nach dem hier Gesagten zu erg\u00e4nzen. So beruht es auch auf einem Mifsverst\u00e4ndnifs, wenn ich oben Bd. I. S. 34. Anm. 2. auf de Sauvages\u2019Physiologie mit der Bemerkung verwies, dafs Haller, an der bez\u00fcglichen Stelle, sie anzuf\u00fchren unterlassen habe. Er thut dies freilich, aber ausnahmsweise unter dem Namen \u00bbGl. Boissier\u201c, unter welchem ich damals de Sauvages nicht erkannte.","page":213},{"file":"p0214.txt","language":"de","ocr_de":"214\t\u2022>. Absehn. Kap, VI. \u00a7. 11. Geschichte der elektrischen Theorie\njedoch die Briefe Tommasio Laghi\u2019s, 1 die mir zwar gleichfalls nicht Vorgelegen haben, deren Inhalt aber aus einer Polemik gegen dieselben, auf welche wir sogleich kommen werden, unzweideutig erhellt.\nDie Gr\u00fcnde, welche Hausen, de Sauvages, des Hais, Lagiii f\u00fcr die Identit\u00e4tslehre aufzubringen vermocht hatten, finden sich oben in Haller\u2019s Auseinandersetzung b\u00fcndig dargelegt, so dafs auf keine Einzelheiten weiter eingegangen zu werden braucht. Man kann sich nicht verhehlen, dafs sie mehr als schwach sind, da schon hei dem damaligen Stande des elektrischen Wissens nicht viel Scharfsinn dazu geh\u00f6rte, um zu entr\u00e4thseln, dafs bei fast allen jenen Erscheinungen, insofern sie \u00fcberhaupt elektrischer Natur waren, der menschliche oder thierische K\u00f6rper keine andere Rolle, als eben die eines ganz passiven Leiters spielte. Es hatten daher diejenigen allerdings leichtes Spiel, welche sich dem Gesch\u00e4fte widmeten, die Unhaltbarkeit der Hypothese von der elektrischen Natur des Nervenprincips ausf\u00fchrlich darzuthun.\nUnter diesen bemerken wir zun\u00e4chst Lecat, 2 den Preistr\u00e4ger der Berliner Akademie, sodann den grofsen Erforscher der Gifte und Nerven, Felice Fontana selber, drittens den Anatomen Marco Antonio Caldani in Bologna, einen fleifsigcn Experimentator auf den von Haller angebahnten Wegen. Die beiden Letzteren, eifrige Anh\u00e4nger der Lehre von der Irritabilit\u00e4t und Sensibilit\u00e4t der verschiedenen Gewebe des thie-rischen K\u00f6rpers, liefsen es sich angelegen sein, die Zweifel zu erdr\u00fccken, die der schon erw\u00e4hnte Laghi wohl nicht sehr gl\u00fccklich gegen dieselbe erhoben hatte. Bei dieser Gelegenheit vernichten sie zugleich seine elektrische Theorie des Nervenprincips. Ihre Abhandlungen, in der Form von Briefen, finden sich in Haller\u2019s M\u00e9moires sur les parties sensibles et irritables du Corps animal etc. t. III. Lausanne 1760. Fontana\u2019s Schreiben an Tosetti ist gezeichnet vom 23. Mai 1757, Caldani\u2019s Brief an Haller vom 30. December desselben Jahres: beide beziehen sich auf Lagi-ii\u2019s zweiten Brief; die Stellen, die Identit\u00e4tslehre betreffend, finden sich a. a. 0. p. 204 sqq. p. 459 sqq.* Sie berufen sich dabei vornehmlich auf das Zeugnifs Giambattista Beccaria\u2019s, damals des ersten Elektrikers jenseits der Alpen.\nIhre Einwendungen finden wir wiederum hei Haller mit K\u00fcrze und\n1 Risposta al Signore Ces. Pozzl Bologna 1756. fol. \u2014 Epistola ad J u:. B. Beccaki. Bononiae 1757. fol.\n1 L. c. p. 17;\u2019 und im Traite de l\u2019Existence, de la Nature et des Propri\u00e9t\u00e9s du Fluide des Nerfs, et principalement de son action dans le mouvement musculaire, etc. Berlin 1765. p. 28. *","page":214},{"file":"p0215.txt","language":"de","ocr_de":"des Nenenprincips. /. Lecat, Fontana, Caldani, Hauer(1757\u20141766). 215\nKlarheit zusammengestellt. Nachdem er Aether und Feuer als das Prin-cip der Nerven ausmachend von der Hand gewiesen, heilst es: \u00bbElec-\u00bbtricae materiei aliae eliam sunt adfectiones. Primum in mortua ca-\u00bbdaveris materie non eadem quidem est electrici elementi 1 2 copia, quae in \u00bbvivo nervo, sed multa tarnen, neque parcius eo sanguis imbutus est, \u00bb aut adeps, aut tendo, aut dentes, quam ipse nervus. Electrici torren-\u00bbtis ea natura est, ut ex ca sede, in qua id elementum abundat, in \u00bb alteram, in qua parcius continetur, suinmo impetu ruat. Pone nunc \u00bbnervum ischiadicum electrica materie plenissimum: pone Tc veile so-\u00bblurn hallucem movere, et vere movere: necesse est in nervo hallucis, \u00bbminus quam in trunco, clectri fuisse, hinc ex trunco in eum ramum \u00bb nerve um lluxisse electrum; ita vero nullo modo fieri potuit, ut is \u00bb torrens solum in hallucem tenderet .... Sed majus quid superest. \u00bbOmnis materia animalis ex eo genere est corporum, quod per com-\u00bbmunicationem electricam naturam accipit, et omnes animales partes \u00bbpariter sunt ad eam recipiendam aptae. Nunc pone, aut nervum \u00bbischiadicum, aut musculum plenum esse electrica materie, et ad mo-\u00bbtum incitatum; ea certe materies se undique, nullis coercenda limiti-\u00bbbus, in circumpositum adipem, in vicinos musculos, diffundet, donee \u00bbaequilibrium natum sit. Addit vir CI. Franciscus Cigna, scintillans \u00bbelementum, quod ex pilis animalis veniat, non ex pilis, sed ex ambiente elemento ad fricantem manum confluere, et perinde ad mor-\u00bbtuam pellem abundare. Denique electricum fluidum corpus huma-\u00bbnum pervadit, neque ullum motum in musculo ullo excit\u00e2t, donee \u00bbex corpore exeat, altcrumquc hominem non electricum offendat. Idem \u00bba nullo vinculo coercctur, et ne a dissectione quidem, dum inferior \u00bbpars nervi non longe a superiore removeatur. Nunc elementum ner-\u00bbveum et per vincula coercctur, et dissecto nervo omnis sensus, aut \u00bbmotus continuitas abrumpitnr. \u00ab a\n1\t\u00bbIn experimentis Cl. Gray lego, mortuis ex parlibus trisliorem lucem pro-(lire.\u00ab \u2014 Anm. Haller\u2019s; unstreitig ist wohl die Stelle gemeint Philosophical Transactions etc. For the Fears 1735, 1736. vol. XXXIX. London 1738. p. 19.*\n2\tIbidem p. 379. 380.* \u2014 Eine Wiederholung dieser Betrachtungen s. in Tissot\u2019s s\u00e4mmllichen zur Arztneykunst geh\u00f6rigen Schriften u. s. w. Leipzig 1781. Bd. III. S. 302.* \u2014Gegen die Idenlit\u00e4lslehre erkl\u00e4rt sich ferner mit Entschiedenheit Jos. Lon. Roger in seinem Specimen physiologicum de perp\u00e9tua Fibrarum muscula-rium palpitatione, novum Phaenomenon in corpore lmmano experimentis detectum et demonstratum. Goltingae 1760. S.60. 65*, wovon \u00fcbrigens der gr\u00f6fste Theil einer Ileifsigen Sammlung aller damals der Electricit\u00e4t zugeschriebenen physiologischen Erscheinungen gewidmet ist. Bei Haller finde ich diese Schrift, wenigstens wo es sich um die Idenlit\u00e4tslehrc handelt, nicht ber\u00fccksichtigt.","page":215},{"file":"p0216.txt","language":"de","ocr_de":"216 Abschn. Kap. VI. \u00a7. II. Geschichte der elektrischen Theorie\nWie man sieht, es sind dies v\u00f6llig dieselben Einvv\u00fcrfe, die bis auf den heutigen Tag in ungeschw\u00e4chter Kraft gegolten haben: einerseits die mangelnde Isolation der Nervenstr\u00e4nge ; andererseits das Hemm-nifs, welches Unterbindung und Durchsclmeidung der Fortpflanzung des Nervenprincips entgegensetzen, der eines elektrischen Stromes aber nicht in den Weg legen d\u00fcrften. 1 2 Indessen, wie es gleichfalls noch heute der Fall ist, so auch bereits damals: den strengen H\u00fctern der Methode, des Schatzes wirklich errungener Thatsachen oblag es freilich, eine im Einzelnen so wenig stichhaltige Hypothese, je verf\u00fchrerischer sie einladen mochte, um so unerbittlicher aus dem Tempel zu treiben; aber sie konnten nicht verhindern, dafs beweglichere, auch minder sicheren Blicken ins K\u00fcnftige nicht abgeneigte Geister ihre Einbildung fort und fort mit jener doch immer noch so einleuchtenden Analogie besch\u00e4ftigten und t\u00e4uschten. Kein geringer Vorschub wurde diesen zu Thei!, als die Wirkungen der Zitterfische, welche Haller noch 1766 nach Reaumur\u2019s 2 Vorg\u00e4nge auf Rechnung einer sehr heftigen Muskelbcwegung brachte,3 4 obschon bereits 1751 Adanson 4 am Senegal ihre Aehnlichkeit mit dem Schlage der KLEisEschen Flasche bemerkt hatte, nun aus Walsh\u2019s, Cavendish\u2019s u. A. Arbeiten 5 6 als unbestritten elektrischer Natur hervorgingen. Und so sehen wir denn auch, noch bevor Galvani\u2019s Entdeckungen ans Licht traten und der Identit\u00e4tslehre sogar mit den unmittelbarsten Thatsachen das Wort zu reden schienen, Forscher jedes Fachs und jedes Ranges aller Orten ihre Ueberzeugung in diesem Sinne aussprechen. Neben den verwirrten Schw\u00e4rmern Comus, 0\n1\tVergl. Joh, Mi'u.er, Handbuch der Physiologie u. s. w. Bd. I. 4. Aull. 1844. S. 553. *\n2\tHistoire de l\u2019Acad\u00e9mie Royale des Sciences. Ann\u00e9e 1714. Paris 1717. p. 19. M\u00e9moires de Math\u00e9matique et de Physique, p. 344.*\n3\tIbidem, p. 484. * \u00bbVidetur etiam ad testimonia veliementissimi tremoris quo \u00bbimisculares librae agitari possuni torpedo perlinere.\u00ab \u2014 Erst in den Addendis am Schl\u00fcsse des 8. Bandes der Physiologie heilst es: \u00bbFateor, post nupera exp\u00e9rimenta \u00bbin anguilla stuporifera (Gymnoto) facta, omnino potius vaporem electricum de eo \u00bbanimale exire videri etc.\u201c L. c. P. II. p. 176.*\n4\tHerrn Adanson\u2019s Reise nach Senegall. Aus dem Franz\u00f6sischen \u00fcbersetzt von Martini. Brandenburg 1773. S. 201.*\n5\tPhilosophical Transactions etc. For the Year 1773. vol. LXIII. P. II. p. 461;* \u2014 1774. vol. LXIV. P. II. p. 464;* \u2014 1775. vol. LXV. P. I. p. (3). 1. 94. 102. P. II. p. 395 ; * \u2014 1776. vol. LXVI. P. I. p. 196.*\n6\tRozier, Observations sur la Physique et l\u2019Histoire naturelle el sur les Arts etc. 1775. t. VI. p. 258; 1778. t. XI. p. 49.* \u2014 Vergl. oben Bd. 1. S. 11. 12.","page":216},{"file":"p0217.txt","language":"de","ocr_de":"des Nervenprincips. J. Der vorgalvanische Zeitraum (1766\u20141791). 217\nde Thourry, 1 Bonnefoy, 2 Bertholon, 3 Vassalli, 4 deren zum Theil schon bei fr\u00fcheren Gelegenheiten gedacht worden ist, nenne ich die Sterne erster Gr\u00f6fse Franklin,5 Leonhard Eller, 6 Priestley7, und um sie herum die nicht zu verachtenden Namen Bonnet,8 Ingen-iiousz, 9 Kielmeyer, 10 Kl\u00fcgel. 11 Ja, seltsam genug, Fontana selber gab sich nach Haller\u2019s Tode so weit nach, dafs er, sehr im Widerspruch mit den Grunds\u00e4tzen, aus denen er einst gegen Laghi eine so scharfe Waffe geschmiedet, nun ganz unumwunden erkl\u00e4rt: \u00bbEs ist \u00bbnicht allein der Mechanismus der Muskelbewegung unbekannt, son-\u00bbdern wir k\u00f6nnen auch nicht einmal etwas erdenken, was ihn er-\u00bb kl\u00e4ren k\u00f6nnte, und es scheint, dafs wir gezwungen sind, zu irgend \u00bbeinem anderen Principium, wo nicht zur gew\u00f6hnlichen Elektricit\u00e4t,\n1\tIbidem, Juin 1777. t. IX. p. 430.* (Polemik gegen Lecat; eine Antikritik s. bei Tissot, a. a. 0. S. 441. Anm. *.\n2\tDe l\u2019application de l\u2019Electricit\u00e9 \u00e0 l\u2019art de gu\u00e9rir. Lyon 1783. \u2014\u2022 Vergl. Sax-torph\u2019s Darstellung der gesammten, auf Erfahrung und Versuche gegr\u00fcndeten Elek-tricitUlslehre u. s. w. Aus dem D\u00e4nischen von Boetids Fangel. Kopenhagen 1804. Bd. II. S. 487.*\n3\tDe l\u2019\u00c9lectricit\u00e9 du Corps humain dans l\u2019\u00e9tat de sant\u00e9 et de maladie. Paris 1786. 2 Bde. * \u2014 Vergl. oben Bd. I. S. 11. \u2014 Es d\u00fcrfte auch hieher geh\u00f6ren sein Uehersetzer C. G. K\u00fchn (Anwendung und Wirksamkeit der Elektricit\u00e4t zur Erhaltung und Wiederherstellung der Gesundheit des menschlichen K\u00f6rpers, aus dem Franz\u00f6sischen des Abt Bertholon de St. Lazare, u. s. w. Weifsenfels und Leipzig 1788\u201489. 2 Bde.), auch Verfasser einer Geschichte der medicinischen und physikalischen Elektricit\u00e4t u. s. w. (Leipzig 1783\u201485. 2 Bde.). Seine Werke haben mir nicht zu Gebote gestanden; vergl. Saxtorpii\u2019s Darstellung u. s. w. A. a. 0. S. 103. 486. 488. 510. 515.*\n\u2018 Gren\u2019s Journal der Physik. 1793. Bd. VI. S. 371. 372.* \u2014 Volta, Colle-zione dell\u2019 Opere ec. 1.1, p. I. p. 240.*\ns Vergl. de Ratte, Eloge de M. de Sauvages, in den Oeuvres compl\u00e8tes etc. Lyon 1776. t. I. p. 41.* \u2014\u25a0 Bei Franklin selber habe ich keine Gew\u00e4hrsslelle daf\u00fcr ausfindig machen k\u00f6nnen.\n6 Er f\u00fchrt die Erscheinungen der Elektricit\u00e4t und des Nervenprincips auf eine gemeinschaftliche Grundursache, die Gleichgewichtsst\u00f6rung des Aethers, zur\u00fcck. Lettres \u00e0 une Princesse d\u2019Allemagne sur divers sujets de Physique et de Philosophie. Milan et Leipzig 1770. t. IL p. 316. 333.*\nI\tExperiments and Observations on different kinds of Air. London 1775. vol. I. p. 277.278.* \u2014 Vergl. oben S. 5.\n8\tOeuvres d\u2019Histoire naturelle et de Philosophie, t. VIII. Neuch\u00e2tel 1781. p. 4. 7. *\n9\tVermischte Schriften physikalisch-medicinischen Inhalts. Uebersctzt von Molitor. Wien 1781. Bd. I. S. 29.*\n19 Gren\u2019s Journal der Physik. 1794. Bd. VIII. S. 70. 76.*\nII\tEncyclopaedic, oder zusammenh\u00e4ngender Vortrag der gemeinn\u00fctzigsten, insbesondere aus der Betrachtung der Natur und des Menschen gesammelten Kenntnisse. 2. Ausgabe. Berlin und Stettin 1792. Bd. I. S. 483.*","page":217},{"file":"p0218.txt","language":"de","ocr_de":"218\t3. Abschi. Kap. VI. \u00a7. II. Geschichte der elektrischen Theorie\n\u00bbdoch zu etwas unsere Zuflucht zu nehmen, das wenigstens mit der \u00bb Elektricit\u00e4t viel Aehnliches hat. Der Zitteraal und der Krampffisch \u00bbmachen die Sache, wo nicht wahrscheinlich, doch wenigstens m\u00f6glich, und man k\u00f6nnte glauben, dafs dieses Principium den gemeinsten \u00bb Gesetzen der Elektricit\u00e4t folgt u. s. w. \u00ab 1 Fontana scheint aber in diesem Punkte wankclm\u00fcthig gewesen zu sein; denn sp\u00e4ter sieht man ihn wieder, ohne der elektrischen Hypothese Erw\u00e4hnung zu thun, sich f\u00fcr Schwingungen des Inhaltes der Primitivr\u00f6hren, \u00e4hnlich denen der Luft bei der Fortpflanzung des Schalles, aussprechen.1 2 3\n2. Zweiter Zeitraum. Von Galvani bis zur Entdeckung des Elektromagnetismus.\nDies ist, was uns der vorgalvanische Zeitraum Bcmerkenswerthes in Betreff der Identit\u00e4tslehre darbietet. Dafs auch Galvani derselben von Anfang an mit Entschiedenheit huldigte, ist schon fr\u00fcher berichtet worden. War dieser Umstand auf der einen Seite von dem gr\u00f6fsten Einflufs auf die Art und Weise, wie er selbst jene erste zuf\u00e4llige Erfahrung verfolgte und seine weiteren Ergebnisse deutete, so fand sich auf der anderen der beispiellose Beifall, den der Commentar durch ganz Europa einerntete, nicht wenig vorbereitet durch die Stimmung der Gem\u00fcther, die, wie man gesehen hat, ziemlich allgemein zu Gunsten der thierischen Elektricit\u00e4t herrschte. Man begr\u00fcfste in den Entdeckungen des Bolognesers die ersten scheinbar gl\u00fccklichen und tadelfreien Bem\u00fchungen, die Identit\u00e4tslehre, die bis dahin nur ein auf mehr oder weniger losen Analogieen begr\u00fcndeter Traum gewesen war, in das Gebiet des Experiments hineinzuziehen. Die Wendung, welche kurz darauf diese Geschichte durch Volta erfuhr, der freilich auch geneigt war, an die Einerleiheit des Nervenwesens und der Elektricit\u00e4t zu glauben, aber doch zu scharf blickte, um in so grobe Schlingen, wie sie sich hier gelegt fanden, einzugehen; die verzweiflungsvollen Anstrengungen Galvani\u2019s und seiner J\u00fcnger, um die Theorie des Commcntars zu retten; wie aus diesen endlich der wirkliche Grundversuch der thierischen Elektricit\u00e4t durch Galvani selbst hervorging, anfangs durch Volta entstellt, dann durch v. Humboldt wieder eingesetzt wurde ; wie zuletzt denn doch wiederum Volta\u2019s Ansicht, getragen durch den R\u00fcckhalt,\n1\tTraite sur le venin de la Vip\u00e8re etc. Florence 1781. 4\u201c. t. II. p. 244.* \u2014\u00bb Deutsch Berlin 1787. 4\u00b0. S. 220. 395. 396.*\n2\tOpuscoli scientifici. In Firenze 1783. p. 180. * \u2014 Franz\u00f6sisch von Gibelin\nunter dem Titel: Opuscules physiques et chimiques etc. Paris 1784, p. 183. 184.*","page":218},{"file":"p0219.txt","language":"de","ocr_de":"des Nervenprincips. 2. Die Zeit ihrer Hintansetzung (1800\u20141823). 219\nden ihr die Erfindung der S\u00e4ule gew\u00e4hrte, den Sieg davon trug, und endlich nur noch ein kleines H\u00e4uflein von Getreuen, Aldini an der Spitze, zur\u00fcckblieb, welches das Dogma der Identit\u00e4tslehre durch eine schlimme Zeit der Bedr\u00e4ngnifs jahrzehndelang sp\u00e4rlich hindurchfristete: diese ganze, an spannenden Zwischenf\u00e4llen reiche Handlung ist zur Gen\u00fcge bereits in dem ersten Kapitel des ersten Abschnittes dieses Werkes dargestellt worden. Dort verfolgten wir, in den Anfang dieses Jahrhunderts hinein, bis zu Nobiu's Entdeckung der elektromagnetischen Wirkung des Froschstromes, die ferneren Schicksale des Gal-vANi\u2019schen Versuches ohne Metalle; hier haben wir uns zu unterrichten, wer, trotz der scheinbar verlorenen Stellung, noch fort und fort die elektrische Beschaffenheit des Nervenwesens zu behaupten wagte.\nIch habe zun\u00e4chst eine Anzahl von M\u00e4nnern, zum Theil den ersten ihrer Zeit, zu nennen, welche sich damit begn\u00fcgten, ihre Ueber-zeugung in diesem Sinne an den Tag zu legen: J. D. Brandis, 1 J. W. Ritter,2 Georg Prociiaska, 3 Alexander v. Humboldt 4 unter uns; den Kaiser Napol\u00e9on 5 selber, Cabanis0 in Frankreich; Sir William Herschel,7 Thomas Young, s John Abernethy 11 in England; jen-\n1 Versuch \u00fcber die Lebenskraft. Hannover 1795. S. 81.*\n1 Beitrage zur n\u00e4heren Kenntnifs des Galvanismus und der Resultate seiner Untersuchungen. Bd. II. Jena 1805. St. 3. 4. S. 245. Anm. *\n3\tIn seinen Schriften: Lehrs\u00e4tze aus der Physiologie des Menschen u. s. w. Wien 1810. Bd. I. S. 66. 111.*\u2014 Bemerkungen \u00fcber den Organismus des menschlichen K\u00f6rpers und \u00fcber die denselben betreffende arteri\u00f6sen und ven\u00f6sen Ilaar-gef\u00e4fse u. s. vv. Wien 1810. S. 40 ff. * \u2014 Disquisitio anatoinico-physiologica orga-nismi Corporis humani ejusque processus vitalis. Viennae 1812. 4\". p. 42. Caput VII. \u00a7. 16 sqq. * \u2014 Versuch einer empirischen Darstellung des polarischen Naturgesetzes u. s. w. Wien 1815. S. 48 ff. * \u2014 Physiologie oder Lehre von der Natur des Menschen. Wien 1820. S. 26 ff. 79. 90. 199.*\n4\tVoyage aux R\u00e9gions \u00e9quinoxiales du nouveau Continent, etc. Paris 1819. 4\". t. IL p. 189. 190;* \u2014 Paris 1820. 8\". t. VI. p. 145. 146;* \u2014 Annales de Chimie et de Physique. Ao\u00fbt 1819. t. XL p. 436.437.*\n5\tLaut Corvisart bei Becquerel, Trait\u00e9 exp\u00e9rimental de l\u2019Electricit\u00e9 et du Magn\u00e9tisme, t. I. Paris 1834. p. 108. *\n6\tRapports du Physique et du Moral de l\u2019Homme. Paris 1805. t. I. p. 422. t. IL p. 346.* \u2014 Uebersetzt von Jakob, unter dem Titel: Ueber die Verbindung des Physischen und Moralischen in dem Menschen. Halle und Leipzig 1804. Bd. I. S. 396. Bd. IL S. 431.*\n7\tLaut Marshall Hall in seinem New Memoir on the nervous System. London 1843. 4\u00bb. p. 27. \u00a7. 115.*\n8\tA Course of Lectures on natural Philosophy and the mechanical Arts. London 1807. 4\u00bb. vol. I. p. 740.*\n9\tPhysiological Lectures, exhibiting a general view of Mr. Hunter\u2019s Physiology etc. London 1817. p.27.245.260.*","page":219},{"file":"p0220.txt","language":"de","ocr_de":"220\t5. Abschn. Kap. VI. \u00a7. II. Geschichte der elektrischen Theorie\nseits der Alpen Rolando. 1 Unter diesen verdient licrvorgehoben zu werden unser Ritter , welchem es gegl\u00fcckt ist, eine Auseinandersetzung zu Gunsten der Idcntit\u00e4tslehre zu geben, wodurch nicht allein die gr\u00f6fs-ten ihr bis dahin entgegenstehenden Schwierigkeiten aus dem Wege ger\u00e4umt werden, sondern die sich auch ganz nahe an diejenigen Ergebnisse anschliefst, zu welchen wir selber, im Laufe dieser Untersuchung und an der Hand der Erfahrung, wirklich gelangen werden. Ich behalte mir die ausf\u00fchrlichere Erw\u00e4hnung dieser merkw\u00fcrdigen \u00bbAnticipatio mentis\u00ab auf eine sp\u00e4tere Stelle vor. 1 2\nAn den feinen strompr\u00fcfenden Mitteln, mit denen uns die Entdeckung des Elektromagnetismus begabt hat, fehlte es damals noch; was der strompr\u00fcfende Froschschenkel leisten konnte, schien abgethan. Unter diesen Umst\u00e4nden suchten einige Beobachter freilich seltsame Wege auf, um ihren Meinungen eine thats\u00e4chliche Grundlage zu verschaffen.\nWeimiold besitzt die Ungezwungenheit, folgendes zu be-'\t' richten: \u00bbEiner drei Wochen alten Katze . . . zerst\u00f6rte ich\n\u00bbdas R\u00fcckenmark und leerte dessen Hole g\u00e4nzlich mittelst eines an \u00bbeiner Schraubensonde befestigten Schwammes und f\u00fcllte es sehr dicht \u00bbmit einem Amalgam von Silber und Zink aus, welches zu dem Be-\u00bbhuf erst von dem Gebrauch zusammengemischt wurde, um die Metalle \u00bbnicht in ihrer Wirkung zu schw\u00e4chen. Ist dasselbe fein und vor-\u00bb sichtig bereitet, so schmiegt es sich wie eine fettige Masse in der \u00bbHole der Wirbels\u00e4ule an alle Nervenurspr\u00fcnge an, welche vom R\u00fccken-\u00bbmark ausgehen, und kaum eingedrungen, beginnt Herz- und Pulsschlag \u00bbvon Neuem. Die Muskelcontraction zeigt sich stark, so dafs kein \u00bbUnterschied zwischen dieser nat\u00fcrlichen und k\u00fcnstlichen Riickenmarks-\u00bbs\u00e4ule wahrzunehmen ist. Es wurde das H\u00fcpfen auf das Neue angeregt, \u00bbnachdem die Oeffnung der R\u00fcckenmarkss\u00e4ule verschlossen war, und \u00bbdas Thier that noch einige starke S\u00e4tze, ehe es ganz ermattete.\u00ab Einer anderen Katze machte dieser gl\u00fcckliche Experimentator sogar ein k\u00fcnst-\n1 Saggio sulla vera Struttura del Cervello delf uomo e degli animali, e sopra le Funzioni del sistema nervoso. Sassari 1809. 4\u00b0. p. XII.*\u2014 Cenni fisico-pa-tologici sulle differenti specie d\u2019 Eccitabilil'a et d' Eccitamenlo, sull\u2019 Irritazione e sulle Potenze eccitanti debilitanti ed irritanti ec. Torino 1821. p. 21. 38 (Das kleine Gehirn seinem Baue nach der VoLTA\u2019schen S\u00e4ule verglichen.) 159.* \u2014 Saggio sopra la vera Struttura del Cervello e sopra le Funzioni del SisLema nervoso. Seconda Edizione. Torino 1828. Sezione terza. Fisiologia del Cervello. p. 38.*\n* S. unten, 4. Abschn.","page":220},{"file":"p0221.txt","language":"de","ocr_de":"des Nervenprincips. 2, Weinhoi.d .\u00e7 und Wilson Philipp* j Versuche. 221\nliclies Gehirn aus einem Zinksilberamalgam, mit solchem Erfolge, dals das Thier sah und h\u00f6rte. 1 *\nAus derselben Zeit schreiben sich Wilson Philipp\u2019s\t.\nBehauptungen her. Ein wunderliches Pr\u00fcfungsmittel hatte '\t1\nsich dieser f\u00fcr die Einerleiheit des Nervenwesens und der Elektricit\u00e4t ersonnen. \u00bbIf the nervous power and galvanism be really the same agent, \u00bbthe latter must be capable of the more complicated as well as the \u00bb more simple, functions of that power. On comparing the properties of galvanism with the phenomena of the nervous power, the \u00bbanalogy between them seemed to the author to warrant the investi-\u00bbgation thus suggested. The reader has seen that by the removal of \u00bbpart of the eighth pair of nerves, the power of digestion, and con-\u00bbsequently the formation of gastric juice, is wholly lost, and the \u00bbstructure of the lungs as well as their secreting power deranged. \u00bbThis appeared to offer an excellent opportunity of ascertaining how \u00bbfar galvanism is capable of effecting the more complicated functions \u00bbof the nervous system. It is not difficult, by coating the lower part \u00bbof the divided nerves with tin-foil and applying a plate of metal to \u00bbthe skin over the stomach and lungs, to expose these organs, by \u00bbmeans of a galvanic trough, to any degree of galvanic power which \u00bbmay be judged proper.\u00ab 11\nHastings machte nun, auf Wilson Philipp's Anliegen, den Versuch, und es ist bekannt, dafs das Ergebnifs desselben ein bejahendes gewesen sein soll; dafs die Speisen in dem Magen, dessen Vagus einem Strom ausgesetzt war, gerade ebenso, wie bei unverletzten Nerven verdaut wurden, w\u00e4hrend sie, wenn kein Strom angewendet wurde, unver\u00e4ndert blieben. Allein eben so bekannt ist das Schicksal, welches dieser Versuch bei seiner Wiederholung in der Folge zu erdulden hatte.\nAnfangs zwar gelang es seinem Urheber, einige Widerspr\u00fcche, die sich zuerst erhoben hatten, zu beseitigen.3 Dann fanden sich sogar\n1 Versuche \u00fcber das Leben lind seine Grundkr\u00e4fte auf dem Wege der Experimental-Physiologie. Magdeburg 1817. S. 33. ff.*\n1 An experimental Inquiry into the Laws of the vital Functions, etc. 2. Edition. London 1818. p. 217.* \u2014 3. Edition. London 1826. p. 210.* \u2014 Die erste Ausgabe von 1817 hat mir nicht zu Gebote gestanden. \u2014 Deutsch von Sontheimek nach der 2. Ausgabe, unter dem Titel: Untersuchung \u00fcber die Gesetze der Functionen des Lebens, auf Versuche gegr\u00fcndet u. s. w. Stuttgart 1822. S. 183.* \u2014 Vergl. Andrew Ure in den Annales de Chimie et de Physique. Ao\u00fbt 1820. t. XIV. p. 337.* \u2014 Der erste Keim von Philipp\u2019s sp\u00e4teren Behauptungen findet sich schon enthalten in einer Abhandlung in den Philosophical Transactions etc. Forthe Year 1817. P. I. p. 22:* \u00bbOn the effects of galvanism in restoring the due action of the lungs.\u00ab\n3 S. Wilson Philipp und Brome in the London Medical and Physical Jour-","page":221},{"file":"p0222.txt","language":"de","ocr_de":"222\t3. Abschi. Kap. VI. \u00a7. II. Geschichte der elektrischen Theorie\nnicht ungewichtige Best\u00e4tigungen seiner Lehre ein. 1 Allein sp\u00e4ter ward, und mit vollem Rechte, der Einwand erhoben, dafs, wenn der Galvanismus hier eine Wirkung erzeuge, er dies nur in seiner Eigenschaft als Reiz thue, indem er n\u00e4mlich, vom durchschnittenen Vagus aus, die wurmf\u00f6rmige Bewegung des Magens unterhalte, welche nothwendig sei, damit die Speisen auf hinreichend vielen Punkten mit dem Magensafte in Ber\u00fchrung kommen. Ja es wurde durch den Versuch gezeigt, dafs der Galvanismus in dieser Eigenschaft durch jeden andern Reiz, z. B. den mechanischen, sehr wohl ersetzt werden k\u00f6nne, so dafs also dem PuiLiPp\u2019schen Versuche, wenigstens f\u00fcr die Identit\u00e4tslehre, jede Beweiskraft abgehe. Breschet und H. Milse Edwards n\u00e4mlich versuchten, statt das Thier in den Kreis einer S\u00e4ule zu bringen, die beiden Enden des durchschnittenen Vagus durch einen Draht zu vereinigen; als sie aber Gegenversuche mit nicht leitenden Verbindungen der Art machten, gelangten sie zu der Einsicht, dafs es die bei dieser Versuchsweise nicht zu vermeidende Zerrung des peripherischen Stumpfes gewesen war, welche die Wirkung hervorbrachte.2 Br\u00e4chet in Lyon, der das Verdienst in Anspruch nimmt, diesen Einwand zuerst theoretisch ausgesprochen zu haben,3 best\u00e4tigte dasselbe jetzt gleichfalls durch Erfahrungen.4 Endlich aber zeigten Joh. M\u00fcller und Dieckhoff sogar, dafs man sich die M\u00fche, diese Auslegung zu finden, h\u00e4tte sparen k\u00f6nnen, da n\u00e4mlich Wilson Philipp\u2019s Behauptung eines Einflusses des Galvanismus auf die Verdauung \u00fcberhaupt nichtig sei.5 Doch sucht Longet gegen\nnal clc. March and April 1820. vol. XLI1I. p. 250. 286.* \u2014 Dieselben in den Philosophical Transactions etc. For the Year 1822. P. I. p. 22;* \u2014 Annales de Chimie et de Physique. F\u00e9vrier 1823. t. XXII. p. 216;* \u2014 Fkoriep\u2019s Notizen u. s. w. Bd. 1. No. 4. August 1821. S. 49.* \u2014 Broughton in Magendie\u2019s Journal de Physiologie exp\u00e9rimentale et pathologique. 1821. t. I. p. 120.*\n1 Clarke Abel in the London Medical and Physical Journal etc. Mai 1820. vol. XLIII. p. 385.* \u2014 Breschet, II. Milne Edwards und Yavasseur in Archives g\u00e9n\u00e9rales de M\u00e9decine etc. 1823. t. II. p.481;*\u2014 Froriep\u2019s Notizen u. s. w. No. 127 (Bd. VI. No. 17). M\u00e4rz 1824. S. 264.* \u2014 Krimer in Bonn suchte Wilson Philipp\u2019s Behauptungen auch noch auf die Harnabsonderung auszudehnen. Physiologische Untersuchungen. Leipzig 1820. S. 22 ff. *\n3\tArchives g\u00e9n\u00e9rales de M\u00e9decine. 1825. p. 187. *\n3\tIbidem, p. 610.*\n4\tRecherches exp\u00e9rimentales sur les Fonctions du Syst\u00e8me nerveux ganglio-naire, et sur leur application 'a la Pathologie. Paris, Montpellier et Bruxelles 1830. p. 207 et suiv. *\n5\tDieckhoff, de Actione, quam Nervus vagus in Digestionem ciborum exer-ceat. Berolini 1835.* \u2014 Joh. M\u00fcller, Handbuch der Physiologie des Menschen u. s. w. Bd. I. 3. Aull. 1838. S. 550. 642.*","page":222},{"file":"p0223.txt","language":"de","ocr_de":"des Nervenprincips. 2. Der WiLsoN-Pmupp\u2019seAe Versuch (1817\u20141839). 223\nJoh. M\u00fcller die fr\u00fchere Meinung aufrecht zu erhalten. 1 Ich mufs bemerken, dafs es mir, von Seiten der Elektrophysiologie aus, im h\u00f6chsten Grade unwahrscheinlich ist, dafs der Galvanismus, wie er in jenen Versuchen angewendet wurde, irgend eine Wirkung auszu\u00fcben im Stande gewesen sei. Denn alle genannten Forscher haben aufser Acht gelassen, dafs auf eine best\u00e4ndige Einwirkung des Stromes keine Reaction der Bewegungsnerven erfolgt; eine solche kann nun und nimmermehr an die Steile einer von Zeit zu Zeit ausge\u00fcbten mechanischen Reizung gesetzt werden. Zu diesem Zwecke h\u00e4tten n\u00e4mlich die Thiere von Zeit zu Zeit auf elektrischem Wege tetanisirt werden m\u00fcssen. Vergl. oben Bd. I. S. 258.\nWilson Philipp selber hat sich durch diese mannigfachen Wechself\u00e4lle seines viel zu ber\u00fchmt gewordenen Versuches nicht irren lassen. Er hat vielmehr in einer langen Reihe von Bekanntmachungen seine Behauptung stets in gleicher Weise wiederholt, und dabei zwar auf die etwaigen Best\u00e4tigungen derselben durch andere Forscher sehr gewissenhaft, viel weniger aber auf ihre Widerlegungen oder auf abweichende Deutungen R\u00fccksicht genommen. a \u2014 Von einem fr\u00fch verdorrten Ausl\u00e4ufer der PiiiLipp\u2019schen Lehre, den auch Joh. M\u00fcller mit Dieckiioff zu Grabe getragen, n\u00e4mlich Matteucci\u2019s k\u00fcnstlichen Verdauungsversuchen ohne Pepsin auf elektrischem Wege, ist bereits oben Bd. I. S. 109 die Rede gewesen.\nIndem wir zum Verfolg unserer Geschichte zur\u00fcckkehren, stofsen wir auf eine merkw\u00fcrdige, halb neuro\u00eblektrische Hy- '\t'\npothese \u00fcber den Ursprung der thierischen W\u00e4rme. Ich w\u00fcrde ihrer keine Erw\u00e4hnung thun, wenn sie sich nicht zur Zeit eines gewissen Beifalls zu erfreuen gehabt h\u00e4tte. De la Rive stellte dieselbe auf. Das arterielle Blut oxydire mehr oder weniger leicht die verschiedenen Stoffe des thierischen K\u00f6rpers. Durch diese Unterschiede der Oxydation seien Str\u00f6mungen bedingt, die sich durch die \u00e4ufsersten Endigungen der Nerven erg\u00f6ssen. Wegen des geringen Querschnittes derselben aber werde dabei W\u00e4rme entwickelt. Diese Entwickelung h\u00f6re (entsprechend den Versuchen von Brohie und Chossat) auf, wenn die Nerven, nach\n1 Anatomie et Physiologie du Syst\u00e8me nerveux de l\u2019Homme et des Animaux vert\u00e9br\u00e9s. Paris 1842. t. I. p. 124. t. II. p. 322 et suiv. *\n1 S. Philosophical Transaclions etc. For the Year 1827. P. II. p. 297;* \u2014 1829. P. I. p. 137. 261;* \u2014 1833. P. I. p. 55;* \u2014 1834. P. I. p. 198. Note (\u2022);* \u2014 1836. P. II. p. 355. 376;* \u2014 1839. P. I. p. 11. Note (f). *\u2014 Biblioth\u00e8que universelle de Gen\u00e8ve. Nouvelle S\u00e9rie. Octobre 1838. t. XVII. p. 361.* \u2014 Vergl. auch einen Streit desselben mit Williams und Earle in the London Medical Gazette etc. vol. XVII. (vol. I. for the Session 1835\u201436).*","page":223},{"file":"p0224.txt","language":"de","ocr_de":"224\t3. Ahschn. Kap. VI. \u00a7. 11. Geschichte der elektrischen Theorie\nbedeutenden Verletzungen ihrer Centralgebilde, gewisse tiefe Ver\u00e4nderungen erlitten h\u00e4tten. 1 2\nUm diese Zeit fallen auch Bellingeri\u2019s Arbeiten \u00fcber thierische Elektricit\u00e4t, von denen wir einen Theil, die Elektricit\u00e4t der tbierischen Fl\u00fcssigkeiten betreffend, schon oben Bd. I. S. 24 kennen gelernt haben. Aehnliches hat Bellingeri auch f\u00fcr die festen Gewebetheile geleistet, und obschon er meist nur verneinende Ergebnisse eingeerntet, doch nicht unterlassen, seine Ueberzeugung von der Einerleiheit des Ner-venprincips und der Elektricit\u00e4t auszusprechen.3\n3. Dritter Zeitraum. Von der Anwendung des Elektromagnetismus durch Pr\u00e9vost und Dumas bis zur Ber\u00fccksichtigung des NoBiu\u2019schen Froschstromes in diesem Gebiete durch Matteucci.\n\u2022 Jetzt trat der Elektromagnetismus ans Licht, und bei '\t\u2022* dem lebhaften Wiederhall, den diese Entdeckung in der\nganzen naturwissenschaftlichen Welt fand, konnte es nicht fehlen, dafs, sobald nur die ersten Grundz\u00fcge der neuen Erscheinung ins allgemeine Bewufstsein \u00fcbergegangen waren, ihr alsbald eine Anwendung zur Befestigung der Identit\u00e4tslehre abgewonnen ward. Die Vervollst\u00e4ndigung der Analogie, die durch den Umstand gew\u00e4hrt wurde, dafs man sich am elektrischen Strome nun erst wirklich, wie an den Nerven, in den Besitz eines Mittels gesetzt sah, durch \u00e4ufserlich unver\u00e4nderte Zwischenglieder in die Ferne mechanische Th\u00e4tigkeit nach Willk\u00fcr auszu\u00fcben, ein solcher Zuwachs der Aehnlichkeit konnte nicht lange unbemerkt bleiben, und Pr\u00e9vost und Dumas geb\u00fchrt der Ruhm, in h\u00f6chst zierlicher und ansprechender Weise zuerst den Versuch gemacht zu haben, die neue Eigenschaft der stromf\u00fchrenden Leiter behufs der Erkl\u00e4rung der Muskelzusammenziehung auszubeuten. Dieser Versuch ist allbekannt, und bereits oben S. 7 erw\u00e4hnt worden; sie gaben vor, 1\u201c. dafs die Nerven in den Muskeln keine freien Endigungen bes\u00e4fsen, sondern einander parallel und senkrecht auf die Muskelb\u00fcndel verlaufende Schlingen darb\u00f6ten; 2\u00b0. dafs die Muskelzusammenziehung durch die Zickzackhiegung der einfachen B\u00fcndel gerade an den Stellen geschehe, wo die Nervenschlingen sic senkrecht kreuzten; 3\u00b0. dafs die Nerven vortreffliche Leiter und noch dazu mit einer isolirenden H\u00fclle versehen seien. Nach dem Tode vermindere sich die Leitungsg\u00fcte\n1\tAnnales de Chimie et de Physique. Septembre 1820. t. XV. p. 109.*\n2\tMemorie della Reale Accademia delle Scienze di Torino, t. XXV. 1820. (Sulla\nproprieta elettrica dei solidi aniinali). p. 11.*","page":224},{"file":"p0225.txt","language":"de","ocr_de":"des Nenenprincips. 3. Prkvost und Domas\u2019 Lehre (1823).\t225\nder Nerven. N un brauchte nur ein Strom die Schlingen alle in gleicher Richtung zu durchfliefsen, damit nach dem AiiPERE\u2019schen Grundgesetze durch gegenseitige Ann\u00e4herung der Schlingen Verk\u00fcrzung des Muskels hervorginge. Bis dahin klingt die Sache leidlich, abgesehen davon, dafs sich nun herausgestellt hat, dafs die Nerven vielleicht auch nicht in Schlingen enden, dafs die Muskeln sich bei der Zusammenziehung nicht im Zickzack beugen, und dafs die Nerven nichts weniger als auch nur mittelm\u00e4fsige Leiter des elektrischen Stromes sind. Au diesem Punkte angelangt aber stofsen Pr\u00e9vost und Dumas auf die Schwierigkeit, erkl\u00e4ren zu m\u00fcssen, wie denn unter irgend welchen Umst\u00e4nden ein Strom dazu komme, jene Schlingen zu durchlaufen. Sie besiegen sie mit H\u00fclfe einer Reihe so sehr auf der Hand liegender Trugschl\u00fcsse, dafs gar nicht zu denken ist, sie selber h\u00e4tten ihre Theorie je f\u00fcr etwas anderes als f\u00fcr ein sinnreiches Spiel des Witzes ausgeben wollen. Sie unternehmen es n\u00e4mlich durchzuf\u00fchren, dafs alle m\u00f6glichen Reize, als mechanische Verletzung, Aetzmittel, W\u00e4rme, auf Nerv und Muskel nur in sofern wirken, als dabei Elektricit\u00e4t entwickelt werde, \u00fcberspringen aber den dunklen Umstand, wie diese Elektricit\u00e4t ihren Weg durch die Schlingen linde, wenn z. B. der Muskel an und f\u00fcr sich gestochen oder gebrannt wird. F\u00fcr die elektrische Reizung selbst dagegen sind sie unvorsichtig genug, sich auf diese Auseinandersetzung einzulassen und schlechthin zu behaupten, dafs, wenn ein Plattenpaar an zwei Punkte des Nerven angelegt werde, ein Tlieil des Stromes seinen Weg durch die Schlingen nehme. Endlich der Wille selbst nun wirke durch einen sich durch die Schlingen ergiefsenden Strom. Es ist klar, dafs dieser Strom in dem Nervenstamme hin und zur\u00fcck laufen m\u00fcsse, und deshalb undeutlich, wie Pr\u00e9vost und Dumas auch nur den Versuch machen k\u00f6nnen, einen Theil desselben am ScuwEiGGER\u2019schen Multipli-cator abzuleiten. Allein gleichviel; es kommt ihnen das Verdienst zu, das elektromagnetische Rheoskop zuerst auf die Aufsuchung elektrischer Str\u00f6me in den Nerven verwendet zu haben, und dies ist der Grund, weshalb ihrer Leistlingen hier ausf\u00fchrlich gedacht wird, wie auch das Einzige, was von ihrer ber\u00fchmten Arbeit aufrecht stehen bleibt. \u00bbNous \u00bbavons choisi les pneumo-gastriques de pr\u00e9f\u00e9rence dans l'animal sain, \u00bbpuis les plexus sciatiques d\u2019un animal en \u00e9tat de t\u00e9tanos; mais, soit \u00bbqu\u2019on ait mis les branches en rapport avec diverses parties du nerf \u00bbintact, soit qu\u2019on les ait fix\u00e9es aux portions sup\u00e9rieure et inf\u00e9rieure \u00bbdu nerf divis\u00e9, l\u2019action \u00e9lectromotrice a \u00e9t\u00e9 inappr\u00e9ciable. Il en a \u00bb\u00e9t\u00e9 de m\u00eame des essais tent\u00e9s sur les nerfs sciatiques, apr\u00e8s avoir \u00bbcoup\u00e9 une de leurs racines. Nous n\u2019avons pas \u00e9t\u00e9 plus heureux avec \u00bbles diverses portions de la moelle ou du cerveau; et si, dans certains U.\t15","page":225},{"file":"p0226.txt","language":"de","ocr_de":"226\t3. Abschn. Kap. VI. \u00a7. II. Geschichte der elektrischen Theorie\n\u00bbcas, 1 aiguille s\u2019est d\u00e9vi\u00e9e, nous n\u2019avons pas encore pu parvenir \u00e0 nous \u00bbformer une id\u00e9e nette des conditions qui ont d\u00e9termin\u00e9 le succ\u00e8s.\u00ab 1 * [1824] ^urz darauf, und noch vor der Arbeit von Breschet und Edwards, in der sie die Wirkung des durchschnittenen Vagus durch Verbindung der St\u00fcmpfe mit einem Metallbogen wiederherzustellen beabsichtigten (S. oben S. 222), machte Larrey, der Wundarzt der grofsen Armee, folgendes bekannt. 3 Er habe seit 1792, wo er Einer der ersten zu Mainz Galvani\u2019s Versuche an abgesetzten menschlichen Gliedmafsen wiederholte, sehr h\u00e4ufig beobachtet: 1. dafs die St\u00fcmpfe eines durchschnittenen Nerven, anstatt sich gleich allen \u00fcbrigen Weichtheilen zur\u00fcckzuziehen, sich vielmehr auszudehnen und ihre wechselseitige Ber\u00fchrung aufzusuchen scheinen;3 2. dafs die Wirkung eines einen Druck erleidenden, unterbundenen oder durchschnittenen Nerven durch Verbindung seiner beiden St\u00fcmpfe mittelst eines metallischen Bogens wiederum hergestellt werden k\u00f6nne. Und Larrey vergleicht die einzelnen Nervenfasern mit den 25 von einander isolirten Leitungsdr\u00e4hten des S\u00f6MMERiNG\u2019schen elektrolytischen Telegraphen: \u00bbLe n\u00e9vri-\u00bb lerne qui enveloppe chaque filet en particulier ferait . . . l\u2019office du \u00bbfil de soie qui entoure les fils m\u00e9talliques du t\u00e9l\u00e9graphe de S\u00f6mme-\n\u00bb RING. \u00ab\nDie \u00bb Litterary Gazette \u00ab vom 13. M\u00e4rz desselben Jahres be-\n1 Magendie, Journal de Physiologie exp\u00e9rimentale et pathologique. 1823. t. III. p. 301\t344.* \u2014 Auch in W. Fre'd. Edwards, de l\u2019influence des agents physiques\nsur la vie. Paris 1824. p. 531.*\n3 Revue m\u00e9dicale Fran\u00e7aise et \u00e9trang\u00e8re et Journal de Clinique de l\u2019H\u00f4tel-Dieu et de la Charit\u00e9 de Paris etc. 1824. t. I. p. 406.*\n3 Ganz im Gegentheil hat Everard Home eine eigene Abhandlung unter dem Titel: \"On the Irritability of the Nerves* \u00fcber die aufserordentliche F\u00e4higkeit der Nerven geschrieben, sich nach der Durchschneidung zur\u00fcckzuziehen, welche nach dem Tode sehr schnell abnehmen solle. Philosophical Transactions etc. For the Year 1801. P. I. p. 2.* \u2014 Vergl. P. W. L\u00fcnd, Physiologische Resultate der Vivi-sectionen neuerer Zeit. Aus dem D\u00e4nischen \u00fcbersetzt. Kopenhagen 1825. S. 323.* \u2014 Auf der anderen Seite will aber auch Flourens eine wirkliche Anziehung zwischen den beiden St\u00fcmpfen eines durchschnittenen Nerven bemerkt b\u00e4hen, die er als ein erstes Anzeichen jenes Hanges zum Verwachsen betrachtet, welcher die Enden sogar trotz ihnen k\u00fcnstlich dargebotenen Hindernissen zur Vereinigung bringt. Annales des Sciences naturelles. 1828. t. XIII. p. 117. Note 1;* \u2014 Heusinger\u2019s Zeitschrift f\u00fcr organische Physik. Bd. II. Eisenach 1828. S. 325. Anm.;* \u2014 Recherches experimentales sur les Fonctions et les Propri\u00e9t\u00e9s du Syst\u00e8me nerveux dans les Animaux vert\u00e9br\u00e9s. 2. \u00c9dition. Paris 1842. p. 271. \u2014 Zuletzt hat Flourens an diese Beobachtung erinnert bei Gelegenheit von Mandl\u2019s vermeintlicher Entdeckung von Bewegungen an den Nerven der Blutigel. Comptes rendus etc. 5 Octobre 1846. t. XXIII. p. 685.* Ich brauche wohl nicht zu erinnern, dafs es sich dabei um nichts als um ein Capillarit\u00e4tsph\u00e4nomen handelt.","page":226},{"file":"p0227.txt","language":"de","ocr_de":"desNervenprincips. 3. Larrey, W.F.Edwards, Pouillet (1824\u20141825). 227\nrichtet, dafs in Partington\u2019s Vorlesungen \u00fcber Physik eine Dame das Verm\u00f6gen kund gegeben, mit den Fingern ihrer Hand die Magnetnadel anzuziehen und abzustofsen. Daumen und Finger zeigten dabei ein entgegengesetztes Verhalten. 1\nFolgender Versuch scheint bestimmt gewesen zu sein, {\t,\ndie L\u00fccke auszuf\u00fcllen, welche Pr\u00e9vost und Dumas gen\u00f6thigt gewesen waren, in ihrer Auseinandersetzung offen zu lassen, weil sie nicht unmittelbar nachzuweisen vermochten, dafs bei Druck und Stich der Muskeln und Nerven Elektricit\u00e4t frei werde. W. Freu. Edwards legte den N. ischiadicus vom Frosche in der Gegend des Kreuzbeines (vom Bauche her) blos, zog einen Streifen Wachstaffent darunter durch, und strich den Nerven mit einem Stifte aus reinem Kupfer, Zink, Blei, Eisen, Gold, Zinn, Platin, oder mit Glas oder Horn. Es erfolgten Zuckungen, die bei Eisen und Zink minder heftig gewesen sein sollen, und g\u00e4nzlich ausblieben, wenn die isolirende Unterlage entfernt wurde. In diesem Falle hatte der Nerv, beim Streichen, Muskeln zur Unterlage. Indessen erschienen die Zuckungen auch, wenn der Wachstaffent durch nasses Papier ersetzt wurde, hingegen kehrten sie nicht wieder, wenn Froschhaut sich an der Stelle befand. Edwards schliefst: \u00bbLe fait sur lequel \u00bbj\u2019ai d\u00e9sir\u00e9 attirer l\u2019attention par cette note, consiste en ce que, toutes \u00bbchoses \u00e9gales d\u2019ailleurs, les contractions produites par le contact d\u2019un \u00bbcorps solide et d\u2019un nerf sans arc galvanique sont diminu\u00e9es ou abo-\u00bb lies, si ce nerf, au lieu d\u2019\u00eatre isol\u00e9, communique avec un bon con-\u00bbducteur; d'o\u00f9 il para\u00eetrait r\u00e9sulter que les contractions sont dues \u00e0 \u00bb1 \u00e9lectricit\u00e9 produite par le contact du nerf et du muscle.\u00ab 2\nMultiplicatorwirkungen, die in dem Kreise zwischen einer in den Arm versenkten Stahlnadel und einem eben solchen in den Mund ge-\nO\nnommenen Drahte sich kund gaben, bei Anwendung von Platin jedoch ausblieben, f\u00fchrten bald darauf Pouillet zu folgendem Versuche. Er stach eine Platinnadel, welche mit dem Multiplicator verbunden war, in die oberste Gegend des R\u00fcckenmarkes eines Kaninchens ein, eine andere ins untere Ende desselben zwischen den letzten Wirbeln; es zeigte sich jedoch keine Spur eines abgeleiteten Stromes. Pouillet entbehrte bei diesem Versuche noch der Vervollkommnungen, mit denen Nobili um dieselbe Zeit Schweigger\u2019s und Poggendorff\u2019s Erfindung so gl\u00fccklich ausstattete.3\n1\tFroriep\u2019s Notizen u. s. w. No. 135. (Bd. VII. No. 3.) April 1824. S. 39.*\n2\tNote sur les Contractions produites par le contact d'un Corps solide avec les Nerfs, sans arc galvanique. Annales des Sciences naturelles. 1825. t. V. p. 51;* \u2014 Froriep\u2019s Notizen u. s. w. No. 266. (Bd. XIII. No. 2.) Januar 1826. S. 24.*\n3\tMagendie, Journal de Physiologie etc. 1825. t. V. p. 5. *\n15 8","page":227},{"file":"p0228.txt","language":"de","ocr_de":"22S\t\u00ab?. Absclin. Kap. VI. \u00a7\u25a0 II. Geschichte der elelelriscken Theorie\nDie erste Anwendung, die Nobili selber noch in dem n\u00e4mlichen Jahre von seinem Multiplicator machte, galt der L\u00f6sung eben dieser Aufgabe (S. oben Bd. I. S. 103). Die Erfindung des Verfahrens, durch Nebenschliefsung mittelst des Multiplicators Str\u00f6me in einem Leiter aufzusuchen, schreibt Nobili an dieser Stelle le la Rive zu. Vergl. dar\u00fcber oben Bd. I. S. 565. Hier habe ich erinnert, dafs dieses Verdienst jedenfalls nicht de la Rive, sondern eher F\u00f6rstemann zukommt, nach dem oben S. 225 Gesagten d\u00fcrften aber Pr\u00e9vost und Dumas im Stande sein, ein noch \u00e4lteres Anrecht geltend zu machen. Das Instrument, dessen sich Nobili bediente, war dasselbe, welches er am 13. M\u00e4rz d. J. der Akademie zu Modena als Probe seiner neuen elektromagnetischen Rheoskope vorgelegt hatte; es steht ausf\u00fchrlich beschrieben an den angegebenen Stellen. 1 So erfahren wir, dafs dasselbe nur 72 Um' g\u00e4nge eines 29 \u2014 30' langen, 0\".2 dicken Drahtes besafs. Es war demnach gewifs bereits eine staunensw\u00fcrdige Empfindlichkeit, wenn es, an beiden Enden mit l/3'\" dicken Zink- und Kupferdr\u00e4hten versehen, bei Verbindung dieser durch eine feuchte Baumwollenschnur, 9 \u2014 12\u00b0 Ausschlag gab. Behufs der thierisch- elektrischen Versuche wurden seine Enden bald mit Platindr\u00e4hten, bald mit Lederballen ausger\u00fcstet, die mit Baumwolle ausgestopft und mit Blattgold oder Goldblech bekleidet waren, und durch eine Harzschicht isolirt an messingenen Heften safsen. Die Versuche wurden am Kaninchen, dem Huhn und dem Schafe angestellt. Sie bestanden darin, dafs bald nur die Ballen an verschiedene biosgelegte Theile des Nervensystemes angelegt wurden, bald die Platindr\u00e4hte in dieselben eingesenkt wurden. Diese Theile waren folgende. 1. Das R\u00fcckenmark in der Gegend des R\u00fcckens und der Lenden am Kaninchen. 2. Zwei Punkte des N. ischiadicus an demselben Thiere, wobei auch die umgebenden Muskeln auf einen darin kreisenden Strom untersucht wurden. 3. Die Hemisph\u00e4ren einerund das kleine Gehirn andererseits, am Huhne. 4. Das kleine Gehirn einer- und die Hemisph\u00e4ren oder das R\u00fcckenmark andererseits, ebenso die Hemisph\u00e4ren einer- und das R\u00fcckenmark andererseits am Kaninchen. Endlich 5. das grofse oder das kleine Gehirn einer- und das R\u00fcckenmark andererseits am Schafe. Die Multiplicatornadel blieb, was nicht zu verwundern ist, in allen F\u00e4llen unbewegt. Nobili schlofs daraus, dafs, wenn die untersuchten Gebilde stromf\u00fchrend sind, ihre Str\u00f6me\n1 Biblioth\u00e8que universelle etc. Ancienne S\u00e9rie. Sciences et Arts. 1825. t. XXIX. p. 119;* \u2014 Poggendorff\u2019s Annalen u. s. w. 1826. Bd. VIII. S. 338. Anm.;* \u2014 Me-morie ed Osservazioni \u00e9dit\u00e9 ed inedite. Firenze 1834. vol. I. p. 1.*","page":228},{"file":"p0229.txt","language":"de","ocr_de":"des Nervenprincips, 3. Nor,in und Fechner (1825\u20141829).\n229\njedenfalls zehnmal schw\u00e4cher sein m\u00fcssen, als der oben bezeichnete Probestrom, und dafs es also unwahrscheinlich sei, dafs elektrischen Str\u00f6men eine wesentliche Rolle in den Vorg\u00e4ngen des Lebens zukomme. 1\nDiese Arbeit, eine der besten in diesem Gebiete, deren hqoqi wir zu gedenken haben, ist, wie es scheint, sehr wenig\ti\nbekannt geworden. Schwer zu begreifen ist jedenfalls, wie, bei so weit vorgeschrittener Stellung der Untersuchung, sie in Abwege der Art zur\u00fcckfallen konnte, wie diejenigen, welche uns noch kennen zu lernen bevorsteht. Zun\u00e4chst haben wir nun eines, zwar nur auf dem theoretischen Gebiete sich bewegenden Versuches Erw\u00e4hnung zu tliun, einige Schwierigkeiten der Identit\u00e4tslehre hinwegzur\u00e4umen, der aber wegen der Gewichtigkeit des Namens, von dem er ausgeht, und des einschmeichelnden Vortrags der Gr\u00fcnde, auf welche er sich st\u00fctzt, wohl berechtigt ist, unsere Aufmerksamkeit zu fesseln. In seinem so vielfach von uns benutzten Lehrbuche des Galvanismus und der Elektrochemie (S. 504 ff.\") \u00e4ufsert Fechner eine entschiedene Neigung f\u00fcr diese Lehre. Nachdem er die schon von Anderen vermuthete isolirende Eigenschaft der Nervenh\u00fcllen zu H\u00fclfe gerufen, um der ersten der oben S. 217 bezeichneten Schwierigkeiten, der mangelnden Isolation, zu begegnen, sagt er: \u00bb... Sehr gut l\u00e4fst sich hiernach die Unter-\u00bbbrechung der Nervenleitung durch Unterbindung der Nerven erkl\u00e4ren. \u00bb Durch das umgelegte Band wird das leitende Mark nach beiden Seiten \u00bbvon der Unterbindungsstelle seitw\u00e4rts gedr\u00fcckt, so dafs nun keine Con-\u00bbtinuit\u00e4t desselben mehr Statt findet; vielmehr m\u00fcssen an der Unterbin-\u00bb dungsstelle die gegen\u00fcberstehenden Wandungen der neurilematischen \u00bbCan\u00e4le aufeinander geprefst werden, eben wie hei Unterbindung der \u00bbBlutgef\u00e4fse die W\u00e4nde dieser, und somit die Leitung intercipiren.\u00ab\nNichts beweist vielleicht besser die allgemeine Eingenommenheit f\u00fcr die Identit\u00e4tslehre, welche zu der Zeit herrschte, als der Antheil, mit dem Versuche, wie die folgenden, aller Orten aufgenommen wurden. Beraudi steckte in den sorgf\u00e4ltig von Blut gereinigten Schenkelnerven eines lebenden Kaninchens drei durch Siegellack von einander getrennte sehr feine eiserne Nadeln, i um zu ermitteln, ob sie nach einiger Zeit\n1 Memorie ed Osservazioni ec. Ivi. p. 7;* \u2014 Biblioth\u00e8que universelle elc. Ancienne S\u00e9rie. Sciences et Arts. 1834. t. LVII. p. 174. *\na Omodei, Annali universal! di Medicina. Maggio 1829. vol. L. Fase. 149. p. 278;* \u2014 Froriep\u2019s Notizen u. s. w. No. 538. (Bd. XXV. No. 10.) August 1829. S. 150;* \u2014 The London medical and physical Journal etc. New Series, vol. VII. November, 1829. p. 457;* \u2014 Archives g\u00e9n\u00e9rales de M\u00e9decine etc. t. XX. Juillet 1829. p. 422,*","page":229},{"file":"p0230.txt","language":"de","ocr_de":"230 Abschn. Kap. VI. \u00a7. II. Geschichte der elektrischen Theorie\ndie F\u00e4lligkeit erhalten w\u00fcrden, kleine Papierschnitzel anzuziehen. Nach einer Viertelstunde war dies noch nicht der Fall, aber nach ferneren 15 Minuten sah Beraudi zu seinem Erstaunen, dafs eine jede der Nadeln einige St\u00e4ubchen Eisenfeile leicht anzog, w\u00e4hrend sie die Papierschnitzel unbewegt liefsen. Bei einer Wiederholung des Versuches versagte dieser Erfolg: Beraudi erkannte auf der Stelle, dafs dies von einer Verlangsamung des Athmungsvorganges herr\u00fchre, und zehn Minuten nachdem er begonnen hatte, dem Kaninchen Luft in die Lungen zu blasen, war auch die magnetische Eigenschaft wieder da. Auf Rolando\u2019s Rath (S. oben S. 220) schritt nun der Entdecker dazu, statt atmosph\u00e4rischer Luft, verschiedene Gasarten einzublasen; und siehe, ganz nach Wunsch zeigte sich der Magnetismus erstaunlich stark beim Sauerstoff, sehr schwach heim Wasserstoff, und sogar Null beim Stickstoff. War das R\u00fcckenmark zwischen dem dritten und vierten Halswirbel zerschnitten, so erschien etwas Magnetismus erst nach Einathmung von Sauerstoff. Der Sehnerv wollte hingegen durchaus die Erscheinung nicht zeigen, auch mit keiner der drei Gasarien; und der Schenkelnerv konnte durch Unterbindung sowohl als Durchschneidung gleichfalls unwirksam gemacht werden. Am durchschnittenen Nerven fand aber doch noch von dem oberen, vier Linien entfernten Stumpfe her eine Wirkung in die Ferne statt, wodurch die Nadeln schwach magnetisch wurden! Schliefslich bemerkt Beraudi sehr gewissenhaft, dafs das Verdienst dieser Versuche, wodurch seiner Meinung nach Rolando\u2019s Lehre von der galvanischen Natur des Nervenwesens best\u00e4tigt sei, im Grunde B\u00e9clard geh\u00f6re, welcher bereits angegeben habe, dafs eine in einen Nerven gesteckte Nadel magnetisch werde. Ich habe die Stelle, wo der fr\u00fch verstorbene Sch\u00fcler Bichat's dies mitgetheilt haben soll, indefs nirgends ausfindig machen k\u00f6nnen. Joh. M\u00fcller hat sich \u00bbnicht verdriefsen lassen, diese Versuche an einem Kaninchen \u00bbzu wiederholen, und . . . auch nicht eine Spur von magnetischer \u00bbEigenschaft an den eingestochenen Nadeln bemerken k\u00f6nnen.\u00ab 1 r. qqrvi David 2 f\u00fchrte einen Messingdraht in den Ischiadnerven 1\teines Huhnes ein und fand, dafs eine dem Ende des Drahtes\ngen\u00e4herte Magnetnadel in Schwingungen gerieth, welche um so st\u00e4rker\n1 Handbuch der Physiologie u. s. w. Bd. I. 3. Auflage. Coblenz 1838. S. 644.*\n1 L\u2019Identit\u00e9 du Fluide nerveux et du Fluide \u00e9lectrique. Th\u00e8se inaugurale. Paris, 7 Ao\u00fbt 1830; \u2014 Archives g\u00e9n\u00e9rales de M\u00e9decine etc. t. XXIV. Novembre 1830. p. 428;* \u2014 Froriep\u2019s Notizen u. s. w. No. 623. (Bd. XXIX. No. 7.) December 1830. S. 97;* \u2014 The London medical and physical Journal etc. New Series, vol. X. Mai 1831. p. 454;* \u2014 The Journal of the Royal Institution of Great Britain. August 1831. vol. II. p. 183,\u2019","page":230},{"file":"p0231.txt","language":"de","ocr_de":"des Nervenprincips. 3. Beraudi und David (1829\u20141830).\t231\nschienen, je mehr das Thier sich bewegte. Wenn zeitweise die Schwingungen unmerklich blieben, lag es einzig daran, dafs der Messingdraht nicht die Nervensubstanz selber ber\u00fchrte. Bei Anwendung dickerer Nerven beschrieb die Nadel h\u00e4ufig einen Bogen von vier bis f\u00fcnf Linien (?) und mehr. David fand indefs, worin wir ihm nur Recht geben k\u00f6nnen, diese Versuche nicht hinreichend, um danach auf die Gegenwart elektrischer Str\u00f6me in den Nerven zu schliefsen, und er ersetzte demgem\u00e4fs den Messingdraht und die Bussolnadel durch Platindr\u00e4hte und den ScHWEiGGER\u2019schen Multiplicator. Der Ischiadnerv eines Kaninchens wurde blosgelegt, gereinigt, durch eine Glasplatte von den darunterliegenden Muskeln getrennt, und die Platiunadeln in denselben, ohne dafs sie einander ber\u00fchrten, eingef\u00fchrt: \u00bb... l\u2019animal est fort \u00bbtranquille, l\u2019aiguille du multiplicateur est immobile. Par un mouve-\u00bbment brusque, l\u2019animal d\u00e9range l\u2019appareil, mais l\u2019aiguille est \u00e9videm-\u00bbment d\u00e9vi\u00e9e et oscille. Je replante les aiguilles; quelques contractions \u00bbont lieu, l\u2019aiguille oscille de nouveau, mais d'une mani\u00e8re douteuse \u00bbpour les assistans. Bient\u00f4t l\u2019animal se livre \u00e0 des efforts vigoureux \u00bbet r\u00e9p\u00e9t\u00e9s; alors plus de doute, l\u2019aiguille d\u00e9crit un arc de plus de \u00bbdeux lignes (?). Les oscillations cessent avec les mouvemens de l\u2019ani-\u00bbmal, pour repara\u00eetre aussit\u00f4t qu\u2019il agit. La cause de l\u2019intermittence \u00bbest connue. On excite l\u2019animal, en lui piquant le nez, en irritant \u00bble nerf \u00e0 faire des efforts de contraction et l\u2019aiguille aussit\u00f4t oscille, \u00bbet l'arc d\u00e9crit est d'autant plus grand que l\u2019action musculaire est \u00bbplus \u00e9nergique.\u00ab Wie das Thier an Kraft verliere, werden auch die Wirkungen weniger ausgesprochen und verschwinden mit dem Tode. Keine Wirkungen erfolgen, wenn von den Nadeln die eine in den Nerven, die andere in den Muskel, oder wenn beide in den Muskel versenkt seien; wenn der Nerv durch mechanische Verletzung oder durch Austrocknen gelitten habe; wenn Nerv und Nadeln in Blut gebadet seien; wenn die Nadeln nicht eine ganz frische metallische Oberfl\u00e4che darbieten; wenn die Nerven vom Gehirne getrennt seien. Auf diese thats\u00e4chlichen Behauptungen, welche sich gr\u00f6fstentheils auf die Ersch\u00fctterung polarisirter Elektroden (S. oben S. 190) zur\u00fcckf\u00fchren lassen d\u00fcrften, 1 gr\u00fcndet David eine sehr ausgebildete elektrische Theorie des Nervensystemcs, in welcher das Gehirn als elektromotorischer Apparat, R\u00fcckenmark und Nerven aber als blofse Leiter fungireu.\n1 Aufser Person, zu dessen Arbeit wir jetzt kommen, haben Sterneberg, Bischoff (S. unten), Job. M\u00fcller (Handbuch der Physiologie u. s. w. Bd. I. 3. Aufl. 1838. S. 644.*), Longet (Anatomie et Physiologie du Syst\u00e8me nerveux etc. t. I. Paris 1842. p. 136.*) und wohl noch viele Andere David\u2019s Versuch nachgemacht, ohne seine Erfolge wahrnehmen zu k\u00f6nnen.","page":231},{"file":"p0232.txt","language":"de","ocr_de":"232\t>>*. Ab sehn. Kap. VI. \u00a7. II. Geschichte der elelclrischen Theorie\nZwei Monate nach dem Erscheineil dieser durchaus sch\u00fclerhaften Arbeit machte Person eine Abhandlung bekannt,1 die mir leider nicht zu Gesicht gekommen ist, der ich aber, nach den Bruchst\u00fccken davon, welche mir an verschiedenen anderweitigen Stellen zug\u00e4nglich geworden sind, nicht umhin kann, unter allen hier zu erw\u00e4hnenden unbedingt den ersten Platz anzuweisen. \u00bbSur de jeunes chats,\u00bb sagt Person Lei Lonuet a. a. 0., \u00bbsur des chiens et des lapins, j\u2019ai mis les p\u00f4les \u00bb du galvanom\u00e8tre en communication avec les parties ant\u00e9rieure et \u00bbpost\u00e9rieure de la moelle; j\u2019ai fait p\u00e9n\u00e9trer les fds de l\u2019instrument dans \u00bbdiff\u00e9rents points de l\u2019\u00e9paisseur de plusieurs nerfs volumineux, esp\u00e9rant \u00bbles mettre ainsi en rapport avec des courants dirig\u00e9s en sens inverses; \u00bbj\u2019ai r\u00e9p\u00e9t\u00e9 ces exp\u00e9riences apr\u00e8s avoir inject\u00e9 dans l\u2019abdomen de la \u00bbteinture de noix vomique, afin de pouvoir exciter \u00e0 volont\u00e9 la con-\u00bb traction musculaire. Des essais analogues ont \u00e9t\u00e9 faits sur des an-\u00bb guides et des grenouilles, qui vivent longtemps sous l\u2019influence de la \u00bbstrychnine; jamais je n\u2019ai aper\u00e7u un indice certain d\u2019\u00e9lectricit\u00e9. Ce-\u00bb pendant je me suis servi de plusieurs galvanom\u00e8tres d\u2019une sensibilit\u00e9 \u00bbextr\u00eame.\u00ab Person macht sodann, wie es scheint, auf verschiedene Umst\u00e4nde aufmerksam, welche geeignet sind, hei diesen Versuchen T\u00e4uschungen herbeizuf\u00fchren. So z. B. begegnete es ihm, als er eines Tages die Empfindlichkeit des Multiplicators dadurch auf die Probe gestellt hatte, dafs er mit dem einen Platinende desselben ein St\u00fcck Zink, mit dem anderen einen auf dem Zink befindlichen Wassertropfen ber\u00fchrte, nachmals beim Einsenken der Dr\u00e4hte ins R\u00fcckenmark eines jungen Hundes lebhafte Str\u00f6me wahrzunehmen, die sich jedoch mit der Verwechselung der Dr\u00e4hte gleichfalls umkehrten. Es zeigte sich, dafs diese Wirkung von Nichts herriihrte, als von einer Spur von Zink, welche an dem einen Platinende haften gebliehen war. In der That liefs sich dieselbe nach Belieben wieder erzeugen, wenn man die Dr\u00e4hte, nachdem der eine mit Zink in Ber\u00fchrung gebracht worden, in Blut oder auch nur in Wasser tauchte. 2 Nicht nur aber berichtigte Person auf diese Weise wieder die groben Irrth\u00fcmer Beraudi\u2019s und David\u2019s, son-\n1\tSie steht in Magendie\u2019s Journal de Physiologie etc. 1830. t. X. p. 216. \u2014 Vergl. Archives g\u00e9n\u00e9rales de M\u00e9decine etc. 1830. t. XXIV. p. 457. 459;' \u2014 Fro-kiep\u2019s Notizen u. s. w. No. 620. (Bd. XXIX. No. 4.) December 1830. S. 56;* \u2014 Joh. Muller\u2019s Handbuch der Physiologie u. s. w. Bd. I. 3. Aufl. 1838. S. 646;* \u2014 Longet, Anatomie et Physiologie du Syst\u00e8me nerveux etc. Paris 1842. t. I. p. 136 et suiv.*\n2\tAehnliche Erfahrungen am strompr\u00fcfenden Schenkel besitzen wir mehrere bereits aus den ersten Zeilen des Galvanismus. S. Wells in Philosophical Transactions etc. For the Year 1795. P. II. p. 255;* \u2014 Gren's Neues Journal der","page":232},{"file":"p0233.txt","language":"de","ocr_de":"des Nervenprincips, 3, Person\u2019s Arbeit (1830),\n233\ndem er hat auch \u00fcberhaupt von allen Arbeitern in diesem Gebiete den fruchtbarsten Gedanken gehabt. Er stellt n\u00e4mlich bereits ganz den n\u00e4mlichen Kreis von Betrachtungen an, mit welchem wir oben Bd. I. S. 409. Bd. II. S. 30 die Untersuchung \u00fcber den Einflufs der Zusammenziehung des Muskels auf den Strom eingeleitet haben. Er \u00fcberlegt sich n\u00e4mlich, dafs die Muskel- und Nervenwirkungen leicht zu schnell vor\u00fcbergehend sein k\u00f6nnten, um das elektromagnetische Rheoskop in Bewegung zu setzen. So finde wohl Ablenkung durch den stetigen Strom von Reibungselektricit\u00e4t statt, der sich vom Leiter der gedrehten Maschine durch den Multiplicator in den Boden ergiefse; aber die Nadel bleibe unbewegt, wenn, nach Unterbrechung der Ableitung, der Abflufs funkenweise geschehe. \u00bbD'apr\u00e8s cette observation,\u00ab sagt Longet, \u00bbM. Person crut devoir r\u00e9p\u00e9ter quelques-unes de ses exp\u00e9riences avec \u00bbun instrument sensible aux courants successifs et instantan\u00e9s, ce qu\u2019il \u00bbfit soit avec la grenouille, qui est, comme on sait, sensible \u00e0 cette \u00bbsorte du courant, soit avec un galvanoscope de son invention; mais \u00bbles r\u00e9sultats furent toujours n\u00e9gatifs.\u00ab Man sieht, wie erstaunlich nahe Person\u2019s Scharfsinn ihn hier mit einem Sprunge den allcrwich-tigsten Entdeckungen gestellt hatte. Er kannte die Tr\u00e4gheit der Magnetnadel, die unbegrenzte Geschwindigkeit im Antworten, die dem strompr\u00fcfenden Schenkel eigen ist; es fehlte ihm nur die Kenntnifs der No-BtLi\u2019schen Arbeit \u00fcber den Froschstrom, in welcher er zugleich, wenn er dessen noch bedurfte, das Tetanisiren auf elektrischem Wege gelernt haben w\u00fcrde, um ungleich weiter zu sein, als Matteucci nach mehr denn zehnj\u00e4hrigen Arbeiten es noch heutigen Tages ist.\nAufser dem Obigen stellt Person noch folgende S\u00e4tze auf, mit denen man auch nach allem seitdem Dazugekommenen nur \u00fcbereinstimmen kann:1 \u00bb1\u00b0. ... les nerfs sont moins bons conducteurs de l\u2019\u00e9lec-\u00bbtricit\u00e9 que les m\u00e9taux; 2\u00b0. ... ils ne la conduisent pas mieux que \u00bbles muscles et autres parties animales humides, et . . . leur conducti-\u00bbbilit\u00e9 \u00e9lectrique ne change pas quand on d\u00e9sorganise m\u00e9caniquement \u00bbla pulpe nerveuse;2 3\u00b0. le n\u00e9vril\u00e8me est si bon conducteur, qu\u2019il est \u00bbincapable d'isoler les courants les plus faibles qu\u2019on puisse produire\nPhysik. 1796. Bd. III. S. 450.* \u2014 v. Humboldt, Versuche \u00fcber die gereizte Muskel- und Nervenfaser u. s. w. 1797. Bd. I. S. 239.* \u2014 Reinhold , de Galvanisms Specimen II. Lipsiae 1798. 4\u00b0. p. 22.*\n1 Longet, ibidem, p. 138. 141.\u2019\n* Longet bemerkt hiezu: \u00bbDans nos exp\u00e9riences avec M. Gu\u00e9rabd\u00bb (S. unten, \u00a7. m. 4 [vin]) \u00bbnous avons vu, au contraire, cette conductibilit\u00e9 changer d\u2019une \u00bbmani\u00e8re appr\u00e9ciable, quoique peu sensible.\u00ab Ich halte diesen Versuch jedoch f\u00fcr ganz erstaunlich schwer anzustellen.","page":233},{"file":"p0234.txt","language":"de","ocr_de":"234 3. Abschi. Kap. VI. \u00a7. 11, Geschichte der elektrischen Theorie des\n\u00bbdans les exp\u00e9riences galvaniques, de sorte qu\u2019un courant engag\u00e9 dans \u00bbun nerf peut passer dans les muscles d\u00e8s que ceux-ci lui offrent un \u00bbchemin plus court.\u00ab Damit war denn leider auch die Ausflucht vernichtet, welche die Voraussetzung einer isolirenden Beschaffenheit der Nervenh\u00fcllen gegen die beiden Haupteinw\u00fcrfe gew\u00e4hrt hatte, die sich bisher wider die Identit\u00e4tslehre erheben liefsen, die mangelnde Isolation n\u00e4mlich und das Verhalten des unterbundenen Nerven, welches Fechner, wie man sich entsinnt, so eben mit H\u00fclfe jener Annahme zu erkl\u00e4ren versucht hatte (S. oben S. 231).\nrt SQO tQQ/1 Ich w^ste Dicht, welchen Fortschritt von hier ab diese Untersuchung gemacht h\u00e4tte, als h\u00f6chstens den, dafs in j\u00fcngster Zeit mit noch empfindlicheren Vorrichtungen und an noch gr\u00f6fscren Thieren und mit noch mehr Vorsichtsmafsregelu die Erfahrung erneuert wurde, dafs man sich, um Str\u00f6me in den Nerven zu entdecken, wohl nicht auf dem rechten Wege befinden d\u00fcrfte. Der NoBiLi\u2019sche Froschstrom und Person\u2019s gl\u00fccklicher Wink blieben fort und fort unbeachtet. Der theoretischen Schw\u00e4rmereien Meissner\u2019s ist schon oben S. 5. 6 gedacht worden. In einer Inaugural-Dissertation, die sich in allgemeinen Betrachtungen \u00fcber das Spiel elektrochemischer Kr\u00e4fte im Organismus ergeht, spricht Gusserow die Vermuthung aus, dafs der Thran der Cetaceen, bei ihrem Aufenthalt in einem leitenden Mittel, dazu da sein m\u00f6ge, um ihre Ncrven-elektricit\u00e4t vor Zerstreuung zu sch\u00fctzen. 1 Cunningham giebt vage theoretische Betrachtungen im Sinne der Identit\u00e4tslehre in einem Werke, betitelt : \u00bb On the motion of the earth and heavenly bodies as ex-\u00bbplainable by electromagnetic attraction and repulsion.\u00ab (London 1834. p. 114 \u2014 120.\u00b0) Sterneberg wiederholt in demselben Jahre ohne Erfolg die Versuche von Larrey, W. Fred. Edwards und David. Edwards\u2019 Beobachtungen glaubt er durch die verschiedene H\u00e4rte der dem Nerven beim Streichen untergebreiteten K\u00f6rper erkl\u00e4ren zu k\u00f6nnen.1 2 3\nr. qqKi Dagegen war Folchi in Rom wieder so gl\u00fccklich, in\n'\t' Gemeinschaft mit Carlocci, Biccioli und dem Mechaniker\nLuswargii Ablenkungen am Multiplicator wahrzunehmen, als von dessen silbernen Enden das eine in die weifse, das andere in die graue Substanz des R\u00fcckenmarkes eines frischenthaupteten Kalbes versenkt wurde.\n1 Gusserow, de electricarum chemicarumque organismi virium ratione atque\nefficacia. Berolini 1832. p. 35.*\n3 Exp\u00e9rimenta quaedam circa vim electricam nervorum atque sanguinis facta. Bonnae 1834. 4\u00b0. p. 3. 4. 5. 6.* \u2014 Vergl. IIecker's Neue wissenschaftliche Annalen der gesanunteu Heilkunde. 1835. Bd. I. S. 473. '","page":234},{"file":"p0235.txt","language":"de","ocr_de":"Nervenprincips. 3. Meissner, Gcsserow, Cunningham u.s.w. (1832\u201438). 235\n[1836]\nDie Richtung der sich auf 5 \u2014 6\u00b0 belaufenden Ausschl\u00e4ge war best\u00e4ndig von der weifscn Substanz zu der grauen in dem Drahte. 1\nIn das folgende Jahr f\u00e4llt Eduard Webers Angabe \u00fcber die Wirkung eines in der Zusammenziehung begriffenen Muskels auf einen Magnet in die Entfernung, deren oben S. 7. 8 bereits gedacht worden. Dieser erwarb sich aber zugleich das Verdienst, \u00fcber die Leitungsf\u00e4higkeit der Nerven zuerst Bestimmungen von zeitgem\u00e4fser Sch\u00e4rfe und Sicherheit zu geben. Er fafst die Ergebnisse, die er am Magnetometer-Multiplicator von 384 Windungen mit H\u00fclfe von Inductionsstr\u00f6men gewann, in folgenden Worten zusammen: \u00bbEx ob-\u00bbservationibus . . . intelligitur, nullam substantiam in corpore humano \u00bbreperiri, e. g. substantiam nerveam, quae flumen galvanicum tarn bene \u00bbtransmittat, ut metallis quodammodo similis sit. Diversae enim cor-\u00bbporis partes flumini galvanico non minorem resistentiam opponunt, \u00bbquam quae a corpore sanguine aliisque saisis et calidis fluidis imbuto \u00bbexspectari potest, nempe resistentiam decies aut vigesies minorem, \u00bbquam aqua destillata aeque calida, igitur aequalem fere ei, quam aqua \u00bbcalida aeque salsa opponit.\u00ab Das Wasser selbst nun leitet, nach Weber, \u00fcber tausend Millionen Mal schlechter als Kupfer. \u00bbIn hac maxima metal-\u00bblorum et aquae discrcpantia mirum sane videri possit, in corpore anima-\u00bbIium ad ictus galvanicos propagandos, metalla regulina a natura non in \u00bbusum vocata esse, a natura illa, quae alias optimis quibusque instru-\u00bb mentis usa est ad certos fines consequendos .... llaud dubie etiam \u00bbconductoribus metallicis usa esset, si flumina galvanica ad certa loca \u00bbderivare utile fuisset. \u00ab 2 Dies ist die erste Andeutung eines dritten Ilaupteinwurfes, der sich jetzt vom Standpunkte der Kenntnifs der Gesetze der Fortpflanzung galvanischer Str\u00f6me aus, gegen die Identit\u00e4tslehre erheben liefs. Bei der L\u00e4nge und dem geringen Querschnitte der Nerven n\u00e4mlich, endlich ihrer so geringen Leitungsf\u00e4higkeit m\u00fcfsten die Str\u00f6me, die etwa in den Nerven kreisten, eine ganz unendliche elektromotorische Kraft besitzen, um noch irgend merkliche Wirkungen aus\u00fcben zu k\u00f6nnen.\nIn das nun kommende Jahr geh\u00f6rt Prevost\u2019s bald darauf\nvon Peltier und mehreren Anderen widerlegte Angabe \u00fcber\n[1837]\ndie F\u00e4higkeit der Muskeln, in sie eingef\u00fchrte Nadeln zu elektromagne-tisiren (S. oben S. 8. 9), wie auch eine Arbeit von Tlrck, von der\n1\tL\u2019Institut. 1835. t. III. No. 95 p. 71;'\u2014 Froriep\u2019s Notizen, u.s.w. No. 950. (Bd. XLIV. No. 4.) April 1835. S. 55.'\n2\tQuaesliones physiologicae de Phaenomems galvano-magneticis in Corpore humano observalis. Lipsiae (1836). 4\u00b0.'","page":235},{"file":"p0236.txt","language":"de","ocr_de":"236\t3. Abschn. Kap. VI. \u00a7. II. Geschichte der elehtrischen Theorie\ndie Pariser Akademie der Wissenschaften jedoch den Inhalt vorenthalten hat. 1\nId Qoqi Trotz den unstreitig vorzuziehenden, weit sorgf\u00e4ltigeren und zahlreicheren Erfahrungen Nobili\u2019s und Person\u2019s hatte Folchi's Angabe doch alsbald wieder grofses Aufsehen gemacht, und in alle Zeitschriften Eingang gefunden. An sie kn\u00fcpfen sich Tn. L. Bischoff\u2019s Bestrebungen, elektrische Str\u00f6me in den Nerven zu entdecken. 2 3 Er hatte Folchi\u2019s Versuch sogleich an Hunden vergeblich nachzuahmen gesucht. Am 6. Juli 1838 stellte er in Rastadt in Gemeinschaft mit Heermann und Jolly \u00e4hnliche Beobachtungen an dem Rumpfe eines vor ungef\u00e4hr 40' enthaupteten Verbrechers an. Er bediente sich eines NoBiLi\u2019schen Galvanometers, welches beim Eintauchen einer Kupferplatte (?) von \u2019/4 Ouadratzoll Oberfl\u00e4che in reines Wasser eine Abweichung der Magnetnadel um 90\u00b0 ergab. Bischoff senkte zuerst die beiden mit zwei Platinnadeln endigenden Leitungsdr\u00e4hte, den einen in die graue, den anderen in die weifse Substanz des R\u00fcckenmarkes des Stammes ein. Die Nadel blieb unbeweglich, wie oft auch der Vorgang erneuert und die Platinenden verwechselt wurden; indessen, f\u00fcgt Bischoff hinzu, gab das Einstechen derselben auch zu keinen Zuckungen mehr Anlafs. Unterdefs war der N. medianus am Oberarme biosgelegt worden, und es wurden die beiden Nadeln in 1\" Entfernung von einander in denselben eingesenkt, w\u00e4hrend man sich zugleich bem\u00fchte, Zuckungen vom R\u00fcckenmarke aus zu erregen. Allein es traten weder diese, noch eine Ablenkung der Magnetnadel ein. Vermuth-lich in der Absicht zu erfahren, wie sich denn unter den hier gegebenen Verh\u00e4ltnissen der Leitung ein Strom wahrnehmen lassen w\u00fcrde, der den Nerven wirklich durchkreiste, wurden jetzt die Enden einer 60paarigen S\u00e4ule bald mit R\u00fcckenmark und Hand, bald mit dem Nervenstamme oberhalb der Platinenden und der Hand, bald endlich mit demselben allein ober- und unterhalb der Nadeln in Ber\u00fchrung gebracht. Gleichwohl blieb die Nadel unbewegt. Nat\u00fcrlich r\u00fchrte dies von nichts her, als der geringen Empfindlichkeit des Multiplicators. Bischoff aber, dem Person\u2019s und Weber\u2019s Angaben \u00fcber den Widerstand der Nerven\n1 Comptes rendus etc. 20 F\u00e9vrier 1837. t. IV. p. 579;* \u2014 L\u2019Institut, t. V.\nNo. 198. p. 62\u2019 \u00abce m\u00e9moire (sur l\u2019Electricit\u00e9 animale) extrait d\u2019un long travail que \u00bbl\u2019auteur a entrepris sur la goutte a pour objet particulier de chercher \u00e0 \u00e9tablir \u00bbque l\u2019action nerveuse est due au fluide \u00e9lectrique.\u201c\n3 M\u00fcller\u2019s Archiv u. s. w. 1838. S. 493.* \u2014 Jolly in Verhandlungen der Schweizerischen naturforschenden Gesellschaft bei ihrer Versammlung zu Basel den 12. 13. 14. September 1838. Basel 1838. S. 121.* \u2014 Vergl. Valentin\u2019s Repertorium f\u00fcr Anatomie und Physiologie u. s. w. Bd. IV. S. 37.*","page":236},{"file":"p0237.txt","language":"de","ocr_de":"des Nervenprincips. 3. Bischoff, Jolly, Jobert, Lembert (1838).\t237\nwohl noch unbekannt geblieben waren, neigte sich zu der Ansicht, dafs das vorz\u00fcgliche, ja sogar das der Metalle iibertrefl'ende Leitungsverm\u00f6-gen der Nerven die Ursache jenes Erfolges gewesen sei, und er fand sich hierin durch eine der seinigen \u00e4hnliche Erfahrung Matteucci\u2019s best\u00e4tigt, \u00fcber welche oben Bd. I. S. 113. 114 berichtet worden ist. Die Erkl\u00e4rung in entgegengesetztem Sinne, welche Joh. M\u00fcller schon fr\u00fcher von diesem Versuche bekannt gemacht hatte,1 * beseitigt Bischoff, seiner Meinung nach, mit H\u00fclfe einer Reihe von Betrachtungen, deren Widerlegung uns an dieser Stelle zu weit f\u00fchren w\u00fcrde. Obschon er sich endlich wider den Verdacht verwahrt, ein Anh\u00e4nger der Identit\u00e4tslehre zu sein, macht er doch darauf aufmerksam, dafs die Erfolglosigkeit der bisherigen Bestrebungen, elektrische Wirkungen von den Nerven zu erhalten, sich sehr wohl allein aus ihrer \u00fcberlegenen Leitungsf\u00e4higkeit erkl\u00e4ren lassen k\u00f6nnte.\nBischoff ist jedoch sp\u00e4ter,\u201c in Gemeinschaft mit Jolly, auf diesen Punkt zur\u00fcckgekommen, und hat sich diesmal die Ueberzeugung verschafft, dafs die Nerven vielmehr sehr schlechte Leiter der Elektricit\u00e4t seien. Die Versuchsreihe, wodurch ihm dieses schliefslich gegl\u00fcckt ist, glaube ich \u00fcbergehen zu d\u00fcrfen, da sie mehr zu des Verfassers eigener Belehrung gedient hat, als dafs sich dabei f\u00fcr die Sache etwas Neues herausgestellt h\u00e4tte. Ich bemerke nur, dafs Bischoff sich auch noch vergeblich bem\u00fchte, freie Spannung an den Nerven zu entdecken, indem er sie durch dicke Kupferdr\u00e4hte mit der Condensatorplatte eines Gold-blattelektroskopes in Verbindung setzte, welches die durch einen leichten Druck auf ein seidenes Band erregte Elektricit\u00e4t noch anzeigte.\nZu derselben Zeit tauchte in Frankreich, wie ich, in Ermangelung der Quelle,3 aus Longet's Anatomie et Physiologie du Syst\u00e8me nerveux etc. t. I. p. 131. 132* entnehme, die Sage einer elektrischen Anziehung wieder auf, welche Theile des Nervensysteraes auf leichte K\u00f6rper aus\u00fcben sollten. Vergl. die \u00e4hnlichen Behauptungen Galvani\u2019s und Aldini\u2019s oben Bd. I. S. 69. 94. Lembert und Jobert sind hier als erneute Urheber derselben zu nennen. Longet sagt davon: \u00bbL'exp\u00e9rience de M. Lembert, qui consiste \u00e0 faire attirer un fil par un nerf, \u00bb ou, selon M. Jobert, par le cerveau et la moelle, nous a r\u00e9ussi \u00e9ga-\u00bblement bien avec les muscles, le doigt humide, et tout corps, m\u00eame \u00bbinerte, impr\u00e9gn\u00e9 d\u2019eau ti\u00e8de. La pr\u00e9tendue attraction r\u00e9sulte \u00bbici de l\u2019impulsion de l\u2019air froid qui souffle le fil vers le corps chaud,\n1 M\u00fcller\u2019s Archiv u. s. w. 1835. S. 103.*\n! M\u00fcller\u2019s Archiv u. s. w. 1841. S. 20.*\ns Jobert, Eludes sur le Syst\u00e8me nerveux. Paris 1838. p. 47.","page":237},{"file":"p0238.txt","language":"de","ocr_de":"238 3. Abschn. Kap. VI. \u00a7. II. Geschichte der elektrischen Theorie des\n\u00bbtandis qu\u2019un courant d'air chaud, m\u00eal\u00e9 de vapeur aqueuse, s\u2019\u00e9l\u00e8ve \u00bbde ce corps: l\u2019\u00e9lectricit\u00e9 n\u2019a donc rien \u00e0 revendiquer dans cette ex-\u00bbp\u00e9rience. \u00ab\nT. ooqi Ein Jahr darauf sucht unter uns Laymann die Erschei-1 nungen der Reflex- und der Mitbewegungen unter dem Bilde einer Induction, wie sie von einem stromf\u00fchrenden Leiter auf einen benachbarten Leiter stattfindet, zu verdeutlichen. 1\nFaraday spricht sich am Schl\u00fcsse seiner Arbeit \u00fcber den Zitteraal der Adelaide-Gallery folgendermafsen f\u00fcr die Identit\u00e4tslehre aus: \u00bbNow though I am not as yet convinced by the facts that the ner-\u00bb vous fluid is only electricity, still y think that the agent in the ner-\u00bb vous system may be an anorganic force; and if there be reason for \u00bbsupposing that magnetism is a higher relation of force than elcctri-\u00bb city, so it may well be imagined, that the nervous power may be \u00bbof a still more exalted character, and yet within the reach of the \u00bbexperiment.\u00ab Die Versuche, die der grofse Entdecker zu dem Ende vorschl\u00e4gt, um ein solches Verh\u00e4ltnifs n\u00e4her festzustellen, sind folgende: Man solle Zusehen, ob ein durch vieles Schlagen ersch\u00f6pfter Zitteraal oder Zitterroche sich schneller erhole, wenn man fremde Str\u00f6me in der Richtung seiner eigenen durch ihn hindurchsende; ob er schneller zu Grunde, gehe, wenn in entgegengesetzter Richtung, u. d. m. 2\nZu sehr schlechten Mitteln nahmen in demselben Jahre zwei Ita-li\u00e4nische Gelehrte, Pacinotti und Puccinotti, ihre Zuflucht, um elektrische Wirkungen dem Nervensysteme abzulocken. Ihre eigene Arbeit ist mir nicht zu H\u00e4nden gekommen; Berichte dar\u00fcber aber an mancherlei Orten.3 Das Verfahren dieser Forscher besteht darin, das eine Platinende des Multiplicators ins Gehirn, das andere in einen Muskel eines lebenden warmbl\u00fctigen Thieres zu versenken. Nat\u00fcrlich kann dies, bei auch nur mittelm\u00e4fsiger Empfindlichkeit des Strompr\u00fcfers, nicht ohne Nadelbewegungen ablaufen. Pacinotti und Puccinotti aber behaupten, dafs der Strom stets einerlei Richtung, n\u00e4mlich vom Gehirn zu den\n1\tPhysiologische Untersuchungen. Anwendung der Induction auf die Ncrvcn-physik. Coblenz 1839.*\n2\tExperimental Researches in Electricity (Collected from the Philosophical Transactions), vol. 11, London 1844. p. 16. (Series XV. November 1838. \u00a7\u00a7. 1791 bis 1795.)*\n3\tDer Titel der Abhandlung ist: \u00bbEsperienze sulla Esistenza e le Leggi delle \u00bbCorrenti elettro - iisiologiche negli Animali a sangue caldo\u00ab Pisa 1839. \u2014 Vergl. Valentin in Rud. Wagner\u2019s Handw\u00f6rterbuch der Physiologie u. s. w. Bd. I. 1842. S. 299;* \u2014 und in seinem Repertorium f\u00fcr Anatomie und Physiologie u. s. w. 1841. Bd. VI. S. 62.* \u2014 Matte\u00fcccx in Archives de l\u2019Electricit\u00e9 etc. t, II. p. 446;* \u2014 Annales de Chimie et de Physique. 3. S\u00e9rie, t. VI. p. 330;* \u2014 Trait\u00e9 etc. p. 119.*","page":238},{"file":"p0239.txt","language":"de","ocr_de":"Nervenprincips. 3. Faraday, Pacinotti, Puccinotti u. s, w. (1839\u201441). 239\n[1840]\nMuskeln in dem Thiere, innehalte, dafs er mit der Erregung des Thie-res steige, mit dem Blutverluste desselben falle.\nSind schon diese Versuchsweisen erbaulich genug, so hat man an Zantedesciii\u2019s und Fayio's Methoden, 1 mit Hinblick auf Nobili\u2019s und Person\u2019s fr\u00fchere Leistungen, einen wahren R\u00fcckfall in tiefe Barbarei zu beklagen. Diese setzen n\u00e4mlich das Thier in einen Kasten und spiefsen es an zwei Stellen an eisernen Spitzen auf, welche mit dem Multiplicator in Verbindung sind. So enth\u00fcllt sich ihnen eine Welt von Str\u00f6mungen: es scheint aber doch, als wenn die Unhill derartiger Untersuchungen ziemlich allgemein gef\u00fchlt worden w\u00e4re; wenigstens haben sich von verschiedenen Seiten her zweifelnde Stimmen \u00fcber die Zuverl\u00e4ssigkeit ihrer Ergebnisse vernehmen lassen.2 3\nHeidenreich brachte sodann einen Vorschlag zur Aus- , f\u00fchrung, der, seiner Angabe nach, von Pelletan dem L Sohne in seinem Trait\u00e9 \u00e9l\u00e9mentaire de Physique g\u00e9n\u00e9rale et m\u00e9dicale (Paris 1824) herr\u00fchrt. Er umgab n\u00e4mlich seinen Zeigefinger oder seinen Vorderarm nebst der Hand mit Drahtwindungen, durch welche er den Strom einer \u00bbeinelementigen S\u00e4ule\u00ab gehen liefs. N\u00e4herte er nun das seiner Meinung nach elektromagnetisirte Glied einem freischwebenden Magnetstabe, so fand, je nach der Richtung des Stromes, Anziehung oder Abstofsung des letzteren statt. Heidenreich \u00fcbersah nicht, dafs die Spirale an und f\u00fcr sich in dieser Weise zu wirken verm\u00f6ge; \u00bbaber,\u00ab versicherter, \u00bbnach genauer mit einem Zirkel angestell-\u00bbter Messung ergiebt sich, dafs die Spirale, um gleiche Wirkung zu \u00bbhaben, f\u00fcr sich allein dem Magnetstabe gerade um das Doppelte n\u00e4her \u00bbgebracht werden mufste, als wenn der Finger durch dieselbe gesteckt\n\u00bb war. \u00ab\nIn England wurde w\u00e4hrenddem die Frage mehr theoretisch behandelt. In einer ersten Abhandlung erkl\u00e4rt Martyn Roberts den Einflufs der Nerven auf den Blutumlauf in den Haargef\u00e4fsen, z. B. bei\n1\tDie Originalabhandlung ist mir unbekannt geblieben. Esperienze intorno alle Correnti elettro-fisiologiche negli Animali a sangue caldo. Venetia 1840. \u2014-Vergl. einen Bericht von Cantraine in: Bulletins de l\u2019Acad\u00e9mie Royale des Sciences et Belles-Lettres de Bruxelles. 1840. ffII. P. II. p. 43;* \u2014 Archives de l\u2019\u00c9lectricit\u00e9. 1841. t. I. p. 474;* \u2014 L\u2019Institut. 1841. t. IX. V. 367. p. 4.*\n2\tArchives de l\u2019Electricit\u00e9, Ibidem. \u2014 Valentin, a. a. 0.\n3\tlnductions-BIagnetismus am menschlichen K\u00f6rper nachgewiesen in: Eichhorn\u2019s Medicinisches Corrcspondenz-Blatt bayerischer Aerzte u. s. w. Erlangen 1841. S. 785;* \u2014 C. Chr. Schmidt\u2019s Jahrb\u00fccher der in- und ausl\u00e4ndischen gesammten Medicin. 1842. Bd. XXXIV. S. 3.*","page":239},{"file":"p0240.txt","language":"de","ocr_de":"240 3. Abschi. Kap. VI. \u00a7. 11. Geschichte der elektrischen Theorie des\n[1842]\nder Schamr\u00f6the, durch den Versuch Jali.abert\u2019s, in welchem Wasser aus einem elektrisirten Haarr\u00f6hrchen im Strome fliefst, anstatt zu tropfen; in einer zweiten wendet er, wie schon fr\u00fcher Laymann in Deutschland (S. oben S. 237), das Princip der Induction auf die Nervenphysik an.1 Dagegen giebt sich Wm. Bevan damit ab, das Unhaltbare der Identit\u00e4tslehre von Neuem auseinanderzusetzen. 2\nDasselbe unternimmt Peltier im darauf folgenden Jahre (26. Februar) in einem Vortrage in der Soci\u00e9t\u00e9 philomatique zu Paris bei Gelegenheit von Matteucci\u2019s oben Bd. I. S. 528 mitgetheilten Versuchen.3 Ebenso urtheilt Longet nach einer kennt-nifsreichen und unbefangenen Er\u00f6rterung in seinem mehrerw\u00e4hnten Lehrbuche.4 5 Ilieher geh\u00f6ren Valentin\u2019s Arbeiten, deren oben Bd. I. S. 154 schon hinreichend gedacht worden ist. Pr\u00e9vost macht abermals eine elektrische Theorie der Muskelzusammenziehung bekannt (S. oben S. 9).\nWharton Jones folgt Pr\u00e9vost in dieser Laufbahn (S. ebendas. S. 9. 10). Ich zeige die Entdeckung des Nerven-stromes an (Januar 1843). \u2014 S. oben S. 203. 204.\nIn einem, einige chemische Untersuchungen \u00fcber das Nervensystem ausgenommen, rein theoretischen Aufsatze ficht James Stark gegen die Identit\u00e4tslehre und entscheidet sich f\u00fcr die Annahme von Schwingungen des Nerveninhaltes. 5 Tiiilorier, der weiland Erfinder der festen Kohlens\u00e4ure, und Lafontaine k\u00fcndigen im Juni d. J. der Pariser Akademie der Wissenschaften an, dafs, wenn man die beiden Enden des Multiplicators in die H\u00e4nde nimmt, man durch blofse angestrengte Willensth\u00e4tigkeit im Stande sei, die Nadel bald hieliin, bald dorthin abzulenken. Eine auf die Magengrube gelegte Eisenmasse werde gleichfalls durch einen blofsen Ausflufs des Willens zum Magnete.0 Diese Fabel hat sich nicht best\u00e4tigt.\nIIenle und K\u00f6lliker meinen, dafs f\u00fcr die PACiNi\u2019schen K\u00f6rperchen,\n[1843]\n[1844]\n1 The Philosophical Magazine etc. 3. Series, vol. XIX. July \u2014 December\n1841.\tp. 31. \u2014 Vol. XXIII. July \u2014 December 1843. p. 41;* \u2014 Archives de l\u2019Electricit\u00e9. t. I. p. 467.*\ns The London Medical Gazette. New Series, vol. 1. For the Session 1841\u2014\n1842.\tp. 173.* (An Inquiry into the tr^th of the electric nature of the nervous principle.)\n* L\u2019Institut, t. X. 1842. No. 466. p. 96.*\n4\tIbidem, t. I. p. 120 \u2014144.*\n5\tEdinburgh medical and surgical Journal etc. October 1844. vol. LXII. p. 285.* \u2014 January 1845. vol. LXIII. p. 116;* \u2014 Froriep\u2019s Neue Notizen u. s. w. No. 106 (Bd. XXXIII. No. 2). Januar 1845. S. 17.*\nc Comptes rendus etc. 10 et 17 Juin 1844. t. XVIII. p. 1109. 1132.*","page":240},{"file":"p0241.txt","language":"de","ocr_de":"N ervenprincips. 3. Peltieb, Longet, Valentin u. s. m. (1842\u20141844) 241\nwenn man an irgend etwas Bekanntes ankn\u00fcpfen wolle, nichts \u00fcbrig bleibe, als sie mit Pacini den elektrischen Organen der Fische an die Seite zu stellen, mit denen sie eine Aehnlichkeit des Baues besitzen sollen, die mir indefs nicht begr\u00fcndet zu sein scheint. Sie glauben ferner, um diese Ansicht zu st\u00fctzen, an die bekannte Elektricit\u00e4tsent-wickelung bei Katzen, zusammentreffend mit der grofsen Anzahl der PACiNi\u2019schen K\u00f6rperchen bei diesen Thieren, erinnern zu d\u00fcrfen, und sie machen den Versuch, freie Spannung an jenen neuen Organen im Gekr\u00f6se lebender Katzen mit H\u00fclfe des Elektroskopes nachzuweisen, wobei sie indefs, wie zu erwarten war, zu keinem Erfolge gelangen. 1\n4. Matteucci\u2019s vergebliche Bem\u00fchungen, elektrische Wirkungen von den Nerven zu erhalten.\nEndlich Matteucci\u2019s Leistungen auf diesem Felde ist noch nicht Erw\u00e4hnung geschehen. Obschon dieselben viel fr\u00fcher anfangen, habe ich doch vorgezogen, sie bis an den Schlufs dieser Geschichte zu ver-sparen, um sie, da sie bis in die neueste Zeit hinabreichen, in zusammenh\u00e4ngender Reihe abhandeln zu k\u00f6nnen. Seine ersten Angaben r\u00fchren von 1834 her, und es ist ihrer bereits oben Bd. I. 111 \u2014 118 gedacht worden. Zuerst sollte sich ein Strom kundgeben zwischen den Enden eines durchschnittenen Vagus; dann zeigte sich\u2019s, dafs dies nicht der Fall sei. Nun bem\u00e4chtigte er sich der BECQUEREifschen (eigentlich RiTTERSchen) Meinung von der Entwickelung der Elektricit\u00e4t der Zitterfische in ihrem Gehirn,8 und keine Behauptung schien ihm zu gewagt, um diese Lehre zu erh\u00e4rten. Viel weiter vorgeschritten finden wir ihn unstreitig in seinem \u00bb Essai sur les ph\u00e9nom\u00e8nes \u00e9lectriques des animaux\u00ab (Paris 1840). Er f\u00e4ngt an, sich auf die entgegengesetzte Seite des Zweifelns an der Identit\u00e4tslehre zu schlagen. Er stellt indefs noch Versuche an, wie die oben S. 14 beschriebenen an Muskeln, und wie folgende: Um zu erfahren, ob die Nerven spiralig um die Muskelb\u00fcndel gerollt seien, und ob ein durch die thierischen Gebilde gef\u00fchrter fremder Strom etwa diese Bahn einschlage, steckte er ein Froschbein in eine Rolle, deren Enden mit dem Multiplicator in Verbindung waren, und liefs den Strom einer S\u00e4ule durch die Muskeln gehen, ohne jedoch Induction zu erhalten. Ebensowenig gelang ihm dies, als er den Schlag einer Flasche durch das Bein f\u00fchrte, und die Enden der Rolle\n1 lieber die PACiNi\u2019schen K\u00f6rperchen an den Nerven des Menschen und der S\u00e4ugethiere. Z\u00fcrich 1844. 4\u00b0. S. 37. 38. *\n* S. unten, Kap. X. \u00a7. n. 1.\nn.\n16","page":241},{"file":"p0242.txt","language":"de","ocr_de":"242 3. Abschn. Kap. VI. \u00a7\u25a0 11. 4. Matteecci\u2019j vergebliche Bem\u00fchungen,\nmit einer Art von MARuNisii\u2019schem \u00bbR\u00e9-\u00e9lectrom\u00e8tre\u00ab (S. oben Bd. I. S. 418) verband. 1 Und Matteucci schliefst, von solchem Thatbestande aus, ganz folgerecht: \u00bbII faut donc avouer que, malgr\u00e9 les recherches \u00bbles plus minutieuses, il nous a \u00e9t\u00e9 impossible de d\u00e9couvrir des courants \u00e9lectriques dans les nerfs des animaux lorsqu\u2019ils \u00e9prouvent des \u00bbcontractions aux muscles, ou qu\u2019ils transmettent des sensations au \u00bbcerveau. Pour conclure que le courant \u00e9lectrique est l\u2019agent de ces \u00bbfonctions, nous attendrons que la science nous donne des moyens \u00bbplus propres pour le d\u00e9montrer.\u00ab\nObschon Matteucci seitdem ziemlich unverr\u00fcckt auf diesem Standpunkte stehen geblieben ist, den er, wie wir sehen werden, auch heute noch einnimmt, hat er es doch nicht lassen k\u00f6nnen, dem Nervensysteme bei Gelegenheit wieder allerlei unglaubliche Eigenschaften in elektrischer Beziehung aufzub\u00fcrden. In dem Aufsatze \u00fcber den Froschstrom vom Jahre 1838, welcher nachmals im Essai etc. abgedruckt wurde, hatte er angegeben (S. oben Bd. 1. S. 120), dafs der Strom des Galvani-schen Pr\u00e4parates zwischen den Schenkelmuskeln und den F\u00fcfsen zu erscheinen fortfahre selbst nach Entfernung der Ischiadnerven wie auch des zwischen den Schenkelmuskeln gelegenen Theiles derselben. Ebendaselbst machte er bekannt, dafs der Strom nicht minder zwischen Kopf und F\u00fcfsen des enth\u00e4uteten, sonst unverletzten Gesammtfrosches erhalten werde. Man sollte also meinen, Matteucci h\u00e4tte von hier ab wissen k\u00f6nnen, dafs die Ischiadnerven bei der Erzeugung des Stromes unbetheiligt sind, dafs sie dabei nichts als unwirksame feuchte Leiter von sehr betr\u00e4chtlichem Widerstande vorstellen. Nichtsdestoweniger bem\u00fcht er sich vier Jahre sp\u00e4ter in seiner Preisschrift \u00bb Deuxi\u00e8me \u00bbM\u00e9moire sur le courant de la grenouille etc,,\u00ab ohne dieser Angaben Erw\u00e4hnung zu thun, durch eine weitschweifige Versuchsreihe die Rolle der Nerven bei der Erzeugung des Stromes von Neuem festzusetzen. Zuerst gelangt er, auf m\u00fchseligen Umwegen, zu dem Schl\u00fcsse, \u00fcber den doch jene fr\u00fcheren Versuche schon weit hinausgehen: \u00bbque l\u2019\u00e9l\u00e9-\u00bbment \u00e9lectromoteur complet du courant de la grenouille est form\u00e9 \u00bbd\u2019un de ses membres, c\u2019est-\u00e0-dire d\u2019une jambe, d'une cuisse, de son \u00bb nerf spinal et d\u2019un morceau d\u2019\u00e9pine. \u00ab Dann l\u00e4fst er zwei S\u00e4ulen aus sechs GALVANi\u2019schen Pr\u00e4paraten jede einander entgegenwirken. Einmal nimmt er den Gliedern der einen S\u00e4ule die Nervenst\u00e4mme und das St\u00fcck Wirbels\u00e4ule, l\u00e4fst ihnen aber die hintere Beckenwand (\u00bbles os \u00bbet les muscles du bassin\u00ab \u2014 vergl. oben Bd. I. S. 699). Ein ander-\n1 Essai etc. p. 36. 37.* \u2014 Trait\u00e9 etc. p. 256.* \u2014 Le\u00e7ons sur les Ph\u00e9nom\u00e8nes physiques des Corps vivants. Paris 1847. p. 265.*","page":242},{"file":"p0243.txt","language":"de","ocr_de":"elektrische Wirkungen von den Nerven zu erhalten.\n243\nmal entfernt er die Nervenst\u00e4mme, bei sonst \u00e4hnlicher Zubereitung, bis zum Kniegelenke. Ein drittes Mal fehlt auch die hintere Beckenwand. Ein viertes Mal endlich fehlt nicht nur die Beckenwand, sondern es sind auch alle sichtbaren Nervenf\u00e4den des Oberschenkels ausgemerzt. In allen vier F\u00e4llen beobachtete Matteucci einen sehr schwachen Differentialstrom im dem Sinne der ihrer Nerven beraubten Pr\u00e4parate. Er schliefst daraus: \u00bb1\u00b0 ... le courant de la grenouille persiste dans sa \u00bbdirection et dans son intensit\u00e9 sans la moelle \u00e9pini\u00e8re, sans les nerfs \u00bbspinaux et cruraux, et quoiqu\u2019elle soit priv\u00e9e de tous les filets ner-\u00bbveux visibles de la masse musculaire de la cuisse; 2\u00b0 . . . l'\u00e9l\u00e9ment \u00bb\u00e9lectromoteur de ce courant se r\u00e9duit aux muscles de la jambe et de \u00bbla cuisse, unis organiquement; 3\u00b0 . . . quand on laisse \u00e0 la grenouille \u00bbpr\u00e9par\u00e9e \u00e0 la mani\u00e8re ordinaire, la moelle \u00e9pini\u00e8re, les nerfs et leurs \u00bbramifications dans les muscles, toutes ces parties nerveuses \u00bbagissent dans la production du courant, comme le fait la \u00bbsubstance musculaire de la cuisse.\u00ab 1\nDiese dunkle Behauptung betrifft, wie man sieht, das Hirngespinnst des Froschstromes. Was den in Matteucci\u2019s Vorstellung davon unterschiedenen Muskelstrom anlangt, so sagt dieser Physiker in seiner ersten unverst\u00e4ndlichen Mittheilung dar\u00fcber vom September 1841 (S. oben Bd. I. S. 527), der Nerv verhalte sich positiv gegen das Muskelinnere. In dem \u00bbDeuxi\u00e8me M\u00e9moire etc.,\u00ab welches im Februar 1842 bei der Pariser Akademie der Wissenschaften eingereicht wurde, heifst es dagegen: \u00bbToutes les recherches que j\u2019ai tent\u00e9es, m\u2019ont d\u00e9montr\u00e9, qu\u2019en op\u00e9rant \u00bbde la mani\u00e8re qui a \u00e9t\u00e9 indiqu\u00e9e et dans les animaux susdits, on \u00bbobtient toujours au galvanom\u00e8tre un courant qui est constamment di-\u00bbrig\u00e9, dans l\u2019animal, de la masse musculaire de la cuisse ou du nerf \u00bbqui y est ramifi\u00e9, \u00e0 la surface externe ou tendineuse des muscles de la \u00bbjambe.\u00ab 3 Nun also soll sich der Nerv vielmehr dem Muskelinneren gleich, oder negativ verhalten! Sodann wiederholt auch Matteucci Pacinotti und Puccinotti\u2019s rohe Metzeleien (S. oben S. 238), und findet gleich ihnen, dafs man, beim Versenken des einen Multiplicatorendes ins Gehirn, des anderen in den Muskel eines lebenden Thieres, einen Strom im Thiere vom Gehirn nach dem Muskel erhalte. Er f\u00fcgt hinzu: \u00bbJ\u2019ai trouv\u00e9 \u00bbque ces courants ont la m\u00eame intensit\u00e9 et la m\u00eame direction, quand \u00bbon plonge une des lames dans le cerveau et qu\u2019on pose l\u2019autre sur \u00bbla simple surface du muscle.\u00ab 3 In nicht geringer Verlegenheit findet\n1 Archives de l'\u00c9lectricit\u00e9. Novembre 1842. t. II. p. 432. 433. 443;* \u2014 Annales de Chimie et de Physique. 3. S\u00e9rie, t. VI. p. 316. 327.*\n*\tArchives etc. Ibidem, p. 448;* \u2014 Annales etc. Ibidem, p. 333. *\n*\tArchives etc. Ibidem, p. 446;* \u2014 Annales etc. Ibidem, p. 330.*\n16*","page":243},{"file":"p0244.txt","language":"de","ocr_de":"244 3. Abschn. Kap. VI. \u00a7. II. 4. Matteccci\u2019s vergebliche Bem\u00fchungen,\ner sich aber, wie es sich darum handelt, diese mannigfaltigen Aussagen in einen Schlufssatz zu vereinigen, denen, da sie v\u00f6llig aus der Luft gegriffen sind, das einzige Verdienst abgeht, was ihnen noch zukommen k\u00f6nnte, dasjenige, sich wenigstens nicht zu widersprechen. Dies geschieht folgendermafsen: \u00bble nerf qui appartient \u00e0 une masse musculaire, \u00bb et tout le syst\u00e8me nerveux en g\u00e9n\u00e9ral, peuvent faire l\u2019office de la partie \u00bbinterne d'un muscle dans la production du courant musculaire . . . \u00bbChaque nerf repr\u00e9sente tous les points de la masse musculaire o\u00f9 il \u00bbse distribue, et fait par l\u00e0 le m\u00eame office qu\u2019un fil m\u00e9tallique qu\u2019on supposerait r\u00e9pandu avec un tr\u00e8s grand nombre de ratifications dans un muscle ... Le courant est dirig\u00e9, dans l\u2019animal, \u00bb de l\u2019int\u00e9rieur du muscle ou de son nerf \u00e0 sa surface, ou \u00e0 son tcn-\u00bbdon. . .. Ces conclusions expliquent les r\u00e9sultats des exp\u00e9riences de \u00bb MM. Pacikotti et Puccinotti ... II arrive dans la seule grenouille \u00bbque le courant qu\u2019on obtient en mettant en communication les muscles \u00bbou les tendons de la jambe et les nerfs ou les muscles de la cuisse, \u00bbest dirig\u00e9, dans l\u2019animal, de la jambe \u00e0 la cuisse ou au nerf. . . . \u00bb Il reste \u00e0 expliquer . . . comment dans la grenouille les muscles de \u00bbla jambe et particuli\u00e8rement les tendons par lesquels ils se terminent, \u00bbont, dans la production du courant propre, la m\u00eame influence qu\u2019a, \u00bbdans les animaux \u00e0 sang chaud et dans les m\u00eames grenouilles, la partie \u00bbinterne des muscles ou des nerfs qui s\u2019y distribuent.\u00ab 1\nVergl. oben Bd. I. S. 531. Dies ist die gr\u00e4nzenlose Verwirrung, auf welche bereits ebendaselbst angespielt wurde. Ich bin mir schuldig, von Neuem darauf aufmerksam zu machen, dafs sie es ist, auf welche Mat-teucci allein sich st\u00fctzen kann, wenn er sich erdreistet, mir den Erstbesitz des Gesetzes des Muskelstromes abstreiten zu wollen. Zwei Monate nach dem Erscheinen des \u00bbDeuxi\u00e8me M\u00e9moire\u00ab kam der *vorl\u00e4ufige * Abrifs\u00ab meiner Untersuchungen heraus. Hier legte ich das Gesetz des Muskelstromes in seiner ganzen Einfachheit dar. Der L\u00e4ngsschnitt, sei\u2019s der nat\u00fcrliche, sei\u2019s der k\u00fcnstliche, verh\u00e4lt sich positiv gegen den Querschnitt, sei\u2019s den k\u00fcnstlichen, sei\u2019s den mit der Sehne \u00fcberzogenen nat\u00fcrlichen. Dies ist der Fall bei allen Muskeln aller Thiere. Einen Froschstrom giebt es nicht, so wenig als einen Hunde- oder Taubenstrom. Er ist die h\u00f6chst verwickelt zu Stande kommende Resultante unz\u00e4hliger unbestimmbar erlaufender Componenten. Es fragte sich aber, welche Rolle die Nerven dabei spielen m\u00f6gen. Ich zeigte zun\u00e4chst, dafs sogar Muskelbruchst\u00fccke, in denen das Mikroskop nach-\n1 Archives etc. Ibidem, p. 449. 450.451;* \u2014 Annales etc. Ibidem, p. 334. 335. 337.*","page":244},{"file":"p0245.txt","language":"de","ocr_de":"elektrische Wirkungen von den Nerven zu erhalten.\t245\nmais keine Primitivnervenr\u00f6hren zu entdecken vermochte, den Strom entwickeln (S. oben Bd. I. S. 555) und fuhr dann fort: \u00bbIn Bezug \u00bbauf Matteucci\u2019s Angabe, die Nerven verm\u00f6chten das Innere der Muskel-\u00bbmassen im elektromotorischen Effect zu ersetzen, ist zu erinnern, dafs \u00bbdieselben, gleich dem Sehnengewebe, in solchen F\u00e4llen als indifferente feuchte Leiter fungirend, bald Querschnitt, bald Aufsen-\u00bb fl\u00e4che des Muskels zu ersetzen im Stande sein w\u00fcrden, wenn nicht der \u00bbEintritt eines Nerven in seinen Muskel durch die Sehne die morpholo-\u00bbgisch unstatthafte Bedingung des ersteren Verhaltens w\u00e4re. Daher, \u00bbso oft ich bisher diesem Umstande meine Aufmerksamkeit geschenkt \u00bbhabe, ich stets gefunden habe, dafs der Nerv als Aufsenfl\u00e4che des \u00bbMuskels fungirte.\u00ab 1\nErst zwei Jahre sp\u00e4ter ist Matteucci, begreiflich ohne meiner mit einer Sylbe Erw\u00e4hnung zu thun, in Betreff der Rolle, welche die Nerven bei der Erzeugung des Muskelstromes spielen, zu denselben Ergebnissen gelangt.\nZuerst verschaffte er sich die Ueberzeugung, dafs die Nerven, das Gehirn und das R\u00fcckenmark nicht gleich Metallen, sondern etwa viermal schlechter leiten als die Muskelsubstanz. Er stellte sich, so gut wie m\u00f6glich, Streifen der gr\u00f6fseren Gewebemassen von gleichem Querschnitte mit dem Ischiadicus des Kaninchens her, legte diesen und jene hintereinander auf eine isolirende Unterlage und liefs den Strom einer 12gliederigen Kette von best\u00e4ndiger Kraft durch sie hindurchgehen. Dann ber\u00fchrte er sie mit den in best\u00e4ndiger Entfernung von einander gehaltenen Platinenden des Multiplicators, und las die Ablenkungen durch den Stromarm ab ; oder er wechselte mit der Entfernung der Platinenden, so dafs die Ablenkung best\u00e4ndig blieb.2 Die auf Stromst\u00e4rken zur\u00fcck-\n1 A. a. O. S. 7. 8. \u00a7. 21.\n' Comptes rendus etc. 23 Janvier 1843. t. XY1. p. 196;* \u2014 l\u2019Institut, t. XI. N\u201d. 475. p. 36.* \u2014 Trait\u00e9 etc. p. 47. fig. 11. pi. I.* \u2014\u2022 Matteucci erz\u00e4hlt hiervon einem merkw\u00fcrdigen Leitungsverh\u00e4ltnisse des Nervensystemes, welches er zweimal beobachtet hat. Er legte an einem Kaninchen das R\u00fcckenmark und den einen Ischiadnerven blos, und liefs den Strom einer hundertpaarigen S\u00e4ule hindurchgehen. Ein eingeschalteter Multiplicator zeigte ihm, wenn der Strom ann\u00e4hernd best\u00e4ndig geworden war. Tauchte Matteucci die beiden Platinenden eines zweiten Multiplicators in zwei Muskelwunden auf den R\u00fccken des Thicres, so erhielt er, wie sich von selbst versteht, einen abgeleiteten Strom. Dieser Strom soll von gr\u00f6fserer, manchmal doppelter St\u00e4rke sein, wenn der urspr\u00fcngliche Strom von gleicher St\u00e4rke vom R\u00fcckenmark nach dem Ischiadnerven, als wenn er den entgegengesetzten Weg gef\u00fchrt wird; ein Unterschied, der mit dem Leben abnehmen lipd endlich im Tode verschwinden soll.","page":245},{"file":"p0246.txt","language":"de","ocr_de":"246 3. Abschn. Kap. VI. \u00a7. II. 4. Matteucci\u2019s vergebliche Bem\u00fchungen,\ngef\u00fchrten Ablenkungen in dem ersten Falle, wie die Abst\u00e4nde der Platinenden in dem zweiten, w\u00fcrden allerdings ein Mafs der Leitungsg\u00fcte der verschiedenen Gewebe abgeben, wenn nur nicht die Ladungen der Platinenden w\u00e4ren, und wenn man sich nur denken k\u00f6nnte, dafs die Querschnitte der Streifen, worauf doch alles ankommt, einander auch nur einigermafsen gleich zu machen seien.\nDem Trait\u00e9 etc. ist sodann als 8. Kapitel (p. 113\u00b0) eine ganze Abhandlung unter der Aufschrift einverleibt: \u00bb De la fonction du sy-y> st\u00e8me nerveux dans le courant \u00e9lectrique musculaire et dans le \u00bb courant propre de la grenouille,\u00ab welche eine grofse Menge von Versuchen enth\u00e4lt, die eben einfach darauf hinauslaufen, dafs die Nerven beim Frosch- und Muskelstrome nichts als die Rolle unwirksamer feuchter Leiter von betr\u00e4chtlichem Widerstande spielen. Zuerst setzt er aus vier strompr\u00fcfenden Schenkeln mit ihren Nerven eine S\u00e4ule zusammen, welche 4\u20145\u00b0 ansteigenden Stromes giebt. In diesem Falle stellte der Nerv des einen Endgliedes also den positiven Pol der thie-rischen S\u00e4ule vor. Schob aber Matteucci die Unterschenkel zusammen, so dafs, bei Ausschlufs der Nerven, der Fufs des einen Gliedes das Kniegelenk des anderen ber\u00fchrte, so war nicht nur der Strom nicht verschwunden, sondern er hatte sogar die doppelte H\u00f6he erreicht (10 \u2014 12\u00b0 Ausschlag). Richtete Matteucci eine S\u00e4ule aus den unteren H\u00e4lften der beiden Oberschenkel von vier Fr\u00f6schen vor, indem er dabei die Ischiadnerven so schonte, dafs sie oberhalb der Schnittfl\u00e4che erhalten waren und sich in diese hineinversenkten; so gab die S\u00e4ule 12\u00b0 Ausschlag im absteigenden Sinne, und der Nerv des einen Endgliedes stellte diesmal den negativen Pol derselben vor. Diesen Versuch kann ich nur loben; er ist, mit k\u00fcnstlichem Querschnitte, die Verwirklichung der Bedingungen f\u00fcr das negative Verhalten des Nerven, welche ich, aus morphologischen R\u00fccksichten, f\u00fcr den nat\u00fcrlichen Querschnitt in meinem \u00bb vorl\u00e4ufigen Abrifs \u00ab f\u00fcr unstatthaft erkl\u00e4rt hatte. Erhielt Matteucci vielmehr die obere H\u00e4lfte der Oberschenkel, an denen der Nerv am Beckenende zwischen den mehr oder weniger unversehrten Muskeln lieraustrat, und das Muskelinnere des n\u00e4chstfolgenden Gliedes ber\u00fchrte, so stellte der freie Nerv des einen Endgliedes positiven Pol vor; legte er die Nerven aber gegen die Aufsenfl\u00e4che der n\u00e4chstfolgenden Glieder, so erschien eine Spur von Strom in der umgekehrten Richtung, wobei der freie Nerv des einen Endgliedes wieder den negativen Pol vorstellte. Diese Spur r\u00fchrte nach Matteucci davon her, dafs am Becken das Muskelinnere bei (1er Zurichtung etwas hatte entbl\u00f6fst werden m\u00fcssen. Stets kann, in allen diesen Ver-","page":246},{"file":"p0247.txt","language":"de","ocr_de":"elektrische Wirkungen von den Nerven zu erhalten.\n247\nsuchen, der Nerv ohne Beeintr\u00e4chtigung des Erfolges durch einen feuchten Papierstreifen ersetzt werden. 1\nNach einigen v\u00f6llig werthlosen Versuchen, die sich auf das angebliche gleichzeitige Vorkommen des Muskelstromes und des vermeintlichen Froschstromes im Froschunterschenkel beziehen, gelangt Matteucci zum Schlufs: \u00bb... Il est bien \u00e9tabli par mes recherches, que la fonction \u00bbdes nerfs dans le courant musculaire et dans le courant propre de la \u00bbgrenouille se r\u00e9duit simplement \u00e0 celle d\u2019un corps tr\u00e8s-peu conducteur, \u00bbqui repr\u00e9sente l\u2019\u00e9tat \u00e9lectrique de la partie du muscle, int\u00e9rieur ou \u00bbsurface, avec laquelle il est le plus rapproch\u00e9. \u00ab Je mehr Nachdruck, aus unbekannten Gr\u00fcnden, Matteucci auf sein Verdienst in dieser Angelegenheit legt, je mehr sehe ich mich gezwungen, nochmals darauf hinzuweisen, wie ich schon zwei Jahre vor ihm den Satz ausgesprochen hatte, dafs die Nerven beim Muskelstrome sich einfach als unwirksame feuchte Leiter verhalten. Wie schlecht sie alsdann leiten, ist seit Cavendish\u2019s Zeiten bekannt, physikalisch aber klar und auch bereits in meinem Satz enthalten, dafs sie den elektrischen Zustand des Punktes des Muskelumfanges vorstellen m\u00fcssen, den sie zuerst ber\u00fchren.\nUebrigens kann es Matteucci noch immer nicht ganz verschmerzen, dafs die Nerven so gar gemeine Leiter sein sollen. Er kommt, an eben der Stelle des Trait\u00e9 etc., nochmals auf Pacinotti und Pucci-notti\u2019s Versuche zur\u00fcck. Er erhebt jetzt gegen ihr Verfahren die Einw\u00fcrfe, dafs 1 \u00b0. die Gehirnplatte immer in Blut gebadet sei, w\u00e4hrend die Muskelplatte trockener bleibe, was einen Strom im Thier gerade in der Richtung erzeugen m\u00fcsse, die sie ihrem Hirnmuskelstrom zu-schrciben; 2\u00b0. dafs man, um das Thier l\u00e4nger am Leben zu erhalten, die Hirnplatte sp\u00e4ter einzusenken pflege^ wodurch abermals ein Strom wegen ungleichzeitigen Eintauchens in derselben Richtung bedingt werde. Diese Uebelst\u00e4nde strebt er dadurch zu vermindern, dafs er Platinenden von nur einem halben Quadratcentimeter Oberfl\u00e4che anwendet (?), die Ordnung, in welcher dieselben eingetaucht werden, dann und wann umkehrt, und das Versenken der einen Platte ins Hirn der Tauben mit m\u00f6glichst geringer Blutung zu bewerkstelligen sich bem\u00fcht. Gleichwohl zeigte sich noch stets derselbe Erfolg; n\u00e4mlich 10\u201480\u00b0 Ausschlag beim ersten Versenden in der Richtung vom Hirn zum Muskel in dem Thiere. Beim zweiten und dritten Versenken grofse Schw\u00e4chung, h\u00e4ufig Umkehr des Stromes. Bei Zuckungen des Thieres w\u00e4chst der Strom wieder an ; dies schreibt Matteucci aber der Bewegung der Platten in den Wunden zu, wodurch man die n\u00e4mliche Wirkung auch\n1 Vergl. Le\u00e7ons etc. 1847. p. 187.*","page":247},{"file":"p0248.txt","language":"de","ocr_de":"248 \u25a0?. Abschi, Kap. VI. \u00a7\u25a0 II 4. Matteucci\u2019\u00ab vergebliche Bem\u00fchungen,\nnach Willk\u00fcr hervorrufen k\u00f6nne. Matteucci schliefst: \u00bbPour admettre \u00bbles m\u00eames cons\u00e9quences que MM. Pacinotti et Puccinotti ont tir\u00e9es \u00bbde leurs exp\u00e9riences, il faudrait dire que le syst\u00e8me nerveux r\u00e9uni \u00bbdans le cerveau fonctionne comme la partie int\u00e9rieure des muscles \u00bbdans lesquels ce syst\u00e8me est ramifi\u00e9. Il ne serait pas moins difficile \u00bbpourtant, malgr\u00e9 cette hypoth\u00e8se, de concevoir comment la direction \u00bbdu courant est la m\u00eame en touchant avec l\u2019une des lames indiff\u00e9rem-\u00bbment l\u2019int\u00e9rieur du muscle ou sa surface.\u00ab\nNoch eine andere Art von Einflufs auf die Erscheinungsweise des Muskelstromes findet sich bei Matteucci dem Nervensysteme zugeschrieben, die ich, da er selber keinen sonderlichen Werth darauf zu legen scheint, mich kurz anzudeuten begn\u00fcge. Die Zuckungen ohne Metalle an dem noch mit dem R\u00fcckenmark zusammenh\u00e4ngenden strompr\u00fcfenden Schenkel sollen n\u00e4mlich leichter zu Stande kommen, oder, nachdem sie verschwunden waren, wieder erscheinen, wenn man das R\u00fcckenmark entfernt oder auch nur verletzt. 1\nIm Jahre 1844 scheint Matteucci den Entschlufs gefafst zu haben, nochmals mit allen seinen Kr\u00e4ften der Entdeckung elektrischer Str\u00f6me in den Nerven nachzugehen. Nie, auch nicht an narkotisirten Thieren, war es ihm gelungen, dergleichen an einem Multiplicator wahrzunehmen, dessen Enden in den Nerven versenkt waren. 2 Jetzt glaubten er und Longet den Nichterfolg dieser und \u00e4hnlicher Bestrebungen vielleicht der Kleinheit der angewendeten Thiere, Hunde, Kaninchen und Fr\u00f6sche, zuschreiben zu d\u00fcrfen, und unternahmen deshalb in der Thierarzneischule zu Alfort ebendarauf gerichtete Versuche an einem gr\u00f6fseren S\u00e4uger, dem Pferde. Der Multiplicator, dessen sie sich bedienten, war von Ruhmkorff gebaut. Sein Draht, der 2500mal die Nadel umkreiste, endete in Platinplatten, deren jede an ein Elfenbeinheft befestigt und bis auf ein Quadratcentimeter mit Firnifs bekleidet war (S. oben Bd. I. S. 227. 228). Um ihre Gleichartigkeit zu bef\u00f6rdern, hatten dieselben bereits geraume Zeit, unstreitig zum Kreise geschlossen, in Brunnenwasser gestanden. Die Nadel brauchte, ein bewundernsw\u00fcrdiger Grad der Astasie, 70\" zu einer Schwingung (S. oben ebendas. S. 168). Das Pferd lag lebend auf einem Tische, und sein sonst unverletzter Ischiad-nerv war auf einer Strecke von 20\u201430cm durch Wachstaffent von den umgebenden Muskeln isolirt und sorgf\u00e4ltig abgetrocknet. Nun wurden\n1 Annales de Chimie et de Physique. D\u00e9cembre 1837. t. LXVI. p. 431. 432* (Vergl. oben Bd. I. S. 118). \u2014 Ibidem. Mai 1838. t. LXVIII. p. 104.* \u2014 Essai etc, 1840. p. 83. * \u2014 Archives de l\u2019\u00c9lectricit\u00e9. 1842. t. II. p. 437;* \u2014 Annales de Chimie et de Physique. 3. S\u00e9rie, t, VI. p. 320.* \u2014 Trait\u00e9 etc. 1844. p. 101. 102.*\n* Trait\u00e9 etc. p. 254.*","page":248},{"file":"p0249.txt","language":"de","ocr_de":"elektrische Wirkungen von den Nerven m erhalten.\t249\nbeide Platinenden, in 3 \u2014 4cm Abstand von einander, zuerst mit der unversehrten Oberfl\u00e4che, sodann, nach Entfernung des Neurilems, mit verschiedenen Punkten der Dicke des Nerven in Ber\u00fchrung gebracht. Ein Paar Mal zeigte sich eine leichte Bewegung der Nadel, welche jedoch bald auf Null zur\u00fcckkam; es war nichts darauf zu geben, da sie unver\u00e4ndert blieb, ebenso schnell verschwand, und ebenso h\u00e4ufig fehlte, wenn der Abstand der Platten pl\u00f6tzlich auf 15'm vergr\u00f6fsert wurde. Ueberdies behielt sie ihre Richtung bei, wenn die Platten am Nerven vertauscht wurden, zum sicheren Zeichen, dafs sie allein von jenen ausging; die Verfasser scheinen geneigt zu sein, dieselbe Ungleichzeitigkeiten der Ber\u00fchrung beider Platten mit dem Nerven zuzuschreiben (S. oben ebendas. S. 210). Zu bemerken ist noch, dafs, w\u00e4hrend der Versuche, in Folge absichtlich erregter Schmerzen, das Thier heftige und anhaltende Anstrengungen mit den Hinterbeinen machte, so dafs der Ischiadicus sich dauernd im Zustande der Innervation befand. Matteucci und Longet schliefsen: \u00bbEn ayant \u00e9gard \u00e0 l\u2019extr\u00eame \u00bbsensibilit\u00e9 de notre galvanom\u00e8tre et aux pr\u00e9cautions que nous avons \u00bbprises, nous croyons \u00eatre autoris\u00e9s \u00e0 conclure qu\u2019il n\u2019existe aucune trace de courants \u00e9lectriques dans les nerfs des \u00bbanimaux vivants, appr\u00e9ciable \u00e0 l\u2019aide des instruments \u00bbque l\u2019on poss\u00e8de aujourd\u2019hui. Du reste, nos travaux ant\u00e9-\u00bb rieurs nous avaient d\u00e9j\u00e0 amen\u00e9s \u00e0 la m\u00eame conclusion.\u00ab 1\nDieses Ergebnifs hat Eue Wartmann in Lausanne, nach Wiederholung der Versuche Matteucci und Longet\u2019s am N. cruralis des Kaninchens und dem Facialis des Pferdes, mit H\u00fclfe eines BoNiJOifschen Multi-plicators von 3000 Umg\u00e4ngen, dessen Nadel durch den Strom beim Anlegen von Platinenden an die obere und untere Zungenfl\u00e4che um 23\u201c abgelenkt wurde, auf\u2019s entschiedenste best\u00e4tigt. \u00bbAvec les pr\u00e9cautions conve-\u00bb nables on a toujours obtenu l\u2019absence compl\u00e8te de toute indication \u00bb de courant. ... On voit donc qu\u2019en agissant sur les nerfs du mouve-\u00bbment comme sur ceux de la sensation (?) les conclusions formul\u00e9es par \u00bbM. Matteucci demeurent \u00e9galement vraies.\u00ab 2\nBis zum September 1845 hatte Matteucci meines \u00bbvorl\u00e4ufigen \u00bbAbrisses\u00ab mit keiner Sylbe Erw\u00e4hnung gethan. Sehr seltsam ist\n1 Annales de Chimie et de Physique. 3. S\u00e9rie. D\u00e9cembre 1844. t. XII. p. 579. 580.* Note sur l\u2019hypoth\u00e8se des courants \u00e9lectriques dans les nerfs. \u2014 Le\u00e7ons etc. 1847. p. 264.*\n* Archives des Sciences physiques et naturelles. 1. I. p. 422.* \u00bbSur la non-\u00bb existence de courants \u00e9lectriques dans les nerfs\u00ab (4 Mars 1846). \u2014 Bulletin de l\u2019Acad\u00e9mie Royale des Sciences, des Lettres et des Beaux-Arts de Belgique. 1846. t. XIII. I. Partie, p. 323. 324.* \u2014 L\u2019Institut, t. XIV. N\u00bb. 652. 660. p. 228. 290.*","page":249},{"file":"p0250.txt","language":"de","ocr_de":"250 3. Absehn. Kap. VI. \u00a7. IL 4. Matteucci\u2019^ vergebliche Bem\u00fchungen,\nnun die Art, wie er in seinem damals \u00fcber meine Untersuchungen an Dumas gerichteten Schreiben, in welchem er sucht, sich das Gesetz des Muskelstromes zuzueignen, die negative Schwankung dieses Stromes im Tetanus f\u00fcr eine Hypothese von mir, und meine darauf gegr\u00fcndete Erkl\u00e4rung der secund\u00e4ren Zuckung f\u00fcr ein widersinniges Ilirngespinnst ausgiebt \u2014 sehr seltsam ist, wie er hier den von mir entdeckten Ner-venstrom behandelt. Er erw\u00e4hnt n\u00e4mlich des im \u00bbAbri\u00df\u00ab beschriebenen Stromes des N. ischiadicus des Frosches und des Kaninchens mit keiner Sylbe, wohl einfach darum, weil er, bei der Unvollkommenheit und Rohheit aller seiner Versuchsweisen, durchaus nicht im Stande ist, diesen Strom wahrzunehmen. An der Stelle aber sagt er ganz obenhin, ohne mich zu nennen, und nachdem er so eben vom Strome der Lunge, Leber, Niere gehandelt hat (S. oben S. 202 ff.): \u00bbEn agis-\u00bbsant sur la substance c\u00e9r\u00e9brale, ou sur la moelle \u00e9pini\u00e8re, j\u2019ai eu \u00bbbeaucoup de peine \u00e0 obtenir avec la grenouille galvanoscopique des \u00bbsignes de courant. J\u2019ai compos\u00e9 une pile de vingt \u00e9l\u00e9ments, et avec \u00bbma m\u00e9thode ordinaire, avec la moelle \u00e9pinicre d\u2019un boeuf r\u00e9cemment \u00bbtu\u00e9. J\u2019ai obtenu un courant de 10 \u00e0 12 degr\u00e9s, toujours dirig\u00e9, \u00bbdans la substance organis\u00e9e, de l\u2019int\u00e9rieur \u00e0 la surface. Avec un \u00bbm\u00eame nombre d\u2019\u00e9l\u00e9ments musculaires, l\u2019intensit\u00e9 du courant aurait \u00e9t\u00e9 \u00bbbeaucoup plus forte, et il aurait persist\u00e9 davantage.\u201c 1 Und ohne irgend einen Werth darauf zu legen, dafs dies das erste Mal sei, dafs wirklich elektrische Wirkungen dem Nervensysteme abgewonnen werden, wie es doch die Leser seiner Abhandlung glauben m\u00fcssen, da er es f\u00fcr gut befindet, meine Entdeckung des Nervenstromes mit Stillschweigen zu \u00fcbergehen, wirft Matteucci diese Wirkungen als v\u00f6llig gleichbedeutend, oder, nach seiner Vorstelluugsweise, vielmehr gleich unbedeutend, mit den Str\u00f6men der dr\u00fcsigen Gebilde zusammen, \u00fcber deren Unbest\u00e4ndigkeit, Schw\u00e4che, IJnregelm\u00e4fsigkeit und sonstige Abweichungen von der Beschaffenheit des Muskelstromes er einen mildernden Schatten ruhen l\u00e4fst. Vergl. oben S. 205.\nSeitdem hat es Matteucci, wie es scheint, aufgegeben, elektrische Wirkungen von den Nerven zu erhalten. Er hat neuerdings sogar der Pariser Akademie der Wissenschaften, gleichsam als Schlufsstein seiner elektrophysiologischen Arbeiten, eine nicht elektrische Theorie des Ner-venfluidums mitgetheilt. Anstatt den Leser damit zu behelligen, begn\u00fcge ich mich, Matteucci\u2019s eigenes Urtheil dar\u00fcber anzuf\u00fchren, mit dem ich mich nur einverstanden erkl\u00e4ren kann: \u00bbJ\u2019ai presque honte d\u2019avoir eu\n1 Annales de Chimie et de Physique. Septembre 1845. 3. S\u00e9rie, t. XV. p. 65, 66;* \u25a0\u2014 Archives de l\u2019\u00c9lectricit\u00e9, t. V. p. 383. 384.*","page":250},{"file":"p0251.txt","language":"de","ocr_de":"elektrische Wirkungen von den Nerven zu erhalten.\n251\n\u00bb la hardiesse de communiquer \u00e0 l\u2019Acad\u00e9mie des id\u00e9es si vagues et \u00bbapparemment si peu fond\u00e9es et contre lesquelles on pourrait faire bien \u00bbdes objections.\u00ab 1\n\u00a7\u2022 ni.\nVon dem ruhenden Nervenstrome.\n1. Vom Nervenstrome an den gemischten Nervenst\u00e4mmen.\nIch gehe zur Darstellung meiner eigenen Untersuchungen \u00fcber diesen Gegenstand \u00fcber.\nLege ich ein aus dem N. ischiadicus eines frisch get\u00f6dteten Frosches so eben ausgeschnittenes St\u00fcck Nerv zum ersten Male auf die B\u00e4usche meiner Vorrichtung dergestalt auf, dafs es einerseits mit nat\u00fcrlichem L\u00e4ngsschnitt, andererseits mit k\u00fcnstlichem Querschnitt ber\u00fchrt, so erfolgt ein Ausschlag, der unter Umst\u00e4nden 25 \u2014 30\u00b0 betragen kann, sich gemeiniglich auf 15 \u2014 18\u00b0 bel\u00e4uft, ohne Ausnahme von dem Punkte des nat\u00fcrlichen L\u00e4ngsschnittes durch den Multiplicatordraht zum k\u00fcnstlichen Querschnitte, also wie am Muskel gerichtet ist, und eine best\u00e4ndige Ablenkung von 5 \u2014 8\u00b0 hinterl\u00e4fst. S. Fig. 92. Taf. II.\nDer Nerv wird dargestellt, indem man, wie bereits oben Bd. 1. S. 255 empfohlen wurde, von der Kniekehle aus zu pr\u00e4pariren anf\u00e4ngt. Es ist nicht unzweckm\u00e4fsig, ihm einige Fasern Bindegewebe oder ein St\u00fcckchen Blutgef\u00e4fs zu lassen, woran man ihn, ohne ihm eine Quetschung beizuhringen, mit der Pinzette handhaben k\u00f6nne. Die B\u00e4usche sind mit Eiweifsh\u00e4utchen \u00fcberzogen; auf demjenigen, der mit L\u00e4ngsschnitt ber\u00fchrt werden soll, befindet sich aufserdem ein St\u00fcckchen Glimmer oder Wachstaffent, auf welches man den Theil des Nerven jenseits des abgeleiteten Punktes des L\u00e4ngsschnittes zusammengefaltet dergestalt hinlegt, dafs sein Querschnitt nicht mit dem Bausch in Ber\u00fchrung kommt. Man mufs sich h\u00fcten, als L\u00e4ngsschnitt eine solche Stelle aufzulegen, wo gerade ein abgehender Nervenast abgeschnitten worden ist und sein Stumpf k\u00fcnstlichen Querschnitt darbietet; und ebensowenig rathsam ist es, den k\u00fcnstlichen Querschnitt an solchen Stellen anzubringen, wo der Nerv aus mehreren v\u00f6llig getrennten Zweigen besteht, wie in der Knie-\n1 Comptes rendus etc. 15 Mars 1847. t. XXIV. p. 417. 418,* \u2014 Ueber die Theorie selber vergl. noch Le\u00e7ons etc. p. 258 et suiv. *","page":251},{"file":"p0252.txt","language":"de","ocr_de":"252\t3. Abschn. Kap. VI. \u00a7. 111. 1. Von dem Nervenstrome\nkehle und am Plexus ischiadicus, indem hier leicht der eine Ast sich umlegen und L\u00e4ngs- statt Querschnitt darbieten kann.\nWelchen von beiden k\u00fcnstlichen Querschnitten man auflege, ob den dem Urspr\u00fcnge (c, Centrum, in den Figuren), oder den der Ausbreitung (p, Peripherie) der Nerven n\u00e4her gelegenen, ist in Betreff der Str\u00f6mungsrichtung v\u00f6llig gleichg\u00fcltig. Auch hier ist es also in die Willk\u00fcr des Beobachters gegeben, ob er den scheinbar aufsteigenden oder den scheinbar absteigenden Strom darstellen will. Vergl. Fig. 92. 93. Taf. II. Man kann auch den Nerven in der Mitte seiner L\u00e4nge zusammenfalten, die beiden Querschnitte, den oberen und den unteren, gleichzeitig auf den einen Bausch, und die Schlinge auf den anderen Bausch auflegen: man erh\u00e4lt einen starken Strom in der richtigen Richtung (Fig. 94). Ebenso gleichg\u00fcltig ist es, ob, wenn der untere Querschnitt aufgelegt wird, das obere Ende des Nerven noch .mit dem unverletzt in ihren Knochenh\u00f6hlen befindlichen Gehirn- und R\u00fcckenmark in Zusammenhang steht; und umgekehrt, ob, wenn der obere Querschnitt aufgelegt wird, das untere Ende des Nerven noch mit seiner Ausbreitung im Unterschenkel und Fufs verbunden ist.\nWird beiderseits der Bausch nur mit k\u00fcnstlichem Querschnitte ber\u00fchrt, so bleibt, wenn der Versuch gut gelingt, das Gleichgewicht der Nadel ungest\u00f6rt (Fig. 95). Dies ist jedoch nur selten der Fall; meistens erfolgt eine geringe Wirkung von h\u00f6chstens 8 \u00b0, in deren Richtung keine Gesetzm\u00e4fsigkeit wahrzunehmen ist, und deren Gegenwart sich leicht aus der grofsen Schwierigkeit erkl\u00e4rt, die B\u00e4usche ganz gieich-m\u00e4fsig nur mit Querschnitt zu ber\u00fchren. Dabei ist es rathsam, sich keiner Eiweifsh\u00e4utchen zu bedienen, deren Gleichartigkeit innerhalb der engen hier nothwendigen Grenzen angegebenermafsen nicht v\u00f6llig getraut werden darf. Die Schliefsung des Kreises mufs, nach sorgf\u00e4ltiger Einrichtung des Versuches, in Quecksilber geschehen.\nEs versteht sich von selbst, dafs von einer Bestimmung des elektromotorischen Verhaltens der einzelnen Punkte eines oder auch zweier verschiedenen Querschnitte hier die Rede nicht sein kann, da wir bereits an den doch so sehr viel dickeren Muskeln des Frosches auf die entsprechende Untersuchung verzichten mufsten. Allein auch die Nerven des Kaninchens, zu dessen Muskeln wir damals unsere Zuflucht nahmen, ja sogar das R\u00fcckenmark desselben, von dessen elektromotorischer Wirksamkeit sogleich gesprochen werden wird, reichen noch bei weitem nicht zur Ermittelung des t\u00e4glichen Umstandes aus. Ich habe noch nicht Gelegenheit gehabt, Versuche zur Erledigung dieser Frage an dem Nervenstamme des Ischiadicus bei Ochsen und Pferden, und dem R\u00fcckenmarke dieser Thiere anzustellen; ich zweifle jedoch, dafs jener, bei sei-","page":252},{"file":"p0253.txt","language":"de","ocr_de":"an den gemischten Nervenst\u00e4mmen.\n253\nner plattgedr\u00fcckten Gestalt, dick genug dazu sein m\u00f6ge, und dafs man letzterem schnell genug beikommen k\u00f6nne, um noch taugliche Ergebnisse zu erhalten. Das Gehirn d\u00fcrfte wegen der Unregelm\u00e4fsigkcit seiner Gestaltung zu diesen Versuchen unbrauchbar sein.\nEinen nat\u00fcrlichen Querschnitt der Nerven, der geeignet w\u00e4re, auf sein elektromotorisches Verhalten gegen den L\u00e4ngsschnitt, geschweige denn auf das seiner verschiedenen Punkte untereinander, untersucht zu werden, giebt es nicht, oder wenigstens, wenn es einen solchen vielleicht im Gehirne an irgend einer Stelle geben sollte, so kennen wir ihn noch nicht, und schwerlich m\u00f6chte er unseren Versuchen zug\u00e4nglich sein. 1 Auch diese Untersuchung f\u00e4llt daher hier fort.\nDie Erforschung der einzelnen Punkte des nat\u00fcrlichen L\u00e4ngsschnittes bietet dagegen keine Schwierigkeiten dar. Sie geschieht auf die n\u00e4mliche Weise wie beim Muskel, indem man beide Endquerschnitte auf St\u00fcckchen Glimmer oder Wachstaffent ruhen l\u00e4fst, und nur die abzuleitenden Punkte des L\u00e4ngsschnittes mit den davon entbl\u00f6fsten Kanten der B\u00e4usche in Ber\u00fchrung bringt. Das Ergebnifs entspricht vollkommen dem beim Muskel gewonnenen. Man erh\u00e4lt Wirkungen, welche aber im Verh\u00e4ltnifs zu den heim Auflegen von L\u00e4ngs- und Querschnitt beobachteten sehr gering ausfallen. Die Ausschl\u00e4ge betragen 6 \u2014 7\u00b0, die best\u00e4ndige Ablenkung 2\u20144\u00b0. Sie sind im Allgemeinen so gerichtet, dafs die Punkte, die dem mittleren Querschnitte des aufliegenden Nerven-st\u00fcckes n\u00e4her gelegen sind, sich positiv verhalten gegen diejenigen, die den Endquerschnitten n\u00e4her gelegen sind (Fig. 96. 97).\nLiegen die Punkte von jenem Querschnitte gleichweit entfernt, so bleibt die Nadel ann\u00e4hernd in Ruhe (Fig. 98). Wie heim Muskel ist es jedoch auch hier in den wenigsten F\u00e4llen der geometrisch mittlere Querschnitt selber', welcher die Str\u00f6mungsrichtungen nach beiden Endquerschnitten hin von einander trennt, so dafs man beim Auflegen zweier gleichweit davon entfernten Punkte wirklich Gleichgewicht erhielte. Meistens ist dazu nothwendig, das Nervenst\u00fcck seiner L\u00e4nge nach \u00fcber den B\u00e4uschen in der dem gerade darin vorhandenen Strom entgegengesetzten Richtung mehr oder weniger zu verschieben. Ueber die Richtung, in welcher der elektromotorische Aequator des Nerven-st\u00fcckes gemeiniglich verr\u00fcckt erscheint, l\u00e4fst sich nichts bestimmtes angeben. Der Quere nach ist der Nerv gleich dem Muskel begreiflich unwirksam. Bei diesen Versuchen ist es rathsam, den Ischiadicus unterhalb des untersten Muskelnervenastes, den er ziemlich hoch im Ober-\n1 Ueber das elektromotorische Verhalten der Nervenendigungen in der Retina s. unten No. 2.","page":253},{"file":"p0254.txt","language":"de","ocr_de":"254\t3. Abschn. Kap. VI. \u00a7. III. 2. Von dem Nervenstrome\nSchenkel abgiebt, zu durchschneiden, nicht nur um ganz sicher zu sein, dafs sich nicht etwa an einer Stelle des L\u00e4ngsschnittes unstatthafter Weise Querschnitt vorfinde, sondern auch um \u00fcber ein Nervenst\u00fcck von ganz gleichm\u00e4fsigem Querschnitt zu gebieten, indem sich sonst, wovon unten mehr die Rede sein wird, die Verschiebung des elektromotorischen Aequators nach dem einen Ende zu von selbst verst\u00e4nde.\nDen k\u00fcnstlichen L\u00e4ngsschnitt vermag man an solchen Nervenst\u00e4m-men, wie sie mir bisher frisch zu Gebote standen, nicht zu untersuchen; dies hat daher, wie sogleich n\u00e4her er\u00f6rtert werden soll, an dem R\u00fcckenmarke des Kaninchens stattfinden m\u00fcssen.\n2. Vom Nervenstrome an verschiedenen Theilen des Nervensystemes.\nDies ist die Erscheinungsweise des Nervenstromes an den gemischten Nervenst\u00e4mmen der Extremit\u00e4ten. In der That l\u00e4fst sich ganz derselbe Kreis von Versuchen an den Armnerven des Frosches anstellen. Eine gr\u00f6fsere Bequemlichkeit gew\u00e4hrt nur, wie man leicht begreift, der Ischiadicus wegen seiner L\u00e4nge, und er ist es auch, der uns, bei der Erforschung des Nervenstromes, dieselben Dienste zu leisten bestimmt ist, als der Gastroknemius unter den Muskeln bei der Erforschung des Muskelstromes (S. oben Bd. I. S. 493. 494), daher ich in der Folge, sobald von einem im Versuche gebrauchten Nerven schlechthin die Rede und nichts anderes bemerkt ist, den Ischiadicus des Frosches darunter zu verstehen bitte.\nEhe wir nun dem Obigen das Gesetz des Nervenstromes entnehmen, ist es nothwendig, dafs wir uns nach dem Verhalten desselben auch an anderen Theilen des Nervensystemes, an den Centralgebilden sowohl als auch vorz\u00fcglich an den reinen Empfindungs- und Bewegungsnerven erkundigen. Es k\u00f6nnte ja sein, und von welcher Wichtigkeit w\u00e4re solcher Fund, dafs sich zwischen den letzteren in ihrer elektromotorischen Th\u00e4tigkeit irgend ein Unterschied kundg\u00e4be; dafs vielleicht das Gesetz des Stromes gemischter Nerven nur die Resulti-rende sei aus dem Zusammenwirken der Str\u00f6me der bewegenden und empfindenden Fasern, wie Jon. M\u00fcller vermuthet hat, u. d. m. 1 Freilich war die Wahrscheinlichkeit hief\u00fcr nur gering, wenn man auf den Umstand achtete, dafs das Gesetz des Nervenstromes, soweit es bisher erkannt ist, dem des Muskelstromes genau entspricht, welcher sich nicht dergestalt in zwei Componenten zerlegen lassen w\u00fcrde; und in diesem Sinne entschied auch bald der Erfolg des Versuches.\nHandbuch der Physiologie u. s. w. Bd. I. 4. Aull. 1844. S. 626.","page":254},{"file":"p0255.txt","language":"de","ocr_de":"an den reinen Bervegungs- und Empfindungsnerven.\t255\nAls Bewegungsnerven untersuchte ich zun\u00e4chst die Muskelnerven\u00e4ste des Ischiadicus aus dem Oberschenkel des Frosches: sie wirkten in allen St\u00fccken dem gemischten Stamme gleich.\nDasselbe Ergebnifs erhielt ich, wiewohl nicht mit v\u00f6lliger Sicherheit, an den d\u00fcnnen Hautnerven, welche die Lymphr\u00e4ume zwischen den Muskeln und der R\u00fcckenhaut zu beiden Seiten der Wirbels\u00e4ule als freie F\u00e4den durchsetzen. Die Untersuchung derselben fand ich aufserordentlich schwierig, weniger wegen ihrer grofsen D\u00fcnne, der-zufolge sie \u00e4ufserst schnell vertrocknen, als wegen der Schnellkraft, die ihnen wahrscheinlich von den sie begleitenden Bindegewebefasern mitge-theilt wird, und welche macht, dafs sie sich um die Spitzen der Pinzette augenblicklich zu einem schwer zu entwirrenden Kn\u00e4uel zusammeurollen.\nDagegen bieten die vorderen und hinteren Wurzeln der Nerven-st\u00e4mme f\u00fcr die hinteren Extremit\u00e4ten des Frosches, welche man leicht in 7 \u20148mm L\u00e4nge erh\u00e4lt, eine willkommene Gelegenheit zur Erledigung des fraglichen Punktes dar. Es ist zu diesem Behufe nicht nothwen-dig, dieselben am lebenden Thiere freizulegen, es reicht hin, nach K\u00f6pfung des Frosches die Decke des Wirbelkanals von vorn nach hinten mittelst einer Scheere abzutragen, das R\u00fcckenmark herauszuheben und die Wurzeln, von deren Natur man sich theils durch ihre anatomische Lage, theils, nach ihrer Trennung vom R\u00fcckenmark, durch ihr Verhalten gegen den Reiz des kleinen Zinkplatinbogens (S. oben Bd. I. S. 445) \u00fcberzeugen kann, nacheinander auszuschneiden und aufzulegen. Dieselben bleiben hinl\u00e4nglich lange Zeit mit \u00fcberraschender Kraft elektromotorisch wirksam. Eine solche Wurzel giebt mit Leichtigkeit 20\u00b0 bis 25\u00b0 Ausschlag und 10\u00b0 best\u00e4ndiger Ablenkung. Wenn es nur darauf ankommt, ihre Th\u00e4tigkeit \u00fcberhaupt nachzuweisen, kann man aber auch, der Bequemlichkeit halber, und um das rasche Eintrocknen zu verh\u00fcten, s\u00e4mmtliche Bewegungs- oder Empfindungswurzeln einer Seite auflegen, und erh\u00e4lt dann noch lebhaftere Wirkungen. Indefs tritt dabei wieder dieselbe \u25a0Schwierigkeit ein, wie bei dem Auflegen des Querschnittes einer gespaltenen Stelle eines Nerven, dafs n\u00e4mlich leicht die eine Wurzel sich umlegen und dem Bausche L\u00e4ngs- statt Querschnitt zuwenden kann (S. oben S. 251. 252). Das elektromotorische Verhalten der vorderen und hinteren Wurzeln bietet keinen Unterschied dar. Man kann an beiden sowohl den scheinbar auf- als den scheinbar absteigenden Strom erhalten, an beiden die vergleichweise Unwirksamkeit der Ber\u00fchrung zweier Punkte des L\u00e4ngsschnittes und zweier Gesammtquerschnitte darthun. Ein wie oben zusammengefafstes B\u00fcndel von vorderen und hinteren Wurzeln, also gleichsam ein k\u00fcnstlich gemischter Nervenstamm, gleichviel ob von einer","page":255},{"file":"p0256.txt","language":"de","ocr_de":"256\n3. Abschn. Kap. VI. \u00a7. 111. 2. Von dem Strome\noder beiden Seiten und gleichviel ob den Wurzeln der einen Art die verkehrte Lage in Bezug auf Ursprung und Ausbreitung ertheilt worden ist, oder die richtige gelassen wurde, gleichviel endlich wie das B\u00fcndel aufgelegt werde; alle diese Anordnungen liefern dasselbe Ergebnis wie das aus dem Ischiadicus oder dem Armnerven ausgeschnittene gemischte Nervenst\u00fcck.\nIch schritt sodann zur Untersuchung, ob auch die Centralgebilde selbst mit einem Strom versehen seien.\nIch gedenke hier zun\u00e4chst des Stromes des sogenannten Sehnerven, den die mikroskopischen Untersuchungen der neueren Zeit als einen wahrhaften Fortsatz des Gehirnes haben erkennen lassen, und an dem man die Gelegenheit findet, die man sonst \u00fcberall vergeblich suchen w\u00fcrde, ein regelm\u00e4fsig angeordnetes B\u00fcndel von Hirnfasern von bequemen Mafsverh\u00e4ltnissen und in eine unwirksam leitende Scheide wohlverwahrt eingeschlossen auf sein elektromotorisches Verm\u00f6gen zu pr\u00fcfen. Besonders geeignet erweist sich, um alle vorbeschriebenen Versuche mit gleichem Erfolge daran zu wiederholen, der Opticus von Fischen, z. B. eines grofsen Schleyes. Dieser giebt 40 \u2014 50\u00b0 Ausschlag. Schwieriger ist es bereits, wenn man sieb an den Frosch halten will, dessen Sehnerv nur eine geringe L\u00e4nge, h\u00f6chstens von 3\u201dm besitzt, und noch weniger passend habe ich die Schildkr\u00f6te gefunden.\nEine sehr auffallende Thatsache ist folgende. Ich legte, anstatt des blofsen, der L\u00e4nge nach durch zwei k\u00fcnstliche Querschnitte begrenzten Opticus eines Schleyes, einerseits einen solchen Querschnitt desselben, andererseits den Augapfel selber auf, der durch Br\u00fccke in gr\u00f6fster Geschwindigkeit von allen Augenmuskelresten befreit worden war. Dies geschah, indem ich den Augapfel in eine halbkugelige H\u00f6hlung von Buchsbaumholz, von passendem Durchmesser, hineinprefste, welche an ihrem Grunde eine Oeffnung hatte, durch die der Sehnerv hindurchgesteckt wurde; der Buchsbaumring war mit einem Punkte seines Umfanges auf die Spitze der dreieckten Glasplatte des allgemeinen Tr\u00e4gers (S. oben Bd. I. S. 495) aufgekittet, so dafs nun, bei wagerech-tcr Lage der Sehaxe, sehr bequem einerseits die Hornhaut, andererseits der Sehnerv in beliebiger Weise konnte mit den B\u00e4uschen in Ber\u00fchrung gebracht werden. Dabei zeigte sich, dafs sich ein beliebiger Punkt der Aufsenfl\u00e4che des Augapfels positiv verhielt gegen den Querschnitt des Sehnerven, gleich als ob, statt des ersteren, ein Punkt des nat\u00fcrlichen L\u00e4ngsschnittes im Kreise gewesen w\u00e4re. Dies konnte als ein Beweis angesehen werden, dafs entweder in der Nervenhaut des Auges keine freien Nervenendigungen vorhanden sind, oder dafs dieselben, wenn es wirklich dergleichen giebt, sich wenigstens nicht, wie","page":256},{"file":"p0257.txt","language":"de","ocr_de":"des Sehnerven, des Gehirnes und R\u00fcckenmarks.\n257\ndie freien Endigungen der einfachen Muskelb\u00fcndel, negativ gleich k\u00fcnstlichen Querschnitten verhalten. Es war indefs noch die Deutung m\u00f6glich, dafs der in der Nervenhaut vorausgesetzte nat\u00fcrliche Querschnitt der Hirnfasern sich gegen den k\u00fcnstlichen Querschnitt schwach positiv verhalte, wie dies auch bei den Muskeln der Fall zu sein pflegt (S. oben Bd. I. S. 504). Um die Richtigkeit dieser Deutung einer Pr\u00fcfung zu unterwerfen, war nur n\u00f6thig, einerseits Hornhaut, andererseits aber nat\u00fcrlichen L\u00e4ngsschnitt des Sehnerven auf die B\u00e4usche zu bringen. Verhielt sich der letztere positiv gegen die crstere, so mufste die Nervenhaut mit negativen Endigungen der Hirnfasern versehen sein; verhielt er sich aber negativ, so fand die oben gestellte Alternative statt. Der Versuch entschied zweifellos f\u00fcr das letztere, indem beim Auflegen eines dem Querschnitte benachbarten Punktes des nat\u00fcrlichen L\u00e4ngsschnittes des Sehnerven ein lebhafter Strom in dem Nerven nach dem Auge zu entstand. Wurde dann der Querschnitt selber aufgelegt, so wich nat\u00fcrlich die Nadel weiter ab, gerade als ob man an einem regel-m\u00e4fsig gestalteten St\u00fccke Nerv oder Muskel den Bogen von best\u00e4ndiger Spannweite dem L\u00e4ngsschnitt entlang verschoben h\u00e4tte und mit dem einen Ende des Bogens auf Querschnitt gcrathen w\u00e4re.\nMan findet ferner, dafs eine an einer beliebigen Stelle des Gehirns angelegte Schnittfl\u00e4che und ein beliebiger Querschnitt des R\u00fcckenmarkes sich negativ verhalten gegen einen beliebigen Punkt des nat\u00fcrlichen L\u00e4ngsschnittes des R\u00fcckenmarkes und der Aufsenfl\u00e4che des Gehirnes. Man erh\u00e4lt also einen scheinbar aufsteigenden Strom von der Aufsenfl\u00e4che des Gehirns durch den Multiplicatordraht zu einem beliebigen unter demselben gelegenen Querschnitte des Gehirns oder R\u00fcckenmarkes; einen scheinbar absteigenden Strom hingegen von einem beliebigen Punkte des nat\u00fcrlichen L\u00e4ngsschnittes des R\u00fcckenmarkes durch den Draht zu einem beliebigen oberhalb desselben gelegenen Querschnitte des R\u00fcckenmarkes oder Gehirns. Da aber jede Schnittfl\u00e4che des Gehirns sich negativ gegen Punkte der Aufsenfl\u00e4che verh\u00e4lt, so sieht man ferner, dafs man hier auch scheinbar senkrecht auf die Ilirn-r\u00fcckenmarksaxe gerichtete Str\u00f6me erhalten kann, und zwar nach Mafs-gabe des Winkels, den die der Axe parallele Schnittfl\u00e4che bei wage-rechter Haltung der Axe mit dem Horizonte bildet, in jedem beliebigen von der L\u00e4ngsmittelebene des K\u00f6rpers aus gerechneten Azimuth. Die St\u00e4rke aller dieser Str\u00f6me ist sehr betr\u00e4chtlich: ein St\u00fcck aus dem Gehirn der Schildkr\u00f6te kann \u00fcber 50\u00b0 Ausschlag geben; von dem R\u00fcckenmark und Gehirn des Frosches erh\u00e4lt man leicht 30 \u2014 45\u201c Ausschlag, und 8 \u2014 10\u00b0 best\u00e4ndiger Ablenkung.\nBeim Auflegen zweier Querschnitte des R\u00fcckenmarkes erfolgen\nII.\t17","page":257},{"file":"p0258.txt","language":"de","ocr_de":"258\n3. Abschi. Kap. VI. \u00a7. 111. 2. Von dem Strome\nschwache und unregelm\u00e4fsige Wirkungen. Verschiedene Punkte eines oder zweier Querschnitte sind, wie gesagt, noch nicht untersucht (S. oben S. 252). Die Untersuchung verschiedener Punkte des nat\u00fcrlichen L\u00e4ngsschnittes ist dadurch sehr erschwert, dafs zu beiden Seiten des R\u00fcckenmarkes sich eine doppelte Reihe von k\u00fcnstlichen Querschnitten vorfindet, die Ueberreste n\u00e4mlich der durchschnittenen Wurzeln der R\u00fcckenmarksnerven ; man beobachtet demgcm\u00e4fs hier gleichfalls mehr oder weniger starke Wirkungen, in deren Richtung sich keine Gesetz-m\u00e4fsigkeit kundgiebt, und welche jedenfalls gegen den eigentlichen Strom zwischen L\u00e4ngs- und Querschnitt verschwinden.\nDagegen gl\u00fcckt es an dem R\u00fcckenmarke des Kaninchens, die Posi-tivit\u00e4t des k\u00fcnstlichen L\u00e4ngsschnittes gegen den k\u00fcnstlichen Querschnitt nachzuwcisen (S. oben S. 254). Man bedient sich dabei der schon von fr\u00fcher her bekannten gefensterten Glimmerbl\u00e4ttchen (S. oben S. 200). Der k\u00fcnstliche L\u00e4ngsschnitt mufs senkrecht auf die Ebene der Fissurae longitudinales anterior und posterior angelegt sein, da er, mit diesen zusammenfallend, ja zum gr\u00f6fsten Theil nat\u00fcrliche Begrenzung darhieten w\u00fcrde. Uebrigens versteht es sich von selbst, dafs er stets mehr oder weniger als mit k\u00fcnstlichem Querschnitt verunreinigt zu betrachten ist. Demgem\u00e4fs findet man auch, dafs er, gegen solchen Querschnitt aufgelegt, einen weniger starken Strom giebt, als der nat\u00fcrliche L\u00e4ngsschnitt, und dafs er, gegen letzteren aufgelegt, schwach negativ erscheint. Da aber auf einem Punkte des k\u00fcnstlichen L\u00e4ngsschnittes mehr, auf einem anderen weniger Querschnitt blosgelcgt sein kann, mufs auf die Untersuchung des Verhaltens verschiedener Punkte des k\u00fcnstlichen L\u00e4ngsschnittes untereinander Verzicht geleistet werden.\nWir haben nun noch zu untersuchen, wie die gegen einen beliebigen k\u00fcnstlichen Querschnitt positive Ilirnoberfl\u00e4che sich gegen Punkte des nat\u00fcrlichen L\u00e4ngsschnittes verh\u00e4lt. Es w\u00e4re ja m\u00f6glich, dafs jene Positivit\u00e4t davon herr\u00fchrte, dafs die Hirnoberfl\u00e4che nat\u00fcrlichen Querschnitt vorstellt, der sich bei den Muskeln schwach positiv gegen den k\u00fcnstlichen Querschnitt zeigt. Alsdann m\u00fcfste sich dieselbe negativ verhalten gegen Punkte des L\u00e4ngsschnittes; eine Meinung, die allerdings zuwider sein w\u00fcrde der Angabe einiger Zergliederer, dafs die gegen die Ilirnoberfl\u00e4che strahlenden Fasern daselbst nicht frei endigen, sondern schlingenf\u00f6rmig umbiegen.1 Es fand sich aber wirklich, dafs die Punkte des Gehirns, die sich positiv gegen den Querschnitt des R\u00fcckenmarkes zeigen, sich auch noch schwach positiv betrugen gegen\n1 S. IIenle, Allgemeine Anatomie. Leipzig 1841. S. 673.* \u2014 Longet, Anatomie et Physiologie du Syst\u00e8me nerveux etc. Paris 1842. t. I. p. 104.*","page":258},{"file":"p0259.txt","language":"de","ocr_de":"des Gehirnes und R\u00fcckenmarks,\n259\nsolche Punkte des nat\u00fcrlichen L\u00e4ngsschnittes, die dem Querschnitte nahe benachbart waren. Es bleibt also, wie f\u00fcr die Nervenhaut des Auges (S. oben), nur die Alternative \u00fcbrig, dafs entweder die Behauptung jener Zergliederer der Wirklichkeit gem\u00e4fs sei, d. h. dafs die Hirnoberfl\u00e4che keine freien Endigungen von Primitivr\u00f6hren darbiete, oder dafs diese Endigungen sich nicht, wie bei den Muskeln, negativ gegen L\u00e4ngsschnitt verhalten.\nGanz ungerathen m\u00f6chte es wenigstens sein, um die Positivit\u00e4t der Hirnoberfl\u00e4che zu erkl\u00e4ren, an die Schicht grauer Marksubstanz zu denken, welche dieselbe \u00fcberzieht. Ein elektromotorischer Gegensatz der grauen und weifsen Substanz, wie ihn Folchi und Bischoff suchten (S. oben S. 234. 236), ist nach allem, was wir jetzt wissen, h\u00f6chst unwahrscheinlich, da die elektrischen Wirkungen der thierischen Gebilde nicht zwischen den Gewebemassen im Ganzen und Grofsen, sondern in den kleinsten Bestandtheilen derselben ihren Ursprung nehmen. Besondere Versuche \u00fcber das elektromotorische Verhalten der grauen Substanz habe ich aus Gr\u00fcnden, die wohl keiner Auseinandersetzung bed\u00fcrfen, nicht beizubringen.\nWas die Darstellung von Gehirn und R\u00fcckenmark des Frosches zu diesen Zwecken betrifft, so bedient man sich f\u00fcr das R\u00fcckenmark am besten der M\u00fcLLER\u2019schen dazu bestimmten Knochenzange (S. oben Bd. I. S. 460). Indessen kommt man auch ganz gut mit einer Scheere aus, da man n\u00e4mlich gleich anfangs einen Querschnitt durch die Wirbels\u00e4ule oberhalb des Abganges der Wurzeln f\u00fcr die unteren Extremit\u00e4ten anlegen kann. Die mangelhafte Ausf\u00fcllung sowohl der R\u00fcckenmarks- als der Sch\u00e4delh\u00f6hle kommt einem dabei sehr zu statten. Man bringt es leicht dahin, diese Zurichtung so schnell zu vollziehen, dafs der Frosch, beim Durchschneiden z. B. des R\u00fcckenmarkes oberhalb der Wurzeln f\u00fcr die oberen Extremit\u00e4ten, noch mit den Augen zwinkert, und dies sogar noch thut, wenn man mit der Durchschneidung der verschiedenen Wurzeln bis an die Ilirnnerven gelangt ist, was, sei es Schmerzbezeugung oder Reflexbewegung, jedenfalls auf noch bestehende Leitung irgendwelcher Art im R\u00fcckenmark und Hirn deutet. Aus sp\u00e4ter anzuf\u00fchrenden Gr\u00fcnden d\u00fcrfen Quei'schnitte, die bereits einige Zeit der Luft ausgesetzt gewesen, nicht aufgelegt werden, sondern m\u00fcssen erst angefrischt worden sein.\nEs ist m\u00f6glich, dafs die hier nachgewiesenen Str\u00f6mungen der Centralgebilde eine Rolle gespielt haben in den Ergebnissen der \u00fcberaus rohen Versuche Pacinotti und Puccinotti\u2019s, welche Matteucci wiederholt hat, und deren oben S. 238. 243. 247 gedacht worden ist. Ein n\u00e4heres Eingehen auf die Zergliederung der Gr\u00fcnde aber, wes-\n17 5","page":259},{"file":"p0260.txt","language":"de","ocr_de":"260\t3. Abschn. Kap. VI. \u00a7. III. 3. Verfolgung des Nervenstromes\nwegen sieh stets ein Strom vom Gehirnquerschnitte zum Muskel kundgeben soll, gleichviel oh die Muskelplatte in den Muskel versenkt werde oder nur seine Oberfl\u00e4che ber\u00fchre, m\u00f6chte, bei der unendlichen Verwickelung dieser elektromotorischen Anordnung, eben so unm\u00f6glich als nutzlos sein.\nDen Querschnitt eines Ganglions habe ich am Bauchstrang des Krebses untersucht, und gefunden, dafs er sich gleich jedem anderen Querschnitte des Stranges, lebhaft negativ gegen den nat\u00fcrlichen L\u00e4ngsschnitt verhielt.\nUeber die elektromotorischen Kr\u00e4fte des Sympathicus eines Wir-belthieres bin ich noch im Besitze keiner Erfahrungen. Bei der Darstellung des Grenzstranges an einer Schildkr\u00f6te fand ich solche Schwierigkeiten zu bek\u00e4mpfen, dafs ich zu keinem Ergebnisse gelangte und auch nicht mehr f\u00fcglich ein bejahendes gew\u00e4rtigen konnte. Da die organischen Muskeln aller Art nach demselben Gesetze, nur meistentheils schw\u00e4cher, elektromotorisch wirksam sind, wie die animalischen Muskeln (S. oben S. 199), so kann jedoch kaum ein Zweifel sein, dafs auch die sympathischen Nervenfasern in Betreff ihres Stromes zu den Cerebrospinalfasern in einem \u00e4hnlichen Verh\u00e4ltnifs stehen werden. H\u00f6chst wahrscheinlich wird sich auch hier ein Zusammenhang kundgeben zwischen der elektromotorischen Kraft der Nerven und der Gr\u00f6fse ihrer sonstigen Leistungen.\n3. Verfolgung des Nervenstromes in dem Thierreiche.\nWir haben im Vorigen schon mehrmals Theile des Nervensystemes anderer Thiere als des Frosches bei unserer Untersuchung zu H\u00fclfe genommen. Folgendes ist eine Uebersicht der Thierarten, an deren Nervensystem ich bisher, zum Theil an den verschiedensten Punkten desselben, die Gegenwart des Stromes in gesetzm\u00e4fsiger Weise erkannt habe (Vergl. oben Bd. I. S. 523):\nMensch.\nKaninchen.\nMeerschweinchen.\nHausmaus.\n5 Taube.\nSchildkr\u00f6te.\nEidechse.\nWasserfrosch.","page":260},{"file":"p0261.txt","language":"de","ocr_de":"in der Thierreihe und (4) Gesetz desselben.\n261\nGrasfrosch. 10 Laubfrosch. Erdmolch.\nSchley.\nFlufskrebs.\nAm Menschen wurde der Versuch bei derselben Gelegenheit, wo ich den Muskelstrom untersuchte (S. oben ebendas.), sowohl am N. ischiadicus als am N. saphenus major angestellt. Bei dem ersteren ging die Nadel bis auf 56\u00b0; beim Umlegen schlug sie an die Hemmung. Beim N. saphenus war der Ausschlag, des geringeren Querschnittes halber, nat\u00fcrlich geringer (30\u201440\u00b0); hier gelang es, die Unwirksamkeit zweier Punkte des nat\u00fcrlichen L\u00e4ngsschnittes und zweier k\u00fcnstlicher Gesammtquerschnitte gegeneinander, der ersteren sehr vollkommen, der letzteren nicht ganz so befriedigend nachzuweisen. Die elektromotorische Th\u00e4tigkeit war sehr verg\u00e4nglich; sehr bald erfolgte grofse Schw\u00e4che und Umkehr der Richtung der Ausschl\u00e4ge. 1\n4. Gesetz des Nervenstromes und seine Er\u00f6rterung.\nWir sind jetzt soweit gelangt, dafs wir mit Sicherheit f\u00fcr alle Theile des Nervensystemes aller Thiere ein elektromotorisches Verm\u00f6gen in Anspruch nehmen und das Gesetz angeben k\u00f6nnen, welches dieses Verm\u00f6gen beherrscht. Wie man sieht, stimmen die gewonnenen Ergebnisse, so weit die Untersuchung reicht, v\u00f6llig mit den vom Muskel her bekannten \u00fcberein. Nicht zu besiegender Schwierigkeiten halber f\u00e4llt die Erforschung des nat\u00fcrlichen Querschnittes, wenn es \u00fcberhaupt einen solchen giebt, wie auch die verschiedener Punkte eines oder zweier k\u00fcnstlichen Querschnitte und des k\u00fcnstlichen L\u00e4ngsschnittes von selbst hinweg, und es bleibt danach folgender Ausdruck des Gesetzes \u00fcbrig (Vergl. oben Bd. I. S. 515 \u2014 517) :\n1 S. unten, No. 5.","page":261},{"file":"p0262.txt","language":"de","ocr_de":"262\n3. Abschn. Kap. VI. \u00a7. III. 4. Das Gesetz\nGesetz des Mervenstromes.\n/. Wirksame Anordnungen.\nA. Starke Str\u00f6me.\n\u00bbWird ein beliebiger Punkt des nat\u00fcrlichen oder \u00bbk\u00fcnstlichen L\u00e4ngsschnittes eines Nerven mit einem gleich-\u00bb falls beliebigen Punkte des [k\u00fcnstlichen] Querschnittes \u00bbdesselben Nerven dergestalt in Verbindung gebracht, dafs \u00bbdadurch keine Spannung gesetzt wird: so zeigt eine in \u00bbden unwirksamen leitenden Bogen eingeschaltete strom-\u00bb pr\u00fcfen de Vorrichtung gleichwohl einen Strom an, der \u00bbvon dem Punkte des L\u00e4ngsschnittes in dem Bogen zu \u00bbdem Punkte des Querschnittes gerichtet ist.\u00ab\nB. Schwache Str\u00f6me.\na. Str\u00f6me des [k\u00fcnstlichen\\ Querschnittes.\n(Fallen vor der Hand aus.)\nb. Str\u00f6me des [nat\u00fcrlichen] L\u00e4ngsschnittes.\n(Die Str\u00f6me des k\u00fcnstlichen L\u00e4ngsschnittes fallen gleichfalls aus.)\n\u00bbWird zweitens ein dem geometrisch mittleren Quer-\u00bb schnitte des Cylinders, den der Nerv vorstellt, n\u00e4her ge-\u00bblegener Punkt des nat\u00fcrlichen L\u00e4ngsschnittes auf die \u00bbn\u00e4mliche Weise in Verbindung gebracht mit einem ent-\u00bbfernter von jenem Querschnitte gelegenen Punkte des \u00bbnat\u00fcrlichen L\u00e4ngsschnittes desselben Nerven: so zeigt \u00bbdie strompr\u00fcfende Vorrichtung abermals einen Strom an, \u00bbder aber viel schw\u00e4cher als der vorhergehende und \u00bbvon dem dem mittleren Querschnitte n\u00e4her gelegenen \u00bbPunkte, in dem Bogen, zu dem davon entfernteren ge-\u00bb richtet ist.\u00ab","page":262},{"file":"p0263.txt","language":"de","ocr_de":"des Nervenstrornes.\n263\nII. Unwirksame Anordnungen.\n\u00bbDie strompr\u00fcfende Vorrichtung bleibt hingegen in \u00bbRuhe, wenn die beiden durch den unwirksamen leiten-\u00bbden Rogen verbundenen Punkte zwei [k\u00fcnstliche] Quer-\u00bb schnitte eines und desselben Nerven sind, oder wenn \u00bbsie auf dem nat\u00fcrlichen L\u00e4ngsschnitte gleichen Abstand \u00bbvom mittleren Querschnitte haben.\u00ab\nNerven- und Muskelstrom folgen also, im Ganzen und Allgemeinen, einem und demselben Gesetze ihrer Wirksamkeit. Es handelt sich aber nunmehr darum, den Beweis zu f\u00fchren, dafs diese Uebereinstimmung keine blos \u00e4ufserliche und oberfl\u00e4chliche sei. Es fragt sich zun\u00e4chst, ob sie auch f\u00fcr die feineren, nicht so leicht ins Auge fallenden Punkte des Gesetzes des Muskelstromes sich zu zeigen fortfahre, auf welche wir, wie man sich erinnert, erst sp\u00e4ter auf dem Grunde theoretischer Betrachtungen gef\u00fchrt wurden, als da sind die Gestalt der Curve der Stromst\u00e4rken beim Verschieben eines Bogens von best\u00e4ndiger Spannweite rings um einen L\u00e4ngsdurchschnitt des thierischen Erregers, der Einflufs der Spannweite des ableitenden Bogens auf die Stromst\u00e4rke, u. d. m. Sollte sich alles dieses beim Nerven gleichfalls best\u00e4tigt finden, so ist es klar, w\u00fcrden wir uns berechtigt sehen, alle die Folgerungen unverz\u00fcglich auf den Nervenstrom zu \u00fcbertragen, zu denen wir im dritten Kapitel dieser Untersuchung in Betreff des Sitzes und der Ver-theilung der Ungleichartigkeiten gelangt sind, auf denen die Erscheinung des Muskclstromes beruht. Wir werden sagen d\u00fcrfen, dafs auch der Nervenstrom entspringe von positiv peripolar angeordneten ungleichartigen Bestandtheilen im Nerven, gleichviel bei welcher der unz\u00e4hligen M\u00f6glichkeiten wir stehen bleiben, die alle in dieser Voraussetzung begriffen sind; und ferneren Ermittelungen wird die Entscheidung anheimfallen, ob wir auch hier, wie bei den Muskeln, diejenige Gruppe dieser M\u00f6glichkeiten bevorzugen m\u00fcssen, welche die peripolare Anordnung elektromotorischen Molekeln im Innern der Nervenr\u00fchren zuweist, oder ob wir, was unwahrscheinlich ist, eine andere Art der Vertheilung der ungleichartigen Gebilde, wenngleich durch dasselbe allgemeine Princip beherrscht, als der Wirklichkeit nach allem Ermessen am n\u00e4chsten kommend anzuerkennen haben.","page":263},{"file":"p0264.txt","language":"de","ocr_de":"264\t& Abschn. Kap. VI. \u00a7. III. 4 (i). Die Curve der Stromst\u00e4rken\n(i) Von der Curve der Stromst\u00e4rken an dem Nerven.\nBeim Muskel nahmen wir, wie man sich erinnert, folgenden Gang, in der Absicht, die Vertheilung ungleichartiger Gebilde zu ermitteln, welche, nach physikalischen Gesetzen, der Erscheinungsweise des Muskelstromes zu Grunde liegen m\u00fcsse oder k\u00f6nne. Es schien uns zun\u00e4chst, als oh ein an seinem Mantel positiver, an seinen beiden Grundfl\u00e4chen negativer, \u00fcberall mit einer Schicht feuchten Leiters bekleideter Cylinder, hei Ber\u00fchrung dieser Schicht an mannigfaltigen Punkten mit den Enden eines ableitenden Bogens, Str\u00f6me gehen m\u00fcsse, die im Allgemeinen dem Gesetze des Muskelstromes entspr\u00e4chen (S. oben Bd. I. S. 561. 562). Wir untersuchten daher auf theoretischem Wege n\u00e4her das Gesetz dieser Str\u00f6me (Ebendas. S. 562\u2014596), und pr\u00fcften das Ergebnifs unserer Ermittelung an einem Kupferzinkschema auf die Fig. 61. Taf. VI. Bd. I. abgebildete Weise (S. 596 \u2014624). Dies Ergebnifs findet sich graphisch dargestellt in der punktirten Curve, welche den L\u00e4ngsdurchschnitt des Cylinders in Fig. 57. Taf. V. ebendas, umgiebt. Es ist dies die Curve der Stromst\u00e4rken in dem ableitenden Bogen von best\u00e4ndiger Spannweite hei seinem Verschieben rings um den L\u00e4ngsdurchschnitt des Cylinders. Wir verglichen nun das Gesetz, welches diese Curve darstellt, mit dem Gesetze des Muskelstromes (S. 624 \u2014 635). Es zeigte sich, dafs beide ganz auf Eins hinauslaufen, mit dem einzigen Unterschiede, der in der Art und Weise, wie beide gewonnen worden, begr\u00fcndet ist, dafs eben das erstere sich in Gestalt einer stetigen Curve dargestellt findet, w\u00e4hrend das letztere immer nur einige abgerissene Punkte derselben hervorhebt. Wir erkannten, dafs die Kluft, die sich in unseren bisherigen Versuchen und ihrem einfachsten Ausdrucke, dem Gesetze des Muskelstromes, zwischen den schwachen Str\u00f6men des L\u00e4ngs- oder Querschnittes allein und den starken Str\u00f6men des L\u00e4ngs- und Querschnittes zugleich vorfand, h\u00f6chst wahrscheinlich in der Natur nicht bestehe, sondern nur der Ausdruck sei eines sehr steilen Ueberganges des gegen die Abscissenaxe convexen Theiles der Curve der Stromst\u00e4rken, der den Stellungen des Bogens \u00fcber nur einer Fl\u00e4chenbegrenzung entspricht, zu dem gegen diese Axe concaven Theile, der, den Stellungen des Bogens \u00fcber beiden Fl\u00e4chenbegrenzungen zugleich angeh\u00f6rig, bis zu einem oberen Grenzwerthe f\u00fchrt, von dem herab die Curve wieder einem \u00e4hnlichen Wendepunkte entgegensinkt. Wir suchten nun, dieser neuen Anschauungsweise des Gesetzes des Muskelstromes gem\u00e4fs, deren Ueberlegenheit keiner Erl\u00e4uterung bedurfte, unsere fr\u00fcheren Wahrnehmungen am Muskel zu erg\u00e4nzen, und dieses gelang uns auch in Betreff eines wesentlichen Umstandes, der ausge-","page":264},{"file":"p0265.txt","language":"de","ocr_de":"und (ii) der Spannweiten an dem Nerven.\n265\nsprochenen Convexit\u00e4t n\u00e4mlich, welche die Curve der Stromst\u00e4rken der Abscissenaxe vom elektromotorischen Aequator an bis zu dem Punkte zukehrt, wo der Bogen von best\u00e4ndiger Spannweite mit einem Fulse auf die zweite, ungleichartige Fl\u00e4chenbegrenzung hin\u00fcbertritt (S. oben ebendas. S. 628. 629).\nEs mufs demnach zugesehen werden, ob der Nervenstrom sich zu derselben Beobachtung schickt. Wirklich ist dieses der Fall. Die Versuchsweise ist v\u00f6llig dieselbe, welche a. a. 0. f\u00fcr die Muskeln angewendet worden ist, so dafs nichts mehr in Betreff derselben hinzugef\u00fcgt zu werden braucht.\n(ii) Von der Curve der Spannweiten an dem Nerven.\nNoch in einer anderen Beziehung wiesen wir sodann f\u00fcr den Muskel die Uebereinstimmung seiner Wirkungsweise mit derjenigen des cylindrischen Kupferzinkschema\u2019s nach. Die Theorie hatte uns voraussehen lassen, und die Erfahrung es best\u00e4tigt, dafs die Spannweite des ableitenden Bogens einen namhaften Einflufs auf die St\u00e4rke des darin kreisenden Stromarmes aus\u00fcben m\u00fcsse. Dieser Einflufs ist der Art, dafs man, bei festgestelltem einem Fufspunkte des Bogens, sei\u2019s auf der negativen Grundfl\u00e4che des Cylinders, sei\u2019s auf dem positiven Mantel selber nahe der Zinkkupfergrenze, den Strom wachsen sieht, wenn man den anderen Fufspunkt nach dem elektromotorischen Aequator hin verschiebt; hier erreicht die Curve der Spannweiten ihren oberen Grenzwerth, und f\u00e4llt alsdann, der zweiten Zinkkupfergrenze entgegen, wiederum stetig in derselben Weise ab, wie sie anfangs aufgestiegen war.\nAuch diesen feineren Umstand also gl\u00fcckte es uns, auf das befriedigendste am Muskel zu erkennen (Vergl. oben Bd. I. S. 631 ff. 695. 696). Wir haben jetzt dieselbe Versuchsreihe mit den neuentdeckten thierischen Erregern, den Nerven, durchzumachen. Auch hier ist in Betreff der Versuchsweisen zu dem a. a. 0. Gesagten nichts hinzuzuf\u00fcgen. Ich habe den Einflufs der Spannweite des ableitenden Bogens auf den Nervenstrom zwischen L\u00e4ngs- und Querschnitt, mit und ohne Anwendung des Verfahrens der Compensation, wie auch blos zwischen verschiedenen Punkten des L\u00e4ngsschnittes, hier aber der grofsen Schw\u00e4che der Wirkungen halber nur ohne Compensation, gepr\u00fcft und v\u00f6llig die n\u00e4mlichen Ergebnisse wie am Muskel, am Kupferzinkschema und nach der Theorie erhalten. In Betreff des Vergleichs mit der letzteren ist indefs auch hier, wie bei den Muskeln, zu bemerken, dafs meistens die Curve der Spannweiten vom elektromotorischen Aequator ab nach dem zweiten Endquerschnitte hin minder steil abzufallen scheint, als sie aufgestiegen war.","page":265},{"file":"p0266.txt","language":"de","ocr_de":"266\t3. Abschn. Kap. VI. \u00a7. III. 4 (m). Vom Einfl\u00fcsse der L\u00e4nge\n(in) Von dem Einfl\u00fcsse der L\u00e4nge und des Querschnittes der Nerven auf die St\u00e4rke ihres Stromes.\nWir haben uns ferner beim Muskel angelegen sein lassen, den Einflufs zu erforschen, den die Mafse des thierischen Erregers, L\u00e4nge und Querschnitt, auf die St\u00e4rke des davon abgeleiteten Stromes aus\u00fcben (S. oben Bd. I. S. 694 ff. 703 ff.) Wir gelangten zu folgenden Ergebnissen: 1. Von zwei Muskeln von gleichem Querschnitte aber verschiedener L\u00e4nge giebt meistens der l\u00e4ngere einen etwas st\u00e4rkeren Strom, jedoch ist die Sicherheit dieses Erfolges nur gering. 2. L\u00e4fst man beide Muskeln einander in einem und demselben Kreise entgegenwirken, so hat stets der l\u00e4ngere sehr ausgesprochen die Oberhand. 3. Von zwei Muskeln von gleicher L\u00e4nge aber verschiedenem Querschnitte giebt stets der dickere den st\u00e4rkeren Strom. 4. L\u00e4fst man beide Muskeln in einem und demselben Kreise einander entgegenwirken, so hat gleichfalls der dickere entschieden die Oberhand.\nDie n\u00e4mlichen Versuche sind nunmehr mit den Nerven anzustellen. Die Vorsichtsmafsregeln, die wir dabei zu beobachten haben, sind wesentlich dieselben, mit denen wir bereits bei den Muskeln bekannt wurden. Die relative Spannweite des ableitenden Bogens mufs stets eine und dieselbe sein, was dadurch erreicht wird, dafs man die Spannweite w\u00e4hlt, welcher der obere Grenzwerth der Stromst\u00e4rke entspricht, wobei also der an den L\u00e4ngsschnitt angelegte Fufspunkt des Bogens sich am elektromotorischen Aequator befindet (S. oben Bd. I. S. 696). F\u00fcr\u2019s zweite mufs, um die mannigfaltigen Zuf\u00e4lligkeiten beim Auflegen unsch\u00e4dlich zu machen, die Kette nie durch dieses selber, sondern anderw\u00e4rts in Quecksilber geschlossen werden (S. 697. 704). Der f\u00fcr die Untersuchung der Muskeln ohne Anwendung der Compensation gegebene Rath, bei halber Multiplicatorl\u00e4nge zu arbeiten, damit sich die Ausschl\u00e4ge nicht in zu hohen Breiten der Theilung bewegen (S. ebendas.), f\u00e4llt begreiflich hier von selbst hinweg.\nAls Nerven von verschiedener L\u00e4nge, gleichem Querschnitte und gleicher elektromotorischer Kraft wendet man die beiden Ischiadici eines und desselben Frosches an, jedoch nur das St\u00fcck derselben, welches unterhalb der Abgabestelle der Aeste f\u00fcr die Oberschenkelmuskeln gelegen ist. Will man ohne Compensation verfahren, so richtet man den zweiten Nerven erst zu, nachdem man die Pr\u00fcfung des ersten beendet hat (S. ebendas. S. 697). Bedient man sich der Compensation, so stellt man die Querschnitte, die man gegeneinander aufzulegen beabsichtigt, mit einem und demselben Messerzuge oder Scheerenschnitte her (S. 698). Wie man auch die Versuche anstelle, man findet, wie beim Muskel,","page":266},{"file":"p0267.txt","language":"de","ocr_de":"und des Querschnittes des Nerven auf die Stromst\u00e4rke. 267\ndafs der l\u00e4ngere Nerv den st\u00e4rkeren Strom entwickelt. Die gr\u00f6fsere Sicherheit, die man hier beim Verfahren ohne Compensation bemerkt, r\u00fchrt davon her, dafs man, bei dem geringen Querschnitte der Nerven, \u00fcber vergleichweise gr\u00f6fsere Unterschiede der L\u00e4nge gebietet, als bei den Muskeln.\nWas den Einflufs des Querschnittes betrifft, so ist erstens die gr\u00f6fsere St\u00e4rke des Stromes des R\u00fcckenmarkes im Vergleich zu der des Ischiadicus eine sehr in die Augen fallende Thatsache. Dieselbe r\u00fchrt aber nicht allein von dem geringeren Widerstande des R\u00fcckenmarkes her, denn wenn man dieses mit einiger Geschwindigkeit zurichtet, und es dem Nerven in einem und demselben Kreise entgegenwirken l\u00e4fst, nimmt man fast immer ein geringes Uebergewicht auf Seiten des R\u00fcckenmarkes wahr. Bei der grofsen Verg\u00e4nglichkeit aber des Stromes der Centralgebilde ist wohl nicht daran zu denken, dafs die elektromotorische Kraft der R\u00fcckenmarksmolekeln gr\u00f6fser sein sollte, als die der Molekeln der Nerven, vielmehr das Gegentheil k\u00f6nnte leicht der Fall sein. Nervenst\u00fccke von verschiedenem Querschnitte, gleicher L\u00e4nge und nach allem Vermuthen gleicher elektromotorischer Kraft verschafft man sich, indem man z. B. den Stamm des Ischiadicus oberhalb der Abgabe der Aeste f\u00fcr die Oberschenkelmuskeln mit einem Theile desselben Nerven unterhalb jener Stelle in Vergleich bringt. Freilich ist man dabei auf eine ziemlich enge Grenze des Unterschiedes der Querschnitte eingeschr\u00e4nkt. Nichtsdestoweniger zeigt sich die Ueber-legenheit des Stromes des dickeren Endes des Nerven, gleichviel auf welche Weise man den Versuch anstelle. Mit dem Hirnende oberhalb des Abganges der Oberschenkelmuskel\u00e4ste aufgelegt, wirkt der unzer-trennte Ischiadicus st\u00e4rker, als mit dem peripherischen Ende. Dasselbe ist der Fall, wenn, nach Zerschneidung des Nerven in der Abgangsstelle, das dickere und das d\u00fcnnere St\u00fcck einzeln gepr\u00fcft werden. Ebenso, wenn Compensation angewendet wird. Dies kann auf doppelte Weise geschehen, wie bei den Muskeln (S. oben Bd. I. S. 708). Entweder man stellt zwischen den B\u00e4uschen einen Zwischenbausch auf und \u00fcberbr\u00fcckt die beiden L\u00fccken mit den beiden Nervenst\u00fccken, deren Str\u00f6me gegen einander abgewogen werden sollen (Vergl. Fig. 77. Taf. V. Bd. I). Alsdann benutzt man, als Nerven von geringerem Querschnitte im Vergleich zum Stamme des Ischiadicus, mit Vortheil einen der beiden Aeste, in welche sich dieser in der Kniekehle spaltet. Oder es k\u00f6nnen sich auch die Querschnitte von ungleicher Ausdehnung unmittelbar ber\u00fchren. Dies thun sie aber von vorn herein im Ischiadicus an der Abgabestelle der Oberschenkelmuskel\u00e4ste, so dafs man nicht erst den Nerven zu zerschneiden braucht. Man hat vielmehr nur n\u00f6thig,","page":267},{"file":"p0268.txt","language":"de","ocr_de":"268\n3. Abschn. Kap. VI. \u00a7. III. 4 (iv). Er\u00f6rterung\ndie einfache Fig. 99 abgebildete Anordnung herzustellen, so findet man einen schwachen aufsteigenden Strom im Nerven vor, zum Beweise, dafs der Strom des dickeren Hirnendes den des d\u00fcnneren Muskelendes \u00fcberwiegt. Deshalb wurde oben S. 253. 254 gerathen, um das elektromotorische Verhalten verschiedener Punkte des nat\u00fcrlichen L\u00e4ngsschnittes zu untersuchen, sich des St\u00fcckes des Ischiadicus von gleichf\u00f6rmigem Querschnitte unterhalb der Abgabe der Muskel\u00e4ste zu bedienen, weil sich sonst die daselbst erw\u00e4hnte Verr\u00fcckung des elektromotorischen Aequa-tors von selbst verst\u00e4nde.\n(iv) Er\u00f6rterung des Gesetzes des Nervenstromes.\nMan sieht, wie vollst\u00e4ndig, bis in die feinsten Einzelheiten, die Gesetze beider, des Muskel- und des Nervenstromes, einander entsprechen. Es tritt demnach der Fall ein, der oben S. 263 vorhergesehen wurde, n\u00e4mlich wir sind wirklich berechtigt, alle Schl\u00fcsse, die rein physikalisch f\u00fcr den Muskel aus der Erscheinungsweise seines Stromes folgten, unmittelbar auf den Nerven zu \u00fcbertragen. Am Muskel bedeutete uns der am Mantel positive, an den Grundfl\u00e4chen negative, \u00fcberall mit einer Schicht eines unwirksamen Leiters \u00fcberzogene Cylinder gleich anfangs das einfache Muskelb\u00fcndel, weil hier die Verh\u00e4ltnisse es gestatteten, durch den Versuch zu zeigen, dafs jedes einzelne B\u00fcndel den Strom gesetzm\u00e4fsig entwickele, ja sogar, dafs die H\u00fclle desselben noch nicht das positive Glied der Muskelkette sein k\u00f6nne, sondern als unwirksamer Leiter sich verhalte, unter dem noch die beiden ungleichartigen Stoffe zu suchen seien (S. oben Bd. I. S. 558 ff.). Nachdem wir aber die Aehnlichkeit der Wirkungen des Muskelb\u00fcndels und des cylindrischen Schema\u2019s erkannt hatten, kamen wir ferner auf Umwegen, die zu ber\u00fchren hier von keinem Nutzen sein w\u00fcrde, zu der Einsicht, dafs wir, mit gleichem Erfolge in elektromotorischer Hinsicht, an die Stelle jenes Schema\u2019s eine Unendlichkeit anderer Vorstellungsweisen \u00fcber die Vertheilung der ungleichartigen Gebilde im Muskel setzen k\u00f6nnten, welche jedoch alle unter der Herrschaft desselben Princips, der peripolaren Anordnung n\u00e4mlich, stehen (S. ebendas. S. 678 ff.). Aus mancherlei Gr\u00fcnden nahmen wir bereits damals keinen Anstand, unter allen diesen M\u00f6glichkeiten einer Gruppe derjenigen den Vorzug zu schenken, welche den Strom herleitet von der Wirkung elektromotorischer Molekeln von positiv peripolarem Bau, die im Inneren des Muskels angenommen werden. Es wurde aber sogleich bevorwortet, dafs eine Reihe von Erscheinungen, die wir in der Folge kennen lernen w\u00fcrden, die Bewegungserscheinungen des Muskelstromes n\u00e4mlich, keinen Zweifel an der Richtigkeit unserer Wahl \u00fcbrig lassen","page":268},{"file":"p0269.txt","language":"de","ocr_de":"des Gesetzes des Nervenstrom.es.\n269\nsollten, eine Zusage, die, wenn ich nicht irre, in der negativen Stromesschwankung hei der Zusammenziehung, den durch Dehnung und Druck, durch ein siedendes Wasserbad, oder auch bei zarteren Muskeln allein durch den Vorgang des Abslerbens herbeigef\u00fchrten Erscheinungen, ihre vollst\u00e4ndige Erf\u00fcllung gefunden hat (S. oben S. 180).\nWas nun die Nerven betrifft, so ist zuerst zu bemerken, dafs der Versuch hier, wie man sich leicht denken kann, nicht gestattet, den Strom an einer einzelnen Primitivr\u00f6hre, oder auch nur an einer Vereinigung mehrerer, nachzuweisen, sondern man ist stets darauf beschr\u00e4nkt, von ihrer Bindegewebeh\u00fclle umgebene Nerven\u00e4ste mit nat\u00fcrlichem L\u00e4ngsschnitte aufzulegen. Es ist also auch nicht daran zu denken, den Versuch, durch welchen wir die unwirksame Beschaffenheit der Muskelb\u00fcndelh\u00fclle unmittelbar darthaten (S. oben Bd. I. S. 559. Fig. 52. Taf. IV), auf die Nerven auszudehnen. Vielmehr kann ein solcher Versuch bei denselben nur f\u00fcr das den nat\u00fcrlichen L\u00e4ngsschnitt bekleidende Bindegewebe angestcllt werden, wo sein Erfolg \u00fcbrigens genau derselbe wie am Muskel ist (S. ebendas. S. 558. Fig. 50. Taf. V).\nIndessen glaube ich nicht, dafs es, nach allem Voraufgegangenen, vieler Worte bed\u00fcrfen werde, um dem Leser die Unwahrscheinlichkeit einleuchten zu machen, dafs, bei der Erzeugung des Nervenstromes, das im Inneren des Nerven vorkommende Bindegewebe betheiligt sein oder dafs die H\u00fclle der einfachen Nervenr\u00f6hre das positive Glied der Nervenkette sein solle, wenn beides bei den Muskeln erwiesenermafsen nicht der Fall ist; jener physiologische Takt, den man sich bei wiederholter Betrachtung der Organismen erwirbt, str\u00e4ubt sich gegen eine solche Verletzung der Analogie.\nEs ist aber ferner zu bemerken, dafs wir hei den Nerven, nachdem einmal zugegeben ist, dafs die beiden peripolar angeordneten ungleichartigen Bestandtheile sich noch unter der H\u00fclle des einfachen Rohres, welche unwirksamen Leiter vorstellt, in seinem Inhalte befinden, auf eine M\u00f6glichkeit stofsen, welche uns verhindert, sofort, wie bei den Muskeln, zur Annahme der elektromotorischen Molekeln \u00fcberzuspringen. Hier n\u00e4mlich liefsen wir das morphologische Element ein Wort mit einreden, und dieses zeigte uns wenigstens klar, dafs nicht zu denken sei an eine solche Vertheilung der ungleichartigen Gebilde in dem Inhalte der Primitivmuskelb\u00fcndelh\u00fclle, wobei ein negativer Axen-cylinder von einer positiven Rinde bekleidet w\u00e4re. H\u00f6chstens zu der Annahme einer sehr grofsen Anzahl solcher cylindrischen Anordnungen, wovon alsdann jede einer Primitivfaser entsprochen haben w\u00fcrde, h\u00e4tten wir greifen k\u00f6nnen; allein die meiste Wahrscheinlichkeit erkannten wir, von dem Standpunkte der Morphologie aus, der Vorstellungsweise","page":269},{"file":"p0270.txt","language":"de","ocr_de":"270\t5. Abschn. Kap. VI. \u00a7. III. 4 (iv). Er\u00f6rterung des Gesetzes\nelektromotorischer Molekeln zu, indem dieselbe keinen vorzugsweisen Zusammenhang des Muskelb\u00fcndelinhaltes in der einen oder der anderen Richtung voraussetzt, was eben am meisten mit dem jetzigen Thatbe-stande der Lehre von dem feineren Baue des Muskelgewebes \u00fcberein-kommt (S. oben Bd. I. S. 664). Nicht so bei den Nerven: man erinnert sich, dafs zwar in den ersten Augenblicken nach der Zurichtung und unter g\u00fcnstigen Umst\u00e4nden die Primitivr\u00f6hren glashell erscheinen und einen durchaus gleichartigen Inhalt darbieten; sehr bald aber giebt sich eine Ver\u00e4nderung kund, in Folge welcher sich dieser Inhalt, in einen sogenannten Axencylinder und in eine Rinde von unregelm\u00e4fsig gerunzelter, kr\u00fcmlicher Beschaffenheit trennt. Es l\u00e4fst sich nun zwar die Meinung vertheidigen, und ich bin nicht abgeneigt, sie f\u00fcr die richtige zu halten, dafs der Nervenr\u00f6hreninhalt w\u00e4hrend des unverletzten Lebens wirklich durch die ganze Dicke des B\u00fcndels gleichartig sei, und dafs jene Trennung nach dem Tode nur auf einem Vorg\u00e4nge der Gerinnung und Ausscheidung beruhe. Allein diese Meinung ist nicht so wohl befestigt, als dafs nicht der entgegengesetzten Denkweise, welche die Trennung in Axencylinder und Rindensubstanz w\u00e4hrend des Lebens als vorbestehend annimmt, wenigstens in sofern hier ihr Recht geschehen m\u00fcsse, als die M\u00f6glichkeit zu erw\u00e4hnen ist, dafs jener Axencylinder der negative, die Rinde der positive Bestandlheil, die H\u00fclle der unwirksame Leiter der Nervenkette sei.\nNichtsdestoweniger ist diese Voraussetzung, wie die Folge lehren wird, unhaltbar. Nicht allein widersteht sie abermals dem physiologischen Takte, nachdem bei den Muskeln die Erzeugung des Stromes durch elektromotorische Molekeln erkannt worden ist; sondern angege-benermafsen (S. oben S. 204.) ist auch der Nervenstrom, gleich dein Muskelstrome, zahlreichen und lebhaften Bewegungserscheinungen unterworfen. Und diese Erscheinungen lassen hier nicht nur, wie bei jenem Strome, im Allgemeinen keine andere vern\u00fcnftige Deutung zu, als diejenige auf die Lagever\u00e4nderung elektromotorischer Molekeln, sondern was noch mehr ist, es lassen sich auch, unter dieser Voraussetzung, ihre Einzelheiten zum Theil auf das \u00fcberraschendste und befriedigendste erkl\u00e4ren, so dafs uns, auf diesem Wege, ein ungeahntes Verst\u00e4ndnifs vieler Punkte aus dem Gebiete der Reizversuche entgegentreten wird.\nWir nehmen demnach keinen Anstand mehr, schon jetzt der Vorstellung der elektromotorischen Molekeln in den Nerven als Erzeugerinnen des Stromes zu huldigen. Und somit versteht es sich von selbst, dafs wir auch die \u00fcbrigen Folgerungen vom Muskel auf den Nerven \u00fcbertragen, zu denen wir im Laufe der Er\u00f6rterung des Gesetzes des Muskelstromes gelangten. Gleich den Muskeln (S. oben Bd. I. S. 685)","page":270},{"file":"p0271.txt","language":"de","ocr_de":"des Nervenstromes; \u2014 (v) Relative Kraft der Muskeln und Nerven. 271\nsind die Nerven fortw\u00e4hrend als im Zustande der geschlossenen Kette befindlich zu betrachten; wie von den Muskeln (S. ebendas. S. 686) ist jeder Strom, der von den Nerven gewonnen wird, als durch Neben-schliefsung erhalten, als abgeleiteter Stromarm anzusehen; endlich wie f\u00fcr die Muskeln (S. ebendas. S. 688), gilt auch f\u00fcr die Nerven die Bemerkung, dafs die St\u00e4rke des Nervenstromes, wie er im Multiplicator sich kundgiebt, nicht das geringste aussage \u00fcber die St\u00e4rke, die dem Strom in der n\u00e4chsten N\u00e4he der ihn entwickelnden Molekeln zukommen mag; vielmehr ist es m\u00f6glich, dafs er hier eine St\u00e4rke erreicht, welche die aller uns bekannten Str\u00f6me iibertrilTt und aller nur denkbaren Stromeswirkungen im h\u00f6chsten Grade f\u00e4hig ist. Endlich bleiben, wie f\u00fcr die Muskeln (S. ebendas. S. 723 ff.), auch f\u00fcr die Nerven alle die Einschr\u00e4nkungen in Kraft, mit denen wir, von einem erweiterten Stande der Kenntnifs aus, die Anwendung des Verfahrens der Compensation zur Eliminirung von Widerstandsunterschieden in thierisch-elektrischen Versuchen leider belegen mufsten.\nEhe wir, nach Festsetzung dieser Hauptpunkte, in der Erforschung des Nervenstromes weiter fortschreiten, haben wir noch einige hieher geh\u00f6rige, nicht unwichtige Fragen zu beleuchten.\n(v) Von der Gr\u00f6fse der elektromotorischen Kraft der Nerven im Vergleich zu der der Muskeln.\nWas zun\u00e4chst die elektromotorische Kraft der Nervenmolekeln, verglichen mit derjenigen der Muskelmolekeln betrifft, so ist begreiflich leider nicht m\u00f6glich, sich dar\u00fcber irgend einen genauen Aufschlufs zu verschaffen. Denn selbst wenn es gl\u00fcckte, sich zwei St\u00fccke Muskel und Nerv von derselben L\u00e4nge und demselben Querschnitte zu verschaffen, um sie einander in einem und demselben Kreise entgegen wirken zu lassen, was unausf\u00fchrbar ist; selbst wenn dies von statten ginge, k\u00e4me immer noch in Betracht, dafs das Gesetz der Abnahme der Kraft nach dem Tode in Nerv und Muskel doch wohl ein anderes ist, wovon alsbald die Rede sein wird; dafs die eigenth\u00fcmliche Leitungsf\u00e4higkeit der beiden Gewebe gleichfalls verschieden sein d\u00fcrfte, welche nicht durch die Methode der Compensation eliminirt werden kann (S. oben S. 74 und Bd. I. S. 726); dafs im Nerven die Molekeln bei gleicher Kraft m\u00f6glicherweise mehr oder weniger dicht angeordnet sein k\u00f6nnten, als im Muskel, u. d. m. In Erw\u00e4gung indefs des \u00e4ufserst geringen Querschnittes des Ischiadicus und der Wurzeln f\u00fcr die hinteren Extremit\u00e4ten des Frosches z. B. im Vergleich zu den d\u00fcnnsten Muskeln, welche \u00fcberhaupt zur Untersuchung kommen, des Rectus internus, des Sartorius (S. oben Bd. I. S. 705), und des ungleich schnelleren","page":271},{"file":"p0272.txt","language":"de","ocr_de":"272\n3. Abschn. Kap. VI. \u00a7. 111. 4 (vi). Nachweis des\nAbsterbens der Nerven, l\u00e4fst sich wohl mit ziemlicher Sicherheit die Behauptung hinstellen, dafs der Nervenstrom dem Muskelstrome, unter \u00fcbrigens gleichen Umst\u00e4nden, an St\u00e4rke nicht nachsteht, ja vielleicht ihn in den ersten Augenblicken \u00fcbertrifft. Auf alle F\u00e4lle ist, wie bereits oben S. 204 bemerkt wurde, der Strom keines dritten Gewebes, auch nicht, wie Matteucci will, der der dr\u00fcsigen Gebilde, mit dem Nervenstrom in Vergleich zu bringen (S. oben S. 250). Matteucci\u2019s Behauptung erkl\u00e4rt sich indefs, wenn man bedenkt, dafs er seine Versuche au St\u00fccken Gehirn und R\u00fcckenmark von warmbl\u00fctigen Thieren anstellte, welche, wie uns noch zu erfahren bevorsteht, von allen thie-rischen Erregern gerade die allerverg\u00e4nglichsten sind.\n(vi) Zuckung durch den Strom des ruhenden Nerven hervorgebracht.\nDer Frage nach der elektromotorischen Kraft der Nerven liegt diejenige nahe nach der M\u00f6glichkeit, das Dasein ihres Stromes mittelst anderer strompr\u00fcfenden Mittel, als des Multiplicators, nachzuweisen. Eigentliche elektrolytische Versuche habe ich mit Nerven nicht an-gestelit, da die Gr\u00f6fse und namentlich Dauer ihrer Wirkung wohl zu gering ist, um merkliche Zersetzung auch des empfindlichsten Jodkaliumst\u00e4rkebreies erwarten zu d\u00fcrfen. Die Platinelektroden des Multiplicators wurden nat\u00fcrlich durch den Nervenstrom polarisirt zur\u00fcckgelassen, und hier ist es wegen des grofsen Widerstandes der Nerven und der besseren Leitung durch den Schliefsungsbausch h\u00e4ufig der Fall, dafs der Strom der Ladungen den urspr\u00fcnglichen des Nerven bei weitem \u00fcbertrifft (S. Bd. I. S. 240. 241). Von elektroskopischen Wirkungen kann nat\u00fcrlich nicht die Rede sein, da dieselben uns sogar beim Muskel versagt haben (S. ebendas. S. 691).\nAuf physiologischem Wege gl\u00fcckt es dagegen bei einiger Erregbarkeit der thierischen Glieder leicht, Wirkungen vom Nervenstrome zu erlangen. Zwar nicht auf die Weise, dafs man den Nerven des strompr\u00fcfenden Schenkels mit seinem Querschnitte gegen sich selber statt gegen den Muskel umbiegt, oder an seinen L\u00e4ngs- und Querschnitt einen anderen Nerven beziehlich mit Quer- und L\u00e4ngsschnitt anlegt u. d. m. Alle derartige Versuche haben mir so wenig als v. Humboldt* und den vielen Anderen je ein g\u00fcnstiges Ergebnifs geliefert, die sich, geleitet durch die Analogie der GALVANi\u2019schen Zuckung ohne Metalle, wohl schon damit befafst haben, wenn gleich ohne die Bedeu-\n1 Versuche \u00fcber die gereizte Muskel- und Nervenfaser u. s. w. Bd. I. S. 392. Fig. 78; - S. auch S. 39. Fig. 7*.","page":272},{"file":"p0273.txt","language":"de","ocr_de":"Nervenstromes durch Zuckung.\n273\ntung des Querschnittes zu kennen \\ Nur Galvani selber scheint in diesem Punkte gl\u00fccklicher gewesen zu sein. Ich erinnere an den Versuch Galvani\u2019s, den ich in der Geschichte des Froschstromes als den Grundversuch der elektrischen Nervenphysik angesprochen habe (S. oben Bd. I. S. 84). Galvani lagerte den Nerven eines strompr\u00fcfenden Schenkels in einen offenen Bogen, und Iiefs den Nerven eines zweiten, von dem ersten sonst v\u00f6llig isolirten Schenkels dergestalt auf den Bogen fallen, dafs der Querschnitt \u2014 \u00bbboccuccia\u00ab \u2014 des ersten Nerven einen der beiden Ber\u00fchrungspunkte bildete. In g\u00fcnstigen F\u00e4llen zuckten beide Schenkel. Matteucci will an S\u00e4ulen aus St\u00fccken Gehirn und R\u00fcckenmark vom Ochsen Zuckungen des strompr\u00fcfenden Schenkels erhalten haben, wie bereits oben S. 250 berichtet ist.\nMein Verfahren, um Zuckungen durch den Strom des ruhenden Nerven zu erhalten, besteht in folgendem. Der strompr\u00fcfende Schenkel wird an die Glasplatte des allgemeinen Tr\u00e4gers befestigt, wie Fig. 19. Taf. III. Bd. I zeigt, und das Hirnende des Ischiadnerven mit L\u00e4ngsund Querschnitt \u00fcber die mit Eiweifsh\u00e4utchen bekleideten B\u00e4usche meiner Vorrichtung gebr\u00fcckt. F\u00fcr die Gleichartigkeit aller Theile der Vorrichtung b\u00fcrgt die Multiplicatornadel ; hat man sich von dieser Gleichartigkeit \u00fcberzeugt, so kann man den Multiplicator nat\u00fcrlich auch fortlassen. Es ist ein Quccksilbergef\u00e4fs in den Kreis eingeschaltet, so dafs Schliefsen und Oeffnen des Kreises mittelst eines verquickten Kupferhakens metallisch vollzogen werden kann. Beim Schliefsen und manchmal auch beim Oeffnen zuckt der Schenkel; in einigen F\u00e4llen auch nur beim Oeffnen. Bei dem Grade von Erregbarkeit, den der Versuch voraussetzt, ist nicht zu verlangen, dafs sich in dieser Beziehung eine vollst\u00e4ndige Gesetzm\u00e4fsigkeit kund gehe (S. oben Bd. I. S. 320. 390). Legt man den Nerven statt mit L\u00e4ngs- und Querschnitt nur mit Punkten des L\u00e4ngsschnittes auf, indem man den Querschnitt auf Glimmer ruhen l\u00e4fst, so bleibt die Zuckung aus. Sie kehrt wieder, wenn von Neuem Querschnitt aufgelegt wird.\nEs ist nicht schwer zu erkennen, worin die Ueberlegenheit der von mir gew\u00e4hlten Anordnung begr\u00fcndet sei. Erstlich ist der Widerstand der Nervenkette so klein als m\u00f6glich gemacht. Verm\u00f6ge des Kunstgriffes, den Nerven des strompr\u00fcfenden Schenkels zur Anzeige seines eigenen Stromes dienen zu lassen, ist der Widerstand nur halb so grofs, als wenn zur Schliefsung der Nervenkette noch ein anderer Nerv angewendet w\u00fcrde. Da aber der Widerstand der B\u00e4usche und des\n1 S. z. B. Nobili, Memorie ed Osservazioni \u00e9dit\u00e9 ed inedite ec. Firenze 1834. vol. I. p. 74\u2019. (Abhandlung I. oben Bd. I. S. 104).\nn.\n18","page":273},{"file":"p0274.txt","language":"de","ocr_de":"274 3. Abschi. Kap. VI. \u00a7. III. 4 (vi). Zuclmng durch den Nervenstrom; \u2014\nmetallischen Theiles des Kreises gegen den des Nerven kaum in Betracht kommt, so ist der Widerstand bei der beschriebenen Anordnung auch kleiner, als wenn man den Querschnitt unmittelbar gegen den L\u00e4ngsschnitt umbiegt, wie v. Humboldt vergeblich that, es sei denn, dafs man den Halbmesser des Ringes ausnehmend klein machte. F\u00fcr\u2019s zweite jedoch, und dies ist der wesentliche Punkt, ist die angegebene Versuchsweise deshalb so g\u00fcnstig, weil sie gestattet, die Kette mit weit gr\u00f6fserer Geschwindigkeit zu schliefsen und zu \u00f6ffnen, als es beim Umbiegen des Nerven gegen sich selber, beim Anlegen eines Nerven an einen anderen, und den \u00fcbrigen derartigen Versuchsweisen m\u00f6glich ist (Vergl. oben Bd. I. S. 264. 474. 475). Soviel ist gewifs, dafs man zur Entdeckung der Ungleichartigkeit zwischen L\u00e4ngs- und Querschnitt der Nerven hienach nicht des Multiplicators bedurfte.\nIch habe \u00fcbrigens noch eine ganz andere Art ausfindig gemacht, physiologische Stromeswirkungen von den Nerven zu erlangen: ich meine die secund\u00e4re Zuckung vom Nerven aus. Dabei befindet sich jedoch der Zuckung erregende Nerv nicht in Ruhe, sondern in Th\u00e4tigkeit. Insofern somit diese Art der Zuckung zusammenh\u00e4ngt mit Bewegungserscheinungen des Nervenstromes, von denen wir noch keine Kunde haben, bleibt ihre ausf\u00fchrliche Erw\u00e4hnung einem sp\u00e4teren Orte Vorbehalten.1\n(vii) Widerlegung der Annahme, der Muskelstrom r\u00fchre her von dem Strome der in den Muskeln verzweigten Nerven.\nDie auf einem viel fr\u00fcheren Standpunkte der Untersuchung angeregte Frage, ob der Nervenstrom wegen der im Muskel verzweigten Nerven vielleicht zugleich den Grund des Muskelstromes enthalte (S. oben Bd. I. S. 556), kann wohl jetzt kaum noch der Er\u00f6rterung werth erscheinen. Man h\u00e4tte sich also vorzustellen, dafs der k\u00fcnstliche Querschnitt des Muskels sich deshalb negativ gegen den L\u00e4ngsschnitt verhalte, weil in ihm zugleich stets k\u00fcnstliche Querschnitte von einzelnen Nervenf\u00e4den angelegt seien. Es bliebe aber dunkel, weshalb der k\u00fcnstliche L\u00e4ngsschnitt sich positiv verh\u00e4lt, der doch auch die St\u00fcmpfe zerschnittener Nervenf\u00e4den darbietet; weshalb der nat\u00fcrliche Querschnitt hingegen sich negativ zeigt, an dem doch keine freie Endigungen der Muskelnerven bekannt sind. Dunkel bliebe, wie ein einfaches Muskelb\u00fcndel den gesetzm\u00e4fsigen Strom zeigen k\u00f6nne, an dessen Querschnitten man mit H\u00fclfe des Mikroskopes und der Essigs\u00e4ure gleichwohl keine Ncrvenbruchstiicke zu entdecken vermag; nicht weniger dunkel endlich\n* S. oben S. 120; \u2014 unten, Kap. VII. \u00a7. vu.","page":274},{"file":"p0275.txt","language":"de","ocr_de":"(vu). Unabh\u00e4ngigkeit des Muskelslromes von demselben. 275\ndie St\u00e4rke des Muskelstromcs, welche viel geringer sein m\u00fcfste als die des Stromes des zugeh\u00f6rigen Muskelnerven, nicht nur weil nicht jeder Querschnitt die Querschnitte s\u00e4mmtlicher einfachen Nervenr\u00f6hren enth\u00e4lt, die den Nerven zusammensetzen, sondern auch wegen der hinzugekommenen unwirksamen Nebenschliefsung, die durch die Masse der Muskelh\u00fcndel selber bewirkt, w\u00fcrde. Zu alledem wird eine nicht sehr entfernte Folge noch den wesentlichen Umstand hinzuf\u00fcgen, dafs die Bewegungserscheinungen des Muskelstromes und des Nervenstromes von einander verschieden sind, und an eine g\u00e4nzliche Verschmelzung beider folglich nicht gedacht werden kann.\n(vin) Von der Annahme einer nicht leitenden Beschaffenheit der H\u00fclle der einfachen Nervenr\u00f6hren.\nEs bleibt uns nun \u00fcbrig, einem Punkte von gr\u00f6fstem Belang unser Augenmerk zuzuwenden, dessen Erledigung am besten hier Platz finden d\u00fcrfte: der Frage n\u00e4mlich, ob die einfachen Nervenr\u00f6hren mit einer isolirenden H\u00fclle umgeben, abgesehen von der schlechten Leistungsf\u00e4higkeit ihrer inneren Substanz also gewissermafsen besponnenen Kupferdr\u00e4hten zu vergleichen seien.\nDiese Vorstellungsweise r\u00fchrt, meines Wissens, von Galvani selber her. Er berief sich bereits, um sie zu st\u00fctzen, auf den verh\u00e4ltnifs-m\u00e4fsig bedeutenden Gehalt der Nerven an Fett.' Fowler berichtet: \u00bbWenn ein Nerve, welcher auf einige Zeit von den umgebenden Thei-\u00bblen getrennt war, entweder sorgf\u00e4ltig mit einem St\u00fcck feinen Mous-\u00bbselin v\u00f6llig abgetrocknet, oder, \u2014 wenn man seinem Bau dadurch \u00bbzu schaden glauben sollte \u2014 in der Schwebe erhalten worden, bis \u00bbseine Feuchtigkeit verdunstet ist; so kann kein Zusammenziehen in \u00bbden Muskeln, in welchen er sich vertheilt, erregt werden, wenn er \u00bbblofs mit zwei Metallen in Ber\u00fchrung mit einander ber\u00fchrt wird. \u00bbWenn er aber wieder mit einem Wassertropfen befeuchtet wird; so \u00bberfolgt augenblicklich ein Zusammenziehen; und auf diese Art l\u00e4fst \u00bbsich, durch abwechselndes Abtrocknen und Anfeuchten der Nerven, \u00bbein Zusammenziehen nach Belieben eine betr\u00e4chtliche Zeit lang hem-\u00bbmen und erneuern. \u00ab a Eine \u00e4hnliche Erfahrung erz\u00e4hlt Pfaff in einer fr\u00fcheren Arbeit3 und giebt an, dafs Schmuck dasselbe beobachtet habe.\n1 Op\u00e9r\u00e9 \u00e9dit\u00e9 ed inedite ec. De viribus Electricitatis etc. P. IV. p. 105*; \u2014 Dell\u2019 uso e dell\u2019 attivit\u00e0 dell\u2019 Arco conduttore ec. p. 241. 245. 246.* \u2014 Vergl. oben Bd. I. S. 49.\n2 Al. Monro\u2019s und Bich. Fowler\u2019s Abhandlung, \u00fcber lliierische Elektricil\u00e4t und ihren Einflufs auf das Nervensystem. Leipzig 1796. S. 67.*\nJ Gren\u2019s Journal der Physik. 1794, Bd. VIII.\u00bb S. 214.\u2019\n18 *","page":275},{"file":"p0276.txt","language":"de","ocr_de":"276\t\u00ab?. Abschn. Kap. VI. \u00a7. III. 4 (viu). Von der Annahme\nMerkw\u00fcrdigerweise sagt er jedoch kurz darauf anderw\u00e4rts von der FowLER\u2019schen Nachricht: \u00bbDiesem widersprechen aber geradezu meine \u00bbVersuche. So lange der Nerv Empfindlichkeit f\u00fcr Reize \u00fcberhaupt \u00bbbehielt, so zeigten sich, auch wenn er ganz trocken gemacht war, \u00bbdennoch Zuckungen bei der Ber\u00fchrung desselben mit beiden Metallen, \u00bbund hatte er diese Empfindlichkeit verloren, wie dies gew\u00f6hnlich bei \u00bbseiner Austrocknung an der Luft geschieht, so war auch dieses Be-\u00bb feuchten fruchtlos.\u00ab 1 Bunzen in Kopenhagen empfahl, beim Zusammensetzen der von ihm erfundenen Froschs\u00e4ule (S. oben Bd. I. S. 100), die Verbindungen zwischen den einzelnen Gliedern derselben nicht mittelst der \u00e4ufseren H\u00fclle der Nerven herzustellen, sondern diese unter einem m\u00f6glichst kleinen Winkel mit ihrer L\u00e4ngenaxe zu durchschneiden, und das so in einer gr\u00f6fseren Fl\u00e4che entbl\u00f6fste Innere mit den Muskeln des n\u00e4chstfolgenden Pr\u00e4parates in Verbindung zu bringen. \u00bbDenn nach \u00bbmeiner Erfahrung,\u00ab sagt er, \u00bbgeh\u00f6rt das Neurilema (oder die Nerven-\u00bb scheide) zu den weniger leitenden Substanzen, und wirkt in Verbin-\u00bbdung mit der Nervensubstanz selbst, nicht sowohl durch seine eigene \u00bb... leitende Natur, als durch die dasselbe bekleidende Fl\u00fcssigkeit. Es \u00bbist unbeschreiblich, wie sehr es die Versuche erleichtert, auf diese Art \u00bbdie Nervensubstanz selbst zu entbl\u00f6fsen, und wie weit besser alles \u00bbgl\u00fcckt, als wenn das Neurilem das verbindende Glied ist.\u00ab* W\u00e4hrend sodann Weinhold,\u201c Pr\u00e9vost und Dumas, Larrey, und Fechner (S. oben S. 224. 226. 229) dieser Vorstellungsweise huldigten, bek\u00e4mpfte sie Person (S. oben S. 233). Neuerdings haben Gu\u00e9rard und Longet eine Erfahrung bekannt gemacht, welche der von Fowler beschriebenen entspricht: \u00bbQuand on essuie le nerf avec pr\u00e9caution, au moyen de \u00bbpapier non coll\u00e9, les contractions musculaires r\u00e9sultant de l\u2019action \u00bb\u00e9lectrique perdent beaucoup de leur intensit\u00e9.\u00ab1 * * 4 E. Harless sagt: \u00bbH\u00e4ufig schon bemerkte ich, dafs wenn der in seinem Neurilem ein-\u00bb geschlossene Nerv mit einem einfachen voltaischen Plattenpaar gereizt \u00bbwird, gar keine Reaktion eintritt, was sogleich geschieht, wenn an \u00bbdemselben Punkt der seines Neurilems beraubte Nerv gereizt wird, \u00bbso dafs bis zu einem gewissen Punkt das Neurilem als ein Isolator \u00bbf\u00fcr galvanische Str\u00f6me anzusehen ist.\u00ab5 Nicht wenig schien aber\n1 Ueber thierische Elektricil\u00e4t und Reizbarkeit. Leipzig 1795. S. 211.*\n*\tGilbert's Annalen der Physik. 1807. Bd. XXV. S. 155. 156.*\n5 Versuche \u00fcber das Leben und seine Grundkr\u00e4fte auf dem Wege der Experimental-Physiologie. Magdeburg 1817. S. 15.*\n*\tL\u2019Institut. 1812. t. X. No. 466. p. 427. 4\u00b0.* \u2014 Longet, Anatomie et Physiologie du Systeme nerveux etc. Paris 1842. t. I. p. 143. 144. Nota.*\n5 M\u00fcller\u2019s Archiv f\u00fcr Anatomie und Physiologie u. s. w. 1846. S. 80.*","page":276},{"file":"p0277.txt","language":"de","ocr_de":"isolirender H\u00fcllen um die einfachen Nervenr\u00f6hren,\n277\nendlich die Meinung von dem Vorhandensein einer isolirenden Nervenh\u00fclle an Gewicht zu gewinnen, als man Grund gefunden zu haben glaubte, den Fettgehalt der Nerven vorz\u00fcglich an ihren Umfang zu verlegen.1 * 3\nIndessen nichts von alledem ist als irgend stichhaltig zu betrachten. Wenn wirklich eine Fettschicht sich zun\u00e4chst unter der H\u00fclle der Primitivr\u00f6hren befinden sollte, so ist, bei der grofsen D\u00fcnne derselben, ihre isolirende Kraft doch noch keinesweges als erwiesen anzusehen. Dafs die Zuckungen an St\u00e4rke verlieren oder gar ausbleiben, wenn der Nerv \u00e4u\u00dferlich getrocknet wird, beweist, wie mir scheint, nichts anderes, als was man schon l\u00e4ngst auf verschiedene Weise in Erfahrung gebracht hat, dafs n\u00e4mlich die thicrischen Stoffe nur verm\u00f6ge der in ihnen befindlichen Feuchtigkeit leiten. Bunzen und Harless sprechen zwar nicht vom Vertrocknen des Nerven, aber eben deshalb ist es wahrscheinlich, dafs sic dadurch in die Irre gef\u00fchrt worden sind. Beil\u00e4ufig gesagt, w\u00fcrde f\u00fcr physiologische Erkl\u00e4rungszwecke noch sehr wenig gewonnen sein mit der Annahme einer nicht-leitenden Beschaffenheit der \u00e4ufseren Nervenscheide, wenn nicht zugleich nachgewiesen oder aus Gr\u00fcnden der Analogie weiter geschlossen w\u00fcrde, dafs sich isolirende H\u00fcllen der Art auch in\u2019s Innere der Nerven erstrek-ken, bei den Empfindungsnerven bis auf jede einzelne Primitivr\u00f6hre, hei den Bewegungsnerven bis auf solche Gruppen von Primitivr\u00f6hren, welche f\u00fcr einen und denselben Muskel bestimmt sind.\nEs ist, so viel mir scheint, unm\u00f6glich, ohne sich in die seltsamsten Voraussetzungen zu verlieren, bei der Annahme von der nichtleitenden Beschaffenheit der Nervenh\u00fcllen die Zuckungen zu erkl\u00e4ren, die man durch Anlegen beider Elektroden an den Nerven erh\u00e4lt. Gu\u00e9rard und sein Mitarbeiter Longet versuchen dies zwar auf folgende Weise. Sie haben bemerkt, dafs, wenn sie beide Pole, in 2cra Abstand von einander, an den Nerven brachten, w\u00e4hrend die Multiplicatorenden sich gleichfalls am Nerven, aufserhalb der beiden Pole und m\u00f6glichst entfernt von dem n\u00e4chsten Pole befanden, bei jeder Schliefsung der Kette ein geringer Ausschlag entstand. Dieser Umstand wird sp\u00e4ter seine Deutung finden.3 G\u00fc\u00e9rard sagt nun: \u00bbII semble, d\u2019apr\u00e8s cela, \u00bbque l\u2019\u00e9lectricit\u00e9 ne produit ces contractions qu\u2019au moyen d\u2019un courant \u00bbd\u00e9riv\u00e9 du courant principal, dont il n\u2019est qu\u2019une petite fraction. Il \u00bby aurait alors deux circuits: l\u2019un, form\u00e9 par la pile et la portion du\n1 S. Schwann, Mikroskopische Untersuchungen \u00fcber die Uebereinstimmung in\nder Structur und dem Wachsthum der Thiere und Pflanzen. Berlin 1839, S. 176.*\n3 S. unten, Kap. VII. \u00a7. i. 1.","page":277},{"file":"p0278.txt","language":"de","ocr_de":"278\t3- Abschn. Kap. VI. \u00a7. 111. 4 (nu). Von der Annahme\n\u00bbnerf intercept\u00e9e entre les p\u00f4les; l\u2019autre, constitu\u00e9e par les divers fila-\u00bbments nerveux. Dans ce dernier, le fluide appliqu\u00e9 \u00e0 l\u2019ext\u00e9rieur du \u00bbnerf, arriverait \u00e0 la pulpe des filaments correspondants au mojen de \u00bbla s\u00e9rosit\u00e9 qui mouille le n\u00e9vrilemme, parcourrait les ramifications ner-\u00bbveuses dans le muscle, dont il exciterait les contractions, et retourne-\u00bb l\u2019ait \u00e0 la pile en suivant des rameaux diff\u00e9rents de ceux qu\u2019il avait \u00bbd\u2019abord parcourus. ... La nouvelle th\u00e9orie rend parfaitement raison \u00bbdes ph\u00e9nom\u00e8nes qui succ\u00e8dent \u00e0 la ligature des nerfs .... La liga-\u00bbture, en enlevant au n\u00e9vrilemme la s\u00e9rosit\u00e9 qui le mouille (?), apporte \u00bbun obstacle infranchissable au courant d\u00e9riv\u00e9, qui, comme on l\u2019a \u00bbdit, n\u2019est qu\u2019une fraction du courant principal; de l\u00e0 l\u2019absence des \u00bbcontractions. Mais, quand cette ligature est plac\u00e9e entre les p\u00f4les, \u00bbelle ne suffit plus \u00e0 arr\u00eater le courant \u00e9nergique qui traverse le nerf \u00bbet, au del\u00e0 du lien, une petite portion de ce courant se d\u00e9rive comme \u00bb\u00e0 l\u2019ordinaire, parcourt les ramifications nerveuses, fait contracter les \u00bbmuscles et retourne \u00e0 la pile, ainsi que nous l\u2019avons indiqu\u00e9 plus \u00bbhaut.Ich mufs bekennen, dafs es mir durchaus unverst\u00e4ndlich ist, auf welche Weise Gu\u00e9rard und Longet sich denken, dafs ein Theil des Stromes veranlafst werde, seinen Weg durch gewisse Nervenfasern zum Muskel und durch andere zu den Polen der Kette zur\u00fcck zu nehmen; und dafs mir ebenso ihre Theorie der Unterbindung als ein Gewebe von Dunkelheiten und willk\u00fcrlichen Behauptungen erscheint.\nF\u00fcr die einzige Art, die elektrischen Reizversuche bei Gegenwart einer isolirenden H\u00fclle zu erkl\u00e4ren, mufs ich folgende halten. Man hat sich zu denken, dafs in den Centralgebilden sowohl als in den Muskeln die Nervenr\u00f6hren streckenweise von ihrer nichtleitenden Bekleidung befreit sind, was sich im Allgemeinen wohl mit den Thatsachen der Formenlehre und auch den physiologischen Erkl\u00e4rungszwecken vertragen w\u00fcrde, die der Hypothese zu Grunde liegen. Alsdann folgt ein Theil der Erscheinungen zwar auf eine abentheuerliche Weise, der man nicht leicht im Ernste Glauben schenken wird, aber doch zur Noth verst\u00e4ndlich. Beim Anlegen beider Pole an den Nerven hat man in der That, wie auch Gu\u00e9rard und Longet voraussetzen, zwei Stromarme. Der eine findet statt durch die Bindegewebeh\u00fclle und die unwirksam leitenden H\u00fcllen der Nervenr\u00f6hren in dem St\u00fccke zwischen beiden Polen. Der andere nimmt seinen Weg von der positiven Elektrode \u2014 der Strom mag absteigend in dem Nerven sein \u2014 durch dieselben Gebilde aufw\u00e4rts zu den Centraltheilen. Hier entweder, wo er, wegen Abwe-\n' L\u2019Institut. Ibidem; \u2014 Longet, Anatomie et Physiologie du Syst\u00e8me nerveux etc. Ibidem et p. 124.*","page":278},{"file":"p0279.txt","language":"de","ocr_de":"isolirender H\u00fcllen um die einfachen Nervenr\u00fchren.\n279\nsenheit der isolirenden Schicht, Zutritt zu dem Inneren der Nervenr\u00f6hren erh\u00e4lt, oder, wenn der Nerv verletzt ist, in dem Querschnitte, betritt der Stromarm die Bahn s\u00e4mmtlicher Axencylinder bis zum Muskel, wo er sie verl\u00e4fst, um wieder durch die leitenden Ncrvcnh\u00fcllen zur negativen Elektrode zur\u00fcckzugelangen. Mit dieser Theorie w\u00fcrde die Erscheinung stimmen, dafs die die Axe des Nerven senkrecht schneidende Str\u00f6mungsrichtung am wenigsten geeignet zur Erzeugung von Zuckungen ist, da allerdings bei dieser Anordnung der abgeleitete Stromarm durch die einfachen R\u00f6hren verschwinden m\u00fcfste, wie auch diejenige, dafs die Zuckungen um so st\u00e4rker ausfallen, eine um so l\u00e4ngere Strecke des Nerven man mit den Elektroden umfafst. F\u00fcr die Wirkung der Unterbindung k\u00f6nnte man Fechner\u2019s Auslegung beibehalten (S. oben S. 220). Alsdann m\u00fcfste jedoch ein oberhalb der Elektroden angelegtes Unterband gleichfalls die Zuckungen hemmen, ein unterhalb derselben die elektrischen Empfindungen, ein zwischen ihnen befindliches sowohl die Zuckungen, als die Empfindungen. Ferner bliebe unverst\u00e4ndlich, wie das Durchschneiden des Nerven mit Wiederzusammenzuf\u00fcgen seiner St\u00fcmpfe dieselbe Wirkung hervorbringt, als das Unterbinden. Es w\u00fcrde demnach vorzuziehen sein, sich zu denken, dafs die Unterbindung sowohl als die Durchschneidung dadurch hemmend auf den elektrischen Rcizungsvorgang einwirken, dafs sie eine Nebcnschliefsung er\u00f6ffnen dem Stromarme, der sich, der Oberfl\u00e4che des Nerven entlang, bis zu einer Stelle begiebt, wo er den R\u00fcckweg durch das Innere der R\u00f6hren antreten kann. Die Unterbindung w\u00fcrde dies dadurch thun, dafs sic die isolirenden H\u00fcllen der Primitivr\u00f6hren \u00f6rtlich vernichtete.\nDarauf ist nun folgendes zu erwiedern. Was erstlich die Wirkung heim Unterbinden und Durchschneiden betrifft, so w\u00fcrde doch die g\u00e4nzliche Hemmung der Zuckungen auf die dargelegte Weise schwer zu verstehen sein. Die Unterbindung m\u00fcfste weniger wirksam sein, wenn sie in einiger Entfernung von den Elektroden geschieht und wenn sie dicht \u00fcber dem Muskel angebracht wird, weil alsdann der Stromarm, der sich durch die \u00e4ufsersten Nervenendigungen zu begeben hat, vcrgleichweise bessere Leitung vorf\u00e4nde. So m\u00fcfste man auch die Zuckungen dadurch verst\u00e4rken k\u00f6nnen, dafs man die Nerven aufser-halb der Elektroden mit einem guten Leiter umh\u00fcllte, ihn bis zur Ber\u00fchrung seiner selbst zusammenb\u00f6ge, oder ihn dicht \u00fcber den Elektroden, wie auch zwischen denselben durchschnitte. Die Zuckungen m\u00fcfsten zu erscheinen aufh\u00f6ren, wenn der Nerv oberhalb der Elektroden austrocknete. Sie m\u00fcfsten g\u00e4nzlich ausbleiben, wenn man den Nerven iin Kreise lagerte, das Hirnende das Muskelcnde kreuzen liefse, und die Elektroden zweien Punkten des Kreises anlegte, oder auch,","page":279},{"file":"p0280.txt","language":"de","ocr_de":"2S0\t<?. Abschn. Kap. VI. \u00a7. III. 4 (nu). Von der Annahme\nwenn man den Nerven, wie in Fig. 94. Taf. II zusammenlegte, und an zwei Punkte der Schlinge, etwa in den punktirten Linien, die Elektroden anbr\u00e4chte. Nichts von alledem ist der Fall, und dazu kommt endlich noch, dafs man eine wohlbegr\u00fcndete Erscheinung, das Valli-RiTTER\u2019sche Gesetz, nicht w\u00fcrde erkl\u00e4ren k\u00f6nnen, nach welchem, wie man es gew\u00f6hnlich auszusprechen pflegt, die Reizbarkeit des Nerven von seinem Hirnende nach seinem Urspr\u00fcnge hin vorschreitend erlischt (S. oben Bd. I. S. 321 ff.). Vielmehr m\u00fcfste alsdann die Stelle, wo man dem Nerven die Elektroden anlegt, ohne allen Einflufs auf die St\u00e4rke der Zuckungen sein, da stets die ganze L\u00e4nge der Primitivr\u00f6hren einem Strome von gleicher St\u00e4rke ausgesetzt sein w\u00fcrde.\nDies sind Betrachtungen, zu denen die thats\u00e4chliche Grundlage l\u00e4ngst der Wissenschaft zu Gebote stand. Jetzt aber, wo an den Nerven selber elektrische Wirkungen entdeckt sind, kann noch gefragt werden, wie sich die Erscheinungsweise dieser mit der Annahme der nichtleitenden Beschaffenheit des Umfanges der einfachen R\u00f6hren vertragen mag. Hier\u00fcber ist folgendes zu sagen.\nDer Thatbestand ist, dafs der Nervenstrom in seinem Gesetze auf das vollst\u00e4ndigste mit dem Muskelstrome \u00fcbereinkommt. Es sind nun zwei F\u00e4lle m\u00f6glich. Entweder wir denken uns, dafs im Nerven dieselbe Anordnung der ungleichartigen Gebilde herrscht, wie im Muskel. Alsdann m\u00fcfste gezeigt werden, dafs, bei dieser Anordnung, das Anbringen nichtleitender H\u00fcllen rings um s\u00e4mmtliche einfache R\u00f6hren, innerhalb der uns gesteckten Grenzen der Genauigkeit, ohne Einflufs auf die Erscheinungsweise des Stromes bleiben w\u00fcrde. Oder, wenn dies nicht von statten gehen sollte, wir versuchen umgekehrt, ob sich nicht vielleicht eine von der in den Muskeln erkannten abweichende Anordnung ungleichartiger Gebilde ersinnen liefse, die aber, eben verm\u00f6ge der Annahme der isolirenden H\u00fcllen, dennoch Wirkungen nach dem Gesetze des Muskelstromes g\u00e4be. Es ist klar, dafs erst nachdem diese beiden Wege vergeblich betreten worden w\u00e4ren, von dem That-bestande des Nervenstromes aus die Lehre von den isolirenden H\u00fcllen verworfen werden d\u00fcrfte; nicht minder klar ist jedoch, dafs die zweite der ausgesprochenen M\u00f6glichkeiten erst zur Er\u00f6rterung kommen kann, nachdem die erste als nicht in der Wirklichkeit stattfindend nachgewiesen worden ist.\nWir schreiten demnach zur Betrachtung des Einflusses, den die nichtleitende Umh\u00fcllung der Primitivr\u00f6hren auf die Erscheinungsweise des Stromes \u00e4ufsern m\u00fcfste, wenn derselbe ausgeht von ungleichartigen Gebilden der Art und Anordnung, wie wir sie in den Muskeln angenommen haben. Diese Betrachtung hat, wie alle \u00e4hnliche dieses Ge-","page":280},{"file":"p0281.txt","language":"de","ocr_de":"isolirender H\u00fcllen um die einfachen Nervenr\u00fchren.\n281\nbietes, mit grofsen, ja zum Theil un\u00fcberwindlichen Schwierigkeiten zu k\u00e4mpfen.\nSoviel ist zwar von vorn herein deutlich: gleichviel welche von allen im dritten Kapitel (S. oben Bd. I. S. 676) als m\u00f6glich erkannten peripolaren Anordnungen man auch in den Nerven als wirklich gelten lasse, die Str\u00f6me zwischen L\u00e4ngs- und Querschnitt werden, wenn auch in geschw\u00e4chtem Mafse, zu erscheinen fortfahren. Man kann sich n\u00e4mlich vorstellen, die Schicht feuchten Leiters, welche die isolirende H\u00fclle bekleidet, sei eine Fortsetzung des an L\u00e4ngsschnitt gelegten Endes des ableitenden Bogens; diese Fortsetzung reicht ein- f\u00fcr allemal bis nach den beiden Grenzen zwischen L\u00e4ngs- und Querschnit hin, findet sich hier aber immer an Punkte von gr\u00f6fserer absoluter Spannung angelegt, als das andere Ende des Bogens, welches die den Querschnitt selber \u00fcberziehende Schicht feuchten Leiters ber\u00fchrt.\nDie Str\u00f6me zwischen verschiedenen Punkten des Querschnittes gehen uns zwar nichts an, in sofern sie an den Nerven noch nicht wahrgenommen worden sind (S. oben S. 252), indessen ist leicht zu sehen, dafs sie, obschon geschw\u00e4cht, doch trotz der isolirenden H\u00fcllen sich zu zeigen fortfahren w\u00fcrden.\nSeh\u00e7, dunkel aber gestaltet sich diese Ermittelung in Betreff der Str\u00f6me zwischen verschiedenen Punkten des L\u00e4ngsschnittes. Es scheint n\u00e4mlich, so viel sich theoretisch ermessen l\u00e4fst, unm\u00f6glich, dafs diese Str\u00f6me noch sollten wahrgenommen werden k\u00f6nnen. Da dies nun ein Umstand in der Erscheinungsweise des Nervenstromes gewesen w\u00e4re, aus welchem man auf die Abwesenheit isolirender H\u00fcllen um die einfachen Nervenr\u00f6hren h\u00e4tte schliefsen k\u00f6nnen, so suchte ich mich dadurch desselben zu vergewissern, dafs ich Versuche dar\u00fcber anstellte mit H\u00fclfe der schematischen Kupferzinkvorrichtungen, deren wir uns bei Gelegenheit der Er\u00f6rterung des Gesetzes des Muskelstromes so vielfach bedient haben. Dabei fand ich aber gerade das entgegengesetzte von dem, was ich theoretisch gew\u00e4rtiget hatte.\nIch wiederholte zuerst den Fig. 61. Taf. VI. Bd. I abgebildeten Versuch mit dem kupfernen, am Mantel verzinkten, an den Grundfl\u00e4chen rothgebliebenen Cylinder, der in eine cylindrische Masse feuchten Leiters versenkt ist, mit dem Unterschiede, dafs der Cylinder in einem wohl gefirnifsten Papprohr als isolirender H\u00fclle steckte, welches ringsum einen Raum von einigen Millimetern zwischen sich und dem positiven Mantel \u00fcbrig liefs, und an beiden Enden durch drei Korkst\u00fcckchen festgekeilt war. Die Str\u00f6me des L\u00e4ngsschnittes waren dabei zwar nur schwach, aber doch regelm\u00e4fsig vorhanden.\nDieser Versuch bezog sich zun\u00e4chst auf diejenige Ilauptabtheilung","page":281},{"file":"p0282.txt","language":"de","ocr_de":"282\t\u00e4 Abschn. Kap. VI. \u00a7\u25a0 III. 5. Von der Abnahme\nder zahllosen M\u00f6glichkeiten peripolarer Anordnung in den thierischen Erregern, bei welchen am L\u00e4ngsschnitte das positive Kettenglied ununterbrochen herrscht (S. oben Bd. I. S. 676). Als Typus einer Anordnung mit unterbrochenem positiven Gliede am L\u00e4ngsschnitte wendete ich die Vorrichtung an, welche Fig. 64 \u2014 69. Taf. VI. Bd. I auf verschiedene Weise dargestellt ist (Vergl. daselbst S. 643 \u2014 652). Es wurde aber in geringer Enfernung von der Zinkfront s\u00e4mmtlicher Elemente und derselben parallel ein Glasstreifen von der H\u00f6he der Elemente mit seinem einen L\u00e4ngsrande auf den Boden des Troges wasserdicht aufgekittet; seine beiden Enden lagen in einer Ebene mit den \u00e4ufseren Kupferw\u00e4nden der beiden Endglieder der Reihe. Auch hier nun gaben sich, vor der Glasplatte, die Str\u00f6me des L\u00e4ngsschnittes zwar schwach, aber in aller Regelm\u00e4fsigkeit kund.\nIch mufs bekennen, dafs ich weder im einen noch dem anderen Falle im Stande bin, mir die Art und Weise klar zu machen, wie diese Str\u00f6me zu Stande kommen. Wie dem auch sei, das Ergebnifs der Untersuchung w\u00fcrde sein, dafs allerdings die Erscheinungsweise des Stromes sich mit der Annahme isolirender H\u00fcllen der Nervenr\u00f6hreo, unter Voraussetzung der n\u00e4mlichen Anordnung ungleichartiger Gebilde, welche im Muskel stattfindet, in Einklang bringen l\u00e4fst. Es sei denn, wof\u00fcr indefs nichts zu sprechen scheint, dafs uns die schematische Kupferzinkvorrichtung, mit ihrem ableitenden Bogen von verschwindendem Widerstande, hier, wie schon einmal bei einer fr\u00fcheren Gelegenheit (S. oben Bd. I. S. 722), eine Antwort ertheilt h\u00e4tte, die wir nicht so ohne weiteres auf die freilich sehr verschiedenen Leitungsverh\u00e4ltnisse der thierischen Erreger \u00fcbertragen d\u00fcrften. F\u00fcr die Lehre von den isolirenden H\u00fcllen ist unter keinen Umst\u00e4nden etwas gewonnen, da die oben von Seiten der elektrischen Reizversuche gegen sie angef\u00fchrten Gr\u00fcnde hinreichen, sie v\u00f6llig umzustofsen. Ob und auf welche Weise, trotz diesem Uebelstande, eine elektrische Theorie der Nebenwirkungen vielleicht doch noch ihr Dasein fristen k\u00f6nne, ist eine Frage, deren Ueberlegung einem sp\u00e4teren Orte Vorbehalten wird.1\n5. Von dem Gesetze der Abnahme des Nervenstromes und seiner nat\u00fcrlichen Grenze nach dem Tode.\nWir fahren nun fort das Schema der Untersuchung, wie es sich uns bei der Erforschung des Muskelstromes an die Hand gegeben hatte, in \u00e4hnlicher Weise f\u00fcr den Nervcnstrom auszuf\u00fcllcn. Dort\nS. unten, 4. Abschn.","page":282},{"file":"p0283.txt","language":"de","ocr_de":"und der nat\u00fcrlichen Grenze des Nervenstromes nach dem Tode. 283\ngingen wir nach Auffindung des Gesetzes des Muskelstroraes und nach der Er\u00f6rterung dieses Gesetzes zun\u00e4chst an die Untersuchung \u00fcber das Verhalten des Stromes w\u00e4hrend der Zusammenziehung; besondere Gr\u00fcnde sprechen hier daf\u00fcr, der Untersuchung \u00fcber das Verhalten des Nervenstromes, w\u00e4hrend das sogenannte Nervenprincip in Th\u00e4tigkeit ist, diejenige \u00fcber das Gesetz der Abnahme und die Dauer des Stromes nach dem Tode, wie auch \u00fcber sein Verhalten mannigfaltigen Einfl\u00fcssen gegen\u00fcber, den Untersuchungen des vorigen Kapitels f\u00fcr den Muskelstrom entsprechend, voraufzuschicken.\nUebcr das Gesetz der Abnahme des Nervenstromes nach dem Tode l\u00e4fst sich nat\u00fcrlich noch weniger etwas genaues ermitteln als \u00fcber das entsprechende des Muskelstromes (S. oben S. 148 ff.). Auch hier mufs, damit irgend eine numerische Bestimmung Werth erhalte, darauf gewartet werden, dafs man lerne, den Nervenstrom mit Ausschlufs der Polarisation an einem graduirten Multiplicator zu beobachten. Bis dahin m\u00fcssen wir uns mit abgerissenen Bemerkungen, wie die folgenden, begn\u00fcgen.\nNicht weniger als auf den Muskelstrom (S. oben S. 150) \u00fcbt auf den Nervenstrom der Zustand des aufliegenden Querschnittes einen merklichen Einflufs aus. Das Herstellen eines neues Querschnittes giebt, wenn der alte vertrocknet, ange\u00e4tzt, gequetscht oder sonst mifshandelt war, Anlafs zu einer Hebung des Stromes.\nMan erinnert sich, dafs bereits zartere Muskeln, z. B. die der Froschlarven und der warmbl\u00fctigen Thiere, uns kurz vor ihrem g\u00e4nzlichen Zugrundegehen eine Umkehr der Richtung ihres Stromes zeigten (S. oben S. 154 ff.). Auch dies Verhalten kehrt hier, und in noch ausgedehnterem Mafsstabe, wieder. Bei dem Gehirn und dem R\u00fcckenmarke, vorz\u00fcglich warmbl\u00fctiger Thiere, wird dasselbe fast zur Regel, so dafs man nicht selten die best\u00e4ndige Ablenkung der Nadel allm\u00e4lig kleiner werden und endlich sich durch den Nullpunkt in einen Ausschlag im Sinne der Ladungen verwandeln sieht. Man hat es aber nicht blos mit einer Vernichtung der elektromotorischen Kraft zu thun; denn wird nun, nach einiger Zeit, der thierische Erreger durch den Schliefsungsbausch ersetzt, so erfolgt ein Ausschlag in dem urspr\u00fcnglichen Sinne des Nervenstromes, der von den Ladungen herr\u00fchrt, die der verkehrte Strom, nach vorg\u00e4ngiger Entladung der Elektroden, abermals auf diesen entwickelt hat. Vielleicht war dies der Grund der verkehrten Ausschl\u00e4ge, die Matteucci bei der Wiederholung der Versuche Pacinotti und Puccinotti\u2019s am Gehirne und den Muskelu von S\u00e4ugethieren und V\u00f6geln erhielt, wenn er das Einsenken der Platten \u00f6fters erneuerte (S. oben S. 243. 247. 259). Es ist dies aber eben","page":283},{"file":"p0284.txt","language":"de","ocr_de":"284\n3. Abschn. Kap. VI. \u00a7\u25a0 111. 5. Von der Abnahme\nso zweifelhaft, als dafs Matteucci bereits die Umkehr des Stromes zarterer Muskeln wirklich beobachtet hat, weil er n\u00e4mlich auch hier anzugeben vers\u00e4umt, ob die Platten zwischen je zwei einzelnen Versuchen entladen wurden (Vergl. oben S. 155).\nDie gemischten Nervenst\u00e4mme warmbl\u00fctiger Thiere, der Sehnerv und die N&rvenwurzeln des Frosches zeigen noch leicht die freiwillige Umkehr des Stromes; viel seltener ist sie hingegen an den gemischten Nervenst\u00e4mmen des Frosches. Nichtsdestoweniger beobachtet man sie hier, wovon unten ausf\u00fchrlicher die Rede sein wird,1 * sehr regelm\u00e4fsig als Folge gewisser tiefeingreifender Mifshandlungen, auch wenn dieselben sich nicht unmittelbar \u00fcber mehr als einen sehr kleinen Bruchtheil der L\u00e4nge des Nerven erstrecken.\nIch mache darauf aufmerksam, dafs wir, in der freiwilligen Umkehr des Ncrvenstromes, zum erstenmale auf eine Bewegungserscheinung desselben stofsen ; eine solche Erscheinung, der sich vern\u00fcnftigerweise kein anderer Vorgang unterlegen l\u00e4fst als ein in den kleinsten Theilen des thierischen Erregers stattfindender, ein wahrer Molecular-Vorgang. Denn bei jeder anderen Annahme, welche eine Vertheilung der ungleichartigen Gebilde in endlich ausgedehnten Massen im Inneren des Nerven voraussetzt, st\u00f6fst man auf den dunklen Umstand, wie man sich einen pl\u00f6tzlichen gegenseitigen Lageaustausch dieser Massen zu denken habe, w\u00e4hrend eine Lagever\u00e4nderung kleinster Theile gar keine Schwierigkeit darbietet (Vergl. oben S. 270).\nLassen wir dieses auf sich beruhen und fragen wir nach der nat\u00fcrlichen Grenze des Nervenstromes nach dem Tode, so f\u00e4hrt das genaue Entsprechen, welches wir bisher zwischen allen Z\u00fcgen der elektromotorischen Th\u00e4tigkeit des Muskel- und Nervenstromes bemerkt haben, wiederum zu gelten fort. Mit der elektromotorischen sinkt zugleich die mechanische Leistungsf\u00e4higkeit des Muskels; beide erreichen fast gleichzeitig, die letztere scheinbar etwas fr\u00fcher als die ersterc ihr Ziel; dieses Ziel ist bezeichnet durch den Eintritt der Todtenstarre, das Gerinnen des Muskelfaserstoffes. Mit der elektromotorischen Leistungsf\u00e4higkeit des Nerven sinkt zugleich seine F\u00e4higkeit, den Muskel zur Zuckung anzuregen; jene \u00fcberdauert aber diese um eine gewisse Zeit; ihr gemeinschaftliches Ziel ist, aller Wahrscheinlichkeit nach, jene Ver\u00e4nderung des Inhaltes der Nervenr\u00f6hren, welche man l\u00e4ngst gleichfalls als eine Gerinnung zu bezeichnen pflegt,3 und welche auch im Gehirn und R\u00fcckenmark einige Zeit nach dem Tode unzweifelhaft eine\n1 S. unten, Kap. VII. \u00a7. vm.\n! S. meinen \u00bbvorl\u00e4ufigen Abrifs u. s. w.\u00ab A. a. 0. S. 13. \u00a7. 33.","page":284},{"file":"p0285.txt","language":"de","ocr_de":"und der nat\u00fcrlichen Grenze des Nervenstromes nach dem Tode. 285\nVermehrung der Consistenz herbeif\u00fchrt. Nerven, welche keinen Strom mehr entwickeln, zeigen unter dem Mikroskope stets schon diese Ver\u00e4nderung.\nF\u00fcr die elektromotorische Wirksamkeit der thierischen Erreger \u00fcber die Grenze des Verlustes ihrer wesentlichen Lebenseigenschaften hinaus l\u00e4fst sich mit ziemlicher Gewifsheit das Gesetz aufstellen, dafs sie im Verh\u00e4ltnifs zur ganzen Zeit der Wirksamkeit nach dem Tode um so l\u00e4nger dauere, einen um so gr\u00f6fseren Bruchtheil dieser Zeit einnehme, je zarter die stromentwickelnden Gewehtheile sind. Dies glaube ich wenigstens auf Grund meiner Beobachtungen an Nervenst\u00e4mmen im Vergleich zu den Muskeln, am R\u00fcckenmarke im Vergleich zu den St\u00e4mmen, am Gehirn im Vergleich zum R\u00fcckenmarke behaupten zu d\u00fcrfen, von welchen das Gehirn gewifs nie, das R\u00fcckenmark nur in seltenen gl\u00fccklichen F\u00e4llen in einem Zustande aufgelegt wird, der dem des unversehrten Lebens entfernterweise gleichgestellt werden kann, w\u00e4hrend doch stets beide noch eine geraume Zeit hindurch mit bedeutender Kraft elektromotorisch wirken.\nHier, wie bei den Muskeln (Vergl. oben S. 161), w\u00fcrde es sehr voreilig sein, aus diesem Verhalten schliefsen zu wollen, dafs der Strom in keinem Zusammenh\u00e4nge mit den besonderen Lebens\u00e4ufserungen des Nervensystemes stehe. Es folgt vielmehr nichts anderes daraus, als die immer gr\u00f6fsere Zartheit und leichtere Verr\u00fcckbarkeit der Bedingungen, an deren Zusammenwirken die M\u00f6glichkeit jener Aeufserungen gekn\u00fcpft ist. In der That wird denn auch die Folge lehren, dafs gleichzeitig mit dem Untergange letzterer der Nervenstrom selber eine wesentliche Eigenschaft einb\u00fcfst, die der Ver\u00e4nderung n\u00e4mlich unter gewissen, der Innervation am n\u00e4chsten kommenden Einfl\u00fcssen. So \u00fcberdauert zwar auch der Muskelstrom die F\u00e4higkeit der Zusammenziehung um ein kleines, hat aber doch selber diejenige eingeb\u00fcfst, beim Teta-nisiren des todten Muskels in eine negative Schwankung zu verfallen.\nUeber die absolute Dauer des Nervenstromes nach dem Tode l\u00e4fst sich begreiflich ebensowenig etwas bestimmtes aussagen, als \u00fcber diejenige des Muskelstromes (S. oben S. 162). Beide sind, mit der mechanischen Leistungsf\u00e4higkeit selber, einer F\u00fclle der mannigfaltigsten Einfl\u00fcsse unterworfen, welche Schwankungen innerhalb aufserordentlich weiter Grenzen mit sich f\u00fchren. Diese Grenzen und die wesentlichsten jener Einfl\u00fcsse sind bereits im vorigen Kapitel aufgez\u00e4hlt worden; es braucht deshalb hier nur noch kurz an einige Punkte von vorz\u00fcglicher Wichtigkeit erinnert zu werden.\nDie Stelle des NysTEN\u2019schen Gesetzes bei den Muskeln vertritt hier das VALU-RtTTER\u2019sche Gesetz (S. oben S. 164). Das Gehirn giebt auch","page":285},{"file":"p0286.txt","language":"de","ocr_de":"286\t<?\u2022 Abschn. Kap. VI. \u00a7. III. G. Von dem Einfl\u00fcsse\nin Betreff der elektromotorischen Th\u00e4tigkeit seine Stelle als primurn mo-riens nicht auf; am R\u00fcckenmarke unterscheidet man leicht das allm\u00e4lige Vorschreiten des \u00f6rtlichen Todes von der Gegend des Calamus scripto-rius nach der Cauda equina zu; die Wirksamkeit der Wurzeln verlischt vor der der St\u00e4mme; die des Plexus ischiadicus vor der der unteren Verzweigung des Sitzbeinnerven in der Kniekehle u. s. f. Endlich behalten die Muskeln selber l\u00e4nger als die Nerven ihre elektromotorische Kraft, was sich nach dem Obigen mit R\u00fccksicht auf den Umstand von selbst versteht, dafs man durch Reizung der Muskeln selber Zuckungen erh\u00e4lt, noch lange nachdem es unm\u00f6glich geworden ist, dergleichen von den Nerven aus zu erregen.\nSehr in die Augen fallend ist sodann der Einflufs der Thierart auf die Dauer des Nervenstromes nach dem Tode. Der Nervenstrom der S\u00e4ugethiere und der V\u00f6gel ist in hohem Grade verg\u00e4nglich, namentlich der der Centralgebilde. Der der Fr\u00f6sche und Schildkr\u00f6ten dagegen kann sich, mit der Erregbarkeit, unter g\u00fcnstigen Umst\u00e4nden bis weit \u00fcber die hundertste Stunde hinaus erhalten. Bei den Fr\u00f6schen ist nat\u00fcrlich auch hier die Jahreszeit ein Punkt von grofsem Belang. Es bedarf keiner Erinnerung, dafs es, bei der geringen Masse der Nerven, die das Auslrocknen sehr beg\u00fcnstigt, einen grofsen Unterschied macht, ob es sich um einzelne ausgeschnittene Nervenst\u00fccke, oder um die in situ der Ann\u00e4herung des \u00f6rtlichen Todes \u00fcberlassenen Nerven handelt. Ein je l\u00e4ngeres St\u00fcck Nerv ein bestimmter in\u2019s Auge gefafster Punkt des Nervcnsystemes \u00fcber sich hat, eine um so l\u00e4ngere Frist ist der Leistungsf\u00e4higkeit dieses Punktes nach dem Tode des Gesammt-organismus gestattet.\nIst der Nervenstrom einmal verloren gegangen, so kehrt er so wenig wie der Muskelstrom jemals wieder. Ein Nerv, aus einem faulenden oder vertrocknenden Gliede geschnitten, und auf die B\u00e4usche gebracht, erweist sich als v\u00f6llig unwirksam.\n6. Von dem Einfl\u00fcsse solcher Umst\u00e4nde auf den Nervenstrom, die entweder das Thier w\u00e4hrend des Lebens getroffen, auch wohl dasselbe get\u00f6dtet haben, oder denen der vom Gesammt-organismus getrennte Nerv unmittelbar ausgesetzt wird>\nIch habe, wie f\u00fcr den Muskelstrom, den Einflufs einer Reihe von Einwirkungen auf den Nervenstrom gepr\u00fcft. Auch hier hat sich, wie zu erwarten war, aus dieser Untersuchung nichts weiter ergeben, als eine fortlaufende Best\u00e4tigung des in der vorigen Nummer entwickelten Satzes,","page":286},{"file":"p0287.txt","language":"de","ocr_de":"verschiedener Umst\u00e4nde auf den Nervenslrom.\n287\ndafs der Nervenstrom gleich dem Muskelstrome Schritt halte mit der sonstigen Leistungsf\u00e4higkeit des Gewebes, welches sein Tr\u00e4ger ist, dafs er, gleich jenem, nur verh\u00e4ltnifsm\u00e4fsig etwas sp\u00e4ter, mit dem Verluste der Leistungsf\u00e4higkeit auch zu Grunde gehe.\nVon dem Nervenstrome kraftloser, ausgehungerter, kranker Fr\u00f6sche \u2014 an anderen Thierarten, die Schildkr\u00f6te ausgenommen, fehlte es mir an Gelegenheit zu dergleichen Beobachtungen \u2014 ist wenig zu sagen: man findet im Allgemeinen sehr entschieden, dafs die St\u00e4rke des Stromes mit der Lebensf\u00fclle der Thiere steigt und f\u00e4llt. Von grofsem Interesse w\u00e4re es unstreitig, zu untersuchen, wie sich der Strom eines Nerven verh\u00e4lt, der nach der Durchschneidung mit Suhstanzverlust unterhalb der verletzten Stelle seine gesunde Beschaffenheit eingeb\u00fcfst hat. Ich habe dies ebensowenig wie die entsprechende Untersuchung am Muskel bisher zu bewerkstelligen Zeit gefunden.\nEinige Vergiftungen, welche ich anstellte, haben zu keinen bemer-kenswerthen Ergebnissen gef\u00fchrt. Drei Fr\u00f6sche, welche bez\u00fcglich mit essigsaurer Strychninl\u00f6sung, einem Brei von Opium purum und Tinc-tura Opii simplex, und dem Acidum hydrocyanicum Pharm. Bor. vergiftet worden waren, zeigten an ihrem Ischiadicus den Strom in gesetz-m\u00e4fsiger Richtung und nicht auffallend geschw\u00e4cht.\nVon den Einfl\u00fcssen, denen die vom Gesammtorganismus getrennten Nerven unmittelbar ausgesetzt werden k\u00f6nnen, habe ich folgende untersucht.\n1.\tW\u00e4rme. Siedhitze, nur wenige Augenblicke lang auf den Nerven angewendet, schw\u00e4cht den Strom desselben und kehrt ihn um. L\u00e4ngere Zeit einwirkend vernichtet sie nat\u00fcrlich g\u00e4nzlich das elektromotorische Verm\u00f6gen. Wird der Nerv in Wasser von nur 40 \u2014 50\u00b0 getaucht, so kehrt sich der Strom nicht um, sondern wird allm\u00e4lig kleiner.\n2.\tElektricit\u00e4t. H\u00e4ufig wiederkehrende elektrische Schl\u00e4ge von betr\u00e4chtlicher St\u00e4rke schw\u00e4chen den Strom und kehren ihn auch wohl um.\n3.\tNarkotische Gifte. Von diesen habe ich die Blaus\u00e4ure, die Aufl\u00f6sung des essigsauren Morphiums und Strychnins, und der w\u00e4sserigen Opium- und Brechnufsausz\u00fcge gepr\u00fcft (Vergl. oben S. 182). Es zeigte sich, wie zu erwarten war, dafs der Strom der in diesen Fl\u00fcssigkeiten gebadeten Nervenst\u00fccke sehr bald zu Grunde ging; nichtsdestoweniger best\u00e4tigte sich auch hier die Wahrnehmung*, wie sehr die \u00f6rtliche Sch\u00e4dlichkeit der narkotischen Gifte ihrer verderblichen Wirkung auf den Gesammtorganismus an Heftigkeit nachsteht.\n4.\tAetzraittel. Viel gewaltsamer greifen bei dieser Versuchs-","page":287},{"file":"p0288.txt","language":"de","ocr_de":"2SS 3.Abschn. Kap. VIL \u00a7\u25a0 III. 6. Einflufs verschiedener Umst\u00e4nde u.s.w;\nweise die sogenannten Aetzmittel ein, als Alkohol, Aether, Essigs\u00e4ure, Salpeters\u00e4ure, Kalihydrat-, Kochsalzl\u00f6sung u. d. m. Eine ges\u00e4ttigte L\u00f6sung von arseniger S\u00e4ure wirkte auffallend langsam und schwach.\n5. Aufenthalt in der GuERicKE\u2019schen Leere. Unter der Glocke der Luftpumpe blieb der Nervenstrom unver\u00e4ndert, sowohl als die Verd\u00fcnnung mit m\u00f6glichster Geschwindigkeit bis zu der der zeitigen Temperatur entsprechenden Dampfspannung getrieben wurde, als auch, was entscheidender ist, w\u00e4hrend des Wiederzulassens der Luft. Die Versuche wurden gleichzeitig mit den entsprechenden f\u00fcr den Muskelstrom, und an derselben oben S. 185 beschriebenen Vorrichtung angestellt. Der Einflufs des Aufenthaltes in verschiedenen Gasarten ist noch nicht untersucht. Nach den ganz verneinenden Ergebnissen der in diesem Bez\u00fcge mit den Muskeln ausgef\u00fchrten Versuchsreihe, und in Erw\u00e4gung der sonst so vollst\u00e4ndigen Uebereinstimmung in dem Verhalten des Muskel- und Nervenstromes, ist indessen wohl kaum zu bezweifeln, dafs auch auf den letzteren die mannigfaltigen Atmosph\u00e4ren keine merkliche Wirkung aus\u00fcben werden.\nDie Stromesumkehr durch die W\u00e4rme und die Elcktricit\u00e4t brauche ich wohl nicht erst noch der Aufmerksamkeit des Lesers als neue Bewegungserscheinungen des Stromes zu empfehlen.\nWie die Sachen jetzt stehen, sieht man, vielleicht nicht ohne Mifstrauen, dafs zwischen Muskel- und Nervenstrom, in allen untersuchten Punkten, gar kein Unterschied obzuwalten scheint. Wie sollte der Strom, wenn sich dies zu bew\u00e4hren fortf\u00fchre, wohl eine wesentliche Beziehung zu den sonst so verschiedenen Lebens\u00e4ufserungen dieser beiden Gewebe haben? Dies Bedenken ist voreilig: dem folgenden Kapitel ist es Vorbehalten, uns auch \u00fcber solche Bewegungserscheinungen des Nervenstromes Aufschlufs zu geben, welche demselben eigen-th\u00fcmlich sind.","page":288},{"file":"p0289.txt","language":"de","ocr_de":"Siebentes Kapitel.\nVon den Bewegungserscheinongen des Nervenstromes.\n\u00a7. I.\nVon der Ver\u00e4nderung des Nervenstromes durch einen stetig einwirkenden elektrischen Strom, oder dem\nelektrotonisclien Zustande der Nerven.\n1. Einleitung. Erste Darlegung der Erscheinungen des elektro-tonischen Zustandes der Nerven.\nWir wissen nun, dafs das Muskel- und Nervengewebe vor allen anderen durch den Besitz eines \u00fcberwiegend starken Stromes bei weitem ausgezeichnet sind; wir kennen das Gesetz, wonach sie diese Th\u00e4tigkeit ausiiben; es ist bei beiden eines und dasselbe; und wir haben gesehen, dafs s\u00e4mmtliche Erscheinungen, welche an dem ruhenden Nerven und Muskel unter diesem Gesetze begriffen sind, sich erkl\u00e4ren lassen unter der einfachen Voraussetzung, Muskel und Nerv seien gleichm\u00e4fsig aus Molekeln zusammengesetzt, deren Aequatorialzone positiv, ihre Polarzonen negativ wirken, und deren Axen dabei s\u00e4mmtlich einander und der Richtung der Primitivb\u00fcndel oder der Nervenr\u00f6hren gleich gerichtet sind. Wir wissen ferner, dafs die elektromotorische Th\u00e4tigkeit, die wir diesen hypothetischen Molekeln zuschreiben, wesentlich gekn\u00fcpft ist an den f\u00fcr beide Gewebe durch bestimmte F\u00e4higkeiten und Eigenschaften bezeichneten Zustand des vergleichweise unversehrten Lebens; ja, wir haben gefunden, dafs der Muskelstrom ver\u00e4nderlich ist mit der dem Muskelgewebe eigenth\u00fcmlichen Lebens\u00e4ufserung, der Zusammenziehung. Jetzt schreiten wir, gest\u00fctzt auf diese vielversprechenden Vorders\u00e4tze, zu der Untersuchung, wie sich der Nervenstrom verhalte, w\u00e4hrend das sogenannte Nervenprincip in Th\u00e4tigkeit ist; also w\u00e4hrend der Nerv nach dem Muskel zu oder den Centralgebilden hin die mate-\nII.\t19","page":289},{"file":"p0290.txt","language":"de","ocr_de":"290\t3. Abschi. Kap. VII. \u00a7. 1. \u00ce. Erste Darlegung\nriellen Ver\u00e4nderungen fortpflanzt, die wir als Bewegung, als Empfindung wahrnehmen.\nDie Untersuchung hat hier zun\u00e4chst ganz gleiche Form mit derjenigen \u00fcber das Verhalten des Muskelstromes w\u00e4hrend der Zusammenziehung. Sie zerf\u00e4llt abermals in die Versuche am Multiplicator und in die dieselben erg\u00e4nzenden am strompr\u00fcfenden Froschschenkel. In Betreff der Multiplicatorversuche gelten ferner ganz dieselben Grunds\u00e4tze, welche oben S. 30 ff. f\u00fcr die Untersuchung des Muskelstromes w\u00e4hrend der Zusammenziehung aufgestellt worden sind. Bei der gro-fsen Geschwindigkeit der Nervenwirkungen, und der geringen Gr\u00f6fse der hier zu gew\u00e4rtigenden Stromeskr\u00e4fte, ist es aus den daselbst er\u00f6rterten Gr\u00fcnden von vorn herein ebenso unm\u00f6glich, die Wirkung eines einzigen Impulses des Nervenprincips auf die Multiplicatornadel wahrzunehmen, als die einer einzigen Muskelzuckung. Wenn \u00fcberhaupt eine Ver\u00e4nderung des Nervenstromes den Bewegung und Empfindung vermittelnden Vorgang begleitet, so kann dieselbe am Multiplicator vielmehr nicht anders wahrgenommen werden, als wenn sie entweder stetig stattfindet oder sich innerhalb einer m\u00f6glichst kurzen Frist fortw\u00e4hrend in gleicher Weise wiederholt. Man sieht, dafs sich hier abermals gegen die fr\u00fcheren Bestrebungen in diesem Gebiete, diejenigen Person\u2019s ausgenommen (S. oben S. 32. 232), der Vorwurf einstellt, diesen wesentlichen Punkt unber\u00fccksichtigt gelassen zu haben.\nUnsere Bem\u00fchung mufs daher jetzt dahin gehen, ein Verfahren ausfindig zu machen, wodurch wir den Nerven in einen Zustand versetzen k\u00f6nnen, der in Bezug auf seine besonderen Lebens\u00e4ufserungen dasselbe vorstellt, was beim Muskel das Tetanisiren. Dieser Zustand ist f\u00fcr den bewegenden Nerven offenbar der, welcher Tetanus in den zugeh\u00f6rigen Muskeln zur Folge hat; f\u00fcr den Empfindungsnerven ein solcher, wo eine irgendwie beschaffene, aber m\u00f6glichst lebhafte Empfindung entweder stetig oder in einzelnen Anf\u00e4llen stattfindet, die sich in ununterbrochen dicht gedr\u00e4ngter Reihe wiederholen. Wir wollen, der K\u00fcrze und Bequemlichkeit halber, fortfahren, eine jede Versuchsweise, wodurch ein solcher Zustand der Nerven, gleichviel ob bewegender oder empfindender Art, hervorgerufen wird, mit dem Ausdruck \u00bbTeta-\u00bbnisiren\u00ab zu bezeichnen.\nMan \u00fcbersieht bereits, dafs die Mittel, die uns zur Erreichung dieses Zweckes zu Gebote stehen, mit denen, die wir bei Gelegenheit der entsprechenden Untersuchung f\u00fcr das Muskelgewebe aufgez\u00e4hlt haben, gr\u00f6fstenthcils \u00dcbereinkommen m\u00fcssen, da dort eben unser Augenmerk war, vom Nerven aus den Zustand der anhaltenden Zusammenziehung zu bewirken. Wir haben die Wald zwischen dem elektrischen Strome,","page":290},{"file":"p0291.txt","language":"de","ocr_de":"des elektrotonischen Zustandes der Nerven.\n291\nder Strychninvergiftung, und den unmittelbar auf den Nerven angewandten mechanischen, thermischen und chemischen Gewaltth\u00e4tigkeiten. Dafs auch hier ein grofses Uebergewieht der Sicherheit, Bequemlichkeit, St\u00e4rke und Dauer der Reizung auf Seiten des elektrischen Stromes liege, kann uns nicht entgehen ; wir beginnen daher mit dessen Anwendung. Nachher wird uns obliegen, die auf diese Weise erlangten Ergebnisse einer Pr\u00fcfung mittelst der \u00fcbrigen Versuchsweisen zu unterwerfen; eine Mafsregel, deren Bedeutung, wie sich sehr bald zeigen wird, hier von ganz unerwartetem Belang erscheint.\nDer Einfachheit und Bequemlichkeit halber bedienen wir uns ferner zun\u00e4chst nur einzelner ausgeschnittener Nervenst\u00fccke. Die Folge wird lehren, dafs die Ergebnisse, welche man an Nerven gewinnt, die noch an einem oder dem anderen Ende mit ihrem nat\u00fcrlichen Ursprung oder ihrer Ausbreitung versehen sind, in jeder Hinsicht mit denjenigen \u00dcbereinkommen, welche sich an einzelnen freien Nervenst\u00fccken darbieten; ja dafs aller Wahrscheinlichkeit nach die letzteren sich noch im vollen Besitz aller der Eigenschaften befinden, die ihnen unter den obigen Verh\u00e4ltnissen zustehen.\nDie Art und Weise, hier den elektrischen Strom in Anwendung zu bringen, ist v\u00f6llig dieselbe, die wir bereits f\u00fcr die Muskeln kennen gelernt haben. Es handelt sich ja gleichsam nur darum, zu untersuchen, welcher elektromotorische Vorgang etwa zwischen Querschnitt und L\u00e4ngsschnitt der Nervenstrecke stattfinde, die beim Tetanisiren des Muskels zwischen diesem und den Platinenden der Inductionsrolle gelegen ist: statt des Muskels wird demnach jetzt das Ende des oberhalb desselben abgeschnittenen Nerven selber in der bekannten Weise \u00fcber die B\u00e4usche gelegt. Alles, was beim Muskel von der St\u00e4rke der Schl\u00e4ge, der Art sie hervorzubringen, von ihrer abwechselnden Richtung u. s. w. gesagt worden ist, beh\u00e4lt hier in vollem Mafse seine Geltung; ebenso Alles, was von vorn herein und von Seiten schematischer Versuche beigebracht wurde, um den Verdacht zu beseitigen, als k\u00f6nne, bei der fraglichen Anordnung, ein Uebergang des erregenden Stromes in den Multiplicatorkreis unmittelbar stattfinden.\nDoch wollen wir, gr\u00f6fserer Sicherheit halber, noch einmal eine Pr\u00fcfung in dieser letzteren Hinsicht vornehmen. Diese Vorsichtsmafs-regel erweist sich hier als von nicht geringer Bedeutung. 1 Um sie ins Werk zu setzen, mufs man sich, wie wohl noch von oben S. 40 her erinnerlich ist, keiner Inductionsschl\u00e4ge bedienen, sondern eines\n1 Ich erlaube mir hier, den Leser ganz den n\u00e4mlichen Weg zu f\u00fchren, auf dem ich selber, bereits im Sommer 1843, zur Entdeckung des elektrotonischen Zustandes der Nerven gelangt bin.\n19\u00b0","page":291},{"file":"p0292.txt","language":"de","ocr_de":"292\t\u00ab?. Abschi. Kap. VH. \u00a7. 1.1. Erste Darlegung\nstetigen Stromes, welcher, wie wir zu wissen glauben, wenn er nicht alles Mals der St\u00e4rke \u00fcberschreitet, ja das Nervenprincip v\u00f6llig in Ruhe l\u00e4fst. Obgleich die Einschaltung eines Nerven zwischen Platinelektroden die Best\u00e4ndigkeit des Stromes unm\u00f6glich macht, bedient man sich doch mit Vortheil einer Kette von best\u00e4ndiger Kraft. Um mit Leichtigkeit die Richtung des Stromes in dem Nerven ab\u00e4ndern zu k\u00f6nnen, wird entweder ein PoGGENnoRFF\u2019scher Inversor (S. oben Bd. I. S. 447), oder, da das Stehenbleiben mit der Feder auf Metall oder das genaue Fortr\u00fccken des Rades um einen bestimmten Bruchtheil seines Umfanges nicht ohne eine gewisse Aufmerksamkeit vollzogen werden kann, ein Pohl-scher Stromwender eingeschaltet in den Kreis des Nerven und der Kette.\nEs versteht sich von selbst, dafs auch hier, wie bei den entsprechenden Versuchen mit dem Muskelstrome, die gr\u00f6fste Obhut zu verwenden ist darauf, dafs keine unmittelbare Einwirkung der Kette auf die Nadel stattfinde. Man darf daher nicht vers\u00e4umen, nach Ampere\u2019s Vorschrift1 alle Kettentheile, welche es irgend verstatten, zusammenzuwinden, um die Wirkung des einen durch die des anderen aufzuheben. Man mufs sich von Zeit zu Zeit immer wieder \u00fcberzeugen, dafs Herstellen , Abbrechen und Umkehren des Stromes an und f\u00fcr sich die Nadel ganz unbewegt lassen. Um, trotz dem Zusammenwinden der Drahtleitungen, die Richtung des Stromes mit Geschwindigkeit \u00fcbersehen zu k\u00f6nnen, ist es zweckm\u00e4fsig, sich zu denselben verschiedenfarbiger Dr\u00e4hte zu bedienen. Auch hat man sich, mit H\u00fclfe einer passenden Bezeichnungsweise, von vorn herein die Lage der Wippe zu merken, die einer bestimmten Richtung des Stromes zwischen den Platinenden entspricht.\nMan findet nun, dafs in dem Augenblicke, wo man den Kreis der Kette durch den Nerven schliefst, was bei aufliegendem und die Nadel in best\u00e4ndiger Ablenkung haltendem Nerven in einem der Quecksilber-gef\u00e4fse des Stromwenders metallisch geschehen mufs, der Strom des Nerven eine betr\u00e4chtliche Ver\u00e4nderung seiner Gr\u00f6fse erleidet. Und zwar ist das Gesetz, welches dieselbe zu bestimmen scheint, folgendes:\n\u00bbHat der Strom der Kette in dem Nerven gleiche Richtung \u00bbmit dem Nervenstrome in dem St\u00fccke Nerv, welches in dem \u00bbMultiplicatorkreise begriffen ist, so findet anscheinend Vergr\u00f6fse-\u00bbrung des Nervenstromes statt; es findet anscheinend Verkleinerung \u00bbdesselben statt, wenn beide Str\u00f6me in dem Nerven die entge-\u00bb gengesetzte Richtung haben.\u00ab\n1 Amp\u00e8re et Babinet, Expos\u00e9 des nouvelles d\u00e9couvertes sur l\u2019Electricit\u00e9 et le Magn\u00e9tisme. Paris 1822. p. 17,*","page":292},{"file":"p0293.txt","language":"de","ocr_de":"des eleklrolonischen Zustandes dev Nerven.\n293\n, Man sehe Fig. 99. 100. Taf. II. ; die Pfeile geben die Richtung der Str\u00f6me an, das Plus- und Minuszeichen beziehlich Stromvergr\u00f6fse-rung und -Verkleinerung. Mit der in den Nerven aufsteigenden und absteigenden Richtung des fremden elektrischen Stromes hat das Zeichen der Ver\u00e4nderung des Nervenstromes nichts zu schaffen ; die Erscheinung ist in der That ganz dieselbe, gleichviel ob das Hirnende des Nerven auf den Platinblechen, das Muskelende auf den B\u00e4uschen ruht, oder umgekehrt. Die Stromver\u00e4nderung ist stetiger Natur; sie dauert so lange, als der fremde Strom das andere Ende durchkreist. Dies erkennt man erstens an der unter g\u00fcnstigen Umst\u00e4nden leicht zu beobachtenden dauernden Erh\u00f6hung oder Erniedrigung der best\u00e4ndigen Ablenkung, zweitens daran, dafs man, bei gleichgerichteten Str\u00f6men des Nerven und der Kette in dem Nerven, durch Oeffnen der Kette Verminderung, bei entgegengesetzt gerichteten Vermehrung des Stromes hervorbringt.\nEs ist, beim ersten Anblick dieser Erscheinungen, wohl nicht leicht, sich der Vorstellung zu erwehren, dafs sie ganz einfach beruhen auf dem Hereinbrechen des fremden elektrischen Stromes in den Multiplicatorkreis, 1 und der Leser erstaunt vielleicht, dafs ihm die ausf\u00fchrliche\n\u00bb\nBeschreibung eines so nichtssagenden Umstandes mitgetheilt wird. Dem ist jedoch nicht so; eine kurze Betrachtung, und wenige Versuche werden hinreichen, um zu zeigen, dafs von dieser Deutung nicht die Rede sein k\u00f6nne, sondern dafs es sich hier um nichts geringeres handle als um eine neue elektromotorische F\u00e4higkeit der Nerven, die sie unter dem Einfl\u00fcsse eines stetigen elektrischen Stromes, der einen Bruchtheil ihrer L\u00e4nge trifft, auf allen Punkten derselben entfalten. So willkommen uns diese Wahrnehmung sein darf, die uns pl\u00f6tzlich die Nerven, aufser mit ihrem gew\u00f6hnlichen Strome, anscheinend als noch mit ganz besonderen elektrischen Eigenschaften begabt erkennen l\u00e4fst, so wenig k\u00f6nnen wir uns verhehlen, wie grofse Schwierigkeiten dadurch der Verfolgung des eigentlichen Zweckes in den Weg gelegt sind, den wir hier im Auge hatten, der Untersuchung n\u00e4mlich, ob eine wahrnehmbare Ver\u00e4nderung des Nervenstromes in dem Augenblicke stattfinde, wo das\n1 Es ist nicht undenkbar, dafs Gu\u00e9rard und Longet in der oben S. 276 erw\u00e4hnten Beobachtung bereits den elektrotonischen Zustand der Nerven vor sich gehabt haben. Allein ohne alle Bekanntschaft mit den zahlreichen Umst\u00e4nden,, welche bei Beurtheilung der hier obwaltenden Verh\u00e4ltnisse in Betracht kommen, pl\u00f6tzlich vor eine der verwickeltesten Erscheinungen dieses ganzen Gebietes gestellt, war es ihnen allerdings unm\u00f6glich, die richtige Deutung derselben zu fassen, und auch nicht einmal ein Verdacht stieg ihnen auf, dafs sie hier mit etwas anderem zu thun haben k\u00f6nnten, als einem gemeinen, auf den Gesetzen der Nebenschliefsung beruhenden Ph\u00e4nomen der Ableitung. Vergl. unten, \u00a7. ii. 2 (in).","page":293},{"file":"p0294.txt","language":"de","ocr_de":"294\t3. Absehn. Kap. VII. \u00a7. /. 2. Die Wirkungen des elektrotonischen\nNervenprincip in Th\u00e4tigkeit ist. Denn dieser Augenblick entspricht, wie wir nach dem Fr\u00fcheren wissen (S. oben Bd. I. S. 258), allein dem Anfang und dem Ende des erregenden Stromes. Hingegen finden wir jetzt, dafs die elektrischen Zust\u00e4nde des Nerven auch durch die Fortdauer des Stromes auf gleicher H\u00f6he ver\u00e4ndert werden. Diese Ver\u00e4nderung wird sich, allem Anscheine nach, auch in die etwaige Stromesschwankung zu Anfang und zu Ende des Stromes, wegen Th\u00e4tigkeit des Nervenprincipes, einmischen. Welche Mittel werden wir ausfindig machen, beide Wirkungen, wenn die zweite derselben in der That vorhanden ist, von einander abzuscheiden? Diese Frage mufs vor der Hand auf sich beruhen; es ist klar, dafs, bevor wir irgend einen weiteren Schritt unternehmen, die sorgf\u00e4ltigste Untersuchung jener neuen Erscheinung anzustellen ist. Hiezu schreiten wir jetzt; jedoch wollen wir uns erst, behufs leichterer Verst\u00e4ndigung, \u00fcber mehrere kurze und bequeme Ausdr\u00fccke f\u00fcr h\u00e4ufig in diesem Gebiete wiederkehrende Vorstellungen einigen.\nDen die elektrischen Zust\u00e4nde des Nerven ver\u00e4ndernden Strom fahren wir fort, mit dem uns schon gel\u00e4ufigen Namen des erregenden Stromes zu bezeichnen.\nDen Zustand der Ver\u00e4nderung seiner elektromotorischen Kr\u00e4fte, welche durch den erregenden Strom hervorgebracht wird, schlage ich vor, den elektrotonischen Zustand des Nerven zu nennen. Die Wahl dieses Namens wird sp\u00e4ter gerechtfertigt werden.\nVon der Strecke eines im elektrotonischen Zustande befindlichen Nerven, welche Vermehrung ihres urspr\u00fcnglichen Stromes zeigt, wollen wir sagen, sie sei in der positiven Phase jenes Zustandes begriffen. Die negative Phase desselben schreiben wir der Strecke zu, welche Verminderung ihres urspr\u00fcnglichen Stromes zeigt.\nDie Strecke des Nerven, welche auf den B\u00e4uschen ruht, und von der der Nervenstrom in den Multiplicatorkreis abgeleitet wird, heifse die abgeleitete Strecke des Nerven; die auf den Platinblechen der stromzuf\u00fchrenden Vorrichtung liegende, welche dem erregenden Strome ausgesetzt wird, die erregte Strecke desselben.\n2. Beweis, dafs die dem elektrotonischen Zustande des Nerven zugeschriebenen Erscheinungen nicht von dem Hereinbrechen des erregenden Stromes in den Multiplicatorkreis herr\u00fchren.\nIch beginne mit der Zusammenstellung der Gr\u00fcnde, aus denen mit Zuverl\u00e4ssigkeit hervorgeht, dafs hier durchaus an kein Hereinbrechen des erregenden Stromes in den Multiplicatorkreis, wodurch jene Wirkungen bedingt w\u00fcrden, su denken ist.","page":294},{"file":"p0295.txt","language":"de","ocr_de":"Zustandes r\u00fchren nicht vom erregenden Strom unmittelbar her. 295\nWir haben bereits oben S. 40 ff. die Gesetze der abgeleiteten Str\u00f6me untersucht, welche vermittelst einer zwischen zweien sonst von einander isolirten Kreisen geschlagenen Br\u00fccke aus dem einen Kreis in den anderen gelangen k\u00f6nnen. Wir fanden, dafs die M\u00f6glichkeit eines solchen Ueberganges eine St\u00e4rke des Hauptstromes und Malsverh\u00e4ltnisse des verbindenden feuchten Leiters voraussetzt, die hier vergeblich gesucht werden w\u00fcrden. Yon dem m\u00e4chtigen Strome einer sechsgliede-rigen GROVE\u2019schen S\u00e4ule geht durch einen mit Wasser, Speichel, Blut oder Salzl\u00f6sung getr\u00e4nkten Zwirnsfaden von viel betr\u00e4chtlicherem Querschnitte als der Ischiadicus des Frosches, und bei nur 2'\"\u201d Abstand zwischen den Blechen und B\u00e4uschen, keine an meinem Instrumente wahrnehmbare Spur in den Multiplicatorkreis \u00fcber. Zur Erzeugung des erregenden Stromes in den vorigen Versuchen, und, wo es nicht ausdr\u00fccklich anders gesagt ist, auch in allen folgenden, bediene ich mich eines einzigen GROVE\u2019schen Elementes. Schon die verh\u00e4ltnifsm\u00e4fsige Schw\u00e4che jenes Stromes also und vollends die L\u00e4nge und D\u00fcnne der angewandten Nervenst\u00fccke, sichern uns, nach diesen Erfahrungen, von vorn herein gegen jede T\u00e4uschung der hezeichneten Art.\nAllein selbst in dem Falle, dafs ein solches unmittelbares Hereinbrechen des erregenden Stromes hier stattfinden sollte, w\u00fcrde dennoch keine Verwechselung zwischen den dadurch erzeugten Ablenkungen der Nadel und den vom elektrotonischen Zustande herr\u00fchrenden m\u00f6glich sein. Wir sahen, dafs, wie dem auch nicht anders sein kann, jene Ablenkungen in ihrer Richtung sich unabh\u00e4ngig zeigten von der Stelle des Multiplicatorkreises, welche durch die feuchte Br\u00fccke mit dem Kreise der Kette in Verbindung gesetzt wurde. Sie blieben, bei gleicher Richtung des Hauptstromes zwischen den Platinenden der S\u00e4ule unver\u00e4ndert, welches auch der Bausch war, auf welchem das Ende des ableitenden Fliefspapierstreifens aufgelegt wurde, oh der rechte, der linke, oder ein zwischen beiden befindlicher Schliefsungsbausch. Nur in dem besonders erw\u00e4hnten Falle der Ableitung durch einen wie in Fig. 81. 82. Taf. I. dieses Bandes gefalteten Streifen nahmen wir, aus uner\u00f6rtert gelassenen Gr\u00fcnden, Abwechselungen dieser Richtung auf einem und demselben Bausche wahr, je nachdem die beiden senkrecht auf einander stofsenden H\u00e4lften des Streifens in der Falte aneinander schlossen oder nicht. F\u00fcr gleiche Zust\u00e4nde der Falte blieb sich jedoch auch hier auf beiden B\u00e4uschen die Richtung der Ablenkungen gleich.\nIm elektrotonischen Zustande des Nerven nun finden wir die Wirkung auf die Nadel in ihrem Zeichen verschieden f\u00fcr eine und dieselbe Richtung des erregenden Stromes zwischen den Platinenden, je nach","page":295},{"file":"p0296.txt","language":"de","ocr_de":"29\u00f6 S Abschn. Kap. VJ1. \u00a7\u25a0 I. 2. Die Wirkungen des elektrotonischen\ndem Bausch, der mit Querschnitt des Nervenst\u00fcckes ber\u00fchrt wird, da doch durchaus kein Grund vorhanden ist, ein \u00e4hnliches Verh\u00e4ltnis der Ableitung voraussetzen, wie das eben in Erinnerung gebrachte an dem rechtwinklich geknifften Streifen bei anschliefsender und loser Falte. Jene Wirkungen k\u00f6nnen also niemals einer Verwechselung ausgesetzt sein mit derjenigen, welche herr\u00fchrt von Schlingen des erregenden Stromes, die in den Multiplicatorkreis einbrechen. Dies ist der oben S. 42 bereits verk\u00fcndigte Fall, in welchem uns die Wahrnehmung der best\u00e4ndigen Richtung der letzteren Wirkungen so wichtig werden sollte. Man vergleiche, um sich diesen Punkt lebhaft einzupr\u00e4gen, die Fig. 99. 100. Taf. II., welche sich auf die Nerven im elektrotonischen Zustande beziehen, mit den Fig. 81 \u2014 84. Taf. I., welche dies Hereinbrechen des Stromes durch einen Fliefspapierstreifen in den Multiplicatorkreis darstellen.\nEs ist \u00fcbrigens leicht, noch auf andere, v\u00f6llig entscheidende Art dasselbe Ergebnifs zu best\u00e4tigen. Wir werden sp\u00e4ter sehen, dafs die Gr\u00f6fse der Ver\u00e4nderung des Nervenstromes durch den elektrotonischen Zustand bis zu einer gewissen Grenze sehr abh\u00e4ngig erscheint von der St\u00e4rke des erregenden Stromes. Bei gleicher St\u00e4rke desselben wird sie jedoch aufserdem in hohem Mafse bestimmt durch die gr\u00f6fsere oder geringere Leistungsf\u00e4higkeit des Nerven. Dies vertr\u00e4gt sich, wie man leicht sieht, in keiner Weise mit der Annahme, dafs jene Ver\u00e4nderung nichts sei als die Wirkung hereinbrechender Schleifen des erregenden Stromes, da, den einzigen Fall des Austrocknens ausgenommen, die Verminderung der Leistungsf\u00e4higkeit keine entsprechende Abnahme des Leitungsverm\u00f6gens mit sich bringt. Hieher geh\u00f6ren nun folgende Wahrnehmungen.\nMan erinnert sich erstlich von fr\u00fcher her (S. oben S. 46), dafs ein Nerv dem elektrischen Strome nicht l\u00e4ngere Zeit ausgesetzt werden kann, ohne dadurch in seiner Leistungsf\u00e4higkeit beeintr\u00e4chtigt zu werden. Man sieht daher regelm\u00e4fsig, namentlich, wenn man sich st\u00e4rkerer erregender Ketten bedient, die Ver\u00e4nderungen des Nervenstromes durch den elektrotonischen Zustand immer kleiner werden, und zuletzt verschwinden; der Nerv ist, abgesehen von einem Reste seines gew\u00f6hnlichen Stromes, der ihm alsdann noch anzuhaften pflegt, in einen gew\u00f6hnlichen feuchten Leiter verwandelt, und man gewinnt, bei ungeschw\u00e4chter Kraft der GRovE\u2019schen Kette, unmittelbar die Ueber-zeugung, dafs, bei den Mafsverh\u00e4ltnissen des Nerven, kein Theil ihres Stromes einen Weg in den Multiplicatorkreis zu linden vermag. Dabei kann nicht die Rede davon sein, jene Schw\u00e4chung den Ladungen der Platinenden zuzuschreiben, auf welchen der Nerv aufliegt. Denn sie wird erst merklich zu einer Zeit, wo die Ladungen l\u00e4ngst ihren ohe-","page":296},{"file":"p0297.txt","language":"de","ocr_de":"Zustandes r\u00fchren nicht vom erregenden Strom unmittelbar her, 297\nren Grenzwerth erreicht haben, wenn die Kette ununterbrochen geschlossen gehalten wird; sie giebt sich nicht weniger kund, wenn man den Strom, vor der Pr\u00fcfung, erst wieder zeitweise unterbricht, und also den Ladungen Gelegenheit giebt, sich abzuglcichen; endlich sie bleibt nicht aus, auch wenn man den Strom abwechselnd in der einen und der anderen Richtung durch den Nerven schickt, obschon alsdann, bei jedem Wechsel, der erregende Strom, statt durch die Ladungen geschw\u00e4cht zu sein, im ersten Augenblicke vielmehr um ihre ganze Gr\u00f6fse vermehrt ist.\nF\u00fcr\u2019s zweite kommt es nicht selten vor, dafs Nerven kranker, schwacher, ausgehungerter Thiere, an denen auch sonst alle feineren Reizversuche mifsgl\u00fccken, die Erscheinungen des elektrotonischcn Zustandes nur spurweise zeigen, oder sie wenigstens erst hei viel st\u00e4rkeren erregenden Kr\u00e4ften deutlich hervortreten lassen.\nDrittens hat man es stets in seiner Gewalt, den Nerven augenblicklich des elektrotonischen Zustandes unf\u00e4hig zu machen, indem man ihn n\u00e4mlich auf eine der oben S. 287 angegebenen Weisen, durch W\u00e4rme, narkotische Gifte, Aetzmittel u. s. w. mifshandelt, wobei er zugleich seinen Strom ganz oder zum Thcil einb\u00fcfst.\nAber noch eine andere Art giebt es viertens, die Leitungsverh\u00e4ltnisse des Nerven f\u00fcr den elektrischen Strom ann\u00e4hernd unver\u00e4ndert zu lassen, hingegen denselben f\u00fcr die Fortpflanzung des Molecularvorgan-ges undurchg\u00e4ngig zu machen, auf dem die Erscheinungen des elektrotonischen Zustandes beruhen. Ich meine die Unterbindung und Durchschneidung. Unterbindet man einen Nerven, der so eben die Ver\u00e4nderung seines Stromes unter dem Einfl\u00fcsse 3er erregenden Kette auf das sch\u00f6nste zeigt, zwischen den Platinenden und den B\u00e4uschen, so ist jede Spur von Wirkung an meinem Multiplicator sofort verschwunden; diese Wirkung ist alsbald wieder da, wenn man mit den Platinenden so weit am Nerven nach den B\u00e4uschen zu r\u00fcckt, dafs das Unterband zwischen oder gar \u00fcber die Platinenden zu liegen kommt.\nMan k\u00f6nnte einwenden, dafs zwar die unterbundene Stelle einem Strome, der den Nerven einfach seiner L\u00e4nge nach durchkreist, kein merkliches Hindernifs entgegenzusetzen verm\u00f6ge im Vergleich zu dem stets so betr\u00e4chtlichen Widerstande des Nerven \u00fcberhaupt; dafs aber die daselbst befindliche Einschn\u00fcrung Stromesschlingen, die sich in dem Nerven hin und zur\u00fcck begeben, doch wohl in ihrem Fortschritt hemmen k\u00f6nne. Dieser Einwand trifft die Durchschneidung des Nerven nicht, welche daher hier den Vorzug verdient. Man bringt es bei einiger Uebung bald dahin, mit befeuchteter Scheere, damit die Nerven-bruchst\u00fccke nicht ankleben, den Nerven zwischen B\u00e4uschen und Blechen","page":297},{"file":"p0298.txt","language":"de","ocr_de":"298\tAbschn. Kap. VII. \u00a7. 1. 3. Von der Erscheinungsweise\nzu durchschnciden, ohne irgend eine weitere St\u00f6rung des Versuches herbeizuf\u00fchren; die beiden St\u00fcmpfe kleben alsbald wieder zusammen, so dafs die Unterbrechung des Zusammenhanges fast dem Auge entgeht; und doch finden beim Schliefsen, Oeffnen, Umsetzen der erregenden Kette keine merklichen Wirkungen mehr statt. Auf hundertfache Weise l\u00e4fst sich nun wieder darthun, dafs nicht etwa die Schnittfl\u00e4chen isolirend aufzutreten im Stande seien.\nEndlich ist hier noch folgendes zu erw\u00e4hnen. Es zeigt sich n\u00e4mlich nicht selten, dafs die Ver\u00e4nderung des Nervenstromes durch den erregenden Strom nicht sogleich in ihrer ganzen Gr\u00f6fse erscheint, sondern von dem ersten bis dritten, ja vierten Schliefsen der erregenden Kette ein merkliches Ansteigen wahrnehmen l\u00e4fst. Gleich, oder sehr bald darauf f\u00e4ngt dieselbe wieder an abzunehmen. Namentlich stellt sich dieses Verhalten ein bei sehr geringer St\u00e4rke des erregenden Stromes, wie auch bei sehr geringer Leistungsf\u00e4higkeit des Nerven. Dieser Umstand selbst soll uns an einer sp\u00e4teren Stelle noch besch\u00e4ftigen, ebenso die Hemmbarkeit des elektrotonischen Zustandes durch die Unterbindung und Durchschncidung; hier ist dieser Punkte nur gedacht worden, um den Verdacht beseitigen zu helfen, welcher \u00fcber dem Urspr\u00fcnge der jenem Zustande zugeschriebenen Erscheinungen schweben m\u00f6chte. Man sieht in der That, dafs das allm\u00e4lige Wachsen der Ver\u00e4nderung des Nervenstromes bis zu einer gewissen Grenze abermals in keiner Weise zu vereinigen ist mit der Vorstellung, diese Ver\u00e4nderung r\u00fchre her von Schleifen des erregenden Stromes, die sich durch den Nerven bis in den Multiplicatorkreis erstreckten, da alsdann, der sich auf den Platinenden entwickelnden Ladungen halber, vielmehr gerade das Gegentheil der Fall sein m\u00fcfste. An das geringe und langsame Wachsen der Kraft der GnovE\u2019schen Ketten, welches w\u00e4hrend der ersten Zeit ihrer Wirksamkeit beobachtet zu werden pflegt, ist hier, aus vielfachen Gr\u00fcnden, nicht zu denken.\n3. Von der Erscheinungsweise des elektrotonischen Zustandes\nim Allgemeinen.\nNachdem solchergestalt der Ursprung der neuen Erscheinung vor dem ausgesprochenen Verdachte sichergestellt worden ist, schreiten wir erst zu einer etwas n\u00e4heren Betrachtung derselben.\nSie bestand also darin, dafs, bei gleicher Richtung des erregenden und des Nervenstromes in dem Nerven, Vermehrung des letzteren, bei entgegengesetzter Richtung Verminderung desselben wahrgenommen wird. Um nun dem Leser einigermafsen ein Bild von dem Vorg\u00e4nge zu geben,","page":298},{"file":"p0299.txt","language":"de","ocr_de":"des elelctrotonischen Zustandes im Allgemeinen,\n299\nbevorworte ich zun\u00e4chst, was auch zum Theil schon angedeutet wurde, dafs die Gr\u00f6fse dieser Ver\u00e4nderung von mehreren Umst\u00e4nden in hohem Grade abh\u00e4ngig ist, als da sind die St\u00e4rke des erregenden Stromes, die Leistungsf\u00e4higkeit des Nerven, der auf dem Nerven gemessene Abstand der Ableitungsstelle von der der Erregung u. d. m. Hiervon wird sp\u00e4ter ausf\u00fchrlich die Rede sein. 1 Setzen wir aber den Fall, man habe es mit einem Ischiadicus vom Frosche von mittlerer Leistungsf\u00e4higkeit zu thun. Als erregender Kette bediene man sich eines Grove-schen Elementes der kleineren Art. Der Abstand der Platinenden der stromzuf\u00fchrenden Vorrichtung von einander, wodurch nat\u00fcrlich, wegen des Widerstandes des Nerven, die St\u00e4rke des erregenden Stromes wesentlich mitbestimmt wird, betrage etwa 10m\u201d, der des vorderen Bleches von dem mit L\u00e4ngsschnitt ber\u00fchrten Bausche 8\u201cm, der Abstand der B\u00e4usche von einander ebensoviel. Der Nervenstrom wird, an meinen Vorrichtungen, die Nadel auf ungef\u00e4hr 8\u00b0 best\u00e4ndiger Ablenkung halten. Schliefst man alsdann die Kette zur positiven Phase (S. oben S. 294) so wird ein Ausschlag auf 15 \u2014 20\u00b0, vom Nullpunkte an gerechnet, erfolgen; die best\u00e4ndige Zunahme der Ablenkung pflegt indefs nur 2 \u2014 3\u00b0 zu betragen. Oeffnet man die Kette, so geht, wie schon bemerkt (S. oben S. 293), die Nadel zur\u00fcck. H\u00e4tte man gar, statt zur positiven, zur negativen Phase geschlossen, so w\u00fcrde ein Ausschlag im Sinne der Ladungen von ungef\u00e4hr gleicher Gr\u00f6fse erfolgt sein; er vermag sich, obschon es sich nur um eine Stromverminderung handelt, in dem negativen Quadranten \u00fcber die urspr\u00fcngliche Stellung der Nadel in dem positiven Viertelkreise hinaus zu erstrecken, weil, fr\u00fcher er\u00f6rterten Grunds\u00e4tzen zufolge, durch die Verminderung des Stromes ein Theil der Ladungen sich in Freiheit gesetzt findet und mit der nicht mehr v\u00f6llig aufgewogenen Erdkraft zu einer Wirkung auf die Nadel sich vereinigt (S. oben S. 61). Auch hier wird die best\u00e4ndige Stromesverminderung nicht mehr als 2\u20143\u00b0 betragen.\nDies ist ungef\u00e4hr der Gang der Dinge, den man, unter den oben angegebenen, gewissermafsen mittleren Umst\u00e4nden wahrnimmt. Diese bitte ich in Zukunft stets vorauszusetzen, wo nicht das Gegentheil ausdr\u00fccklich bemerkt ist. Bei gr\u00f6fserer St\u00e4rke des erregenden Stromes aber sieht man viel bedeutendere Wirkungen erfolgen. Alsdann kann sogar die negative Phase so m\u00e4chtig werden, dafs dem Anschein nach v\u00f6llige Umkehr des Nervenstromes in dem Multiplicatorkreise eintritt. Man erkennt dies weniger an der best\u00e4ndigen Ablenkung, welche alsdann im negativen Quadranten stattfindet; denn diese k\u00f6nnte blos von\n* S. unten, \u00a7. n.","page":299},{"file":"p0300.txt","language":"de","ocr_de":"300\t3. Abschn, Kap. VU. \u00a7. I. 4. Gleichzeitige Untersuchung\nfreigegebenen Ladungen herr\u00fchren. Sondern entweder an den verkehrten, den Sinn des urspr\u00fcnglichen Nervenstroraes einhaltenden Ladungen, welche jene hinterl\u00e4fst, wenn der Nerv in der negativen Phase befindlich, also mit seinem erregten Ende immer noch auf den stromzuf\u00fchrenden Blechen aufliegend, mit seinem abgeleiteten Ende aus dem Multiplicatorkreise entfernt wird; oder noch besser, man verf\u00e4hrt mit H\u00fclfe eines Kunstgriffes, welcher demjenigen \u00e4hnlich ist, dessen wir uns oben S. 59 bedient haben, um mit Ausschlufs der\u2019 Ladungen den Zustand des Muskelstromes w\u00e4hrend des Tetanisirens zu erforschen: indem man n\u00e4mlich zuerst die erregende Kette zur negativen Phase durch den Nerven schliefst und nun diesen in den Multiplicatorkreis aufnimmt. Alsdann bekommt man, statt des Stromes vom L\u00e4ngsschnitte zum Querschnitte in dem Drahte, dem Anscheine nach einen Ausschlag in der entgegengesetzten Richtung zu sehen.\nAber auch bei den erstgedachten mittleren Verh\u00e4ltnissen, wie sie gew\u00f6hnlich obwalten werden, kann man leicht viel betr\u00e4chtlichere Nadelbewegungen erzeugen, als die oben beschriebenen. Dies geschieht, wenn man, auf die Beobachtung best\u00e4ndiger Stromesver\u00e4nderungeu verzichtend, entweder die Kette bei positiver und negativer Phase in Uebereinstimmung mit den Schwingungen der Nadel abwechselnd \u00f6ffnet und schliefst, oder vollends die Wippe des Stromwenders ebenso fortw\u00e4hrend von der positiven zur negativen Phase und umgekehrt umlegt, ein Kunstgriff, der dem schon fr\u00fcher von uns angewendeten, den In-ductionsversuchen entlehnten Verfahren des Umlegens (S. oben Bd. I. S. 242) im ^Wesentlichen entspricht. Diese Form des Versuches, wobei sich die Nadel bis auf 60\u00b0, ja noch h\u00f6her, mit Leichtigkeit treiben l\u00e4fst, ist es begreiflich, deren man sich stets bedienen mufs, wenn es darauf ankommt, den unter gewissen Umst\u00e4nden vielleicht nur spurweise vorhandenen elektrotonischen Zustand wahrnehmbar zu machen. Sie hat noch das f\u00fcr sich, dafs der Nerv nicht, wie bei der ersten Art der Beobachtung, der Einwirkung des Stromes l\u00e4ngere Zeit hindurch in einer und derselben Richtung ausgesetzt wird, eine Behandlung, deren verderbliche Folgen uns von fr\u00fcherher bekannt sind.\n4. Untersuchung des elektrotonischen Zustandes zwischen L\u00e4ngsschnitt und Querschnitt an beiden Enden des Nerven.\nWir wollen jetzt den Versuch machen, etwas tiefer in den That-bestand einzudringen, der diesem r\u00e4thselhaften Complex von Erscheinun-r gen zu Grunde liegen mag. Die erste Frage, die wir uns demgem\u00e4fs vorzulegen haben, scheint folgende zu sein. Wir sehen den Nerven-","page":300},{"file":"p0301.txt","language":"de","ocr_de":"des eleJctrotonischen Zustandes an beiden Enden des Nerven, 301\nstr\u00f6m anschwellen, schwinden oder gar seine Richtung \u00e4ndern, je nachdem sie mit der des erregenden Stromes zusammenf\u00e4llt oder nicht. Schwillt er nun gleichzeitig auf allen Punkten der Nervenl\u00e4nge an, schwindet er und verkehrt er seine Richtung in gleicher Weise auf allen? Von den B\u00e4uschen aus jenseit der Platinbleche ist ein zweiter Querschnitt des Nerven vorhanden; wenn wir hier seinen Strom ableiteten, w\u00fcrde er in dem Nerven die entgegengesetzte Richtung zeigen von derjenigen an dem erstbeobachteten Ende. Ger\u00e4th nun auch das zweite Ende jenseit der Platinbleche in die positive Phase, wenn das erste, diesseit gelegene sich darin begriffen zeigt? Verf\u00e4llt es in die negative Phase bis zur Stromesumkehr, wenn dieses ihr unterliegt? Oder ist nicht vielmehr das Entgegengesetzte der Fall; schwindet nicht der Strom hier, w\u00e4hrend er dort anschwillt, herrscht nicht hier negative Phase, w\u00e4hrend dort positive waltet und umgekehrt; mit einem Worte, sind nicht beide Phasen des elektrotonischen Zustandes stets an beiden Enden des Nerven complement\u00e4r?\nWir werden sofort den Versuch zur Entscheidung dieser Frage anrufen: aber ihre Beantwortung scheint schon auf der Hand zu liegen. Es ist von vorn herein klar, dafs die letztere M\u00f6glickeit es sein wird, die der Wirklichkeit entspricht. Denn wir haben gefunden, dafs es v\u00f6llig gleichg\u00fcltig ist, welches Ende des Nerven, das seinem Urspr\u00fcnge oder das seiner Ausbreitung entsprechende, auf den B\u00e4uschen abgeleitet wird, w\u00e4hrend das andere dem erregenden Strom zwischen den Blechen ausgesetzt ist; stets wird das Zeichen der Phase durch den Widerspruch oder die Uebereinstimmung der Richtungen des Nerven- und des erregenden Stromes bedingt. F\u00e4nde aber die erstere dargelegte M\u00f6glichkeit statt, so m\u00fcfste es immer ein Ende des Nerven geben, f\u00fcr welches der Widerspruch der Str\u00f6mungsrichtungen das Erscheinen der positiven, ihre Uebereinstimmung das der negativen Phase bestimmte. Alsdann bliebe zu erkl\u00e4ren, wie wir stets nur dasjenige Ende zu Gesicht bekommen haben, welches das umgekehrte Gesetz hinsichtlich des Zeichens seiner Phasen befolgte, und hief\u00fcr liefsen sich nur zwei gleich unwahrscheinliche Deutungen beibringen. Es m\u00fcfste entweder sein, dafs stets nur f\u00fcr das abgeleitete Ende jenes beobachtete Gesetz f\u00fcr das Zeichen der Phasen g\u00e4lte, f\u00fcr das nicht abgeleitete aber das entgegengesetzte; oder es m\u00fcfste das Stattfinden des ersteren in allen unseren Versuchen durch den Umstand bedingt sein, dafs wir stets, wie die Natur der Dinge es mit sich bringt, den Strom von der l\u00e4ngeren der beiden H\u00e4lften ableiteten, in welche der Nerv durch die Platinbleche getheilt wird; der k\u00fcrzeren H\u00e4lfte jenseit derselben von den B\u00e4uschen aus gerechnet w\u00fcrde dann das umgekehrte Gesetz zukommen.","page":301},{"file":"p0302.txt","language":"de","ocr_de":"302 A Abschn. Kap. VIL \u00a7. I. 4. Gleichzeitige Untersuchung\nDer Versuch befreit uns von diesen k\u00fcnstlichen Voraussetzungen, und spricht entschieden f\u00fcr die letztere Annahme. Er ist nicht ohne Schwierigkeiten. Es geh\u00f6ren dazu zwei Multiplicatoren von hinreichender Empfindlichkeit f\u00fcr den Nervenstrora, zwei Paar meiner Zuleitungs-gef\u00e4fse mit den zugeh\u00f6rigen Platinblechen und B\u00e4uschen, und, was nicht immer das leichteste zu beschaffen ist, ein Frosch von der aller-gr\u00f6fsten Art, dessen Ischiadicus von der Austrittsstelle aus der Wirbels\u00e4ule bis zur Kniekehle n\u00e4mlich lang genug ist, um mit dem einen Ende \u00fcber das eine Paar B\u00e4usche, mit seiner mittleren Gegend \u00fcber die Platinbleche, endlich mit dem anderen Ende \u00fcber das andere Paar B\u00e4usche gebreitet werden zu k\u00f6nnen, wie Fig. 101. Taf. II. schematisch zeigt, welche keiner weiteren Erl\u00e4uterung bedarf.\nAlles dieses stand mir gl\u00fccklicherweise zu Gebot. Ich besafs einen Frosch von 26\u201c\u201c L\u00e4nge,1 dessen Ischiadicus zwischen den angegebenen Grenzen 84mm mafs. Als zweiten Multiplicators bediente ich mich des oben Bd. I. S. 202 beschriebenen Instrumentes des K\u00f6niglichen Anatomischen Museums, das mit dem leichten daselbst S. 165 erw\u00e4hnten Nadelpaare versehen war. Dies wurde durch einen MELLONi\u2019schen Berichtigungsstab (S. ebendas. S. 199) auf Null gehalten, wobei es eine Schwingung zwischen \u00b1 20\u00b0 (Vergl. ebendas. S. 191. 192) in 13\".6 vollzog, w\u00e4hrend das bekannte schwerere Spiel (Ebendas. S. 165) in meinem Multiplicator 21\".8 dazu brauchte. Trotz der etwas geringeren Anzahl der Windungen zeigte sich der Museumsmultiplicator f\u00fcr diese Versuche durchaus hinreichend empfindlich. Ein Gastroknemius warf die Nadel desselben mit gr\u00f6fster Heftigkeit an die Hemmung; ein Ischiadicus gab 18 \u2014 20\u00b0 ersten Ausschlages. Endlich war es mir verg\u00f6nnt, ein Paar Zuleitungsgef\u00e4fse f\u00fcr thierisch-elektrische Versuche zu benutzen, welche Herr Kleiner gerade damals, nach meiner Angabe, f\u00fcr das Kaiserlich Russische Anatomische Museum in Dorpat angefertigt hatte.\nAnlangend die Einrichtung des Versuches ist wenig zu bemerken. Die Multiplicatoren m\u00fcssen nat\u00fcrlich so weit von einander entfernt sein, dafs keine Wirkung des Berichtigungsstabes des einen auf das Nadelspiel des anderen, geschweige der beiden Nadelspiele auf einander stattfinde. Da sie aber gleichzeitig \u00fcberwacht sein wollen, so wird ein zweiter Beobachter nothwendig. Mein Freund Herr Dr. Br\u00fccke \u00fcbernahm dieses Gesch\u00e4ft. Es ist ferner darauf zu achten, dafs die beiden Multiplicatorkreise nicht minder sorgf\u00e4ltig von einander isolirt seien,\n1 Er \u00fcberschritt also sogar um Vieles das von D\u00fcm\u00e9ril und Bibron seinem Geschlechte vorgeschriebene \u00e4ufserste Mafs der L\u00e4nge. Erp\u00e9tologie g\u00e9n\u00e9rale ou Histoire naturelle compl\u00e8te des Reptiles, t. VIII. Paris 1841. p. 345.*","page":302},{"file":"p0303.txt","language":"de","ocr_de":"des eleldrotonisc\u00eeien Zustandes an beiden Enden des Nerven. 303\nals von der erregenden Kette, widrigenfalls dieselben leicht dem erregenden Strome zur Nebenschliefsung dienen k\u00f6nnten. Im Kreise der erregenden Kette mufs sich, wie bei allen Versuchen \u00fcber den elektro-tonischen Zustand, der Pom\u2019sche Stromwender befinden, weniger hier, um sich des Kunstgriffes des fortgesetzten Umlegens der Wippe bedienen zu k\u00f6nnen (S. oben S. 300), was keinen Nutzen bieten und bei ungleicher Schwingungsdauer der beiden Spiele nicht einmal zum Zweck f\u00fchren w\u00fcrde, als um \u00fcberhaupt Gelegenheit zu haben, die Richtung des Stromes schnell zu wechseln, und die Kette nach Belieben in Quecksilber zu \u00f6ffnen und zu schliefsen.\nIst nun alles in dieser Weise vorgerichtet, liegen die beiden Enden des Nerven auf den B\u00e4uschen der beiden Paare von Zuleitungsgef\u00e4fsen auf und halten die Nadeln der beiden Multiplicatoren in best\u00e4ndiger Ablenkung ab (S. die Figur), welche f\u00fcr beide gleiche Stromesrichtung in Bezug auf L\u00e4ngs- und Querschnitt, aber verschiedene hinsichtlich des Ursprungs und der Ausbreitung der Nerven anzeigt, und man schliefst nun die erregende Kette; so sieht man die eine Nadel weiter abgelenkt werden, die andere in dem Sinne der Ladungen zur\u00fcckweichen, und zwar findet sich f\u00fcr beide das Zeichen der Phase in gleicher Weise bestimmt durch den Widerspruch oder die Ucbereinstimmung der Richtung des Nerven- und des erregenden Stromes in dem Nerven. Es wird diejenige Nadel weiter abgelenkt, deren Nervenstrom gleiche Richtung mit dem erregenden Strome hat; es weicht diejenige im Sinne der Ladungen zur\u00fcck, deren Strom dem erregenden Strome entgegen-fliefst (Vergl. die Figur). Wird die erregende Kette ge\u00f6ffnet, so weicht die Nadel zur\u00fcck, die weiter abgelenkt worden war; die fr\u00fcher zur\u00fcckgewichene wird weiter abgelenkt. 4Sind beide Nadeln sur Ruhe gekommen, ist die Wippe umgelegt, und wird abermals geschlossen, so zeigt sich negative Phase an dem Ende, welches fr\u00fcher positive darbot, positive an dem in der negativen begriffen gewesenen u. s. w.\nIch habe, weil mir die mannigfaltigen Il\u00fclfsmittel, die er voraussetzt, zu gleicher Zeit nur einmal zu Gebote standen, diesen wichtigen Versuch auch nur zweimal, n\u00e4mlich an den beiden Sitzbeinnerven des obenerw\u00e4hnten grofsen Frosches anstellen k\u00f6nnen. Aber der Erfolg zeigte sich beide Male so rein und so \u00fcbereinstimmend, und ich hatte mich durch allerlei Gegenversuche dermafsen von der Zuverl\u00e4ssigkeit meiner Verfahrungsarten und Vorrichtungen \u00fcberzeugt, dafs ich keinen Anstand nehme, das ausgesprochene Ergebuifs als ein v\u00f6llig sicheres hinzustellen. Es wird dasselbe \u00fcbrigens noch sp\u00e4ter auf g\u00e4nz entscheidende Weise best\u00e4tigt werden.","page":303},{"file":"p0304.txt","language":"de","ocr_de":"304 3. Abschn. Kap. VII. \u00a7. I. 5. Untersuchung des eleldrotonisch\u00e8n\n5. Untersuchung des elektrotonischen Zustandes zwischen verschiedenen Punkten des nat\u00fcrlichen L\u00e4ngsschnittes des Nerven.\nWir schreiten jetzt dazu, unsere Kenntnifs des elektrotonischen Zustandes des Nerven dadurch zu erweitern, dafs wir versuchen, wie derselbe sich gestalten m\u00f6ge, wenn wir den urspr\u00fcnglichen Nervenstrom, statt von L\u00e4ngsschnitt und Querschnitt zugleich, von zweien Punkten des L\u00e4ngsschnittes allein ableiten.\nZu dem Ende heben wir zun\u00e4chst einfach den Querschnitt des Nerven von dem entsprechenden Bausche ab, versehen diesen in gewohnter Weise mit einem St\u00fcckchen Wachstaffent oder einem Glimmerbl\u00e4ttchen und schliefsen den Multiplicatorkreis abermals mit dem Nerven dergestalt, dafs der Querschnitt, w\u00e4hrend des Aufliegens, durch das Glimmerbl\u00e4ttchen u. s. w. vor der Ber\u00fchrung des Bausches gesch\u00fctzt wird. Man erh\u00e4lt bekanntlich eine, im Vergleich zu dem Strome zwischen L\u00e4ngs- und Querschnitt sehr schwache Wirkung in der n\u00e4mlichen Richtung (S. oben S. 253). Schliefst man dann die erregende Kette, sei\u2019s zur positiven, sei\u2019s zur negativen Phase, so sieht man dieselben Wirkungen erfolgen, als bei Ableitung des urspr\u00fcnglichen Stromes von L\u00e4ngs- und Querschnitt zugleich: anscheinende Vermehrung des Stromes, wenn er mit dem erregenden gleiche Richtung hat, anscheinende Verminderung, wenn die entgegengesetzte. Was aber dabei sofort in die Augen f\u00e4llt, ist, dafs die Ver\u00e4nderungen des Stromes in beiden Phasen im Vergleich zum urspr\u00fcnglichen Strome viel gr\u00f6fser erscheinen als da Querschnitt auflag; sie zeigen n\u00e4mlich, so weit sich dies beur-theilen l\u00e4fst, absolut genommen dieselbe Gr\u00f6fse wie vorher. Nat\u00fcrlich kann dabei von keiner genauen Bestimmung die Rede sein, so wenig wie sonst irgendwo in diesem Gebiete. In dem Falle von L\u00e4ngs- und Querschnitt zugleich geht die Nadel bereits aus von einer merklichen best\u00e4ndigen Ablenkung, in dem zweier Punkte des L\u00e4ngsschnittes allein von einer sehr geringen; in dem ersten Falle sind demgem\u00e4fs kr\u00e4ftige Ladungen vorhanden, in dem zweiten nur unbedeutende; dort hat man eine l\u00e4ngere, hier eine k\u00fcrzere Strecke des Nerven zwischen den B\u00e4uschen, oder wenn man den Abstand derselben best\u00e4ndig erhalten will, mufs man hier den stromzuf\u00fchrenden Platinenden n\u00e4her r\u00fccken als dort: lauter Umst\u00e4nde, die, wie wir zum Theil noch sehen werden, von Ein-flufs auf die Gr\u00f6fse der Wirkungen sind. Man m\u00fcfste denn umgekehrt wieder mit dem ganzen Nerven an den Platinenden herabr\u00fccken wollen; aber dabei ver\u00e4ndert man wieder die St\u00e4rke des erregenden Stromes, die durch die Polarisation jener Enden ohnehin fortw\u00e4hrenden Schwankungen ausgesetzt ist. Ueberdies, und fast ist dies der wesentlichste","page":304},{"file":"p0305.txt","language":"de","ocr_de":"Zustandes zwischen verschiedenen PunMen des L\u00e4ngsschnittes. 305\nPunkt, erh\u00e4lt man auch bei ganz ungest\u00f6rter Anordnung des Versuches kaum zweimal nacheinander Ausschl\u00e4ge von gleicher Gr\u00f6fse; sie sind entweder im Zunehmen begriffen (S. oben S. 298), oder sie sinken je nach der St\u00e4rke des erregenden Stromes und der Leistungsf\u00e4higkeit des Nerven mehr oder weniger rasch von ihrer H\u00f6he herab. Bei alledem kann \u00fcber dem angek\u00fcndigten Ergebnisse kein Zweifel obwalten, was schon daraus folgt, dafs es zwischen zweien Punkten des L\u00e4ngsschnittes ungleich leichter ist, als zwischen L\u00e4ngs- und Querschnitt zugleich in der negativen Phase beim metallischen Schliefsen des Multiplicatorkreises nach der erregenden Kette die umgekehrte Str\u00f6mungsrichtung zu beobachten (Vergl. oben S. 299).\nDer elektrotonische Zustand giebt sich also auch am L\u00e4ngsschnitte, und mit nicht geringerer St\u00e4rke als zwischen L\u00e4ngs- und Querschnitt kund. Setzen wir nun voraus, dafs wir diesseits der Platinenden eine hinreichend lange Nervenstrecke haben, um den B\u00e4uschen daran verschiedene Lagen geben zu k\u00f6nnen in der Art, wie man dies in Fig. 102. Taf. II. sieht. Z und P stellen beziehlich das positive und das negative Platinende vor; q'l\", l\" V, l'l, l'l0, V ln 1\u00b0 ln l lr verschiedene Stellungen, die wir den B\u00e4uschen zu ertheilen verm\u00f6gen. Vergegenw\u00e4rtigen wir uns zuerst, was sich uns, bei ge\u00f6ffneter erregender Kette, von Seiten des urspr\u00fcnglichen Stromes kund geben werde, w\u00e4hrend wir die bezeichnete Reihe von Stellungen durchmachen. Sehen wir davon ah, dafs in der Figur, der gr\u00f6fseren Deutlichkeit halber, zwischen V l, und zwischen V l0, 1\u00b0 l, den B\u00e4uschen ein verschiedener Abstand ertheilt ist von dem, welchen sie bei q 1\", l\" V u. s. w. inne haben, so l\u00e4uft die bezeichnete Versuchsweise darauf hinaus, dafs ein Bogen von best\u00e4ndiger Spannweite dem L\u00e4ngsschnitt entlang verschoben wird. Dies ist ein Verfahren, das uns v\u00f6llig gel\u00e4ufig ist; wir brauchen nur einen Blick auf das entsprechende St\u00fcck der punktirten Curve der Stromst\u00e4rken Fig. 57. Taf. V. Bd. I. zu werfen, so erfahren wir, dafs, wenn z. B. bei l der elektromotorische Aequator gelegen ist, der Gang des Stromes sich folgendermafsen gestaltet. So lange wir uns mit den B\u00e4uschen diesseits des Aequators aufhalten, werden wir, aber je n\u00e4her wir ihm r\u00fccken, desto schw\u00e4cher, die n\u00e4mliche, in der Figur durch die Pfeile angezeigte Str\u00f6mungsrichtung obwalten sehen, die wir, dem Gesetze des Muskel- und Nervenstromes gcm\u00e4fs, zwischen L\u00e4ngs- und Querschnitt beobachteten (/\" V, V l). Sie dauert fort, auch noch wenn wir mit dem einen Bausche den Aequator \u00fcberschreiten (/' l0). Sind wir aber bis zu dem Punkte angelangt, wo der Aequator den Abstand der B\u00e4usche nahezu h\u00e4lftet, so ist der Strom verschwunden (l l,). Er kehrt allm\u00e4lig wachsend, jedoch in entgegengesetzter Richtung wie-\nII.\t20","page":305},{"file":"p0306.txt","language":"de","ocr_de":"306\t& Absclin. Kap. VII. \u00a7. I. 5. Untersuchung des elektrotonischen\nder, wenn wir, im Verfolg unserer Wanderung, den diesseitigen Bausch dem Aequator n\u00e4her bringen (l0 /,), dann vollends diesen ganz \u00fcberschreitend uns mit beiden B\u00e4uschen zwischen denselben und das vordere Platinende stellen (/1,) [Vergl. oben Bd. I. S. 626; Bd. II. S. 264],\nEs fragt sich nun, wie sich die Ver\u00e4nderungen des Nervenstromes im elektrotonischen Zustande verhalten werden, w\u00e4hrend er selber diese Wechsel seiner Erscheinung durchl\u00e4uft, erst auf Null herabsinkt, dann mit verkehrtem Zeichen wieder anschwillt. Man findet, dafs die Ausschl\u00e4ge beim Schliefsen der erregenden Kette fortfahren zu erscheinen nach demselben Gesetze, nach welchem sie stattfanden, als wir den Strom von L\u00e4ngs- und Querschnitt zugleich ableiteten und als wir zuerst, statt des Querschnittes, einen benachbarten zweiten Punkt des L\u00e4ngsschnittes auflegten. Gleichviel n\u00e4mlich, bei welcher Stellung der B\u00e4usche man die Erregung vornehme, ob diesseits der unwirksamen Lage V ln wo der Strom noch die urspr\u00fcngliche Richtung wie zwischen q l\" besitzt, oder ob jenseits l ln wo er den umgekehrten Sinn einh\u00e4lt; es findet anscheinend Stromvermehrung statt, wenn der urspr\u00fcngliche und der erregende Strom im Nerven einander gleichgerichtet sind, anscheinend Stromverminderung, wenn sie einander zuwider laufen.\nDaraus folgt unmittelbar, wie auch die in der Figur beigef\u00fcgten Zeichen es angeben, dafs f\u00fcr eine und dieselbe Stellung der Wippe diesseits des elektromotorischen Aequators positive Phase, jenseits desselben negative Phase herrschen m\u00fcsse. Und man wird leicht inne, dafs dieses Ergebnifs im Wesentlichen ganz einerlei Sinn hat mit dem der vorigen Nummer. Dort beobachteten wir die Ver\u00e4nderung des Stromes durch den elektrotonischen Zustand gleichzeitig in q l\" und /,, q, zu beiden Seiten der Platinenden (S. die Figur und vergl. Fig. 101). Wir fanden, dafs, bei entgegengesetzter Richtung der beiden urspr\u00fcnglichen Str\u00f6me im Nerven, die Phasen an beiden Enden desselben einander complement\u00e4r erschienen. Hier entdecken wir einfach, dafs sich dieses Verhalten auch erstreckt auf die Str\u00f6me zwischen verschiedenen Punkten des L\u00e4ngsschnittes, beiderseits bis zum elektromotorischen Aequator hin; dafs also stets die ganze eine H\u00e4lfte des Nervenst\u00fcckes in der positiven Phase begriffen ist, wenn f\u00fcr die ganze andere die negative herrscht.\nWas die vergleichweise St\u00e4rke der Ausschl\u00e4ge anbetrifft, die der Eintritt der einen und der anderen Phase in den verschiedenen Lagen l ' V, l' l u. s. w. hervorruft, so wird ausf\u00fchrlicher davon gehandelt werden im folgenden Paragraphen, wo wir diese St\u00e4rke \u00fcberhaupt als Function mannigfacher Umst\u00e4nde ins Auge fassen wollen. Hier","page":306},{"file":"p0307.txt","language":"de","ocr_de":"Zustandes zwischen verschiedenen Punkten des L\u00e4ngsschnittes. 307\nsei nur kurz angedeutet, dafs dieselbe, w\u00e4hrend mau mit den B\u00e4uschen den Platinenden n\u00e4her r\u00fcckt, in stetem und lebhaftem Wachsen begriffen ist, so dafs also fortdauernd jede Proportionalit\u00e4t vermifst wird zwischen der St\u00e4rke, in der der urspr\u00fcngliche Strom der Stellung des ahleitenden Bogens gem\u00e4fs erscheint, und der St\u00e4rke der Wirkungen, die vom elektrotonischen Zustande herr\u00fchren.\nAm deutlichsten aber giebt sich dieser Mangel an Beziehung kund in dem h alle, dessen wir nun noch zu gedenken haben, wo, bei symmetrische# Stellung der B\u00e4usche zum Aequator {V /,), der urspr\u00fcngliche Strom gleich Null, oder doch nahezu verschwunden ist. Hier n\u00e4mlich findet das Bemerkenswerthe statt, dafs der Nerv beim Eintritt des erregenden Stromes pl\u00f6tzlich elektromotorisch wirksam wird, und zwar, wie der Pfeil in der Figur anzeigt, dergestalt, dafs der Strom in dem Bogen sich begiebt von der in der negativen zu der in der positiven Phase begriffenen Nervenh\u00e4lfte; bei umgelegter Wippe \u00e4ndert sich auch das Zeichen der elektromotorischen Kraft. Der St\u00e4rke nach passen die Wirkungen, die man solchergestalt erh\u00e4lt, zwischen diejenigen hinein, welche bei der letzten wirksamen Stellung der B\u00e4usche diesseits und der ersten umgekehrt th\u00e4tigen Lage derselben jenseits des elektromotorischen Aequators (etwa V l0, 1\u00b0 /,) erhalten werden.\nDies ist die Erscheinungsart des elektrotonischen Zustandes zwischen verschiedenen Punkten des L\u00e4ngsschnittes. Was die Ausf\u00fchrung der Versuchsreihe anbclangt, deren Ergebnisse hier als ein zusammenh\u00e4ngendes Ganze geschildert worden sind, so ist allerdings zu bemerken, dafs sie zu den schwierigeren geh\u00f6rt, und nur in seltenen gl\u00fccklichen F\u00e4llen alles eben dargelegte auf einmal, an einem und demselben Nerven, erkennen lassen wird. Meistens mufs man sich damit begn\u00fcgen, das vollst\u00e4ndige Bild des Vorganges mehreren Versuchen zu entnehmen, deren jeder mit einem anderen Punkte zur Erg\u00e4nzung der Gesammtheit beisteuert. Im h\u00f6chsten Grade st\u00f6rend tritt dabei das unvermeidliche Austrocknen der Nerven auf, nicht nur wegen des \u00fcblen Einflusses, den dasselbe auf ihre Leistungsf\u00e4higkeit aus\u00fcbt, sondern auch wegen der dadurch entstehenden Klebrigkeit ihrer Oberfl\u00e4che, welche die Handhabung auf den B\u00e4uschen mittelst der Pinzette aufserordentlich erschwert. Anfeuchten der Spitzen der Pinzette hilft nur wenig dagegen; am besten wirkt Eintauchen derselben in irgend ein fl\u00fcssiges Fett, z. B. Knochen\u00f6l. Dazu kommt noch, dafs nicht gar selten ganz unbegreifliche, nicht zu beherrschende Unregelm\u00e4fsigkeiteu, wahre Anwandlungen, sich in das ohnehin so zarte und verwickelte Spiel dieser geheimnifsvollen Wirkungen einmischen: pl\u00f6tzliches Versagen, dann wieder unerwartete Lebendigkeit derselben u. d. m. Nur der Richtung nach bleiben sich\n20 *","page":307},{"file":"p0308.txt","language":"de","ocr_de":"308\t3. Abschn. Kap. VU. \u00a7. 1. 6. Ob im elebtrotonischen Zustande\ndie Erscheinungen stets und ohne alle Ausnahme unverbr\u00fcchlich treu. Man wird aber auch, was ihre Gr\u00f6fse betrifft, bei hinreichender Vervielf\u00e4ltigung der Versuche, zuletzt immer eine sichere Ueberzeugung von der Wirklichkeit des Verhaltens davontragen, wie es in dieser Nummer von mir dargestellt worden ist.\n6. Pr\u00fcfung der Annahme, die elektromotorische Kraft der in der positiven Phase des elektrotonischen Zustandes begriffenen Ner-venh\u00e4lfte sei erh\u00f6ht, die der anderen vermindert bis umgekehrt.\nWir sind nunmehr zur Kenntnifs der wesentlichsten Erscheinungen gelangt, die der elektrotonische Zustand darbietet, und in Stand gesetzt, zu untersuchen, welcher muthmafslich neuen Anordnung die elektromotorischen Kr\u00e4fte des Nerven w\u00e4hrend desselben unterliegen.\nWir haben zwar bisher stets, durch den oberfl\u00e4chlichen Anblick der Erfolge an der Multiplicatornadel bestimmt, von einer Vermehrung und einer Verminderung bis Umkehr des Nervenstromes im elektrotonischen Zustande gesprochen. In sofern damit eben nichts weiter gegeben sein soll, als ein kurzes Bild des Vorganges seiner \u00e4ufseren Erscheinung in den meisten F\u00e4llen nach, ist gegen diese Ausdrucksweise nichts einzuwenden. Sie ist aber, wie sogleich erhellen wird, unhaltbar, sobald sie w\u00f6rtlich auf den Nervenstrom, seinem Urspr\u00fcnge und ganzen Verlaufe nach, bezogen werden sollte, sobald damit die, scheinbar freilich am n\u00e4chsten liegende Vorstellung verkn\u00fcpft wird, die Molekeln der in der positiven Phase begriffenen Nervenh\u00e4lfte, deren Strom dem erregenden gleichgerichtet ist, h\u00e4tten, bei fast unver\u00e4nderter Anordnung, einen Kr\u00e4ftezuwachs erhalten, hingegen diejenigen der in der negativen Phase befindlichen H\u00e4lfte, deren Strom entgegengesetzt fliefst, einen Verlust daran, ja eine Umkehr des Zeichens ihrer Wirksamkeit erlitten. Es ist vielmehr leicht zu zeigen, dafs eine solche Aenderung der elektrischen Zust\u00e4nde des Nerven durchaus nicht die Folgen nach sich ziehen w\u00fcrde, die wir unter dem Einfl\u00fcsse des erregenden Stromes beobachtet haben.\nUm zu dieser Einsicht zu gelangen, wollen wir nachstehende Zergliederung vornehmen. Wir entwerfen die Curve der Stromst\u00e4rken beim Verschieben eines Bogens von best\u00e4ndiger Spannweite rings um den L\u00e4ngsdurchschnitt des zur H\u00e4lfte verst\u00e4rkten, zur H\u00e4lfte geschw\u00e4chten oder in seiner Wirkung umgekehrten Nerven. Diese Curve wird auf eine bestimmte Weise abweichen von der uns wohlbekannten urspr\u00fcnglichen Curve der Stromst\u00e4rken am Muskel und Nerven. Nehmen wir nun nacheinander die entsprechenden Ordinaten dieser beiden","page":308},{"file":"p0309.txt","language":"de","ocr_de":"die Kraft der einen Nervenh\u00e4lfte erh\u00f6ht, die der ander envermindert sei? 309\nCurven und ermessen die Gr\u00f6fse und Richtung der Wirkungen, welche der Uebergang von der Ordinate der urspr\u00fcnglichen zu der der ver\u00e4nderten Curve an der Multiplicatornadel hervorbringen w\u00fcrde, so m\u00fcfste die Reihe dieser Wirkungen sichtlich der Reihe der Ausschl\u00e4ge ann\u00e4hernd entsprechen, welche, nach unseren Erfahrungen, der Eintritt des elektrotonischen Zustandes bei verschiedenen Stellungen des Bogens mit sich bringt, wenn n\u00e4mlich dieser Zustand wirklich besteht in einer Verst\u00e4rkung der einen und Schw\u00e4chung bis Umkehr der Kraft der anderen Nervenh\u00e4lfte.\nEs sei y'a'Oafij, (Fig. 103. Taf. III) die urspr\u00fcngliche Curve der Stromst\u00e4rken an dem Nerven q'q, beim Verschieben des Bogens von best\u00e4ndiger Spannweite q'l seinem L\u00e4ngsschnitte entlang. Die Axe des Nerven ist Abscissenaxe ; die verschiedene Richtung der Str\u00f6mung in beiden Nervenh\u00e4lften ist durch die Pfeile bezeichnet und graphisch dargestellt durch die Lage der Ordinaten ober- und unterhalb der Abscissenaxe. Nun werde die H\u00e4lfte des Nerven q'O verst\u00e4rkt, die H\u00e4lfte Oq, geschw\u00e4cht oder in ihrer Wirkungsrichtung umgekehrt. Alsdann wird nahezu folgendes eintreten.\nF\u00e4nde der ganzen Ausdehnung des Nerven entlang gleichm\u00e4fsig eine und dieselbe Ver\u00e4nderung der Kraft seiner elektromotorischen Molekeln statt, so ist deutlich, w\u00fcrden s\u00e4mmtliche Ordinaten der Curve der Stromst\u00e4rken einfach proportional erh\u00f6ht oder erniedrigt scheinen. So eben bleibt die Sache nicht, wenn die Ver\u00e4nderung der Kraft sich nur auf einen Bruchtheil der L\u00e4nge des Nerven erstreckt, oder wenn beide H\u00e4lften desselben eine Ver\u00e4nderung in entgegengesetztem Sinne erfahren. Zwar an beiden Enden des Nerven, zwischen L\u00e4ngs- und Querschnitt, und zwischen zweien dem letzteren benachbarten Punkten des ersteren wird man eine ungef\u00e4hr proportionale Schwankung erwarten d\u00fcrfen, namentlich wenn man eine im Vergleich zur halben Nerven-l\u00e4nge nicht zu grofse Spannweite des ableitenden Bogens und einen geringen Querschnitt des Nerven voraussetzt. Allein nach dem elektromotorischen Aequator zu gestalten sich die Dinge sehr verschieden.\nIn jeder Lage des Bogens n\u00e4mlich, bei welcher derselbe den Aequator zwischen seinen Fufspunkten hat, wird sich ein Strom von dem auf der gest\u00e4rkten Nervenh\u00e4lfte aufstehenden Fufspunktc zu dem auf der geschw\u00e4chten ruhenden durch den Bogen begeben m\u00fcssen. Denn man kann sich denken, man habe den Fig. 99. Taf. II abgebildeten Fall vor sich, wo von den beiden ungleich dicken H\u00e4lften eines und desselben Nervenst\u00fcckes diejenige von gr\u00f6fserem Querschnitte die Oberhand hat (S. oben S. 267); wie dort die Vergr\u00f6fserung des Querschnittes wirkt hier die Verst\u00e4rkung der Kraft der elektromotorischen Molekeln.","page":309},{"file":"p0310.txt","language":"de","ocr_de":"310\t3. Abschn. Kap. VU. \u00a7.1.6, Ob im elelUrotonischen Zustande\nVollends deutlich wird jener Satz, wenn man annimmt, dafs die Kraft der in der negativen Phase begriffenen H\u00e4lfte auf Null gesunken ist, da diese alsdann nur noch eine unwirksam leitende Verl\u00e4ngerung des Bausches vorstellt; endlich gar, wenn die Umkehr der Wirkungsrichtung darin erfolgt ist, indem man es dann, da der positive Querschnitt der umgekehrten an den negativen der verst\u00e4rkten H\u00e4lfte st\u00f6fst, gewisserma\u00dfen mit einer zweigliederigen Nervens\u00e4ule zu thun haben w\u00fcrde. Die St\u00e4rke der solchergestalt in dem Bogen gesetzten Str\u00f6me k\u00f6nnte daher sehr betr\u00e4chtlich werden; sie w\u00fcrde bereits bei einem gewissen Grade der Verst\u00e4rkung der einen und Schw\u00e4chung der anderen H\u00e4lfte der des urspr\u00fcnglichen Nervenstromes zwischen L\u00e4ngs- und Querschnitt gleichkommen, von da ab sie um steigende Gr\u00f6fsen \u00fcbertreffen. Sie scheint \u00fcbrigens am gr\u00f6fsten sein zu m\u00fcssen, wenn der Bogen eben mit seinem ersten Fufse den elektromotorischen Aequator \u00fcberschreitet, da er alsdann der st\u00e4rkeren Nervenh\u00e4lfte in der gr\u00f6fsten, der schw\u00e4cheren ihr entgegenwirkenden in der kleinsten Spannweite sich angelegt findet; sie wird umgekehrt am kleinsten, wenn der Bogen eben im Begriff ist, auch mit dem zweiten Fufse auf die in der negativen Phase begriffene H\u00e4lfte hin\u00fcberzur\u00fccken.\nWie man leicht bemerkt, w\u00fcrde die Richtung des Stromes in dem Bogen w\u00e4hrend seines Ueberganges \u00fcber den Aequator die entgegengesetzte sein von derjenigen, die ihm zwischen L\u00e4ngs- und Querschnitt oder zwischen verschiedenen Punkten des L\u00e4ngsschnittes der in der positiven Phase begriffenen H\u00e4lfte zukommt, folglich einerlei mit derjenigen, die bei den entsprechenden Stellungen des Bogens an der in der negativen Phase begriffenen H\u00e4lfte wahrgenommen wird, so lange hier noch keine Stromesumkehr im elektrotonischen Zustande erfolgt ist. Die neue Curve der Stromst\u00e4rken (%'aT\u00dfct, \u00a7,, oder auch . . . a, t, \u00a3\u201e) mufs danach folgenden Gang nehmen. Wir beginnen bei dem Ende der in der positiven Phase begriffenen Nervenh\u00e4lfte. Die Curve verl\u00e4uft zuerst \u00fcber der urspr\u00fcnglichen Curve der Stromst\u00e4rken, und ihre Ordinaten sind denen der letzteren ann\u00e4hernd proportional. Dann strebt sie nach der Abscissenaxe. Sie schneidet die urspr\u00fcngliche Curve (bei a), dann die Axe in einem Punkte (/'), der mindestens um die best\u00e4ndige Spannweite q'l des Bogens vom elektromotorischen Aequator entlegen ist. Sofort erreicht sie (bei \u00df) ein negatives Maximum, \u00fcberschreitet den Aequator jedoch noch mit einem sehr betr\u00e4chtlichen Werthe, n\u00e4hert sich jenseits wieder stark der Abscissenaxe und schneidet abermals (bei a,) die urspr\u00fcngliche Curve. Von hier ab wird ihr Verlauf wesentlich dadurch bestimmt, ob nur Schw\u00e4chung, oder ob auch Umkehr der Wirkungsrichtung der in der negativen Phase begriffenen","page":310},{"file":"p0311.txt","language":"de","ocr_de":"die Kraft der einen Nervenli\u00e4lfle erh\u00f6ht, die der anderen vermindert sei? 311\nNervenh\u00e4lfte stattfindet. Ist das erstere der Fall, so hat die Curve nur ein negatives Minimum und strebt dann wieder aufw\u00e4rts, wobei ihre Ordinaten schlicfslich denen der urspr\u00fcnglichen Curve ann\u00e4hernd proportional werden. Trifft das letztere ein, so schneidet sie zum zwei-tenmale die Abscissenaxe, und macht oberhalb derselben, mit ver\u00e4ndertem Zeichen ihrer Kraft, einen \u00e4hnlichen Schlufs.\nWir sind jetzt im Stande, die Pr\u00fcfung anzustellen, die der Zweck dieser Untersuchung war. Besteht der elektrotonische Zustand in Verst\u00e4rkung der einen, Schw\u00e4chung bis Umkehr der Kraft der anderen Nervenh\u00e4lfte, so m\u00fcssen die Ordinatenunterschiede beider, der urspr\u00fcnglichen und der ver\u00e4nderten Curve der Stromst\u00e4rken, wie sie sich uns in den schraffirten Fl\u00e4chenr\u00e4umen der Fig. 103 darstellen, der Gr\u00f6fse und dem Zeichen nach den Ausschl\u00e4gen entsprechen, die wir, hei verschiedenen Stellungen des Bogens, in Folge des Eintrittes jenes Zustandes wahrgenommen haben. Bemerkt zu werden im Allgemeinen verdient nun der Umstand, dafs, wie aus dem vorigen deutlich erhellt, die Ordinaten der ver\u00e4nderten Curve keinesweges denen der urspr\u00fcnglichen proportional geblieben sind. Der Mangel an Proportionalit\u00e4t also, den wir zwischen den Wirkungen bei Eintritt des elektrotonischen Zustandes und der jedesmaligen Gr\u00f6fse des urspr\u00fcnglichen Stromes beobachtet haben, wie sie durch die Stellung des Bogens bestimmt wird, z. B. das Wirksamwerden des Nerven bei der symmetrischen Stellung der Fufspunkte des Bogens zum Aequator (S. oben S. 307, vergl. Fig. 102 V /,), diese Abwesenheit jeder Uebereinstimmung an und f\u00fcr sich enthielt keinen Grund, die Vorstellung von der Natur des elektrotonischen Zustandes, die hier gepr\u00fcft wird, von der Hand zu weisen, wie es auf den ersten Blick vielleicht hat scheinen m\u00f6gen. Allein es fragt sich, ob, innerhalb ihrer beiderseitigen Abweichungen vom urspr\u00fcnglichen Wirkungsgesetze, die neue Curve der Stromst\u00e4rken Fig. 103 und der Gang der von uns verzeichneten Wirkungen mit einander \u00dcbereinkommen.\nAnfangs nun, bei Ableitung des urspr\u00fcnglichen Stromes vom L\u00e4ngsund Querschnitte zugleich, wird noch kein Unterschied zwischen beiden f\u00fchlbar. Es mufs, nach unserer Figur, in der positiven Phase Verst\u00e4rkung, in der negativen Schw\u00e4chung bis Umkehr wahrgenommen werden, und so ist es auch, wie man sich erinnert, in der That. Der unvers\u00f6hnlichste Zwiespalt z\u00f6gert aber nicht sich einzustellen, sobald man den auf Querschnitt befindlichen Fufs des Bogens gleichfalls auf L\u00e4ngsschnitt her\u00fcberzieht. Jetzt n\u00e4mlich m\u00fcfsten, da zun\u00e4chst noch die Ordinaten der urspr\u00fcnglichen Curve in der positiven Phase ungef\u00e4hr proportional erh\u00f6ht, in der negativen ebenso erniedrigt, oder dem Zeichen nach verkehrt sind, die Wirkungen beim Eintritt des elektro-","page":311},{"file":"p0312.txt","language":"de","ocr_de":"31 \u25a0>\t3. Absehn. Kap. VII. \u00a7. I, 6. Ob im elektrotonischen Zustande\ntonischen Zustandes ann\u00e4hernd in dem Mafse schw\u00e4cher ausfallen, in welchem der hier herrschende urspr\u00fcngliche Strom demjenigen zwischen L\u00e4ngs- und Querschnitt selber nachsteht. Wir haben jedoch gesehen, dafs eine solche Proportionalit\u00e4t gar nicht stattfindet, sondern dafs jene Wirkungen im Durchschnitt dieselbe Gr\u00f6fse erreichen zwischen L\u00e4ngsund Querschnitt zugleich und zwischen zweien dem letzteren benachbarten Punkten des ersteren allein (S. oben S. 304).\nDabei handelt es sich noch um eine, in diesem Gebiete zugegeben immer mifsliche Vergleichung von Wirkungsgr\u00f6fsen. Jetzt aber zeigt uns unsere obige Zergliederung, dafs wir, sowohl in der positiven Phase, als in der negativen, beim Ilinaufr\u00fccken mit dem Bogen nach dem Aequator zu, auf einen Punkt stofsen m\u00fcfsten (a, \u00ab,), wo die Wirkung beim Eintritt des elektrotonischen Zustandes Null w\u00e4re. Solchem Punkte, der uns doch schwerlich h\u00e4tte entgehen k\u00f6nnen, sind wir jedoch nicht begegnet. Weiter vorr\u00fcckend finden wir dann in der positiven sowohl als der negativen Phase, nachdem der eine Fufspunkt des Bogens den elektromotorischen Aequator \u00fcberschritten, eine heftige Wirkung im umgekehrten Sinne von derjenigen angezeigt, die zwischen L\u00e4ngs- und Querschnitt, und zwischen zweien Punkten des ersteren, stattfand. Diese Wirkung soll mit abnehmender St\u00e4rke anhalten, bis der zweite Punkt des Bogens dem ersten \u00fcber den Aequator fort in das Gebiet der entgegengesetzten Phase gefolgt ist. H\u00e4lftet der Aequator die best\u00e4ndige Spannweite des Bogens, so soll ein Strom von betr\u00e4chtlicher St\u00e4rke in diesem entstehen in der Richtung von der in der positiven Phase begriffenen zu der in der negativen befindlichen Nervenh\u00e4lfte.\nDies ist nun der v\u00f6llig entscheidende Punkt, \u00fcber dessen Statt-linden und nicht Stattfinden gar kein Zweifel aufkommen kann. Wir haben aber gerade das Entgegengesetzte beobachtet; die Wirkungen beim Eintritt des elektrotonischen Zustandes kehrten, f\u00fcr eine und dieselbe Lage der Wippe, ihr Zeichen dem ganzen L\u00e4ngsschnitte entlang niemals um: denn wenn die eine Nervenh\u00e4lfte Stromzunahme wahrnehmen liefs, so zeigte die andere, von urspr\u00fcnglich entgegengesetzter Str\u00f6mungsrichtung, Stromabnahme bis Stromesumkehr. Standen die Fufspunkte des Bogens symmetrisch zum elektromotorischen Aequator, so wurde, gerade entgegengesetzt dem durch Fig. 103 geforderten Erfolge, beim Eintritt des Zustandes der Nerv in dem Sinne elektromotorisch wirksam, dafs ein Strom den Bogen durchlief von der in der negativen zu der in der positiven Phase begriffenen Nervenh\u00e4lfte.\nDurch diese Auseinandersetzung ist demnach, wenn ich nicht irre, die fragliche Vorstellungsweise \u00fcber die Natur des elektrotonischen Zustandes der Nerven auf das gr\u00fcndlichste beseitigt. Es war auch, bei","page":312},{"file":"p0313.txt","language":"de","ocr_de":"die Kraft der einen Nervenh\u00e4lfte erh\u00f6ht, die der ander en vermindert sei? 313\nn\u00e4herer Ueberlegung, schon von vorn herein nicht anders zu erwarten. Schwerlich m\u00f6chte man, ganz gleichviel von welcher Ansicht \u00fcber die Anordnung der ungleichartigen Gebilde im Nerven man ausgehe, jener Vorstellungsweise irgend ein vern\u00fcnftiges Verst\u00e4ndnifs abgewinnen. Dafs sie an keine Erscheinung \u00e4hnlicher Art im ganzen Gebiete der Elektri-cit\u00e4t ankn\u00fcpft, w\u00fcrde ihr noch zum geringeren Vorwurf gereichen, da wir nicht wissen k\u00f6nnen, ob es uns verg\u00f6nnt sein wird, eine Annahme an die Stelle jener zu setzen, welche besser dieser Anforderung entspricht. Aber was wir verlangen d\u00fcrfen, ist wenigstens dieses, dafs eine neue, eigends zum Behuf der Erkl\u00e4rung eines Vorganges erdachte Wirkungsweise nicht ohne allen mechanischen Sinn sei, nicht an einem so gr\u00f6blichen Mifsverst\u00e4ndnisse daniederlicge, wie es hier in dem Umstand hervortritt, dafs dem elektromotorischen Aequator vor den \u00fcbrigen Punkten der Nervenl\u00e4nge eine wesentliche Bedeutung zugeschrieben wird. Diese Bedeutung beschr\u00e4nkt sich, wie die des Indilferenzpunktcs eines Magnetstabes, eines Asir\u00c8RE\u2019schen Solenoids u. d. m., in Wirklichkeit darauf, dafs er eine Abgrenzung bildet zwischen den Richtungen der Resultanten der Partialwirkungen beider Nervenh\u00e4lften, ohne dafs jedoch damit der geringste weitere Unterschied zwischen den diesseits und jenseits desselben gelegenen Componenten angezeigt sei. Wie sollte nun hier eine Molekel, je nachdem sie durch den Aequator von der erregten Stelle getrennt wird oder nicht, so verschiedene Wirkungen vom Strom erfahren? wie der Strom bis zum Aequator hin die eine, von hier ah jedoch bis zum anderen Nervenende hin die entgegengesetzte Th\u00e4tigkeit aus\u00fcben?\nMan k\u00f6nnte, in Betracht dieses Uebelstandes, die fragliche Hypothese dahin ab\u00e4ndern wollen, dafs man sich d\u00e4chte, die Vermehrung der Kraft der Molekeln der in der positiven Phase begriffenen Nervenh\u00e4lfte nehme stetig ab bis zum elektromotorischen Aequator, wo sie Null sei; hier gehe sie \u00fcber in Verminderung, welche nach dem Ende der in der negativen Phase befindlichen Nervenh\u00e4lfte hin wachse, wo sie unter Umst\u00e4nden bis zur Umkehr gedeihen k\u00f6nne. So w\u00e4re jene Discontinuit\u00e4t im elektromotorischen Aequator, dies einem zuf\u00e4lligen Punkte beigemessene wesentliche Gewicht freilich hinweggeschafft. Allein die Annahme wird darum in sich nicht viel statthafter, und die gegen die erste Gestalt derselben vorgebrachten tliats\u00e4chlichen Gr\u00fcnde fahren zu gelten fort, wie man leicht erkennt, da, bei der symmetrischen Stellung der Fufspunkte des Bogens zum Aequator, der durch den elektro-tonischen Zustand in dem Bogen gesetzte Strom noch immer die umgekehrte Richtung von der von uns wirklich beobachteten haben m\u00fcfste.","page":313},{"file":"p0314.txt","language":"de","ocr_de":"314\t<>\u25a0 Abschn. Kap. VU. \u00a7. 1.7. Von der neuen Anordnung der\n7. Von der neuen Anordnung der elektromotorischen Kr\u00e4fte der Nerven im elektrotonischen Zustande.\nSo stehen wir denn zun\u00e4chst, wenn wir nicht die abentheucrlich-sten Hypothesen noch ferner \u00fcbereinanderh\u00e4ufen wollen, ganz rathlos da. [Jeberlegen wir uns jedoch den Gang unserer letzten Untersuchung, so wird es fraglich, ob nicht die Verwickelungen, in die wir hier ge-rathen sind, daher r\u00fchren, dafs wir, stets und mit Recht durchdrungen von der Bedeutung des urspr\u00fcnglichen Wirkungsgesetzes der thierisclien Erreger, darauf bestanden haben, dieses Gesetz um jeden Preis auch in der neuen elektromotorischen Erscheinung der Nerven wiederzuerkennen. Versuchen wir nun einmal, nachdem wir dergestalt der Verpflichtung Gen\u00fcge gethan, ohne Nothwendigkeit keine neue Annahme zu H\u00fclfe zu rufen, wie sich die Er\u00f6rterung unserer Thatsachen gestalten m\u00f6ge, wenn wir Verzicht leisten auf die Durchf\u00fchrung des Princips der peripolaren Anordnung; ob sich auf diesem Wege vielleicht eine einfache Formel f\u00fcr die Gesammtheit der Erscheinungen entdecken lasse, welche der Beobachtung zugleich und irgend welcher verst\u00e4ndigen Erkl\u00e4rungsweise sich anschmiegt. Vielleicht tritt hier der Fall ein, wo der oben Bd. I. S. 682 ausgesprochenen Warnung mit Vortheil gedacht werden kann, dafs man sich das Bild der peripolar elektromotorischen Molekeln und also auch des auf sie zur\u00fcckgef\u00fchrten Wirkungsgesetzes der thierischen Erreger nicht einpr\u00e4gen solle als ein unver\u00e4nderliches und einzig g\u00fcltiges; wozu das Gewicht leicht verf\u00fchren k\u00f6nne, welches jenem Gesetze von uns beigemessen worden ist als dem ersten sicheren Anhaltspunkte, dem wir im Laufe unserer Untersuchung begegneten.\nDa scheint es denn an der Zeit, einen merkw\u00fcrdigen Umstand hervorzuheben, der \u00fcbrigens dem Leser gewifs bereits aufgefallen ist. Fassen wir n\u00e4mlich die Fig. 102. Taf. II nochmals ins Auge, so ist folgendes nicht zu verkennen. In der Nervenh\u00e4lfte q l herrscht bekanntlich die eine, in der lq, die andere Str\u00f6mungsrichtung. Die Phasen beider H\u00e4lften sind stets complement\u00e4r (S. oben S. 303. 306). Es folgt, dafs sich die Zunahme des Stromes in der einen, die Abnahme bis Umkehr desselben in der anderen H\u00e4lfte gemeinsam ableiten lassen unter der Voraussetzung, dafs beiden Str\u00f6men ein algebraisch zu summirender Zuwachs von gleicher absoluter Richtung widerfahre. Und zwar m\u00fcfste dieser Zuwachs im Nerven diejenige Richtung haben, die der Strom der in der positiven Phase begriffenen H\u00e4lfte in demselben hat. Betrachten wir nun aufmerksamer, was bei der Stellung des Bogens vor sich geht, bei welcher der elektromoto-","page":314},{"file":"p0315.txt","language":"de","ocr_de":"elektromotorischen Kr\u00e4fte des Nerven im elehtrotouischen Zustande. 315\nrische Acquator seine best\u00e4ndige Spannweite h\u00e4lftet. Hier entsteht ein Strom in dem Bogen in der Richtung von der in der negativen Phase begriffenen zu der in der positiven befindlichen Nervenh\u00e4lfte. Dieser Strom hat also, in dem Nerven, die entgegengesetzte Richtung. Diese Richtung ist aber gerade diejenige, die der Zuwachs haben m\u00fcfste, den wir eben voraussetzten, um die Zunahme des Stromes der einen, die Abnahme des Stromes der anderen Nervenh\u00e4lfte zu erkl\u00e4ren.\nDies ist jedoch noch nicht Alles. Sondern man werfe einen Blick auf die Fig. 104. Taf. II. Hier habe ich den vorausgesetzten Zuwachs f\u00fcr die verschiedenen Stellungen des Bogens \u00fcberall angedeutet. Die punktirten B\u00f6gen und Pfeile entsprechen denen der Fig. 102 und geh\u00f6ren dem urspr\u00fcnglichen Strome an; die ausgezogenen stellen den Zuwachs vor. Z und P sind die stromzuf\u00fchrenden Platinenden. Der Pfeil zwischen denselben zeigt die Richtung des erregenden Stromes an. Diese Richtung f\u00e4llt bekanntlich stets zusammen mit derjenigen des urspr\u00fcnglichen {Jervenstromes in der H\u00e4lfte, welche in der positiven Phase begriffen ist; denn durch dies Zusammenfallen wird ja bei jeder Richtung des erregenden Stromes eben bestimmt, welche H\u00e4lfte der positiven Phase unterliegen soll. Nun sollte auch der Zuwachs mit dem Strome der in der positiven Phase befindlichen H\u00e4lfte einerlei Richtung haben, damit man durch denselben die Erscheinungen beider Phasen sowohl als auch das Wirksamwerden des Nerven bei der mittleren, am ruhenden Nerven unwirksamen Stellung des Bogens erkl\u00e4ren k\u00f6nne. Daraus folgt, wie leicht aus der Figur ersichtlich ist, dafs jener Zuwachs auf allen Punkten des Nerven dem erregenden Strome selber gleichgerichtet gedacht werden mufs.\nDies ist ein Ergebnifs von der h\u00f6chsten Bedeutung. Die einfachen und fruchtbaren Folgerungen, zu denen es hinsichtlich der Natur des elektrotonischen Zustandes Anlafs giebt, sollen uns erst in der folgenden Nummer besch\u00e4ftigen, wo wir versuchen wollen, eine physikalische Theorie dieses Zustandes aufzustellen: hier beschr\u00e4nken wir uns darauf, mit H\u00fclfe jenes Ergebnisses, in dem Geiste einer mathematischen Theorie, s\u00e4mmtliche uns bis jetzt bekannt gewordene Erscheinungen des Zustandes an eine einzige, zun\u00e4chst nicht weiter gedeutete Voraussetzung, die des in Rede stehenden Zuwachses, zu kn\u00fcpfen.\nIn der That, wir brauchen uns nur vorzustellen, dafs der Erfolg, den wir beim Eintritt des elektrotonischen Zustandes und bei der mittleren, f\u00fcr gew\u00f6hnlich unwirksamen Stellung des Bogens wahrnehmen, n\u00e4mlich das Wirksamwerden des Nerven in der Richtung des elektrischen Stromes, kein ausnahmsweiser und besonderer ist, sondern der auf allen aufserhalb der Elektroden gelegenen Punkten gleichm\u00e4fsig","page":315},{"file":"p0316.txt","language":"de","ocr_de":"316\t& Abschn. Kap, VIL \u00a7. I. 7. Von der netten Anordnung der\nstattfindende, der nur hier, wegen der urspr\u00fcnglichen Unwirksamkeit der Lage de? Bogens, rein und ungetr\u00fcbt ans Licht zu treten vermag; mit einem Worte, wir brauchen uns nur zu denken, dafs der Nerv, sobald irgend eine Strecke seiner L\u00e4nge von einem elektrischen Strome betroffen wird, abgesehen von seiner gew\u00f6hnlichen Stromentwickelung, sofort auf allen seinen Punkten anf\u00e4ngt elektromotorisch zu wirken in dem Sinne jenes erregenden Stromes selber: so haben wir f\u00fcr alle bisher beschriebenen Erscheinungen des elektrotonischen Zustandes eine befriedigende Ableitung gewonnen.\nF\u00fcr die neuen dergestalt unter dem Einfl\u00fcsse des erregenden Stromes hervortretenden elektromotorischen Kr\u00e4fte des Nerven b\u00fcfst, wie die Erfahrungen der f\u00fcnften Nummer lehren, der Gegensatz zwischen L\u00e4ngs- und Querschnitt seine Geltung ein; es verh\u00e4lt sich einfach jeder Punkt der Nervenl\u00e4nge negativ gegen jeden anderen in der Richtung des erregenden Stromes vor ihm gelegenen, positiv gegen jeden hinter ihm gelegenen. Die beiden Endquerschnitte selber stellen dabei nichts weiter vor, als die entferntesten Punkte des Nerven, deren jeder sich positiv oder negativ gegen alle \u00fcbrigen verh\u00e4lt, je nachdem sie in der Richtung des Stromes beziehlich aufw\u00e4rts oder abw\u00e4rts von ihm gelegen sind.\nDamit ist indessen nicht gesagt, dafs w\u00e4hrend des elektrotonischen Zustandes der Gegensatz zwischen L\u00e4ngs- und Querschnitt \u00fcberhaupt aufgeh\u00f6rt habe; er dauert vielmehr fort, und seine Wirkungen setzen sich zusammen mit denjenigen der Kr\u00e4fte, die ohne Bezug auf diesen Gegensatz, durch den erregenden Strom in dem Nerven hervorgerufen sind. Dafs dem so sei, l\u00e4fst sich schon dem Umstande entnehmen, dafs, je nach der Gr\u00f6fse des algebraisch zu summirenden Zuwachses, die, wie man sich erinnert, aufser durch die Entfernung von den Elektroden noch durch mehrere andere Umst\u00e4nde bestimmt wird, in der negativen Phase bald hlofse Abnahme des Stromes, bald Umkehr desselben beobachtet wird, dafs aber die letztere viel leichter erfolgt, wenn der urspr\u00fcngliche Strom von zweien Punkten des L\u00e4ngsschnittes, als wenn er von L\u00e4ngs- und Querschnitt zugleich abgeleitet wird. Noch unmittelbarer zeigt sich aber die Fortdauer des gew\u00f6hnlichen Nerven-stromes w\u00e4hrend des elektrotonischen Zustandes darin, dafs man, w\u00e4hrend die auf den B\u00e4uschen liegende Nervenh\u00e4lfte in der einen oder der anderen Phase durch einen nicht zu starken Strom begriffen ist, die urspr\u00fcngliche Curve der Stromst\u00e4rken noch daran zu unterscheiden vermag. Wenn man n\u00e4mlich mit den in best\u00e4ndigem Abstand gehaltenen B\u00e4uschen l\u00e4ngs dem Nerven nach seinem Endquerschnitt zu um gleiche","page":316},{"file":"p0317.txt","language":"de","ocr_de":"elektromotorischen Kr\u00e4fte des Nerven im elektrotonischen Zustande. 317\nGr\u00d6fsen herunterr\u00fcckt, so finden wachsende Ausschl\u00e4ge im Sinne des urspr\u00fcnglichen Nervenstromes statt, und endlich, wenn der Querschnitt selber ber\u00fchrt wird, ein die fr\u00fcheren bei weitem \u00fcbertreffender. Oeffnet man aber auf irgend einer Stufe dieses Vorganges den Kreis der erregenden Kette, w\u00e4hrend die Nadel in best\u00e4ndiger Ablenkung weilt, so stellt sich, je nachdem positive oder negative Phase herrschte, ein negativer oder positiver Ausschlag ein. Man wird demnach inne, dafs abendings w\u00e4hrend des elektrotonischen Zustandes die urspr\u00fcngliche Curve der Stromst\u00e4rken noch ihre Geltung beh\u00e4lt. Nur hat eine Vermehrung oder Verminderung des Stromes auf allen Punkten um eine nahezu best\u00e4ndige Gr\u00f6fse, die des Zuwachses n\u00e4mlich, stattgefunden.\nF\u00fcr nahezu best\u00e4ndig kann \u00fcbrigens diese Gr\u00f6fse nur ausgegeben werden, wenn es sich um kleine Unterschiede der Entfernung der abgeleiteten von der erregten Strecke handelt. Man erinnert sich, dafs, wie wir fanden (S. oben S. 306. 307), die Wirkungen beim Eintritt des elektrotonischen Zustandes um so gr\u00f6fser ausfielen, je n\u00e4her wir den stromzuf\u00fchrenden Platinenden am L\u00e4ngsschnitte mit den B\u00e4uschen r\u00fcckten. Es mufs also zur Beschreibung des durch den erregenden Strom in seiner eigenen Richtung gesetzten Zuwachses noch hinzugef\u00fcgt werden, dafs die Gr\u00f6fse desselben an einer bestimmten Stelle in einem umgekehrten Verh\u00e4ltnifs stehe zur Entfernung dieser Stelle von den Elektroden.\nDies alles vollends einleuchten zu machen, greifen wir abermals zur graphischen Darstellung. S. Fig. 105. Taf. III. Sei in hergebrachter Weise q'q, der Nerv, dessen Axe als Abscissenaxe benutzt wird, die Spannweite des Bogens q'l, y u0y, die urspr\u00fcngliche Curve der Stromst\u00e4rken. Nach der durch den Pfeil angezeigten Richtung des erregenden Stromes zwischen den Elektroden Z und P mufs die H\u00e4lfte <f0 des Nerven der positiven, die Oq, der negativen Phase anheimfallen. Oberhalb der Abscissenaxe sind also die Ordinaten aufzutragen, welche den Zuwachs des Stromes f\u00fcr jede m\u00f6gliche Stellung des Bogens dies-und jenseits der Elektroden vorstellen, d. h. den verm\u00f6ge der neuen elektromotorischen Kr\u00e4fte des Nerven im elektrotonischen Zustand gesetzten Unterschied der Spannungen der Enden des Bogens, dividirt durch den best\u00e4ndigen Widerstand des Multiplicatorkreises. Demnach ist z'a[0\\ZPzl etwa der Verlauf der Curve des Zuwachses; die gegen die Abscissenaxe convexe Gestalt der Aufsteigung glaube ich derselben mit ziemlicher Bestimmtheit zuschreiben zu d\u00fcrfen. Wie die Curve zwischen den Elektroden selber beschaffen sei, ist unbekannt; hievon wird \u00fcbrigens noch sp\u00e4ter gehandelt werden. ^\nSummiren wir nun f\u00fcr jeden Punkt der Abscisse algebraisch die","page":317},{"file":"p0318.txt","language":"de","ocr_de":"3 IS \u00ab?. Abschn. Kap. VU. \u00a7. 1. 7. Von der neuen Anordnung der\nOrdinate der urspr\u00fcnglichen Curve der Stromst\u00e4rken und die der Curve des Zuwachses, so erhalten wir die rechte, in der vorigen Nummer (Fig. 103) vergeblich gesuchte ver\u00e4nderte Curve der Stromst\u00e4rken an dem im elektrotonischen Zustande begriffenen Nerven. Es ist die Curve y'\\()]Z'P'ylr H\u00e4tte die Curve des Zuwachses zur Gleichung F= const., so sieht man ein, w\u00fcrde es sich um eine blofse Coordinatenverlegung um den best\u00e4ndigen Werth von F nach der Seite der positiven Ordi-naten handeln ; f\u00fcr die mittlere Stellung des Bogens (0) w\u00fcrde beim Schliefsen der erregenden Kette sich das reine Mafs der Verlegung kundgeben. Dieses einfache Verh\u00e4ltnifs wird getr\u00fcbt durch die verwickeltere Gleichung des Zuwachses. Betrachten wir jetzt die Reihe von Wirkungen, welche, beim Vorr\u00fccken von q nach Z, der Uebergang von der urspr\u00fcnglichen zur ver\u00e4nderten Curve der Stromst\u00e4rken in dem Mul-tiplicatorkreise hervorbringen mufs, so finden wir eine v\u00f6llige Ueber-einstimmung mit dem Gesetze der Ausschl\u00e4ge, die wir beim Eintritt des elektrotonischen Zustandes in der f\u00fcnften Nummer unter den entsprechenden Umst\u00e4nden wirklich beobachtet haben. Ich habe, wie in der Fig. 103, wo wir eine solche Uebereinstimmung so sehr vermifsten, den Fl\u00e4chenraum zwischen der urspr\u00fcnglichen und der ver\u00e4nderten Curve der Stromst\u00e4rken schraffirt, um das Gesetz der Differenzen-curve beider leichter zur Anschauung zu bringen. Diese Differenzen-curve verlangt n\u00e4mlich einfach, gerade wie es in der That der Fall war, dafs, ohne R\u00fccksicht auf Gr\u00f6fse und Richtung des vorhandenen urspr\u00fcnglichen Stromes, das Schliefsen der erregenden Kette einen Ausschlag hervorbringe, der eine Stromentwickelung in dem Nerven in der Richtung des erregenden Stromes anzeige, und dessen Gr\u00f6fse wachse, wie man mit der abgeleiteten Strecke der erregten n\u00e4her kommt. Die neue Curve der Stromst\u00e4rken endlich f\u00fcr die negative Phase der H\u00e4lfte q'O, die positive der H\u00e4lfte Qq, des Nerven habe ich, nebst der zugeh\u00f6rigen Curve des Zuwachses, beziehlich durch lang ausgezogene und kurze Punkte unterhalb der Abscissenaxe angedeutet.\nSomit haben wir das uns in dieser Nummer gestellte Ziel erreicht. Ehe wir weiter gehen, will ich noch zweier hiehergeh\u00f6riger Versuche gedenken, die zwar kein Ergebnifs geliefert haben, aber \u00fcber deren Ausgang doch vielleicht einer oder der andere Leser w\u00fcnschte unterrichtet zu sein, da sie allerdings, wenn sie mit Erfolg ausf\u00fchrbar w\u00e4ren, f\u00fcr die Best\u00e4tigung der obigen Theorie des elektrotonischen Zustandes von einiger Wichtigkeit sein w\u00fcrden. Beide laufen darauf hinaus, mit H\u00fclfe besonderer Kunstgriffe die Schwierigkeiten zu umgehen, die sich, bei dem oben S. 304 beschriebenen Verfahren und aus den daselbst aufgez\u00e4hlten Gr\u00fcnden, der Gr\u00f6fsevergleichung des Zu-","page":318},{"file":"p0319.txt","language":"de","ocr_de":"elektromotorischen Kr\u00e4fte des Nerven im elelUrotonischen Zustande. 319\nWachses bei Ableitung des urspr\u00fcnglichen Stromes von L\u00e4ngs- und von Querschnitt zugleich, und von verschiedenen Punkten des ersteren allein widersetzen.\nDer erste Versuch ist dieser. Anstatt den Ausschlag durch den positiven entweder oder den negativen Zuwachs abwechselnd hei der einen und der anderen Lage des Nerven zu beobachten, pr\u00fcft man abwechselnd hei ge\u00f6ffneter erregender Kette, bei positiver und bei negativer Phase die Gr\u00f6fse des Ausschlages, den man erh\u00e4lt, indem man einen dem Querschnitte benachbarten Punkt des L\u00e4ngsschnittes durch den Querschnitt selber ersetzt. Herrschte irgend eine Art von Proportionalit\u00e4t zwischen der St\u00e4rke des Zuwachses und derjenigen des urspr\u00fcnglichen Stromes, wie sie durch die Stellung des Bogens bedingt wird, so m\u00fcfste jener Ausschlag bei negativer Phase kleiner, hei positiver gr\u00f6fser ausfallen als hei offener erregender Kette. Man findet aber gar kein gesetzm\u00e4fsiges Ergebnifs der Art vor, sondern grofse und kleine Ausschl\u00e4ge kommen durcheinander zum Vorschein, gerade wie es auch bei \u00f6fterer Wiederholung des Versuches bei ge\u00f6ffneter erregender Kette der Fall ist.\nDer zweite Weg, den ich einschlug, beruht auf dem Verfahren der Compensation. Der Versuch ist Fig. 106. Taf. II dargestellt, und daraus wohl ohne weiteres verst\u00e4ndlich. Zw'ei Nerven eines und desselben Frosches gleichzeitig an der Wirbels\u00e4ule und der Kniekehle durchschnitten, der eine nicht mehr als der andere zur Erregung von Zuckungen veranlafst, liegen mit gleichnamigen Enden zusamraengewun-den auf einem und demselben Paare stromzuf\u00fchrender Platinenden auf. In einiger Entfernung von dem vorderen Platinende, wo die Spitze der dreieckten Glasplatte zu ihrer Unterst\u00fctzung aufgestcllt ist, gehen sie nach beiden B\u00e4uschen auseinander; der eine liegt mit Querschnitt, der andere in gleicher L\u00e4nge mit L\u00e4ngsschnitt auf. Das Zusammemvinden geschah, damit nicht durch irgend einen ungl\u00fccklichen Zufall, der die Nerven bis zum vorderen Platinende auseinandergerissen h\u00e4tte, der Multiplicatorkreis pl\u00f6tzlich zur Nebenschliefsung f\u00fcr den Strom der erregenden Kette w\u00fcrde. Es war nun, beim Schliefsen des Multiplicatorkreises, ein Strom in dem Sinne des mit Querschnitt aufliegenden Nerven vorhanden, welcher n\u00e4mlich die Oberhand hatte \u00fcber den entgegengesetzt gerichteten Strom zwischen den abgeleiteten Punkten des L\u00e4ngsschnittes des anderen Nerven. Ist die in dieser Nummer entwickelte Vorstellungsweise vom elektrotonischen Zustande die richtige, so mufs, heim Schliefsen der erregenden Kette, die Nadel unverr\u00fcckt in der best\u00e4ndigen Ablenkung verharren, in welcher der mit Querschnitt aufliegende Nerv sie h\u00e4lt; denn beide Str\u00f6me erhalten einen gleichen","page":319},{"file":"p0320.txt","language":"de","ocr_de":"320\t5. Abschn. Kap. VII. \u00a7. I. 8. Physikalische Theorie\nund entgegengesetzten Zuwachs. Herrscht hingegen eine Art von Proportionalit\u00e4t zwischen der St\u00e4rke des Zuwachses und der des urspr\u00fcnglichen Stromes, wie sic durch die Stellung des Bogens bestimmt wird, so mufs ein Ausschlag erfolgen in dem Sinne des mit Querschnitt aufliegenden Nerven, d. h. also des bereits vorhandenen Stromes.\nSo treffend die Frage gestellt zu sein schien, so ganz unbrauchbar war die Antwort. Es zeigte sich n\u00e4mlich, dafs unter allen Umst\u00e4nden der eine Nerv die Oberhand hatte und sie trotz allen erdenklichen Ab\u00e4nderungen in der beiderseitigen Lage und L\u00e4nge der Nerven behielt. Dieses Ergebnifs r\u00fchrte wohl von nichts her als von einer verschiedenen Empf\u00e4nglichkeit der beiden Nerven f\u00fcr den elektrotoni-schen Zustand, die man auch sonst vielfach Gelegenheit hat zu beobachten.\n8. Theorie des elektrotonischen Zustandes der Nerven.\nDie Ueberlegenheit der Ansicht vom elektrotonischen Zustande der Nerven, welche in der vorigen Nummer dargelegt worden ist, \u00fcber die fr\u00fcher entwickelten, ja die ausschliefsliche Richtigkeit jener liegt wohl hinl\u00e4nglich am Tage. Ich brauche wohl nicht zu erinnern, welcher Fortschritt darin begr\u00fcndet ist, dafs wir fortan nicht mehr noting haben, in der positiven und der negativen Phase zwei verschiedene Vorg\u00e4nge auseinanderzuhalten, welche an verschiedenen Punkten des Nerven, je nach ihrer Lage zum elektromotorischen Aequator, Platz greifen ; sondern dafs es uns statt dessen verg\u00f6nnt ist, in der Zu- und Abnahme bis Umkehr des Stromes der einen und der anderen Nervenh\u00e4lfte die Folge eines und desselben \u00fcberall, vor, wie hinter dem erregenden Strome gleichbeschaffenen Vorganges anzuerkennen. Wie erfreulich uns aber auch diese Einsicht bereits scheinen mag, wir d\u00fcrfen uns kaum verhehlen, dafs die Voraussetzung, welche ihr zu Grunde liegt, immer noch ein h\u00f6chst abentheuerliches Gepr\u00e4ge f\u00fchrt; dafs, indem wir sagen, der Nerv werde unter dem Einfl\u00fcsse des erregenden Stromes auf allen Punkten seiner L\u00e4nge elektromotorisch wirksam in der Richtung dieses Stromes, wir letzterem eine Wirkungsweise zuschreiben, zu der in dein ganzen \u00fcbrigen Gebiete der Elektricit\u00e4t kein Seitenst\u00fcck zu finden sein m\u00f6chte, und bei der man sich auch, so scheint es auf den ersten Blick, in keiner Art etwas rechtes vorstellen kann. Nichtsdestoweniger findet sich, bei etwas n\u00e4herer Betrachtung, dafs diese Sorge voreilig war. Es zeigt sich ganz im Gegentheil und zu nicht geringer Ueberraschung, dafs die dem Strome zur Erzeugung des elektrotonischen Zustandes der Nerven beigemessene Art der Th\u00e4tigkeit","page":320},{"file":"p0321.txt","language":"de","ocr_de":"des eleJclrotonischen Zustandes der Nerven.\n321\nsich ankn\u00fcpfen l\u00e4fst an eine der wohlbegr\u00fcndetesten Vorstellungsweisen der Elektrochemie, so dafs sie mit einigem Nachdenken sogar h\u00e4tte im Voraus verk\u00fcndigt werden k\u00f6nnen; und dafs gerade hier das seltene Gl\u00fcck unserer gewartet hat, eine der wichtigsten thierisch - elektrischen Erscheinungen bis in ihren Molecularmcchanismus mit fast zweifellos sicherem Verst\u00e4ndnisse zu durchdringen.\nZuv\u00f6rderst sei die Bemerkung gemacht, dafs die Anordnung der neuen elektromotorischen Kr\u00e4fte, die wir im elektrotonischen Zustande wirksam werden sehen, wie wir sie in der vorigen Nummer aufgefafst haben, zu vergleichen ist derjenigen an einer unter Wasser getauchten oder \u00fcberall mit einer Schicht feuchten Leiters bekleideten S\u00e4ule. Um einen Leiter herzustellen, der, wie der Nerv im elektrotonischen Zustande, die Eigenschaft besitzt, dafs jeder seiner Punkte elektromotorisch in einer und derselben Richtung zu wirken scheint, oder dafs jeder sich positiv verh\u00e4lt zu allen nach einer Richtung hinter ihm, negativ zu allen vor ihm gelegenen Punkten, ist es n\u00f6thig und zureichend, sich denselben erf\u00fcllt zu denken mit ungleichartigen Bestand-theilen, welche nach dem Bilde der S\u00e4ule aufgereiht sind: die positiven Elemente nach der Seite gekehrt, wohin der Strom in der S\u00e4ule flies-sen soll, die negativen damit in wirksamer Ber\u00fchrung stehenden nach jener, von welcher er zur\u00fcckkehren mufs. Es kommt also die Frage nach dem Wesen des elektrotonischen Zustandes im Grunde zur\u00fcck auf diese, wie der erregende Strom verm\u00f6ge, in dem Nerven ungleichartige Bestandtheile, gleich den einzelnen Gliedern einer S\u00e4ule, pl\u00f6tzlich und stets in seiner eigenen Richtung ins Dasein oder wenigstens in Th\u00e4tig-keit zu rufen.\nMan erspart mir wohl die Aufz\u00e4hlung der Gr\u00fcnde, weshalb hier nicht zu denken sei an grobe \u00e4ufsere Ungleichartigkeiten, die durch den Strom erzeugt w\u00fcrden und sich mit abnehmender St\u00e4rke dem Nerven entlang verbreiteten, als da w\u00e4ren die auf den Platinenden ausgeschiedenen Zersetzungsstoffe, welche an ihnen selber die Ladungen bedingen u. d. m. Alle dergleichen Muthmafsungen fallen unbedingt zusammen vor den oben S. 296 bereits geltend gemachten Thatsachen, dafs die Gr\u00f6fse der durch den elektrotonischen Zustand bedingten Wirkungen im h\u00f6chsten Mafse abh\u00e4ngig ist von der Leistungsf\u00e4higkeit des Nerven, dafs Durchschneidung und Unterbindung die Fortpflanzung des Zustandes hemmen, dafs nur die Nerven diesen Zustand zeigen, nicht auch andere feuchte Leiter von \u00e4hnlichen MafsVerh\u00e4ltnissen und cigenth\u00fcmlichem Widerst\u00e4nde u. d. m. Dazu kommt, dafs, wie eine sp\u00e4tere Folge uns zeigen wird, der elektrotonische Zustand meist mit einer sehr grofsen Geschwindigkeit hereinzubrechen scheint, und mit ebensogrofser^Schnelligkeit der Zull.\t21","page":321},{"file":"p0322.txt","language":"de","ocr_de":"322\t3. Abschn. Kap. VU. \u00a7. 1. 8. Physikalische Theorie\nwachs in demselben sein Zeichen wechselt,1 so dafs von Fortbewegung endlicher Massen durch endliche R\u00e4ume hier die Rede nicht sein kann.\nDiese Umst\u00e4nde iin Verein mit der Analogie der \u00fcbrigen thierisch-elektrischen Erscheinungen zwingen uns vielmehr, behufs der Erkl\u00e4rung des Zuwachses unsere Zuflucht abermals zu elektromotorisch wirkenden kleinsten Theilen im Nerven zu nehmen. Elektromotorische Molekeln, deren Anordnung das Bild der S\u00e4ule gew\u00e4hren soll, m\u00fcssen, einem mit seinen Fl\u00e4chen zusammengel\u00f6theten Plattenpaare vergleichbar, einen positiven und einen negativen Pol besitzen; sie m\u00fcssen so angeordnet sein, dafs ihre von Pol zu Pol gedachten Axen s\u00e4mmtlich einander und der Axe der Nervenr\u00f6hren parallel, und ihre gleichnamigen Pole s\u00e4mmtlich nach einer und derselben Seite gekehrt seien. So beschaffene Molekeln, mit einem Worte, \u00bbdipolar elektromotorische Molekeln\u00ab (S. oben Bd. I. S. 683) haben wir uns mithin, zur Erkl\u00e4rung des Zuwachses, in den Nerven zu denken.\nDafs die dipolaren Molekeln erst durch die Gegenwart des erregenden Stromes entstehen; dafs sie erst durch diesen ihre elektromotorischen Eigenschaften erlangen sollten: beides ist gleich undenkbar. Wir bed\u00fcrfen also einer ferneren Voraussetzung, um ihre Nichtwirksamkeit au\u00dferhalb des elektrotonischen Zustandes zu rechtfertigen. Diese Voraussetzung liegt auf der Hand. Sie kann keine andere sein, als dafs die dipolaren Molekeln alsdann eine Lage haben, in welcher sie keine f\u00fchlbare Wirkung nach aufsen zu richten verm\u00f6gen; dafs die Wirkung des erregenden Stromes aber darauf zur\u00fcckkommt, diese Molekeln nach dem Bilde der S\u00e4ule zu ordnen, s\u00e4ulenartig zu polarisiren.\nArten der Anordnung, bei welchen dipolar elektromotorische Molekeln keine Wirkung nach aufsen zu erzeugen verm\u00f6gen, giebt es mancherlei. Z. B. ein mit einer Unendlichkeit nach unendlich viel verschiedenen Richtungen gekehrter Molekeln angef\u00fcllter feuchter Leiter w\u00fcrde, bei Ber\u00fchrung mit den Enden des Multiplicators, keinen Strom von sich geben. Aber wir brauchen uns nicht zu verirren in dieses neue Feld von Vermuthungen; wir haben in n\u00e4chster N\u00e4he eine Vor-stcllungsweise, so einfach und einleuchtend, so in sich selber gerundet und doch so nat\u00fcrlich in Verbindung mit den \u00fcbrigen Thatsachen der Stromesfortpflanzung in feuchten Leitern, dafs ich, so k\u00fchn dies scheinen mag, keinen Anstand nehme, sie schon jetzt f\u00fcr die rechte und nicht zu bezweifelnde Theorie des elektrotonischen Zustandes auszugehen.\nDie verschiedensten Ab\u00e4nderungen der durch v. Grotthuss zuerst ausgesprochenen Theorie der Zersetzung durch den Strom (S. oben\n1 S. unten, \u00a7. iv. 1. \u00a7. vu. 4.","page":322},{"file":"p0323.txt","language":"de","ocr_de":"des elektrolonischen Zustandes der Nerven.\n323\nBd. I. S. 236) kommen darin \u00fcberein, dafs in der zwischen den Elektroden begriffenen Strecke des Leiters zweiter Klasse die aus einem elektropositiven und einem elektronegativen Bestandteile zusammengesetzten kleinsten Theile desselben vor Allem eine solche gemeinsame Stellung annehmen, dafs sie s\u00e4mmtlich mit der ihre Pole verbindenden Axe der Richtung des Stromes und einander parallel angeordnet, mit ihren positiven Polen dabei dem negativen Pol der S\u00e4ule, mit ihrem negativen hingegen dem positiven zugewandt seien.\nWir nehmen in den Nerven Erscheinungen wahr, welche uns zu der Annahme zwingen, es befinden sich in denselben kleinste Theile, welche nach gewissen Richtungen positiv, nach anderen negativ elektromotorisch wirken. Schwerlich k\u00f6nnen dergleichen Theile anders gedacht werden, als an den Stellen, von denen der Strom ausgeht, von elektropositiver Natur, an denjenigen, zu welchen er einkehrt, dagegen von elektronegativer Beschaffenheit.\nLassen wir einen Strom auf den Nerven einwirken, so ist demnach aller Analogie nach klar, dafs die positiv elektromotorisch wirkenden, elektropositiven Bestandteile der peripolar elektromotorischen Molekeln streben werden, sich der negativen Elektrode zuzukehren. Andererseits die negativ elektromotorischen, elektronegativen Bestandteile derselben werden suchen, sich der positiven Elektrode zuzuwenden.\nMan erinnert sich wohl aus den Ergebnissen des dritten Kapitels dieser Untersuchung, dafs die n\u00e4heren Eigenschaften der peripolar elektromotorischen Molekeln ganz unbestimmt bleiben mufsten. Alle die unz\u00e4hligen erdenkbaren Zusammenstellungen ungleichartiger Bestandteile, welche, abgesehen von den mannigfaltigsten sonstigen Abweichungen, nur die Bedingung erf\u00fcllen, zwei negative Polarzonen und eine positive Aequatorialzone zu besitzen; alle diese Combinationen sind in gleichem Mafse f\u00e4hig, nach dem urspr\u00fcnglichen Wirkungsgesetze der tierischen Erreger elektromotorisch t\u00e4tig zu sein, und haben also s\u00e4mmtlich bis auf weiteres v\u00f6llig gleiche Berechtigung (S. oben Bd. I. S. 680). Es steht uns somit auch v\u00f6llig frei, wenn wir dessen zur Erkl\u00e4rung eines ferneren Umstandes bed\u00fcrfen, uns die peripolar elektromotorischen Molekeln zusammengesetzt vorzustellen aus dipolar elektromotorischen Molekeln, welche so aneinandergef\u00fcgt sind, dafs die positiven Pole die positive Aequatorialzone, die negativen die beiden negativen Polarzonen abgeben; was immer noch auf unz\u00e4hlige verschiedene Arten denkbar ist, wovon die einfachste allerdings die Fig. 107 A. Taf. III sichtbare sein w\u00fcrde. Die dunklen Zonen stellen in Uebereinstimmung mit Fig. 72. Taf. VI. Bd. I, und wie es die hinzugef\u00fcgten Minuszeichen andeuten, die elektronegativen Bestandtheile der elektromotorischen Molekeln vor;\n21'","page":323},{"file":"p0324.txt","language":"de","ocr_de":"324\t3. Abschn. Kap. VII. \u00a7\u25a0 /. 8. Physikalische Theorie\ndie hellen, den beigesetzten Pluszeichen entsprechend, die elektropositi-ven Bestandteile, der schraffirte Grund unwirksamen feuchten Leiter. Man k\u00f6nnte fragen, weshalb denn, in der Figur, die positiven Pole je zweier dipolaren Molekeln, welche zusammen eine peripolare Gruppe bilden, aneinander stofsend gezeichnet sind, da doch durch ihre Entfernung von einander die Verteilung der Spannungen in der Masse des unwirksamen feuchten Leiters nicht wesentlich ver\u00e4ndert werden w\u00fcrde. Es w\u00fcrde vielmehr, damit Str\u00f6me nach dem urspr\u00fcnglichen Wirkungsgesetze der tierischen Erreger erfolgten, nur n\u00f6tig sein, dafs die letzte Schicht dipolarer Molekeln an jedem Endquerschnitt ihren negativen Pol nach aufsen gerichtet h\u00e4tte. Allein es ist zu erwiedern, dafs wir der Annahme einer engeren Beziehung zwischen je zwei zusammen eine peripolare Gruppe bildenden dipolaren Molekeln bed\u00fcrfen, um begreiflich zu machen, wie es komme, dafs, wo wir auch einen Querschnitt an Muskel oder Nerv anlegen, der Querschnitt sich stets negativ darstellt.\nWie dem auch sei, man sieht leicht, was in der vom Strom unmittelbar betroflenen Strecke des Nerven, der von uns so genannten erregten Strecke selber, wird stattfinden k\u00f6nnen, ja aller Nothwendig-keit nach wird der Fall sein m\u00fcssen, sobald die Zersetzbarkeit der peripolar elektromotorischen Gruppen dipolarer Molekeln durch den Strom zugelassen wird. Die Elektrolyse dieser Gruppen beginnt damit, dafs sie in die dipolaren Molekeln zerfallen, und dafs diese s\u00e4mmtlich ihre positiven Pole der negativen, ihre negativen der positiven Elektrode zukehren. Die Anordnung Fig. 107 A wird sich z. B., wenn der Strom die durch den Pfeil bezeichnete Richtung hat, verwandeln in die Fig. 107 B. Dazu ist nichts weiter noting, als dafs von je zwei dipolaren Molekeln, die eine peripolare Gruppe zusammensetzen, diejenige mit ihrer Axe einen Bogen von 180\u00b0 beschreibt, welche die falsche Lage inne hat, w\u00e4hrend die andere ruhig in der Stellung verharren darf, die sie bereits einnimmt. War die Richtung des Stromes die umgekehrte, so trifft dies Loos die ersterw\u00e4hnten Molekeln, und die letztbezeichneten m\u00fcssen Kehrt machen; wird die Richtung des Stromes pl\u00f6tzlich verkehrt, so m\u00fcssen die Axen s\u00e4mmtlicher Molekeln sofort einen Halbkreis beschreiben u. s. w.\nIn dem Augenblick aber, wo die Anordnung A Fig. 107 sich in die Anordnung B verwandelt hat, haben auch die Molekelgruppen aufgeh\u00f6rt, elektromotorisch zu wirken nach dem urspr\u00fcnglichen Wirkungsgesetze der thierischen Erreger; sie haben begonnen, nach dem Bilde der S\u00e4ule th\u00e4tig zu sein, und zwar in der n\u00e4mlichen Richtung, in welcher der Strom verl\u00e4uft, der die s\u00e4ulenartige Polarisation hervorrief.","page":324},{"file":"p0325.txt","language":"de","ocr_de":"des elelctrotonischen Zustandes der Nerven,\n325\nEs wird daher, sobald nur die Elektrolysirbarkeit der peripolar elektromotorischen Gruppen dipolarer Molekeln im Nerven zugestanden wird, zwischen den Elektroden wenigstens mit aller Nothwendigkeit genau die Ab\u00e4nderung der elektromotorischen Wirkungsweise des thie-rischen Erregers eintreten, die wir aufserhalb der Elektroden beobachtet und als elektrotonischen Zustand des Nerven bezeichnet haben, und wir bed\u00fcrfen, um die Erscheinungen dieses Zustandes zu erkl\u00e4ren, nur der Voraussetzung, dafs die n\u00e4mliche s\u00e4ulenartige Polarisation, welche zwischen den Elektroden das Werk des erregenden Stromes ist, sich beiderseits auch \u00fcber die Elektroden hinaus auf die nicht unmittelbar vom Strome betroffenen Nervenstrecken fortpllanzt. Alsdann wird jeder Punkt des Nerven scheinen, im Augenblick des Schliefsens der erregenden Kette elektromotorisch zu wirken stets in dem Sinne des erregen^ den Stromes ; er wird sich negativ verhalten gegen alle in der Richtung jenes Stromes vor ihm, positiv gegen alle in demselben Bez\u00fcge hinter ihm gelegenen Punkte der Nervenl\u00e4nge.\nEs tritt jedoch noch eine Bestimmung hinzu. Wir haben gesehen, dafs das urspr\u00fcngliche Wirkungsgesetz der thierischen Erreger w\u00e4hrend des elektrotonischen Zustandes seine Geltung nicht verliert, sondern dafs cs selber und das Gesetz der S\u00e4ule sich gleichsam in dem Nerven durchdringen. Wir haben aber ferner erkannt, dafs die Erscheinungen jenes Zustandes sich auch nicht v\u00f6llig darstellcn lassen durch eine blofse Coordinatenverlegung der urspr\u00fcnglichen Curve der Stromst\u00e4rken in der Richtung der Ordinatcnaxe, je nach der Richtung des erregenden Stromes nach oben oder nach unten von der Abscissenaxe; sondern dafs die Gr\u00f6fse des Zuwachses selber oder die St\u00e4rke der s\u00e4ulenartigen Polarisation auf jedem Punkte der Nervenl\u00e4nge noch dergestalt von der Abscisse abh\u00e4ngig sei, dafs sie in einem umgekehrten Verh\u00e4ltnifs zur Entfernung des gerade betrachteten Punktes von den Elektroden stehe. Um auch noch diese Umst\u00e4nde unserer Theorie des elektrotonischen Zustandes einzuverleiben, stehen uns, so viel ich sehe, zwei Wege offen. Entweder wir stellen uns vor, was jedoch nur wenig innere Wahrscheinlichkeit hat, dafs die s\u00e4ulenartige Polarisation sich zwischen den Elektroden nur auf eine gewisse Anzahl aller in einem Querschnitte des Nerven befindlichen peripolaren Gruppen erstreckt, und dafs diese Anzahl aufserhalb der Elektroden in raschem Mafs abnimmt. Oder besser wir denken uns, dafs die Polarisation eine mehr oder weniger vollkommene sein kann in dem Sinne, dafs die in Bezug auf die Richtung des Stromes verkehrt liegenden dipolaren Molekeln, anstatt mit ihren Axen einen Halbkreis zu beschreiben, nur eine mittlere Lage einnehmen zwischen derjenigen, die ihnen verm\u00f6ge der Richtkraft des Stromes zu-","page":325},{"file":"p0326.txt","language":"de","ocr_de":"326\n3. Abschi. Kap. VII. \u00a7. 1. 8. Physikalische Theorie\nkommt, und derjenigen, die ihnen die Kr\u00e4fte im Nerven selber zu er-theilen streben, welche die Ursache der peripolaren Anordnung enthalten, und augenblicklich ihre Herrschaft wieder geltend machen, sobald der Strom gewichen ist; diese mittlere Lage w\u00fcrde sich um so mehr der urspr\u00fcnglichen durch die peripolare Anordnung gegebenen n\u00e4hern, je weiter der betrachtete Querschnitt des Nerven von der erregten Strecke entfernt ist. Auch die Lage der Molekeln, welche in Bezug auf die Richtung des Stromes die richtige Stellung haben, wird dabei eine Aenderung erleiden. Indessen wollen wir uns auf eine weitere Verfolgung dieser Muthmafsungen wenigstens an dieser Stelle nicht einlassen.\nDer Umstand, dafs sich die s\u00e4ulenartige Polarisation \u00fcber die unmittelbar vom Strome betroffene Strecke hinaus mit abnehmender St\u00e4rke fortpflanzen soll, steht \u00fcbrigens nicht ganz vereinzelt da im Gebiete der Polarisationserscheinungen, d. h. der Vorg\u00e4nge, die wir auf Anordnung kleinster Kr\u00e4ftetr\u00e4ger nach einem bestimmten Gesetze zur\u00fcckzuf\u00fchren gewohnt sind (S. oben Bd. I. S. 418), In der That zeigt sich uns an den Elektromagneten ein ganz \u00e4hnliches Verhalten. Wird auf einen weichen Eisenstab eiue vergleichweise kurze stromf\u00fchrende Rolle aufgeschoben, so erscheint der Stab seiner ganzen L\u00e4nge nach polari-sirt, jedoch bei zunehmender Entfernung von der Rolle mit abnehmender St\u00e4rke, gerade wie wir es von den Nerven festgestellt haben. Zwischen beiden Vorg\u00e4ngen findet allerdings der wesentliche Unterschied statt, dafs bei den Nerven weder die Wirkung des Stromes noch die eines jeden polarisirten Querschnittes sich in die Ferne erstreckt, daher die Unterbindung und Durchschneidung die Fortpflanzung des elektro-tonischen Zustandes hemmen; dagegen bei den Elektromagneten reicht sowohl die Kraft der Rolle in\u2019s Weite als auch die jeder unendlich d\u00fcnnen Scheibe des weichen Eisenstabes. Indessen scheint dies die Treue des angestellten Vergleiches nur wenig zu beeintr\u00e4chtigen, der daher auch noch \u00f6fter wiederkcliren wird.\nHaben wir schon Bedenken getragen, uns tiefer einzulassen auf die Zergliederung der Art und Weise, wie die dipolare Anordnung auf Kosten der peripolaren mehr oder minder vollkommen verwirklicht werden mag, so k\u00f6nnen wir begreiflich noch weniger uns befassen mit der Erw\u00e4gung, welche Ver\u00e4nderung m\u00f6glicherweise die nach dem urspr\u00fcnglichen Wirkungsgesetze auf jedem Punkte der Nervenl\u00e4nge th\u00e4tigen Kr\u00e4fte durch die dipolare Anordnung erleiden. Es scheint kaum anders m\u00f6glich, als dafs wirklich der elektrotonische Zustand begleitet sein m\u00fcsse von einer Verzerrung der urspr\u00fcnglichen Curve der Stromst\u00e4rken; und die so verzerrte Curve w\u00fcrde es erst sein, zu deren Ordinaten","page":326},{"file":"p0327.txt","language":"de","ocr_de":"des eleJctrotonischen Zustandes der Nerven.\n327\nauf jedem Punkte die entsprechenden Ordinaten der Curve des Zuwachses algebraisch summirt werden m\u00fcssen, um die wahrhafte neue Curve der Stromst\u00e4rken w\u00e4hrend des elektrotonischen Zustandes zu erhalten. Wir haben diese Verzerrung in unsern bisherigen Betrachtungen aufser Acht gelassen und werden auch ferner so verfahren, aus dem Grunde, dafs, wie die Folge lehren wird, dieselbe jedenfalls so klein ist, dafs sie, bei der geringen f\u00fcr uns erreichbaren Genauigkeit in Betracht zu kommen verdient weder neben dem urspr\u00fcnglichen Strome selber, noch neben dem Zuwachse, noch endlich neben einer anderen Bewegungserscheinung des Nervenstromes, welche kennen zu lernen uns noch bevorsteht und mit der sie, hei hinl\u00e4nglicher Gr\u00f6fse, gleichfalls in Beziehung gerathen w\u00fcrde1 *.\nEs ist oben S. 299. 300 bereits bemerkt worden und wird sp\u00e4ter noch genauer er\u00f6rtert werden, dafs unter Umst\u00e4nden die Gr\u00f6fse des Zuwachses die des urspr\u00fcnglichen Stromes selber zu \u00fcbertrefifen verm\u00f6ge. Dies k\u00f6nnte den Zweifel erregen, ob die Kr\u00e4fte, welche sich im Zuwachse nach dem Gesetze der S\u00e4ule th\u00e4tig zeigen, auch wirklich die n\u00e4mlichen sind, die den urspr\u00fcnglichen Strom hervorbringen. Das Bedenken f\u00e4llt, wenn man erw\u00e4gt, dafs die s\u00e4ulenartige Anordnung von Kr\u00e4ften eine weit g\u00fcnstigere ist zur Erzeugung nach Aufsen gerichteter Stromeswirkungen, als die peripolare. Wir haben es in beiden F\u00e4llen mit ganz anderen Resultanten der n\u00e4mlichen Componenten zu thun.\nEs w\u00fcrde nat\u00fcrlich sehr sch\u00e4tzbar sein, wenn es uns gel\u00e4nge, die s\u00e4ulenartige Polarisation der dipolar elektromotorischen Nervenmolekeln durch den Strom auch zwischen den Elektroden nachzuweisen, und dadurch die Curve des Zuwachses auch an dieser Stelle erfahrungs-m\u00e4fsig zu erg\u00e4nzen (S. oben S. 317). Leider habe ich keinen Weg ausfindig machen k\u00f6nnen, um diesen Zweck zu erreichen. Der zwischen den Elektroden ohne allen Zweifel gleichfalls vorhandene Zuwachs kann sich durch nichts anderes kundgehen, als durch eine Vermehrung der St\u00e4rke des erregenden Stromes. Wir werden in der Folge ermitteln, dafs der Zuwachs bis zu einer Grenze, die in genaueren Versuchen nie \u00fcberschritten werden darf, der St\u00e4rke des erregenden Stromes einfach proportional ist3. Es wird also die Erh\u00f6hung dieser St\u00e4rke, welche der Zuwachs zwichen den Elektroden bedingt, auch stets dieser St\u00e4rke selber proportional sein. Die Aufgabe l\u00e4uft also darauf hinaus, auf allen Punkten einer Strecke eines Kreises, in welchem eine elektromotorische Kraft wirksam ist, eine stets gleichgerichtete und dabei\n1 S. unlen, \u00a7. iv. 4 (n).\n1 S. unten, \u00a7 iv. 2 (n).","page":327},{"file":"p0328.txt","language":"de","ocr_de":"32S\n3. Abschn. Kap. VII. \u00a7. 1. S. Physikalische Theorie\nstets der crsteren proportionale elektromotorische Kraft nachzuweisen. Es fehlt nun aber an jedem Mittel, die Wirkung einer solchen Kraft zu unterscheiden von der Wirkung einer Verminderung des Widerstandes der Strecke, welche der Sitz der Kraft ist, und die Wirkung des Zuwachses zwischen den Elektroden wird sich also stets darauf beschr\u00e4nken, den Widerstand der Nerven kleiner erscheinen zu lassen, als er in Wirklichkeit ist; gerade wie, ohne Hinzunahme anderweitiger That-sachen und Betrachtungen, die Schw\u00e4chung einer Kette durch die Polarisation der Elektroden auf Rechnung ebensowohl eines Uebergangswider-standes als einer elektromotorischen Gegenkraft gebracht werden kann.\nEs w\u00fcrde demnach nichts \u00fcbrig bleiben, als die Pr\u00fcfung in der Weise anzustellen, dafs man untersucht, ob ein bereits abgeslorbener Nerv einen gr\u00f6fseren Widerstand biete, als scheinbar ein solcher, der noch im Besitze seiner Lebenseigenschaften verharrt. Doch d\u00fcrfte es bei diesem Verfahren aufserordentlich schwierig, ja unm\u00f6glich sein, zu der Sicherheit zu gelangen, dafs die gr\u00f6fsere Schw\u00e4che des Stromes in dem ersteren Falle in der That von nichts anderem herr\u00fchrte, als von dem Erl\u00f6schen der elektromotorischen Wirksamkeit des Nerven. Keinenfalls glaube ich, dafs Longet und Guerard\u2019s oben S. 233. Anm, 2 erw\u00e4hnte Beobachtung hiemit in Verbindung zu bringen sei, und ebensowenig m\u00f6chte wohl Matteucci\u2019s oben S. 245. Anm. 2 mit-gethcilte Wahrnehmung darauf zu beziehen sein, da, wie sich bereits aus der bisherigen Darstellung ergiebt und in der Folge ausf\u00fchrlich er\u00f6rtert werden soll, die St\u00e4rke der s\u00e4ulenartigen Polarisation von der Richtung des Stromes im Nerven in Bezug auf Ursprung und Ausbreitung unabh\u00e4ngig erscheint.\nWir werden uns \u00fcbrigens sp\u00e4ter in Stand gesetzt sehen, \u00fcber den Verlauf der Curve des Zuwachses zwischen den Elektroden eine wohlbegr\u00fcndete Vermuthung hinzustellen. 1\nAuf diese Andeutungen hinsichtlich der Theorie des elektrotoni-schen Zustandes wollen wir uns, bis auf weiteres, beschr\u00e4nken. Dar\u00fcber, dafs damit im Allgemeinen das Rechte getroffen sei, wird wohl schwerlich ein Zweifel obwalten. Von hier ab aber die verschiedenen Punkte noch tiefer in\u2019s Einzelne zu verfolgen, scheint bei dem g\u00e4nzlichen Mangel an ferneren Fingerzeigen vor der Hand wenig rathsam. Gewifs ist es an dieser Stelle leicht, eine Unzahl der wichtigsten und, wenn sie nur zu beantworten w\u00e4ren, fruchtbringendsten Fragen aufzuwerfen ; es liegt nicht fern, sich zu erkundigen, was denn wohl die weitere Folge der s\u00e4ulenartigen Anordnung der ungleichartigen Bestandtheile des Nerven\nS. unten, \u00a7. n. 3. 8.","page":328},{"file":"p0329.txt","language":"de","ocr_de":"des eleMro tonisch en Zustandes der Nerven,\t329\nsein mag; ob nicht zwischen den Elektroden wenigstens dadurch eine wirkliche Zersetzung eingeleitet werde, was den verderblichen Einflufs des Stromes auf die elektromotorische Leistungsf\u00e4higkeit des Nerven erkl\u00e4ren w\u00fcrde, w\u00e4hrend aufserhalb der Elektroden der Vorgang vielleicht auf der Stufe der dipolaren Anordnung stehen bleibt u. d. m. Aber eben so nahe liegen wohl die Gr\u00fcnde, weshalb wir es vermeiden, weiter in die sich hier \u00f6ffnende Unbegrenztheit der Vermuthungen hinauszusteuern, vielmehr es vorziehen, uns allm\u00e4lig wieder der einzig sicheren K\u00fcste der Erfahrung zu n\u00e4hern. Was die Betrachtungen hinsichtlich der physiologischen Bedeutung des elektrotonischen Zustandes betrifft, seines augenscheinlichen Zusammenhanges mit den Erscheinungen galvanischer Reizung, auf den sich auch der Name bezieht, mit welchem wir ihn belegt haben (Vergl. bereits oben Bd. I. S. 302), so sparen wir sie theils f\u00fcr den dritten Paragraphen dieses Kapitels, theils, wie bisher alle \u00e4hnlichen, f\u00fcr den vierten Abschnitt des Werkes auf, der den Bestrebungen dieser Art ausschliefslich gewidmet sein soll.\n9. Untersuchung anderer feuchten Leiter, insbesondere der Muskeln, auf einen elektrotonischen Zustand gleich dem\nder Nerven.\nEhe wir in der Erforschung des elektrotonischen Zustandes der Nerven weiter gehen, sei hier noch bemerkt, dafs derselbe in der That den Nerven allein angeh\u00f6rt. Wir entnehmen dies weniger daraus, dafs bis jetzt an keinem Orte eine \u00e4hnliche Erscheinung verzeichnet steht; denn selten hat man sich wohl eines so empfindlichen Rheoskopes bedient wie wir und nie d\u00fcrfte man sich in die besondere zur Beobachtung geeignete Lage begeben haben. Sondern unsere eigenen, oben S. 45. 295 beschriebenen Versuche k\u00f6nnen uns in diesem Sinne mafs-gebend sein, wobei wir mit destillirtem Wasser, Speichel, Eiweifs u. d. m. getr\u00e4nkte Zwirnsf\u00e4den von den Mafsverh\u00e4ltnissen eines Nerven statt dieses auf die B\u00e4usche und stromzuf\u00fchrenden Platinenden auflegten, um uns zu \u00fcberzeugen, dafs durch dieselben von dem Strome einer sechsglie-derigen GROVE'schen S\u00e4ule keine Spur in den Multiplicatorkreis \u00fcbergeht. Ich habe es aber f\u00fcr zweckm\u00e4fsig erachtet, diese Pr\u00fcfung noch auf mehrere feuchte Leiter, zum Thcil von hervorstechenden Eigenschaften, auszudehnen. Ich nahm ges\u00e4ttigte Kochsalz- uud Jodkalium-, k\u00e4ufliche Kalihydratl\u00f6sung, englische Schwefels\u00e4ure zu destillirtem Wasser wie 1 : 4 dem Volum nach, und rauchende Salpeters\u00e4ure. Die B\u00e4usche waren dabei, um dauernde Verunreinigung derselben zu verh\u00fcten, mit kleinen H\u00fclfsb\u00e4uschen versehen, die f\u00fcr jede Fl\u00fcssigkeit erneuert wurden.","page":329},{"file":"p0330.txt","language":"de","ocr_de":"330\t3. Abschn. Kap. VII. \u00a7. 1. 9. Untersuchung anderer feuchten\nEs zeigte sich nicht die geringste Spur von elektromotorischer Wirksamkeit. Was man daraus zu schliefsen habe, bleibt ungewifs: ob in diesen feuchten Leitern sich die s\u00e4ulenartige Polarisation durch den Strom nicht aufserhalb der Elektroden fortzupflanzen verm\u00f6ge, oder ob ihre Molekeln nicht, gleich denen der Nerven, elektromotorisch wirksam seien.\nAm Schl\u00fcsse des vorigen Kapitels fingen wir an, Bedenken zu hegen \u00fcber die bis dahin vollkommene Uebereinstimmung aller Erscheinungen des Muskel- und Nervenstromes. Es ist daher jetzt von gr\u00f6fster Wichtigkeit, uns zu unterrichten, ob die Muskeln vielleicht gleichfalls des elektrotonisehen Zustandes f\u00e4hig sind, von denen mit Bestimmtheit bekannt ist, dafs ihre Molekeln elektromotorische Eigenschaften besitzen. Zu diesem Versuch eignet sich am besten der Rectus internus Cnv., der lange, schmale und d\u00fcnne Hautmuskel an der Innenseite des Froschoberschenkels; seiner Breite wegen schon weniger der Sartorius Id. (S. oben Bd. I. S. 497. 2. 3). Wie man auch diese Muskeln mit dem einen Ende auf die B\u00e4usche auflege, w\u00e4hrend das andere die stromzuf\u00fchrenden Platinenden \u00fcberbr\u00fcckt, sei\u2019s mit L\u00e4ngsschnitt und nat\u00fcrlichem oder k\u00fcnstlichem Querschnitt, sei\u2019s mit verschiedenen Punkten des L\u00e4ngsschnittes allein; bei m\u00e4fsigen Stromst\u00e4rken, unter deren Einflufs ein Nerv bereits die lebhaftesten Wirkungen zeigen w\u00fcrde, erfolgt hier keine deutliche Spur. Bei Anwendung der sechs-gliederigen GitovE\u2019schen S\u00e4ule erscheinen Str\u00f6me, die sich aber nicht mit dem Umlegen auf den B\u00e4uschen umkehren, und folglich von Schleifen des erregenden Stromes herr\u00fchren, die in den Multiplicatorkreis einbrechen (S. oben S. 42), was bei dem grofsen Querschnitt, vorz\u00fcglich der Breite der Muskeln nicht zu verwundern ist. Es w\u00e4re nun allerdings m\u00f6glich, dafs dadurch Spuren eines elektrotonisehen Zustandes verdeckt w\u00fcrden, die sich erst bei so m\u00e4chtigem erregenden Strome kundzugeben verm\u00f6chten. Dies kann nicht entschieden werden, da das einzige Kennzeichen eine ungleiche Gr\u00f6fse der Wirkungen auf beiden B\u00e4uschen sein w\u00fcrde, w\u00e4hrend doch die von den Stromesschleifen her-r\u00fchrenden Ausschl\u00e4ge innerhalb der hier erforderlichen Grenzen begreiflich nicht zweimal hintereinander dieselbe Gr\u00f6fse zeigen. Wie dem auch sei, immer w\u00fcrden die Muskeln in diesem Punkte den Nerven ganz aufserordentlich nachstehen, und endlich st\u00fcnde es gar noch dahin, ob nicht diese schwachen Spuren von den in den Muskeln verbreiteten Nerven selber herr\u00fchren. Nicht selten geschieht es \u00fcbrigens bei dieser Versuchsweise, dafs der Muskel, beim Schliefsen der erregenden Kette, in Tetanus ger\u00e4th. Alsdann geht die Nadel sogleich nach dem Nullpunkte zur\u00fcck und in den negativen Quadranten \u00fcber (S. oben S. 50);","page":330},{"file":"p0331.txt","language":"de","ocr_de":"Leiter, als der Nerven, auf den elelctrotonischen Zustand. 331\nman wird sich aber hiedurch nicht t\u00e4uschen lassen, und diesen R\u00fcckschwung, dessen Richtung von der des erregenden Stromes unabh\u00e4ngig ist, f\u00fcr die Wirkung der negativen Phase des elektrotonischen Zustandes ansehen, in den der Muskel verfallen w\u00e4re.\nSo ist es uns denn schliefslich doch gegl\u00fcckt, einen wesentlichen Punkt aufzudecken, in dem Nerven- und Muskelstrom auseinandergehen ; einen Punkt von hinreichender Wichtigkeit, um an diese Wahrnehmung die Erneuerung der Hoffnung kn\u00fcpfen zu d\u00fcrfen, dafs es m\u00f6glich sein werde, in Zukunft einmal einen verst\u00e4ndlichen Zusammenhang herzustellen zwischen diesen Str\u00f6men und den besonderen Lebenserscheinungen der Gewebe, welche ihre Tr\u00e4ger sind. Daraus aber, dafs die Muskeln, obschon mit peripolar elektromotorischen Molekeln begabt, keinem elektrotonischen Zustand zu unterliegen scheinen, h\u00fcte man sich voreilig zu entnehmen, dafs nun doch auch unsere in der vorigen Nummer gegebene Theorie dieses Zustandes gef\u00e4hrdet sei. Vielmehr wird die Folge lehren, dafs allerdings auch die peripolar elektromotorischen Muskelmolekeln unter dem Einflufs von Stromeskr\u00e4ften einer Zerf\u00e4llung in dipolare nach dem Bilde der S\u00e4ule angeordnete Glieder f\u00e4hig sind; nur dafs diese Zerlegung sich hier nicht \u00fcber die unmittelbar betroffene Strecke hinaus erstreckt, daf\u00fcr aber in der Zeit hinl\u00e4nglich lange verharrt, um noch nach Entfernung des Muskels aus dem Kreise der erregenden Kette f\u00fchlbar gemacht werden zu k\u00f6nnen.\n\u00a7. II.\nVon dem Einfl\u00fcsse verschiedener Umst\u00e4nde auf die Gr\u00f6fse des Zuwachses im elektrotonischen Zustande der Nerven.\nNachdem wir solchergestalt das allgemeine Gesetz erkannt haben, wonach der Zuwachs des Nervenstromes im elektrotonischen Zustande wirksam ist, schreiten wir zur Betrachtung seiner Gr\u00f6fse als Function verschiedener ver\u00e4nderlichen Umst\u00e4nde, denen wir einen Einflufs auf dieselbe beizumessen Veranlassung haben. Eine derartige Abh\u00e4ngigkeit ist schon fr\u00fcher mehrfach angedeutet worden (S. oben S. 296. 299), und einige hiehcr geh\u00f6rige Punkte haben sogar schon ausf\u00fchrlicher erw\u00e4hnt werden m\u00fcssen, um nicht den Gang der Untersuchung einer nur \u00e4ufserlichen Scheidung zuliebe zu st\u00f6ren.\nIndem nun hier diese Wahrnehmungen wieder aufgenommen und erg\u00e4nzt werden sollen, ist zun\u00e4chst folgendes voraufzuschicken.\nMit der Methode der Compensation ist hier nichts anzufangen. Zu","page":331},{"file":"p0332.txt","language":"de","ocr_de":"332 3. Absclm. Kap. VU. \u00a7\u25a0 11. Wie der Einflu\u00df eines Umstands auf d. Gr\u00fcfse\nden Schwierigkeiten, welche schon beim Compensiren zweier ruhenden Nerven aus der urspr\u00fcnglichen Ungleichheit, der ungleich schnellen Verg\u00e4nglichkeit der Str\u00f6me, der Verdoppelung der Hindernisse erwachsen, auf welche man bei der Handhabung der Nerven st\u00f6fst, kommen hier noch die verschiedene Empf\u00e4nglichkeit f\u00fcr den clektrotonischen Zustand, die verschieden schnelle Abnahme der Leistungsf\u00e4higkeit unter dem Einfl\u00fcsse des Stromes, die Verwickelung, die aus dem Gebrauch zweier Ketten entspringt, wenn man nicht auf die Anordnung oben S. 319. Fig. 106. Taf. II beschr\u00e4nkt sein will, die Schw\u00e4chung aller Wirkungen durch die Verdoppelung der in den Kreis eingef\u00fchrten Nervenl\u00e4nge u. d. m.\nAls leitender Grundsatz bei den hier einzuschlagendeu Versuchsweisen ist aber ferner hervorzuheben, dafs in den meisten F\u00e4llen darauf Verzicht zu leisten ist, absolute Vergleiche der Wirkungsgr\u00f6fsen anzustellen, d. h. die Gr\u00f6fse des Zuwachses unter bestimmten Umst\u00e4nden aufzuzeichnen, dann eine Ab\u00e4nderung vorzunehmen und nun von Neuem die Gr\u00f6fse des Zuwachses zu beobachten, um sie mit der fr\u00fcheren zusammenzuhalten. F\u00fcr dieses Verfahren sind fast \u00fcberall die Wirkungen zu unbest\u00e4ndig, die wahrzunehmenden Ver\u00e4nderungen zu gering. Man hat vielmehr, wo man nur kann, den Kunstgriff anzuwenden, der uns bei der Erforschung des urspr\u00fcnglichen Stromes schon so h\u00e4ufig gute Dienste geleistet hat, n\u00e4mlich w\u00e4hrend der Dauer des elektrotonischen Zustandes auf best\u00e4ndiger H\u00f6he pl\u00f6tzlich den zu erforschenden Einflufs eintreten zu lassen, und die Art desselben zu beurtheilen je nach dem Zeichen der Nadelbewegung, die diese Ver\u00e4nderung mit sich bringt.\nIch brauche \u00fcbrigens wohl nicht erst zu bevorworten, wie sehr beschr\u00e4nkt, trotz diesem und manchem anderen Kunstgriffe, die Genauigkeit sei, die uns hier schliefslich zu erreichen verg\u00f6nnt ist. In der Mehrzahl der F\u00e4lle ist das H\u00f6chste, wozu wir gelangen k\u00f6nnen, die Bestimmung, ob die Function, welche die Abh\u00e4ngigkeit der Gr\u00f6fse des Zuwachses von dieser oder jener Ver\u00e4nderlichen ausdr\u00fcckt, eine mit derselben wachsende oder abnehmende sei. An die Gewinnung wirklich bedeutsamer Zahlenwcrthe ist vor der Hand nirgends zu denken. Es werden daher im Folgenden auch nur dann numerische Bestimmungen mitgetheilt werden, wenn dies dienen kann, die beschriebenen Wirkungen n\u00e4her zu veranschaulichen.\nWenn diese M\u00e4ngel zu einem grofsen Theil auf der Natur der Nerven selber beruhen, so ist doch ein anderer nicht minder bedeutender Theil davon unseren Vorrichtungen in ihrer jetzigen Verfassung zur Last zu legen. Nicht nur die Ladungen der metallischen Multipli-catorenden treten st\u00f6rend dazwischen, wenn man darauf ausgeht, die Beobachtung in Messung zu verwandeln, sondern auch die Ladungen","page":332},{"file":"p0333.txt","language":"de","ocr_de":"d. Zuwachses im eleJctroton. Zustande d. Nerven tu erforschen sei. 333\nder stromzuf\u00fchrenden Platinenden. Auch ohne so hochstrebende Absichten zu verfolgen, wird man letztere nicht selten sich auf eine sehr l\u00e4stige Weise ins Spiel mischen sehen, so dafs hier die Reihe der Versuche beginnt, f\u00fcr welche es w\u00fcnschenswerth gewesen w\u00e4re, jene Enden wenigstens aus einem minder ladungsf\u00e4higeil Metalle, wenn auch nur z. B. Zinn, angefertigt zu haben (S. oben Bd. I. S. 452).\nBemerkt zu werden verdient dabei, dafs, wenn diese und \u00e4hnliche Schwierigkeiten, welche von der Beschaffenheit der Vorrichtungen herr\u00fchren, erst besiegt w\u00e4ren, es gerade kein Feld der thierischen Elek-tricit\u00e4t, mit Ausnahme vielleicht der Zitterfische, geben w\u00fcrde, wo Messungen mit so vieler Aussicht auf Erfolg unternommen werden k\u00f6nnten. Der Grund ist der, dafs man es hier, statt wie sonst mit der verwickelten peripolaren Anordnung, zu thun hat mit der einer strengen Betrachtungsweise schon weit zug\u00e4nglicheren dipolaren. Der daraus entspringende Vortheil wird, wie man sehen wird, sogar bereits uns, trotz der Mangelhaftigkeit unserer Vorkehrungen, zugute kommen.\n1. Von dem Einfl\u00fcsse der St\u00e4rke des erregenden Stromes auf die St\u00e4rke der s\u00e4ulenartigen Polarisation der Nerven.\nVon allen hier zu erw\u00e4hnenden Umst\u00e4nden ist die St\u00e4rke des erregenden Stromes wohl derjenige, dessen Einflufs auf die Gr\u00f6fse des Zuwachses am leichtesten in die Augen f\u00e4llt, und innerhalb der weitesten Grenzen th\u00e4tig ist. Nat\u00fcrlich ist es indefs nicht die St\u00e4rke des Stromes allein, auf welche es dabei ankommt, sondern vielmehr seine Dichtigkeit. Wartet man, in der einen oder der anderen Phase, die feste Stellung der Nadel ah und \u00fcberbr\u00fcckt dann die Platinenden aufser mit dem Nerven noch mit einem Fliefspapierbausch, der mit Eiweifs getr\u00e4nkt ist, wodurch die Stromst\u00e4rke unstreitig vervielfacht wird, so sieht man gleichwohl, der in dem Nerven verminderten Dichtigkeit halber, die Nadel eine Bewegung in der dem Zeichen der Phase entgegengesetzten Richtung antreten, und mit Entfernung des Bausches sogleich wiederkehren.\nWir haben dieses Einflusses der Stromst\u00e4rke auf die Gr\u00f6fse des Zuwachses schon fr\u00fcher (S. oben S. 299) bei der allgemeinen Beschreibung der Erscheinungsweise des elcktrotonischen Zustandes gedacht und damals den Strom einer einfachen G\u00fcovE\u2019schen Kette als den von mittlerer St\u00e4rke, d. h. als einen solchen bezeichnet, der fast alle Umst\u00e4nde der s\u00e4ulenartigen Polarisation mit hinreichender Lebhaftigkeit wahrnehmen l\u00e4fst, ohne doch die Leistungsf\u00e4higkeit der Nerven allzuschnell zu beeintr\u00e4chtigen oder gar ihr ein Ende zu machen. Man mufs jedoch","page":333},{"file":"p0334.txt","language":"de","ocr_de":"334 \u00e4 Abschn. Kap. VII. \u00a7\u25a0 11. 1. Von dem Einfl\u00fcsse der St\u00e4rke\nnicht, weil hier die GROVE\u2019sche Combination genannt wird, sich die angewendete Stromst\u00e4rke als eine irgend betr\u00e4chtliche vorstellen. Sie wird n\u00e4mlich, durch die Einschaltung des ungeheuren Widerstandes der Nerven, wie man sich leicht denken kann, ganz ausnehmend geschw\u00e4cht. Es ist demgem\u00e4fs auch v\u00f6llig gleichg\u00fcltig, ob man sich zu diesen Versuchen eines ganz gef\u00fcllten GiiovE\u2019schen Bechers der gr\u00f6-fseren oben Bd. I. S. 446 beschriebenen Art oder eines der kleineren in WHEATSTONE\u2019schen Tr\u00f6gen angeordneten Elemente bedient.\nAus demselben Grunde ist es nicht r\u00e4thlich, durch Widerstandsver\u00e4nderungen die St\u00e4rke des Stromes abstufen zu wollen, wenn es sich darum handelt, die Abh\u00e4ngigkeit der Gr\u00f6fse des Zuwachses von derselben ausdr\u00fccklich darzuthun. Vielmehr erscheint es zweckm\u00e4fsiger, durch Einf\u00fchrung neuer Elemente oder Verminderung ihrer Anzahl die Summe der elektromotorischen Kr\u00e4fte beziehlich steigen und fallen zu machen. Dies geschieht einfach, indem man an der in den Wheat-STONE\u2019schen Tr\u00f6gen befindlichen kleinen G\u00dfovE\u2019schen S\u00e4ule die bewegliche Platinplatte, welche als negatives Metall des letzten Elementes dient, nach und nach in die Thonzelle des ersten, zweiten, . . . nten Gliedes stellt, und ebenso wieder zur\u00fcckkehrt. Man kann dabei, wegen der namhaften Gr\u00f6fse der sich geltend machenden Unterschiede, auf doppelte Weise verfahren: entweder indem man, mit Hintansetzung des oben S. 332 dargelegten Princips, nur die Ausschl\u00e4ge beobachtet, welche die jedesmalige Schliefsung der Kette, sei\u2019s in der positiven, sei\u2019s in der negativen Phase, hervorbringt, und den Nerven alsbald wieder von dem Zwange des erregenden Stromes befreit, sowie die Nadel sich zum R\u00fcckschwung anschickt; oder indem man die best\u00e4ndige Ablenkung derselben unter dem Einfl\u00fcsse des Stromes abwartet, und die Uebertragung der negativen Elektrode so schnell vornimmt, dafs die Nadel keine Zeit hat, w\u00e4hrend der Oeffnung der Kette einen merklichen Bogen nach dem Nullpunkt hin zu beschreiben. Das Ergebnifs ist, in beiden F\u00e4llen, eine rasche Zunahme der Gr\u00f6fse des Zuwachses mit der Stromst\u00e4rke; das ersterc Verfahren giebt jedoch hier sogar mehr in die Augen fallende Wirkungen, weil die Leistungsf\u00e4higkeit des Nerven dabei mehr geschont wird.\nVon dem Gesetze, nach welchem die Gr\u00f6fse des Zuwachses mit der Dichtigkeit der erregten Strecke w\u00e4chst, soll erst an einer sp\u00e4teren Stelle ausf\u00fchrlich die Rede sein, wo sich uns ein Verfahren darbieten wird, um dar\u00fcber Auskunft zu erhalten. Wir werden finden, wie bereits oben S. 327 verk\u00fcndigt wurde, dafs die Gr\u00f6fse des Zuwachses bis zu einer gewissen Grenze der Stromdichte einfach proportional ist, dafs sie sodann aber beginnt langsamer zu wachsen als die Strom-","page":334},{"file":"p0335.txt","language":"de","ocr_de":"des erregenden Stromes auf die der s\u00e4ulenartigen Polarisation. 335\ndichte und Neigung zeigt, sich einem best\u00e4ndigen Grenzwerth anzu-schliefsen. Einen solchen Grenzwerth nachzuweisen, mufs bereits mit H\u00fclfe der hier angewendeten Methoden gelingen, wenn derselbe \u00fcberhaupt im Bereich des Versuches wie auch der Stromeskr\u00e4fte liegt, \u00fcber die wir zu gebieten haben.\nMan erreicht nun zwar bald ein Maximum der Wirkung, wenn man, der zweiten der beiden oben beschriebenen Versuchsweisen ge-m\u00e4fs, mit der beweglichen Platinplatte von Glied zu Glied der S\u00e4ule vorr\u00fcckt. Bei 7\u20148 Gliedern h\u00f6chstens h\u00f6rt die Wirkung zu wachsen auf, beginnt dann unaufhaltsam zu sinken und wird schliefslich fast ganz Null. Dies zeigt deutlich, was sich bereits vorhersehen liefs, dafs der hier dem Anschein nach gefundene Grenzwerth nicht der von absoluter Geltung ist, den wir suchen. Augenscheinlich ist der Nerv durch die vorg\u00e4ngigen Versuche bereits zu sehr in seiner Leistungsf\u00e4higkeit beeintr\u00e4chtigt worden, als dafs dieser Grenzwerth noch erreicht werden k\u00f6nnte.\nUm denselben zu entdecken, mufs man, auf einen frischen Nerven, die zu pr\u00fcfende Stromdichte sogleich in vollem Mals einwirken lassen, diese Einwirkung aber nur Einen Augenblick lang fortsetzen und h\u00f6chstens noch einmal in gleicher Weise erneuern. So habe ich diese Pr\u00fcfung bis zu 15 Gliedern der GROVE\u2019schen S\u00e4ule fortgesetzt, ohne bei einem Grenzwerth angelangt zu sein. Die Gr\u00f6fse des Zuwachses wird hier zuletzt \u00e4ufserst betr\u00e4chtlich. Er \u00fcbersteigt weit den urspr\u00fcnglichen Nervenstrom selber, worin \u00fcbrigens nach dem oben S. 326 Bemerkten nichts liegt, was gegen die Einerleiheit der im Zuwachse wirksamen Kr\u00e4fte mit denjenigen spr\u00e4che, denen jener Strom seinen Ursprung verdankt. Ebensoschnell aber sinkt auch die Gr\u00f6fse des Zuwachses von dieser H\u00f6he herab; so dafs man beil\u00e4ufig nie der Ueberzeugung entbehrt, dafs die Ausschl\u00e4ge wirklich vom Nerven, nicht von hereingebrochenen Schleifen des erregenden Stromes herr\u00fchrten. Z. B. bei 10 Gliedern erhielt ich in der positiven Phase die Reihe der Ausschl\u00e4ge: + 68\u00b0; 13\u00b0; 8\u00b0; 0\u00b0. Es kommt aber ferner vor, dafs die Gr\u00f6fse des Zuwachses bei so grofsen St\u00e4rken des erregenden Stromes auch gleich beim ersten Ausschlage sehr klein erscheint, und nicht weiter in die H\u00f6he geht. Man hat sich wohl zu denken, dafs in solchen F\u00e4llen die Leistungsf\u00e4higkeit der Nervenstrecke zwischen den Elektroden sofort in dem Mafse gelitten hat, dafs der Zuwachs einen Augenblick lang m\u00f6glicherweise in sehr bedeutender Gr\u00f6fse gegenw\u00e4rtig war, wegen der kurzen Dauer seines Daseins indefs nur eine so geringe Spur davon hinterlassen konnte. Es wird demnach sehr zweifelhaft, ob sich diese Ermittelung \u00fcberhaupt zu einem sicheren Ende f\u00fchren lasse. Denn es ist nicht undenkbar, dafs","page":335},{"file":"p0336.txt","language":"de","ocr_de":"336\t3. Abschn. Kap. VII. \u00a7. 11. 2. Von dem \u00cainflusse der L\u00e4nge\nder Nerv, wenn er nur ihre Einwirkung vertr\u00fcge, bei immer gr\u00f6fseren Stromdichten auch noch immer st\u00e4rkere Wirkungen von sich geben k\u00f6nnte, weit hinaus \u00fcber diejenigen, welche die Grenze seiner Leistungsf\u00e4higkeit unter dem Einfl\u00fcsse des erregenden Stromes wirklich zu beobachten gestattet.\nVielleicht ist folgende Betrachtung nicht \u00fcberfl\u00fcssig. Es k\u00f6nnte Einem oder dem Anderen das Bedenken aufstofsen, wie es komme, dafs nicht unter allen Umst\u00e4nden der Nerv, sobald er in elektrotonischen Zustand versetzt ist, in den Grenzwerth der s\u00e4ulenartigen Polarisation verf\u00e4llt. Denn der Zuwachs, den der erregende Strom zwischen den Elektroden hervorruft, verst\u00e4rkt diesen Strom, und dadurch kommt wieder ein Zuwachs zu Stande; dieser Zuwachs zweiter Ordnung ist abermals begleitet von einem solchen der dritten Ordnung, und so fort bis in\u2019s Unendliche.\nUnl\u00e4ugbar mufs ein solcher Vorgang stattfinden; allein es ist nicht nothwendig, dafs dadurch der Nerv in den Grenzwerth der s\u00e4ulenartigen Polarisation \u00fcbergef\u00fchrt werde. Es sei A die urspr\u00fcngliche Dichte des erregenden Stromes in dem Nerven, und aA die Gr\u00f6fse des Zuwachses zu dieser Stromdichte, welcher von der dadurch erzeugten s\u00e4ulenartigen Polarisation herr\u00fchrt; so ist a'A die St\u00e4rke des Zuwachses zweiter, a3A die des Zuwachses dritter Ordnung u. s. w., und die endliche Stromdichte wird ausgedr\u00fcckt durch A ( 1 + a + \u00ab s + a3 + ..). Die geometrische Reihe in der Klammer ist aber convergirend, sobald, wie es erfahrungsm\u00e4fsig hier der Fall ist, \u00ab< 1; und man sieht daher, wie der Zuwachs, trotz der nun erkannten Verwickelung, der urspr\u00fcnglichen Stromdichte stets proportional bleiben k\u00f6nne.\nNach der anderen Richtung uns wendend, begegnen wir der Frage, bei welchem unteren Grenzwerthe der Dichtigkeit des erregenden Stromes wohl die Gr\u00f6fse des Zuwachses aufh\u00f6re, eine merkliche zu sein. Es ist jedoch deutlich, dafs, der Natur der Dinge nach, diese Frage, in dieser Fassung, keiner Beantwortung f\u00e4hig sei, indem sowohl die Leistungsf\u00e4higkeit des Nerven als die Empfindlichkeit des Multiplicators dabei in Betracht kommen. Bedeutsamer und richtiger kann man sich aber hier danach erkundigen, ob, bei stets abnehmender St\u00e4rke des erregenden Stromes, die s\u00e4ulenartige Polarisation vielleicht zugleich mit den Zuckungen auf h\u00f6re wahrnehmbar zu sein; ob sie scheinbar fr\u00fcher ein Ende nehme, oder endlich ob sie sich als ein feineres Pr\u00fcfungsmittel denn die Zuckungen selber kundgebe f\u00fcr die Ver\u00e4nderung der inneren Gleichgewichtszust\u00e4nde des Nerven durch den Strom. Ich glaube das Letzere mit Bestimmtheit bejahen zu d\u00fcrfen; die Wahrneh-","page":336},{"file":"p0337.txt","language":"de","ocr_de":"der erregten Strecke auf die St\u00e4rke der s\u00e4ulenartigen Polarisation. 337\nmungen jedoch, auf welche diese Meinung sich st\u00fctzt, k\u00f6nnen erst an einer sp\u00e4teren Stelle mitgetheilt werden. 1\n2. Von dem Einfl\u00fcsse der L\u00e4nge der erregten Strecke auf die St\u00e4rke der s\u00e4ulenartigen Polarisation der Nerven.\n(i) Einleitung.\nWas die Abh\u00e4ngigkeit der Gr\u00f6fse des Zuwachses von der L\u00e4nge der erregten Strecke betrifft, so bedarf man, um dar\u00fcber ins Klare zu kommen, schon etwas k\u00fcnstlicherer Versuchsweisen.\nZuerst k\u00f6nnte man glauben einfach mit nachstehender Anordnung auszukommen, welche sich Fig. 108. Taf. III. schematisch abgebildet findet. In den Elfenbeinw\u00fcrfel der stromzuf\u00fchrenden Vorrichtung wird von den vier Fig. 20. Taf. II. Bd. I. abgebildeten Platinblechen, von denen gew\u00f6hnlich nur die beiden vordersten angewendet werden, jetzt noch ein drittes, am besten das hinterste, gesteckt. Die beiden vorderen Bleche werden einander m\u00f6glichst gen\u00e4hert, das dritte m\u00f6glichst von dem zweiten entfernt. Der Nerv liegt mit seinem einen Ende auf den B\u00e4uschen auf, mit seiner ganzen \u00fcbrigen L\u00e4nge ist er \u00fcber die Bleche gebreitet. Das vorderste Blech ist unmittelbar in Verbindung mit dem einen Pol der erregenden Kette, die beiden hinteren Bleche hingegen mit Quecksilbergef\u00e4fsen. Von dem andern Pol der Kette aus kann man, mit H\u00fclfe eines verquickten Kupferhakens, den Kreis entweder in dem einen, oder in dem anderen Quecksilbergef\u00e4fs schliefsen, und so entweder eine sehr kurze, oder eine m\u00f6glichst lange Strecke des Nerven darin aufnehmen, ohne sonst etwas an der Anordnung zu \u00e4ndern. Verf\u00e4hrt man auf diese Weise, w\u00e4hrend der urspr\u00fcngliche Strom im Verein mit dem positiven oder negativen Zuwachse die Nadel in best\u00e4ndiger Ablenkung h\u00e4lt, so scheint es, m\u00fcsse man durch den Sinn einer etwa eintretenden Nadelbewegung leicht die Art des Einflusses ermessen k\u00f6nnen, den die L\u00e4nge der erregten Strecke auf die Gr\u00f6fse des Zuwachses hat.\nNat\u00fcrlich schaltet man, um mit Bequemlichkeit bald bei positiver, bald bei negativer Phase arbeiten zu k\u00f6nnen, den Stromwender zwischen der Kette und der stromzuf\u00fchrenden Vorrichtung ein. Der kleinste Abstand, den ich den beiden vorderen Blechen zu ertheilen vermochte, betrug beil\u00e4ufig 0mm.l; der Abstand des hinteren Bleches von dem vorderen hingegen 33ram. Das Verh\u00e4ltnifs der k\u00fcrzeren\n\\\n1 S. unten, \u00a7. vi.\nII.\n22","page":337},{"file":"p0338.txt","language":"de","ocr_de":"338\t<?. Abschn. Kap. VII. \u00a7. II. 2. Von dem Einfl\u00fcsse der L\u00e4nge\nzur l\u00e4ngeren erregten Strecke war also in meinen Versuchen wie\n1: 330.\nDer best\u00e4ndige Erfolg bei der Verl\u00e4ngerung der erregten Strecke ist nun eine Abnahme des Zuwachses, sei\u2019s des positiven, sei\u2019s des negativen; eine Zunahme hingegen der Erfolg bei ihrer Verk\u00fcrzung. Hieraus schliefsen zu wollen, dafs die St\u00e4rke der s\u00e4ulenartigen Polarisation in einem umgekehrten Verh\u00e4ltnifs stehe zur L\u00e4nge der erregten Strecke, w\u00fcrde jedoch sehr voreilig sein. Es ist n\u00e4mlich nicht zu \u00fcbersehen, dafs man, indem man die erregte Strecke verl\u00e4ngert, zugleich die St\u00e4rke des erregenden Stromes schw\u00e4cht, und zwar nahe in demselben Mafse, insofern man den Widerstand der \u00fcbrigen Ketten-theile als verschwindend ansehen kann gegen den des Nerven. Es ist also ebensowohl die M\u00f6glichkeit da, dafs die St\u00e4rke der s\u00e4ulenartigen Polarisation schneller mit der Dichtigkeit des Stromes abnehme, als sie mit der L\u00e4nge der erregten Strecke w\u00e4chst. Um diesen Doppelsinn zu beseitigen, m\u00fcssen wir eine solche Anordnung treffen, dafs, trotz der Verl\u00e4ngerung oder Verk\u00fcrzung der erregten Strecke, die Dichtigkeit des Stromes in derselben best\u00e4ndig bleibe. Dies k\u00f6nnen wir auf verschiedene Weise erreichen.\n(u) Unmittelbares Verfahren den Einflufs der L\u00e4nge der erregten Strecke zu erforschen.\nScheinbar am n\u00e4chsten w\u00fcrde liegen der Versuch, die elektromotorische Kraft der erregenden Kette gleichzeitig mit der Vergr\u00f6fserung des Widerstandes um ebensoviel zu erh\u00f6hen. Allein dieses Verfahren ist, wie man leicht bemerkt, in der Wirklichkeit unausf\u00fchrbar. Eine andere Art, denselben Zweck zu erreichen, besteht darin, dafs wir in die Kette einen ferneren, im Vergleich zu dem des Nerven sehr betr\u00e4chtlichen Widerstand einf\u00fchren. Alsdann wird bei Verl\u00e4ngerung der erregten Strecke die Stromst\u00e4rke m\u00f6glicherweise langsam genug abnehmen, damit die Zunahme der St\u00e4rke der s\u00e4ulenartigen Polarisation durch die Verl\u00e4ngerung sichtbar werde. Diese Vorkehrung an sich reicht freilich noch nicht aus. Denn da, bei unserer gew\u00f6hnlichen Anordnung, der Nerv fast allein den Widerstand des Kreises ausmacht, so wird durch Einschaltung eines bedeutend gr\u00f6fseren Widerstandes, wie wir dessen bed\u00fcrfen, die Stromst\u00e4rke auch aufserordentlich viel kleiner werden, und nicht mehr im Stande sein, \u00fcberhaupt merkliche Polarisation hervorzubringen. Es mufs also gleichzeitig an die Stelle der einfachen Kette, deren wir uns zur Erregung bedienen, eine hinl\u00e4nglich starke S\u00e4ule treten, damit, trotz dem so sehr erh\u00f6hten Widerstande des Kreises, der Zuwachs noch eine merkliche Gr\u00f6fse behalte.","page":338},{"file":"p0339.txt","language":"de","ocr_de":"der erregten Strecke auf die St\u00e4rke der s\u00e4ulenartigen Polarisation. 339\nAuf folgende Weise wurde dies ins Werk gesetzt. Als Widerstand, gegen den der Widerstand des Nerven ann\u00e4hernd verschwinden sollte, wendete ich eine voltameter\u00e4hnliche Vorrichtung an, welche als Fl\u00fcssigkeit zwischen den Elektroden verd\u00fcnnten Weingeist enthielt. Zinkplatten von 25ram Breite tauchten etwa 10\"\u201d\" tief in zwei Gef\u00e4fse mit Brennspiritus, die durch ein heberf\u00f6rmiges, zweimal rechtwinklig gebogenes, mit derselben Fl\u00fcssigkeit gef\u00fclltes Glasrohr von 200mm L\u00e4nge und 2\"\"\".5 Durchmesser im Lichten verbunden waren. Als erregende Kette fand ich eine f\u00fcnfzehngliedrige GRovE\u2019sche S\u00e4ule ausreichend.\nUnter diesen Umst\u00e4nden nun zeigte sich\u2019s, dafs wirklich das erste Ergebnil's nicht das richtige war. Jetzt n\u00e4mlich sah ich, wenn ich hei positiver Phase die erregte Strecke verl\u00e4ngerte, die Nadel weiter abgelenkt werden; bei Verk\u00fcrzung der Strecke wich sie im Sinn der Ladungen zur\u00fcck. Bei negativer Phase war der Erfolg an der Nadel f\u00fcr Verl\u00e4ngerung und Verk\u00fcrzung nat\u00fcrlich der entgegengesetzte. Allein es gab sich der ebenso bemerkenswerthe als r\u00e4thselhafte Umstand zu erkennen, dafs der Einflufs der L\u00e4nge der erregten Strecke bei negativer Phase weniger ausgesprochen schien, als bei positiver. Ich konnte f\u00fcr die letztere h\u00e4ufig diesen Einflufs nicht mehr nachweisen, d. h. der Strom blieb trotz der Verl\u00e4ngerung und Verk\u00fcrzung der erregten Strecke best\u00e4ndig, wenn bei positiver Phase noch merkliche Nadelbewegungen diese Ver\u00e4nderungen begleiteten. Ja, w\u00e4hrend bei der letzteren Phase die Verl\u00e4ngerung noch Zunahme, die Verk\u00fcrzung Abnahme des Stromes nach sich zog, sah ich, bei negativer Phase, nicht selten bereits, statt des Umgekehrten, dasselbe erfolgen, zum Zeichen unstreitig, dafs die Verminderung der Stromst\u00e4rke, welche trotz dem Spiritusvoltameter die Verl\u00e4ngerung doch wohl noch immer begleitet, die Oberhand erhalten hatte \u00fcber den verst\u00e4rkenden Einflufs derselben Ver\u00e4nderung auf den negativen Zuwachs. Dieser Unterschied trat um so klarer hervor, je kleiner das Verh\u00e4ltnis der verl\u00e4ngerten zur verk\u00fcrzten erregten Strecke war. Er hatte nichts zu schaffen mit der Richtung, in der sich die s\u00e4ulenartige Polarisation in dem Nerven nach den B\u00e4uschen zu fortpflanzte, d. h. er blieb ganz der n\u00e4mliche, gleichviel ob das Hirn- oder ob das Muskelende auf den B\u00e4uschen ruhte. Man k\u00f6nnte geneigt sein, hier irgend ein verwickeltes Spiel der Ladungen der Platinbleche zu verrauthen, wodurch derselbe herbeigef\u00fchrt wurde. Indessen die Folge wird lehren, dafs ihm doch wohl etwas tieferes zu Grunde lag.\n22","page":339},{"file":"p0340.txt","language":"de","ocr_de":"340\t3. Abschn. Kap. VII. \u00a7. II. 2. Von dem Einfl\u00fcsse der L\u00e4nge\n(iii) Mittelbares Verfahren den Einflufs der L\u00e4nge der erregten Strecke zu erforschen.\nEs gab noch einen anderen Weg, trotz der Verl\u00e4ngerung und Verk\u00fcrzung der erregten Strecke des Nerven die Stromst\u00e4rke best\u00e4ndig zu erhalten, und bei der grofsen Wichtigkeit der hier in Rede stehenden Thatsachen f\u00fcr die dereinstige Mechanik der Nerven glaubte ich denselben nicht unbetreten lassen zu d\u00fcrfen. Er besteht darin, dafs man, anstatt abwechselnd einen l\u00e4ngeren und einen k\u00fcrzeren Theil des Nerven dem Strome auszusetzen, vielmehr, bei sonst unver\u00e4nderter Anordnung, einen Theil der erregten Strecke, ohne seinen Leitungsverh\u00e4ltnissen zu nahe zu treten, seiner Wirksamkeit als Nerv zu berauben sucht.\nWir haben erfahren (S. oben S. 297), dafs die Unterbindung und Durchschneidung des Nerven die Fortpflanzung des elektrotonischen Zustandes unwiederbringlich hemmen. K\u00f6nnte man nun den Nerven w\u00e4hrend des elektrotonischen Zustandes dicht hinter dem vorderen Platinbleche durchschneiden oder unterbinden, ohne sonst dadurch etwas an den Leitungsverh\u00e4ltnissen der Anordnung zu ver\u00e4ndern, so w\u00fcrde es hinsichtlich der L\u00e4nge der erregten Strecke gerade so sein, als ob man das hintere Blech an die Stelle des Unterbandes oder des Durchschnittes verlegt h\u00e4tte, dabei aber die Dichtigkeit des Stromes im Nerven best\u00e4ndig geblieben w\u00e4re.\nDer Ausf\u00fchrung dieses Planes mit H\u00fclfe des Durchschneidens stellt sich das Bedenken entgegen, dafs nach dieser Operation die beiden St\u00fcmpfe aufser Ber\u00fchrung sind und die Leitung sich dadurch unterbrochen findet. Man k\u00f6nnte zwar den Nerven an der betreffenden Stelle unter Eiweifs getaucht halten, so dafs das Leitungsverm\u00f6gen, trotz der Trennung der St\u00fcmpfe, best\u00e4ndig erhalten w\u00fcrde. Allein dabei bliebe noch immer der mifsliche Umstand zur\u00fcck, dafs nun in dem ganzen nicht unbedeutenden Bruchtheil der erregten Strecke, der solchergestalt von einer fl\u00fcssigen Nebenschliefsung umgeben w\u00e4re, die Dichtigkeit des Stromes aufserordentlich verringert sein w\u00fcrde. Auch die Unterbindung ist nicht ganz frei von einem \u00e4hnlichen Uebelstande. Der Widerstand des erregenden Kreises mufs durch dieselbe einer, wenn auch sehr kleinen Ver\u00e4nderung ausgesetzt sein. Diesem Uebelstande l\u00e4fst sich jedoch vollst\u00e4ndig Vorbeugen und es ist alsdann nur noch die grofse mechanische Schwierigkeit zu besiegen, welche darin liegt, dafs der Nerv, bei Ausf\u00fchrung dieser Operation, und trotz dem bedeutenden Kraftaufwande, den sie in Anspruch nimmt, auf den Platinblechen sowohl als auf den B\u00e4uschen vollkommen unverr\u00fcckt bleiben soll.","page":340},{"file":"p0341.txt","language":"de","ocr_de":"der erregten Strecke auf die St\u00e4rke der s\u00e4ulenartigen Polarisation. 341\nIch erreichte dies zuletzt mit H\u00fclfe folgender Vorrichtung, welche Herr B\u00f6tticher nach meiner Angabe sehr sauber ausgef\u00fchrt hatte. Sie ist Fig. 109. Taf. III. abgebildet. In das Brett, auf welchem f\u00fcr gew\u00f6hnlich meine Vorrichtungen stehen (S. oben Bd. I. S. 214), ist eine starke H\u00fclse eingebohrt, in welcher eine S\u00e4ule aus Messing auf-und niedergeschoben und mittelst des Halsbandes am oberen Ende der H\u00fclse an jeder Stelle festgeklemmt werden kann. Die S\u00e4ule tr\u00e4gt ein starkes Winkelst\u00fcck aus Messing, dessen senkrechter Theil zweien R\u00e4dern zur Platine dient, deren wagerechte Axen in einer senkrechten Ebene befindlich sind. Der Umfang eines jeden Rades ist zur Hohlkehle ausgedreht. In die einander zugekehrten H\u00e4lften Leider R\u00e4der sind Z\u00e4hne geschnitten und greifen ineinander. Der Unterbindungsfaden ist mit dem einen Ende an einem Haken am obersten Punkte des Umfanges des oberen Rades, mit dem anderen an einem \u00e4hnlichen Haken am untersten Punkte des Umfanges des unteren Rades befestigt. Die Schlinge liegt in der zwischen beiden R\u00e4dern befindlichen Strecke des Fadens. Man begreift, dafs man durch einen Druck auf den am oberen Rade sichtbaren Hebel den Faden zwischen beiden R\u00e4dern spannen und die Schlinge zuschn\u00fcren kann.\nW\u00e4re die Dehnbarkeit des Fadens in allen Punkten ganz gleich grofs, w\u00e4re die Reibung, die er sich selbst in der Schlinge darbietet und am Umfang der R\u00e4der erleidet, \u00fcberall genau dieselbe, so w\u00fcrde bereits bei dieser Art zu verfahren das Zuzichen der Schlinge ohne Ortsverriickung derselben am Faden vor sich gehen. Auf jene Eigenschaften darf jedoch nicht gerechnet werden, und es ist daher noch eine Vorkehrung zu treffen, wodurch die Schlinge an einen bestimmten Ort gebunden, und somit die Verschiebung des in derselben begriffenen Nerven verhindert wird. Dies erreicht man, indem man mit dem Nerven einen festen Stab von geringem Durchmesser in die Schlinge bringt, an welchem der Faden den Nerven zerquetscht, wie angeblich die Boa den Tiger am Palmenstamme.\nDer feste Stab ist an meiner Vorrichtung die d\u00fcnnste Stelle des ausgeschweiften Doppelkegels oder richtiger des einschaligen-Hotations-hyperbolo\u00efds aus Elfenbein, welches man in Fig. 109 in seiner Lage zwischen den R\u00e4dern, in Fig. 110 A Taf. III. im senkrechten L\u00e4ngendurchschnitt, in Fig. 110 B aber im Grundrifs von oben gesehen erblickt. Der Doppelkegel ist folgendermafsen orientirt. Seine Axe ist denen der beiden R\u00e4der parallel, und befindet sich in der die Entfernung jener Axen h\u00e4lftenden wagerechten Ebene. Seine eine Grundfl\u00e4che ist gegen ein Messingst\u00fcck geschraubt, welches von der Platine der R\u00e4der vorspringt, um ihn zu tragen. Seine andere Fl\u00e4che, welche","page":341},{"file":"p0342.txt","language":"de","ocr_de":"342\t3. Abschn. Kap. VII. \u00a7. U. 2. Von dem Einfl\u00fcsse der L\u00e4tuje\nden B\u00e4uschen zugekehrt sein soll, ist frei, bis auf ein sp\u00e4ter zu beschreibendes daran geklebtes Korkst\u00fcckchen. Die Senkrechte, welche beide R\u00e4der ber\u00fchrt, und mit der also der Unterbindungsfaden seiner Richtung nach zusammenf\u00e4ilt, ber\u00fchrt auch die den R\u00e4dern zugekehrte Seite des Doppelkegels, da, wo beide Kegel durch das d\u00fcnne Zwischenst\u00fcck in einander \u00fcbergehen. Der Doppelkegel ist endlich von oben her in einer senkrechten Ebene nebst dem Messingstiiek, welches ihn tr\u00e4gt, der L\u00e4nge nach aufges\u00e4gt, und zwar, wie Fig. 110 A zeigt, so tief, dafs der Grund des Schnittes zusammenf\u00e4ilt mit dem oberen Umfange der d\u00fcnnen Verbindungsstrecke beider Kegel, oder den Scheitel der Curve ber\u00fchrt, durch deren Umw\u00e4lzung die Oberfl\u00e4che des Doppelkegels entstanden gedacht werden kann. In diesen Schnitt hinein kommt der Nerv zu liegen. An der d\u00fcnnen Stelle wird er, nebst dem Elfenbein, von der Schlinge umfafst. An den beiden Grundfl\u00e4chen der Kegel sind gleichsam Console aus Kork angekittet, deren obere Fl\u00e4che eine Verl\u00e4ngerung der Grundfl\u00e4che des Schnittes darstellt; auf ihr wird der Nerv, vor und hinter der Unterbindungsstelle, mit Insectennadeln festgesteckt. Das Messingst\u00fcck an der hinteren Grundfl\u00e4che des Doppelkegels ist tiefer und weiter ausgeschnitten als das Elfenbein, so dafs der Nerv hier kein Metall zu ber\u00fchren braucht.\nMan versteht nun leicht, wie, mit H\u00fclfe dieser Vorrichtung, der Nerv ohne jede Ersch\u00fctterung, Zerrung und Ortsverr\u00fcckung, mit einem Wort, ohne jede Ver\u00e4nderung der Leitung die nicht unmittelbar durch die Einschn\u00fcrung gegeben ist, pl\u00f6tzlich unterbunden werden k\u00f6nne. Beim Gebrauch wird aus dem Elfenheinw\u00fcrfel der stromzuf\u00fchrenden Vorrichtung Fig. 20. Taf. II. Bd. I. die Glasplatte entfernt und der Doppelkegel zwischen beide Platinenden gebracht (S. Fig. 110 B). Dabei nmfs das vordere Platinblech der freien vorderen Fl\u00e4che des Doppelkegels so nahe wie m\u00f6glich, das hintere von der hinteren, auf das Messingst\u00fcck geschraubten Fl\u00e4che so entfernt wie m\u00f6glich angebracht werden, damit n\u00e4mlich das Verh\u00e4ltnifs der durch die Quetschung aufser Wirksamkeit gesetzten L\u00e4nge der erregten Strecke zu der in Wirksamkeit bleibenden so grofs wie m\u00f6glich ausfalle. Dies Verh\u00e4ltnifs l\u00e4fst sich hei den Mafsen meiner Vorrichtung f\u00fcr einen Ischiadicus von gew\u00f6hnlicher L\u00e4nge leicht wie 5 : 1 hersteilen.\nDie Schlinge wird schon vor dem Zuziehen so dicht um den Nerven gelegt, als cs ohne Verletzung desselben m\u00f6glich ist. Zum Unterbinden nahm ich Preufsische Actenseide, welche bekanntlich die Eigenschaft hat, dafs der schwarze Faden zuerst reifst. Da die Vorrichtung, verm\u00f6ge der L\u00e4nge des Hebelarmes, etwas zu kr\u00e4ftig wirkte, so bot dieser Umstand ein willkommenes Mafs f\u00fcr die aufzuwendende","page":342},{"file":"p0343.txt","language":"de","ocr_de":"der erregten Strecke auf die St\u00e4rke der s\u00e4ulenartigen Polarisation. 313\nKraft dar. Der Nerv war stets bis auf die Bindegewebh\u00fclle v\u00f6llig zerquetscht, wenn der schwarze Faden rifs.\nVor dem vorderen Platinblech wird der Nerv wie gew\u00f6hnlich \u00fcber die B\u00e4usche gebreitet. Die Handhabung desselben in diesen und \u00e4hnlichen Versuchen, wo die Lage der nicht im Multiplicatorkreise befindlichen Strecke bereits gegeben ist, bietet beil\u00e4ufig eine Schwierigkeit dar. Man darf n\u00e4mlich den Nerven nirgends mit der Pinzette anfassen, weil man ihm eine Quetschung beibringen w\u00fcrde, und es ist nicht darauf zu rechnen, dafs man immer am geeigneten Orte Bindegewebezipfel vorfinde, an denen man ihn regieren k\u00f6nne. Um diesen kleinen Uebelstand, welcher aber die l\u00e4stigsten St\u00f6rungen herbeizuf\u00fchren im Stande ist, zu besiegen, giebt es kein passenderes Werkzeug, als einen kn\u00f6chernen H\u00e4kelhaken feinster Art, wie sie bei weiblichen Handarbeiten \u00fcblich sind. Man f\u00e4ngt den Nerven mit dem Haken und l\u00e4fst ihn nach Bed\u00fcrfnifs aus demselben in die angemessene Stellung gleiten.\nIch untersuchte nun nat\u00fcrlich zuerst den Einflufs der Unterbindung auf den Widerstand des Nerven als Theil eines stromf\u00fchrenden Kreises \u00fcberhaupt. Wir haben dar\u00fcber schon fr\u00fcher eine Angabe von Matteucci kennen gelernt (S. oben Bd. I. S. 116). Dieser behauptet, es finde bald eine geringe Zunahme, bald eine solche Abnahme des den Nerven durchkreisenden Stromes statt. Nach kurzer Zeit jedoch nehme derselbe seine fr\u00fchere St\u00e4rke wieder an.\nIch schaltete die halbe L\u00e4nge des Museumsmultiplicators, mit dem bekannten leichteren Nadelspiele, welches 10\" schlug, in den Kreis des Nerven und einer GROvE\u2019schen Kette ein, und beobachtete folgendes.\nMatteucci\u2019s Behauptung ist in sofern irrig, als jedesmal eine zwar sehr geringe aber nachhaltige Abnahme die Folge der Unterbindung mit einem trocknen Faden und bei unverr\u00fcckter Lage des Nerven auf den Elektroden ist. Man begreift auch leicht, wie dem nicht anders sein kann, da an der gequetschten Stelle die Leitung nun der blofsen Nervenscheide anheimf\u00e4llt. Es wird zwar daf\u00fcr das Nervenmark zu beiden Seiten gedr\u00e4ngt, so dafs hier an Querschnitt gewonnen werden mag, was dort verloren geht; nach den oben S. 79 angedeuteten Grunds\u00e4tzen aber kann eine solche Vertheilung der Masse niemals gut machen, was durch den Verlust an einer Stelle eingeb\u00fcfst wurde. Eine augenblickliche Zunahme der Stromst\u00e4rke durch die Unterbindung tritt ein, wenn der Nerv dabei in seiner Lage auf der negativen Elektrode gest\u00f6rt worden ist. Eine dauernde Zunahme hingegen findet statt, wenn man sich eines nassen Fadens bedient, so dafs der Querschnitt an der gequetschten Stelle, statt verkleinert zu wmrden, vergr\u00f6fsert wird. Durch ein geeignetes Zusammenwirken dieser mannigfaltigen Umst\u00e4nde kann","page":343},{"file":"p0344.txt","language":"de","ocr_de":"344\t3. Ab s chn. Kap. VIL \u00a7. II. 2. Von dem Einfl\u00fcsse der L\u00e4nge\nes denn nat\u00fcrlich auch Vorkommen, dafs das Unterbinden ganz spurlos an dem erregenden Strome vor\u00fcbergeht.\nHieraus ergiebt sich, wie man sieht, f\u00fcr uns die Regel, die Unterbindung in dem beabsichtigten Versuche mit einem nassen Faden auszuf\u00fchren. Denn wir streben danach, eine Verminderung der Gr\u00f6fse des Zuwachses in Folge der Unterbindung eintreten zu sehen. W\u00fcrden wir mit einem trocknen Faden unterbinden, so k\u00f6nnte dies eine Verminderung des erregenden Stromes nach sich ziehen, und wenn wir wirklich eine entsprechende Ver\u00e4nderung der Gr\u00f6fse des Zuwachses zu sehen bek\u00e4men, so w\u00fcrden wir ungewifs bleiben, ob dieselbe herr\u00fchre von der Verk\u00fcrzung des wirksamen Theils der erregten Strecke oder von der Verminderung des erregenden Stromes. Bedienen wir uns hingegen eines feuchten Fadens, so kann auf keinen Fall Verminderung des erregenden Stromes die Folge der Unterbindung sein; sondern wenn eine Ver\u00e4nderung desselben bewirkt wird, so mufs sie im positiven Sinne stattlinden. Beobachten wir alsdann Verminderung des Zuwachses, so kann dieselbe also wenigstens bestimmt nicht von einer etwaigen Verminderung der Stromst\u00e4rke durch die Unterbindung herr\u00fchren; ganz iin Gegentheil hat sie, um sichtbar zu werden, vielleicht den Einflufs einer Vergr\u00f6fserung derselben zu \u00fcberwiegen gehabt.\nNoch eine Vorfrage wollte beantwortet sein, ehe der Versuch mit entscheidender Sicherheit angestellt werden konnte. Es w\u00e4re nicht unm\u00f6glich, dafs das Unterbinden an und f\u00fcr sich, auch bei Abwesenheit des erregenden Stromes, eine Ver\u00e4nderung des Nervenstromes nach sich z\u00f6ge. Ich f\u00fchrte also, mit H\u00fclfe meiner Vorrichtung, eine Reihe von Unterbindungen aus, w\u00e4hrend das eine Ende des Nerven wie gew\u00f6hnlich auf den B\u00e4uschen auf lag, und kein fremder Strom den Nerven durchkreiste. Es zeigte sich, dafs die durch den Nervenstrom in best\u00e4ndiger Ablenkung gehaltene Nadel meist ganz unbewegt verharrte. Es geschah indessen auch, dafs eine mehr oder weniger lebhafte, bald mehr vor\u00fcbergehende, bald nachhaltige Bewegung derselben im Sinne der Ladungen die Unterbindung begleitete. Wir werden sp\u00e4ter Gelegenheit haben, auf diese Erscheinung zur\u00fcckzukommen. Hier geht f\u00fcr uns daraus die Weisung hervor, den Unterbindungsversuch zur Pr\u00fcfung des Einflusses der L\u00e4nge der erregten Strecke auf die Gr\u00f6fse des Zuwachses, zu dem wir nun endlich schreiten, vorzugsweise bei negativer Phase anzustellen. Die positive Wirkung, die wir alsdann zu erwarten haben, wird von jedem Verdacht frei sein, w\u00e4hrend man geneigt sein k\u00f6nnte, in der negativen Schwankung, welche die Folge der Verminderung des positiven Zuwachses durch Verk\u00fcrzung der erregten Strecke sein soll, eine der eben angedeuteten \u00e4hnliche Wirkung der Unter-","page":344},{"file":"p0345.txt","language":"de","ocr_de":"der erregten Strecke auf die St\u00e4rke der s\u00e4ulenartigen Polarisation. 345\nbindung selber auf den urspr\u00fcnglichen Strom zu sehen. Allerdings versetzen wir uns dadurch in einigen Nachtheil, insofern wir erfahren haben, dafs bei negativer Phase die Verl\u00e4ngerung der erregten Strecke einen minder ausgesprochenen Einflufs \u00e4ufsert als bei positiver. Allein dieser Nachtheil wird reichlich aufgewogen durch das gr\u00f6fsere Mafs von Sicherheit, welches wir dabei gewinnen.\nDer Versuch ist im Allgemeinen nicht leicht auszuf\u00fchren; er ist aber, wenn man sich die hinl\u00e4ngliche Uebung in den n\u00f6thigen Handgriffen erworben hat, einer Zierlichkeit und Reinlichkeit f\u00e4hig, welche nichts zu w\u00fcnschen \u00fcbrig lassen. Sein Erfolg ist bei hinl\u00e4nglicher Leistungsf\u00e4higkeit der Nerven genau der, den man nach dem Ergebnifs des unmittelbaren Verfahrens zur Ver\u00e4nderung der L\u00e4nge der erregten Strecke zu erwarten berechtigt ist. Bei negativer Phase bringt die Unterbindung eine dauernde Erh\u00f6hung des Stromes, bei positiver Phase eine dauernde Erniedrigung desselben hervor, in beiden F\u00e4llen also ebenra\u00e4fsig eine Verkleinerung des Zuwachses. Jene Nadelbewegungen stehen auch in einem angemessenen Verh\u00e4ltnisse der Gr\u00f6fse zu denen, welche man durch Aufheben des erregenden Stromes erh\u00e4lt. An absoluter Gr\u00f6fse geben sie denen nichts nach, die man durch die unmittelbare Verk\u00fcrzung der erregten Strecke bei Einschaltung eines grofsen Widerstandes in den Kreis einer vielgliedrigcn S\u00e4ule als erregender Kette erh\u00e4lt, obschon das Verh\u00e4ltnis der ungleich langen erregten Strecken in dem letzteren Falle ein weit g\u00fcnstigeres ist, als im ersteren. Dies r\u00fchrt aber daher, dafs die absolute St\u00e4rke des Stromes, also auch die entsprechende Gr\u00f6fse des Zuwachses, im letzteren Falle in meinem Versuche wegen des Spiritusvoltameters trotz den f\u00fcnfzehn Gliedern der erregenden Kette eine viel kleinere blieb, als die durch ein oder zwei Glieder ohne Spiritusvoltameter hervorgebrachte, und dafs die Verst\u00e4rkung des Stromes durch die Unterbindung mit einem nassen Faden eine minder betr\u00e4chtliche war als diejenige, die in dem Kreise der f\u00fcnfzehngliedrigen S\u00e4ule trotz dem Widerstande des Spiritusvoltameters noch immer die Verk\u00fcrzung begleiten mochte.\nAuch auf diesem Wege gelingt es also darzuthun, dafs die Gr\u00f6fse des Zuwachses, bei Best\u00e4ndigkeit aller \u00fcbrigen Umst\u00e4nde, welche darauf von Einflufs sind, eine mit der Ver\u00e4nderlichen stetig wachsende Function der L\u00e4nge der erregten Strecke vorstellt.","page":345},{"file":"p0346.txt","language":"de","ocr_de":"346\t3. Abschn. Kap. VU. \u00a7. 11. 2. Von dem Einfl\u00fcsse der L\u00e4nge\n(iv) Vermischte Bemerkungen betreffend den Einflufs derL\u00e4nge der erregten Strecke auf die Gr\u00f6fse des Zuwachses.\nAn diese Grundermittelung hinsichtlich des Einflusses der L\u00e4nge der erregten Strecke kn\u00fcpfen sich nun noch verschiedene Einzelheiten von gr\u00f6fserem und geringerem Interesse.\nIch versuchte, ob auch die Strecke des Nerven jenseits der Elektroden, welche mit abnehmender St\u00e4rke s\u00e4ulenartig polarisirt ist, noch einen Einflufs aus\u00fcben w\u00fcrde auf die Gr\u00f6fse des Zuwachses diesseits der Elektroden. Zu diesem Behufe wurden, w\u00e4hrend sonst die Vorrichtung die gew\u00f6hnliche Gestalt hatte, die beiden Platinbleche einander sehr nahe gebracht, dicht hinter das zweite ein schmaler Korksteg auf die Glastafel gekittet, und den Nerv auf demselben mittelst Insecten-nadeln festgesteckt. W\u00e4hrend nun entweder der positive oder der negative Zuwachs im Verein mit dem urspr\u00fcnglichen Strome die Nadel in best\u00e4ndiger Ablenkung hielt, schnitt ich mit der Scheere die Nervenstrecke jenseits der hintern Elektrode fort. Es wurde jedoch keine Verminderung der Gr\u00f6fse der Phase bemerkbar, worauf auch kaum zu rechnen gewesen war.\nWir wissen bereits (S. oben S. 334), dafs beim Anbringen einer Nebenschliefsung von Elektrode zu Elektrode, die St\u00e4rke der s\u00e4ulenartigen Polarisation stets einen namhaften Verlust erleidet, nicht anders, als wenn auf irgend eine Weise die St\u00e4rke des erregenden Stromes vermindert worden w\u00e4re. Es war nicht ohne Wichtigkeit, zu untersuchen, was die Folge sein w\u00fcrde, wenn man die schw\u00e4chende Nebenschliefsung nur an einen Theil der erregten Strecke anbr\u00e4chte. Dies geschah, indem ich dem Nerven entlang mit Eiweifs getr\u00e4nkte Fliefs-papierb\u00e4usche von verschiedenem Querschnitt oder Zwirnsf\u00e4den anlegte. Die Lage desselben auf den stromzuf\u00fchrenden Blechen war in hergebrachter Weise gesichert durch Feststecken mit Insectennadeln auf zwei Korkst\u00fcckchen dicht hinter dem vorderen und dicht vor dem hinteren Platinbleche. Es fand nun gleichfalls stets Abnahme des Zuwachses statt, wenn auch nur ein ganz kurzer Bruchtheil der erregten Strecke von der vordem Elektrode aus mit einer Nebenschliefsung versehn wurde, obschon alsdann die Dichtigkeit in der \u00fcbrigbleibenden erregten Strecke vermehrt war. Dies r\u00fchrt indefs weniger daher, dafs dabei die erregte Strecke gleichzeitig verk\u00fcrzt wurde, als davon, dafs dadurch gewissermafsen auch der Abstand der abgeleiteten von der erregten Strecke vergr\u00f6fsert wurde. Umgekehrt fand stets Vergr\u00f6fserung des Zuwachses statt, wenn die Nebenschliefsung von der hintern Elektrode aus dergestalt angebracht war, dafs noch ein Zwischenraum zwischen","page":346},{"file":"p0347.txt","language":"de","ocr_de":"der erregten Strecke auf die St\u00e4rke der s\u00e4ulenartigen Polarisation. 347\nihr und der vorderen Elektrode blieb, gleichviel welcher ihr Querschnitt und welche ihre L\u00e4nge war. Dies erkl\u00e4rt sich leicht unter der Voraussetzung, die zu machen wir schon anderweitig gen\u00f6thigt waren, dafs die Gr\u00f6fse des Zuwachses sich mit der Stromst\u00e4rke in dem einen Sinne rascher ver\u00e4ndert, als in dem andern mit der L\u00e4nge der erregten Strecke.\nWir sind jetzt in Stand gesetzt eine Theorie des elektrotonischen Zustandes schlagend zu widerlegen, welche, obschon auch sie eine Thatsache von erheblicher Wichtigkeit feststellen w\u00fcrde, doch von der oben gegebenen v\u00f6llig abweicht. Diese Theorie vermag fast von allen Umst\u00e4nden unserer Versuche mit Einfachheit Rechenschaft abzulegen, nur an den hier verhandelten Punkten scheitert sie unrettbar. Es ist deshalb ihrer, da sie doch entschieden verwerflich ist, bis zu dieser Stelle nicht gedacht worden, wo sie f\u00fcr einen Augenblick unsere Aufmerksamkeit fesseln mag, um sogleich wieder der Vergessenheit anheimzufallen.\nSie beruht n\u00e4mlich auf der schon fr\u00fcher besprochenen Annahme isolirender H\u00fcllen um die Primitivnervenr\u00f6hren. Wir haben oben S. 280 gesehen, dafs jene Annahme mit der Erscheinungsweise des Nerven-stromes, unseren Versuchen an schematischen Zinkkupfervorrichtungeu nach, nicht unvertr\u00e4glich sein w\u00fcrde, dafs sie aber im Gebiete der elektrischen Reiz versuche auf Hindernisse st\u00f6fst, die sie nur mit H\u00fclfe sehr gesuchter Voraussetzungen im Stande sein w\u00fcrde zu umgehen. Wenn dieselbe nun aber mit grofser Leichtigkeit s\u00e4mmtliche R\u00e4thsel des von uns sogenannten elektrotonischen Zustandes zu l\u00f6sen verm\u00f6chte, so d\u00fcrfte doch immerhin der eine oder der andere sich geneigt f\u00fchlen, in Betracht der anderweitigen Vortheile, die die fragliche Annahme verspricht, ein Auge zuzudr\u00fccken \u00fcber die ihr von Seiten der Reizversuche entgegenstchenden Bedenken und ihr vor unserer bisherigen Deutung den unstatthaften Vorzug zu geben. Um die Erscheinungen des elektrotonischen Zustandes zu erkl\u00e4ren, m\u00fcfste man sich der neuen Theorie zufolge vorstellen, wie dies bereits bei den Reizversuchen angenommen wurde, dafs der den Nerven treffende elektrische Strom sich in zwei Hauptarme spaltet. Der eine dieser Arme fliefst von Elektrode zu Elektrode unmittelbar durch das Bindegewebe und die leitenden H\u00fcllen der Primitivnervenr\u00f6hren. Der andere nimmt von der positiven Elektrode seinen Weg denselben Gebilden entlang bis zum Querschnitte, betritt hier die Bahn des blofsgelegten Innern s\u00e4mmtlicher Primitivr\u00f6hren und fliefst dieselbe hinab bis zum andern Querschnitte des Nerven. Hier verl\u00e4fst er das Innere der R\u00f6hren, geht wieder \u00fcber auf das Aeufsere derselben, und gelangt so zur negativen Elektrode. Wird der Multiplicatorkreis","page":347},{"file":"p0348.txt","language":"de","ocr_de":"348\t^ Abs ehrt. Kap. VII. \u00a7. II. 2. Von dem Einfl\u00fcsse der L\u00e4nge\nmit seinen Leiden feuchten Enden, den B\u00e4uschen, an den Nerven aufser-halb der Elektroden angelegt, so verzweigt sich der letztere Stromarm noch zwischen dem Nerven und dem Drahte, daher der Zuwachs. Geschieht dies zwischen dem einen Endquerschnitt und z. B. der positiven Elektrode, so ist der von uns sogenannte erregende Strom mit dem Nervcnstrom gleichgerichtet, der Stromarm aufserhalb der Elektrode am Nerven ihm ungleich, im Multiplicatordraht aber gleich gerichtet, folglich hat der Zuwachs wirklich die Richtung, welche die positive Phase verlangt. Dasselbe gilt gleichzeitig auf der anderen Nervenh\u00e4lfte f\u00fcr die negative Phase. Der Erfolg beim Unterbinden und Durchschneiden wird auch hier wie hei den Reizversuchen zur Noth verst\u00e4ndlich, wenn man sich denkt, dafs dadurch dem zweiten Stromarme besser leitende Neben-schliefsungen er\u00f6ffnet werden. Dies ist vermuthlich, ohschon es aus ihrer Darstellung nicht klar erhellt, die Art, wie G\u00fcerard und Longet die Entstehung des Zuwachses, wenn sie ihn wirklich vor Augen gehabt haben, zu erkl\u00e4ren gedachten. (S. oben S. 293. Anm.)\nAllerdings gelten nun auch dawider dieselben Bemerkungen, die schon bei jener fr\u00fcheren Gelegenheit hervorgehoben wurden. So vollkommen abschliefsend, wie es in Wirklichkeit der Fall ist, k\u00f6nnten unter dieser Voraussetzung die Unterbindung und Durchschneidung denn doch nicht wirken. Dazu kommt, dafs man die Abh\u00e4ngigkeit der Gr\u00f6fse des Zuwachses von der urspr\u00fcnglichen Leistungsf\u00e4higkeit des Nerven, wie sie im Fr\u00fcheren schon mehrfach angedeutet wurde, nur mit H\u00fclfe der k\u00fchnen Annahme erkl\u00e4ren k\u00f6nnte, dafs die nicht-leitende Beschaffenheit der H\u00fcllen der Nervenr\u00f6hren gleichen Schritt mit der Erregbarkeit halte; Noch eine Schwierigkeit w\u00fcrde die sein, dafs, nach der in Rede stehenden Theorie, der Zuwachs, bei gleicher Spannweite des Bogens, gleiche Gr\u00f6fse haben m\u00fcfste f\u00fcr alle Stellungen des Bogens aufserhalb der Elektroden. Wir wissen aber schon, dafs seine Gr\u00f6fse zur Entfernung der abgeleiteten von der erregten Strecke in einem umgekehrten Verh\u00e4ltnisse steht. Es m\u00fcfste also, um diesen Umstand zu besch\u00f6nigen, noch zu Stromesschlingen gegriffen werden, die sich durch die Bindegewebeh\u00fcllen und die unwirksam leitenden H\u00fcllen der Nervenr\u00f6hren in den Multiplicatorkreis verl\u00f6ren, wogegen aber alle oben S. 295 aufgez\u00e4hlten Gr\u00fcnde von Neuem geltend gemacht werden k\u00f6nnten; oder man m\u00fcfste annehmen, dafs die nichtleitende Eigenschaft den H\u00fcllen der Nervenr\u00f6hren nur in gewissem Grade zustehe u. dgl. m.\nAlle diese Verhandlungen schneiden nun die Thatsachen dieser Nummer mit einem Schlage ab. Es sei k die elektromotorische Kraft der erregenden Kette, m ihr Widerstand gemessen bis zum Nerven, m der des Multiplicators, ebenso bis an den Nerven gemessen, und es","page":348},{"file":"p0349.txt","language":"de","ocr_de":"der erregten Strecke auf die St\u00e4rke der s\u00e4ulenartigen Polarisation. 349\nm\u00f6gen n, v und N beziehlich folgende Widerst\u00e4nde am Nerven selbst in der Richtung seiner Axe genommen bezeichnen, n soll sein der Widerstand der feuchten, die isolirenden H\u00fcllen bekleidenden Schicht zwischen den Elektroden; v der Widerstand derselben Schicht zwischen den aufserhalb der Elektroden an den Nerven angelegten Multiplicator-enden; endlich N die Summe der Widerst\u00e4nde 1. der noch \u00fcbrigen Strecke der gedachten Schicht aufserhalb der Elektroden und der Mul-tiplicatorenden, 2. des leitenden Innern der Primitivr\u00f6hren. Der K\u00fcrze halber wollen wir aufserdem setzen\nmv\tr\n------\u2014 = r, \u2014 = cc,\nm + v\tm\nwo \u00fcbrigens m sehr klein gegen v. Bemerkt man alsdann, dafs N-\\-r + n = const. \u2014 c\ngesetzt werden k\u00f6nne, worin r gegeben ist, so findet man, nach den Oma\u2019schen Grunds\u00e4tzen, f\u00fcr die absolute Gr\u00f6fse des Zuwachses z nach der neuen Theorie leicht den Ausdruck\nahn\nZ \u2014 Z\t7\t\u00ab\nc [rv -f- n) \u2014 n\nHier stellt n die L\u00e4nge der erregten Strecke vor. Ist demnach diese Theorie richtig, so mufs in dem vorliegenden Ausdruck, wenn wir n vor ro verschwinden lassen, z mit n wachsen; z mufs hingegen abnehmen mit wachsendem n, wenn wir m so klein nehmen, dafs wir es gegen n vernachl\u00e4ssigen k\u00f6nnen. Die Untersuchung der Function z = f(n) lehrt aber, dafs s mit n stetig und ins Unbegrenzte w\u00e4chst, gleichviel welchen Werth man m zuschreibe. Es ist folglich die neue Theorie nicht stichhaltig.\nDies zeigt sich auch noch darin, dafs wenn wir n sich ver\u00e4ndern lassen, ohne dafs sich zu gleicher Zeit N um ebensoviel im entgegengesetzten Sinne ver\u00e4ndert, bei verschwindendem w, z von n unabh\u00e4ngig wird. Wir haben aber, w\u00e4hrend w gegen n in der That ann\u00e4hernd verschwand, gefunden, dafs Anbringen einer Nebenschliefsung zu n, also Verkleinerung desselben, den Zuwachs verkleinerte, wenn die Nebenschliefsung sich von Elektrode zu Elektrode erstreckte, oder von der vorderen Elektrode ausging, ihn dagegen vergr\u00f6fserte, wenn sie von der hinteren Elektrode ausging. Wollte man auch annehmen, dafs w nicht hinreichend klein war im Verh\u00e4ltnifs zu n, um g\u00e4nzlich vernachl\u00e4ssigt werden zu k\u00f6nnen, so bliebe doch noch unbegreiflich, wie die Nebenschliefsung eine verschiedene Wirkung je nach ihrer verschiedenen Beschaffenheit aus\u00fcben k\u00f6nnte, da diese Wirkung alsdann vielmehr stets eine den Zuwachs vergr\u00f6fsernde sein miifste.","page":349},{"file":"p0350.txt","language":"de","ocr_de":"350\t<?\u25a0 Abschn. Kap. VII. \u00a7. II. 3. Vom elelctrotonischen Zustande\nOhnehin w\u00fcrde bei der neuen Theorie unverst\u00e4ndlich bleiben, wie die Verl\u00e4ngerung der erregten Strecke einen verschiedenen Einflufs aus\u00fcben kann, je nachdem man bei positiver oder bei negativer Phase beobachtet.\nEndlich und zum Ueberflusse spricht in demselben Sinne auch noch folgender Versuch. Stellt man die Fig. 94. Taf. I. abgebildete Anordnung her und legt man die Schlinge des Nerven \u00fcber die stromzuf\u00fchrenden Platinenden, so erh\u00e4lt man die Phasen des elektrotonischen Zustandes in aller Regelm\u00e4fsigkeit. Dasselbe ist der Fall, wenn man die Schlinge auf die B\u00e4usche, hingegen die beiden Querschnitte auf die Bleche legt, wobei ein schwacher urspr\u00fcnglicher Strom sich im Nerven kund giebt in der Richtung von den Querschnitten nach der Schlinge. Offenbar d\u00fcrfte, wenn die Primitivr\u00f6hren nichtleitend umh\u00fcllt w\u00e4ren, keines von beiden eintreffen, ebensowenig als Zuckung stattfinden d\u00fcrfte, wenn man die Elektroden an zwei Punkte des in der Fig. 94 dargestellten Weise zusammengefalteten Nerven anlegte (Vergl. oben S. 278).\n3. Von der Erscheinungsweise der s\u00e4ulenartigen Polarisation bei gleichzeitiger Einwirkung zweier Str\u00f6me auf den Nerven.\nObschon sich kein besonderer theoretischer Zweck daran kn\u00fcpfte, wollte ich nicht unversucht lassen, wie die s\u00e4ulenartige Polarisation sich gestalten w\u00fcrde, wenn ich zu gleicher Zeit zwei Str\u00f6me auf den Nerven einwirken liefse, sei\u2019s zu beiden Seiten der abgeleiteten Strecke, sei\u2019s hintereinander auf einer und derselben Seite. Ich kn\u00fcpfe diese Untersuchung sogleich an dieser Stelle an, weil in dem letzteren Falle und bei gleicher St\u00e4rke der beiden Str\u00f6me der beabsichtigte Versuch gewissermafsen ein neues Verfahren vorstellt, den Einflufs der L\u00e4nge der erregten Strecke zu pr\u00fcfen, nur dafs zwischen dem urspr\u00fcnglichen und dem hinzugef\u00fcgten St\u00fccke derselben eine Nervenstrecke offen bleibt, auf welche kein Strom unmittelbar einwirkt.\nSchwierigkeiten bieten die Versuche bei den einmal vorhandenen Il\u00fclfsmitteln und ersonnenen Methoden nicht mehr dar. Um den Nerven zweien Str\u00f6men auf einer und derselben Seite der abgeleiteten Strecke gleichzeitig aussetzen zu k\u00f6nnen, wurde der Elfenbeinw\u00fcrfel der stromzuf\u00fchrenden Vorrichtung mit den vier, Fig. 20. Taf. II. Bd. I. darin abgebildeten Platinenden auf einmal angewendet. Das erste und zweite derselben war mit der einen, das dritte und vierte mit der anderen erregenden Kette verbunden; die beiden ersten unter sich, und die beiden letzteren unter sich ebenfalls einander sehr nahe, damit beihinreichendem Abstande des zweiten von dem dritten Bleche, und des","page":350},{"file":"p0351.txt","language":"de","ocr_de":"bei gleichzeitiger Erregung des Nerven durch zwei Str\u00f6me. 351\nersten von den B\u00e4uschen, den m\u00f6glicherweise von der entfernteren Kette her bis in die abgeleitete Strecke sich fortpflanzenden Wirkungen noch eine merkliche Gr\u00f6fse zukotnmen m\u00f6ge. Die Fig. 111. Taf. 111. stellt diese Anordnung schematisch vor. Die den B\u00e4uschen n\u00e4here erregte Strecke wollen wir die erste, die davon entferntere die zweite erregte Strecke nennen.\nDer Erfolg war, dafs bei gleicher und gr\u00f6fserer Dichtigkeit des Stromes in der zweiten erregten Strecke die beiden Phasen von derselben aus sich sowohl durch die eine als durch die andere von der ersten erregten Strecke aus kundgaben. War die Dichtigkeit des erregenden Stromes in der zweiten Strecke die geringere, z. B. nur von einer einfachen GitovE\u2019schen Kette herr\u00fchrend, w\u00e4hrend die Kette der ersten Strecke zwei Glieder besafs, so konnte ich die Phasen von der zweiten Strecke aus durch die von der ersten hindurch nicht mehr unterscheiden, und sie blieben auch dann aus, wenn nachmals die Kette der ersten Strecke ge\u00f6ffnet wurde, so dafs der Nerv, durch den st\u00e4rkeren erregenden Strom, f\u00fcr die Phasen vom schw\u00e4chern her dauernd undurchg\u00e4ngig schien gemacht worden zu sein.\nAuch bei dieser mittelbaren Art nun, die erregte Strecke zu verl\u00e4ngern, gab sich der oben S. 389 beschriebene Unterschied der beiden Phasen hinsichtlich des Einflusses dieser Ver\u00e4nderung zu erkennen. War n\u00e4mlich der Nerv von der ersten Strecke aus in positiver Phase begriffen, so wirkte die positive sowohl als die negative Phase von der zweiten Strecke aus sehr leicht durch jene positive Phase hindurch. War dagegen die Phase von der ersten Strecke aus die negative, so war es h\u00e4ufig sehr schwer, die negative Phase von der zweiten Strecke aus durch jene hindurch wahrzunehmen. Die positive Phase aber von der zweiten Strecke aus zeigte sich in unver\u00e4nderter Deutlichkeit. Ich vers\u00e4umte nicht, indem ich den Museumsmultiplicator in den Kreis der zweiten erregenden Kette einschaltete, mich davon zu \u00fcberzeugen, dafs ihr Strom f\u00fcr beide Richtungen zwischen den Platinblechen einerlei St\u00e4rke hatte, oder, was noch beweisender ist, dafs die Ueberlegen-heit der positiven Phase sich selbst dann bew\u00e4hrte, wenn zuf\u00e4llig der dieselbe erzeugende Strom schw\u00e4cher ausfiel, als der zur negativen Phase geh\u00f6rige.\nAn dem solchergestalt in dem Kreise der einen erregenden Kette befindlichen Multiplicator liefsen sich die Phasen unterscheiden, welche von der anderen Kette herr\u00fchrten; nat\u00fcrlich in sehr geringem Mafse, da sie nur als eine sehr kleine Ver\u00e4nderung des erregenden Stromes selber an der Nadel erscheinen konnten. Die erregten Strecken waren also in diesem Falle zugleich abgeleitete Strecken. Wurde der Nerv zwi-","page":351},{"file":"p0352.txt","language":"de","ocr_de":"352 \u00e4 Abschn. Kap. VII. \u00a7. II. 3. Vom elehtrotonischen Zustande\nsehen dem zweiten und dritten Platinblech zerschnitten, so h\u00f6rte diese Wirkung in dem Kreise der entfernteren Kette auf, und ebenso war ihre eigene Wirkung in dem Kreise der n\u00e4heren Kette sowohl als in dem der B\u00e4usche verschwunden.\nDie Gestalt der stromzufiihrenden Vorrichtung, wo ihr Elfenbeinw\u00fcrfel mit den vier Platinenden versehen ist, bietet, beil\u00e4ufig gesagt, eine vortheilhafte Gelegenheit dar, die Hemmung des Fortschreitens der s\u00e4ulenartigen Polarisation durch das Unterbinden und Durchschneiden in gef\u00e4lliger Weise darzuthun. Bringt man n\u00e4mlich das Unterband oder den Schnitt zwischen den beiden mittleren Blechen an, und l\u00e4fst man die Zuleitungsdr\u00e4hte aller vier Bleche sich in Quecksilbergef\u00e4fse endigen, so braucht man nur die Enden der erregenden Kette, die aus verquickten Kupferhaken bestehen k\u00f6nnen, von dem ersten und zweiten ins dritte und vierte Gef\u00e4fs oder umgekehrt zu \u00fcbertragen, um die erregte Strecke abwechselnd vor und hinter die gequetschte oder getrennte Stelle zu verlegen. Befindet sie sich, von den B\u00e4uschen aus gerechnet, diesseits von dieser Stelle, so erfolgen die Phasen; befindet sie sich jenseits, so bleiben sie aus. Denselben Kunstgriff kann man anwenden, um zu zeigen, dafs, mit dem Tetanus, die negative Schwankung des Muskelstromes bei der Zusammenziehung sofort ein Ende hat, wenn eine unterbundene oder durchschnittene Stelle des Nerven sich zwischen dem Muskel und der erregten Strecke befindet. Nur mufs man sich alsdann, der unipolaren Inductionszuckungen halber, statt einer Inductionsvorrichtung, des PoGGENDORFF seben Invcrsors zum Tetanisiren bedienen. Vergl. oben S. 52 Anm.\nIch darf auch nicht unterlassen, darauf aufmerksam zu machen, dafs, bei grofser St\u00e4rke eines der beiden erregenden Str\u00f6me in unserem obigen Versuche, z. B. bereits bei Anwendung einer viergliederigen GROvE\u2019schen S\u00e4ule, die Isolation der beiden erregenden Kreise von einander durch das Elfenbein des W\u00fcrfels der stromzuf\u00fchrenden Vorrichtung wenigstens bei feuchter Witterung nicht mehr ausreicht. Es fand sich n\u00e4mlich alsdann, dafs die Nadelbewegungen, welche die Phasen der st\u00e4rkeren Kette an dem in den Kreis der schw\u00e4cheren eingeschalteten Multiplicator anzeigten, nach einiger Zeit unmerklich wurden, und endlich mit ver\u00e4ndertem Zeichen wiederkehrten. Ersetzte ich den Nerven durch einen mit Eiweifs getr\u00e4nkten Faden, so waren auch dergleichen Wirkungen vorhanden, und zwar hatten sie alsdann stets die letztangegebene der der Phasen entgegengesetzte Richtung. Daraus wurde der oben angezeigte Ursprung derselben aus einer mangelhaften Isolation der beiden Kreise klar. Die mitgetheilten Erfolge werden aber durch diesen Umstand sichtlich nicht in dem Sinne gef\u00e4hrdet, als h\u00e4tten die","page":352},{"file":"p0353.txt","language":"de","ocr_de":"bei gleichzeitiger Erregung des Nerven durch zwei Strome. 353\nder entfernteren, st\u00e4rkeren Kette zugeschriebenen Ver\u00e4nderungen der s\u00e4ulenartigen Polarisation herger\u00fchrt von dem Stromarme derselheif*in dem Kreise der n\u00e4heren Kette, weil dieser Stromarm zuf\u00e4lligerweise die entgegengesetzte Richtung von derjenigen besafs, die erforderlich gewesen w\u00e4re, um die fraglichen Ver\u00e4nderungen zu erzeugen. Da die beiden Kreise sonst \u00fcberall durch Luft und Glas von einander getrennt waren, so blieb nichts \u00fcbrig, als zu vermuthen, dafs das Elfenbein nicht hinreichend isolirend wirkte. Auch fand ich ganz unmittelbar, dafs ein GnovE\u2019sches Element, durch die lmm dicke lufttrockene Elfenbeinplatte eines sogenannten Plessimeters, gegen welche ich Kupferplatten von 37mm Durchmesser als Elektroden anprefste, an meinem Multiplicator unmittelbar geschlossen, 45\u00b0 Ausschlag gab. Ich ersetzte daher an der stromzuf\u00fchrenden Vorrichtung die beiden vorderen Platincnden durch Streifen aus demselben Metall, an welche Kupferdr\u00e4hte gel\u00f6thet waren und die ich auf die Glasplatte der Vorrichtung aufkittete. Jetzt waren die Wirkungen bei Anwendung eines mit Eiweifs getr\u00e4nkten Fadens v\u00f6llig verschwunden, die auf Rechnung des Nervenstromes und seiner Phasen gebrachten nach wie vor erkennbar.\nWir wenden uns jetzt zu dem Falle, wo die beiden erregten Strecken, anstatt auf einer und derselben Seite der abgeleiteten Strecke, zu beiden Seiten derselben liegen. Der Nerv wurde mit zweien von seiner Mitte gleich weit entfernten Punkten des L\u00e4ngsschnittes auf die B\u00e4usche aufgelegt und von seinen beiden Enden das eine wie gew\u00f6hnlich \u00fcber die beiden vorderen Platinenden gebreitet, das andere \u00fcber zwei Platinstreifen, welche auf eine passend aufgestellte Glasplatte gekittet und durch angel\u00f6thete Kupferdr\u00e4hte mit der Kette verbunden waren.\nDer Erfolg war, dafs die Gr\u00f6fse des Zuwachses in der abgeleiteten Strecke gewissermafsen als die algebraische Summe der Wirkungen erschien, welche von beiden erregten Strecken ausgingen, gleichviel welche Richtung und Dichtigkeit der eine von beiden erregenden Str\u00f6men im Vergleich zum andern besafs. Da bei dieser Anordnung keine positive und negative Phase unterschieden werden kann, so kann auch von keiner Beobachtung einer Verschiedenheit derselben die Rede sein.\nEs w\u00fcrde zur Vervollst\u00e4ndigung der hier gef\u00fchrten Untersuchung nun noch zu erforschen sein, wie sich die Gr\u00f6fse des Zuwachses \u00e4ndere, wenn man innerhalb der erregten Strecke selber die Elektroden einer zweiten Kette von gleicher oder verschiedener Kraft und von gleicher oder entgegengesetzter Str\u00f6mungsrichtung anlegte. Ich habe jedoch noch nicht Zeit gefunden, diesen verwickelten Versuch, der wenig neue Aufschl\u00fcsse verspricht, ins Werk zu setzen.\nII.\n23","page":353},{"file":"p0354.txt","language":"de","ocr_de":"354\t5. Abschn. Kap. VII. \u00a7. II. 4. Erscheinungsweise der\nWir k\u00f6nnen jetzt \u00fcbrigens, mit einem ziemlichen Grade von Berechtigung, eine Vermuthung aufstellen hinsichtlich der Gestalt der Curve des Zuwachses zwischen den Elektroden (S. oben S. 317. 328). Wir k\u00f6nnen n\u00e4mlich behaupten, dafs die Curve \u00fcber der Mitte der erregten Strecke ein Maximum besitzen m\u00fcsse. Dies folgt, wie es scheint, mit Nothwendigkeit aus der Gesammtheit unserer bisherigen Erfahrungen. Denn wir k\u00f6nnen sagen, dafs die St\u00e4rke der s\u00e4ulenartigen Polarisation des Nerven an einer bestimmten Stelle bedingt ist durch die St\u00e4rke der Polarisation aller \u00fcbrigen Punkte des Nerven, so zwar, dafs jeder Punkt um so mehr zur Erh\u00f6hung der Polarisation an der gerade betrachteten Stelle beitr\u00e4gt, je st\u00e4rker er selber polarisirt ist, und je n\u00e4her er jener Stelle liegt. Danach sieht man, dafs allerdings die Mitte der erregten Strecke es sein wird, welche die gr\u00f6fste Summe der Wirkungen erf\u00e4hrt. Das Maximum wird um eine sehr kleine Gr\u00f6fse aus der Mitte verr\u00fcckt werden, wenn sie nicht mit der geometrischen Mitte des Nerven zusammenf\u00e4llt, oder wenn mehrere Elektrodenpaare dem Nerven angelegt sind. So ist auch der Magnet in der Mitte seiner L\u00e4nge am st\u00e4rksten polarisirt1.\n4.\tVon dem Einfl\u00fcsse des Winkels zwischen der Richtung des erregenden Stromes und der Axe der Primitivr\u00f6hren auf die\nSt\u00e4rke der s\u00e4ulenartigen Polarisation.\nManche wichtige Ermittelung schien sich an die Frage zu kn\u00fcpfen, die auch im Gebiete der Reizversuche eine gel\u00e4ufige ist (S. oben Bd. I.\n5.\t226), welche Wirkung wohl der elektrische Strom auf den Nerven zu \u00e4ufsern verm\u00f6chte, wenn er ihn, statt der Axe der Primitivr\u00f6hren entlang, unter verschiedenen Winkeln bis senkrecht auf jene Axe tr\u00e4fe. Diese Untersuchung wird nat\u00fcrlich zu beginnen haben mit der letzteren Str\u00f6mungsrichtung als derjenigen, welche den etwa hervortretenden Erscheinungen ihren gr\u00f6fsten Werth ertheilen mufs; es ist zugleich die am leichtesten mit einiger Genauigkeit zu verwirklichende.\nMan sollte nun nach unserer Theorie des elektrotonischcn Zustandes meinen, dafs, wenn eine Strecke des Nerven einem senkrechten Strom ausgesetzt wird, keine s\u00e4ulenartige Polarisation wie gew\u00f6hnlich in der Richtung der Primitivnervenr\u00f6hren die Folge sein k\u00f6nne. Denn die dipolar elektromotorischen Molekeln, in welche die peripolaren Gruppen durch die Gewalt des Stromes zerlegt werden, stellen sich senkrecht auf die Axe der R\u00f6hren, alle mit ihren Axen einander und der Str\u00f6mungsrichtung parallel, die elektropositiven Bestandlheile nach\n\u2019 G. Lam\u00e9, Cours de Physique de l\u2019\u00c9cole polytechnique. Paris 1837. t. II. p. II. p. 100,\u2019 \u2014 van Rees in Poggendorfe\u2019s Annalen u. s. w. 1847. Bd. LXX. S. 1.\u2019","page":354},{"file":"p0355.txt","language":"de","ocr_de":"s\u00e4ulenartigen Polarisation bei querer Erregung des Nerven. 35g\nder negativen Elektrode hinsehend. M\u00f6glicherweise kann sich auch diese Art der Anordnung \u00fcber die erregte Strecke hinaus fortpflanzen. Es ist aber deutlich, dafs dieselbe alsdann nach Aufsen keine elektromotorische Wirkung wird hervorbringen k\u00f6nnen. Denn die letzte durch den Strom gerichtete Molekel einer Molckelreihe wird nicht streben ihre Nachbarin nach Aufsen von den Elektroden sich selbst gleich zu stellen, wobei die elektropositiven und negativen Bestandtheile beider beziehlich einander zun\u00e4chst zu liegen kommen w\u00fcrden; sondern die entgegengesetzte Lage suchen sich je zwei benachbarte Molekeln zu er-theilen, wo dem elektropositiven der negative, dem positiven der elek-tronegative Bestandtheil entspricht. Dasselbe geht vor zwischen der zweiten und dritten, der dritten und vierten u. s. w. Molekel, so dafs die Wirkung einer Molekel nach Aufsen immer genau durch die Wirkung der folgenden aufgewogen werden w\u00fcrde, wenn die Polarisation nicht, je weiter von den Elektroden, um so unvollkommner vor sich ginge. So jedoch bleibt eine unendlich kleine Wirkung \u00fcbrig. Aufserdem ist aber eine allm\u00e4lige Drehung der Ebene, in der die Polarisation stattfindet, um die Axe der Molekelreihe denkbar. Unter diesen Umst\u00e4nden kann also nach Aufsen keine Wirkung sichtbar werden.\nVerschiedene Methoden, den Nerven einem queren elektrischen Strom auszusetzen, haben wir bereits oben a. a. 0. kennen gelernt, als wir aus den in der Literatur der Reizversuche vorhandenen Zeus:-nissen uns eine Meinung zu bilden . suchten \u00fcber den Einflu\u00df jener Str\u00f6mungsrichtung auf die Erscheinungsweise der Zuckungen. Ich selbst nahm jedoch folgenden Weg, da ich anf\u00e4nglich Gr\u00fcnde zu haben glaubte, jene Verfahrungsarten s\u00e4mmtlich f\u00fcr mehr oder weniger ungeeignet zu halten.\nEine Glasplatte wurde erhitzt und mit Kolophoniumkitt bestrichen. In den Kitt wurden zwei erhitzte Platinbleche von 18mm L\u00e4nge und beil\u00e4ufig 10\"\u2122 Breite eingedr\u00fcckt, an welche Kupferdr\u00e4hte gel\u00f6thet waren. Die Bleche liefsen zwischen ihren langen Seiten einen an den Rand der Platte stofsenden Spalt mit parallelen R\u00e4ndern. Die kurzen auf den Spalt senkrechten Seiten der Bleche lagen an seinen beiden Enden die eine genau in der Verl\u00e4ngerung der anderen, so dafs auch zwischen ihren \u00e4ufsersten Punkten, hei Ueberhr\u00fcckung des Spaltes mit einem Leiter von gleichf\u00f6rmigem Widerstande, der Strom senkrecht auf d ie Axe des Spaltes zu gehen gezwungen war.\nDen Spalt wendete ich von verschiedenen Breiten an. Zuerst gab ich ihm nur 0.7n\u2122 Breite, so dafs ein in demselben gelagerter Nerv auf allen Punkten die beiden R\u00e4nder des Spaltes ber\u00fchrte. Als ich nun das Bauschende des Nerven wie gew\u00f6hnlich der L\u00e4nge nach ableitete,\n23\u201d","page":355},{"file":"p0356.txt","language":"de","ocr_de":"356\t3. Abschn. Kap. VII. \u00a7\u25a0 IL 4. Erscheinungsweise der\nund durch die erregte Strecke den Strom einer GROvE\u2019schen Kette gehen liefs, erhielt ich f\u00fcr die eine Richtung des Stromes Zunahme, fiir die andere Abnahme des Nervenstromes, als ob der Nerv der L\u00e4nge nach durchflossen gewesen w\u00e4re. Diejenige Str\u00f6mungsrichtung aber, die in dem einen Versuche positive Phase bewirkte, brachte in einem andern negative Phase hervor, und umgekehrt.\nDaraus ging hervor, dafs diese Wirkungen nicht herr\u00fchrten von dem Theile des Stromes, der den Nerven senkrecht traf, sondern h\u00f6chst wahrscheinlich von solchen, die, wegen Ungleichm\u00e4fsigkeiten des Widerstandes und der Ladungen, den Nerven unter einem mehr oder weniger spitzen Winkel durchliefen, also eine merkliche, seiner Axe parallele Componente besafsen. In der That, man hat sich nur zu denken, dafs, von vier einander zu zweien gegen\u00fcberliegenden Punkten z, p; z', p der R\u00e4nder der Platinbleche Z und P, z und p z. B. auf der sie verbindenden Geraden einen geringeren Widerstand oder eine geringere St\u00e4rke der Polarisation haben als z und p. Alsdann wird nicht die Str\u00f6mung gleichm\u00e4\u00dfig zwischen z und p, z und p geschehen, sondern der Strom zwischen z und p wird die Oberhand haben \u00fcber den zwischen z und p, und eine Resultante die Folge sein, welche eine auf die Verbindungslinie von z, p\\ z, p senkrechte oder der L\u00e4nge des Nerven nach gerichtete Componente von z, p nach z, p oder umgekehrt, je nach dem Sinne des Stromes, besitzt. Es ist klar, dafs dergleichen Verh\u00e4ltnisse durch Auflegen eines neuen Nerven, oder auch schon durch Wechseln der Lage eines und desselben, eine solche Ver\u00e4nderung erleiden k\u00f6nnen, dafs die der Nervenaxe parallele Componente das eine Mal die eine, das andere Mal die andere Str\u00f6mungsrichtung inneh\u00e4lt, und so Anlafs werden kann zum Erscheinen bald der positiven, bald der negativen Phase f\u00fcr einen und denselben Sinn des erregenden Stromes zwischen den Blechen.\nDer Erfolg blieb der n\u00e4mliche, als ich den Spalt bis auf 7mm erweiterte, und auf die Platinbleche vieldoppelte mit Eivveifs getr\u00e4nkte Fliefspapierstreifen legte, die sie in einer weit gr\u00f6fseren Ausdehnung und allem Vermuthen nach auch viel gleichf\u00f6rmiger ber\u00fchrten als vorher der Nerv. In der Mitte der Breite des Spaltes liefsen sie wieder einen Zwischenraum zwischen sich, gerade breit genug, um einen Nerven aufzunehmen. Ich hatte gehofft, dafs bei dieser Anordnung der Einflufs von Unregclm\u00e4fsigkeiten der Leitung und Ladung sich mehr ausgleichen w\u00fcrde; diese Erwartung wurde jedoch get\u00e4uscht.\nLegte ich auf die B\u00e4usche ein Glimmerblatt auf, auf dieses aber zwei vieldoppelte mit Eiweifs getr\u00e4nkte Fliefspapierstreifen, welche zu beiden Seiten das Glimmerblatt \u00fcberragten, so dafs jeder von ihnen","page":356},{"file":"p0357.txt","language":"de","ocr_de":"s\u00e4ulenartigen Polarisation bei querer Erregung des Nerven. 357\neinen der B\u00e4usche ber\u00fchrte, w\u00e4hrend zwischen denselben ein Spalt \u00fcbrig blieb, breit genug einen Nerven aufzunehmen ; brachte ich dann in diesen Spalt das abzuleitende Ende eines Nerven, der auf die obige Weise grofsentheils quer erregt wurde, und dessen Ableitung also auch quer geschah: so nahm ich nie eine Spur von Wirkung beim Umlegen der Wippe wahr.\nVergebens suchte ich eine Art ausfindig zu machen, bei der beschriebenen Methode zur queren Erregung des Nerven wenigstens den Nachweis zu f\u00fchren, dafs die Wirkung immer schw\u00e4cher ausfalle als bei der Erregung des Nerven der L\u00e4nge nach, unter der Voraussetzung nat\u00fcrlich eines gleichen Abstandes des letzten unmittelbar erregten Punktes von den B\u00e4uschen. Meine Bem\u00fchungen scheiterten an der Unm\u00f6glichkeit, in beiden F\u00e4llen den Nerven einem Strome von gleicher Dichtigkeit auszusetzen.\nIch habe nicht unterlassen wollen, diese allerdings wenig gelungenen Versuche dem Leser mitzutheilen, weil die Verfahrungsarten, auf denen sie beruhen, sich unwillk\u00fcrlich Jedem zuerst aufdr\u00e4ngen werden und theoretisch den nun folgenden weit \u00fcberlegen scheinen, obschon damit, wie man sieht, nicht viel anzufangen ist. Ich selbst kehrte endlich, durch Schaden klug geworden, einfach zur\u00fcck zu der von dem alten Galvani angewendeten, ebenso sinnreichen als leicht zu verwirklichenden Methode der queren Erregung des Nerven, wodurch ich auch bald zum Ziele gelangte. Sie besteht darin (S. oben Bd. I. S. 296), den Nerven senkrecht \u00fcber einen vom Strom durchflossenen feuchten Faden zu betten. Der Vortheil derselben liegt darin, dafs, wegen der geringen Breite der Strombahn in dem Nerven, einmal \u00fcberhaupt weniger Gelegenheit gew\u00e4hrt ist zur Bildung von Str\u00f6men, die der Axe des Nerven entlang verlaufen, f\u00fcrs zweite die doch noch etwa stattfindenden Unregelm\u00e4fsigkeiten der Art immer nur Str\u00f6me erzeugen k\u00f6nnen, welche den Nerven unter einem mehr oder weniger rechten Winkel treffen, ln der That wurde meine, Aufmerksamkeit auf dies Verfahren gelenkt durch die Wahrnehmung, dafs in meinen vorigen Versuchen h\u00e4ufig die Wirkung ungleich schw\u00e4cher ausfiel, wenn der Nerv nur noch in einer sehr kurzen Strecke, 1.0\u2014 1.5\"\u201d\", den Spalt an seinem den B\u00e4uschen entsprechenden Ende iiberbriiekte, obschon alsdann die Dichtigkeit des Stromes in demselben auf keinen Fall kleiner, eher etwas gr\u00f6fser ausfallen konnte, als beim Schliefsen durch eine l\u00e4ngere Strecke.\nDie Vorrichtung, deren ich mich bediente, ist Fig. 112. Taf. III. abgebildet. Auf einen Spiegelglasstreifen von 35\"\"\" Breite, der in die wagerechte Klemme des allgemeinen Tr\u00e4gers eingespannt wird, ist eine","page":357},{"file":"p0358.txt","language":"de","ocr_de":"35S\t<?. Abschn. Kap. VIL \u00a7\u25a0 IL 4. Erscheinungsweise der\nd\u00fcnne Korkplatte gekittet. Zu beiden Seiten derselben sind Platinblcche aufgeklebt, an welche Kupferdr\u00e4hte gel\u00f6tbet sind, welche zur Kette gehen. Auf den Blechen ruhen vieldoppelte Fliefspapierstreifen, welche mit ges\u00e4ttigter Salzl\u00f6sung getr\u00e4nkt sind. Ein mit Eiweifs getr\u00e4nkter Zwirnsfaden ist mit Nadeln \u00fcber die Korkplatte gespannt und seine Enden ruhen auf den Fliefspapierstreifen. Diese letzteren haben, wie man leicht erkennt, zum Zweck, die Stromst\u00e4rke zu vermehren durch Verminderung der Polarisation, welche an dem Ber\u00fchrungspunkte des Fadens allein mit dem Platin eine zu betr\u00e4chtliche H\u00f6he erreichen w\u00fcrde.\nMit H\u00fclfe dieser Anordnung nun fand ich, dafs meistens, wenn der Nerv sorgf\u00e4ltig senkrecht \u00fcber den Faden gebettet wird, keine oder nur sehr schwache und unregelm\u00e4fsige Spuren von s\u00e4ulenartiger Polarisation sich kundgaben. Legt man den Nerven schr\u00e4g \u00fcber den Faden, oder gar demselben in einer ganz kurzen Strecke entlang, wobei die Dichtigkeit des Stromes im Nerven keine merkliche Ver\u00e4nderung erfahren kann, so treten sofort lebhafte Phasen in der geforderten Richtung ein. Ich halte es durch diese Versuche f\u00fcr aufser Zweifel gesetzt, dafs die senkrechte Str\u00f6mungsrichtung unverm\u00f6gend ist, im Nerven eine Anordnung der dipolar elektromotorischen Molekeln zu bewirken, welche sich aufserhalb der unmittelbar betroffenen Strecke durch Stromerzeu'runH' kund zu geben verm\u00f6chte.\nIch habe bei dieser Gelegenheit und mit denselben Vorrichtungen auch einige Versuche angestellt \u00fcber das Ausbleiben der Zuckungen bei der queren Erregung des Nerven, welches Galvani und v. Humboldt gleichzeitig bekannt gemacht und nach ihnen mehrere Forscher best\u00e4tigt, andere in Zweifel gestellt haben (S. oben a. a. 0.). Ich verfuhr auf verschiedene Weise, entweder indem ich blofs den Nerven des isolirten strompr\u00fcfenden Schenkels der queren Erregung aussetzte, oder auch indem ich gleichzeitig an seinem Hirnende die s\u00e4uleuartige Polarisation beobachtete. Alsdann war der strompr\u00fcfende Schenkel wie in Fig. 19. Taf. III. Bd. I. auf die dazu bestimmte Glasplatte mit F\u00e4den oder Kautschukringen befestigt, und die Platte am allgemeinen Tr\u00e4ger oberhalb und hinter der stromzuf\u00fchrenden Vorrichtung angebracht. Damit nicht der Nerv durch die Zuckungen in seiner Lage gest\u00f6rt w\u00fcrde, war er zwischen dem Kniegelenk und jener Vorrichtung irgendwo auf einem Korkstege mit Insectennadeln festgesteckt. Es fand sich, dafs zwischen der Erscheinungsweise der Zuckungen und der der s\u00e4ulenartigen Polarisation eine vollkommene Uebereinstimmung herrschte. Bei Anwendung des Spaltes zwischen den stromzuf\u00fchrenden Blechen oder feuchten Fliefspapierstreifen, den der Nerv in grofser L\u00e4nge \u00fcberbr\u00fcckt, fanden Zuckungen statt und zwar blieb f\u00fcr eine","page":358},{"file":"p0359.txt","language":"de","ocr_de":"s\u00e4ulenartigen Polarisation bei querer Erregung des Nerven. 359\nund dieselbe Str\u00f6mungsrichtung zwischen den Blechen u. s. w. bald die Oeffnungs- und bald die Schliefsungszuckung aus. Dies deutete, nach dem oben Bd. I. S. 303 fl', dargelegten Gesetze der Zuckungen, auf eine beziehlich bald absteigende bald aufsteigende, der Axe der Nervenr\u00f6hren parallele Stromcomponente in dem Nerven. Diese Com-ponente fiel der Richtung nach zusammen mit derjenigen, welche die s\u00e4ulenartige Polarisation anzeigte. Wurde die durchstr\u00f6mte Strecke sehr abgek\u00fcrzt, so fehlten h\u00e4ufig die Zuckungen. Mit dem feuchten Faden wrar es sehr leicht, g\u00e4nzliche Ruhe des strompriifenden Schenkels, sowohl beim Oeflhen und Schliefsen der Kette, als beim Umlegen der Wippe zu erzielen. Nur mufste die Stromst\u00e4rke keine zu bedeutende sein. Matteucci\u2019s oben Bd. I. S. 297. 298 mitgetheilte Ergebnisse sind mir daher, wie ich bekennen mufs, unbegreiflich. Bei einer geringen Abweichung des Nerven von der auf den Faden senkrechten Richtung traten sofort Zuckungen ein.\nSchliefslich ist noch folgendes zu erw\u00e4hnen. Ich kam auf den Gedanken, ob nicht die Zuckungen und die s\u00e4ulenartige Polarisation, welche bei der queren Erregung unter Umst\u00e4nden wahrgenommen werden, daher r\u00fchren m\u00f6chten, dafs die Bedingung des Senkrechtdurchstr\u00f6mt-seins stets nur mangelhaft erf\u00fcllt ist wegen der geschl\u00e4ngelten Lage der Primitivr\u00f6hren in den Nerven, die Fontaxa entdeckte und dadurch das schraubenf\u00f6rmig geb\u00e4nderte Ansehen feinerer Nerven erkl\u00e4rte.1 Ich versuchte daher, ob die Zuckungen auch dann noch erscheinen w\u00fcrden, wenn der Nerv bis zum Verschwinden der B\u00e4nderung sanft ausgespannt w\u00fcrde. Dies geschah, indem ich das obere Ende des Nerven auf ein Korkst\u00fcckchen jenseit der stromzuf\u00fchrenden Bleche feststeckte, und den Unterschenkel selbst als Gewicht benutzte, wodurch der Nerv \u00fcber einen Korksteg fort ausgespannt gehalten wurde. Die Erscheinungsweise blieb indefs dieselbe, und danach hatte ich, wie die Folge lehren wird, keinen Grund mehr, den Versuch auch noch f\u00fcr die s\u00e4ulenartige Polarisation anzustellen, was \u00fcberdies seine eigenen Schwierigkeiten gehabt haben w\u00fcrde.\n5. Von dem Einfl\u00fcsse der Entfernung der abgeleiteten von der erregten Strecke auf die scheinbare Gr\u00f6fse des Zuwachses im elektrotonischen Zustande.\nDie bisher betrachteten unter den Umst\u00e4nden, welche von Einflufs auf die Gr\u00f6fse des Zuwachses im elektrotonischen Zustande sind, waren\n1 Abhandlung \u00fcber das Viperngift u. s. w. Berlin 1787. 4f S. 362. *","page":359},{"file":"p0360.txt","language":"de","ocr_de":"360 3. Ab s dm. Kap. Vil. \u00a7. IL 5. Von dem Einfl\u00fcsse des Abstandes\nder Art, dafs dieser Einflufs beruhte auf der gr\u00f6fseren oder geringeren Vollkommenheit, womit die s\u00e4ulenartige Polarisation zu Stande kommt. Jetzt gehen wir \u00fcber zur Ber\u00fccksichtigung einiger Punkte, von denen, bei gleicher St\u00e4rke und Beschaffenheit des elektrotonischen Zustandes des Nerven, die Gr\u00f6fse der Wirkungen abh\u00e4ngt, die er nach dem Gesetze der S\u00e4ule in dem Multiplicatorkreise zu erzeugen vermag.\nEs hat schon im vorigen Paragraphen bemerkt werden m\u00fcssen, dafs die Gr\u00f6fse des Zuwachses mit der Entfernung von den Elektroden immer mehr abnimmt (S. oben S. 299. 307. 317. 325). Wir haben diesen Umstand sogar schon in die Curve des Zuwachses aufgenommen, wie sie in der Fig. 105. Taf. III. entworfen worden ist. Er ist in der That so auffallend, dafs zu seiner Wahrnehmung meist keine weitere k\u00fcnstliche Versuchsweisen geh\u00f6ren. Es gen\u00fcgt, die Ver\u00e4nderung des Nerven-stromes beim Eintritt des elektrotonischen Zustandes, sei\u2019s in der einen, sei\u2019s in der andern Phase, nach einander bei zwei oder mehreren verschieden weit von dem vorderen Platinblech entfernten Stellunsen der B\u00e4usche zu beobachten, um sich von dem Wachsen dieser Ver\u00e4nderung in einem umgekehrten Verh\u00e4ltnifs der Entfernung der abgeleiteten von der erregten Strecke zu \u00fcberzeugen.\nHandelt es sich aber um einen methodischen Nachweis dieses Verhaltens, so kann man folgendermafsen verfahren. Man l\u00e4l\u2019st die Nadel unter dem Einflufs des urspr\u00fcnglichen Ncrvenstromes und des positiven oder negativen Zuwachses eine feste Stellung annehraen, hebt dann den Nerven f\u00fcr einen Augenblick von den B\u00e4uschen ab, r\u00fcckt die stromzuf\u00fchrende Vorrichtung nach Bed\u00fcrfnifs n\u00e4her oder entfernter, und l\u00e4fst den Nerven wieder zur Ber\u00fchrung mit den B\u00e4uschen herabsinken, ehe die Nadel einen merklichen R\u00fcckschwung hat beschreiben k\u00f6nnen. Es findet ein Ausschlag in dem Sinne der gerade obwaltenden Phase statt, wenn man den Abstand der Bleche von den B\u00e4uschen verk\u00fcrzt hat, ein Ausschlag in entgegengesetzter Richtung, wenn man ihn verl\u00e4ngert hat. Diese Versuchsweise leidet indefs an dem Uebelstande, dafs man mit der Lage der B\u00e4usche an dem Nerven die St\u00e4rke seines urspr\u00fcnglichen Stromes unfehlbar ver\u00e4ndert, welcher, wie man sich erinnert, w\u00e4hrend des elektrotonischen Zustandes nicht zu kreisen aufgeh\u00f6rt hat (S. oben S. 316. 325). So lange man sich n\u00e4mlich mit beiden B\u00e4uschen diesseit des elektromotorischen Aequators aufh\u00e4lt, nimmt der Nervenstrom, gem\u00e4fs der Curve der Stromst\u00e4rken (S. oben S. 264), mit der Entfernung von dem Endquerschnitt ab; \u00fcber den Aequator hinaus verkehrt er seine Richtung. Beobachtet man also bei negativer Phase die Wirkung der Vergr\u00f6\u00dferung des Abstandes zwischen Blechen und B\u00e4uschen, so weifs man nicht, welcher Theil des wahrgenommencn","page":360},{"file":"p0361.txt","language":"de","ocr_de":"zwischen Blechen und B\u00e4uschen auf die Gr\u00f6fse des Zuwachses. 3(JJ\npositiven Erfolges der Vergr\u00f6fserung des urspr\u00fcnglichen Nervenstromes, welcher der Verkleinerung des negativen Zuwachses zukomrat. In dieselbe Zweideutigkeit ger\u00e4th der Versuch, wenn man die Strecke zwischen Blechen und B\u00e4uschen verk\u00fcrzt; sowohl die Ver\u00e4nderung des urspr\u00fcnglichen Stromes als die der scheinbaren Gr\u00f6fse des Zuwachses verlangen einen R\u00fcckschwung der Nadel. Die Beobachtung der positiven Phase ist zwar von diesem Mangel frei, da die Wirkung auf den Zuwachs immer die entgegengesetzte ist von der auf den urspr\u00fcnglichen Strom; aber eben deshalb wird der Erfolg minder ausgesprochen erscheinen. Dazu kommt noch, dafs man bei dieser Versuchsweise, welche auf das Abwarten best\u00e4ndiger Ablenkungen durch den Zuwachs berechnet ist, keine sehr starken erregenden Kr\u00e4fte anwenden darf.\nEs ist daher nachstehendem Verfahren bei weitem der Vorzug zu geben, wobei nicht die abgeleitete Strecke der erregten, sondern die letztere der ersteren abwechselnd n\u00e4her und entfernter gebracht wird, der urspr\u00fcngliche Nervenstroin also best\u00e4ndig verharrt. Man wendet abermals, wie oben S. 337, drei Platinbleche in dem Elfenbeinw\u00fcrfel der stromzuf\u00fchrenden Vorrichtung an, verbindet sie jedoch diesmal, wie Fig. 113. Taf. III. zeigt, s\u00e4mmtlich mit Quecksilbergef\u00e4fsen. Die beiden Enden der Kette laufen in zwei verquickte Kupferhaken aus, und diese \u00fcbertr\u00e4gt man abwechselnd aus dem ersten und zweiten in das zweite und dritte Quecksilbergef\u00e4fs und zur\u00fcck. Der erregende Strom begiebt sich alsdann z. B. bei positiver Phase beziehlich bald von dem ersten zum zweiten Platinblech in dem Nerven, bald von dem zweiten zum dritten. Nat\u00fcrlich mufs Sorge getragen werden, dafs die beiden \u00e4ufsersten Bleche in m\u00f6glichst gleicher Entfernung von dem mittleren stehen und dafs der Nerv alle drei an Stellen von m\u00f6glichst gleicher Breite ber\u00fchrt, damit n\u00e4mlich der erregende Strom keine andere Schwankung erleide, als die von den Ladungen herr\u00fchrt. Der Einflufs dieser ist, wie man leicht durchschaut, in dem ersten Augenblick der Ueber-tragung der Schliefsung stets ein die Stromst\u00e4rke vermehrender, da das mittlere Blech von der negativen zur positiven Elektrode wird, und umgekehrt, und die andere Elektrode sich durch eine frische ersetzt findet. Gleichwohl, und trotz den sonstigen Schwankungen der Stromst\u00e4rke, die doch wohl unvermeidlich sind, bemerkt man, wenn man die Schliefsung nach dem entfernteren Plattenpaare verlegt, stets eine Verminderung der Gr\u00f6fse des Zuwachses.\nDie Curve, in welcher die St\u00e4rke der Polarisation von den Elektroden aus nach den Enden des Nerven zu sinkt, ist aller Wahrscheinlichkeit nach, wie bereits oben S. 317 bemerkt wurde, gegen den als Abscissenaxe gedachten Nerven stark convex gebogen, und schliefst","page":361},{"file":"p0362.txt","language":"de","ocr_de":"362 \u2022>. Absehn. Kap. VII. \u00a7\u25a0 II. 5. Von dem Einfl\u00fcsse des Abstandes\nsich ihm in der Ferne asymptotisch an. Dies geht daraus hervor, dafs, in einiger Entfernung von den Elektroden eine Verr\u00fcckung der abgeleiteten Strecke um eine bestimmte Gr\u00f6fse eine viel kleinere Wirkung hervorbringt, als in der N\u00e4he derselben, eine Wirkung, welche zuletzt beinahe verschwindet. Eine absolute Bestimmung, auf welche Entfernung hin die s\u00e4ulenartige Polarisation am Nerven noch bemerkbar sei, l\u00e4fst sich begreiflich nicht geben, weil dabei die Empfindlichkeit des strompr\u00fcfenden Mittels in Betracht kommt. Ich selber kann nur sagen, dafs ich, auch bei den gr\u00f6fsten Entfernungen, \u00fcber welche ich an Froschnerven gebot, also unter Umst\u00e4nden mehreren CenLimetern Abstand zwischen den Blechen und B\u00e4uschen, bei hinreichender St\u00e4rke des erregenden Stromes und mit H\u00fclfe des Verfahrens des Umlegens (S. oben S. 300), stets noch im Stande gewesen bin, unzweideutige Spuren positiven und negativen Zuwachses wahrzunehmen.\nDie Curve des Zuwachses za\\()\\ZP2, Fig. 105. Taf. III. (Vergl. oben S. 317) hatte zur Ordinate die Gr\u00f6fse des Zuwachses f\u00fcr die verschiedenen Stellungen des ableitenden Bogens, aufgetragen auf die Mitte der Spannweite desselben. Denkt man sich diese Spannweite so klein, dafs f\u00fcr die von derselben umfafste Strecke (dx) der Nervenl\u00e4nge die elektromotorische Kraft des Nerven als best\u00e4ndig angesehen werden k\u00f6nne, denkt mau sich ferner die Division durch den Widerstand des Multiplicatorkreises + dem der abgeleiteten Strecke fortgelassen, so geht die Curve des Zuwachses \u00fcber in die Curve der St\u00e4rke der s\u00e4ulenartigen Polarisation, oder der dipolar elektromo torischen Kr\u00e4fte des Nerven im elektrotonischen Zustande. Heifse W der Widerstand des Multiplicatorkreises, m der des Nerven f\u00fcr die L\u00e4nge \u2014 i, y die Ordinate der Curve der dipolar elektromotorischen Kr\u00e4fte. Sei der Ursprung an die vordere Elektrode verlegt, endlich \u00df \u2014 a \u2014 n die L\u00e4nge der abgeleiteten Strecke, die wir uns auf der Seite der positiven Abscissen gelegen denken wollen, w\u00e4hrend sich die erregte Strecke vom Ursprung nach der entgegengesetzten Seite ausdehnt; so ist die scheinbare Gr\u00f6fse des Zuwachses z sichtlich ausgedr\u00fcckt durch\na\nund z ist die Ordinate der fr\u00fcher betrachteten Curve des Zuwachses\nf\u00fcr die Spannweite n des ableitenden Bogens; denn wir haben im Nenner den Widerstand der abgeleiteten Strecke + dem des Multiplicatorkreises, im Z\u00e4hler die Summe der in der abgeleiteten Strecke begriffenen elektromotorischen Kr\u00e4fte, dargestellt n\u00e4mlich durch den Fl\u00e4cheu-","page":362},{"file":"p0363.txt","language":"de","ocr_de":"zwischen Blechen und B\u00e4uschen auf die Gr\u00f6fse des Zuwachses. 363\nraum, den die abgeleitete Strecke nebst den Grenzordinaten und dem zugeh\u00f6rigen St\u00fccke der Curve der dipolar elektromotorischen Kr\u00e4fte umschliefst. Wir kennen nun zwar nicht die Function y \u2014 f (x)-, allein das Eine was wir von ihr wissen, dafs sie n\u00e4mlich mit dem Wachsen ihrer Ver\u00e4nderlichen stetig abnimmt, reicht hin, um den Schlufs zu ziehen, dafs z bezieh\u00fcch wachsen oder abnehmen m\u00fcsse, je nachdem man \u00df und a in \u00df + v und cc + v verwandelt, worauf, wie man leicht erkennt, der hier in Rede stehende Versuch hinausl\u00e4uft. Diese Zergliederung wird uns sogleich von einigem Nutzen werden.\nSchliefslich sei noch erw\u00e4hnt, dafs in keiner Weise daran zu denken ist, die Abh\u00e4ngigkeit der scheinbaren Gr\u00f6fse des Zuwachses von dem Abstande zwischen den Blechen und B\u00e4uschen abzuleiten von dem von uns sogenannten VALU-RiTTERSchen Gesetze der Abnahme der Leistungsf\u00e4higkeit des Nerven von seinem Urspr\u00fcnge nach seiner Ausbreitung hin (S. oben S. 286). Zwar werden wir in der Folge erfahren, dafs wirklich, woran gezweifelt werden konnte, dies Gesetz auch noch f\u00fcr einzelne ausgeschnittene Nervenst\u00fccke seine G\u00fcltigkeit beh\u00e4lt. Allein dasselbe erlangt seine Bedeutung immer erst nach einiger Dauer des Versuchs, w\u00e4hrend die hier betrachtete Abh\u00e4ngigkeit sich sofort in aller Gr\u00f6fse kundgiebt. Diese Gr\u00f6fse scheint \u00fcberhaupt der Art, dafs die Wirkung nicht jenem Umstande beigemessen werden k\u00f6nne. Endlich und vor Allem ist es sehr leicht, den Einllufs desselben dadurch auszuschliefsen, dafs man bald das Hirnende des Nerven auf die stromzuf\u00fchrenden Bleche, das Muskelende auf die B\u00e4usche auflegt, bald umgekehrt verf\u00e4hrt. In beiden F\u00e4llen ebenm\u00e4fsig w\u00e4chst die St\u00e4rke der s\u00e4ulenartigen Polarisation nach den Elektroden hin, und die Folge wird lehren, dafs dieser Versuch nun nicht wieder durch die M\u00f6glichkeit entkr\u00e4ftet werden kann, der elektrotonische Zustand pflanze sich in den Fasern der einen und der andern Gattung nur nach einer Richtung fort, w\u00e4hrend die Reihefolge des Absterhens der verschiedenen Punkte in beiden das umgekehrte Gesetz befolge.\n6. Von dem Einfl\u00fcsse der L\u00e4nge der abgeleiteten Strecke auf die scheinbare Gr\u00f6fse des Zuwachses im elektrotonischen\nZustande.\nDas Wesen des elektrotonischen Zustandes besteht, wie wir oben S. 320 ff. gesehen haben, aller Wahrscheinlichkeit nach darin, dafs die dipolaren Nervenmolekeln, welche f\u00fcr gew\u00f6hnlich zu peripolaren Gruppen zusammengef\u00fcgt sind, durch den Strom mehr oder weniger vollkommen nach dem Bilde der S\u00e4ule angeordnet werden ; das Gesetz der S\u00e4ule","page":363},{"file":"p0364.txt","language":"de","ocr_de":"364\t3. Absclm, Kap. Vil. \u00a7. 11. 6. Von dem Einfl\u00fcsse der L\u00e4nge\ndurchdringt sich w\u00e4hrenddem in dem Nerven mit dem urspr\u00fcnglichen Wirkungsgesetze der thierischen Erreger. Wir haben uns zur Zeit angelegentlich danach erkundigt, welche Ab\u00e4nderung das letztere wohl dadurch erleiden m\u00f6ge, dafs dem ableitenden Bogen bald eine gr\u00f6fsere, bald eine geringere Spannweite ertheilt wird (S. oben S. 265); jetzt obliegt uns, dieselbe Ermittelung auch auf die neue Anordnung der elektromotorischen Kr\u00e4fte des Nerven im elektrotonischcn Zustand aus-zudehneu.\nSehen wir f\u00fcr einen Augenblick ab von der noch fortdauernden Wirksamkeit des Nerven nach dem urspr\u00fcnglichen Gesetze, und halten wir allein die Kr\u00e4fte im Auge, die von den s\u00e4ulenartig angeordneten dipolaren Nervenmolekeln ausgehen, so ist klar, kommt die Vergr\u00f6fse-rung der Spannweite des Bogens oder die Verl\u00e4ngerung der abgeleiteten Strecke im Wesentlichsten \u00fcberein mit einem uns in der anorganischen Elektricit\u00e4tslehre durchaus gel\u00e4ufigen Falle, dem n\u00e4mlich der Einf\u00fchrung neuer Plattenpaare in den Kreis einer S\u00e4ule und einer strompr\u00fcfenden Vorrichtung. Man erinnert sich (S. oben Bd. I. S. 231), dafs die Folge dieses Verfahrens nicht nothwendig eine Vermehrung der Stromst\u00e4rke ist. Sondern eine solche findet nur dann statt, wenn durch die Einschaltung der neuen Kettenglieder die Summe der elektromotorischen Kr\u00e4fte in rascherem Mafse gewachsen ist, als die Summe der Widerst\u00e4nde. Haben die neueingef\u00fchrten Plattenpaare alle gleiche elektromotorische Kraft untereinander und mit den bereits vorhandenen, so ist also eine merkliche Verst\u00e4rkung des Stromes nur m\u00f6glich unter der Voraussetzung, dafs ein Widerstand aufserhalb der Kette, ein aufser-wesentlicher Widerstand, vorhanden sei, der gegen den Widerstand in der Kette, den wesentlichen Widerstand, nicht verschwinde. Ist die elektromotorische Kraft der neuen Elemente der der bereits vorhandenen \u00fcberlegen, ihr Widerstand dem Widerstande derselben aber gleich, so findet unter allen Umst\u00e4nden Stromvermehrung statt, auch dann, wenn der aufservvesentliche Widerstand verschwinden sollte gegen den wesentlichen. Denn man hat alsdann den Ausdruck\nn k nto\nverwandelt in den\nnk + vx\t, .\n-----------.... tu)\num -t-vw\nwo x > k. Ist hingegen die elektromotorische Kraft der neuen Elemente der der bereits vorhandenen unterlegen, ihr Widerstand dem Widerstande derselben jedoch fortw\u00e4hrend gleich, so sind verschiedene M\u00f6glichkeiten denkbar. Man verwandelt n\u00e4mlich den Ausdruck","page":364},{"file":"p0365.txt","language":"de","ocr_de":"der abgeleiteten Strecke auf die Grofse des Zuwachses.\n365\nnI\n\u2022 (m)\nTl W + \\V\nwo W den aufserwesentlichen Widerstand bedeutet, in den\nTi Je + vx\n(iv)\nTi m + vw + W\nwo x < k. Der Erfolg dieser Ver\u00e4nderung aber ist abh\u00e4ngig von dem Unterschiede der Br\u00fcche\nk\tTito + W\n\u2014 und ------------.\nx\tn m\nIst der erste der gr\u00f6fsere, so findet Verminderung statt, ist er der kleinere, Vermehrung, ist der Unterschied Null, so bleibt sich die Stromst\u00e4rke gleich. Man sieht also, dafs wenn W nur klein ist im Verh\u00e4ltnis zu um, x nicht sehr viel kleiner zu sein braucht als k, damit Schw\u00e4chung des Stromes eintrete.\nDiese Er\u00f6rterung gen\u00fcgt und war nothwendig, um den uns vorliegenden Fall zu beurtheilen. Da n\u00e4mlich die St\u00e4rke der s\u00e4ulenartigen Polarisation in einem umgekehrten Verh\u00e4ltnisse zur Entfernung von den Elektroden sich ver\u00e4ndert, so ist klar, dafs wir es, beim Verl\u00e4ngern und Verk\u00fcrzen der abgeleiteten Strecke, nicht wie bei einer S\u00e4ule zu thun haben mit einer Reihe erregender Glieder von gleicher Kraft, sondern die hier gestellte Frage l\u00e4uft, analytisch ausgedr\u00fcckt, darauf hinaus, wie der Ausdruck (i) f\u00fcr z (S. oben S. 362) ver\u00e4ndert werde, wenn entweder statt \u00df, \u00df + v, oder statt a, a \u2014 v gesetzt wird, oder endlich beide Ver\u00e4nderungen gleichzeitig vorgenomraen werden. Um dieselbe zu beantworten, reicht aber unsere Kenntnifs von der Function y \u2014 f (ec) im Verein mit der vorstehenden Zergliederung eines einfacheren Falles in der That aus, wenigstens bis zu einer gewissen Grenze.\nSetzen wir n\u00e4mlich das bestimmte Integral in (i) gleich 7ik, wo n wie fr\u00fcher = \u00df \u2014 cc, folglich k gleich der mittleren von allen zwischen a und \u00df begriffenen Ordinaten, so ist die Formel (i) in die ( in ) verwandelt. Jetzt nehme a ab bis zu d und es sei a \u2014 d \u2014 v, das Integral von y . dx zwischen den Grenzen d und a aber vx; so wissen wir soviel als dafs x >\u25a0 k und wir haben den in (n) betrachteten Fall vor uns: d. h. selbst wenn W \u20140 w\u00e4re, m\u00fcfste Vermehrung der Stromst\u00e4rke die Folge der Verkleinerung von \u00ab sein; die scheinbare Gr\u00f6fse des Zuwachses mufs unter allen Umst\u00e4nden zunehmen, wenn der den Elektroden n\u00e4here Fufspunkt denselben noch n\u00e4her gebracht wird. Umgekehrt denken wir uns jetzt, dafs a best\u00e4ndig bleibe, hingegen \u00df zunehme zu \u00df', und es sei diesmal \u00df'\u2014\u00df \u2014 v, das bestimmte Integral zwischen den Grenzen \u00df' und \u00df aber wieder \u2014 vx; so wissen wir abermals so viel als dafs diesmal x < k.","page":365},{"file":"p0366.txt","language":"de","ocr_de":"366\t3. Abschn. Kap. VII. \u00a7\u25a0 II. 6. Von dem Einfl\u00fcsse der L\u00e4nge\nEs treten also die auf Formel (iv) bez\u00fcglichen Schl\u00fcsse in Kraft, d. h., es wird von der Beziehung zwischen den verschiedenen in den Ausdruck eingehenden Gr\u00f6fsen abh\u00e4ngen, ob entweder Zunahme, oder Abnahme, oder Gleichbleiben der Gr\u00f6fse des Zuwachses die Verschiebung des von den Elektroden entfernteren Fufspunktes nach dem Ende des Nerven zu begleitet. Ist W, der aufserwesentliche Widerstand, wie in unserem Falle, sehr klein ira Verh\u00e4ltnisse zu nre, so ist jedoch Abnahme der Gr\u00f6fse des Zuwachses mit \u00fcberwiegender Wahrscheinlichkeit zu gew\u00e4rtigen. Was, bei dem gleichzeitigen Schwanken der Werlhe beider Grenzen im entgegengesetzten Sinne eintreten mufs, l\u00e4fst sich auf demselben Wege beurtheilen; indessen wird einerseits das theoretische Erw\u00e4gen der mannigfaltigen dabei in Betracht kommenden M\u00f6glichkeiten noch verwickelter, andererseits l\u00e4fst sich der Versuch auf diesen Fall nicht mit Sicherheit ausdehnen.\nEhe wir zu diesem \u00fcbergehen, und sein Ergebnifs mit dem vorhergesagten vergleichen, ist nun noch zu erw\u00e4gen, was wir zeitweise bei Seite gesetzt hatten, dafs n\u00e4mlich die Ver\u00e4nderung der Spannweite des ableitenden Bogens noch eine Ver\u00e4nderung des urspr\u00fcnglichen Nerven-stromes nach sich zieht, der w\u00e4hrend des elektrotonischen Zustandes zugleich mit der dipolar elektromotorischen Th\u00e4tigkeit herrscht. Diese Ver\u00e4nderung besteht, wie wir zur Gen\u00fcge wissen, darin, dafs, so lange wir uns mit den Fufspunkten des Bogens diesseit des Aequa-tors aufhalten, eine Vergr\u00f6fserung der Spannweite stets eine solche des urspr\u00fcnglichen Nervenstromes mit sich bringt, und zwar eine gr\u00f6fsere, wenn die Spannweite nach dem Querschnitte des Nerven hin ausgedehnt wird, eine kleinere, wenn nach dem elektromotorischen Aequator zu. Diese Wirkung setzt sich also zusammen mit der, welche die Ver\u00e4nderung der Spannweite auf die scheinbare Gr\u00f6fse des Zuwachses aus\u00fcbt.\nBetreffend die Ausf\u00fchrung des Versuches ist folgendes zu sagen. Damit man die Spannweite sowohl nach der einen als nach der anderen Seite hin ausdehnen k\u00f6nne, mufs der Nerv nicht mit L\u00e4ngs- und Querschnitt , sondern mit zweien Punkten des L\u00e4ngsschnittes allein aufliegen. Der Bausch, auf dem der Querschnitt ruht, ist mit einem Glimmerbl\u00e4ttchen in hergebrachter Weise zu versehen, um die Ber\u00fchrung zwischen beiden zu verh\u00fcten. Man hebt alsdann den Nerven, mit H\u00fclfe des oben S. 343 bezeichneten Hakens, sanft in die H\u00f6he, indem man entweder den einen oder den anderen Ber\u00fchrungspunkt unverr\u00fcckt l\u00e4fst, verschiebt in passender Weise das Zuleitungsgef\u00e4fs, welches dem zu ver\u00e4ndernden Ber\u00fchrungspunkte entspricht, und l\u00e4fst den Nerven wieder zur Ber\u00fchrung herabsinken. Dies kann, wie schon bei","page":366},{"file":"p0367.txt","language":"de","ocr_de":"der abgeleiteten Strecke auf die GrlSfsc des Zuwachses. 367\nmehreren fr\u00fcheren Gelegenheiten bemerkt wurde, wegen der Langsamkeit der Nadelbewegungen leicht so schnell geschehen, dafs die durch den urspr\u00fcnglichen Nervenstrom + dem Zuwachse in best\u00e4ndiger Ablenkung gehaltene Nadel keine Zeit findet, einen merklichen R\u00fcckschwung zu beschreiben.\nEs herrsche nun positive Phase; so mufs, wenn wir den den Elektroden n\u00e4heren Fufspunkt noch weiter der erregten Strecke zuschieben, ein Ausschlag erfolgen in dem Sinne des urspr\u00fcnglichen Nervenstromes, herr\u00fchrend von der Vermehrung der Gr\u00f6fse dieses sowohl als des Zuwachses. Dies ist wirklich stets der Fall.\nHerrscht negative Phase, so mufs, wegen Vergr\u00f6fserung des Zuwachses, ein Ausschlag sich kundgeben in der dem urspr\u00fcnglichen Nervenstrom entgegengesetzten Richtung; aber wegen Vermehrung des urspr\u00fcnglichen Nervenstromes wird derselbe kleiner erscheinen k\u00f6nnen, als dies bei der positiven Phase der Fall war; ja es wird, wenn die St\u00e4rke des erregenden Stromes sehr gering ist und in grofser Entfernung von den Elektroden verfahren wird, die Wirkung Null sein oder gar die Richtung des urspr\u00fcnglichen Stromes einhalten d\u00fcrfen. Unter den Verh\u00e4ltnissen, unter welchen ich die Pr\u00fcfung anstellte, gab sich jedoch stets die vermehrte Gr\u00f6fse der negativen Phase zu erkennen.\nBetrachten wir jetzt die Verschiebung des von den Elektroden abgewandten Fufspunktes des Bogens. Hier k\u00f6nnen wir, wie aus dem Obigen hervorgeht, nicht mit Bestimmtheit den Erfolg im Voraus verk\u00fcndigen; wir m\u00fcssen uns begn\u00fcgen damit, dafs wir den beobachteten zu erkl\u00e4ren im Stande sind. In der positiven Phase erfolgt meist ein R\u00fcckschwung im Sinne der Ladungen des urspr\u00fcnglichen Nervenstromes. Es hat also eine Verminderung der Gr\u00f6fse des Zuwachses stattgefunden wegen Kleinheit des aufserwesentlichen Widerstandes und hat die Vermehrung des urspr\u00fcnglichen Nervenstromes \u00fcberwogen. Doch kommt es, bei schwachen erregenden Stromeskr\u00e4ften, grofser Entfernung von den Elektroden und grofser N\u00e4he des Querschnittes auch vor, dafs ein Ausschlag im positiven Sinne die Folge ist. In der negativen Phase tritt ein Ausschlag in dem Sinne des urspr\u00fcnglichen Nervenstromes ein; nat\u00fcrlich, denn die Gr\u00f6fse des negativen Zuwachses hat abgenommen, und die des urspr\u00fcnglichen Nervenstromes ist vermehrt worden. Es zeigt sich demnach hier nichts, was nicht sehr gut mit den obigen Grunds\u00e4tzen im Einklang st\u00e4nde, wenn es auch, aus leicht zu ermessenden Gr\u00fcnden, unm\u00f6glich scheint, das Stattfinden einer Verminderung des Zuwachses an der Stelle einer Vermehrung mit Strenge abzuleiten aus der Gr\u00f6fsebeziehung zwischen den verschiedenen Kr\u00e4ften und Widerst\u00e4nden, welche in den Ausdruck f\u00fcr seine Gr\u00f6fse eingehen.","page":367},{"file":"p0368.txt","language":"de","ocr_de":"368\n3. Absehn. Kap. VIL \u00a7, IL 7. Von dem Einfl\u00fcsse\n7. Von dem Einfl\u00fcsse des Querschnittes des Nerven auf die\nscheinbare Gr\u00f6fse des Zuwachses im elektrotonischen Zustande.\nDiese Ermittelung w\u00fcrde sich theoretisch sehr einfach gestalten, wenn die elektromotorischen Kr\u00e4fte, auf denen der Zuwachs beruht, auf allen Punkten eines Querschnittes des Nerven, welcher dergleichen enth\u00e4lt, tli\u00e4tig w\u00e4ren. Alsdann w\u00fcrde sich\u2019s von selbst verstehen, dafs die St\u00e4rke des Stromes, den diese Kr\u00e4fte im Multiplicatorkreis erzeugen, mit dem Querschnitt der abgeleiteten Strecke zun\u00e4hme, so lange nicht ihr Widerstand verschw\u00e4nde gegen den jenes Kreises. Das Ver-h\u00e4ltnifs wird aber verwickelt durch den Umstand, dafs wir uns in jedem Querschnitte des Nerven aufser den elektromotorisch wirksamen Punkten auch solche denken m\u00fcssen, die nur einfach leitend sind, n\u00e4mlich ohne nur auf die Beschaffenheit des Inhaltes der Primitivr\u00f6hreu R\u00fccksicht zu nehmen, die H\u00fcllen dieser R\u00f6hren und die Bindegeweb-scheide des Nerven. Aber auch zwischen den elektromotorischen Molekeln selber haben wir uns, zufolge, der nat\u00fcrlichsten Annahme, welche \u00fcber deren Anordnung gemacht werden kann, Lagen unwirksamen feuchten Leiters vorzustellen. Alle diese Stellen in jedem Querschnitt des Nerven treten, gegen\u00fcber den mit elektromotorischen Kr\u00e4ften begabten, als Nebenschliefsung auf.\nDie dipolare Anordnung elektromotorischer Molekeln ist zwar, wie bereits oben S. 327 bemerkt wurde, zur Hervorbringung nach aufsen gerichteter Stromeswirkungen eine bei weitem g\u00fcnstigere als die peripolare. Nichtsdestoweniger gilt, beil\u00e4ufig gesagt, jener Nebenschliefsun-gen halber, f\u00fcr die Nerven im elektrotonischen Zustande immer noch dasjenige, was oben Bd. I. S. 688. 689. Bd. II. S. 271 hinsichts der Erreger mit peripolarer Anordnung bemerkt wurde, dafs n\u00e4mlich die Kraft, mit der sie nach Aufsen wirken, nicht geeignet sei, eine Vorstellung zu geben von der Gr\u00f6fse der in ihrem Innern wirklich th\u00e4tigen Stromeskr\u00e4fte. Um so weniger vollends ist dies hier der Fall, als, wie gleichfalls oben S. 325 er\u00f6rtert worden ist, die dipolare Anordnung der elektromotorischen Molekeln, wenigstens aufserhalb der Elektroden, doch stets nur eine mehr oder minder unvollkommene sein d\u00fcrfte.\nWas nun die Frage betrifft, welchen Einflufs unter diesen Umst\u00e4nden, bei Gegenwart derartiger Nehenschliefsungeu, eine Vergr\u00f6fserung des Querschnittes des Nerven auf die scheinbare Gr\u00f6fse des Zuwachses aus\u00fcben m\u00fcsse, so ist leicht zu sehen, dafs die Beantwortung derselben die Erledigung einer Vorfrage voraussetzt, n\u00e4mlich derjenigen, ob bei jener Vergr\u00f6fserung das Verh\u00e4ltnifs der wirksamen Punkte zu den un-","page":368},{"file":"p0369.txt","language":"de","ocr_de":"des Querschnittes des Nerven auf die Gr\u00f6fse des Zuwachses. 369\nwirksamen sich gleich bleibe oder sich ver\u00e4ndere, und ob im letzteren Falle die Zahl der wirksamen oder die der unwirksamen Punkte in rascherem Mafse wachse. Diese Vorfrage ist bald entschieden; es leuchtet ein, dafs, was das Innere der Primitivr\u00f6hren und deren H\u00fclle betrifft, die unwirksamen Theile des Querschnittes durch Vergr\u00f6fserung desselben im n\u00e4mlichen Mafse vergr\u00f6fsert werden als die wirksamen. Was aber die Bindegewebscheide anlangt, so ist es wenigstens im h\u00f6chsten Grade unwahrscheinlich, dafs sie in rascherem Mafse an Dicke zunehmen sollte, als der Querschnitt sich vergr\u00f6fsert. Es ist vielmehr zu muth-mafsen, dafs ihre Dicke in langsamerem Mafse wachsen, vielleicht gar sich gleich bleiben werde, wovon die Folge sein w\u00fcrde, dafs ihr Ge-sammtquerschnitt langsamer wachsen m\u00fcfste, als der ihres Inhaltes.\nNehmen nun die unwirksamen Theile des Nervenquerschnittes bei Vergr\u00f6fserung desselben in langsamerem oder auch nur in gleichem Mafse zu, wie die wirksamen, so wird die scheinbare Gr\u00f6fse des Zuwachses mit jener Vergr\u00f6fserung wachsen m\u00fcssen, so lange nicht der Widerstand des Nerven verschwindet gegen den des Multiplicatorkreises. Man kann sich die Nothwendigkeit davon folgendermafsen klar machen. Fassen wir eine einzige Querscheibe ins Auge, in welcher elektromotorische Kr\u00e4fte th\u00e4tig sind. Den Str\u00f6mungsvorgang, den diese Kr\u00e4fte hervorbringen, theilen wir in Gedanken in zwei Theile: der eine davon begiebt sich durch die \u00fcbrigen Querscheiben des Nerven und den Multiplicatorkreis ; der andere findet nur in der unmittelbaren N\u00e4he der wirksamen Punkte durch die unwirksamen Punkte hindurch statt. Es ist einsichtlich, dafs, wenn die gerade betrachtete Querscheibe unver\u00e4ndert bliebe, die St\u00e4rke des Stromantheils, der sich von* derselben aus durch den Multiplicatorkreis begiebt, mit dem Querschnitte des Nerven wachsen m\u00fcfste, so lange nicht der Widerstand des Nerven gegen den des Kreises verschwindet. Es kann daher nur noch die Frage sein, ob der Stromantheil, den die Querscheibe durch den Nerven und den Kreis sendet, kleiner werde mit wachsendem Querschnitte, so zwar, dafs diese Abnahme jener Zunahme gleichkomme oder gar sie zu \u00fcberwiegen verm\u00f6ge. W\u00e4chst indefs die Summe der unwirksamen Punkte der Querscheibe in geringerem oder auch nur in gleichem Mafse mit der Summe der wirksamen, so ist f\u00fcr eine solche Abnahme des durch den Kreis geschickten Stromantheils mit der Anschauung wenigstens kein Grund zu ersehen, vielmehr scheint, in dem Falle des langsameren Wachsens, eine Zunahme dieses Anlheils die Folge sein zu m\u00fcssen. Dieselbe Auseinandersetzung, die hier f\u00fcr eine Querscheibe gegeben ist, pafst aber sichtlich auch auf alle \u00fcbrigen, und damit scheint die oben aufgestellte Behauptung erwiesen zu sein.\nII.\n24","page":369},{"file":"p0370.txt","language":"de","ocr_de":"370\n3. Absohn. Kap. VII. \u00a7. II. 7. Von dem Einfl\u00fcsse\nLiefse man sich zwei ungleich dicke, im elektrotonischen Zustand begriffene Nerven einander entgegen wirken, so scheint es ferner, als m\u00fcfsten sich die dipolar elektromotorischen Kr\u00e4fte derselben hei gleicher L\u00e4nge der abgeleiteten Strecke das Gleichgewicht halten. S. oben Bd. I. S. 727 die Auseinandersetzung eines Falles linearer Stromverzweigung, der dem hier gedachten f\u00fcglich an die Seite gestellt werden kann. Die peripolare Anordnung hingegen sichert, wie man sich erinnert, dem thierischen Erreger von gr\u00f6fscrem Querschnitt das elektromotorische Uebergewicht (S. oben S. 267). Das Gleichgewicht im elektrotonischen Zustande w\u00fcrde indessen auch nur stattfinden, wenn in den beiden ungleich dicken Nerven das Verh\u00e4ltnis der wirksamen Punkte eines Querschnittes zu den unwirksamen das n\u00e4mliche w\u00e4re. Sollte es in dem einen gr\u00f6fser sein als in dem andern, so miifste der erstere das Uebergewicht haben. Es w\u00fcrde daher vielleicht doch dem dickeren Nerven ein solches in geringem Mafse zukommen.\nDie Verst\u00e4rkung des Zuwachses durch Vergr\u00f6fserung des Querschnittes hat \u00fcbrigens, um hervorzutreten, den Einflufs der Verminderung der Stromdichte in der erregten Strecke zu besiegen, welche bei wachsendem Querschnitte nicht ausbleiben kann, so lange nicht der Widerstand aller \u00fcbrigen Theile der erregenden Kette gegen den des Nerven verschwindet. Allerdings kann dieser Umstand wieder aufgewogen werden durch die Verminderung der Ladungen der Platinenden.\nIst nur die abgeleitete Strecke von gr\u00f6fserem Querschnitt, was z. B. verwirklicht wird, wenn sie oberhalb der Abgabestelle der Oberschenkelmuskel\u00e4ste gew\u00e4hlt wird, die erregte Strecke aber unterhalb derselben, so wird dies den Zuwachs, statt ihn zu verst\u00e4rken, vielmehr schw\u00e4chen m\u00fcssen. Denn die \u00fcberz\u00e4hligen Nervenr\u00f6hren, welche nicht bis in die erregte Strecke hinaufragen und daher nicht an der Erregung theilneh-men, bilden f\u00fcr die dipolare Th\u00e4tigkeit der erregten Fasern eine schw\u00e4chende Nebenschliefsung in Bezug auf den Multiplicatorkreis; aufserdem aber k\u00f6nnen sie deren Wirkung noch auf eine andere Weise beeintr\u00e4chtigen, wor\u00fcber sp\u00e4ter etwas Genaueres verlauten wird.\nIm Versuch l\u00e4fst sich von diesen verschiedenen Punkten, bei der geringen f\u00fcr uns erreichbaren Genauigkeit, nicht mehr wahrnehmen, als die gr\u00f6fsere St\u00e4rke der Erscheinungen an dickeren Nerven. Die Entgegensetzung zweier Nerven von ungleichem Querschnitte giebt aus den bekannten Gr\u00fcnden (S. oben S. 319. 332) keine brauchbaren Erfolge.\nNach den Auseinandersetzungen dieser Nummer ist nun auch n\u00e4her zu bestimmen der Begriff, der mit der Ordinate y \u2014 f (.*) der Curve der dipolar elektromotorischen Kr\u00e4fte in dem Nerven (S. oben S. 363. 365) zu verbinden ist. Es ist n\u00e4mlich darunter zu verstehen das relative","page":370},{"file":"p0371.txt","language":"de","ocr_de":"des Querschnittes des Nerven auf die Gr\u00f6fse des Zuwachses. 371\nMafs der elektromotorischen Kraft, welche wir uns in allen Punkten der Grundfl\u00e4che der eben betrachteten Querscheibe des Nerven wirksam denken m\u00fcssen, um in dem Kreise des Nerven und des Multiplicators einen Stromanthcil von der St\u00e4rke desjenigen hervorzubringen, den jene Querscheibe in Wirklichkeit durch den Kreis sendet.\n8. Von der relativen Gr\u00f6fse des positiven und negativen Zuwachses im elektrotonisclien Zustande.\nWir haben bisher stets den positiven und negativen Zuwachs im elektrotonisclien Zustande einander bis auf ihr Zeichen ganz gleich gesetzt. Ich habe jedoch gefunden, dafs zwischen beiden ein, wenn auch nur geringer Unterschied der Gr\u00f6fse obwaltet, und zwar zu Gunsten der positiven Phase.\nNat\u00fcrlich l\u00e4fst sich indefs dieser Umstand nicht so ohne Weiteres wahrnehmen. Wenn die Nadel schon, verm\u00f6ge des urspr\u00fcnglichen Stromes, eine Ablenkung besitzt, und die Elektroden des Multiplicatorkreises polarisirt sind, ist nicht daran zu denken, einen Vergleich anzustellen zwischen der Gr\u00f6fse der Wirkungen, die durch den positiven und negativen Ausschlag beim Eintritte der entsprechenden Phasen angezeigt werden. Es ist klar, dafs alsdann der Eintritt der negativen Phase die st\u00e4rkere Wirkung hervorbringen mufs; denn sie setzt die Ladungen in Freiheit, die der urspr\u00fcngliche Strom entwickelt hatte, und um selber durch Ladungen geschw\u00e4cht zu werden, mufs sie erst die Polarisation umkehren. Abgesehen davon wird durch den positiven Zuwachs die Nadel weiter nach der Hemmung bin abgelenkt, wo gr\u00f6fseren Stromst\u00e4rken kleinere Winkelbewegungen entsprechen, w\u00e4hrend der Ausschlag des negativen Zuwachses durch die Gegend des Nullpunktes hindurch geschieht, wo die gr\u00f6fste Empfindlichkeit herrscht.\nEs mufs demnach vielmehr, um einen Vergleich der Phasen m\u00f6glich zu machen, bei der Unsicherheit der Methode der Compensation in den hier erforderlichen Grenzen der Genauigkeit, der Nerv auf die B\u00e4usche mit zweien Punkten des L\u00e4ngsschnittes aufgelegt werden, die symmetrisch zum elektromotorisch mittleren Querschnitt gestellt sind. Alsdann bleibt, wenn die Anordnung wohl gelingt, die Nadel so gut wie in Ruhe, die Platinenden des Multiplicators werden von Ladungen frei gehalten. Wird der erregende Kreis geschlossen, so erh\u00e4lt man, je nach der Richtung des Stromes, einen Ausschlag in dem einen oder dem andern Sinne, der der reinen Gr\u00f6fse des positiven und negativen Zuwachses entspricht (S. oben S. 318), und stets von einem und demselben Punkte der Theilung, dem Nullpunkt n\u00e4mlich, seinen Anfang nimmt.\n24'","page":371},{"file":"p0372.txt","language":"de","ocr_de":"372\t<?\u2022 Abschi. Kap. VII. \u00a7'. II. S. Von der relativen Gr\u00f6fse\nUm indefs den Vergleich der beiden Ausschl\u00e4ge noch sicherer zu machen, wird man wohl thun, einen Stromwender zwischen die Zu-leitungsgef\u00e4fse und den Multiplicator einzuschalten, damit die Nadel stets nach derselben Multiplicatorseite hin abgelenkt werde. Dieser Kunstgriff beruht darauf, dafs Multiplicatoren, welche f\u00fcr Versuche dieser Art die hinreichende Empfindlichkeit besitzen, schwerlich graduirt sein werden, und dafs man alsdann der Gewifsheit entbehrt, dafs die Intensit\u00e4tencurve des Multiplicators (S. oben Bd. I. S. 197) auf beiden Seiten auch wirklich symmetrisch sei.\nEndlich ist noch eine Vorsichtsmafsregel nothwendig. Wegen der Ladungen, die sich auf den stromzuf\u00fchrenden Platinenden entwickeln, ist es keinesweges ganz von selbst verst\u00e4ndlich, dafs beide erregende Str\u00f6me, der positive und der negative, wie wir sie, nach den Phasen, die sie hervorbringen, fortan nennen wollen, einander stets vollkommen gleich seien. Im Gegentheil, wir haben oben S. 44. 45 z. B. gerade den Fall zu sehen bekommen, dafs der Strom einer scchsgliederi-gen GROVE\u2019schen S\u00e4ule, von dem wir durch feuchte Br\u00fccken zwischen den Blechen und B\u00e4uschen Zweige in den Multiplicatorkreis ableiteten, um die Gesetze dieser Abzweigung zu erforschen, st\u00e4rker ausfiel, wenn er zwischen den Blechen von den B\u00e4uschen fort, als wenn er darauf zu flofs. Man mufs daher, um in dieser Hinsicht sicher zu gehen, in den erregenden Kreis zun\u00e4chst der Kette und jenseits des zwischen derselben und den stromzuf\u00fchrenden Platinenden befindlichen Stromwenders einen Multiplicator einschalten, und daran die Ausschl\u00e4ge ablesen, welche heim Schiiefsen des Kreises bald zur positiven, bald zur negativen Phase nach derselben Seite vom Nullpunkt aus geschehen. Ich bediente mich zu diesem Behuf des Museumsmultiplicators, dessen halbe L\u00e4nge jedoch nur in Anwendung kam ; versehen war er mit dem bekannten leichteren Nadelspiel, welches, durch den MELLONi\u2019schen Berichtigungsstab auf Null gehalten, 4\" schlug. Da es somit sehr viel schneller schwang, als das den Nervenstrom anzeigende Nadelpaar, so hatte ich volle Zeit, zuerst den Ausschlag an dem Multiplicator f\u00fcr den erregenden Strom abzulesen, und mich dann erst zur Beobachtung desjenigen zu wenden, den an dem Multiplicator f\u00fcr den Nervenstrom der Eintritt des elektrotoni-schen Zustandes hervorbrachte.\nDer Versuch nimmt demnach, wie man sieht, eine ziemlich verwickelte Gestalt an. Diese Verwickelung wird aber noch erh\u00f6ht durch folgenden Umstand. Allerdings bedienen wir uns zur Erregung einer Kette von best\u00e4ndiger Kraft. Auch werden, wegen der abwechselnden Richtung des Stromes zwischen den Blechen, die Ladungen derselben immer wieder aufgehoben. Allein wegen des Austrocknens des Nerven","page":372},{"file":"p0373.txt","language":"de","ocr_de":"der beiden Zuwachse im elehtrotonischen Zustande.\n373\nsind doch auch die Ausschl\u00e4ge an dem Multiplicator f\u00fcr den erregenden Strom in fortw\u00e4hrendem Sinken begriffen. Es kann demnach Vorkommen, dafs, w\u00e4hrend doch in der That der eine Zuwachs bei gleicher Stromst\u00e4rke den anderen an Gr\u00f6fse \u00fcbertrifft, der ihm zugeh\u00f6rige Ausschlag absolut kleiner ausf\u00e4llt, als der durch letzteren hervorgebrachte, daher erst ein genauerer Vergleich der Reihe der Ausschl\u00e4ge am Multiplicator f\u00fcr den erregenden Strom mit der Reihe derjenigen am Multiplicator f\u00fcr den Nervenstrom verm\u00f6gend ist die Ueberlegenheit des er-steren Zuwachses in\u2019s Licht zu setzen.\nIch habe nun in dieser Weise eine grofse Anzahl von Versuchsreihen angestellt. Das Ergebnifs war nachstehendes. Anfangs stellte sich kein klares Uehergewicht des einen oder anderen Zuwachses heraus. Sp\u00e4ter geschah es, dafs, w\u00e4hrend die Ausschl\u00e4ge an dem Multiplicator f\u00fcr den erregenden Strom gleichm\u00e4fsig abnahmen, an dem Multiplicator f\u00fcr den Nervenstrom die Unterschiede zwischen je einem Ausschlage des negativen Zuwachses und einem darauf folgenden des positiven Zuwachses immer kleiner wurden, immer gr\u00f6fser hingegen die Unterschiede zwischen je einem Ausschlage des positiven Zuwachses und einem darauf folgenden des negativen. Endlich gingen die ersteren Unterschiede durch Null hindurch, und nun lag das Uehergewicht des positiven Zuwachses klar am Tage.\nIch habe dies in F\u00e4llen beobachtet, wo, durch einen unerforschten Umstand, der negative erregende Strom zwischen den Blechen den positiven \u00fcbertraf, und der positive Zuwachs, um als der st\u00e4rkere zu erscheinen, diesen Nachtheil noch zu besiegen hatte. Ich habe ferner jenen Erfolg wahrgenommen, sowohl wenn die Spur urspr\u00fcnglichen Stromes, die, trotz aller der ersten Anordnung gewidmeten Sorgfalt, sich doch immer einzufinden pflegt, dem positiven Zuwachs gleichgerichtet war, als wenn sie den entgegengesetzten Sinn einhielt. Es kann demnach, trotz den grofsen Schwierigkeiten des Versuches, an der Richtigkeit seines Ergebnisses kaum ein Zweifel sein. Denkt man sich die Curve der positiv und die der negativ dipolar elektromotorischen Kr\u00e4fte auf einer und derselben Seite der Abscissenaxe aufgetragen, um die entsprechenden Ordinalen ihrer Gr\u00f6fse nach vergleichen zu k\u00f6nnen, so decken sich diese Curven nicht, sondern in der Entfernung von den Elektroden, bei welcher unsere Versuche angcstellt sind, verl\u00e4uft die positive Curve \u00fcber der negativen.\nNat\u00fcrlich kann man sich verschiedene Arten vorstellen, wie, von den Elektroden aus, die positive Curve \u00fcber die negative gelangt sei. Wenn wir, wie wir wohl d\u00fcrfen, von der M\u00f6glichkeit absehen, dafs zwischen unserem Beobachtungsorte und der vorderen Elektrode die","page":373},{"file":"p0374.txt","language":"de","ocr_de":"374\t'>\u25a0 Abschn. Kap. VII. \u00a7. II. S. Von der relativen Gr\u00f6fse\nbeiden Curvcn einander geschnitten haben k\u00f6nnen, so bleiben folgende F\u00e4lle \u00fcbrig. Entweder die beiden der vorderen Elektrode entsprechenden Or-dinaten haben gleiche, oder sie haben ungleiche H\u00f6he. Haben sie gleiche H\u00f6he, so mufs die positive Curve die minder steile sein, um in einiger Entfernung von der Elektrodenordinate die negative an H\u00f6he ihrer Ordinatcn iibertreffen zu k\u00f6nnen (S. Fig. 114 A. Taf. III). Haben die Elektrodcnordinaten hingegen ungleiche H\u00f6he, so dafs schon hier die positive Curve sich \u00fcber der negativen befindet, so sind wiederum zwei F\u00e4lle denkbar. Es kann entweder die positive Curve steiler als die negative sein (S. Fig. 114 B), oder sie kann abermals die minder steile sein (S. Fig. 114 C).\nWir sind nicht ganz entbl\u00f6fst von Mitteln, um zwischen diesen M\u00f6glichkeiten zu entscheiden. Zwar unmittelbar durch den Versuch gelingt dies nicht. Die Genauigkeit, welche derselbe gew\u00e4hrt, ist hier gar zu gering. Die Vergleichung der Unterschiede zwischen Ausschl\u00e4gen von verschiedener Gr\u00f6fse w\u00fcrde an und f\u00fcr sich nur in dem Falle mafsgebend sein, wo in h\u00f6heren Breiten der Thcilung gr\u00f6fsere Unterschiede als in niederen beobachtet w\u00e4ren. Ferner ist der Spielraum der Entfernung von den Elektroden, innerhalb dessen die Pr\u00fcfung angestellt werden kann, allzu beschr\u00e4nkt durch die Nothwendigkeit, die B\u00e4usche an elektromotorisch entsprechende Punkte des L\u00e4ngsschnittes eines Nervenst\u00fcckes von gleichf\u00f6rmigem Querschnitt anzulegcn. Mit wachsender Entfernung von den Elektroden w\u00e4chst endlich die Unsicherheit des Verfahrens, weil alsdann die Spuren des urspr\u00fcnglichen Stromes, die trotz jener Lage der B\u00e4usche doch stets noch Zur\u00fcckbleiben, nicht mehr gegen die Wirkungen des positiven oder negativen Zuwachses verschwinden. Alle Bem\u00fchungen in dieser Beziehung haben denn auch keinen anderen Erfolg, als zu zeigen, dafs innerhalb der Grenzen, die durch jene Vorschrift gesteckt sind, sich wenigstens kein Schneidepunkl der beiden Curven wahrnehmen l\u00e4fst, wie dies im Falle Fig. 114 B z. B. leicht m\u00f6glich w\u00e4re, dafs vielmehr stets die positive Curve \u00fcber der negativen gefunden wird.\nUm jener Entscheidung aber n\u00e4her zu kommen, k\u00f6nnen wir folgenden Weg einschlagen. Es scheint zuerst klar, dafs gr\u00f6lscre und geringere Steilheit der Curve, in der sich die St\u00e4rke der s\u00e4ulenartigen Polarisation von den Elektroden her abdacht, nichts anderes zu bedeuten habe, als dafs sich unter den gegebenen Umst\u00e4nden die Polarisation beziehlich schwerer oder leichter ausbreitc. So wird sich an einem Stahlstabe, von dem eine kurze Strecke mit stromf\u00fchrenden Drahtwindungen umgeben ist, die magnetische Intensit\u00e4t seiner Querscheiben von der Rolle aus in einer um so steileren Curve abdachen, je h\u00e4rter","page":374},{"file":"p0375.txt","language":"de","ocr_de":"der beiden Zuwachse im eleldrotonischen Zustande.\t375\nder Staid oder je gr\u00f6fser seine Co\u00ebrcitivkraft ist. 1 Man erinnere sich nun, dafs, nach fr\u00fcheren Er\u00f6rterungen (S. oben S. 354) die St\u00e4rke der s\u00e4ulenartigen Polarisation an einer bestimmten Stelle bedingt ist durch die St\u00e4rke der Polarisation aller \u00fcbrigen Punkte des Nerven, so zwar, dafs ein jeder Punkt um so mehr zur Erh\u00f6hung der Polarisation an der gerade betrachteten Stelle beitr\u00e4gt, je st\u00e4rker er selber polarisirt ist und je n\u00e4her er jener Stelle liegt. Also die H\u00f6he der Elektrodenordinate ist Function z. B. der St\u00e4rke der Polarisation aller Punkte der erregten Strecke und ihres Abstandes von der Elektrode. Sie wird um so geringer sein, je rascher jene Function mit der Gr\u00f6fse der Abst\u00e4nde der in Betracht kommenden Punkte abnimmt. Sie mufs folglich kleiner sein, wenn die Polarisation sich nach ihr hin schwerer auszubreiten vermag, was durch gr\u00f6fserc Steilheit der Curve der dipolar elektromotorischen Kr\u00e4fte angezeigt wird; sie mufs hingegen gr\u00f6fser sein, wenn die Polarisation nach ihr hin einen kleineren Widerstand findet, wo dann die Curve minder steil ausfallen wird.\nDiesen Betrachtungen, welche als nothwendige Folgen alles fr\u00fcher von uns \u00fcber den elektrotonischen Zustand festgestellten erscheinen, l\u00e4fst sich sofort entnehmen, dafs der Fall Fig. 114^4 nicht der Wirklichkeit gem\u00e4fs sein kann. Denn er enth\u00e4lt einen offenbaren Widerspruch. Soll die positive Curve \u00fcber der negativen sein, so mufs sie minder steil als diese abfallen. F\u00e4llt sie minder steil ab als die negative, so mufs ihre Elektrodenordinate h\u00f6her sein, als die der negativen Curve, nicht aber ihr gleich. Einen noch st\u00e4rkeren Widerspruch bringt, wie man sogleich sieht, der Fall Fig. 114 B mit sich. Denn hier ist die positive Curve die steilere, die negative die minder steile. Es m\u00fcfstc folglich die Elektrodenordinate der negativen Curve h\u00f6her als die der positiven sein, nicht aber niedriger.\nHingegen der Fall Fig. 114 C ist derjenige, der mit jenen Ansichten genau \u00fcbereinstimmt, wie ich nun nicht erst noch besonders auseinanderzusetzen brauche. Ihm w\u00fcrden wir folglich die Wirklichkeit mit gr\u00f6fser Wahrscheinlichkeit zuzusprechen haben. Die Curve der negativ dipolar elektromotorischen Kr\u00e4fte w\u00fcrde es sein, der die gr\u00f6fsere, die der positiven, der die geringere Steilheit zuk\u00e4me. Sehen wir zu, ob wir nicht eine Erfahrung besitzen, an der wir die Richtigkeit dieser Vorstellungsweise zu pr\u00fcfen verm\u00f6gen.\nWir haben gefunden, dafs die Verl\u00e4ngerung der erregten Strecke bei positiver Phase einen st\u00e4rkeren Einflufs \u00e4ufserte auf die Gr\u00f6fse des\n1 Vergl. oben S. 426; \u2014 Arago in Annales de Chimie et de Physique. Septembre 1820. t. XV. p. 99.* \u2014 Amp\u00e8re et Babinet, Expose des nouvelles d\u00e9couvertes sur l\u2019\u00c9lectricit\u00e9 et le Magn\u00e9tisme. Paris 1822. p. 83.*","page":375},{"file":"p0376.txt","language":"de","ocr_de":"376\t3. Abschn. Kap, VII. \u00a7. II. 8. Von der relativen Gr\u00f6fse\nZuwachses, als dies bei negativer Phase der Fall war (S. oben S. 339). So zeigte sich\u2019s auch, dafs, wenn wir zwei erregte Strecken hintereinander auf einer und derselben Seite der abgeleiteten Strecke anbrachten , der Zuwachs von der zweiten erregten Strecke aus deutlicher wahrnehmbar war, wenn die beiden erregenden Str\u00f6me die positive, als wenn sie die negative Richtung hatten (S. oben S. 351). Endlich ist oben S. 339 auch noch angemerkt worden, dafs nicht selten, wenn f\u00fcr die positive Phase die Verl\u00e4ngerung der erregten Strecke Verst\u00e4rkung des Zuwachses herbeif\u00fchrte, f\u00fcr die negative Phase durch dasselbe Verfahren der Zuwachs geschw\u00e4cht wurde, die erfolgende Nadelbcwegung also f\u00fcr beide Zuwachse einerlei absolutes Zeichen hatte.\nDer Zusammenhang dieser Erscheinungen mit der uns besch\u00e4ftigenden ist nicht zu verkennen. Sie erkl\u00e4ren sich unter der Voraussetzung, dafs der negative Zuwachs mit der L\u00e4nge der erregten Strecke langsamer wachse als der positive. Und zwar mufs das Gesetz, welches beide Zuwachse dabei befolgen, in sofern ein verschiedenes sein, als die entsprechenden Gr\u00f6fscn derselben bei verschiedenen L\u00e4ngen der erregten Strecke in keinem constantcn Verh\u00e4ltnifs stehen. Denn es sei s= 0(1) die Gr\u00f6fse des positiven, 2'= \u2014 W(X) die des negativen Zuwachses als Function der L\u00e4nge der erregten Strecke X. Setzen wir W(X) \u2014 n0(X), so kann, durch keine Ver\u00e4nderung des VVerthes von \u2014d. lV (/) \u2014 \u2014 nd.O (X) einerlei Zeichen annehmen mit + d. 0 (/). Dies ist aber der Fall in der letzten der drei so eben in Erinnerung gebrachten Thatsachen. Es mufs folglich zwischen den Functionen (0) und (!I;) ein\u00ea andere Beziehung obwalten, als die hiemit ausgeschlossene einer blossen Proportionalit\u00e4t; eine solche die zulasse, dafs, verm\u00f6ge des ungleich schnellen Wachsens der Zuwachse in beiden Phasen mit X, w\u00e4hrend in beiden die Stromdichte gleich schnell mit X abnimmt, die Incremente der Functionen f\u00fcr entsprechende Incremente der Ver\u00e4nderlichen schliefslich einerlei Zeichen erhalten.\nWelcher Art auch dieselbe sei, der Umstand, dafs, um jene Thatsachen zu erkl\u00e4ren, nothwendig tPy(X)c0,(X) sein oder dafs z langsamer mit X wachsen m\u00fcsse als 2, dieser Umstand scheint in der That auf ganz dieselbe Vorstellungsweise hinzuf\u00fchren, f\u00fcr die wir oben eine Best\u00e4tigung suchten. Ein solches langsameres Wachsen w\u00fcrde n\u00e4mlich die Folge davon sein, dafs der negative Zuwachs bei seiner Ausbreitung im Nerven schneller an Gr\u00f6fse verliert als der positive.\nDie Ueberlegenheit der positiven und der negativen Phase giebt sich in gleicher Weise kund, es mag das Hirnende oder das Muskelende des Nerven auf den B\u00e4uschen aufliegen. Sie hat folglich, ihrer Erscheinungsweise nach, mit der Richtung des erregenden Stromes im","page":376},{"file":"p0377.txt","language":"de","ocr_de":"der beiden Zuwachse im elelctrotonischen Zustande.\n377\nNerven in Bezug auf Ursprung und Ausbreitung nichts zu schaffen. Dasselbe galt von den oben S. 339. 351 beschriebenen hiehcr geh\u00f6rigen Umst\u00e4nden.\nWir k\u00f6nnen uns demnach, auf Grund der obigen Auseinandersetzungen, die Curve der dipolar elektromotorischen Kr\u00e4fte \u00fcber die erregte Strecke fort in der Weise ausgedehnt denken, wie dies in Fig. 115. Taf. 111. dargestellt ist. Die Abscissenaxe zwischen q qt stellt in gewohnter Weise die Nervenaxe vor. Die Elektrodenordinatcn sind an den ihnen beigef\u00fcgten Buchstaben Z(P), P{Z), leicht erkennbar. Denken wir uns die abgeleitete Strecke zwischen q und der Elektrodenordinate Z (P) befindlich, so ist also die ausgezogene Curve z' Z P + z/ die der positiven, die punktirte Curve \u2014 z (P)(Z) \u2014 zt die der negativen Kr\u00e4fte in Bezug auf die abgeleitete Nervenh\u00e4lfte. Die W\u00f6lbung der Curve zwischen den Elektroden wird durch die oben S. 354 gegebene Auseinandersetzung gerechtfertigt.\nUeberlegt man sich dieses Ergehnifs, und sucht es auf einen einfacheren Ausdruck zur\u00fcckzuf\u00fchren, so st\u00f6fst man zuerst auf folgende Vorstellungsweise. Man kann sich einfach denken, die s\u00e4ulenartige Polarisation pflanze sich leichter fort in der Richtung, welche der des erregenden Stromes entgegengesetzt ist, als in der letzteren Richtung selber. Diese Ansicht von der Sache umfafst in gleicher Art die Erfolge hei der einen und bei der andern Richtung des Stromes in dem Nerven. Es ist aber noch eine andere Deutung m\u00f6glich. Es entspreche n\u00e4mlich q in Fig. 115 dem Ursprung, qt der Ausbreitung des Nerven. Alsdann kann man sagen, die s\u00e4ulenartige Polarisation in der Richtung vom Urspr\u00fcnge nach der Ausbreitung pflanze sich leichter fort in der Richtung nach dem Ursprung als nach der Ausbreitung hin; und die Polarisation in der Richtung nach dem Urspr\u00fcnge pflanze sich leichter fort in der Richtung nach der Ausbreitung hin als nach dem Urspr\u00fcnge zu.\nAuch diese Ansicht erkl\u00e4rt gleich vollst\u00e4ndig den fraglichen Kreis von Erscheinungen. Die erstere Vorstellung aber bezog die gr\u00f6fsere oder geringere Schwierigkeit der Ausbreitung auf das Verh\u00e4ltnifs der Richtung, in der sie geschehen sollte, zu der Richtung des erregenden Stromes. Die zweite hingegen w\u00fcrde uns das erste Beispiel vorf\u00fchren eines Zusammenhanges der elektrischen Erscheinungen am Nerven mit den Richtungen vom Urspr\u00fcnge nach der Ausbreitung, von der Ausbreitung nach dem Urspr\u00fcnge, die uns in physiologischer Hinsicht von so grofser Bedeutung sind.\nAllerdings ist zu bemerken, dafs die letztere Ansicht, wenn man ihr weiter nachzugehen sucht, sich noch betr\u00e4chtlich verwickelt. Sic","page":377},{"file":"p0378.txt","language":"de","ocr_de":"378\t3. Abschn. Kap. VII. \u00a7. II. S. Der Widerstand der Nerven\nhat n\u00e4mlich nur dann einen rechten Sinn, wenn man sich denkt, dafs die Ordinaten der Curve der dipolar elektromotorischen Kr\u00e4fte, wie wir sie beobachten, die Summen sind der Ordinaten zweier anderer Curven, welche bezichlich den bewegenden und empfindenden Fasern im Nerven angeh\u00f6ren; dafs diese beiden Curven von einander in der Art abweichen, wie die beiden von uns beobachteten Curven f\u00fcr die verschiedenen Richtungen des erregenden Stromes; dafs aber die Summation ihrer Ordinaten diese Abweichung deshalb nicht zur Symmetrie um die Mitte der erregten Strecke zur\u00fcckf\u00fchrt, weil die Anzahl und m\u00f6glicherweise die elektromotorische Kraft der Fasern der einen und anderen Gattung verschieden sei. Und hierdurch hilfst auch das Ergebnis viel von seiner Wichtigkeit ein, da wir nicht wissen, welcher von beiden Fasergattungen das Uehergewicht in jener Hinsicht zusteht, und folglich nicht zu ermessen verm\u00f6gen, in welcher die eine und in welcher die andere Richtung der Polarisation sich leichter in einem bestimmten Sinne ausbreitet. Ich habe indessen nicht unterlassen wollen, diese Punkte ausf\u00fchrlich darzulegen, da sie vielleicht in sp\u00e4terer Zeit, wenn sie zum Gegenst\u00e4nde besonders darauf gerichteter Untersuchungen gemacht werden, zu wichtigen Aufschl\u00fcssen f\u00fchren k\u00f6nnen.\nEndlich habe ich hier noch folgendes mitzutheilen. Ehe erkannt worden war, dafs stets der positive Zuwachs die Oberhand habe \u00fcber den negativen, gleichviel ob die abgeleitete Strecke am Nerven oberhalb oder unterhalb von der erregten Strecke gelegen sei, oder, was auf dasselbe hinausl\u00e4uft, dafs der Zuwachs, der auf der einen Seite der erregten Strecke der gr\u00f6fsere ist, auf der anderen als der kleinere erscheint, wie Fig. 115 zeigt, konnte der Vermuthung Raum gegeben werden, dafs vielleicht die ungleiche Gr\u00f6fse der Phasen auf dem ungleichen Widerstande des Nerven in beiden Richtungen beruhe. So wenig innere Wahrscheinlichkeit dieser Annahme zustand, so hatte ich doch einigen Grund dabei zu verweilen. Sie w\u00fcrde beigetragen haben, die Unterschiede begreiflich zu machen, die sich h\u00e4ufig in der St\u00e4rke des erregenden Stromes je nach seiner Richtung zwischen den Blechen kund geben (S. oben S. 372. 373.). Zudem ist sie es allein, mit deren H\u00fclfe man die oben S. 245 Anm. 2 mitgetheilte angebliche Erfahrung Mat-teucci\u2019s allenfalls zu erkl\u00e4ren verm\u00f6chte. Der einzige Sinn, den dieselbe in ihrer rohen Verwickelung bieten zu k\u00f6nnen scheint, w\u00fcrde der sein, dafs die Nerven in absteigender Richtung schlechter leiten als in aufsteigender, und gerade das Muskelende des Nerven hatte ich bis dahin allein auf den B\u00e4uschen aufzuliegen gehabt.\nSo einfach die Aufgabe scheint, ein solches Verhalten genau zu pr\u00fcfen, auf soviel Schwierigkeiten st\u00f6fst man hei ihrer Ausf\u00fchrung,","page":378},{"file":"p0379.txt","language":"de","ocr_de":"unabh\u00e4ngig von der Wichtung in der sie durchstr\u00f6mt werden. 379\nDie Schwierigkeiten beruhen darauf, dafs f\u00fcr den Durchgang des elektrischen Stromes durch eine Reihe von K\u00f6rpern allerdings ein \u00e4hnliches Gesetz der Reciprocit\u00e4t gilt wie f\u00fcr das Licht, dafs aber dasselbe nur Bezug hat auf die passiven Widerst\u00e4nde der Strombahn, nicht auf die activen der Polarisation, welche der Strom entwickelt heim Uebcrgang aus den starren Leitern in die feuchten und umgekehrt.\nAuf folgende Weise gelang es befriedigende Ergebnisse zu erzielen. Mit dem Kreise des Museumsmultiplicators im zuletzt beschriebenen Zustande und einer GKovE\u2019schen Kette wurden mittelst des Stromwenders zwei Platinplatten' verbunden, welche mit gleichen Oberfl\u00e4chen von etwa 25mm Seite jede in ein Gef\u00e4fs mit dunkelgr\u00fcner rauchender Salpeters\u00e4ure tauchten. In dieser standen por\u00f6se Thonzellen mit ges\u00e4ttigter Salpeterl\u00f6sung. Der Ischiadicus eines grofsen Frosches wurde durch ein zweimal rechtwinklich gebogenes heberf\u00f6rmiges Glasrohr von ungef\u00e4hr gleicher L\u00e4nge gezogen. Die M\u00fcndungen des Rohres verschlofs ich mit Stopfen aus Fliefspapier, das mit Eiweifs getr\u00e4nkt war, dergestalt, dafs die Stopfen zugleich die Enden des Nerven zwischen sich und der Wandung des Rohres leicht einklemmten. Nun wurden die Enden des Rohres mit ihren Stopfen in die Salpeterl\u00f6sung der Thonzellen umgest\u00fcrzt. So erreichte ich 1., wegen der rauchenden Salpeters\u00e4ure, m\u00f6glichst schwache Polarisation; 2., wegen der Gleichheit der eingetauchten Platinoberfl\u00e4chen, m\u00f6glichste Gleichheit der etwa \u00fcbrig-bleibenden elektromotorischen Gegenkraft bei beiden Richtungen des Stromes durch die Vorrichtung; 3. nahezu Verschwinden aller \u00fcbrigen Widerst\u00e4nde, mit Ausnahme etwa desjenigen der doch kurzen und dicken Stopfen, gegen den des Nerven; 4., dafs der Nerv nicht durch chemische Einwirkung in seiner Leistungsf\u00e4higkeit beeintr\u00e4chtigt werden konnte; endlich 5., dafs er vor der Trocknifs auf das vollst\u00e4ndigste gesch\u00fctzt war.\nDiese Anordnung erf\u00fcllte denn auch ihren Zweck vollkommen; denn es fand sich, dafs, wenn die Wippe des Stromwenders mit einiger Schnelligkeit umgelegt wurde, die Nadel g\u00e4nzlich in Ruhe blieb. Der eigenth\u00fcmliche Widerstand der Nerven ist folglich von der Richtung, in welcher sie durchstr\u00f6mt werden, unabh\u00e4ngig.\n9. Von dem Einfl\u00fcsse der Leistungsf\u00e4higkeit der Nerven auf die St\u00e4rke ihrer s\u00e4ulenartigen Polarisation im elektrotonischen\nZustande.\nNoch einen Umstand haben wir zu besprechen, von welchem die St\u00e4rke der s\u00e4ulenartigen Polarisation in hohem Grade abh\u00e4ngig erscheint.","page":379},{"file":"p0380.txt","language":"de","ocr_de":"3S0\n3. Abschn. Kap. VIL \u00a7. IL 9. Von dem Einfl\u00fcsse\nEs ist, wie schon mehrmals erw\u00e4hnt werden mufste, die Leistungsf\u00e4higkeit der Nerven. In so fern, nach dem Grade derselben, die Polarisation selber mehr oder weniger vollkommen zu Stande kommt, h\u00e4tte diesem Umstande eigentlich neben denen sein Platz geb\u00fchrt, von welchen in den vier ersten Nummern dieses Paragraphen gehandelt worden ist. In so fern er aber auch, bei gleicher St\u00e4rke und Beschaffenheit der erregenden Ursache, die scheinbare Gr\u00f6fse des Zuwachses bedingt, kann er mit gleichem Rechte der zuletzt er\u00f6rterten Gruppe derartiger Einfl\u00fcsse zugez\u00e4hlt werden, und ich habe die n\u00e4here Ber\u00fccksichtigung desselben bis zu dieser Stelle verschoben, thcils\" weil einzelne Punkte, die dabei zur Sprache kommen, erst jetzt verst\u00e4ndlich sind, theils damit uns diese Darlegung gleichsam den Uebergang bahne von der hier angestcllten mehr physikalischen Zergliederung der Erscheinungen des elektrotonischen Zustandes zu der mehr physiologischen Betrachtungsweise, mit der wir uns im folgenden Paragraphen befassen wollen.\nDes wesentlichen Fliehergeh\u00f6rigen ist bereits ziemlich ausf\u00fchrlich oben S. 296 gedacht worden, als es sich darum handelte, die Erscheinungen des elektrotonischen Zustandes zu unterscheiden von den Wirkungen jener gef\u00fcrchteten, in den Multiplicatorkreis einbrechenden Stromesschlcifen. Gleichviel, ob die Leistungsf\u00e4higkeit des Nerven urspr\u00fcnglich eine geringe gewesen sei, ob sie erst im Laufe des Versuches selber gelitten habe oder sonst durch k\u00fcnstliche Mittel hcrabge-dr\u00fcckt worden, unter allen diesen Umst\u00e4nden erscheinen die Nadelbewegungen durch den Eintritt des elektrotonischen Zustandes auf eine winzige Spur beschr\u00e4nkt, die auch oft noch z\u00f6gert sich kund zu geben, erst bei mehrmaligem Schliefsen, Wiederum\u00f6ffnen der Kette, Umsetzen des Stromes hervorzutreten sich bequemt.\nBesonders untauglich erweisen sich von vorn herein die Nerven solcher Fr\u00f6sche, die den oben S. 168 beschriebenen krankhaften Zustand ihrer Muskeln zeigen. Auch bemerkt man an denselben eine sehr in die Augen fallende Ver\u00e4nderung ihrer Nerven. Sie erscheinen n\u00e4mlich statt strohgelb, wie an kr\u00e4ftigen Thieren, als ob sie aus weifsem Wachse geformt w\u00e4ren. Die Fontana'scIic B\u00e4nderung ist kaum erkennbar. Solche Nerven, an denen \u00fcbrigens auch die feineren Reizversuche mifsgl\u00fccken, geben beim Eintritt der positiven Phase unter dem Einfl\u00fcsse der mittleren Stromst\u00e4rke statt 25 \u2014 30\u00b0, wie sie sollten, nur etwa 5 \u2014 8 0 Ausschlag, oft noch weniger.\nIch mufs daher entschieden widerrathen, sich der Wiederholung oder Fortf\u00fchrung der Versuche \u00fcber den elektrotonischen Zustand in der kalten Jahreszeit an aufbewahrten Fr\u00f6schen unterziehen zu wollen.","page":380},{"file":"p0381.txt","language":"de","ocr_de":"der Leistungsf\u00e4higkeit des Nerven auf die Gr\u00f6fse des Zuwachses. 3\u00a71\nNicht viel g\u00fcnstiger ist \u00fcbrigens, des raschen Austrocknens der Nerven halber, heifse und d\u00fcrre Sommerwitlerung, obwohl nat\u00fcrlich die ersten Wirkungen darunter nicht leiden. Am vortheilhaftesten erweisen sich unter diesen Umst\u00e4nden k\u00fchle und feuchte Sommertage, sowie Fr\u00fchling und Herbst, zu diesen Versuchen.\nAuffallend ist, dafs manchmal die beiden Sitzbeinnerven eines und desselben Frosches, obschon anscheinend auf v\u00f6llig \u00fcbereinstimmende Weise behandelt, eine sehr verschiedene Empf\u00e4nglichkeit f\u00fcr den elek-trotonischcn Zustand an den Tag legen, so zwar, dafs der zweite Nerv, der doch w\u00e4hrend der Beobachtungen an dem ersten an Erregbarkeit hat einb\u00fcfsen m\u00fcssen, die besseren Erfolge giebt.\nWas die Abnahme der Leistungsf\u00e4higkeit im Verlaufe des Versuches selber betrifft, so ist der wichtigste Bezug, auf welchen dabei ein Augenmerk zu richten ist, offenbar der auf die m\u00f6glicherweise gleichzeitig sinkende mechanische Leistungsf\u00e4higkeit des Nerven, d. h. sein Verm\u00f6gen, Zuckungen zu vermitteln. Der Versuch wird angestellt auf die oben S. 358 bei Gelegenheit der queren Erregung des Nerven beschriebene Weise. Man findet, dafs die Zuckungen und die Empf\u00e4nglichkeit f\u00fcr den elektrotonischen Zustand fast zu gleicher Zeit, die ersteren etwas fr\u00fcher, ein Ende nehmen. Der urspr\u00fcngliche Nerven-strom dauert alsdann noch in geringem Mafse fort, um bald darauf auch g\u00e4nzlich zu verschwinden (Vergf. oben S. 285). Ferner wie ein durch Zuckungen ermattetes Pr\u00e4parat durch Ruhe einige Kr\u00e4fte wiedergewinnen kann, allein nach kurzer Zeit doppelt ersch\u00f6pft sich darstellt (S. oben Bd. I. S. 47. 48. 375), so kann ein blofses ausgeschnittenes Nervenst\u00fcck, welches man zwischen St\u00fccke Muskelfleisch zum Ausruhen feuchtgebettet hat, auf kurze Zeit wieder deutlichere Wirkungen beim Eintritt des elektrotonischen Zustandes von sich geben, die aber sehr bald einem v\u00f6lligen Schweigen Platz machen.\nZwischen den Gr\u00f6fsen des Zuwachses bei erregbaren und wenig erregbaren Nerven, und denen des urspr\u00fcnglichen Stromes in beiden F\u00e4llen scheint nicht dasselbe Verli\u00e4ltnifs obzuwalten. Die Gr\u00f6fse des Zuwachses leidet offenbar weit mehr als die des urspr\u00fcnglichen Stromes unter dem Mangel an Erregbarkeit. Hieraus l\u00e4fst sich schliefsen, dafs die Schw\u00e4che des Zuwachses bei wenig erregbaren Nerven nicht allein zuzuschreiben ist der geringeren elektromotorischen Kraft der Molekeln, sondern dafs auch in der That die s\u00e4ulenartige Polarisation aufserhalb der Elektroden alsdann mit geringerer Vollkommenheit vor sich geht. Ob sie nun auch zwischen den Elektroden eine minder vollkommene sei, oder ob nur mit der geringeren elektromotorischen Kraft der Molekeln zugleich ein Hemmnifs bedingt sei f\u00fcr die Fortpflanzung des","page":381},{"file":"p0382.txt","language":"de","ocr_de":"3S2 3. Abschn. Kap. VII \u00a7. II. 9. Von dem Einfl\u00fcsse des Beharrens\nZustandes aufserhalb der Elektroden: dies ist ein Punkt der unserer Entscheidung vollst\u00e4ndig entzogen bleibt.\nIch habe endlich auch untersucht, welchen Einflufs das l\u00e4ngere Beharren des Nerven in der einen Phase auf seine Empf\u00e4nglichkeit f\u00fcr die entgegengesetzte Phase \u00e4ufsern m\u00f6chte. Es war nicht undenkbar, dafs letztere dadurch erh\u00f6ht erscheinen k\u00f6nnte. Der Versuch hat jedoch gegen diese Vermuthung gesprochen. Er kann nat\u00fcrlich nur so angestellt werden, dafs man die positive Phase l\u00e4nger bestehen l\u00e4fst. Denn da diese an und f\u00fcr sich gr\u00f6fser ausf\u00e4llt als die negative, so w\u00fcrde man nicht wissen, ob ein Uebergewicht derselben nach l\u00e4ngerem Verweilen des Nerven in der negativen Phase von diesem Umstande herr\u00fchrte, oder nichts sei als der Ausdruck der nat\u00fcrlichen Ueberlegen-heit der positiven Phase. Der Versuch ist zudem nicht ohne betr\u00e4chtliche Schwierigkeiten, die uns den hartn\u00e4ckigen Ladungen entspringen, welche die stromzuf\u00fchrenden Bleche w\u00e4hrend der verl\u00e4ngerten Dauer der einen Phase annehmen.\nL\u00e4fst man den erregenden Strom l\u00e4ngere Zeit hindurch den Nerven in positiver Richtung durchstreichen, und untersucht dann, ohne mit den Elektroden zu wechseln, in der oben S. 371 ff. angegebenen Weise die relative Gr\u00f6fse der beiden Phasen, so findet man stets ein Uebergewicht auf Seiten der negativen Phase. Hat man aber in den erregenden Kreis einen Multiplicator eingeschaltet, so zeigen die Ausschl\u00e4ge der Nadel desselben, dafs auch der erregende Strom in der negativen Richtung stets der st\u00e4rkere ist, und dafs jenes Uebergewicht also von nichts herr\u00fchrt, als von den Ladungen der Platinenden, die in dieser Richtung mit dem urspr\u00fcnglichen Strome gemeinschaftliche Sache machen. Sp\u00e4ter sieht man die Phasen und dementsprechend die Ausschl\u00e4ge an dem Multiplicator f\u00fcr den erregenden Strom sich wieder der Gleichheit n\u00e4hern, und schliefslich erh\u00e4lt die positive Phase wieder die ihr geb\u00fchrende Oberhand.\nUm diesen Mifsstand zu vermeiden, m\u00fcssen daher, nachdem man den Nerven l\u00e4ngere Zeit dem positiven Strom ausgesetzt hat, die geladenen Elektroden durch frische ersetzt werden. Den Nerven selber, auf den n\u00e4mlichen Elektroden, an eine andere Stelle zu verlegen, ist aus mehreren Gr\u00fcnden nicht rathsam. Man verr\u00fcckt ihn dabei leicht auf den B\u00e4uschen, und kann ihn doch auch nicht in gewohnter Art zwischen Blechen und B\u00e4uschen feststecken, da ihn dies der freien Beweglichkeit in seitlicher Richtung berauben w\u00fcrde. Man schleift ihn leicht blofs auf den Elektroden fort, so dafs zwischen den geladenen Stellen und den neuen Ber\u00fchrungsfl\u00e4chen eine feuchte Schicht bestehen bleibt. Endlich die Ladungen selbst m\u00f6chten bei diesem Verfahren","page":382},{"file":"p0383.txt","language":"de","ocr_de":"in der einen Phase auf die Empf\u00e4ncjlichheit f\u00fcr die andere. 383\nnicht ganz aufgehoben sein, indem die alten Ber\u00fchrungsfl\u00e4chen am Nerven selber behaftet sein d\u00fcrften mit den clektropositiven und negativen Zersetzungsstoffen, auf deren Ber\u00fchrung mit dem Platin die Ladungen beruhen. Es ist deshalb folgendem Kunstgriff der Vorzug zu gehen.\nMan bringt in dem Elfenheinw\u00fcrfel der stromzuf\u00fchrenden Vorrichtung die vier Platinbleche auf einmal an. Dabei m\u00fcssen die beiden mittleren den beiden \u00e4ufsersten m\u00f6glichst nahe, dagegen von einander so weit entfernt sein, als es irgend vertr\u00e4glich ist mit der L\u00e4nge des Nerven-st\u00fcckes von gleichf\u00f6rmigem Querschnitt, \u00fcber welches man gebietet. Dies mufs n\u00e4mlich mit seinem andern Ende so \u00fcber die B\u00e4usche gebreitet werden k\u00f6nnen, dafs dieselben an zwei elektromotorisch entsprechende Punkte des L\u00e4ngsschnittes sich angelegt finden. Man J\u00e4fst nun zuerst den positiven Strom den Nerven mehrere Minuten lang von dem vordersten zu dem hintersten Platinblech durchstreichen, w\u00e4hrend die beiden mittleren Bleche nicht zum Kreise geschlossen sind. Alsdann entfernt man die den beiden \u00e4ufsersten Bleche zugeh\u00f6rigen verquickten Kupferhaken aus den Gef\u00e4fsen des Stromwenders f\u00fcr den erregenden Strom, und ersetzt dieselben, w\u00e4hrend man sie von einander isolirt h\u00e4lt, durch die den mittleren Blechen zugeh\u00f6rigen Haken. So bringt man, ohne den Nerven ber\u00fchren zu m\u00fcssen, frische Elektroden an demselben an.\nVerf\u00e4hrt man auf diese Weise, so gelangt man zu der Ueber-zeugung, dafs das l\u00e4ngere Verweilen des Nerven in der einen Phase seine Empf\u00e4nglichkeit f\u00fcr beide Phasen in gleichem Mafs abstumpft. Obschon man denselben dauernd in der positiven Phase hat beharren lassen, giebt sich das Uebergewicht derselben unzweideutig kund, und zwar um so ausgesprochener, als, wie wir oben S. 373 sahen, dasselbe auch sonst bei bereits gesunkener Erregbarkeit deutlicher hervorzutreten pflegt.\n\u00a7. III.\nVon der physiologischen Bedeutung des elektrotonischeu Zustandes der Nerven.\nEs ist dem Leser wohl nicht entgangen, dafs ich im Vorigen stets bestrebt gewesen bin, jede Betrachtung \u00fcber die thierisch - elektrischen Erscheinungen, welche Bezug gehabt h\u00e4tte auf den Zusammenhang derselben mit den sonstigen Thatsachen der Nerven- und Muskelphysiologie, so viel wie m\u00f6glich ferne zu halten, und mich auf die rein physika-","page":383},{"file":"p0384.txt","language":"de","ocr_de":"384 3. Abschn. Kap. VII. \u00a7. III. Von der physiologischen Bedeutung\nlische Zergliederung des Thatbestandes zu beschr\u00e4nken. Meine Absicht ist, wie schon mehrmals angedeutet wurde, das Wenige, was ich von Bemerkungen der Art mitzutheilen habe, in den vierten Abschnitt dieses Werkes zusammenzudr\u00e4ngen, um das minder Sichere und Best\u00e4ndige von dem, was ich f\u00fcr wohlbegr\u00fcndet halte, nach Kr\u00e4ften zu scheiden. Indessen kann begreiflich der Fall eintreten, wo solche Scheidung unserem Fortschritte geradezu hemmend statt f\u00f6rderlich sein w\u00fcrde; wo die Weisheit der Methode in pedantische Ziererei \u00fcberschlagen w\u00fcrde, wenn wir uns zwingen wollten, an dem augenf\u00e4llig zu Tage liegenden mit verwendetem Blicke vor\u00fcberzugehen. Ein solcher Fall tritt hier ein. Ich nehme daher keinen Anstand, die Untersuchungen \u00fcber den elek-trotonischen Zustand vor der Hand abzuschliefsen mit einigen Bemerkungen, die sich beziehen auf sein Verh\u00e4ltnifs zu den Erscheinungen der galvanischen Reizung, und ich z\u00f6gere dies zu thun um so weniger , als dieselben uns die nat\u00fcrlichste R\u00fcckkehr er\u00f6ffnen werden zu dem eigentlichen Ausgangspunkte unserer Forschung, der Frage n\u00e4mlich, ob w\u00e4hrend des Bewegung und Empfindung vermittelnden Vorganges der urspr\u00fcngliche Nervenstrom eine Schwankung erleide, und welcher Art alsdann diese sei.\nVor allen Dingen ist nun der wichtige Umstand geb\u00fchrend hervorzuheben, dessen schon oben (S. 297. 321. 340. 352) mehrfach, jedoch in anderem Sinne, gedacht worden ist, dafs die Fortpflanzung des elektrotonischen Zustandes durch die Unterbindung und Durchschneidung gehemmt wird. Diese Thatsache war dort gr\u00f6bstentheils nur zur Sprache gebracht worden, um die Gr\u00fcnde vervielf\u00e4ltigen zu helfen, aus denen sich mit Bestimmtheit ergiebt, dafs die Erscheinungen des elektrotonischen Zustandes nicht von dem Hereinbrechen des erregenden Stromes in den Multiplicatorkreis herr\u00fchren. Es verdient jedoch bemerkt zu werden, dafs dadurch die s\u00e4ulenartige Polarisation des Nerven als eine mit seiner besonderen Lebensth\u00e4tigkeit, der Innervation, in engem Verkehr stehende bezeichnet wird. Kein bekannter physikalischer Vorgang, denjenigen ausgenommen, der Bewegung und Empfindung vermittelt, wird am Nerven durch die Unterbindung und Durchschneidung in seinem Fortschritt aufgehalten. Zu diesen beiden mufs nun ein dritter hinzugez\u00e4hlt werden, dessen Ausdruck der Zuwachs im elektrotonischen Zustande ist.\nDer elektrotonische Zustand bietet also zun\u00e4chst diesen bedeutsamen Zug der Aehnlichkcit mit dem Vorg\u00e4nge der Innervation dar. Diese Analogie l\u00e4fst sich heim ersten Anblick nicht ohne Erfolg noch weiter treiben. Zuwachs, Zuckung und Empfindung steigen mit der Dichtigkeit des Stromes (S. oben Bd. I. 252. 253; \u2014 Bd. II. 333. 334).","page":384},{"file":"p0385.txt","language":"de","ocr_de":"des elektrotonischen Zustandes der Nerven.\n385\nDer Zuwachs und wenigstens die Zuckungen wachsen beide gleichm\u00e4fsig mit der L\u00e4nge der erregten Strecke (S. oben Bd. I. S. 295 ; \u2014 Bd. II. S. 339. 345). F\u00fcr die Erregung des Nerven zum elektrotonischen Zustande wie zum Bewegung vermittelnden Vorg\u00e4nge ist die auf die Axe der Nervenr\u00f6hren senkrechte Str\u00f6mungsrichtung die am wenigsten g\u00fcnstige (S. oben S. 354). Wie sehr die Gr\u00f6fse des Zuwachses abh\u00e4ngig sei von der Leistungsf\u00e4higkeit des Nerven, wie unmittelbar dadurch die St\u00e4rke der Zuckungen bedingt werde, bedarf nicht der Erinnerung. Endlich haben wir in Erfahrung gebracht, dafs mit den Zuckungen, mit der mechanisch ausgedr\u00fcckten Leistungsf\u00e4higkeit des Nerven auch der elektrotonische Zustand ein Ende habe (S. oben S. 381).\nNichtsdestoweniger w\u00fcrde es ganz irrth\u00fcmlich sein, die s\u00e4ulenartigc Polarisation f\u00fcr einerlei halten zu wollen mit dem Bewegung und Empfindung vermittelnden Vorg\u00e4nge. Nicht etwa blos weil, wie wir gefunden haben, die St\u00e4rke der s\u00e4ulenartigen Polarisation mit dem wachsenden Abstande von der Elektrode abnimmt (S. oben S. 359), da doch der Innervation in so engen Grenzen schwerlich ein \u00e4hnliches Verhalten zukommt, oder wegen \u00e4hnlicher mehr oder minder nur die \u00e4ufsere Erscheinungsweise betreffender Abweichungen; sondern der wahre und wesentliche Grund ist dieser, dafs der Bewegung vermittelnde Vorgang nur in dem Augenblicke des Ilereinbrechens, Aufh\u00f6rens, Umsetzens des Stromes stattfindet, nur durch die positiven und negativen Schwankungen der Stromdichte in dem Nerven hervorgerufen wird (S. oben Bd. I. S. 258), w\u00e4hrend der elektrotonische Zustand in gleicher St\u00e4rke anh\u00e4lt so lange als die Kette geschlossen ist, selbst hei Stromdichten in dem Nerven die noch bei weitem nicht hinreichen, um durch zerst\u00f6rende Elektrolyse anhaltende Zusammenziehung zu erregen.\nDer elektrotonische Zustand darf also auf keinen Fall verwechselt werden mit dem Bewegung und Empfindung vermittelnden Vorg\u00e4nge selber, und nicht entfernterweise d\u00fcrfen wir uns schmeicheln, in den elektrischen Wirkungen, zu denen er Anlafs giebt, bereits entdeckt zu haben w'as wir suchen, eine die Innervation begleitende Schwankung des urspr\u00fcnglichen Nervenstromes. Vergl. vielmehr in dieser Beziehung das bereits oben S. 293. 294 gesagte, worauf wir bald mit allen uns zu Gebote stehenden Mitteln zur\u00fcckzukommen haben werden. Es scheint aber nicht schwer, nachdem einmal dieser Punkt festgestellt ist, die wahre Bedeutung aufzufassen, welche dem elektrotonischen Zustande im Zusammenh\u00e4nge der galvanischen Reizung beizumessen ist.\nIch mufs, um dies darzulegen, zuerst erinnern d\u00fcrfen an einen Punkt aus dem Gebiete der elektrischen Reizversuche, der im ersten Bande dieses H-\t25","page":385},{"file":"p0386.txt","language":"de","ocr_de":"3S6\t3. Abschn. Kap. VII. \u00a7. 111. Von der physiologischen Bedeutung\nWerkes, nicht ohne Beziehung auf die Wichtigkeit, die er hier f\u00fcr uns gewinnen sollte, bereits mit Ausf\u00fchrlichkeit behandelt worden ist. Sobald n\u00e4mlich bei Ritter und P. Ersian die ersten Grundz\u00fcge einer Theorie der Zuckungen auftauchten, machte sich auch folgende Vor-stellungsweise geltend, die durch die ferneren Betrachtungen Nobiu\u2019s, weniger Becquerel\u2019s und Matteucci\u2019s, noch an Gehalt gewann: dafs n\u00e4mlich der Bewegung vermittelnde Vorgang, der im Augenblick des Schlicfsens der Kette entstehe, herr\u00fchre von dem Uebergange des Nerven in einen ver\u00e4nderten Zustand; dafs die Th\u00e4tigkeit des Stromes eben darin bestehe, den Nerven in diesen ver\u00e4nderten Zustand zu versetzen und, so lange er selber andauere, auch darin zu erhalten; dafs endlich die Oelfnungszuckung nichts sei, als die Folge des R\u00fccktrittes des Nerven aus dem ver\u00e4nderten Zustand in den nat\u00fcrlichen, sobald der Zwang des erregenden Stromes ein Ende habe. Daher Ritter\u2019s markiger Ausdruck, \u00bbder Organismus ertheile sich den Oeffnungsschlag selbst\u00ab (S. oben Bd. I. S. 335. 385. 393 lf.). Von Ritter\u2019s ferneren Mutli-mafsungen \u00fcber das Wesen jener Ver\u00e4nderung zu schweigen, gedenken wir nur in Kurzem, wie P. Erman, dem von seinen Versuchen an der unvollkommen geschlossenen S\u00e4ule her das Bild des in zwei verschiedenartige Zonen zerf\u00e4llten feuchten Leiters vorschwebte (S. oben Bd. I. S. 432), sich eine vorwaltende Oxydation und Hydrogenisation der einen und der anderen Nervenh\u00e4lfte als das Wesentliche dabei dachte; wie Nobili die Ver\u00e4nderung durch den absteigenden und aufsteigenden Strom als \u00bbAlterazione diretta\u00ab und \u00bbAlterazione inversa\u00ab unterschied, um daran die Auslegung des Gesetzes der Zuckungen zu kn\u00fcpfen, es kl\u00fcglich vermeidend, eine Meinung \u00fcber die Natur jener Ver\u00e4nderung auszusprechen; wie endlich Becquerel, vollends Matteucci, diese weise Vorsicht hintansetzend, es nicht lassen konnten, seine der Form nach treffend richtige Lehre mit ungeniefsbarem Inhalt auszuf\u00fcllen. Die Nerven sollten aus h\u00f6chst elastischen K\u00fcgelchen bestehen, welche der Strom, verm\u00f6ge einer ihm zukommenden ortverr\u00fcckenden Th\u00e4tigkeit in der Richtung nach dem negativen Pol hin, aus ihrer Gleichgewichtslage verdr\u00e4nge. Die Ersch\u00fctterung beim Verdr\u00e4ngen pflanze sich l\u00e4ngs der ganzen Ausdehnung der Primitivr\u00f6hren fort. H\u00f6re sp\u00e4ter der Strom auf, so kehren die K\u00fcgelchen, wenn er nicht zu stark gewesen und zu lange angehalten, schnell nach ihrem urspr\u00fcnglichen Orte zur\u00fcck und die abermalige Ersch\u00fctterung des Syst\u00e8mes werde Anlafs zur Oeffnungs-zuckung. 1\n1 In neuerer Zeit indefs hat Matteucci, ohne \u00fcbrigens mit einer Sylbe jener \u00e4lteren Meinungen zu gedenken, eine davon sehr abweichende, v\u00f6llig verkehrte Vor-","page":386},{"file":"p0387.txt","language":"de","ocr_de":"des elelclrotonischen Zustandes den Nerven.\n3S7\nWenn mich nicht alles t\u00e4uscht, so sind wir jetzt in Stand gesetzt, Nobili\u2019s Theorie auf eine naturgem\u00e4fsere Weise zu erg\u00e4nzen. Meine Meinung, die mir durch die Thatsachen auferlegt zu sein scheint, ist diese. Wir haben in dem elektrotonischen Zustand jene dauernde Ver\u00e4nderung der Nerven durch den elektrischen Strom wirklich erkannt, deren Dasein zu muthmafsen Ritter, Erman und Nobili allein verg\u00f6nnt war. Wenn ein Strom auf einen Nerven wirkt, ergeht es letzterem gleich jedem anderen feuchten Leiter. Es wird Elektrolyse eingeleitet, welche mit s\u00e4ulenartiger Polarisation beginnt. Der Uebergang der nat\u00fcrlichen zur dipolaren Anordnung der elektromotorischen Molekeln bedingt jene Gleichgewichtsst\u00f6rung, die als Schliefsungszuckung, Schliefsungs-schmerz sich geltend macht. Die R\u00fcckkehr von der dipolaren zur nat\u00fcrlichen Anordnung ist es, wodurch sich der Organismus, um mit Ritter zu reden, den Oeffnungsschlag selber ertheilt. Mit einem Worte, das GALVAm\u2019sche Phaenomen erscheint uns als ein besonderer Fall des von Nicholson und Carlisle entdeckten, durch die Eigenth\u00fcmlichkeit des thierischen Leiters nur so wunderbar eingekleidet. Galvanische Reizung ist uns nichts mehr als die erste Stufe der Elektrolyse eines Nerven. (Vergl. oben Bd. I. S. 419.)\nP. Erman war daher nicht so ganz entfernt von der Wahrheit, als er, um die Wirkung des Stromes auf den Nerven zu erkl\u00e4ren, erinnerte an die Polarisation des feuchten, die S\u00e4ule, wie man zu sagen pflegt, unvollkommen schliefsenden Leiters. Seine Lehre stand zu der unsrigen gleichsam in eben dem Verh\u00e4ltnifs, wie des Aepinus und seiner Zeitgenossen Ansicht von der Vertheilung der magnetischen Fl\u00fcssigkeiten im Stahlstabe zu der von Coulomb ersonnenen Molecularhypo-these (Vergl. oben Bd. I. S. 678. 679). Es war unzweifelhaft viel richtiger gedacht, wie Erman that, um die Ver\u00e4nderung des Nerven durch den Strom zu erkl\u00e4ren, zu einer dem letzteren unter allen Umst\u00e4nden, sobald er einen feuchten Leiter trifft, zukommenden Wirkungsweise zu greifen, als, wie Matteucci, seine Zuflucht zu nehmen zu einer absonderlichen, wenig gekannten F\u00e4higkeit desselben, die er blos dann und wann, unter verwickelten Bedingungen und nur bei sehr grofser M\u00e4chtigkeit kundgiebt. Es ist nicht wenig auffallend, und wohl nur durch die Vernachl\u00e4ssigung zu erkl\u00e4ren, welche dies Gebiet viele Jahrzchnde lang hat erdulden m\u00fcssen, dafs, seit unsere Kenntnifs von der Elektrolyse so wesentliche Bereicherungen erfahren hat, der\nstellungsweise bekannt gemacht \u00fcber die Ursache, weshalb die Zuckungen zu Anfang und zu Ende des erregenden Stromes auftreten. Vergl, oben Bd. I. S. 282 und die Nachtr\u00e4ge am Schl\u00fcsse des Werkes.\n25\u201d","page":387},{"file":"p0388.txt","language":"de","ocr_de":"388 S.Abschn. Kap. VII. \u00a7. III. Von der physiologischen Bedeutung\nGedanke nicht a priori von Einem oder dem Anderen gefafst worden ist, die Wirkung des Stromes auf die Nerven einfach auf Rechnung der mit der feuchten Leitung nothwendig verbundenen s\u00e4ulenartigen Polarisation der Nervenelemente zu bringen.\nWir sind nun auch so weit gelangt, dafs ich mich hinsichtlich des Namens rechtfertigen kann, mit welchem ich die dauernde Ver\u00e4nderung der Nerven durch den Strom bezeichnet habe. Man erinnert sich vielleicht aus dem ersten Bande dieses Werkes (S. daselbst S. 300), dafs wir eine in allen wesentlichen St\u00fccken obwaltende Aehnlichkeit erkannten zwischen dem Vorg\u00e4nge der Nervenerregung durch den Strom und dem der Induction eines stromf\u00fchrenden Leiters oder eines Magnetes auf einen benachbarten Leiter. Wie der Bewegung und Empfindung vermittelnde Vorgang nicht w\u00e4hrend der Dauer des Stromes auf best\u00e4ndiger H\u00f6he stattfindet, so geschieht auch die Induction nur in Folge von positiven oder negativen Ver\u00e4nderungen der auf das leitende Element wirkenden elektrodynamischen oder magnetischen Resultante. Auch im Gebiete der Induction nun hatte ihr Entdecker sogleich eingesehen, dafs der Schliefsungsstrom betrachtet werden m\u00fcsse als der Ausdruck einer von dem Leiter eingegangenen Ver\u00e4nderung durch die N\u00e4he des Magnetes, welche so lange anhalte, als die inducirendc Ursache selber; das Schwinden dieser Ver\u00e4nderung, die R\u00fcckkehr in den nat\u00fcrlichen Zustand nach Entfernung der inducirenden Ursache, enthalte den Grund des Oeffnungsstromes. Jenen Zustand der Ver\u00e4nderung der leitenden Materie nannte Faraday den elektrotonischen Zustand. Er vermochte anfangs denselben nicht anders nachzuweisen, als indem er einsichtlich machte, die Materie m\u00fcsse ver\u00e4ndert sein, da sic die Eigenschaft gewonnen habe einen Strom in dem Augenblick zu entwickeln, wo die auf sie wirkende magnetische oder elektrodynamische Resultante erl\u00f6sche. Viel sp\u00e4ter aber gelang es ihm, durch optische Mittel wirklich eine Ver\u00e4nderung des Molecularzusammenhanges verschiedener K\u00f6rper, unter anderen mehrerer feuchten Leiter, durch magnetische Einfl\u00fcsse darzuthun. Es ist daher in hohem Grade, ja mehr als wahrscheinlich, dafs zwischen dem Schliefsungs- und Oeffnungsstrome in einem inducirten Kreise ein Zustand der Verr\u00fcckung, der Spannung seiner kleinsten Tlieile liege, eben der elektrotonische Zustand, aus welchem zur\u00fcckkehrend zum nat\u00fcrlichen Zustande die Materie \u00bbsich selber den Oeffnungsschlag er-theilt. \u00ab Vergl. oben Bd. I. S. 302. 303.\nIn der That, wenn wir jetzt den Vergleich der Induction mit der Nervenerregung vollends durchf\u00fchren wollen, so ist klar, dafs die s\u00e4ulenartige Polarisation der Nerven durch den Strom Faraday\u2019s elek-trotonischem Zustande der Materie genau entspricht. Entsteht ein Strom","page":388},{"file":"p0389.txt","language":"de","ocr_de":"des elehtrotonisclien Zustandes der Nerven.\n389\nin dem einen von zweien benachbarten Leitern, so ist dies Entstehen in dem anderen von einem Inductionsstrome begleitet, nachher befindet sich der letztere im elektrotonischen Zustande. Entsteht ein Strom in einem Kreise, in welchen ein Nerv eingeschaltet ist, so ist dies Entstehen von einer Erregung des Bewegung und Empfindung vermittelnden Vorganges begleitet, nachher befindet sich der Nerv s\u00e4ulenartig polarisirt, im elektrotonischen Zustande. Nun \u00f6ffnen wir beide Ketten. Im Leiter schwindet der elektrotonische Zustand, im Nerven fallen die Molekeln aus der dipolaren in die nat\u00fcrliche Lage zur\u00fcck, in dem ersten hat abermals ein Strom diese Wiederherstellung des urspr\u00fcnglichen Zustandes begleitet, in dem Nerven eine neue Bewegung des sogenannten Nervenprincips. Dabei zeigt sich, wie schon an jener fr\u00fcheren Stelle deutlich gemacht worden ist (S. oben Bd. I. S. 303. (4). 307), zwischen Schliefsungs - und Oeffnungszuckung derselbe Gegensatz wie zwischen Schliefsungs- und Oeffnungsstrom, indem n\u00e4mlich die Schliessungszuckung bei absteigendem Strome die n\u00e4mlichen Eigenth\u00fcmlich-keiten darbietet, als die Oeffnungszuckung bei aufsteigendem, und umgekehrt.\nJe weniger bisher diese F\u00fclle wichtiger Analogieen zwischen beiden Vorg\u00e4ngen, dem der Induction und dem der Nervenerregung durch den Strom beachtet worden ist, um so mehr habe ich geglaubt, darauf Gewicht legen zu m\u00fcssen. Es hat mir daher geschienen, als k\u00f6nne ich den ver\u00e4nderten Zustand der Nerven, in den sie durch die Gewalt des erregenden Stromes verfallen, nicht treffender und beziehungsreicher benennen, als mit demselben Namen, mit dem Faraday den ver\u00e4nderten Zustand der Materie unter dem Einfl\u00fcsse elektrodynamischer oder magnetischer Kr\u00e4fte belegt hat, dem n\u00e4mlich des elektrotonischen Zustandes der Nerven.\nHier brechen wir diese Bemerkungen \u00fcber die physiologische Bedeutung des elektrotonischen Zustandes ab, um sie an einer sp\u00e4teren Stelle, im vierten Abschnitte dieses Werkes, noch etwas tiefer in manche dem Anschein nach schon jetzt zug\u00e4ngliche Einzelheit zu verfolgen. Was die Untersuchung des elektrotonischen Zustandes an den verschiedenen Theilen des Nervensystemes betrifft, so soll sie gleichfalls erst sp\u00e4ter, im zehnten Paragraphen dieses Kapitels, angestellt werden,","page":389},{"file":"p0390.txt","language":"de","ocr_de":"390 3. Abschn, Kap. VII. \u00a7. IV. 1 (i). Vom elektrotonischen Zustande\n\u00a7\u2022 iv.\nVon dem Verhalten des Nervenstromes beim Tetanisiren auf elektrischem Wege.\nI. Von der Erscheinungsweise des elektrotonischen Zustandes bei unterbrochenem erregenden Strome.\n(i) Einleitung.\nWir nehmen nun, des Erwerbes froh, den wir bei dieser Gelegenheit so ganz unerwartet in den Kauf erhielten, den eigentlichen Faden unserer Untersuchung wieder auf. Der Zweck derselben war, zu ermitteln, ob der Bewcgungs- und Empfindungs-Vorgang in dem Nerven begleitet sei von einer Ver\u00e4nderung ihres Stromes in irgend einem Sinne. Wir hatten beschlossen, diesen Vorgang zun\u00e4chst auf elektrischem Wrege ins Leben zu rufen, als dem m\u00e4chtigsten und bequemsten Mittel, welches uns zu diesem Behufc zu Gebote steht. Schon hatten wir (S. oben S. 291) die Vorrichtung zum Tetanisiren zusammengestellt, die n\u00f6thigen Vorkehrungen \u00fcberlegt, der Nerv lag \u00fcber die B\u00e4usche gebreitet, als eine gl\u00fcckliche Vorsicht uns antrieb uns nochmals ausdr\u00fccklich davon zu \u00fcberzeugen, ob bei dieser Anordnung der best\u00e4ndige Strom auch wirklich die Nadel in Ruhe lasse: da stiefsen wir auf die Erscheinung des elektrotonischen Zustandes, welche nat\u00fcrlich erst, so weit als nur immer m\u00f6glich, verfolgt werden mufste, ehe wir daran denken durften, unserem urspr\u00fcnglichen Versuchsplan nachzugehen.\nDie Schwierigkeiten, die diesem letzteren durch die Erscheinung des best\u00e4ndigen positiven oder negativen Zuwachses in den Weg gelegt werden, sind oben S. 294 bereits kurz angedeutet worden. Jeder Anfang, jedes Aufh\u00f6ren des Stromes, oder sch\u00e4rfer gesagt, jedes Ansteigen, jedes Abfallen der Curve seiner Dichtigkeit in dem Nerven ist von dem Bewegung und Empfindung vermittelnden Vorg\u00e4nge und also m\u00f6glicherweise von der gesuchten Schwankung des Nervenstromes begleitet. Aber nichts steht uns daf\u00fcr, dafs nicht auch der elektrotonische Zustand sofort bei der Schliefsung der Kette ins Spiel sich einmische, vielmehr spricht alles in diesem Sinne.\nWir betrachten denselben als den Ausdruck der Elektrolyse des Nerven. Wir nehmen ferner an, dafs die Elektrolyse nichts ist, als der Vorgang der Fortpflanzung des Stromes in den Leitern zweiter Klasse, und Henrici hat nachgewiesen, dafs auch nach dem schnellsten","page":390},{"file":"p0391.txt","language":"de","ocr_de":"bei unterbrochenem erregenden Strome.\n391\nelektrischen Entladungsvorgange, dem der Kleist\u2019scIicii Flasche, die Elektroden polarisirt Zur\u00fcckbleiben (S. oben Bd. I. S. 238). Ferner wird, wie schon oben S. 322 bevorwortet wurde, sogleich durch den Versuch gezeigt werden, dafs der elektrotonische Zustand wirklich mit sehr grofscr Geschwindigkeit hereinbricht. Also selbst unter der Voraussetzung, dafs zwischen dem clektrotonischen Zustande und dem Bewegung und Empfindung vermittelnden Vorg\u00e4nge kein Zusammenhang obwalte, ist es schon sehr unwahrscheinlich, dafs jemals der letztere, wenn er auf elektrischem Wege angeregt wird, ohne den ersteren vorkomme.\nVollends zweifelhaft wird dies aber, wenn man die Betrachtungen des vorigen Paragraphen hinzunimmt. Danach w\u00fcrde die s\u00e4ulenartige Polarisation ja vielmehr stets als das Erstvorhandene und Urspr\u00fcngliche auzuschen sein. Das Entstehen und Vergehen derselben w\u00fcrde es sein, worauf der Bewegung und Empfindung vermittelnde Vorgang beruht. Wie die Curve der Dichtigkeit des erregenden Stromes in dem Nerven eine Schwankung erleidet, schwankt in gleichem Sinne die Curve der St\u00e4rke der s\u00e4ulenartigen Polarisation, auf die Zeit als Abscisse bezogen, und die St\u00e4rke des Bewegung und Empfindung vermittelnden Vorganges ist daher nur in sofern eine mit der Ver\u00e4nderlichen wachsende Function des Differeutialquotienten der Dichtigkeitscurve des erregenden Stromes, als sie eine \u00e4hnliche Function der entsprechenden Ordinatenunterschiede der Curve der s\u00e4ulenartigen Polarisation bezogen auf die Zeit darstellt (Vergl. oben Bd. I. S. 258. 289).\nDie Hoffnung kann demnach nur sehr gering sein, jenen Vorgang getrennt vom clektrotonischen Zustande auf elektrischem Wege zur Erscheinung zu bringen, indem man den erregenden Strom nur in so kurzen Zeitr\u00e4umen einwirken l\u00e4fst, dafs der Zuwachs m\u00f6glicherweise keine Zeit mehr zu seiner Entwickelung finde. Auch habe ich wirklich, bei den mir zu Gebote stehenden Mitteln, keine solche Grenze f\u00fcr die Geschwindigkeit der Entwickelung des Zuwachses zu entdecken vermocht. Nichtsdestoweniger ergiebt sich im Verfolg der darauf gerichteten Bestrebungen eine Thats\u00e4che, welche uns f\u00fcr den weiteren Fortschritt unserer Untersuchung einen Fingerzeig von unberechenbarer Wichtigkeit crtheilen wird.\n(ii) Unlerbrecliungsrad.\nSchaltet man in den Kreis der erregenden Kette, aufser dem Stromwender, den Poc.GENDORFF\u2019schen Inversor dergestalt ein, dafs er nur unterbricht, nicht zugleich umkehrt, und schliefst den erregenden Kreis in Quecksilber, erst nachdem man das Rad zu drehen angefangeu hat, so erh\u00e4lt man einen Ausschlag in dem Sinne, als ob man die erregende","page":391},{"file":"p0392.txt","language":"de","ocr_de":"392 3- Abschi. Kap. VIL \u00a7. IV. 1 (ii). Vorn elelctrotonischen Zustande\nKette stetig geschlossen h\u00e4tte. Die Gr\u00f6fse desselben h\u00e4ngt, unter sonst gleichen Umst\u00e4nden, begreiflich ab von dem Verh\u00e4ltnis der Dauer jeder einzelnen Schliefsung zur Dauer der Schliefsung + der Unterbrechung. Bei Anwendung der Federn, die oben Bd. I. S. 448 beschrieben sind, ist die Unterbrechung so kurz, dafs jenes Verh\u00e4ltnis der Einheit ziemlich nahe kommt. Um es beliebig verkleinern zu k\u00f6nnen, liefs ich nicht allein an den breiten Federn schmale Il\u00fclfsfedern anbringen, welche blos mit der abgerundeten Kante eines etwa 1\"\u2122 starken Kupferbleches an dem Umfange des Rades schleifen, sondern ich \u00e4nderte auch den Bogenabstand der Federn selber von einander ab. Dadurch l\u00e4fst sich bei einer gegebenen Anordnung der kleinstm\u00f6gliche Grenzwerth jenes Verh\u00e4ltnisses erreichen, wie sich aus der Zergliederung ergiebt, die ich in der untenstehenden Anmerkung mittheile.1 Die Dauer der Str\u00f6me, die ich nun mit meiner Vorrichtung darstellte, konnte\n1 Wir suchen das Verh\u00e4llnifs n der Zeit, w\u00e4hrend welcher ein gegebener Inversor, dessen Rad mit best\u00e4ndiger Geschwindigkeit gedreht wird, in der Zeiteinheit die Kette schliefst, zu dieser Zeiteinheit auszudr\u00fccken als Function der entwickelten Bogenl\u00e4nge m der metallischen, derjenigen h der isolirenden, h\u00f6lzernen Z\u00e4hne des Rades, der Breite b der Federn, d. h. der entwickelten Bogenl\u00e4nge ihrer schleifenden Oberfl\u00e4chen, endlich des Abstandes a der einander zugekehrlen R\u00e4nder dieser Fl\u00e4chen. Als Zeiteinheit nehmen wir die Dauer des Durchganges der Bogenl\u00e4nge m + h unter einem Punkte der Federn. Wir denken uns zun\u00e4chst, dafs die Kette zwischen den von einander isolirten, durch die Federn zu schliefsenden Radh\u00e4lften angebracht sei. W\u00e4re b ) h, so w\u00fcrde die schleifende Oberfl\u00e4che einer Feder eine Nebenschliefsung f\u00fcr den Strom bilden k\u00f6nnen in dem Falle, dafs derselbe zugleich unterbrochen und umgekehrt werden soll, d. h. dafs der Kettenlheil, auf den die Stromeswirkungen ausge\u00fcbt werden sollen, durch den Inversor von der Kette getrennt sei. Es wird also stets b (h sein m\u00fcssen. Aufserdem aber m\u00fcssen, hinsichtlich der Stellung der Federn, gewisse Bedingungen erf\u00fcllt sein, damit \u00fcberhaupt Schliefsung durch dieselben statlflnden k\u00f6nne. Diese Bedingungen kehren hei wachsendem Abstande der Federn periodisch wieder. Es stelle v einschlie\u00dflich der Null jede positive ganze Zahl vor bis zu N \u2014 1, wenn 2N die Anzahl der metallischen Z\u00e4hne des Inversors ist, so kann zwischen den Grenzen\na) 2 vm + (2v \u2014 1) h, 2 b + a {2 (y 4- 1) m + [2 (n + /) + 1\\ h die Kette geschlossen werden, so lange nicht\n2b + a { 2vm + (2v + 1) h, oder a ) 2 (V -f- 1) m + {2v + 1) h.\nMan findet nun, dafs f\u00fcr n zwei verschiedene Ausdr\u00fccke gelten, je nachdem\nb + a ^ (2v + 1) (in + h).\nGilt das obere Zeichen, so ist\n2b + a \u2014 2nm \u2014 {2v + 1) h m h\nGilt das untere, so ist n unabh\u00e4ngig von b,\n2 (v + 1) m + (2v + 1) h \u2014 a m + h\nn","page":392},{"file":"p0393.txt","language":"de","ocr_de":"bei Unterbrechung des erregenden Stromes durch den Inversor. 393\nschwerlich viel \u00fcber O'.OOl betragen. Nichtsdestoweniger zeigten sich die Phasen auf das allerentschiedenste.\n(hi) Magnelelektr om o t or.\nIch habe denselben Versuch auch mit dem NEEp\u2019schen Magnet-eleklromotor wiederholt. An dem Instrumente aus der Werkst\u00e4tte des Herrn Halske, dessen ich mich zuerst bediente, wird die Feder in Schwingungen versetzt nicht wie gew\u00f6hnlich durch den Eisenkern der Inductionsrollen selber, sondern durch ein davon gesondertes kleines Hufeisen, welches nur mit wenigen Windungen eines dicken Drahtes versehen ist. 1 Ich stellte die Verbindungen so her, dafs ich\nF\u00fcr b + a = (2v + 1) (m + h) sind die Ausdr\u00fccke gleich und n hat seinen\ngr\u00f6fsten Werth\nm + b m + h\nDie Formeln gelten, gleichviel ob der Inversor nur zur Unterbrechung oder ob er gleichzeitig, seinem eigentlichen Zwecke gem\u00e4fs, zur Umkehr des Stromes benutzt werde. Etwas anders gestalten sich die Dinge, wenn wir uns denken, dafs die Kette sich zwischen den Federn befinde. Zwar wenn nun wiederum der Ket-tenthcil, der den Stromeswirkungen unterliegen soll, jenseits des Inversors zwischen seinen von einander isolirlen Radh\u00e4lften angebracht ist, k\u00f6nnen alle fr\u00fchere Bestimmungen stehen bleiben. Soll aber der Inversor nur unterbrechen, d. h. befindet sich jener Ifeltentheil gleichfalls zwischen den Federn, so m\u00fcssen auch die Schliessungen ber\u00fccksichtigt werden, die dadurch zu Stande kommen, dafs die Federn zwei Z\u00e4hne ber\u00fchren, welche der n\u00e4mlichen Radh\u00e4lfte angeh\u00f6ren. Dies f\u00fchrt zu weiteren Verwickelungen, die wir uner\u00f6rlert lassen, da sie ohne theoretisches Interesse sind, im Versuch aber leicht dadurch vermieden werden k\u00f6nnen, dafs man die Kette nebst dem betreffenden Ketteritheile wie in dem erslzergliederlen Falle zwischen die beiden Radh\u00e4lften anbringt.\n1 Ich habe diesem Magnetelektromolor noch eine Einrichtung gegeben, die ich nach den Erfahrungen, welche meine Freunde Br\u00fccke und Ludwig und ich selber seitdem damit gemacht haben, wirklich als sehr zweckm\u00e4fsig empfehlen kann. Sie dient dazu, die St\u00e4rke der abwechselnd gerichteten Schl\u00e4ge der inducirten Rolle von Null bis zu der h\u00f6chsten Grenze, die das Instrument bei jedesmaliger St\u00e4rke des inducirenden Stromes zul\u00e4fst, aufs Feinste abzustufen. Dies wird dadurch erreicht, dafs die inducirte Rolle auf einem Schlitten der inducirenden nach Belieben fern und nahe gebracht werden kann. Zuletzt kann sie \u00fcber dieselbe geschoben werden, wo dann die Anordnung die gew\u00f6hnliche ist. Vergl. die Fortschritte der Physik im Jahre 1846. Dargcstellt von der physikalischen Gesellschaft zu Berlin. II. Jahrgang. Redigirt von G. Karsten. Berlin 1848. S. 462. Ich bin leider nicht im Stande, die Mafse des Drahtes an meinen Rollen vollst\u00e4ndig mitzutheilen. Es w\u00fcrde daher keinen Werth haben, wollte ich den Abstand anf\u00fchren, in den ich, an meinem Instrumente, die Rollen von einander bringen kann. An der Stelle gebe ich den Rath, ehe man das Geleise anferligen l\u00e4fst, durch den Versuch den Abstand der beiden Rollen zu ermitteln, in welchem man, hei Anwendung der Stromeskr\u00e4fte und Pr\u00fcfungsmittel, deren man sich in der Folge bedienen will, keine Wirkung","page":393},{"file":"p0394.txt","language":"de","ocr_de":"394 3. Abschn, Kap. VIL \u00a7. IV. / (tu). Vom elelUrolonischen Zustande bei\ndiese Bewickelung nebst der Feder und ihrem Stifte als Nebenschliessung f\u00fcr den Strom der GnovE\u2019schcn Kette an den Theil des erregenden Kreises anbrachte, der den Nerven in sich begriff. Ruhte die Feder gegen den Stift, so war die Kette durch diese Nebenleitung geschlossen und dadurch die Stromdichte im Nerven so geschw\u00e4cht, dafs ich nur eine kaum merkliche Spur positiven und negativen Zuwachses wahrnehmen konnte. Liefs ich hingegen die Feder schwingen, so sandte w\u00e4hrend der Unterbrechung die Kette ihren vollen Strom durch den Nerven, und es erschienen demgem\u00e4fs, auch bei den h\u00f6chsten T\u00f6nen, deren das Instrument f\u00e4hig war, lebhafte Phasen im richtigen Sinne.\nHier war die Zeit, w\u00e4hrend welcher der Strom den Nerven traf, diejenige, w\u00e4hrend welcher der Magnetelektromotor die Kette \u00f6ffnet. Da m\u00f6glicherweise die Zeit, w\u00e4hrend welcher er sie schliefst, die k\u00fcrzere ist, so war es w\u00fcnschenswcrth, den vorigen Versuch noch mit R\u00fccksicht hierauf abzu\u00e4ndern. Dazu mufste aber der Nerv in den Kreis der Kette und des Magnetelektromotors selber gebracht werden, oder vielmehr, da ein Strom, der letzteren in Th\u00e4tigkeit zu setzen vermag, viel zu stark f\u00fcr den Nerven sein w\u00fcrde, in eine Nebenscldiefsung zu einem Theile jenes Kreises, welcher weder die Kette, noch den Magnct-clcktromotor in sich begriff. Damit sich alsdann noch ein hinreichender Zweigstrom durch den Nerven begebe, um diesen in elektrotonischen Zustand zu versetzen, mufste jener Theil einen betr\u00e4chtlichen Widerstand haben. Ich w\u00e4hlte als solchen eine mit schwefelsaurer Kupferoxydl\u00f6sung gef\u00fcllte Rinne. Von den darin tauchenden Kupferelektroden\nmehr versp\u00fcrt. Dabei macht es nat\u00fcrlich einen betr\u00e4chtlichen Unterschied, ob man die Pr\u00fcfung vornimmt auf subjcctiv-physiologischem Wege, durch Einschaltung des menschlichen K\u00f6rpers sogar zwischen nassen Handhaben, oder auf objecliv-physio-logischem, mittelst des Froschschenkels. Das erslere w\u00fcrde f\u00fcr Aerzte gen\u00fcgen; f\u00fcr physiologische Versuche ist das zw'eite nothwendig, und hei einer kr\u00e4ftigen Vorrichtung wird man finden, dafs man hier unter Umst\u00e4nden eines Abstandes von SS\"\" zw'ischen den Mittelpunkten der L\u00e4ngenaxe beidpr Rollen bedarf. Dafs cs nicht wie sonst der Eisenkern der Rollen ist, der das Spiel der Feder anregt, gew\u00e4hrt die M\u00f6glichkeit, dieselben ohne Eisenkern zu gebrauchen. Dadurch ist ein neues Mittel gewonnen, die Stromst\u00e4rke innerhalb ihrer h\u00f6heren Werthe abzuslufen. Dies ist um so sch\u00e4tzbarer, als sie, vrenn die Rollen einander schon nahe sind, mit noch mehr abnehmender Entfernung in sehr raschem Wachsen begriffen ist. Freilich entspringt daraus der Nachtheil, dafs man, wenn man sich des Endgegenstromes bedienen wollte, der sich in beiden zu einer Leitung verbundenen Rollen entwickelt, man das Hufeisen mit einer besonderen Rolle, die zahlreiche Windungen besitzt, umgeben m\u00fcfste, damit es noch hinreichend stark magnetisirt w\u00fcrde, um die Feder in Bewegung zu setzen. Daf\u00fcr hat man aber v'ieder den Vortheil, sich, wie oben im Texte, der Vorrichtung bei Gelegenheit auch blos als einer unterbrechenden bedienen zu k\u00f6nnen, ohne dafs sich Inductionswirkungen in merklicher Gr\u00f6fse einmischten.","page":394},{"file":"p0395.txt","language":"de","ocr_de":"Unterbrechung des erregenden Stroms durch den MagnelelelUromotor. 395\ngingen Dr\u00e4hte zur Kette und zum Nerven. Unter diesen Umst\u00e4nden reichte aber die Anzahl Ketten von best\u00e4ndiger Kraft, \u00fcber die ich gebot, als S\u00e4ule zusammengef\u00fcgt nicht mehr aus, das kurzbewickelte Hufeisen meines Magnetelektromotors bis zu der f\u00fcr das Spiel der Feder erforderlichen St\u00e4rke zu magnetisiren. Ich bediente mich deshalb des Instrumentes von der Arbeit der Herren B\u00f6tticher und Halske, welches mein Freund Helmholtz in M\u00fcller\u2019s Archiv etc. 1848. S. 154' beschrieben hat. Hier wird die Feder durch den Eisenkern der Inductions-rollen selber zu ihren Schwingungen angeregt. Bei Anwendung einer mehrgliederigen GROVE\u2019schen S\u00e4ule stellte sich das Spiel der Feder, trotz dem Widerstande der eingeschalteten Rinne mit schwefelsaurer Kupferoxydl\u00f6sung, sehr sch\u00f6n her, und beim Schliefsen der au die Rinne angebrachten Nebenleitung, in der sich der Nerv zwischen den Platinenden der stromzuf\u00fchrenden Vorrichtung in gewohnter Weise befand, gaben sich, je nach der Richtung des Stromes, der positive und negative Zuwachs deutlich zu erkennen, obschon aus leicht ersichtlichen Gr\u00fcnden minder lebhaft als bei stetig geschlossener Kette, wenn die Feder wider den Stift ruhte.\n(ivj Von der relativen Gr\u00f6fsc der beiden Zuwachse im eleklrolo-\nnischen Zustande bei unterbrochenem erregenden Strome.\nIn diesen Versuchen ist folglich die Grenze der Geschwindigkeit,\nwomit tier clckArotonisclie Zustand z,u Stande z,u kommen vermag, ge-\nwifs noch lange nicht erreicht. Der Versuch am Inversor schneidet insbesondere die M\u00f6glichkeit ab, welcher bei denen am Magnetelektromotor allenfalls Raum gegeben w\u00e4re, dafs der elektrotonische Zustand durch die dicht aufeinanderfolgenden Stromst\u00f6fse in den letzteren stufenweise entwickelt worden sei, indem zwischen je zwei St\u00f6fsen der Nerv nicht Zeit gefunden habe, in den nat\u00fcrlichen Zustand zur\u00fcckzukehren. Denn am Inversor in seiner zuletzt angegebenen Verfassung betrug die Zeit der Oelfnung etwa das neunzehnfache von der, w\u00e4hrend welcher der Strom seinen Weg durch den Nerven fand. Ohnehin wird die Annahme, dafs der elektrotonische Zustand des Nerven, trotz der Unterbrechung des erregenden Stromes, ein stetiger sei, sobald man den Meinungen des vorigen Paragraphen Glauben schenkt, unm\u00f6glich gemacht durch den Erfolg, den man wahrnimmt, wenn jenseits der Elektroden der Nerv noch mit dem strompr\u00fcfenden Unterschenkel in Verbindung steht. Derselbe ger\u00e4th n\u00e4mlich, wie dem nicht anders sein kann, in den heftigsten Tetanus. Dieser ist nicht denkbar ohne eine fortw\u00e4hrende Molecularbewegung im Nerven und verstauet folglich keine","page":395},{"file":"p0396.txt","language":"de","ocr_de":"396\t3. Abschn. Kap. VII. \u00a7\u25a0 IV. 1 (iv). Von der relativen Gr\u00f6fse\nVerwechselung dieses Zustandes des Nerven mit dem der s\u00e4ulenartigen Polarisation durch einen stetigen Strom.\nEbensowenig w\u00fcrde es gerechtfertigt sein, wollte man jene Wirkungen, die wir einfach als positive und negative Phase gcm\u00e4fs der Richtung des unterbrochenen erregenden Stromes ausgelegt haben, als Folge des Bewegung und Empfindung vermittelnden Vorganges betrachten. Sie ver\u00e4ndern sich nicht, nur nehmen sie an St\u00e4rke zu, wenn die Unterbrechungen des Stromes immer seltener werden, w\u00e4hrend umgekehrt die Zuckungen alsdann verschwinden. Ihre Richtung ist abh\u00e4ngig von der des erregenden Stromes. Von der Wirkung, welche m\u00f6glicherweise den Bewegung und Empfindung vermittelnden Vorgang begleitet, d\u00fcrfen wir aber, so scheint es, mit vieler Bestimmtheit voraussetzen, dafs sie bei beliebiger Richtung des Stromes stets einerlei Sinn haben werde. Unstreitig ist bei den obigen Versuchen diese Wirkung, wenn sie \u00fcberhaupt besteht, dauernd mit im Spiele gewesen, allein verdeckt durch die Phasen des elektrotonischen Zustandes, durch deren Ungleichheit sie allein w\u00fcrde entdeckt werden k\u00f6nnen.\nRichten wir also jetzt unser Augenmerk auf die relative Gr\u00f6fse der beiden Phasen im elektrotonischen Zustande bei unterbrochenem erregenden Strome. Bei Anwendung des Inversors giebt sich, in dieser Hinsicht, noch nichts Auffallendes kund. Hingegen in den Versuchen mit den Magnetelektromotoren erscheint der positive Zuwachs h\u00e4ufig, anstatt gr\u00f6fser, wie er sollte, aufserordentlich viel kleiner als der negative, so zwar, dafs man, um dies wahrzunehmen, gar keiner besonderen Versuchsweisen bedarf. Denn w\u00e4hrend in der negativen Phase die Nadel vielleicht von 4- 8\u00b0 bis auf \u2014 15\u00b0 durchschl\u00e4gt, ei\u2019h\u00e4lt man in der positiven nur eine Zunahme um etwa 2\u20143\u00b0. Andere Male erfolgt in der positiven Phase gar keine sichtbare Wirkung. Endlich kommt cs sogar vor, dafs man in der positiven Phase, statt des oben angek\u00fcndigten Ergebnisses, welches dem bei stetigem erregenden Strome entspricht, einen negativen Ausschlag erh\u00e4lt, der jedoch dem durch den Zuwachs dieses Zeichens sehr an Gr\u00f6fse nachsteht. Das Merkw\u00fcrdigste ist aber, dafs alle diese Erscheinungen allein wahrgenommen werden bei Ableitung des urspr\u00fcnglichen Stromes zwischen L\u00e4ngs- und Querschnitt. Legt man den Nerven allein mit Punkten des L\u00e4ngsschnittes auf, so werden dieselben schon fast unmerklich; verf\u00e4hrt man vollends, wie wir zu thun pflegten, um bei stetigem erregenden Strome die Gr\u00f6fse beider Zuwachse zu vergleichen (S. oben S. 371), so findet man zwischen beiden keinen deutlichen Unterschied mehr, da hier die Wirkungen zu zart und zu wandelbar sind, um die geringe Ueber-legenheit durchblicken zu lassen, die sonst dem positiven Zuwachse zusteht.","page":396},{"file":"p0397.txt","language":"de","ocr_de":"der leiden Zuwachse bei unterbrochenem erregenden Strome. 397\nMan bemerkt nun leicht, dafs die Gruppe von St\u00f6rungen, welche sich in die Erscheinungsweise des Zuwachses hei unterbrochenem erregenden Strome und bei Ableitung des urspr\u00fcnglichen Stromes von L\u00e4ngs- und Querschnitt eindr\u00e4ngen, sich zur\u00fcckf\u00fchren lassen w\u00fcrde auf eine negative Schwankung dieses Stromes, welche, ihrem Zeichen nach unabh\u00e4ngig von der Richtung des erregenden Stromes, sich zum negativen Zuwachs hinzuf\u00fcgte, vom positiven abgezogen w\u00fcrde, und grofs genug werden k\u00f6nnte, um den letzteren unter Umst\u00e4nden v\u00f6llig zu \u00fcberwiegen. Nimmt man hinzu, dafs diese Schwankung auszuhleiben scheint, wenn der Nerv mit elektromotorisch entsprechenden Punkten des L\u00e4ngsschnittes aufliegt, d. h. wenn der urspr\u00fcngliche Strom gleich Null ist, so kommt man auf den Gedanken, dafs man es wohl zu thun haben k\u00f6nne mit einer negativen Schwankung des urspr\u00fcnglichen Stromes, deren Gr\u00f6fse \u00fcberall mit seiner eigenen Gr\u00f6fse gleichen Schritt halte. Da wir in unsere Versuchsweise keine andere Verschiedenheit eingef\u00fchrt haben, als die Unterbrochenheit des erregenden Stromes, so d\u00fcrfte es gerechtfertigt sein, wenn wir jene negative Stromesschwankung herleiten gerade von diesem Umstande, von den unabl\u00e4ssigen Schwankungen der Stromdichte im Nerven, die wir veranlafst haben. Diese Schwankungen haben zur Folge die ebenso unabl\u00e4ssige Erregung des Bewegung und Empfindung vermittelnden Vorganges. In sofern uns aber, den elektrotonischen Zustand ausgenommen, f\u00fcr den die Muskeln nicht empf\u00e4nglich zu sein schienen, bisher noch kein Unterschied aufgestofsen war zwischen den Erscheinungen des Muskel-und denen des Nervenstromes (S. oben S. 288. 331), k\u00f6nnen wir nicht umhin, das bedeutsame Zusammentreffen zu bemerken, welches darin liegt, dafs auch beim Tetanisiren der Muskeln sich eine allerw\u00e4rts der St\u00e4rke des Muskelstromcs proportionale Schwankung desselben im negativen Sinne einstellte (S. oben S. 86. 103. 104).\nKaum m\u00f6chte danach noch ein Zweifel \u00fcbrig bleiben, dafs wir hier wirklich auf die entsprechende Erscheinung f\u00fcr den Nervenstrom gef\u00fchrt worden sind, auf dasjenige, was wir suchten, eine Schwankung des urspr\u00fcnglichen Nervenstromes, welche als der elektrische Ausdruck des Bewegung und Empfindung vermittelnden Vorganges anzusehen sei. Es kann sich nur noch darum handeln, eine Versuchsweise zu finden, um jene negative proportionale Schwankung des urspr\u00fcnglichen Nervenstromes unvermischt mit dem einen oder anderen Zuwachs ans Licht zu ziehen. Diese Aufgabe, deren L\u00f6sung beil\u00e4ufig auf der Hand liegt, soll uns sogleich weiter in Anspruch nehmen. Zuvor sind noch, hinsichtlich. der Erscheinungsweise des elektrotonischen Zustandes bei umbrochenem erregenden Strome, mehrere Einzelheiten zu erw\u00e4hnen.","page":397},{"file":"p0398.txt","language":"de","ocr_de":"398 \u00a3 Abschn. Kap. VIL \u00a7. IV. 1 (v). Fom elelclrotonischen Zustande\n(v) Saxton\u2019sclie Maschine.\nAufser den oben bereits eingeschlagenen Verfahrungsarten n\u00e4mlich, eine Reihe gleichgerichteter Stromst\u00f6fse von kurzer Dauer hervorzuhrin-gen, giebt es hiezu noch einen anderen Weg, den wir sp\u00e4ter w\u00fcn-schenswerth finden werden, gleichfalls betreten zu haben. Man kann sich n\u00e4mlich der Inductionsvorrichtungen bedienen mit solchen Vorkehrungen, dafs entweder die abwechselnd gerichteten Str\u00f6me, die sie ihrer Natur nach liefern, in gleichgerichtete verwandelt werden, oder dafs die Reihe der Schl\u00e4ge in der einen Richtung vollst\u00e4ndig weggehlendet ist, und nur die andere \u00fcbrig bleibt.\nIch w\u00e4hlte zuerst, jedoch, wie man sehen wird, nicht sehr gl\u00fccklich, die SAXToidsche Maschine. Durch die G\u00fcte des Herrn Professor Dove hatte ich den Vortheil, die oben Bd. I. S. 447 Anm. 1 bereits erw\u00e4hnte vortreffliche Maschine von Oertling\u2019s Arbeit anwenden zu k\u00f6nnen. Dove\u2019s Beschreibung derselben findet sich an den unten angegebenen Stellen. 1 Ich setze sie im Folgenden voraus und bediene mich daher ohne weiteres der von Dove eingef\u00fcbrten Bezeichnungsweise f\u00fcr die Theile der Maschine und f\u00fcr ihre gegenseitigen Lagen.\nDie gewaltigen physiologischen Wirkungen der Saxton\u2019scIicu Maschinen beruhen bekanntlich auf dem Kunstgriffe, w\u00e4hrend eines Theiles der Umdrehung, n\u00e4mlich vom Azimuth 0\u00b0 bis etwa zum Azimuth 90\u00b0, und dem Azimuth 180\u00b0 bis zu dem 270\u00b0, eine metallische Nebenschliessung zu dem in den Kreis der Rollen eingeschalteten thierischen Theil anzubringen, der den Stromeswirkungen ausgesetzt werden soll. Diese Nebenschliefsung gestaltet in den Rollen die Entwickelung eines \u00e4ufserst kr\u00e4ftigen Stromes, der in jenen letztgenannten Azimuthen seine gr\u00f6fste St\u00e4rke erreicht, in beiden \u00fcbrigens entgegengesetzte Richtung hat. F\u00e4llt nun pl\u00f6tzlich die gutlcitende Nebenschliefsung weg, so entsteht durch die tiefe Senkung des Stromes, welche fast einem Verschwinden gleich zu achten ist, ein gleichgerichteter Endgegenstrom (Extracurrent), der verm\u00f6ge seiner hoben Summe von Spannungen trotz dem Widerstande des thierischen Theiles einen heftigen Schlag hervorzubringen vermag. Auf die Wirkung dieses Gegenstromes k\u00f6nnen wir es hier\n1 Berichte \u00fcber die zur Bekanntmachung geeigneten Verhandlungen der K\u00f6nigl. Preufs. Akademie der Wissenschaften zu Berlin. April 1842. S. 100.* \u2014 Pogcen-doree\u2019s Annalen u. s. w. 1842. Bd. LVI. S. 253.* (S. daselbst auf Taf. II. Fig. 1 eine Abbildung des Ankers der Maschine im Grofscn nach einer Zeichnung von mir.) \u2014 Dove, Untersuchungen im Gebiete der Inductionselcktricit\u00e4t. Berlin 1842. 4\u00b0. S. 71.* \u2014 Archives de l\u2019\u00c9lectricit\u00e9, t. III. 1843. p. 50.* \u2014 Scientific Memoirs etc. Edited by Richard Taylor. London 1848. vol. V. p. 163.*","page":398},{"file":"p0399.txt","language":"de","ocr_de":"durch die Str\u00f6me der Saxton 'sehen Maschine.\n399\noffenbar allein abgesehen haben, da wir ja darauf ausgeben, die Geschwindigkeitsgrenze der Entwickelung des clektrotonischen Zustandes in der Erfahrung noch weiter hinauszuschieben.\nEs w\u00fcrde also zun\u00e4chst darauf ankommen, an der Maschine solahe Einrichtungen zu treffen, dafs entweder die beiden Gegenstr\u00f6me, welche w\u00e4hrend der beiden H\u00e4lften einer Umdrehung des Ankers erfolgen, einerlei Richtung erhalten, oder dafs die Reihe derselben in der einen Richtung v\u00f6llig weggeblendet wird. Beides ist an der OERTUNc\u2019schen Maschine leicht zu bewerkstelligen.\nDas Erste l\u00e4fst sich erreichen mit H\u00fclfe der Y f\u00f6rmig gespaltenen Federn. Zwischen den St\u00e4ndern C und D, die beide Federn tragen, wird der thierische Theil angebracht. Die Walze I. wird so gestellt, dafs die auf ihr schleifenden Zweige der Federn von Holz auf Metall oder umgekehrt \u00fcbergehen, wenn die Rollen sich in den Azimuthen 0\" und 180\u00b0 befinden. Die Walze II. wird um etwa 90\u00b0 gegen die I. verstellt. W\u00e4hrend der ersten 90\u00b0 einer Umdrehung ber\u00fchren alsdann die beiden Zweige einer Feder beide Walzen metallisch. Es entwickelt sich ein starker Strom in den Rollen. In dem Augenblick, wo der eine Zweig auf Holz ger\u00e4th, ger\u00e4th der Zweig der anderen Feder an derselben Walze auf Metall. An die Stelle der Leitung durch die beiden Aeste einer und derselben Feder tritt also jetzt die durch den thierischen Theil, der zwischen beiden Federn eingeschaltet ist. Es wird folglich ein Gegenstrom von entsprechender St\u00e4rke durch letzteren hindurchgehen. Beim Azimuth 180\u00b0 gerathen die beiden Zweige der anderen Feder auf Metall. Bei 270\u00b0 entsteht von Neuem ein Gegenstrom, der in den Rollen die entgegengesetzte Richtung des vorigen hat. Allein durch das Spiel der gespaltenen Federn findet er seinen Weg durch den thierischen Theil in der n\u00e4mlichen Richtung wie vorhin.\nSoll nur die Reihe der Schl\u00e4ge in der einen Richtung weggeblendet werden, so l\u00e4fst man die Feder 1 z. B. vom Azimuth 0\u00b0 bis 180\u00b0 die Walze I. metallisch, von 180\u00b0 bis 360\u00b0 aber isolirend ber\u00fchren, die Feder 9 stetig auf der Walze II. schleifen, und auf derselben Walze entweder die Feder 3 ira Azimuth 90\u00b0 auf den Ilolzeiusatz von 60\" Bogenl\u00e4nge gerathen, oder man l\u00e4fst 4 auf dem Blitzrade von neun Unterbrechungen f\u00fcr jede halbe Umdrehung ruhen. Der thierische Theil ist zwischen den St\u00e4ndern C und D eingeschaltet, von denen der erste Feder 9, der zweite Feder 1 und Feder 3 oder 4 tr\u00e4gt. Jedesmal dafs Feder 3 oder 4 auf Holz gerathen, erh\u00e4lt er einen Schlag; bei 3 nur einen starken im Azimuth 90\u00b0, bei 4 neun Schl\u00e4ge von erst steigender, dann abnehmender St\u00e4rke.\nDamit keine unmittelbare Wirkung von der Maschine auf die","page":399},{"file":"p0400.txt","language":"de","ocr_de":"400 3. Abschn. Kap. VII. \u00a7. IV. 1 (v). Vom elektrotonischen Zustande\nNadel ausge\u00fcbt werden m\u00f6ge, wurde sie in 3\u2122.l Entfernung vom Mul-tiplicator aufgestellt, ihre Drehscheibe von ihr getrennt an den Arbeitstisch geschraubt, und durch eine Guttaperchaschnur mit dem Wirtel in Verbindung gesetzt. Ich fand dies weit bequemer, als das oben Bd. I. S. 196. Bd. II. S. 49 erw\u00e4hnte Verfahren.\nDie Str\u00f6mungsrichtung wird, wenn man eine wesentliche Ver\u00e4nderung an der Maschine vorgenommen hat, stets am leichtesten durch Jodkaliumelektrolyse ermittelt, mit H\u00fclfe einer Vorrichtung, welche der oben Bd. I. S. 443 erw\u00e4hnten nachgebildet ist. Dies Verfahren l\u00e4fst keinen Irrthum zu und ist weniger zeitraubend, als die Bestimmung jener Richtung durch Verfolgen des Vorganges an der Maschine. L\u00e4fst man die beiden Platinclektroden, mit welchen man das Jodkalium zersetzt hat, zur Kette geschlossen, so erscheint augenblicklich auch an der fr\u00fcheren negativen Elektrode ein Jodfleck, ein Vorgang, der sichtlich ganz der an der ehemaligen Sauerstoffelektrode erscheinenden Was-scrstoffpolarisation heim Schliefsen von Elektroden entspricht, mit welchen Wasser zersetzt wurde (S. oben S. 190). Es ist gut, auf diesen Umstand gefafst zu sein, da er bei der Saxton\u2019sehen Maschine, und den Inductionsvorrichtungen \u00fcberhaupt, wo nach Aufh\u00f6ren des Stromes der Natur der Sache nach der inducirte Kreis geschlossen bleibt, leicht zu der Meinung Anlafs geben k\u00f6nnte, es habe, trotz den dawider getroffenen Vorkehrungen, ein Stromwechsel stattgefunden. F\u00e4hrt man fort, das Rad in dem fr\u00fcheren Sinne zu drehen, so verschwindet der secun-d\u00e4re Fleck wieder.\nIch fand nun folgendes. Die Str\u00f6me der gespaltenen Federn gaben, sowohl bei L\u00e4ngs- und Querschnitt, als bei Punkten des L\u00e4ngsschnittes allein, sehr lebhafte positive und negative Phase je nach ihrer Richtung zwischen den Blechen. Die Str\u00f6me bei den beiden anderen Anordnungen, n\u00e4mlich mit Feder 3 und einer Unterbrechung bei jeder Umdrehung, und mit Feder 4 und neun Unterbrechungen, gaben hei L\u00e4ngsund Querschnitt fast ohne Ausnahme negative Wirkung in beiden Phasen, st\u00e4rker jedoch in der negativen als in derjenigen, welche die positive h\u00e4tte sein sollen ; bei elektromotorisch entsprechenden Punkten des L\u00e4ngsschnittes jedoch positive und negative Wirkung je nach der Richtung zwischen den Blechen, obschon weit schw\u00e4cher als bei Anwendung der gespaltenen Federn.\nDie Str\u00f6me mufsten \u00fcbrigens, um diese Wirkungen hervorzubringen, ziemlich kr\u00e4ftig genommen werden, der Magnet zwar gedeckt, aber doch den Rollen sehr nahe, der Pachytrop auf \u00bbPhysiologisch\u00ab gestellt. Die Schl\u00e4ge wurden bei schnellem Drehen als kaum ertr\u00e4gliche Ersch\u00fctterungen im Handgelenk empfunden. Dabei ist jedoch zu he-","page":400},{"file":"p0401.txt","language":"de","ocr_de":"durch die Str\u00f6me der Saxton\u2019jcAc\u00ab Maschine.\n401\nmerken, dafs diese Versuche, wie alle hier noch unter 1. folgenden, an wenig erregbaren Thieren in der ung\u00fcnstigen Jahreszeit angestellt sind, ohne dafs mir, bis zum Abschlufs f\u00fcr den Druck, Gelegenheit geworden w\u00e4re, sie an mehr erregbaren zu wiederholen.\nDafs die mit H\u00fclfe der gespaltenen Federn erzeugten Zuwachse diejenigen mit Feder 3 bewirkten so sehr an Gr\u00f6fse \u00fcbertrafen, konnte wohl nicht allein daher r\u00fchren, dafs in dem ersten Falle zwei St\u00f6fse, in dem zweiten nur ein Stofs auf jede Umdrehung erfolgten. Denn Feder 4, welche nicht g\u00fcnstiger wirkte, als 3, brachte neun St\u00f6fse auf die Umdrehung, welche zusammen wenigstens jenen zwei an St\u00e4rke gleichkommen d\u00fcrften. Eine genauere Betrachtung des Vorganges deckte denn auch bald einen weiteren Unterschied auf.\nNachdem n\u00e4mlich die Schlicfsung von Walze zu Walze durch eine und dieselbe Feder der durch beide Federn und den dazwischen befindlichen thierischen Theil Platz gemacht hat, dauert diese letztere w\u00e4hrend einer viertel Umdrehung an. Da sich dies w\u00e4hrend jeder ganzen Umdrehung zweimal wiederholt, so sind die Rollen \u00fcberhaupt w\u00e4hrend einer halben Umdrehung durch den thierischen Theil geschlossen. Bei Anwendung der Feder 3 findet dasselbe nur w\u00e4hrend einer sechstel Umdrehung statt, bei der 4 w\u00e4hrend einer viertel.\nBei subjectiv-physiologischen Versuchen versp\u00fcrt der zwischen stetig schleifenden Federn, welche die Rollen zum Kreise schliefsen, mittelst kupferner Handhaben eingeschaltete menschliche K\u00f6rper nichts. Bei solchen Versuchen also k\u00f6nnen die Wirkungen des alsdann vorhandenen stetig wachsenden oder abnehmenden schwachen Stromes in der That vernachl\u00e4ssigt werden. Wir jedoch haben es zu thun mit ent-bl\u00f6fsten Nerven, auf welche der Strom in einer Strecke seiner Bahn als Leitung allein angewiesen ist. Diese sind als unvergleichlich empfindlichere Strompr\u00fcfer zu erachten, als der zwischen Handhaben eingeschaltete menschliche K\u00f6rper. Und wirklich fand sich\u2019s, dafs der strompr\u00fcfende Froschschcnkel in den heftigsten Tetanus gerieth, wenn ich seinen Nerven in den Kreis der Rollen zwischen stetig auf beiden Walzen schleifenden Federn anbrachte, gleichviel ob dies die gespaltenen Federn, oder etwa Feder 1 und 9 waren, 1 alsdann nicht mehr schief nach dem Rande der Walze I. zu eingesteckt. 1 Als ich aber die Str\u00f6me der gespaltenen Federn auf den Nerven einwirken liefs, der mit L\u00e4ngs- und Querschnitt auflag, erhielt ich \u00e4ufserst lebhaften positiven\n1 Vergl. die Fortschritte der Physik im Jahre 1816. Dargestellt von der physikalischen Gesellschaft zu Berlin. II. Jahrgang. Redigirt von G. Kaesten. Berlin 1848. S. 510.\nII,\n26","page":401},{"file":"p0402.txt","language":"de","ocr_de":"402 3. /Ibsehn. Kap. VII. \u00a7. IV. 1 (v). Vom elelctrotonischen Zustande\nund negativen Zuwachs, je nach der Richtung der Str\u00f6me zwischen den Blechen.\nDieses Ergebnifs ist demnach geeignet, sowohl aufzukl\u00e4ren \u00fcber den Grund, weshalb die gespaltenen Federn bei um 90\u00b0 verstellter Walze II. so viel st\u00e4rker wirkten als die andern Anordnungen, als auch \u00fcberhaupt aufmerksam zu machen auf die Untauglichkeit der Maschine in ihrer jetzigen Verfassung f\u00fcr unseren Zweck, und den Unwerth der bisher daran erhaltenen Ergebnisse f\u00fcr die Frage, um die es sich hier handelt. Denn nichts steht uns daf\u00fcr, dafs die Wirkungen, die wir den Endgegenstr\u00f6men zugeschrieben haben, die sich beim Ab-reifsen der Federn in den Rollen entwickeln, nicht vielmehr stammen von den Str\u00f6men, die bei stetig schleifenden Federn, zwischen denen der Nerv einfach eingeschaltet ist, unmittelbar durch die Drehung des Ankers entstehen. Wir m\u00fcssen also entweder den Gebrauch der Maschine aufgeben, oder ein Mittel finden, die Wirkung der letzteren Str\u00f6me beinahe auszul\u00f6schen, und die jener Endgegenstr\u00f6me allein aufrecht zu erhalten.\nGl\u00fccklicherweise liefs die Maschine, deren ich mich bediente, sogar zwei verschiedene Vorkehrungen zu diesem Behufe zu. Ich setzte n\u00e4mlich die von der Axe isolirte Walze IV. in metallische Verbindung mit der Walze III., welche ihrerseits mit der Walze II. in metallischer Verbindung steht. Dies geschah, indem ich in der Rinne zwischen III. und IV. einen Streifen Schnellloth einsprengte. Auf der Walze IV. liefs ich sodann zuerst die Feder 4 \u00fcber den Einsatz von 60\u00b0 Bogenl\u00e4nge mit Unterbrechung schleifen. Es war aber der Einsatz gegen den der Walze II., auf dem die Feder 3 schleifte, so verstellt, dafs Feder 4 auf Metall gerieth fast unmittelbar nachdem Feder 3 dasselbe verlassen hatte. Jetzt also war w\u00e4hrend der halben Umdrehung, welche die schief nach dem Rande der Walze I. zu eingesetzte Feder 1 \u00fcbrig liefs, der Kreis der Rollen bis auf ein St\u00fcck von wenigen Graden Bogenl\u00e4nge metallisch geschlossen, und in dein Augenblick, wo die Federn dergestalt \u00fcber Holz wegglitten, durchflog der Gegenstrom den thieri-schen Theil. Oder ich liefs, statt der Feder 9 stetig auf Walze II., die 8 auf Walze IV. \u00fcber den Einsatz von 180\u00b0 Bogenl\u00e4nge aussetzend schleifen. Es war aber der Einsatz gegen den der Walze II., auf dem die Feder 3 schleifte, so verstellt, dafs Feder 8 auf Holz gerieth fast unmittelbar nachdem Feder 3 Metall verlassen hatte. W\u00e4hrend also bei der vorigen Einrichtung der den thierischen Theil enthaltende Bogen bis auf den Augenblick, in welchem der Endgegenstrom erfolgen sollte, eine Nebenschliefsung zum metallisch geschlossenen Kreise der Rollen abgab, war dies hier nur w\u00e4hrend der ersten viertel Um-","page":402},{"file":"p0403.txt","language":"de","ocr_de":"durch die Str\u00f6me der Saxton'ScAcm Maschine.\n403\ndrehung der Fall; w\u00e4hrend des zweiten Viertels war jener Bogen vielmehr vollst\u00e4ndig ge\u00f6ffnet.\nIch hatte \u00fcbrigens auch nicht vers\u00e4umt, mich zu \u00fcberzeugen, dafs, bei stetig metallisch geschlossenem Kreise der Rollen, so dafs der Nerv w\u00e4hrend der ganzen wirksamen Dauer der Umdrehung eine Neben-schliefsung f\u00fcr den durch die Federn und den St\u00e4nder gebildeten Bogen abgab, nur eine unbedeutende Spur von Wirkung stattfand, welche zu keinen T\u00e4uschungen der obigen Art Anlafs zu geben vermochte. Diese Wirkungen werden bei subjectiv- sowohl als bei objectiv-physiologischer Pr\u00fcfung, 1 wenn die Maschine nicht noch ungleich kr\u00e4ftiger wirkt, in den meisten F\u00e4llen vernachl\u00e4ssigt werden k\u00f6nnen.\nAls ich nun die Str\u00f6me der solchergestalt auf die eine oder die andere Weise vorgerichteten Maschine den Nerven treffen liefs, stiefs ich auf ein h\u00f6chst unerwartetes Ergebnifs, dessen Mittheilung und Erkl\u00e4rung halber auch hier vornehmlich auf diese Einzelheiten eingegangen wird. Der Nerv lag mit elektromotorisch symmetrischen Punkten des L\u00e4ngsschnittes auf. Hatten die Schl\u00e4ge der Maschine zwischen den Blechen die positive Richtung, d. h. von den B\u00e4uschen fort, so erfolgte meistens ein negativer Ausschlag, n\u00e4mlich im umgekehrten Sinne von der Wirkung bei stetigem Strome. Hatten sie die negative Richtung, so war der Ausschlag positiv. Die negative Nadelbewegung bei der positiven Richtung der Schl\u00e4ge ist folglich nicht zu verwechseln mit der bei L\u00e4ngs- und Querschnitt unter Umst\u00e4nden stattlindenden (S. oben S. 396), wie dies unten noch n\u00e4her er\u00f6rtert werden soll. Nur in einigen F\u00e4llen, bei sehr starken Str\u00f6men und wenn die Anordnung mit Feder 8 zur Anwendung kam, zeigte sich der Ausschlag wegen s\u00e4ulenartiger Polarisation in der richtigen Richtung. Die Jodkaliumelektrolyse bezeugte fortw\u00e4hrend, dafs in der Bestimmung der Str\u00f6mungsrichtungen kein Irrthum vorgefallen war.\nMan sieht demnach, dafs die fr\u00fcher mittelst der SAXTON\u2019schen Maschine erhaltenen Erfolge wirklich tr\u00fcgliche waren. Es mufs, bis auf weiteres, den Anschein haben, als seien zwar \u00e4ufserst fl\u00fcchtige Str\u00f6me, gleich den hier angewandten, im Stande, s\u00e4ulenartige Polarisation zu erzeugen, als habe diese aber merkw\u00fcrdigerweise wenigstens aufserhalb der Elektroden mehrentheils die umgekehrte Richtung von der bei stetigem Strome. Nat\u00fcrlich indefs mufste, bevor einem solchen Ergebnisse Vertrauen geschenkt wurde, die Untersuchung noch auf die voltaelektrischen Inductionsstr\u00f6me ausgedehnt werden.\n1 Dove, Untersuchungen im Gebiete der Inductionscleklricil\u00e4t u. s. w. S. 78.*\n26","page":403},{"file":"p0404.txt","language":"de","ocr_de":"404 3. Abschn, Kap. VIL \u00a7. IF. 1 (vi). Vom elelitrotonischen Zustande\n(vi) Volta\u00eblektrische Inductio nsvorrichtung.\nDie abwechselnd gerichteten Schl\u00e4ge einer voltaelektrischen Induc-tionsvorrichtung in gleichgerichtete zu verwandeln, gelingt mit H\u00fclfe von drei Unterbrechungsr\u00e4dern, welche an einer und derselben isoliren-den Axe drehbar sind und daran gegeneinander verstellt werden k\u00f6nnen. Alle drei R\u00e4der haben gleich viel Z\u00e4hne, und die Breite der metallischen und der nicht leitenden Z\u00e4hne ist dieselbe. Das eine Rad unterbricht den prim\u00e4ren Strom und stellt ihn wieder her. Die stetig schleifenden Federn der beiden anderen R\u00e4der f\u00fchren zu dem Kettentheile, den die gleichgerichteten Inductionsschl\u00e4ge treffen sollen. Von jedem der beiden Enden der Rolle geht eine aussetzende Feder zu dem Umfange des einen und des anderen Rades. An jedem Rade aber steht die Feder des einen Endes der Rolle auf einem isolirenden Zahne, wenn die des anderen auf einem leitenden steht; und wenn die eine Feder des einen Endes auf dem einen Rade auf einem leitenden Zahne steht, steht die andere desselben Endes auf dem anderen Rade auf einem isolirenden Zahne. Endlich sind die beiden R\u00e4der gegeneinander um eine ganze, gegen das des prim\u00e4ren Stromes um eine halbe Zahnbreite verstellt, so zwar, dafs die aussetzende Feder des secund\u00e4ren Kreises beziehlich auf der Mitte ihrer leitenden oder nicht leitenden Z\u00e4hne stehen, wenn die des prim\u00e4ren Kreises letzteren gerade entweder schliefsen oder \u00f6ffnen. Die Folge dieser Anordnung ist, dafs die Str\u00f6me der Rolle in dem Kettentheile zwischen den stetig schleifenden Federn der beiden zur secund\u00e4ren Strombahn geh\u00f6rigen R\u00e4der in gleichgerichtete verwandelt werden. 1 Derselbe Zweck l\u00e4fst sich erreichen, wenn man an derselben Axe mit dem Unterbrechungsrade der prim\u00e4ren Kette ein PoGGENDORFF\u2019sches In-versorrad anbringt, welches die doppelte Anzahl von Z\u00e4hnen hat und so gegen das erstere verstellt ist, dafs die Mitte seiner Z\u00e4hne stets dem Ende der Z\u00e4hne jenes entspricht.\nBei weitem einfacher kommt man zum Ziele, wenn man darauf Verzicht leistet, die abwechselnde Stromreihe der Inductionsvorrichtung in eine gleichgerichtete zu verwandeln, und sich statt dessen damit begn\u00fcgt, die eine Reihe der Str\u00f6me, z. B. s\u00e4mmtliche Schliefsungsschl\u00e4ge, wegzublenden. Hiezu bedarf man nur zweier Unterbrechungsr\u00e4der an einer und derselben isolirenden Axe, welche um eine halbe Zahnbreite gegeneinander verstellt sind. Das eine Rad unterbricht den prim\u00e4ren\n1 Vergl. El. Wartmann, Quatri\u00e8me Memoire sur l\u2019Induction. Archives des Sciences physiques et naturelles, t. Y. p. 143\u2019 (15. Juillet 1847). \u2014 Wartmann vergibst indessen anzugeben, dafs das Rad des prim\u00e4ren Stromes gegen jedes der beiden anderen R\u00e4der um eine halbe Zahnbreite verstellt sein mufs.","page":404},{"file":"p0405.txt","language":"de","ocr_de":"durch voltaelektrische Inductionsstr\u00f6me.\n405\nStrom. Das andere \u00f6ffnet den secund\u00e4ren Kreis dergestalt, dafs die aussetzeude Feder in der Mitte eines isolirenden Zahnes zu stehen kommt in dem Augenblicke, wo an dem Rade des prim\u00e4ren Stromes, wenn der Schliefsungsschlag weggeblendet werden soll, die Feder auf Metall ger\u00e4th. 1\nIch stellte die letztere Anordnung her mit H\u00fclfe einer Vorrichtung von der Arbeit des Herrn Wagner, deren Benutzung ich abermals der G\u00fcte des Herrn Professor Dove verdankte. Es ist dieselbe, deren er in seinen Untersuchungen u. s. w. S. 30 Anm. \" Erw\u00e4hnung thut. Ich bediente ich mich zuerst des oben Bd. I. S. 446 beschriebenen, dem Leser bereits von fr\u00fcherher bekannten Rollenpaares, dessen inducirende Rolle eine starke Drahteinlage erhielt, und den Strom einer GRovE\u2019schen Kette der gr\u00f6fseren Art f\u00fchrte. Als ich nun abwechselnd die Reihe der Schliefsungsschl\u00e4ge oder der Oeffnungsschl\u00e4ge wegblendete, und die jedesmal \u00fcbrig bleibende den Nerven treffen liefs, der mit elektromotorisch entsprechenden Punkten des L\u00e4ngsschnittes auflag, sah ich den Zuwachs je nach der Richtung der Str\u00f6me zwischen den Blechen regelm\u00e4fsig und in ansehnlicher St\u00e4rke hervortreten. Als ich aber jenes Rollenpaar mit dem des oben S. 393 Anm. beschriebenen Magnctclek-tromotors vertauschte, dessen Stift dabei fest gegen die Feder geschraubt war, hatte ich den n\u00e4mlichen Erfolg nur bei der ausgesonderten Reihe der Schliefsungsschl\u00e4ge. Die der Oeffnungsschl\u00e4ge hingegen brachte, gleich den ausgesonderten Endgegenstr\u00f6men der SAXTON\u2019schen Maschine, verkehrten Zuwachs hervor. Nur in wenigen F\u00e4llen gelang es, die Nadel in gesetzlichem Sinne, alsdann aber sehr schwach, abgelenkt zu sehen.\nVergleicht man, durch subjectiv-physiologische Pr\u00fcfung, den Schlies-sungs- und Oeffnungsstrom einer voltaelektrischen Inductiousvorrichtung, so findet man zwischen beiden bekanntlich einen betr\u00e4chtlichen Unterschied. Denn w\u00e4hrend sich die Oeffnungsschl\u00e4ge bereits \u00fcber das Handgelenk hinaus erstrecken und ans Unertr\u00e4gliche grenzen, kann es Vorkommen, dafs die Schliefsungsschl\u00e4ge noch kaum als leises Kriebeln, ja gar nicht empfunden werden. Ebenso unterschieden ist die Wirkung auf den strompr\u00fcfenden Froschschenkel, 2 und auch wohl hinsichts der Magnetisirung von Stahlnadeln.3 Nichtsdestoweniger zeigt die Theorie, gest\u00fctzt auf die Erscheinungen an der Multiplicatornadel, dafs die Elek-tricit\u00e4tsmengen, die sich in beiden Str\u00f6men abgleichen, dieselben sein m\u00fcssen. Der Grund des Unterschiedes, der sich bei den erw\u00e4hnten\n1 Vergl. Wartmann, ibid.\n1 Vergl. Helmhoitz, in M\u00f6ller\u2019s Archiv u. s. w. 1848. S. 155.*\n3 Vergl. Dove , a. a. 0. S. 28. *","page":405},{"file":"p0406.txt","language":"de","ocr_de":"406 3. Jbschn. Kap. VII. \u00a7'\u25a0 IV. 1 (vi). Vom elelctrotonischen Zustande\nPr\u00fcfungsmitteln kundgiebt, kann demnach in nichts gesucht werden, als in der verschiedenen Dauer der Abgleichung in beiden F\u00e4llen. Vergl. oben Bd. I. S. 409 ff. die Auseinandersetzung \u00fcber die wesentliche Eigenth\u00fcmlichkeit des physiologischen Rheoskopes. Es m\u00fcssen die Schliefsungsschl\u00e4ge die langsameren und schw\u00e4cheren, die Oeffnungs-schl\u00e4ge die schnelleren und st\u00e4rkeren sein. Die Ursache der Verz\u00f6gerung jener, der Beschleunigung dieser aber liegt in der Entwickelung beziehlich des Anfang- und Endgegenstromes, von denen der erstere dem urspr\u00fcnglichen Strom entgegen, der letztere ihm gleichgerichtet ist. Der Unterschied wird folglich um so bedeutender ausfallen, je mehr die Entwickelung der Gegenstr\u00f6me in der inducirenden Rolle beg\u00fcnstigt ist, d. h. aus je mehr Windungen diese besteht.\nDie inducirende Rolle der Vorrichtung, der wir uns bisher bedient haben, besitzt nur 32 Windungen in fast lcm Abstand von einander (S. oben a. a. 0.). Es ist also in ihr zur Entwickelung des Gegenstromes nur sehr wenig Gelegenheit gegeben. Dagegen die inducirende Rolle des Magnetelektromotors, welche 104 Windungen hat, in dieser Hinsicht schon viel g\u00fcnstiger gebaut ist. Die angewandten Str\u00f6me w\u00fcrden also, ihrer Dauer nach, folgendermafsen zu stehen kommen:\n1.\tSchliefsungsschl\u00e4ge des Magnetelektromotor-Rollenpaares.\n2.\tSchliefsungsschl\u00e4ge des gew\u00f6hnlich angewandten Rollenpaares.\n3.\tOeffnungsschl\u00e4ge dieses Rollenpaares.\n4.\tOeffnungsschl\u00e4ge des Magnetelektromotor-Rollenpaarcs.\nW\u00e4hrend nun, von dieser Reihe immer fl\u00fcchtigerer und dabei st\u00e4rkerer Str\u00f6me, 3. noch mit Leichtigkeit den Zuwachs in der richtigen Richtung zeigt, thut dies 4. nur noch ausnahms- und spurweise. Die m\u00f6glichst rein ausgesonderten Endgegenstr\u00f6me, welche sich in den windungsreichen Rollen der SAXToVschen Maschine entwickeln, thaten es dem Anscheine nach noch seltener. Sie m\u00f6chten also hiernach, trotz den massiven Eisenkernen der Rollen, in welchen sich verz\u00f6gernde In-ductionsstr\u00fcme bilden (S, oben Bd. I. S. 271), die mit 4. bezeichneten an K\u00fcrze noch \u00fcbertreffen. So schnelle Str\u00f6me also geben, in der \u00fcberwiegenden Mehrzahl der F\u00e4lle, verkehrte s\u00e4ulenartige Polarisation.\nEs fragt sich jetzt, was von diesem Ergebnifs zu halten sei. Es versteht sich, dafs, ehe wir den Satz zulassen, \u00e4ufserst schnell vor\u00fcbergehende Str\u00f6me wirkten umgekehrt polarisirend auf die elektromotorischen Nervenmolekeln, wir eine ersch\u00f6pfende Untersuchung anstellen m\u00fcssen, ob nicht die Erscheinung sich aus anderweitigen, bisher unbeachteten Umst\u00e4nden des Versuches erkl\u00e4ren m\u00f6ge.\nEine erste Voraussetzung war folgende. Die Schl\u00e4ge, deren ich mich hier bediente, waren von ansehnlicher St\u00e4rke. Die Oeffnungs-","page":406},{"file":"p0407.txt","language":"de","ocr_de":"durch volta\u00eblclclrische Induclionsstr\u00ffme.\n407\nschlage wurden als lebhafte Zuckung im Handgelenk empfunden. Dies sind Bedingungen, unter welchen die oben Bd. I. S. 429 beschriebene Erscheinung der unipolaren Inductionszuckungen schon mit grofser St\u00e4rke auftritt. Es sei nun der Strom zwischen den Blechen von den B\u00e4uschen fort gerichtet, so ist das den B\u00e4uschen n\u00e4here vordere Blech das positive, und bei mangelhafter Isolirung des Multiplicatorkreises, wie sie f\u00fcr so hochgespannte elektrische Wirkungen stattfinden kann, m\u00fcfste positive Elektricit\u00e4t nach den B\u00e4uschen zu abfliefsen. Dafs dieselbe unmittelbar als Strom auf die Nadel einwirke, daran ist freilich nicht zu denken, und es war leicht, diese Vermutung in gewohnter Weise dadurch zu beseitigen, dafs gezeigt wurde, wie, nach Durchschneidung des Nerven zwischen Blechen und B\u00e4uschen oder bei Ersatz desselben durch einen feuchten Faden, die Nadel trotz den heftigsten Str\u00f6men zwischen den Blechen v\u00f6llig in Ruhe blieb. Allein cs war denkbar, dafs jene von den Blechen nach den B\u00e4uschen zu abfiiefsende Elektricit\u00e4t von dem Zeichen der gerade herrschenden Phase ihrerseits auch einen Zuwachs und zwar vom entgegengesetzten Zeichen bewirkte. Dieser Zuwachs summirte sich algebraisch zu dem von dem eigentlichen Strome zwischen den Blechen her und konnte ihn \u00fcberwiegen wegen der ungleich gr\u00f6fseren N\u00e4he der erregten Strecke, von der er ausging (S. oben S. 350).\nUm diese Annahme zu pr\u00fcfen, war nur n\u00f6thig, das hintere Blech aufser Verbindung mit dem zweiten Ende der solchergestalt offenbleibenden Inductionsrolle zu lassen. Alsdann mufsten die verkehrten Wirkungen in verst\u00e4rktem Mafse erscheinen. Denn nicht nur fiel der Zuwachs fort von dem eigentlichen Strome zwischen den Blechen her, auch die unipolaren Wirkungen mufsten nun an sich weit kr\u00e4ftiger ausfallen, weil ja die unvollkommene Schliefsung zwischen den beiden Enden der Rolle hinwegger\u00e4umt war. Nichtsdestoweniger blieb, als ich den Versuch anstellte, die Nadel unbewegt. Diese Hypothese mufste folglich unverrichteter Sache entlassen werden. Es blieb danach \u00fcber den Grund der merkw\u00fcrdigen Abweichung nur folgende Vorstellungsweise \u00fcbrig.\nDie Anordnung des erregenden Kreises in diesen Versuchen hat das Eigent\u00fcmliche, worauf bereits oben S. 400 aufmerksam gemacht wurde, dafs derselbe geschlossen bleibt \u00fcber die Dauer des inducirten Stromes hinaus, n\u00e4mlich sowohl an dem Unterbrechungsrade als an der SAXTON\u2019schen Maschine bei der Anwendung von Feder 4 auf Walze IV. im Ganzen w\u00e4hrend einer halben Umdrehung, bei der Anwendung von Feder 8 auf derselben Walze w\u00e4hrend eines viertel Umganges. Dieselbe Bemerkung gilt f\u00fcr die mit den Magnetelektromotoren angestellten Versuche (S. oben S. 393). Es ist demnach deutlich, dafs sich in den","page":407},{"file":"p0408.txt","language":"de","ocr_de":"408 3. Ab sehn. Kap. VH. \u00a7. 1V.1 (vi). Vom eleJitrolonischen Zustande\nZwischenr\u00e4umen, welche die einzelnen Schl\u00e4ge von einander trennen, wegen der Ladungen, welche die Platinenden der stromzuf\u00fchrenden Vorrichtung annehmen, ein Strom in der umgekehrten Richtung von den Inductionsstr\u00f6men durch den erregenden Kreis bewegen wird. Auch dieser Strom wird nun suchen, den Nerven seiner Richtung gem\u00e4fs s\u00e4ulenartig zu polarisiren. Er mag, durch irgend welches Zusammentreffen, das wir noch nicht \u00fcbersehen, bei den schnelleren unter jenen Str\u00f6men unter Umst\u00e4nden die Oberhand erwerben und so Anlafs geben zu der r\u00e4thselhaften Erscheinung, die uns hier in Anspruch nimmt.\nDafs bei derselben in der That die Ladungen leicht betheiligt sein k\u00f6nnten, geht schon daraus hervor, dafs h\u00e4ufig, nachdem ein schwacher Zuwachs im richtigen Sinne beobachtet worden ist, nach Aufh\u00f6ren der Inductionsstr\u00f6ine, aber bei fortdauernder Schliefsung des Kreises ein st\u00e4rkerer Ausschlag im umgekehrten Sinne erfolgt. Uebrigens giebt es Mittel, hier\u00fcber mit Bestimmtheit zu entscheiden.\nEin Weg dazu w\u00fcrde darin bestehen, den Ladungen die Gelegenheit zur Abgleichung zu nehmen. K\u00f6nnte man z. B. das Unterbrechungsrad mit solcher Geschwindigkeit drehen, dafs die Dauer jeder Schliefsung nur eben zur Aufnahme eines Oeffnungsschlages hinreichte, oder h\u00e4tte man ein Rad, an dem die leitenden Z\u00e4hne so kurz w\u00e4ren, dafs dasselbe bereits bei der gew\u00f6hnlichen Geschwindigkeit erreicht w\u00fcrde, so m\u00fcfste der Zuwachs stets in dem richtigen Sinne erscheinen. Htezu standen mir die Vorrichtungen nicht zu Gebot. Man kann indefs als eine ann\u00e4hernde Verwirklichung dieses Verfahrens, und zwar mit bejahendem Erfolge, den Fall an der SAXTos\u2019schen Maschine betrachten, wo die Feder 8 auf Walze IV. schleifte, indem dabei der erregende Kreis nur w\u00e4hrend der letzten viertel Umdrehung vor dem Endgegenstromc geschlossen war. Unter diesen Umst\u00e4nden erfolgte, wie oben S. 403 bemerkt wurde, der Zuwachs leichter im richtigen Sinne, als bei der Anordnung mit Feder 4 auf Walze IV., wo der Kreis noch w\u00e4hrend der ersten viertel Umdrehung nach dem Endgegenstrome geschlossen blieb.\nEs gab aber noch eine andere Art, diese Pr\u00fcfung anzustellen, indem man n\u00e4mlich suchte, die Ladungsf\u00e4higkeit der stromzuf\u00fchrenden Bleche zu vermindern, auf denen der Nerv ruht. Ich schnitt zwei Zinkbleche in der Gestalt aus, wie man Fig. 116. Taf. III. sieht, l\u00f6thete Kupferdr\u00e4hte daran, kittete sie auf den oben S. 359 erw\u00e4hnten Spiegelglasstreifen, der wieder in die wagercchte Klemme des allgemeinen Tr\u00e4gers eingespannt wurde, und bedeckte sie mit gleichgestalteten Fliefspapierb\u00e4uschcn von etwa 3mm Dicke, die mit ges\u00e4ttigter schwefelsaurer Zinkoxydl\u00f6sung getr\u00e4nkt waren. Der Spalt zwischen den B\u00e4uschen wurde, wie die","page":408},{"file":"p0409.txt","language":"de","ocr_de":"durch voltaiHelitrisclie Induclionsstr\u00f6me,\n409\nFigur zeigt, mit dem Nerven \u00fcberbriickt. An den Stellen, wo der Nerv auflag, waren die B\u00e4usche mit Eiweifsh\u00e4utchen bekleidet.- Liefs ich den Strom einer zweigliederigen GnovE\u2019schen S\u00e4ule 15\" lang durch die Bleche gehen, und verband sie dann pl\u00f6tzlich mittelst eines Stromwenders mit ansgenommenem Kreuze, der mir als PoGGENDORFF'sche Wippe diente (S. oben Bd. I. S. 238), mit der halben L\u00e4nge des Mu-seumsmultiplicators, dessen leichtes Nadelspiel etwa 12\" schlug, so erhielt ich 15\u201420\u00b0 Ausschlag durch den Strom der Ladungen. Die gew\u00f6hnlichen stromzuf\u00fchrenden Bleche schleuderten unter diesen Umst\u00e4nden die Nadel an die Hemmung. Entschieden war also, durch jene Anordnung, die Ladungsf\u00e4higkeit der Elektroden des erregenden Kreises ausnehmend verringert, wenn auch noch nicht vernichtet. Und dem-gem\u00e4fs fand sich denn auch, dafs, bei Anwendung der Zinkelektroden statt der Platinenden der stromzuf\u00fchrenden Vorrichtung, auch die schnellsten unter den oben erw\u00e4hnten Inductionsstr\u00f6men den Zuwachs stets im richtigen Sinne hervorbrachten.\nSo weit ist also die Sache ins Klare gebracht. Es steht fest, dafs selbst diese \u00e4ufserst fl\u00fcchtigen Schl\u00e4ge verm\u00f6gen, s\u00e4ulenartige Polarisation in der gesetzm\u00e4fsigen Richtung zu erzeugen; dafs der verkehrte Zuwachs nichts war als eine Wirkung der Ladungen der metallischen Enden des secund\u00e4ren Kreises. Sehr im Dunkel liegt aber noch die Art und Weise, wie die Ladungen die Oberhand \u00fcber den urspr\u00fcnglichen Strom erlangen. Es versteht sich zun\u00e4chst von selber, dafs die Elektricit\u00e4tsmengc, welche sich in dem Strome der Ladungen abgleicht, diejenige niemals \u00fcbersteigen k\u00f6nne, die sich in dem urspr\u00fcnglichen Strom abglich. Hingegen das d\u00fcrfen wir allerdings annehmen, dafs die Dauer der Abgleichung f\u00fcr die Ladungen gr\u00f6fser ausfalle als f\u00fcr den urspr\u00fcnglichen Strom. Es mufs folglich, unter den hier obwaltenden Umst\u00e4nden, die s\u00e4ulcnartig polarisirende Wirkung der Str\u00f6me nicht ihrer elektromagnetischen oder elektrolytischen Wirkung, oder der sich abgleichenden Elektricit\u00e4tsmenge schlechthin proportional sein, sondern es mufs darauf auch noch die Art der Vertheilung dieser Elektricit\u00e4tsmenge nach Ordinate und Abscisse von Einflufs sein, wenn wir uns den Abgleichungsvorgang in der Zeit durch eine Curve vorgestellt denken. Es lassen sich von hier ab verschiedene Hypothesen zur Erkl\u00e4rung des verkehrten Zuwachses ausdenken; ich ziehe jedoch vor es bei diesen Andeutungen bewenden zu lassen, weil ich in dem Augenblick, wo ich \u00fcber diesen Punkt abschliefsen mufs, der Mittel zur that-s\u00e4chlichen Entscheidung zwischen jenen Hypothesen entbehre, jedoch so viel bereits gesehen zu haben glaube, dafs eine solche Entscheidung nicht unthunlich sein d\u00fcrfte.","page":409},{"file":"p0410.txt","language":"de","ocr_de":"410 \u00a3 dhsehn. Kap. VII. \u00a7\u25a0 IV. 1 (vu). Vom elelctrotonischen Zustande\nNur des Umstandes will ich noch erw\u00e4hnen, dafs m\u00f6glicherweise hier auch eine in der Erregbarkeit der Nerven selber begr\u00fcndete Bedingung mit eingreift, so dafs man vielleicht in der g\u00fcnstigen Jahreszeit an Nerven, die im Besitz ihrer vollen Leistungsf\u00e4higkeit sind, den verkehrten Zuwachs gar nicht zu sehen bekommen w\u00fcrde. Jedoch auch hierin k\u00f6nnte ich noch in einer durch die grofse Ver\u00e4nderlichkeit der Ladungen herbeigef\u00fchrten T\u00e4uschung befangen sein.\nNicht zu verwechseln mit der Erscheinung des verkehrten Zuwachses bei positiver Phase ist, wie schon oben S. 403 bemerkt wurde, der negative Ausschlag, den man zu Zeiten erh\u00e4lt, wenn man den Nerven bei Ableitung von L\u00e4ngs- und Querschnitt mit einem h\u00e4ufig unterbrochenen positiven Strome tetanisirt, und den wir als eine neue Bewegungserscheinung des Nervenstromes angesprochen haben, welche den Bewegung und Empfindung vermittelnden Vorgang begleitet (S. oben S. 396. 403), Der verkehrte Zuwachs ist negativ f\u00fcr die positive Phase, positiv f\u00fcr die negative; er folgt den Gesetzen des gew\u00f6hnlichen Zuwachses, insofern er auch bei Ableitung von elektromotorisch entsprechenden Punkten des L\u00e4ngsschnittes in einer durch den Abstand der Elektroden bedingten, von der Lage der abgeleiteten Strecke zum Querschnitt unabh\u00e4ngigen Gr\u00f6fse erscheint. Jene besondere Wirkung hingegen, wodurch bisweilen zwischen L\u00e4ngs- und Querschnitt statt der unterbrochenen positiven Phase eine negative Schwankung zum Vorschein kam, sum-mirte sich offenbar algebraisch zu beiden Zuwachsen; denn der negative Zuwachs zeigte sich, statt gleichfalls verkleinert oder verkehrt, vielmehr vergr\u00f6fsert. Jene Wirkung war aufserdem der St\u00e4rke des urspr\u00fcnglichen Stromes an jeder Stelle des Nerven proportional, so dafs bei Ableitung von elektromotorisch entsprechenden Punkten des L\u00e4ngsschnittes sich nichts von derselben kundgab.\nDa wir indessen jene Wirkung den positiven Zuwachs ganz und gar verdecken gesehen haben nur bei den Versuchen mit den Magnetelektromotoren und den Iuductionsvorrichtungen, nicht jedoch bei denen mit dem Inversor, auch wenn der Bruch n noch so klein gemacht wurde (S. oben S. 392), so ist freilich die M\u00f6glichkeit nicht abgeschnitten, dafs das Ueberwiegen der negativen Wirkung \u00fcber die positive beg\u00fcnstigt gewesen sei durch die in den Zwischenr\u00e4umen stromloser Schliefsung (S. oben S. 407. 408) sich abgleichenden Ladungen, die den richtig gerichteten Zuwachs zu verkleinern strebten. Um so denkbarer ist es, dafs nur dadurch die negative Wirkung die Oberhand erhalten habe, als wohl die Ladungen selber schon eine hinreichend schnelle und starke Stromesschwankung darstellen, um Bewegung und","page":410},{"file":"p0411.txt","language":"de","ocr_de":"durch den Strom der Elektrisirmaschine.\n411\nEmpfindung vermittelnden Vorgang zu erzeugen, und somit die negative Wirkung auch noch auf diese Weise vergr\u00f6fsern k\u00f6nnen.\n(vii) Elektrisirmaschine.\nBekanntlich ger\u00e4th der strompr\u00fcfende Schenkel in den heftigsten Tetanus, wenn man den Nerven desselben mit dem Leiter einer Elektrisirmaschine, den Fufs mit dem Erdboden,' oder mit dem Leiter von entgegengesetztem Zeichen in Verbindung bringt. Auch hier also roufs ein unterbrochener, oder wenigstens in steten Schwankungen begriffener einsinniger Strom .stattfinden und ich wollte nicht unversucht lassen, ob derselbe im Stande sein w\u00fcrde, die Erscheinung des elektrotonischen Zustandes zu zeigen. Die Elektrisirmaschine, deren ich mich bediente, hatte eine Scheibe von 37cm Durchmesser und Ein Paar Reibkissen. Auf eine in die wagerechte Klemme des allgemeinen Halters eingespannte Glasplatte hatte ich zwei Platinstreifen gekittet, an welche Kupferdr\u00e4hte gel\u00f6thet waren. Die Kupferdr\u00e4hte wurden beziehlich mit dem positiven und negativen Leiter der Maschine in Verbindung gesetzt. Ueber die Platinstreifen wurde der Nerv gebreitet, wie sonst \u00fcber die Bleche der stromzuf\u00fchrenden Vorrichtung, welche hier verworfen werden mufste, weil sich ein Theil der Elektricit\u00e4ten schon durch den Elfenbeinw\u00fcrfel m\u00f6chte ausgeglichen haben. Die Maschine wirkte, der Witterung halber, verh\u00e4ltnifsm\u00e4fsig nur sehr schwach. Gleichwohl sah ich, sobald ich die Scheibe in Bewegung setzte, gleichviel ob L\u00e4ngs- und Querschnitt, oder ob nur Punkte des L\u00e4ngsschnittes auf den B\u00e4uschen lagen, je nach der Richtung des Stromes zwischen den Platinstreifen, lebhafte positive und negative Wirkungen erfolgen. Sie blieben aus, wenn entweder der Nerv zwischen Blechen und B\u00e4uschen durchschnitten, oder durch einen mit Eiweifs getr\u00e4nkten Faden ersetzt wurde. Dies diente zum Beweise, der bekanntlich nicht \u00fcberfl\u00fcssig ist,\u201c dafs jene Wirkungen nicht etwa beruhten auf einem statisch - elektrischen Anziehungsoder Abstofsungsvorgange.\n1 S. Marco Antonio Caldani in M\u00e9moires sur les parties sensibles et irritables du Corps animal, t. III. Lausanne 1760. p. 146.\u201d (1756). \u2014 Yergl. oben Bd. I. S. 34. Anm. 2, wie auch die Fortschritte der Physik im Jahre 1846. Darge-stellt von der physikalischen Gesellschaft zu Berlin. U. s. vv. S. 455.\n5 \u00dcERSTEn in Schweigger und Meinecke\u2019s Journal f\u00fcr Chemie und Physik. 1820. Bd. XXIX. S. 365.* \u2014 Colladon in Annales de Chimie et de Physique. Septembre 1826. t. XXXIII. p. 65;\u2019 \u2014 Poggendorff's Annalen u. s. w. 1826. Bd. VIII. S. 339. 340.* \u2014 Faraday, Experimental Researches in Electricity. Reprinted from the Philosophical Transactions, vol. I. London 1839. p. 84. Series III. January 1833. No. 293;* \u2014 Poggendorff\u2019s Annalen u. s. vv. 1833. Bd. XXIX. S. 286.*","page":411},{"file":"p0412.txt","language":"de","ocr_de":"412\n3. Abschn. Kap. 17II. \u00a7. IV. 2 (i). Vom Tetanisiren\nDa die elektromagnetische Wirkung des reibungselcktrischen Stromes innerhalb sehr weiter Grenzen unabh\u00e4ngig ist von dem Widerstande des Schliefsungsbogcns, 1 und da die s\u00e4ulenartig polarisirende Wirkung eines Stromes abermals innerhalb sehr weiter Grenzen der elektromagnetischen Wirkung einfach proportional ist, wie die n\u00e4chste Folge lehren wird, so w\u00fcrde man vielleicht mit H\u00fclfe des reibungselektrischen Stromes am leichtesten den Beweis f\u00fchren k\u00f6nnen, dafs der Zuwachs mit der L\u00e4nge der erregten Strecke w\u00e4chst (Vergl. oben S. 337). Der Nerv m\u00fcfste mit elektromotorisch entsprechenden Punkten unwirksam aufliegen, wodurch freilich die mit der L\u00e4nge der erregten Strecke vorzunehmende Ver\u00e4nderung in enge Grenzen eingeschr\u00e4nkt wird. Ich habe diesen Plan noch nicht ausgef\u00fchrt, dessen Tauglichkeit, wie man sieht, ohnehin von dem Umstande abh\u00e4ngen w\u00fcrde, ob die Nadel, heim stetigen Drehen der Maschine, eine einigermafsen best\u00e4ndige Stellung annimmt, oder ob sie in fortw\u00e4hrendem Schwanken begriffen bleibt, wo dann allerdings nichts anzufangen w\u00e4re.\n2. Von der Art und Weise, die negative Schwankung des Ner-venstromes beim Bewegung und Empfindung vermittelnden Vorg\u00e4nge, der auf elektrischem Wege angeregt wird, zu trennen von den Wirkungen der s\u00e4ulenartigen Polarisation.\n(i) Pr\u00fcfung der In d uc t io n s vo rri ch tun g auf ihre Brauchbarkeit f\u00fcr vorstehenden Zweck.\nWir kehren von dieser Abschweifung, welche noch der Untersuchung \u00fcber den elektrotonischen Zustand angeh\u00f6rt, nunmehr zur\u00fcck zu der neuen Bewegungserscheinung des Nervenstromes, die wir als den\n1 Vergl. Amp\u00e8re, Annales de Chimie et de Physique. Septembre 1820. t. XV. p. 69;* \u2014 Recueil d\u2019Observations e'iectro-dynamiques etc. Paris 1822. p. 12. 13;\u2019\n\u2014\tAnnales de Chimie et de Physique. Septembre 1824. t. XXVII. p. 30;* \u2014 Poggendorff\u2019s Annalen u. s. w. 1824. Bd. II. S. 206.* \u2014 Coiladon, Annales de Chimie et de Physique. Septembre 1826. t. XXXIII. p. 62;* \u2014 Poggendorff\u2019s Annalen u. s. w. 1826. Bd. VIII. S. 336.* \u2014 Faraday, Experimental Researches in Electricity. Reprinted from the Philosophical Transactions, vol. I. London 1839. p. 85. 86. Series III. January 1833. No. 296-307; \u2014 p. 127. 128. Ser. V. June\n1833.\tNo. 453;* \u2014 Poggendorff\u2019s Annalen u. s. w. 1833. Bd. XXIX. S. 287;* \u2014\n1834.\tBd. XXXII. S. 402.* \u2014 Gauss u. Wilhelm Weber, Resultate aus d. Beobachtungen d. magnetischen Vereins i. J. 1837. G\u00fcttingen 1838. S. 14.* \u2014 Munk af Rosen-sch\u00f6ld in Poggendorff\u2019s Annalen u. s. w. 1838. Bd. XLIII. S. 216.* \u2014 Rechner, ebendas. 1838. Bd. XLV. S. 236.* \u2014 Riess, ebendas. 1846. Bd. LXVII. S. 539.*\n\u2014\tDe la'Rive, Archives des Sciences physiques et naturelles. 1846. t. II. p. 65.*\n\u2014\tRiess, Poggendorff\u2019s Annalen u. s. w. 1846. Bd. LXIX. S. 151.*","page":412},{"file":"p0413.txt","language":"de","ocr_de":"der Nerven mit abwechselnden Str\u00f6men.\n413\nAusdruck des Bewegung und Empfindung vermittelnden Vorganges an-sehen zu d\u00fcrfen glauben. Sie sollte bestehen in einer negativen Schwankung des urspr\u00fcnglichen Stromes, welche \u00fcberall am Nerven der scheinbaren St\u00e4rke desselben sich proportional zeige. Dies hatten wir geschlossen daraus, dafs bei unterbrochenem erregenden Strome, wobei jener Vorgang unabl\u00e4ssig rege gemacht wird, zwischen L\u00e4ngs- und Querschnitt der Zuwachs durch den positiven Strom h\u00e4ufig auf Kosten des durch den negativen verkleinert war, ja mit letzterem einerlei Zeichen annahm, dafs hingegen zwischen Punkten des L\u00e4ngsschnittes allein diese Abweichung sehr viel geringer ausfiel, endlich zwischen elektromotorisch entsprechenden Punkten dieser Begrenzung ganz verschwand (S. oben S. 396).\nEs fragt sich, welche Versuchsweise nun einzuschlagen sei, um die Erscheinung, deren Dasein wir somit aus einer St\u00f6rung anderer, in ihren Gesetzen uns befreundeter Ph\u00e4nomene entnommen haben, von denselben frei und unvermischt darzustellen. Sie liegt uns, durch einen gl\u00fccklichen Zufall, l\u00e4ngst zur Hand. Wir haben uns bisher immer, um das Tetanisiren auf elektrischem Wege ins Werk zu setzen, abwechselnd gerichteter Schl\u00e4ge bedient. Dies geschah (S. oben S. 46), weil dabei die Leistungsf\u00e4higkeit des Nerven weniger beeintr\u00e4chtigt wird, und somit auf l\u00e4ngere Zeit kr\u00e4ftigerer Starrkrampf erwartet werden darf. Hier gewinnt dieser Kunstgriff eine ganz andere, viel tiefere Bedeutung.\nEs ist n\u00e4mlich klar, dafs, wenn beide Zuwachse von genau gleicher Gr\u00f6fse w\u00e4ren und nicht fernere Verwickelungen hinzutreten, sie bei diesem Verfahren einander vollst\u00e4ndig aufheben m\u00fcfsten. Alsdann m\u00fcfste, wenn keine Ver\u00e4nderung der elektrischen Zust\u00e4nde des Nerven den Bewegung und Empfindung vermittelnden Vorgang begleitet, der zu Anfang und zu Ende einer jeden Phase Platz greift, die Nadel beim Tetanisiren mit abwechselnd gerichteten Str\u00f6men unbeweglich bleiben. Giebt es hingegen eine solche Ver\u00e4nderung, so m\u00fcfste sie, bei dieser Versuchsweise, ganz rein ans Licht treten.\nWir haben nun freilich in Erfahrung gebracht, dafs die beiden Zuwachse nicht von gleicher Gr\u00f6fse sind, dafs vielmehr die Curve der dipolar elektromotorischen Kr\u00e4fte des Nerven im elektrotonischen Zustande steiler abf\u00e4llt in der Richtung des erregenden Stromes als in der entgegengesetzten (S. oben S. 373). Es ist also auch nicht zu erwarten, dafs beim Tetanisiren mit abwechselnden Str\u00f6men sich die beiden Zuwachse v\u00f6llig aufheben; sondern wir werden hier anf eine neue Art gef\u00fchrt, die Ueberlegenheit der positiven Phase m\u00f6glicherweise dar-zuthun. Es mufs n\u00e4mlich, in Folge der abwechselnd gerichteten Schl\u00e4ge, denen wir den Nerven aussetzen, falls kein anderer elektrischer Vorgang","page":413},{"file":"p0414.txt","language":"de","ocr_de":"414\n3. Abschn. Kap. VII. \u00a7. IV. 2 (i). Vom Telanisiren\nsich in die Erscheinung einmischt, ein positiver Ausschlag entstehen, als Ausdruck des Unterschiedes der Summe s\u00e4mmtlicher positiver und der Summe s\u00e4mmtlicher negativer Zuwachse von sehr kurzer Dauer, die dem urspr\u00fcnglichen Strome zu Theil geworden sind.\nWir werden sp\u00e4ter eine Art ausfindig machen, diesen Umstand wirklich hervortreten zu lassen. Hier jedoch ist es klar, dafs uns derselbe ziemlich gleichg\u00fcltig sein kann. Denn da wir, bei dem Teta-nisiren mit abwechselnden Str\u00f6men, das Hervortreten einer negativen Schwankung und zwar von nicht unbetr\u00e4chtlicher Gr\u00f6fse erwarten, so kann uns die winzige positive Wirkung in der Ausf\u00fchrung unseres Planes schwerlich beeintr\u00e4chtigen, welche von der spurweisen Ueber-legenheit der positiven \u00fcber die negative Phase herr\u00fchrt.\nSchreiten wir daher zur Anstellung des Versuches. Wie man sieht, k\u00f6nnen wir die oben S. 291 beschriebene, dem Tetanisiren der Muskeln entlehnte Anordnung, mit H\u00fclfe deren wir nun auch das Tetanisiren des Nerven auszuf\u00fchren gedachten, ehe wir zur Kenntnifs des elektrotonischen Zustandes gelangt waren, auch jetzt noch unver\u00e4ndert beibehalten.\nEin Grund, die Inductionsrolle, die uns dabei zur Erzeugung der abwechselnd gerichteten Str\u00f6me dienen sollte, zu vertauschen mit dem PoGGENDORFF\u2019schen Inversor, m\u00f6chte darin gesucht werden, dafs, nach dem oben S. 405 Dargelegten, der Schliefsungs- und Oeffnungsstrom der Inductionsrollen stets von verschiedener Beschaffenheit sind, dergestalt, dafs zwar in beiden sich gleiche Elektricit\u00e4tsmengen abgleichen, folglich ihre elektromagnetische und elektrolytische Wirkung dieselbe ist, dafs aber diese Abgleichung f\u00fcr den Oeffnungsstrom in k\u00fcrzerer Zeit vor sich geht als f\u00fcr den Schliefsungsstrom, daher die physiologische und Stahl magnetisirende Wirkung f\u00fcr ersteren betr\u00e4chtlicher ausf\u00e4llt, als f\u00fcr letzteren. 1\nEs k\u00f6nnte nun das Bedenken entstehen, dafs durch diese Ungleichheit auch die beiden Zuwachse ungleich gemacht und somit die Vorsorge, abwechselnd gerichtete Str\u00f6me anzuwenden, in ihrem Zwecke vereitelt werden m\u00f6chte. Um so gegr\u00fcndeter d\u00fcrfte dieses Bedenken\n1 Von den gangbaren Vorrichtungen sind nur die SAXTou\u2019schen Maschinen von diesem Uebelstande frei. Man wurde \u00fcbrigens eine Reihe entgegengesetzt gerichteter und doch in Hinsicht auf die beiden Factoren der Dauer und St\u00e4rke einander v\u00f6llig entsprechender volta\u00f6lektrischer Inductionsstr\u00f6me erhalten, wenn man die Reihe der Schliefsungsschl\u00e4ge z. \u00df. ganz wcgblendele, und von den Oeffnungsstr\u00f6men stets einen um den anderen umkehrte. Dies w\u00fcrde sich erreichen lassen mit H\u00fclfe eines mit dem Unterbrechungsrade f\u00fcr den prim\u00e4ren Strom an der n\u00e4mlichen isolirenden Axe drehbaren Inversorrades von der gleichen Anzahl von Z\u00e4hnen, welches gegen","page":414},{"file":"p0415.txt","language":"de","ocr_de":"der Nerven mit abwechselnden Str\u00f6men.\n415\nerscheinen, wenn man sich aus der vorigen Nummer erinnert, dafs die s\u00e4ulenartig polarisirende Wirkung einer ausgesonderten Reihe schneller Oeffnungsschl\u00e4ge \u00fcberwogen werden konnte durch die entgegengesetzt gerichtete der Ladungen, die sich zwischen je zwei Schl\u00e4gen abzugleichen Gelegenheit fanden. Und doch waren dabei die Elektricit\u00e4tsmerigen, die sich in beiden Reihen von Str\u00f6men durch den Kreis hin und her ergossen, nicht einmal gleich, sondern die Reihe der urspr\u00fcnglichen Str\u00f6me mufste der der secund\u00e4ren an elektromagnetischer und elektrolytischer Wirkung ohne Frage \u00fcberlegen sein. Um wie viel leichter d\u00fcrfte hier den Schliefsungsschl\u00e4gen das Uebergewicht zustehen \u00fcber die Oeffnungsschl\u00e4ge, wo die in beiden Reihen sich abglcichenden Elek-tricit\u00e4tsmengen einander gleich sind.\nUm hier\u00fcber zu entscheiden, haben wir einfach auf die Weise zu verfahren, die uns nunmehr schon so gel\u00e4ufig geworden ist, n\u00e4mlich indem wir den urspr\u00fcnglichen Strom von elektromotorisch symmetrischen Punkten des L\u00e4ngsschnittes ableiten. Wir wissen bereits, wenigstens mit einem hohen Grade von Wahrscheinlichkeit, dafs die Ver\u00e4nderung des urspr\u00fcnglichen Nervenstromes, welche die Folge des Te-tanisirens ist, und auf deren Scheidung vom Zuwachs im elektrotoni-schen Zustande wir hier ausgehen, der St\u00e4rke des urspr\u00fcnglichen Stromes \u00fcberall proportional ist (S. oben S. 397. 410. 413). Sie wird also, bei jener Art der Ableitung, mit diesem Strome Null sein m\u00fcssen. Darauf beruhten schon mehrere unserer Versuchsweisen in der vorigen Nummer. Jetzt mufs sich\u2019s bei dieser Methode heraussteilen, ob der Kunstgriff des Tetanisirens mit den abwechselnd gerichteten Str\u00f6men einer Inductionsvorrichtung hinreicht, um uns von der Einmischung des Zuwachses in die Ver\u00e4nderung des Nervenstromes wegen des Bewegung und Empfindung vermittelnden Vorganges zu befreien, oder ob dabei die Wirkung der einen Reihe der Inductionsschl\u00e4ge, wahrscheinlich alsdann die der Schliefsungsschl\u00e4ge, sich hervordr\u00e4ngt in Gestalt des Zuwachses, der ihrer jedesmaligen Richtung zwischen den stromzuf\u00fchrenden Blechen entspricht.\nIch stellte die Versuche an sowohl mit unserem gew\u00f6hnlichen Rollenpaare als auch mit denen der Magnetelektromotoren (S. oben S. 393).\ndas erstere um eine halbe Zahnbreite verstellt w\u00e4re. An die Stelle des Invcrsor-rades k\u00f6nnten auch zwei Unterbrechungsr\u00e4der treten, welche nur die halbe Anzahl Z\u00e4hne h\u00e4tten von der des Rades f\u00fcr den prim\u00e4ren Strom, unter sich um eine volle Zahnbreitc, gegen jenes aber so verstellt w\u00e4ren, dafs die Mitte ihrer leitenden Z\u00e4hne immer demjenigen Ende eines Zahnes des letzteren enspr\u00e4che, welches die Oeffnung der prim\u00e4ren Kette vermittelt. Dazu geh\u00f6rte endlich ein System von Federn gleich dem oben S. 404 beschriebenen.","page":415},{"file":"p0416.txt","language":"de","ocr_de":"416 3. Ab,sehn. Kap. VII. \u00a7. IV. 2{u). Von der Abh\u00e4ngigkeit der Gr\u00f6fse\nIm ersten Falle geschah die Unterbrechung mit H\u00fclfe verschiedener R\u00e4der, im andern durch das Spiel der Vorrichtungen selber.\nDer Erfolg lehrte, dafs noch weit \u00fcber solche Stromst\u00e4rken hinaus, wie wir sie zum Tetanisiren brauchen, n\u00e4mlich wenn schon die Oefl'nungsstr\u00f6me als m\u00e4fsige Schl\u00e4ge im Handgelenk empfunden werden, die beiden. Reihen von Str\u00f6men sich vollst\u00e4ndig das Gleichgewicht halten. Allm\u00e4lig tritt aber doch ein Unterschied zu Gunsten der Schliefsungs-schl\u00e4ge hervor, der sich bei \u00e4ufserst starken Str\u00f6men zuletzt wirklich zu einem betr\u00e4chtlichen Uebergewicht ausbildet.\nHieraus folgt nun zun\u00e4chst, dafs wir uns, zum Zweck unserer Untersuchung, in der That der Inductionsvorrichtung bedienen d\u00fcrfen. F\u00fcrs zweite aber kn\u00fcpfen sich an dies Ergebnifs einige Betrachtungen hinsichtlich der Abh\u00e4ngigkeit der Gr\u00f6fse des Zuwachses von der Dichtigkeit des erregenden Stromes, die wir uns nicht entgehen lassen wollen.\n(n) Folgerungen aus dem Vorhergehenden f\u00fcr das Gesetz der Abh\u00e4ngigkeit der Gr\u00f6fse des Zuwachses von der Dichtigkeit des erregenden Stromes.\nHalten wir uns n\u00e4mlich zun\u00e4chst nur an den Zustand der Dinee, wo bei Ableitung des urspr\u00fcnglichen Stromes von elektromotorisch entsprechenden Punkten des L\u00e4ngsschnittes, unter dem Einfl\u00fcsse der abwechselnd gerichteten Str\u00f6me der Inductionsvorrichtungen, die Nadel auf Null verharrt. Denken wir uns die Dichtigkeit des erregenden Stromes J, welche seiner St\u00e4rke proportional ist, als Ordinate aufgetragen auf die Zeit als Abscissenaxe. Fassen wir je einen (positiven) Schliefsungs- und einen (negativen) Ocffnungsschlag nebst den zugeh\u00f6rigen Zeitr\u00e4umen der stetigen Schliefsung und Oeflhung der Kette in eine Periode zusammen. So entsteht eine discontinuirlichc Curve, deren Ordinate zu Anfang der Periode, wo die Schliefsung beginnen mag, von Null anhebt, einen oberen Grenzwerth erreicht, wieder Null wird, eine Zeit lang, w\u00e4hrend der Schliefsung der Kette, auf Null verharrt, dann mit einem negativen Werth unterhalb der Abscissenaxe anw\u00e4chst, einen zweiten Gipfel ersteigt und endlich zum vierten Mal zur Abscisse zur\u00fccksinkt, um w\u00e4hrend der Oeflhung der Kette, bis zum Beginn der neuen Periode, auf derselben zu bleiben. W\u00e4hrend aber das zu den positiven Ordinaten geh\u00f6rige St\u00fcck der Abscisse das l\u00e4ngere ist, ist das den negativen entsprechende das k\u00fcrzere; demgem\u00e4fs ist jedoch das Maximum der negativen Ordinaten, absolut genommen, dem der positiven \u00fcberlegen; und zwar sind die beiden Fl\u00e4chenr\u00e4ume, der von den positiven, und der von den negativen Ordinaten gebildete, schliefs-","page":416},{"file":"p0417.txt","language":"de","ocr_de":"des Zuwachses von dev Dichtigkeit des erregenden Stromes. 417\nlieh einander gleich. Es gilt also, wenn T den Anfang, T, das Ende der Periode bedeutet, stets die Bedingung\nrTt\nJ J. dt \u2014 0.............(1)\nT\nW\u00e4hrend nun die Dichtigkeit des erregenden Stromes den Schwankungen nach der Zeit ausgesetzt ist, deren allgemeines Gesetz die Glei-chung (1) ausdr\u00fcckt, mufs die Grofse des Zuwachses im elektrotoni-schen Zustande, als mit der Ver\u00e4nderlichen stetig wachsende Function der Stromdichte,\nz = F(J),\nin eben so unabl\u00e4ssigem Wogen zwischen den n\u00e4mlichen Zeitgrenzen begriffen sein. Und zwar wissen wir, durch den oben angestellten Versuch, dafs dieses Wogen unterhalb eines gewissen Werthes von J ebenfalls durch das Gesetz beherrscht wird\nrTl\nJ F (J) . dt = 0...............(\u201e)\nT\nEs fragt sich, ob sich aus dem gemeinsamen Gelten der beiden Ausdr\u00fccke (1) und (11), im Verein vielleicht mit sonstigen Umst\u00e4nden des Versuches, etwas aussagen lasse \u00fcber die Beschaffenheit der Function 2 = F (J).\nMan sieht nun sogleich, dafs die einfachste Annahme, welche hinsichtlich der Gestalt der Function (F) gemacht werden kann, n\u00e4mlich F (J) = a J, wo a eine Constante bedeutet, die Erf\u00fcllung jener Bedingungen m\u00f6glich machen w\u00fcrde. Man sieht ferner, dafs wenn sich ja eine andere Function finden sollte, welche denselben gleichfalls gen\u00fcgte, dies eine so verwickelte sein d\u00fcrfte, dafs, bei der Wahl zwischen beiden, der Annahme einer einfachen Proportionalit\u00e4t wohl mit grofser Wahrscheinlichkeit der Vorzug zu geben sein w\u00fcrde.\nEs l\u00e4fst sich aber auch, wenn man noch gewisse Bestimmungen hinzunimmt, der strenge Beweis f\u00fchren, dafs (F) keine andere Form haben k\u00f6nne, als die angegebene. Verallgemeinert man n\u00e4mlich den Sinn der Gleichung (1) dahin, dafs man sich unter J eine Function der Zeit denkt, welche, bis auf die in der Gleichung ausgesprochene Bedingung, ganz beliebig ver\u00e4ndert werden kann, und es soll alsdann doch stets noch die Gleichung (11) mit der (1) zugleich bestehen, so mufs F (J) = a J sein. Dies zu zeigen gelingt nicht nur mit H\u00fclfe der Variationsrechnung, sondern man kann die Nothwendigkeit davon auch durch die blofse Anschauung begreiflich machen.\nII.\t27","page":417},{"file":"p0418.txt","language":"de","ocr_de":"418 3. Jlschn. Kap. Vil. \u00a7. IV. 2 (u). Von der Abh\u00e4ngiylreit der Grvfse\nDenken wir uns, der Einfachheit halber, dafs die durch (i) ausgesprochene Bedingung an der sonst willk\u00fcrlichen Function J = q> (/) so erf\u00fcllt sei, wie dies oben beschrieben wurde, indem die Curve, welche diese F'unction vorstellt, innerhalb einer Periode einen Fl\u00e4chenraum oberhalb, und einen gleichen Fl\u00e4chenraum unterhalb der Abscisscnaxe abgrenzt. Ebenso wird alsdann die Curve des Zuwachses bezogen auf die Zeit im Allgemeinen beschaffen sein. An die Stelle der Bedingungen, welche durch die Gleichungen (l) und (n) ausgedr\u00fcckt sind, k\u00f6nnen wir jetzt auch die setzen, dafs durch keine Ver\u00e4nderung des Umfanges des einen Fl\u00e4chenraumes der Curve der Dichtigkeiten, wobei sein Inhalt derselbe bleibt, der entsprechende Fl\u00e4chenraum der Curve des Zuwachses eine Ver\u00e4nderung seines Inhaltes erfahren d\u00fcrfe. Nehmen wir nun vom Umfange des einen Fl\u00e4chenraumes der Curve der Dichtigkeiten an einer beliebigen Stelle, deren Abscisse t, sei, ein Fl\u00e4chenelement dJ.dt fort, und bringen es an einer anderen, gleichfalls ganz beliebigen Stelle wieder an, welche zur Abscisse habe. Durch den Verlust an der ersten Stelle ist an dem Punkte des Umfanges des Fl\u00e4chenraumes der Curve des Zuwachses, der mit jener Stelle die Abscisse t, gemein hat, ein St\u00fcck\n\u00c8\u00ee-.dj .dt\ndJ\nverloren gegangen. An dem Punkte des Umfanges, der mit der zweiten Stelle die Abscisse rn theilt, mufs dagegen dem Fl\u00e4chenraum ein Zuwachs widerfahren sein abermals um\n^L.dJ . dt. dJ\nSollte dieser Zuwachs jenem Verlust im Allgemeinen nicht gleich sein, so m\u00fcfste, da dJ .dt constant ist, in dem Differentialquotienten von z nach J, J noch enthalten sein. Nichts verhindert uns aber, uns zu denken, dafs dieser Vorgang an unendlich vielen Stellen, d. h. an einer beliebig gelegenen endlichen Strecke des Umfanges Punkt fiir Punkt unendlich oft wiederholt werde, so dafs die Ordinaten dieser Strecke dadurch schliefslich um eine endliche Gr\u00f6fse ver\u00e4ndert werden. Soll also der Fl\u00e4chenraum der Curve des Zuwachses nicht zuletzt in seiner Best\u00e4ndigkeit gef\u00e4hrdet werden, so mufs das Increment an der Stelle, deren Abscisse t\u201e ist, dem Decrement an der Stelle, deren Abscisse z, ist, genau gleich sein. D. h. es mufs der Differentialquotient von z nach J vielmehr von J unabh\u00e4ngig, = const. \u2014 a sein. Es folgt z \u2014\tda die Integralionsconslante, wegen z \u2014 0 bei\nd \u2014 0, augenscheinlich = 0 zu setzen ist.","page":418},{"file":"p0419.txt","language":"de","ocr_de":"des Zuwachses von der Dichtigkeit des erregenden Stromes. 419\nEs w\u00fcrde sich nun darum handeln, ob die Bedingung der willk\u00fcrlichen Gestalt der Curve der Dichtigkeiten, welche zur strengen Beweisf\u00fchrung der Proportionalit\u00e4t zwischen Zuwachs und Dichtigkeit geh\u00f6rt, in unseren Versuchen erf\u00fcllt gewesen sei. Ich habe aber, wie oben S. 415. 416 bemerkt wurde, diese Versuche angestellt nicht allein mit verschiedenen Unterbrechungsr\u00e4dern, sondern auch mit Magnetelektromotoren. Schon bei der ersten Art von Vorrichtungen kann man annehmen, dafs nicht einmal die schleifende Feder vom metallischen Zahn in ganz gleicher Weise abreifst, nicht einmal in ganz gleicher Weise die Verbindung wieder hergestellt wird. Vollends vom Magnetelektromotor l\u00e4fst sich ohne Widerrede behaupten, dafs die Gestalt der Curven, in denen die Schliefsungs - und Oeffnungsstr\u00f6me sich abgleichen, eine bei gleichem Inhalt v\u00f6llig fl\u00fcssige sei, da hier unaufh\u00f6rlich und bis zur Zerst\u00f6rung Platin in der Richtung des positiven Stromes zwischen Stift und Platte \u00fcbergef\u00fchrt wird, wie den Erbauern elektromagnetischer Bewegungsvorrichtungen aller Art nur zu wohl bekannt ist, so dafs in keinem Augenblicke die Gestalt der beim Anschl\u00e4gen der Feder zuerst in Ber\u00fchrung kommenden, bei ihrer Trennung zuletzt loslassenden Punkte dieselbe sein kann. Schon das Schwirren, welches den musikalischen Ton des Instrumentes fortdauernd begleitet, deutet auf eine solche unvollkommene Periodicit\u00e4t des Schliefsungs- und Oeffnungs-vorganges, \u00fcberdies die unregelm\u00e4fsigen Funken, die man in der Lichterscheinung am negativen Pol in scheinbarer Bewegung begriffen sieht. 1\nErw\u00e4gt man endlich, dafs bereits ohne die Betrachtung, die sich an die Annahme der willk\u00fcrlichen Gestalt der Curve kn\u00fcpft, mit gr\u00f6fs-ter Wahrscheinlichkeit dasselbe folgen w\u00fcrde, so d\u00fcrfen wir wohl ohne R\u00fcckhalt den Satz aussprechen, dafs die Gr\u00f6fse des Zuwachses, in den angegebenen Grenzen, der Dichtigkeit des erregenden Stromes einfach proportional sei. Da aber diese Versuche, so viel wie m\u00f6glich, bei verschiedenen Abst\u00e4nden der Bleche von den B\u00e4uschen und verschiedenen L\u00e4ngen der abgeleiteten Strecke angestellt sind, so d\u00fcrfen wir ferner, was hier von dem Zuwachs gesagt ist, auch auf die Ordinate der Curve der dipolar elektromotorischen Kr\u00e4fte des Nerven im elektroto-nischen Zustande \u00fcbertragen. Daraus folgt, dafs wir, nat\u00fcrlich immer unterhalb eines gewissen Werthes von J, f\u00fcr y = f(x) in der Formel (i) S. 362 nunmehr setzen k\u00f6nnen y \u2014 J . ip (*). Wir k\u00f6nnen J vor das Integralzeichen nehmen und ihm seineiVWerth ertheilen\n1 Neef in Poggendoref\u2019s Annalen u, s. \\v. 1845. Bil. LXVI. S. 414.*\n27\"","page":419},{"file":"p0420.txt","language":"de","ocr_de":"420 3 Abschn. Kap. VII. \u00a7. IV. 2 (h). Von der Abh\u00e4ngigkeit der Gr\u00f6fse\nq II + Xr \u2019\nwo k die elektromotorische Kraft der Kette, R ihr Widerstand bis zum Nerven hin gemessen, r der Widerstand des Nerven f\u00fcr die Einheit der L\u00e4nge und des Querschnittes, q der Querschnitt, endlich X, wie oben S. 376, die L\u00e4nge der erregten Strecke. Der Bruch vor dem Integralzeichen nimmt dadurch die Gestalt an\nq k\n(qR + Xr) (q fV -I- nr)\nw\u00e4hrend \\p (x), worin x der Abstand von der vorderen Elektrode, neben der Leistungsf\u00e4higkeit u. s. w. nochmals X als Constante enth\u00e4lt.\nDurch die einfache Gr\u00f6fsebeziehung zwischen Zuwachs und erregender Stromdichte unterhalb einer gewissen Grenze ist in formeller Hinsicht eine Aehnlichkeit mehr gegeben zwischen dem Vorg\u00e4nge der s\u00e4ulenartigen Polarisation und dem der Elektromagnetisirung des weichen Eisens durch den Strom (S. oben S. 326). Denn auch bei diesem ist die St\u00e4rke des erregten Magnetismus nach den Untersuchungen von Fechner 1 und von Lenz und Jacobi 2 der Stromst\u00e4rke einfach proportional. Hier nat\u00fcrlich, wo sowohl der Werth der Ver\u00e4nderlichen als der der unbekannten Function mehr oder weniger genauen Messungen zug\u00e4nglich war, hat man den Weg eingeschlagen, verschiedene Werthe der ersteren und der letzteren zu beobachten und mit einander zu vergleichen. Wir sind zu einem formell gleichbedeutenden Ergebnifs mit H\u00fclfe einer Methode gelangt, bei welcher, was einigermafsen bemerkt zu werden verdient, keine Messung nothwendig ist und m\u00f6glich zu sein braucht. Es war nicht ohne Interesse, diese Methode nun auch auf die Elektromagnetisirung des weichen Eisens zu \u00fcbertragen, um zu sehen, wie sie sich hier bew\u00e4hren w\u00fcrde.\nMan denke sich eine Drahtrolle, mit ihrer Axe in der Gleichgewichtsebene eines empfindlichen astatischen Syst\u00e8mes, ihr eines Ende dem einen Pole des Syst\u00e8mes gegen\u00fcber, nach Art des MELLONi\u2019schen Berichtigungsstabes (S. oben Bd. I. S. 189), aber zugleich m\u00f6glichst nahe angebracht. Man denke sich ferner die Enden dieser Rolle verkn\u00fcpft mit der inducirten Rolle des Magnetelektromotors, sodann in den Kreis der inducirenden und der inducirten Rolle dieser Vorrichtung zwei Unterbrechungsr\u00e4der an der n\u00e4mlichen isolirenden Axe eingeschaltet, welche gegeneinander so verstellt sind, dafs sie entweder die eine oder die\n1 ScHweiggek-Seidel\u2019s Neues Jahrbuch der Chemie und Physik. 1833. Bd. IX. S. 274. 316.\u201c \u2014 Dove\u2019s Repertorium der Physik. Berlin 1837. Bd. I. S. 264.*\n* Poggendob\u00eff\u2019s Annalen u. s. w. 1839. Bd. XLVI1. S. 233.\u201c","page":420},{"file":"p0421.txt","language":"de","ocr_de":"des Zuwachses von der Dichtigkeit des erregenden Stromes.\nandere Reihe der Induetionsstr\u00f6me wegblendcn k\u00f6nnen (S. oben S. 404). Sei die dergestalt ausgesonderte Reibe von Schl\u00e4gen so gerichtet, und die Verbindung der Rolle vor dem Nadelpaar mit der inducirten Rolle so getroffen, dafs die einander am n\u00e4chsten gelegenen Pole des Syst\u00e8mes und des Solenoids feindliche seien. Wird nun der Stift des Magnetelektromotors fest gegen die Platte geschraubt, und man dreht die Axe der Unterbrechungsr\u00e4der, so mufs die Nadel in ihrer fr\u00fcheren stabilen Gleichgewichtsebene in labiles Gleichgewicht gerathen, und entweder nach der einen oder nach der anderen Seite um eine gewisse Gr\u00f6fse abgelenkt werden. Bringen wir in die Rolle eine Eiseneinlage, so wird die Ablenkung eine betr\u00e4chtlich gr\u00f6fsere sein. Stellen wir aber jetzt die Federn beider R\u00e4der auf einen metallischen Zahn, und lassen die Feder des Magnetelektromotors spielen, so mufs die Nadel, wenn unsere Methode richtig und hier anwendbar ist, auf Null verharren. Lassen wir aber die Axe der Rolle einen Winkel machen mit der Gleichgewichtsebene des Syst\u00e8mes, so mufs dasselbe sich der Rolle zu n\u00e4hern suchen. Dies wird geschehen m\u00fcssen verm\u00f6ge des Princips der doppelsinnigen Ablenkung Poggendorff\u2019s (S. oben S. 44), weil n\u00e4mlich das Product aus der magnetischen Intensit\u00e4t der Nadel in die des Drahtb\u00fcndels f\u00fcr die freundlichen Phasen dieses letzteren ein gr\u00f6fseres sein wird, als f\u00fcr die feindlichen.\nIch habe den Versuch angestellt mit H\u00fclfe des Magnetelektromotors meines Freundes Helmholtz, der secund\u00e4ren Rolle meines eigenen (S. oben S. 393. 395), des oben S. 405 erw\u00e4hnten Unterbrechers, endlich des Nadelpaares meines Multiplicators, vor dessen Glocke jene Rolle aufgestellt war. Leer, als blofses Soleno\u00efd, wirkte die Rolle, wenn sie von einer ausgesonderten Reihe heftiger Induetionsstr\u00f6me einsinnig durchflossen wurde, kaum merklich auf die Nadel. Als ich sie mit Dr\u00e4hten anf\u00fcllte, fand ich leider zuerst, dafs dieselben nicht hinl\u00e4nglich von dauerndem Magnetismus befreit werden konnten, der ihnen stets im Sinne der letzten Elektromagnetisirung anhaften blieb, welcher die Dr\u00e4hte ausgesetzt worden waren. Es mufste demnach so verfahren werden, dafs zuerst durch die Rolle eine Stromreihe geschickt wurde, welche die beiden einander n\u00e4chsten Pole des Syst\u00e8mes und des Solenoids zu freundlichen machte. Wurde dann die Richtung der Str\u00f6me umgekehrt, so lehnte sich die Nadel auf der einen oder auf der anderen Seite an die Hemmung. Stellte ich aber die Federn der Unterbrechungsr\u00e4der auf einen metallischen Zahn, und gab das Spiel der Feder frei, so blieb die Nadel auf Null.\nDies war jedoch nur der Fall, wenn die Schliefsungsschl\u00e4ge die n\u00e4chsten Pole des Syst\u00e8mes und des Solenoids zu feindlichen machten.","page":421},{"file":"p0422.txt","language":"de","ocr_de":"422 3. Abschi. Kap. VII. \u00a7. IV. 2(u). Von der Abh\u00e4ngigkeit der Gr\u00f6fse\nThaten dies die Oeffnungsschl\u00e4ge, so wich die Nadel etwas ab, aufser Vergleich jedoch mit der Wirkung einer der beiden ausgesonderten Stromreihen. Machten die Oeffnungsschl\u00e4ge hingegen jene Pole zu freundlichen und wurde der Nadel durch ein seitlich angebrachtes Magnetst\u00e4bchen schon vorher eine Ablenkung mitgetheilt, oder befand sich die Axe der Rolle nicht in der Gleichgewichtsebene der Nadel, so n\u00e4herte sich die Nadel der Rolle. Es hatten also die starken und schnellen Oeffnungsschl\u00e4ge ein leises Uebergewicht \u00fcber die schwachen und langsamen Schliefsungsschl\u00e4ge. Dieser Umstand widersetzte sich beil\u00e4ufig der Beobachtung der doppelsinnigen Ablenkung, welche oben f\u00fcr den Fall vorhergesehen wurde, dafs die Ebene des Syst\u00e8mes und die Soleno'idaxe nicht bereits zusammenfielen. Woher derselbe r\u00fchrte, weifs ich nicht zu sagen.\nObschon die bisher angestellten Versuche vielleicht noch weit von dieser Grenze entfernt sind, scheint es doch unm\u00f6glich, sich vorzustellen, dafs nicht, bei immer zunehmender Stromst\u00e4rke, ein Punkt kommen sollte, wo die fernere Erregung des Magnetismus im weichen Eisen anf\u00e4ngt von dem Gesetze der einfachen Proportionalit\u00e4t abzuweichen um sich endlich einem best\u00e4ndigen Grenzwerth anzuschliefsen. F\u00fcr die Nerven hingegen liegt jener Punkt bereits innerhalb der von uns angestellten Versuche. Es giebt wenigstens keine einfachere Art, das endliche Hervortreten einer Wirkung im Sinne der Schliefsungsschl\u00e4ge bei immer wachsender St\u00e4rke des inducirenden Vorganges zu deuten, als durch die Annahme, dafs alsdann die Curve der St\u00e4rke der s\u00e4ulenartigen Polarisation, bezogen auf die Stromdichte, anfange nach der Abscisse zu von der geradlinigen Gestalt abzuweichen, um sich endlich einem best\u00e4ndigen Grenzwerth anzuschliefsen.\nDie Schwierigkeiten, die sich der Nachweisung eines solchen Grenz-werthes entgegensetzen w\u00fcrden, haben wir bereits oben S. 335 kennen gelernt. Es m\u00f6chte noch eine andere Art geben, denselben darzuthun, wobei aber noch weniger die Hoffnung vorhanden scheint, zum Ziele zu gelangen. Es ist n\u00e4mlich deutlich, dafs, wenn man auf den Nerven, w\u00e4hrend er sich im Grenzwerthe des elektrotonischen Zustandes bef\u00e4nde, einen ferneren Strom einwirken liefse, keine Zuckung entstehen d\u00fcrfte. Denn nach unserer Theorie dieses Zustandes ist Zuckung immer nur die Folge einer in demselben vorgegangenen Ver\u00e4nderung. S. oben S. 391. Vergl. auch, was oben Bd. I. S. 293 von dem Einfl\u00fcsse der absoluten Dichtigkeit auf die Erregung der Nerven durch den Strom gesagt ist. Es ist indefs deutlich, dafs die Beobachtung schwerlich angestellt werden kann, wenn man nicht einmal am Multiplicator den oberen Grenzwerth der St\u00e4rke der s\u00e4ulenartigen Polarisation aufzuweisen","page":422},{"file":"p0423.txt","language":"de","ocr_de":"des Zuwachses von der Dichtigkeit des erregenden Stromes. 423\nvermag. Denn hiezu bedarf es nur einer so langen Schliefsung, als die Schwingungsdauer der Nadel unter dem Einfl\u00fcsse der vereinigten Erd- und Stromkr\u00e4fte betr\u00e4gt, zu dem Zuckungsversuch hingegen w\u00fcrde ein l\u00e4ngeres Geschlossenhalten der Kette unerl\u00e4fslich sein.\nDafs \u00fcbrigens, bei \u00e4ufserst m\u00e4chtigen erregenden Str\u00f6men, schliefs-lich das Gesetz der Proportionalit\u00e4t seine Geltung einb\u00fcfst, kann das Ergebnifs der ann\u00e4hernden G\u00fcltigkeit desselben hei schw\u00e4cheren Str\u00f6men nicht entwerthen. Vielmehr wird diese Kenntnifs, bei ferneren auf die Erforschung des elektrotonischen Zustandes gerichteten Bestrebungen, sobald sie selber nur geh\u00f6rig feststeht, gerade eben so gut im Stande sein, n\u00fctzliche Dienste zu leisten, als dies in der Physik z. B. der Fall ist mit der ann\u00e4hernden Kenntnifs der Gesetze, wonach die Ausgleichung der Temperaturen innerhalb gewisser Grenzen erfolgt, oder wonach sich der Widerstand der Luft mit der Geschwindigkeit des bewegten K\u00f6rpers innerhalb gewisser Grenzen \u00e4ndert. Um so mehr wird dies der Fall sein, als die St\u00e4rke der Str\u00f6me, deren man sich zur Untersuchung des elektrotonischen Zustandes zu bedienen hat, stets unvergleichlich tief unter derjenigen bleiben wird, hei welcher die Abweichung Yom Gesetze der Proportionalit\u00e4t anf\u00e4ngt f\u00fchlbar zu werden.\n(m) Vorz\u00fcge der In ducti on s vor rieht un g vor dem Inversor f\u00fcr das Tetanisiren des M\u00e9rven mit abwechselnden Str\u00f6men.\nVon der neuen Abschweifung, zu der uns das Aufsuchen einer Methode verleitet hat, die Schwankung des Nervenstromes beim Bewegung und Empfindung vermittelnden Vorg\u00e4nge getrennt vom elektroto-tonischen Zustande darzustellen, kehren wir nun zur Verwirklichung dieses Vorhabens zur\u00fcck. Wir haben uns die Sicherheit verschafft, dafs wir uns der Inductiousvorriehtung behufs der Erregung des Nerven bedienen d\u00fcrfen. Die Zul\u00e4ssigkeit davon wird in der Folge noch durch mancherlei Umst\u00e4nde bekr\u00e4ftigt erscheinen. Wir werden nun aber, bis auf gewisse Ausnahmsf\u00e4lle, f\u00fcr gew\u00f6hnlich wirklich von dieser Erlauh-nifs Gebrauch machen. Das Tetanisiren mit dem Inversor wird mit Vortheil f\u00fcr einige besondere Zwecke aufgespart, die sich in der Einleitung zum folgenden Paragraphen auseinandergesetzt finden werden. F\u00fcr den gew\u00f6hnlichen Gebrauch bei diesen Versuchen jedoch bietet es mancherlei nicht zu \u00fcbersehende Nachtheile dar.\nEs hat n\u00e4mlich erstens den Fehler, dafs der Strom dabei eine gewisse Zeit hindurch auf best\u00e4ndiger H\u00f6he verweilt. Diesen I ehler haben wir ihm schon fr\u00fcher (S, oben S. 47) aus dem Grunde vorgeworfen, dafs der Nerv mehr, als es der Zweck des Tetauisirens verlange,","page":423},{"file":"p0424.txt","language":"de","ocr_de":"424\t3. Ab sehn. Kap. VII. \u00a7\u25a0 IV. 2 (m). Von den Vorz\u00fcgen\nder verderblichen Wirkung des Stromes ausgesetzt werde. Nun tritt noch hinzu, dafs uns sichtlich daran liegen mufs, die Zeit, w\u00e4hrend welcher der Bewegung und Empfindung vermittelnde Vorgang stattfindet, m\u00f6glichst grofs zu machen im Vergleich zu der, w\u00e4hrend welcher der Nerv im elektrotonischen Zustande auf best\u00e4ndiger H\u00f6he begriffen ist, wo m\u00f6glich ihr gleich, also den Strom selber m\u00f6glichst wenig auf best\u00e4ndiger H\u00f6he verweilen zu lassen. Denn je mehr sich das Verh\u00e4ltnifs jener Zeiten der Einheit n\u00e4hert, um so mehr werden auch gegen die Schwankung des Nervenstromes wegen des Bewegung und Empfindung vermittelnden Vorganges alle St\u00f6rungen zur\u00fccktreten m\u00fcssen, die wir trotz dem Kunstgriffe der abwechselnden Str\u00f6me etwa noch von dem elektrotonischen Zustande zu besorgen haben.\nNun ist zwar der Uebelstand der l\u00e4ngeren Schliefsung durch den Inversor, im Vergleich zum Stande der Dinge oben S. 47, sehr vermindert durch die Einrichtung der schmalen H\u00fclfsfedern und den Kunstgriff der Ver\u00e4nderung ihres Abstandes (S. oben S. 392). Allein es ist zu bemerken, dafs, wenn man nicht eine fortw\u00e4hrende Sorgfalt auf die Reinheit der h\u00f6lzernen Z\u00e4hne richtet, bei l\u00e4nger fortgesetzten Versuchen, durch Kupferstreifen, welche sich auf denselben bilden, ihre nichtleitende Beschaffenheit dermafsen beeintr\u00e4chtigt wird, dafs das Verh\u00e4ltnifs der Schliefsungsdauer zu der der Schliefsung + der Unterbrechung der Einheit nahe gef\u00fchrt werden mag.\nF\u00fcrs zweite hatten wir das Tetanisiren mit dem Inversor f\u00fcr gew\u00f6hnlich unbequem gefunden, weil man bei Beendigung des Drehcns darauf achten m\u00fcsse, mit der Feder auf Holz stehen zu bleiben, in dem Augenblicke gerade, wo man an der Wiederkehr der Nadel ein sicheres Kennzeichen f\u00fcr die Aechtheit der beobachteten Wirkung wahrzunehmen habe. Bei unseren fr\u00fcheren Versuchen sollte nur deshalb auf einem nichtleitenden Zahne still gestanden werden, um den Nerven nicht unn\u00fctz der verderblichen Wirkung des best\u00e4ndigen Stromes ausgesetzt zu lassen. Auch diese R\u00fccksicht gewinnt hier an Gewicht. L\u00e4fst man n\u00e4mlich die Feder in Ber\u00fchrung mit einem leitenden Zahne, so entwickelt sich sofort der der zeitigen Stromesrichtung entsprechende Zuwachs, und die Beobachtung der Wiederkehr der Nadel ist ohne Rettung dahin.\nAllerdings ist nun auch dieser Uebelstand insofern gemildert, als bei geeignetem Abstande der Federn die Wahrscheinlichkeit, dafs man das Rad in einer schliefsenden Stellung zur Ruhe bringe, eine ungleich geringere werden mufs. Auch kann man zu dem bereits oben S. 391 erw\u00e4hnten Verfahren seine Zuflucht^nehmen, den erregenden Kreis erst nach begonnenem Drehen mittelst eines verquickten Kupferhakens in","page":424},{"file":"p0425.txt","language":"de","ocr_de":"der Induclionsvorrichlung tum Tetanisiren der Nerven. 425\neinem der Gef\u00e4fse des Stromwenders zu schliefsen, und ihn vor Beendigung des Drehens wieder zu \u00f6ffnen. Dies bleibt aber unter allen Umst\u00e4nden eine l\u00e4stige Verpflichtung, und dazu kommt noch, um die praktische Ueberlegenheit der Inductionsvorrichtung zu vollenden, die wesentliche R\u00fccksicht, dafs man hier die Stromst\u00e4rke, durch Ver\u00e4nderung der Eiseneinlage der Rolle, innerhalb gewisser Grenzen vollst\u00e4ndig in seiner Gewalt hat, w\u00e4hrend sie am Inversor, verm\u00f6ge des grofsen Widerstandes des Nerven, fast jeder Beherrschung anders als durch Einfuhren mehrerer Ketten in den erregenden Kreis entzogen ist.\n3, Von der negativen Schwankung des Nervenstromes beim Tetanisiren mit abwechselnden Str\u00f6men.\nDer Erfolg des Tetanisirens der Nerven mit abwechselnden Str\u00f6men bei aufliegendem L\u00e4ngs- und Querschnitt ist nun wirklich eine gr\u00f6fscre oder geringere r\u00fcckg\u00e4ngige Bewegung der Nadel nach dem Nullpunkt hin, unter g\u00fcnstigen Umst\u00e4nden bis in den negativen Quadranten und \u00fcber ihre urspr\u00fcngliche Gleichgewichtsstellung in dem positiven Vicrtelkreise hinaus (S. Fig. 117. Taf. II).1 H\u00f6rt man zu drehen auf, so schwillt der Strom wieder an, die Nadel kehrt zur\u00fcck und nimmt ihre erste Stellung nahezu wieder ein. L\u00e4fst man den Nerven ausruhen, so erscheint nach einiger Zeit die Wirkung wieder sehr sch\u00f6n, fast in ihrer anf\u00e4nglichen St\u00e4rke. So kann man sie viele Male hintereinander an einem und demselben Nervenst\u00fccke beobachten, nat\u00fcrlich zuletzt mit abnehmender St\u00e4rke, bis zur v\u00f6lligen Ersch\u00f6pfung des thierischen Erregers. Alsdann ist nur noch ein matter Ueberrest vom urspr\u00fcnglichen Strome vorhanden.\nDie absolute Gr\u00f6fse der stattfindenden Nadelbewegungen erhellt aus den obigen Angaben im Vereine mit der bekannten Gr\u00f6fse der best\u00e4ndigen Ablenkung, welche der Nervenstrom zu hinterlassen pflegt. Sie bel\u00e4uft sich auf einen Bogen von 5\u201410\u00b0 und mehr. Es kommt auch hier, wie beim elektrotonischen Zustande vor (S. oben S. 298), und zwar unter den n\u00e4mlichen Umst\u00e4nden eines Mifsverh\u00e4ltnisses der St\u00e4rke der Erregung zur Leistungsf\u00e4higkeit des Nerven, dafs die Wirkung vom ei\u2019sten bis etwa zum dritten Male Tetanisiren sich im Wachsen begriffen zeigt.\nBezug auf Ursprung und Ausbreitung der gemischten Nerven ver-\nS. 291.\nIch habe diesen Versuch bereits im Sommer 1843 angestellt. Vcrgl. oben","page":425},{"file":"p0426.txt","language":"de","ocr_de":"426\t\u2019>\u25a0 Abschn. Kap. VH. \u00a7. IV. 3. Von der negativen Schwankung\nr\u00e4th die Erscheinung nicht. Sie bleibt sich gleich, ob das Hirnende auf den stromzufiihrenden Blechen, das Muskclende auf den B\u00e4uschen aufliege oder umgekehrt.\nLeitet man den urspr\u00fcnglichen Strom von beiden Enden des Nerven zu gleicher Zeit ab, wie wir dies oben S. 302. Fig. 101. Taf. II. zuerst thaten, um das Verhalten des elektrotonischen Zustandes unter diesen Umst\u00e4nden zu erforschen, und bringt man den tetanisirenden Str\u00f6mungsvorgang an die Mitte des Nerven zwischen den beiden abgeleiteten Strecken an, so erfolgt an beiden Enden zugleich Stromabnahme (S. Fig. 118 ebendas.). Dieser Versuch wurde bei derselben Gelegenheit, mit denselben Ger\u00e4thschaften, und an dem n\u00e4mlichen ausgezeichnet grofsen Frosche zweimal angestellt, als der entsprechende auf den elektrotonischen Zustand bez\u00fcgliche Versuch. Die Einzelheiten der Anordnung sind daher nach der Beschreibung dieses letzteren zu erg\u00e4nzen (S. oben a. a. 0.).\nMan \u00fcbersehe nicht den wesentlichen Unterschied zwischen den Erfolgen beider. Er springt deutlich hervor aus den schematischen Abbildungen der Taf. II. Dort, wo ein best\u00e4ndiger Strom den Nerven in bestimmter Richtung durchflofs, wich die Nadel des Multiplicators zur\u00fcck, in dessen Kreise der Nervenstrom mit dem erregenden Strome ungleiche Richtung hatte; die Nadel des anderen Multiplicators dagegen, wo der Nervenstrom einerlei Sinn mit dem erregenden besafs, ging noch weiter hinaus \u00fcber ihre best\u00e4ndige Ablenkung ab. Hier nun, wo abwechselnd gerichtete Schl\u00e4ge die Mitte des Nerven unaufh\u00f6rlich treffen, gehen beide Nadeln aus ihren Ablenkungen ab durch den Nullpunkt in den negativen Quadranten \u00fcber.\nWir h\u00e4tten diesen Erfolg vorhersehen k\u00f6nnen, insofern wir darauf rechnen, beim Tetanisiren \u00fcberall am Nerven eine der Gr\u00f6fse des urspr\u00fcnglichen Stromes proportionale negative Schwankung eintreten zu sehen. Von demselben Standpunkte l\u00e4fst sich leicht beurtheilen, was der Fall sein wird, wenn wir den Strom nunmehr statt von L\u00e4ngsschnitt und Querschnitt zugleich, von verschiedenen Punkten des L\u00e4ngsschnittes allein ableiteu. Denken wir uns die Elektroden an das eine Ende des Nerven verlegt, und die in best\u00e4ndigem Abstande gehaltenen B\u00e4usche von dem anderen Ende des Nerven nach jenem hin verschoben, so wird nach und nach folgendes eintreffen. Wie sich die B\u00e4usche vom Endquerschnitt entfernen, sinkt der urspr\u00fcngliche Strom schnell bis er endlich Null wird bei symmetrischer Stellung der B\u00e4usche zum mittleren Querschnitte. Ebenso wird die negative Stromesschwankung abnehmen m\u00fcssen. Wir wissen aber schon von fr\u00fcheren Versuchen her, dafs sie in der That Null ist, wenn die B\u00e4usche an eleklromoto-","page":426},{"file":"p0427.txt","language":"de","ocr_de":"des Nervenstroms beim Telanisiren mit abwechselnden Str\u00f6men. 427\nrisch entsprechende Punkte des L\u00e4ngsschnittes zu beiden Seiten des mittleren Querschnittes angelegt sind (S. oben S. 415). Gehen wir dann mit den B\u00e4uschen \u00fcber die mittlere Stellung hinaus, so kehrt allm\u00e4lig der Strom wieder, jedoch mit entgegengesetztem Zeichen. Hier mufs auch die Stromesschwankung wieder bemerklich werden. Sie mufs aber, wenn unsere Voraussichten richtig sind, jetzt gleichfalls ihr Zeichen, absolut genommen, umgekehrt haben. Hingegen ihr relatives Zeichen in Bezug auf die neue Richtung des urspr\u00fcnglichen Stromes mufs dasselbe, n\u00e4mlich das negative, geblieben sein. Bei weiterem Vorr\u00fccken stofscu wir endlich auf die Elektroden. Ueberspringen wir diese lind legen die B\u00e4usche an den L\u00e4ngs- und Querschnitt des jenseits derselben befindlichen Nervenendes an, so fallen wir zum Theil in den vorigen Versuch zur\u00fcck. Abgesehen von dem weit gr\u00f6fseren Malsstabe, in welchem sie auftritt, bleibt die Erscheinung dieselbe, die sie seit Ueberschreitung des elektromotorischen Aequators auf der zweiten Nervenh\u00e4lfte war.\nIch brauche kaum zu sagen, dafs der Versuch diese Muthraafsun-gen, welche im Grunde nur noch f\u00fcr die Strecke zwischen dem Aequa-tor und den Elektroden solche sind (S. oben S. 496), vollst\u00e4ndig best\u00e4tigt. Wie bereits die letzte Versuchsweise bis auf den erregenden Str\u00f6mungsvorgang, der entsprechenden Ermittelung f\u00fcr den elektroto-nischen Zustand durchg\u00e4ngig entlehnt war, so k\u00f6nnen wir uns auch hier auf das oben S. 304 Gesagte berufen, wo wir die Untersuchung jenes Zustandes zwischen verschiedenen Punkten des L\u00e4ngsschnittes anstellten. Wie man sich wohl denken kann, geh\u00f6rt \u00fcbrigens diese Versuchsreihe keinesweges zu den leicht auszuf\u00fchrenden.\u2018'\"Vielmehr gilt von ihr in noch erh\u00f6htem Mafse Alles, was oben S. 307 von der entsprechenden Versuchsreihe f\u00fcr den elektrotonischen Zustand gesagt worden ist. Schon zwischen L\u00e4ngs- und Querschnitt ist die Beobachtung der negativen Schwankung des Nervenstromes beim Tetanisiren eine viel zartere als die des Zuwachses durch den stetigen Strom, dem diese Schwankung meistens an Gr\u00f6fse weit unterlegen ist. Bei der Untersuchung \u00fcber verschiedene Punkte des L\u00e4ngsschnittes allein tritt noch hinzu, dafs der Zuwachs an Kraft gewinnt, indem man sich mit den B\u00e4uschen den Elektroden n\u00e4hert, dafs hingegen die negative Schwankung beim Tetanisiren nach dem elektromotorischen Aequator zu mit dem urspr\u00fcnglichen Strom in gleichem Mafse schwindet, ein Unterschied in der Erscheinungsweise beider, auf den wir sogleich noch ausdr\u00fccklich zur\u00fcckkommen werden. Endlich wird der Nerv durch das Tetanisiren auf elektrischem Wege schneller in seiner Leistungsf\u00e4higkeit beeintr\u00e4chtigt^ als durch den Durchgang eines auf best\u00e4ndiger H\u00f6he","page":427},{"file":"p0428.txt","language":"de","ocr_de":"428 3. Ab sehn, Kap, VII, \u00a7. IV, 3. Von der negativen Schwankung\nverweilenden Stromes (S. oben S. 39). Alle diese Umst\u00e4nde vereint sind schuld, dafs es nur selten gl\u00fccken wird, an einem und demselben Nerven die ganze Reihe der angegebenen Erfahrungen durchzumachen. Man mufs sich vielmehr, wie heim elektrotonischen Zustande, damit begn\u00fcgen, ihr Bild zusammenzusetzen aus den Ergebnissen vieler ein-zelnen Versuche, wovon immer jeder nachfolgende unter etwas anderen Bedingungen angestellt ist als der vorige.\nAbermals ist es nun zweckm\u00e4fsig, sich den Unterschied des Erfolges dieser Versuchsreihe von dem derselben f\u00fcr den Zuwachs im elektrotonischen Zustande angestellten deutlich zu machen und einzupr\u00e4gen. Dies wird sp\u00e4ter dienen, gewisse ebenso wichtige als verwickelte Erfahrungen dem Verst\u00e4ndnifs n\u00e4her zu bringen. Die Fig. 119. Taf. II. ist geeignet, uns diesen Dienst zu leisten als Gegenst\u00fcck zur Fig. 102 ebendas., welche auf den elektrotonischen Zustand bez\u00fcglich ist.\nHier fand, wie man sich erinnert, keine Proportionalit\u00e4t statt zwischen der Ver\u00e4nderung des urspr\u00fcnglichen Stromes durch den Eintritt des elektrotonischen Zustandes und der Gr\u00f6fse jenes Stromes. Ebensowenig fand jemals eine Sinnesumkehr der Nadelbewegung statt, gleichviel welche Stellung den B\u00e4uschen am Nerven ertheilt wurde. Vielmehr batte der von uns sogenannte Zuwachs stets eine und dieselbe Richtung, n\u00e4mlich die des erregenden Stromes. Da aber die Richtung des urspr\u00fcnglichen Stromes verschieden ist in den beiden Nervenh\u00e4lften, so ergab sich daraus die Vorstellung einer positiven und einer negativen Phase, mit welchen die beiden H\u00e4lften stets gleichzeitig behaftet w\u00e4ren. Die Gr\u00f6fse des Zuwachses wuchs von den beiden Enden des Nerven nach den Elektroden hin. Bei der unwirksamen Stellung des ableitenden Bogens, wo der Aequator seine Spannweite h\u00e4lftet, entstand scheinbar ein Strom in dem Sinne des erregenden Stromes in dem Nerven (Vergl. oben S. 304 ff.).\nIn Fig. 102 nun bedeuten die Pluszeichen anscheinende Vermehrung, die Minuszeichen anscheinende Verminderung des urspr\u00fcnglichen Stromes. Der punktirte Bogen l' l, zeigt die unwirksame Lage an; ihr Wirksamwerden ist durch einen Pfeil bei l angedeutet. In Fig. 119 bedeuten abermals die Minuszeichen Verminderung des urspr\u00fcnglichen Stromes. Man sieht, dafs sie die Pluszeichen \u00fcberall verdr\u00e4ngt haben. Gewissermafsen der ganze Nerv ist in negativer Phase begriffen. Zugleich aber obwaltet der erhebliche Unterschied, dafs die unwirksame Lage des Bogens auch beim Tetanisiren unwirksam bleibt. Die Stromesschwankung hat weder mehr der Richtung, noch, so viel sich im Allgemeinen erkennen l\u00e4fst, der Gr\u00f6fse nach Bezug auf die Stellung der Elektroden am Nerven, bei gleichgedachtem Abstand derselben von","page":428},{"file":"p0429.txt","language":"de","ocr_de":"des Nervenstroms beim Tetanisiren mit abwechselnden Str\u00f6men. 429\neinander. Sie erscheint \u00fcberall der urspr\u00fcnglichen Stromst\u00e4rke proportional.\nWenn man die Gr\u00f6fse der negativen Stromesschwankung beim Tetanisiren bei den verschiedenen nacheinander m\u00f6glichen Stellungen des Bogens am Nerven auf die Mitte seiner Spannweite in gewohnter Weise als Ordinaten auftr\u00e4gt, so erh\u00e4lt man eine Curve, welche der urspr\u00fcnglichen Curve der Stromst\u00e4rken \u00e4hnlich ist (S. Fig. 120. Taf. III. y\" Oy\u201e), folglich keinen Zug der Verwandtschaft darbietet mit der Curve des Zuwachses, wie wir sie oben S. 317 kennen gelernt, und in Fig. 105. Taf. III. (z'a [\u00f6] ZPz^) entworfen haben. Zieht man in Fig. 120 die Ordinaten, welche die Gr\u00f6fse der negativen Stromesschwankung f\u00fcr jede Stellung des Bogens darstellen, von denen der urspr\u00fcnglichen Curve der Stromst\u00e4rken ab, so erh\u00e4lt man die ver\u00e4nderte Curve der Stromst\u00e4rken beim Tetanisiren mit abwechselnden Str\u00f6men (;/\"' Oy,,,). Es ist klar, dafs auch diese Curve der urspr\u00fcnglichen Curve der Stromst\u00e4rken \u00e4hnlich sein m\u00fcsse. Sie wird folglich, ebensowenig als die Curve der negativen Schwankung mit der des Zuwachses, eine Verwechselung zulassen mit der ver\u00e4nderten Curve der Stromst\u00e4rken im clektrotonischen Zustande, y'[0\\Z'P'y,, in Fig. 105. Taf. III. Wie man leicht bemerkt, verh\u00e4lt sich Fig. 120 zu Fig. 105, als erl\u00e4uterndes Gegenst\u00fcck in Bezug auf den Unterschied zwischen der negativen Stromesschwankung beim Tetanisiren und dem Zuwachs im elektrotonischen Zustande, \u00e4hnlich wie sich Fig. 119 zu Fig. 102 verhielt.\nStellt man die Fig. 94. Taf. II. abgebildete Anordnung her und setzt die Schlinge dem tetanisirenden Str\u00f6mungsvorgang aus, so erfolgt Stromabnahme. Ebenso wenn man die Schlinge auf die B\u00e4usche, hingegen die beiden Querschnitte auf die Bleche bringt, wobei der urspr\u00fcngliche nat\u00fcrlich weit schw\u00e4chere Strom im Multiplicatorkreise die entgegengesetzte Richtung hat von der bei der ersteren Lage (Vergl. oben S. 252. 350).\nWir sind also jetzt so weit gelangt, dafs die oben S. 397 aus unreinen und verwickelten Erfahrungen gesch\u00f6pfte Vermuthung, beim Tetanisiren der Nerven auf elektrischem Wege m\u00f6chte, wie bei der anhaltenden Zusaramenziehung der Muskeln, die St\u00e4rke des urspr\u00fcnglichen Stromes auf allen Punkten eine proportionale negative Schwankung erleiden, zu einer auf unbestreitbaren Thatsachen gegr\u00fcndeten Einsicht erhoben scheint. Jetzt w\u00fcrde uns obliegen, von der Zergliederung, die wir hinsichtlich der physikalischen Deutung jener Erscheinung an den Muskeln in dem vierten Kapitel dieser Untersuchungen anstellten, dasjenige hieher zu \u00fcbertragen, was auf die Verh\u00e4ltnisse der Nerven Anwendung finden mag, und es durch etwaige sich neu auf-","page":429},{"file":"p0430.txt","language":"de","ocr_de":"430 3. Abschn. Kap. VIL \u00a7. IV. 4 (i). Der R\u00fcckschwung der Nadel\ndr\u00e4ngende Betrachtungen zu erg\u00e4nzen. Ehe wir indessen zu dieser Leistung schreiten, wird es gerathen sein, vorerst noch jenes Ergebnifs selber in etwas gr\u00f6fsere Sicherheit zu bringen. Es k\u00f6nnten einige Bedenken dawider erhoben werden, denen wir versuchen wollen, hier sogleich zuvorzukommen.\n4,\tBeseitigung einiger Bedenken wider die negative Stro-messchwankung beim Tetanisiren der Nerven mit abwechselnden Str\u00f6men.\n(i) Der R\u00fcckschwung der Nadel beim Tetanisiren der Nerven mit abwechselnden Str\u00f6men r\u00fchrt nicht vom Her ein b r e ch e n des erregenden Stromes in den Mul tip li cat orkreis her.\nZuerst will ich nicht unterlassen, aber- und abermals, immerhin ihnen selbst zum Ueberdrusse, die Zweifel derjenigen zu beschwichtigen, welche in der wahrgenommenen Nadelbewegung nichts sehen m\u00f6chten, als eine Wirkung des in den Multiplicatorkreis eingedrungenen erregenden Stromes.\nDie Gr\u00fcnde gegen diese Meinung, welche der Natur des erregenden Str\u00f6mungsvorganges im Verein mit der Beschaffenheit der erfolgenden Wirkung entnommen werden k\u00f6nnen, sind hier noch ganz die n\u00e4mlichen, die sie oben S. 51 in dem entsprechenden Falle f\u00fcr den Muskelstrom waren. Jeder Elektriker sieht sofort, dafs, da es sich um schnell aufeinander folgende, gleiche und entgegengesetzt gerichtete St\u00f6fse eines Stromes handelt, die einzige Folge dieser St\u00f6fse an der Multiplicatornadel, wenn sie wirklich mit hinl\u00e4nglicher Macht in den Kreis br\u00e4chen, Poggendorff\u2019s doppelsinnige Ablenkung sein k\u00f6nnte (S. oben S. 44). Mit dieser ist es aber ganz unm\u00f6glich, einen Erfolg, wie den unsrigen, einen Augenblick lang zu verwechseln, da die Nadelbewegungen durch doppelsinnige Ablenkung stets von dem Nullpunkte fort, diejenigen wegen Tctanisirens des Nerven stets nach dem Nullpunkt hin stattfinden.\nEben so wenig pafst zu diesem Thatbestande die Voraussetzung, die man nun machen k\u00f6nnte, dafs die beiden erregenden Str\u00f6me in entgegengesetzter Richtung einander nicht an Gr\u00f6fse gleich seien, oder (S. oben\n5.\t44. 372) doch nicht gleiche Antheile in den Multiplicatorkreis schicken. Denn alsdann m\u00fcfste die Wirkung beim Tetanisiren an der Nadel stets einerlei Richtung haben, in dem einen Viertelkreise nach dem Nullpunkt hin, in dem anderen davon fort (S. oben S. 44. 45). Sie ist aber in Wirklichkeit abh\u00e4ngig von der Lage des Nerven auf den B\u00e4uschen oder","page":430},{"file":"p0431.txt","language":"de","ocr_de":"beim Tetanisiren der Nerven r\u00fchrt nicht vom erregenden Strom her. 431\nder Richtung des Nervenstromes in dem Multiplicatorkreise, d. h. stets nach dem Nullpunkt hin gerichtet, wie auch jene Lage sei. Auf keine Weise ist ferner mit der fraglichen Deutung zu vereinigen der Umstand, den wir in der vorigen Nummer kennen gelernt haben, dafs die r\u00fcckg\u00e4ngige Nadelbewegung mit dem urspr\u00fcnglichen Strom ihre Richtung wechselt, je nachdem die B\u00e4usche diesseits oder jenseits vom elektromotorischen Aequator, aber auf einer und derselben Seite der Elektroden, angelegt werden.\nSchon diese Gr\u00fcnde w\u00fcrden gen\u00fcgen, wenn sie \u00fcberall noch noth-wendig waren. Es treten aber noch andere hinzu, die mehr aus der Natur des Nerven als thierischen Erregers fliefsen. Die Zunahme der Stromesschwankung, die man \u00f6fter vom ersten bis etwa zum dritten Male Tetanisiren gewahr wird (S. oben S. 425), w\u00fcrde unerkl\u00e4rlich sein, wenn die Wirkung vom erregenden Strom unmittelbar herr\u00fchrte (Vergl. oben S. 298).\nZeigte sich bereits der elektrotonische Zustand abh\u00e4ngig von der Leistungsf\u00e4higkeit des Nerven (S. oben S. 296. 379), so ist dasselbe hier in noch viel h\u00f6herem Mafse der Fall. Das Tetanisiren greift, wie so eben S. 427 bemerkt wurde, den Nerven noch mehr an, als der Durchgang des Stromes auf best\u00e4ndiger H\u00f6he. Man sieht daher stets nach mehrmaliger Wiederholung des Versuches an einem und demselben Nerven die Wirkung versagen, zu einer Zeit, wo sich in den Leitungsverh\u00e4ltnissen der Anordnung nichts Wesentliches ge\u00e4ndert haben kann. Ruhe dagegen stellt sie bis zu einem gewissen Grade wieder her (S. oben S. 425). So versagt sie auch nicht selten von vorn herein, oder kommt wenigstens nur undeutlich zum Vorschein an den Nerven kranker, schwacher, ausgehungerter Thiere. Nerven, welche durch irgendwelche Mifshandlungen ihre Lebenseigensehaften eingeb\u00fcfst haben, zeigen sie nicht.\nEndlich die Unterbindung und Durchschneidung heben auch hier jede Spur von Nadelbewegung auf. Die Versuchsweise ist begreiflich ganz die n\u00e4mliche, wie f\u00fcr den clektrotonischen Zustand; ihre zierlichste Gestalt findet sich angegeben oben S. 352. Man mufs sich dabei wegen der unipolaren Inductionswirkungen (S. oben Bd.I. S. 429. Bd. II. S. 51. 352. 407) zum Tetanisiren keiner Inductionsvorrichtung, sondern einer Kette bedienen, deren Strom durch den Poggendorff-schen Inversor unterbrochen und zugleich umgekehrt wird.\nDer durchschnittene oder unterbundene Nerv ist, seinen Leitungsverh\u00e4ltnissen nach, wie schon so oft zu bemerken Gelegenheit war, einem mit Eiweifs, Speichel, Blut u. dgl. m. getr\u00e4nkten Faden zu vergleichen. Legt man statt des Nerven einen solchen auf die Bleche und","page":431},{"file":"p0432.txt","language":"de","ocr_de":"432 3. Abschn. Kap. VH. \u00a7. IV. 4 (n). Die negative StromesschwanJcung\nB\u00e4usche, so erfolgt, so wenig als heim stetigen Strom eine Spur von Zuwachs, eine Spur von Nadelbewegung beim Tetanisiren.\nMan sieht somit, wenn ich nicht irre, klar, dafs wenigstens gegen die hier ausgesprochene Verd\u00e4chtigung die Erscheinung des R\u00fcckschwunges der Nadel beim Tetanisiren des Nerven mit abwechselnden Str\u00f6men hinl\u00e4nglich gesichert ist. Bei den Muskeln liefsen wir in demselben Sinne noch eine Reihe von Versuchen reden, in weichender thierischc Erreger, mit gleichem Erfolge an der Multiplicatornadel, auf anderem als elektrischem Wege tetanisirt wurde (S. oben S. 52). Man erwartet vielleicht, dafs dasselbe auch hier sofort geleistet werde. Freilich soll dies eine unserer vornehmsten Aufgaben sein, und wir werden uns derselben mit Gl\u00fcck entledigen. Allein ihre L\u00f6sung hat mit zu grofsen Schwierigkeiten zu k\u00e4mpfen, als dafs die Darlegung dieser Untersuchung hier im Vor\u00fcbergehen Platz finden k\u00f6nnte. Es wird derselben vielmehr einer der folgenden Paragraphen g\u00e4nzlich gewidmet werden m\u00fcssen.\n(n) Die negative Stromesschwankung beim Tetanisiren der Nerven mit abwechselnden Str\u00f6men r\u00fchrt nicht vom cl ek tr o t o nis ch en Zustande unmittelbar her.\nDie Zweideutigkeiten, welche bei den Muskeln f\u00fcr den Sinn des R\u00fcckschwunges der Nadel im Tetanus daraus erwuchsen, dafs sich, bei der Zusammenziehung, die Lage der Muskeln auf den B\u00e4uschen, ihre Gestalt und Dichtigkeit ver\u00e4ndern, fallen hier gl\u00fccklicherweise fort (S. oben S. 65 ff.). Nur das k\u00f6nnte des thats\u00e4chlichen Beweises bed\u00fcrfen, dafs nicht der eigcnth\u00fcmliche Widerstand der Nerven w\u00e4hrend des Bewegung und Empfindung vermittelnden Vorganges zunimmt. Dies soll sp\u00e4ter durch einen ganz unmittelbaren Versuch erh\u00e4rtet werden.\nF\u00fcr diese Gruppe von Verd\u00e4chtigungen aber, welche uns der Natur der Sache nach bei den Nerven erspart sind, war hier lange Zeit eine andere zu f\u00fcrchten, welche an Gewicht und Schwierigkeit der Widerlegung jene wohl zu ersetzen drohte. Jetzt freilich kann von derselben die Rede nicht mehr sein. Sie beruhte auf der Unm\u00f6glichkeit, den Nerven auf elektrischem Wege zu tetanisiren, ohne ihn zugleich s\u00e4ulenartig zu polarisiren. Hieraus liefs sich zun\u00e4chst der Zweifel entnehmen , ob nicht die negative Stromesschwankung vielleicht nur eine unter besonderen Umst\u00e4nden zur Erscheinung kommende negative Phase des elektrotonischen Zustandes sei, welche auf irgend eine Art die Oberhand gewinne \u00fcber die positive Phase; etwa dadurch dafs stets der negative Strom zwischen den Blechen der st\u00e4rkere, oder dadurch dafs beim Tetanisiren mit abwechselnden Str\u00f6men, verm\u00f6ge einer neuen Ver-","page":432},{"file":"p0433.txt","language":"de","ocr_de":"leim Tetanisiren der Nerven ist leine negative Phase.\n433\nwickelang, die negative Phase die positive, statt, wie bei stetigem Strome, die letztere die crstere \u00fcbertreffe (S. oben S. 373).\nEs war mm allerdings nicht schwer, die eine wie die andere dieser Vorstellungsweisen mit H\u00fclfe der Kenntnifs zu vernichten, die ich schon bcsafs von der Proportionalit\u00e4t der Gr\u00f6fse der negativen Stromesschwankung und der des urspr\u00fcnglichen Stromes. .Also z. B. wenn die negative Phase stets dadurch die Oberhand gehabt h\u00e4tte, dafs der negative Strom der st\u00e4rkere war, so h\u00e4tte, bei Ableitung des urspr\u00fcnglichen Stromes von beiden Enden des Nerven zugleich, nicht au beiden Orten negative Stromesschwankung erfolgen k\u00f6nnen, sondern das Ergebnifs w\u00fcrde, wie f\u00fcr den elektrotonischen Zustand (S. oben S. 300), an dem einen Ende ein negativer, au dem anderen ein positiver Zuwachs gewesen sein. Bei Ableitung des urspr\u00fcnglichen Stromes von Punkten des L\u00e4ngsschnittes zwischen dem Aequator und den Elektroden h\u00e4tte ebenso keine negative, sondern eine positive Schwankung beobachtet werden m\u00fcssen. Bei Ableitung von elektromotorisch entsprechenden Punkten des L\u00e4ngsschnittes d\u00fcrfte in jenem Falle die Nadel nicht auf Null bleiben, sondern sie m\u00fcfste einen Ausschlag im negativen Sinne beschreiben.\nBei der anderen Vorstellungsweise, welche der negativen Phase ohne Weiteres die Ueberlegenheit \u00fcber die positive zuschreibt, konnte man den Erfolg bei Ableitung von elektromotorisch entsprechenden Punkten des L\u00e4ngsschnittes und von solchen zwischen Aequator und Elektroden zur Noth erkl\u00e4ren mit H\u00fclfe der Annahme, die Curven der beiden Zuwachse h\u00e4tten einen Schneidepunkt, jenseits dessen von den Elektroden aus die des negativen Zuwachses erst die Oberhand gew\u00f6nne, und dieser Schneidepunkt sei in unseren Versuchen zuf\u00e4lligerweise immer zusammengefallen mit dem elektromotorischen Aequator des Nervenstiickes. Bei unserer auf den ferneren Verlauf der beiden Zuwachscurven gerichteten Ermittelung sei zwar ein solcher Schneidepunkt nicht beobachtet worden (S. oben S. 374), indessen sei dieselbe damals durch die Bedingungen des Versuches auf eine allzukleine Nervenstrecke eingeschr\u00e4nkt geblieben. Hierauf war zu antworten, dafs alsdann, bei grofser N\u00e4he der Elektroden, stets und nur positive Schwankung erfolgen m\u00fcfste; dafs danach also auch jenseits der Elektroden die Schwankung nicht dieselbe, sondern die entgegengesetzte Richtung haben m\u00fcfste von der diesseits zwischen Aequator und Elektroden.\nEinen ungleich schlagenderen und einfacheren Beweis haben wir aber jetzt in H\u00e4nden gegen alle Annahmen der Art, wonach die negativ dipolar elektromotorischen Kr\u00e4fte des abwechselnd in dieser und\nn.\t28","page":433},{"file":"p0434.txt","language":"de","ocr_de":"434 3. Abschn. Kap. VII. \u00a7\u25a0 IV. 4(n). Die Stromabnahme leim Tetanisiren\njener Richtung s\u00e4ulenartig polarisirten Nerven es sein sollen, welche in der negativen Schwankung beim Tetanisiren hervortreten. Dieser Beweis liegt darin, dafs, wie wir gesehen haben, die negative Schwankung unter Umst\u00e4nden auch die Folge sein kann des Tetanisirens mittelst eines unterbrochenen positiven Stromes (S. oben S. 396. 400). Hier giebt es keine negative Phase, und nichtsdestoweniger zeigt sich die negative Schwankung proportional der Gr\u00f6fse des urspr\u00fcnglichen Stromes. Unm\u00f6glich also kann sie, so scheint es, von der negativen Phase herr\u00fchren! Sollte aber diese Art, die negative Schwankung durch den positiven Strom allein zu erzeugen, wegen der oben S. 410 ber\u00fchrten Verh\u00e4ltnisse an und f\u00fcr sich Anstofs erregen, obschon sie, wie die n\u00e4here Betrachtung zeigt, wirklich unverf\u00e4nglich ist, so sei hier sogleich bevorwortet, dafs es uns gelingen wird, dieselbe Wahrnehmung noch auf zwei verschiedene, nicht dem leisesten Bedenken mehr ausgesetzte Arten zu erneuern.\nDie vorigen Verd\u00e4chtigungen waren aus der Luft gegriffen. Es k\u00f6nnte daher die folgende Bemerkung auf den ersten Blick gef\u00e4hrlicher scheinen, weil sie sich wenigstens auf einen wirklich bestehenden Umstand beruft. Wir haben oben S. 326 gesehen, dafs m\u00f6glicherweise eine Verzerrung der urspr\u00fcnglichen Curve der Stromst\u00e4rken den elek-trotonischen Zustand begleitet. Die Ordinaten der Curve des Zuwachses w\u00fcrden nicht algebraisch zu summiren sein mit den Ordinaten jener Curve unmittelbar, um die ver\u00e4nderte Curve der Stromst\u00e4rken im elek-trotonischen Zustande zu erhalten, sondern zuvor w\u00fcrde das Gesetz der urspr\u00fcnglichen Ordinaten eine durch die Lage\u00e4nderung vieler Molekeln bedingte Ab\u00e4nderung erfahren. Ueher die Natur dieser Ab\u00e4nderung, die wir \u00fcberhaupt nur muthmafsten, wufsten wir nichts N\u00e4heres auszusagen. Jetzt aber k\u00f6nnte man behaupten wollen, die negative Stromesschwankung beim Tetanisiren sei nichts Anderes als der Ausdruck jener Ver\u00e4nderung, Die Verzerrung der urspr\u00fcnglichen Curve der Stromst\u00e4rken bestehe in einer proportionalen Schwankung ihrer s\u00e4mmtliehen Ordinaten im negativen Sinne.\nMan begreift nun in der That, dafs das Tetanisiren mit abwechselnd gerichteten Str\u00f6men eine geeignete Versuchsweise w\u00e4re, um diese Verzerrung, wenn sie in merklichem Mafsstahe vorhanden ist, hervortreten zu lassen. Allein jene Meinung ist nicht minder unhaltbar als die vorigen. Erstens m\u00f6chte es nicht leicht abzuleitcn sein, dafs die Verzerrung in einer Schwankung der Art bestehen solle, wie das Tetanisiren sie zur Folge hat. Bei derselben erweist sich, eben weil an jeder Stelle ihre Gr\u00f6fse der des urspr\u00fcnglichen Stromes proportional ist, die Lage der Elektroden am Nerven als gleichg\u00fcltig, w\u00e4hrend doch","page":434},{"file":"p0435.txt","language":"de","ocr_de":"der Nerven r\u00fchrt nicht vom elelclrolonischen Zustand unmittelbar her. 435\ndie Abweichung von der peripolaren Anordnung, welche die Ursache der Verzerrung enth\u00e4lt, von den Elektroden aus sich mit abnehmender St\u00e4rke verbreitet, entsprechend der Curve der dipolar elektromotorischen Kr\u00e4fte des Nerven im elektrotonischen Zustande. Dann aber und vor Allem kommt noch Folgendes in Betracht.\nSoll n\u00e4mlich die negative Schwankung der Ausdruck eines im elektrotonischen Zustande eintretenden Verlustes an Kr\u00e4ften sein, so kann derselbe, ohne Hinzunahme fernerer Hypothesen, doch nicht anders zu verstehen sein, als in der Art, dafs diese Kr\u00e4fte der Wirkungsweise nach dem urspr\u00fcnglichen Gesetze der thierischen Erreger zeitweise entzogen werden, um w\u00e4hrenddem in Th\u00e4tigkeit nach dem Gesetze der S\u00e4ule zu treten. Nun ist aber, wie bereits oben S. 327. 368 bemerkt wurde, die dipolare Anordnung eine g\u00fcnstigere Art Stromeswirkungen nach Aufsen von elektromotorischen Molekeln zu erhalten, als die peripolare. Es kann folglich der Zuwachs wohl an Gr\u00f6fse den urspr\u00fcnglichen Strom \u00fcbertreffen (S. oben ebendas.), nicht aber der Verlust des urspr\u00fcnglichen Stromes, wenn \u00fcberall ein solcher stattfindet, den Zuwachs.\nWir haben oben S. 396. 400 gesehen, dafs die negative Schwankung unter gewissen Umst\u00e4nden den unterbrochenen positiven Zuwachs zu \u00fcberwiegen vermochte. Es konnte hienach bereits scheinen, als ob jene Schwankung an und f\u00fcr sich gr\u00f6fser werden k\u00f6nne als der Zuwachs. Ein tieferes Eingehen auf die verwickelten Verh\u00e4ltnisse des Versuches lehrte uns aber, dafs dies noch nicht erwiesen sei. Weil dabei, zwischen je zwei Stromst\u00f6fsen, der erregende Kreis geschlossen blieb, sowohl an den Magnetelektromotoren als an den Inductionsvorrichtungen, kamen theils die Ladungen selber der negativen Schwankung zu H\u00fclfe, um den positiven Zuwachs zu verkleinern, theils verl\u00e4ngerten sie wohl auch noch, verm\u00f6ge des schnellen Abfalles ihrer Gr\u00f6fse, die Dauer dieser Schwankung (S. oben S. 410). Allein ich werde in der Folge, durch mehrere v\u00f6llig untadelhafte Versuche, den Beweis f\u00fchren, dafs nichtsdestoweniger, unter Umst\u00e4nden, wirklich ein Ueberwiegen der negativen Schwankung \u00fcber den Zuwachs stattfinden kann. 1\nEs mufs also, selbst wenn es eine solche Verzerrung der urspr\u00fcnglichen Curve der Stromst\u00e4rken g\u00e4be, wie sie hier vorausgesetzt wurde, doch noch aufserdem eine negative Stromesschwankung wegen Tetani-sirens vorhanden sein. Ohnehin wird es uns, wie schon S. 432 gesagt ist, gelingen, dieselbe auch auf nicht elektrischem Wege darzu-thun. Dann aber entbehrt zun\u00e4chst die Annahme der Verzerrung der urspr\u00fcnglichen Curve durch den elektrotonischen Zustand jeglichen er-\nS. unten, \u00a7. v. 1. 5.\n28","page":435},{"file":"p0436.txt","language":"de","ocr_de":"436 3. Abschn. Kap. VII. \u00a7. IV. 4(in). Die Stromabnahme beim Tetanisiren\nfahrungsm\u00e4fsigen Grundes. Wir k\u00f6nnen nun vielmehr (S. oben S. 327) behaupten, dafs diese Verzerrung, wie gegen\u00fcber dem urspr\u00fcnglichen Strome selber und dem Zuwachs im elektrotonischen Zustande, so auch neben der negativen Schwankung beim Tetanisiren mit abwechselnden Str\u00f6men vollst\u00e4ndig vernachl\u00e4ssigt werden d\u00fcrfe. Denn w\u00e4hrend Alles daf\u00fcr zu sprechen scheint, dafs dieselbe keine dem urspr\u00fcnglichen Strome proportionale Schwankung herbeif\u00fchre, wenn \u00fcberhaupt eine solche, sind wir bisher noch auf keine merkliche Abweichung vom Gesetze der Proportionalit\u00e4t seitens der negativen Schwankung wegen Tetanisirens gestofsen. Man k\u00f6nnte sagen, dafs wir uns dazu in keine g\u00fcnstige Lage begehen haben, indem wir uns zum Tetanisiren der fl\u00fcchtigen voltaelektrischen Induetionsstr\u00f6me zu bedienen pflegen. Allein jene Proportionalit\u00e4t zeigt sich, wie hier bemerkt werden mag, nicht minder, wenn man die Inductionsvorrichtung vertauscht mit der Kette nebst dem PoccENDOEFF\u2019schen Inversor mit seinen breiten Federn, deren Abstand a man zum Ueberflufs = m + h \u2014 b machen kann, wobei der Bruch n (S. oben S. 392. Anm.) seinen gr\u00f6fstm\u00f6glichen Werth erreicht.\n(m) Die negative S trom es s ch wanku n g r\u00fchrt nicht her von dem Freiwerden von Ladungen durch den abwechselnd positiven und negativen Zuwachs im elektrotonischen Zustande.\nEs ist nunmehr gezeigt worden, dafs die negative Schwankung zugeschrieben werden k\u00f6nne weder Theilen des erregenden Str\u00f6mungsvorganges, die ihren Weg in den Multiplicatorkreis finden, noch einem Ueberwiegen der Reihe der negativen Zuwachse, welches auf die eine oder die andere Weise zu Stande k\u00e4me, noch endlich einem Verlust an peripolar elektromotorischen Kr\u00e4ften, die nach dem Gesetze der S\u00e4ule zur Bildung des Zuwachses im elektrotonischen Zustande verwendet w\u00fcrden. Es wird nicht unn\u00fctz sein, uns nun noch klar zu machen, dafs jene negative Schwankung ebensowenig herr\u00fchren k\u00f6nne von einem Einfl\u00fcsse der abwechselnd positiven und negativen Zuwachse auf die Ladungen, die der urspr\u00fcngliche Strom auf den metallischen Multipli-catorenden entwickelt.\nEine solche Erkl\u00e4rung, wenn sie, was wir erst untersuchen wollen, \u00fcberhaupt m\u00f6glich ist, w\u00fcrde sichtlich stimmen mit der Proportionalit\u00e4t zwischen der negativen Schwankung und der Gr\u00f6fse des urspr\u00fcnglichen Stromes. Sie w\u00fcrde indessen abermals scheitern an der Thatsache, dafs ein unterbrochener positiver Strom unter Umst\u00e4nden eine negative Schwankung in gr\u00f6fserem Mafse als den positiven Zuwachs selber hervorzurufen vermag. Nichtsdestoweniger wii'd es von","page":436},{"file":"p0437.txt","language":"de","ocr_de":"der Nerven r\u00fchrt nicht her von freiwerdenden Ladungen. 437\nWichtigkeit sein, zu erfahren, ob sich in die dergestalt unstreitig vorhandene negative Schwankung wegen des Bewegung und Empfindung vermittelnden Vorganges eine Schwankung wegen Ver\u00e4nderung der Ladungen einmische oder nicht. Um so mehr wird dies der Fall sein, als sich dabei ein in rein physikalischer Hinsicht nicht uninteressantes Ergebnifs herausstellt.\nDies Ergebnifs ist, dafs bei hinreichender St\u00e4rke des urspr\u00fcnglichen Stromes und der beiden Zuwachse, statt einer negativen Schwankung, wegen der Ladungen vielmehr eine positive Schwankung eintre-ten m\u00fcfste. Die Curve der St\u00e4rke der Polarisation, bezogen auf die Stromst\u00e4rke, steigt bei immer weiterem Wachsen der letzteren bekanntlich nicht ins Unbegrenzte empor, sondern sie schliefst sich bald asymptotisch einer Geraden an, welche der Abscissenaxe parallel l\u00e4uft (S. oben Bd. I. S. 239). Die Curve kehrt also der Abscissenaxe eine entschiedene H\u00f6hlung zu (S. Fig. 121. Taf. III., die Curve Optp p P). W\u00e4hrend die Stromst\u00e4rke linear w\u00e4chst, w\u00e4chst die St\u00e4rke der Polarisation in immer langsamerem Mafse. Nennen wir / die St\u00e4rke des urspr\u00fcnglichen Stromes, \u00b1\u00ea die Zuwachse, die ihm abwechselnd in der einen und anderen Richtung zu Theil werden, p, die zu I \u2014 d, p die zu /, endlich p' die zu / + \u00e0 geh\u00f6rigen Polarisationsst\u00e4rken (S. die Figur), so hat man, w\u00e4hrend\n[/+d] + [f-\u00e4j \n2\nwegen der W\u00f6lbung der Polarisationscurve\nP, + p\n2\n\u2014 Po < P-\nBei best\u00e4ndig bleibender mittlerer Stromst\u00e4rke nimmt also die Polarisation ab, und es mufs demnach ein positiver Ausschlag stattfinden,\nwegen\n[/+<?_ p'] + [/_ \u00d4 \u2014 p,\\\t> i _ p\nMit anderen Worten, weil die Polarisation langsamer w\u00e4chst als die Stromst\u00e4rke, entspricht einem in der Zeit wellenf\u00f6rmig schwankenden Str\u00f6mungsvorgange eine geringere mittlere Polarisation, als demselben Vorg\u00e4nge, wenn er, bei best\u00e4ndig bleibender Elektricit\u00e4tsmenge, stets auf der n\u00e4mlichen H\u00f6he verweilt. Ueber die Grenze hinaus, wo die Curve keine merkliche H\u00f6hlung mehr besitzt, h\u00f6rt dies nat\u00fcrlich zu gelten auf. Man erkennt \u00fcbrigens leicht den formellen Zusammenhang des ausgesprochenen Satzes mit der Grundlage der Untersuchung, die oben S. 416 ff. angestellt wurde hinsichtlich der Abh\u00e4ngigkeit der Gi'\u00f6fse des Zuwachses von der Stromdichte.","page":437},{"file":"p0438.txt","language":"de","ocr_de":"438 3. Abschn. Kap. VIL \u00a7. IV. 4(ui). Die Stromabnahme beim Tetanisiren\nin\nIch habe nat\u00fcrlich nicht unversucht gelassen, ob sich diese Schl\u00fcsse der Wirklichkeit best\u00e4tigt finden w\u00fcrden. Erschwert werden die bez\u00fcglichen Versuche dadurch, dafs sich Poggendorff\u2019s doppelsinnige Ablenkung, der Natur der Sache nach, in ihren Erfolg einmischt. Diese besteht bekanntlich darin, dafs eine dichtgedr\u00e4ngte Reihe gleicher und entgegengesetzter Str\u00f6me die Nadel stets auf der Seite des Nullpunktes weiter abzulenken trachtet, auf der sie sich bereits befindet. Es hat n\u00e4mlich der Strom, der sie nach dieser Richtung ablenken w\u00fcrde, die Obei\u2019hand \u00fcber den anderen, weil er zugleich den Magnetismus der Nadel verst\u00e4rkt, jener dagegen ihn um ebensoviel schw\u00e4cht. Das Product aus der Kraft des Stromes in die der Nadel f\u00e4llt also f\u00fcr ersteren stets gr\u00f6fser aus, als f\u00fcr letzteren, und dieser Unterschied w\u00e4chst mit der bereits vorhandenen Ablenkung. (Vergl. oben S. 44. 421. 430.)\nIch ging folgcndermafsen zu Werke. Mit den Enden des Mu-seumsmultiplicators, dessen halbe L\u00e4nge angewendet wurde und dessen leichtes Nadelspiel, ohne durch einen Berichtigungsstab auf Null gehalten zu werden, im Meridian einstand und 4\" schlug, verband ich die se-cund\u00e4re Rolle meiner Inductionsvorrichtung. Der prim\u00e4re Kreis derselben enthielt eine GnovE\u2019sche Kette der gr\u00f6fseren Art und den PoGGENDORFF\u2019schen Inversor als Unterbrechungsrad. Lenkte ich die Windungen um etwa 40 0 nach der einen oder nach der anderen Richtung aus dem Meridian ab, und drehte dann das Unterbrechungsrad, so dafs eine Reihe abwechselnder Str\u00f6me durch den Multiplicator ging, so fand ein Ausschlag von wenigen Graden nach der Hemmung zu statt. Der Ausschlag wurde nicht merklich kleiner, als ich in den Multiplicatorkreis eine voltameter\u00e4hnliche Vorrichtung mit Platinelektroden in verd\u00fcnnter Schwefels\u00e4ure einschaltete. Dies erkl\u00e4rt sich durch die grofse L\u00e4nge und D\u00fcnne des metallischen Theiles des Kreises. Der Ausschlag wurde nicht merklich gr\u00f6fser, als ich die Windungen in den Meridian zur\u00fcckf\u00fchrte, und, aufser dem Voltameter, eine GnovE\u2019sche Kette in den Kreis brachte, welche anfangs die Nadel an die Hemmung gelehnt hielt, sie aber allm\u00e4lig bis auf 40\u00b0 sinken liefs. Man hat sich zu denken, dafs hier die abwechselnden Zuwachse \u00b1 \u00e2 noch zu klein waren, als dafs der Unterschied zwischen\np, und p0 =\nP,+P\n2\nh\u00e4tte merklich ausfallen k\u00f6nnen. Jetzt begann ich dieselbe Versuchsreihe von vorn durchzumachen, nachdem ich ein starkes Drahtb\u00fcndel in die prim\u00e4re Rolle der Inductionsvorrichtung gebracht hatte. Nun betrug, bei ganz metallischem Multiplicatorkreise, der Ausschlag durch doppel-","page":438},{"file":"p0439.txt","language":"de","ocr_de":"der Nerven r\u00fchrt nicht her von freiiverdenden Ladungen. 439\nsinnige Ablenkung beim Drehen des Rades 28\u00b0, von 40\u00b0 ging die Nadel bis auf 68\u00b0. Als aber in den Kreis wie fr\u00fcher die unbest\u00e4ndige Combination der GROvE\u2019schen Kette nebst dem Voltameter eingef\u00fchrt wurde, welche diesmal die Nadel nur auf 35\u00b0 hielt, ging die Nadel an die Hemmung, und stellte sich, w\u00e4hrend mit Drehen fortgefahren wurde, best\u00e4ndig auf etwa 70\u00b0 ein. Ich brauche nicht hinzuzuf\u00fcgen, dafs dies gleichm\u00e4\u00dfig auf beiden Multiplicatorseiten der Fall war, und gleichviel, ob der Oeffnungs- oder der Schliefsungsschlag der Induclionsvorrichtung dem Strome der GitovE\u2019schen Kette im Multiplicatorkreise gleichgerichtet war.\nDieser Versuch scheint an der Richtigkeit der obigen Schlufsfolge auf den ersten Blick keinen Zweifel \u00fcbrig zu lassen. Die Inductions-str\u00f6ine mufsten durch die Einschaltung der GROVE\u2019schen Kette offenbar geschw\u00e4cht sein, wenn auch nur um ein Geringes, und doch brachten sie eine st\u00e4rkere positive Wirkung hervor. Bei n\u00e4herer Betrachtung steigen indefs noch Bedenken auf. Die beiden Anordnungen, n\u00e4mlich diejenige, wo der Kreis ganz metallisch war oder nur das unpolari-risirte Voltameter enthielt, und die andere, wo zugleich die Grove\u2019scIic Kette eingeschaltet war, diese beiden F\u00e4lle sind in ihren \u00fcbrigen Bedingungen nicht so vollkommen \u00fcbereinstimmend, dafs man nicht w\u00fcnschen k\u00f6nnte, den m\u00f6glicherweise stattlindenden Einflufs der zwischen denselben vorhandenen Unterschiede auch noch entfernt zu sehen. N\u00e4mlich in dem einen Falle befindet sich die Doppelnadel im Meridiane, es wird also die eine Nadel durch die Erde gest\u00e4rkt, die andere geschw\u00e4cht. Die Astasie ist folglich geringer, als wenn die Nadeln durch einen Strom aus dem Meridian abgelenkt sind, wenigstens wenn, wie dies an meinem Multiplicator der Fall war, die untere Nadel, welche die st\u00e4rkere Wirkung vom Strom erf\u00e4hrt, die schw\u00e4chere ist. Ueberdies sind im letzteren Falle beide Nadeln durch den Strom gest\u00e4rkt, und man k\u00f6nnte glauben, dafs daraus, im Verein mit der gr\u00f6fseren Astasie, die gr\u00f6fsere positive Wirkung entspringe.\nIndessen die von Roggendorff gegebene Zergliederung der doppelsinnigen Ablenkung zeigt bereits, dafs die St\u00e4rke des permanenten Magnetismus der Nadeln, wozu hier der durch den Strom der Grove-schen Kette erregte gerechnet werden kann, bei Gleichheit der beiden abwechselnden Str\u00f6me aus dem Ausdruck f\u00fcr den Impuls fortf\u00e4llt, den die Nadel im positiven Sinne erf\u00e4hrt. Was die geringere Astasie der Doppelnadel im Meridiane betrifft, so kann diesem Umstand ein Erfolg von der Gr\u00f6fse des beobachteten wohl kaum zugeschrieben werden. Es war \u00fcbrigens leicht, diese Bedenken auf dem Wege des Versuchs vollst\u00e4ndig zu beseitigen.","page":439},{"file":"p0440.txt","language":"de","ocr_de":"440 3. Abschn. Kap. VII. \u00a7. IV. 4 (in). Die Stromabnahme beim Tetanisiren\nEs geschah dadurch, dafs die Grove\u2019sehe Kette und das polari-sirte Voltameter mit der einen Drahtleitung des Multiplicators in Verbindung gesetzt wurden, die secund\u00e4re Inductionsrolle hingegen mit der anderen. Dabei mufste sich\u2019s zeigen, ob die st\u00e4rkere Wirkung, welche bei Gegenwart polarisirter Elektroden die abwechselnd gerichteten Str\u00f6me ausiiben, herr\u00fchrt von der ver\u00e4nderten Polarisation, oder ob sie auf sonstweicher Ver\u00e4nderung beruht. Der Versuch lehrte, dafs jetzt die Wirkung auf die Nadel nicht st\u00e4rker war, als bei metallischem Kreise und Ablenkung der Windungen aus dem Meridian.\nEs blieb somit nichts Anderes \u00fcbrig, als an eine Ver\u00e4nderung der Ladungen durch die abwechselnden Str\u00f6me zu glauben. Man m\u00fcfste denn annehmen, dafs durch das Einschalten des Widerstandes der Kette die magnetisirende Wirkung der Str\u00f6me verst\u00e4rkt worden sei. Dies ist indefs, so viel ich weifs, zun\u00e4chst ohne Analogie, und, da ohnehin schou feuchter Leiter im Kreise war, nicht sehr wahrscheinlich. Diesem Einwand konnte \u00fcbrigens auch noch begegnet werden, indem statt des Voltameters mit polarisirbaren Elektroden ein solches mit nicht so ladungsf\u00e4higen in den Kreis aufgenommen wurde, z. 13. mit Zinkelektroden in verd\u00fcnnter Schwefels\u00e4ure. Alsdann durfte die positive Wirkung bei Gegenwart der Elektroden nicht merklich gr\u00f6fser sein als diejenige bei Abwesenheit derselben. Denn wenn man sich s\u00e4ramtliche Ordinaten der Polarisalionscurve mit w< / multiplicirt denkt, so wird in demselben Mafse der Unterschied p \u2014 p0 verkleinert. Der Versuch best\u00e4tigte auch diese Vermuthung. Dabei mufste die GROVE\u2019sche Kette durch eine S\u00e4ure-Alkalikette mit Platinelektroden ersetzt, und aufser-dem durch einen Berichtigungsstab die Empfindlichkeit des Multiplicators geschw\u00e4cht werden, um das Fortfallen der Ladungen zu verg\u00fcten. Die Schw\u00e4chung des Stromes durfte n\u00e4mlich deshalb nicht durch Ver-gr\u00f6fserung des Widerstandes erzielt werden, und die Zinkelektroden befanden sich demgem\u00e4fs in verd\u00fcnnter Schwefels\u00e4ure, weil sonst die im Vergleich zum vorigen Versuch hier geringer ausfallende positive Wirkung bei Verbindung der secund\u00e4ren Rolle zu einem Kreise mit der Kette und den Zinkelektroden, h\u00e4tte gebracht werden k\u00f6nnen auf Rechnung der Schw\u00e4chung, welche den Inductionsstr\u00f6men unter diesen Umst\u00e4nden widerfahren w\u00e4re.\nDie Richtigkeit des obigen Satzes ist sonach als erwiesen zu betrachten. Es fragt sich aber nunmehr, ob derselbe wohl eine unmittelbare Anwendung auf die Verh\u00e4ltnisse unserer Versuche linde. Wir w\u00fcrden alsdann in der negativen Schwankung heim Tetanisiren, wie wir sie zu sehen bekommen, nichts haben, als den Unterschied dieser Schwankung, wie sic in Wirklichkeit beschaffen ist, und der positiven","page":440},{"file":"p0441.txt","language":"de","ocr_de":"der Nerven r\u00fchrt nicht her von freiwerdenden Ladungen. 441\nWirkung, welche von der Ver\u00e4nderung der Ladungen durch die Zuwachse herriihrt. Von vorn herein k\u00f6nnen wir dar\u00fcber wenig sagen. Nur so viel ist leicht zu sehen, dafs es zwei Bedingungen giebt, unter welchen die positive Schwankung Null oder p, \u2014 p werden w\u00fcrde. Die erste, oben bereits bedachte, w\u00fcrde verlangen, dafs die Zuwachse sehr klein w\u00e4ren im Verh\u00e4ltnifs zum urspr\u00fcnglichen Strome. Diese Bedingung ist in unseren Versuchen sicher nicht erf\u00fcllt. Die zweite M\u00f6glichkeit w\u00e4re, dafs die Gestalt der Polarisationscurve sich in der ersten Gegend ihres Verlaufes der geradlinigen anschl\u00f6sse. Hier\u00fcber ist meines Wissens noch nichts bekannt. Ja es w\u00e4re sogar, hei einer so dunklen Erscheinung wie die Ladungen sind, die M\u00f6glichkeit vorhanden, dafs die Curve einen Wendepunkt bes\u00e4fse, d. h. in jener Gegend der Abscisse eine Convexit\u00e4t, statt wie sp\u00e4ter eine Concavit\u00e4t, zukehrte. Alsdann w\u00fcrden sich selbstredend alle obige Schl\u00fcsse in die entgegengesetzten verwandeln, pe w\u00fcrde, statt kleiner als p, gr\u00f6fser ausfallen und eine negative Schwankung die Folge sein. Wir m\u00fcssen daher, um ins Reine zu kommen, den vorigen Versuch bei Verh\u00e4ltnissen der Stromst\u00e4rke wiederholen, welche mehr \u00fcbereinslimmcn mit den in unseren thierisch-elektrischen Versuchen obwaltenden.\nIn den Kreis unseres gew\u00f6hnlichen Multiplicators und der Zulei-tungsgef\u00e4fse brachte ich eine S\u00e4ure-Alkalikette, deren Strom den Nervenstrom an St\u00e4rke etwas \u00fcbertraf. Ich stellte sie her, indem ich Pia tin platten in zwei Gef\u00e4fse tauchte, die mit Brunnenwasser gef\u00fcllt und durch ein heberf\u00f6rraiges, gleichfalls mit Wasser gef\u00fclltes Rohr verbunden waren. In das eine Gef\u00e4fs brachte ich mittelst eines Glasstabes einen Tropfen Kalihydratl\u00f6sung. Der Strom dieser Anordnung stellte den urspr\u00fcnglichen Strom vor.\nNun handelte es sich darum, eine Reihe von abwechselnden Zuwachsen hindurch zu schicken, welche an St\u00e4rke dem Zuwachs im clelc-trotonischen Zustande ungef\u00e4hr entspr\u00e4chen. Der Gebrauch der Induc-tionsvorrichtung mufste hier aufgegeben werden, weil es zu schwer ist, ihre augenblicklichen Wirkungen der absoluten Gr\u00f6fse nach in Vergleich zu bringen mit solchen, die uns, wie der Zuwachs, gerade umgekehrt nur als stetiger Strom bekannt sind. Es blieb vielmehr nichts \u00fcbrig als folgender Kunstgriff.\nAufser den Zuleitungsgef\u00e4fsen und der S\u00e4ure-Alkalikette wurde noch eine etwa 2m lange Strecke nicht iibersponnenen versilberten Kupferdrahtes von 0mm.3 Durchmesser in den Multiplicatorkreis eingeschaltet; der Widerstand derselben verschwand nat\u00fcrlich gegen den des \u00fcbrigen Kreises. Ich konnte also zu derselben eine irgendwie beschaffene Ncbenschliefsung anbringen, ohne dadurch die Stromst\u00e4rke im Kreise","page":441},{"file":"p0442.txt","language":"de","ocr_de":"442 3. Absehn. Kap. VII. \u00a7. IV. 4 (ni). Die Stromabnahme beim Tetanisiren\nmerklich zu vergr\u00f6fsern. Eine solche Nebenschliefsung ward nun fol-gendermafsen hergestellt. Die beiden Enden des Multiplicatorkreiscs waren nicht mit den freien Enden der Drahtstrecke verbunden, sondern so, dafs die letzteren \u00fcber die ersteren hinausragten und noch anderen Verbindungen zug\u00e4nglich blieben. Ueberdies war auch das eine Ende des Multiplicatorkreises an der Drahtstrecke verschiebbar, so dafs nach Bed\u00fcrfnifs ein l\u00e4ngeres oder k\u00fcrzeres St\u00fcck derselben in den Kreis auf-genomraen werden konnte. Die freien Enden der Drahtstrecke wurden durch den PoGGENDORFF\u2019schen Inversor mit einer sechsgliederigen Grove\u2019-schen S\u00e4ule 1 dergestalt verbunden, dafs der Strom der S\u00e4ule, je nach der Stellung des Rades, bald in der einen, bald in der anderen Richtung durch die Drahtstrecke ging. Ein \u00e4ufserst kleiner Theil dieses Stromes zweigte sich ab in den Multiplicatorkreis, und summirte sich algebraisch zu dem bereits darin vorhandenen Strome der S\u00e4ure-Alkali-kette. Durch passende Ver\u00e4nderung der L\u00e4nge der zwischen den Enden des Multiplicatorkreises begriffenen Drahtstrecke war es leicht, die St\u00e4rke jenes Stromzweiges so abzustimmen, dafs sie der des Zuwachses bei mittlerer St\u00e4rke des erregenden Stromes etwa gleich kam. Endlich befand sich im Kreise der GROVE\u2019schen S\u00e4ule noch ein Quecksilbergefafs mit verquicktem Kupferhaken, um rasch dieselbe schliefsen und \u00f6ffnen zu k\u00f6nnen.\nNach dieser Vorkehrung hatte es keine Schwierigkeit mehr, den elektrischen Vorgang beim Tetanisiren der Nerven, wie er aufserhalb des thierischen Erregers im Multiplicatorkreise stattfindet, aufs treueste nachzuahmen. W\u00e4hrend die S\u00e4ure-Alkalikette im Kampf mit den Ladungen auf den Platinblechen der Zuleitungsgef\u00e4fse die Nadel abgelenkt hielt, wurde das Rad des Inversors in Bewegung gesetzt und nachgehends die GRovE\u2019sche S\u00e4ule mittelst des Kupferhakens in Quecksilber geschlossen. Eine Reihe abwechselnder Zuwachse von kurzer Dauer ergofs sich durch den Multiplicatorkreis. Sie liefsen die Nadel vollst\u00e4ndig in Ruhe. Es findet folglich unter diesen Umst\u00e4nden keine positive Wirkung mehr statt, wie bei gr\u00f6fseren Stromst\u00e4rken. Und da wir aufserdem schon von fr\u00fcherher wissen, dafs Str\u00f6me von so geringer St\u00e4rke unverm\u00f6gend sind, doppelsinnige Ablenkung zu erzeugen (S. oben S. 45), so kann auch keine negative Wirkung sich hier etwa mit einer solchen die Wage gehalten haben.\n\u2019 Eine so starke S\u00e4ule wendete ich an, um durch ihren Widerstand einen Unterschied im Widerstande der beiden Inversorh\u00e4lften unsch\u00e4dlich zu machen, verm\u00f6ge dessen die Reihe der Str\u00f6me in der einen Richtung die der Str\u00f6me in der anderen Richtung stets um eine kleine Gr\u00f6fse \u00fcbertraf. Eine Widerslandsrolle mochte ich hiezu nicht nehmen, weil der Anfangs- und Endgegenstrom sich mit eingemischt haben w\u00fcrden. Die Einschaltung einer Fl\u00fcssigkeitszelle mit nicht pola-risirbaren Elektroden w\u00fcrde aber nat\u00fcrlich dieselben Dienste geleistet haben.","page":442},{"file":"p0443.txt","language":"de","ocr_de":"der Nerven r\u00fchrt nicht her von freiwerdenden Ladungen. 443\nDie Curve der St\u00e4rke der Polarisation bezogen auf die Stromst\u00e4rke mufs folglich, in dieser Gegend ihres Verlaufes, nahe geradlinig sein. Die Ladungen haben, insofern sie durch die abwechselnden Zuwachse ver\u00e4ndert werden k\u00f6nnten, keinen Antheil am Zustandekommen der negativen Stromesschwankung. Dafs sie gleichwohl, bei der durch diese Schwankung erzeugten r\u00fcckg\u00e4ngigen Nadelbewegung, mit betheiligt sind, versteht sich von selbst, hat aber mit der hier widerlegten Vermuthung nichts zu schaffen. Auf dieses Verhalten, welches dem bei der negativen Schwankung des Muskelstromes im Tetanus beobachteten genau entspricht, werden wir sogleich, Eingangs der folgenden Nummer, zur\u00fcckkommen.\n5. Von der physikalischen Bedeutung des R\u00fcckschwunges der Nadel beim Tetanisiren der Nerven mit abwechselnden Str\u00f6men. Er r\u00fchrt nicht her von einer Zunahme des eigenth\u00fcmlichen Widerstandes der Nervensubstanz, sondern von einer Abnahme der Summe der elektromotorischen Kr\u00e4fte des Nerven.\nWie bereits oben S. 397 bemerkt wurde, stimmt das Ergebnifs des Tetauisirens der Nerven mit abwechselnden Str\u00f6men merkw\u00fcrdigerweise genau \u00fcberein mit dem elektromotorischen Ergebnifs der Muskelzusammenziehung. Auch die Stromst\u00e4rke des th\u00e4tigen Muskels zeigt sich auf allen Punkten um eine proportionale Gr\u00f6fse vermindert. Ehe wir indefs diese Wahrheit f\u00fcr den Muskel anerkannten, fanden wir, n\u00e4chst dem Verdacht auf Hereinbrechen des erregenden Stromes in den Multiplicatorkreis, mancherlei Bedenken zu beseitigen. Es ist schon oben S. 432 bemerkt worden, was sich auch von selbst versteht, dafs am telanisirten Nerven von diesen Bedenken die fortfallen, welche aus der Bewegung des tetanisirten Muskels entsprangen. Es bleiben aber doch noch mehrere Versuche aus jener Sph\u00e4re in diese zu \u00fcbertragen.\nZun\u00e4chst brauche ich wohl nicht zu erinnern, dafs es sich hier, ebensowenig als beim Muskel, um eine Umkehr des Stromes w\u00e4hrend des Tetanisirens handelt, wenn gleich die Nadel h\u00e4ufig in dem negativen Quadranten die Stellung \u00fcberschreitet, die sie im positiven Viertelkreise innehalte. Freilich zeigt dies an, dafs w\u00e4hrend der ersten Augenblicke des Tetanisirens ein Strom im umgekehrten Sinne des urspr\u00fcnglichen im Multiplicatorkreise gegenw\u00e4rtig ist. Wie f\u00fcr. den Muskel (S. oben S. 59), kann man auch hier das Dasein dieses umgekehrten Stromes dadurch unmittelbar zur Anschauung bringen, dafs man den Multiplicator erst nach begonnenem Tetanisiren in den Kreis aufnimmt. Wie dort, kann aber auch hier gezeigt werden, dafs dieser Strom","page":443},{"file":"p0444.txt","language":"de","ocr_de":"444 3. Abschn. Kap. VIl. \u00a7. IV. 5. Die Stromabnahme beim Tetanisiren\nnichts ist als der Ausdruck der zu einem kleinen Theil in Freiheit gesetzten Ladungen der metallischen Multiplicatorcnden. Denn erstens kehrte der Nervenstrom sich wirklich um, so m\u00fcfste die negative Wirkung ungleich gr\u00f6fser sein. Da alsdann, wie beim Verfahren des Umlegens (S. oben Bd. I. S. 242), die Ladungen sich mit dem urspr\u00fcnglichen Strome zu gemeinsamer Wirkung verbinden w\u00fcrden, m\u00fcfste letztere den Ausschlag durch den urspr\u00fcnglichen Strom weit an Heftigkeit \u00fcbertreffen. F\u00fcrs zweite erh\u00e4lt man aber in der That einen Ausschlag im Sinne dieses Stromes, wenn man den Kreis erst nach Beginn des Te-tanisirens schliefst, also mit Ausschlufs der Ladungen zu Werke geht.\nAlso um eine blofse Abnahme der Stromst\u00e4rke, keine Umkehr seiner Richtung, handelt es sich hier, wie bei den Muskeln. Die erste Frage, welche sich dann erhebt, ist diejenige, ob diese Abnahme beruhe auf einer Verminderung der Summe der elektromotorischen Kr\u00e4fte, oder auf einer Vergr\u00f6fserung der Widerst\u00e4nde des Kreises. Das letztere w\u00fcrde sichtlich eines tieferen Interesses entbehren.\nEine solche Vergr\u00f6fserung k\u00f6nnte hier nur herr\u00fchren von einer Verminderung der Leitungsg\u00fcte der Nervensubstanz selber im Augenblicke des Tetanisirens. Es kann uns begreiflich nicht gen\u00fcgen, dagegen die Analogie der Muskeln aufzuf\u00fchren, deren eigenth\u00fcmlicher Widerstand, wie wir gefunden haben, w\u00e4hrend der Zusammenziehung vielmehr um eine geringe Gr\u00f6fse abnimmt (S. oben S. 82). Ebensowenig wird jene M\u00f6glichkeit bereits durch den Umstand widerlegt, dafs die Nadel in g\u00fcnstigen F\u00e4llen in dem negativen Quadranten die Stellung \u00fcberschreitet, die sie im urspr\u00fcnglichen Viertelkreise innehatte. Denn es l\u00e4fst sich nicht \u00fcbersehen, ob durch eine Vermehrung des Widerstandes des Nerven der Nervenstrom und der Strom der Ladungen in demselben Mafse geschw\u00e4cht werden, oder der letztere vielleicht etwas weniger, als der erstere (S. oben Bd. I. S. 726. Bd. II. S. 74).\nEs mufs daher unmittelbar durch den Versuch gepr\u00fcft werden, ob der Widerstand der Nerven w\u00e4hrend des Tetanisirens eine Schwankung erleide oder nicht. Die Grunds\u00e4tze, auf denen diese Untersuchung beruht, sind die n\u00e4mlichen, welche bei der entsprechenden Ermittelung f\u00fcr die Muskeln aufgestellt wurden (S. oben S. 76). Wir lassen einen fremden Strom durch den Nerven hindurchgehen und beobachten, ob er best\u00e4ndig bleibt, w\u00e4hrend der Nerv tetanisirt wird. Der Widerstand der Kette mufs dabei so klein als m\u00f6glich sein im Vergleich zum Widerstande des thierischen Erregers. Hingegen mufs ihre elektromotorische Kraft so grofs als m\u00f6glich sein im Vergleich zu der Ver\u00e4nderung der elektromotorischen Kr\u00e4fte des Nerven bei der Innervation, auf welche die negative Schwankung seines Stromes gleichfalls gedeutet","page":444},{"file":"p0445.txt","language":"de","ocr_de":"der Nerven beruht nicht auf Vermehrung ihres Widerstandes, 445\nwerden k\u00f6nnte, damit wir n\u00e4mlich zur Sicherheit gelangen, dafs eine beobachtete Wirkung einer Ver\u00e4nderung des Widerstandes, nicht aber der elektromotorischen Kraft zuzuschreiben sei.\nBeide Bedingungen sind hier noch leichter zu erf\u00fcllen, als hei den Muskeln, wegen des gr\u00f6fseren Widerstandes der Nerven und der absoluten Kleinheit der Ver\u00e4nderung des Nervenstromes beim Tetanisiren. Wir k\u00f6nnen somit, mit allem Vortheil, die f\u00fcr die Muskeln eingeschlagene Versuchsweise hieher \u00fcbertragen. Sie bestand, wie man sich erinnert, darin, dafs die thierischen Theile angebracht wurden gleichsam als por\u00f6ser Zwischenleiter einer Kette von best\u00e4ndiger Kraft nach dem Vorbilde der GRovE\u2019schen, welche f\u00fcr unseren Zweck eine hinreichende elektromotorische Kraft darbietet. Dadurch wird erreicht, dafs der Widerstand des \u00fcbrigen Kreises gegen den jener Theile m\u00f6glichst klein ausf\u00e4llt und dafs zugleich die Ladungen aus dem Spiel gebracht sind. Wie bei den Muskeln, werden wir auch hier, statt blos einen, zwei Nerven zugleich in den Kreis nehmen, und zwar in entgegengesetzter Richtung, so dafs der Widerstand verdoppelt ist, die elektromotorischen Kr\u00e4fte aber, mit denen sie etwa im Kreise wirken k\u00f6nnten, einander aufheben m\u00fcssen. Die beiden Enden der Nerven, welche erregt werden sollen, werden auch hier, wie bei dem entsprechenden Versuch f\u00fcr die Muskeln, zusammengeflochten \u00fcber die Platinenden der stromzuf\u00fchrenden Vorrichtung gebreitet. Um aber ihre beiden anderen Enden beziehlich mit den beiden Fl\u00fcssigkeiten der Kette von best\u00e4ndiger Kraft in Verbindung bringen zu k\u00f6nnen, und um gleichzeitig ein Mittel zu erwerben, woran zu erkennen sei, dafs in den Nerven der Bewegung vermittelnde Vorgang wirklich stattfinde, ist die Anordnung getroffen worden, von der Fig. 122. Taf. IV. ein Bild giebt.\nBekanntlich spaltet sich der Stamm des N. ischiadicus des Frosches oberhalb der Kniekehle in zw'ei Aeste, den R. peronaeus und den R. tibialis. 1 Der letztere versieht den Gastroknemius, der erstere begiebt sich zu anderen Theilen des Unterschenkels. Ich richtete nun zwei strompr\u00fcfende Schenkel so zu, dafs die Gastroknemien mit denselben nur noch durch den Tibialis zusammenhingen. W\u00e4hrend die Hirnenden beider Ischiadnerven auf den stromzuf\u00fchrenden Platinenden zusammengeflochten auflagen, liefs ich den Stamm derselben mit den Gastroknemien auf einer vollkommen trocknen Glasplatte ruhen, welche zwischen dem Gefafs mit Salpeters\u00e4ure und dem mit verd\u00fcnnter Schwefels\u00e4ure in der H\u00f6he ihrer R\u00e4nder aufgestellt war. Die Unterschenkel tauchte\n1 Vergl. van Deen, Anatomische Beschreibung eines monstr\u00f6sen, seehsf\u00fcfsigen Wasserfrosches. Leiden 1838, 4\u00b0.* \u2014 S. auch unten, \u00a7. vu. 6.","page":445},{"file":"p0446.txt","language":"de","ocr_de":"446 3. Absuhn. Kap. VII. \u00a7. IV. 5. Die Stromabnahme lehn Tetanxsiren\nich beziehlich in das eine und in das andere Gef\u00e4fs, um als Zuleiter des Stromes zu dienen. Die Gef\u00e4fse mit ihren Fl\u00fcssigkeiten und die Erregerplatten waren die n\u00e4mlichen, welche bei den Muskeln angewendet wurden (S. oben S. 77. Taf. I. Fig. 88). Der Museumsmultiplicator fand sich auch hier zwischen ihnen eingeschaltet, aber wegen des grofsen Widerstandes der Nerven zeigte sich seine ganze L\u00e4nge erforderlich, da bei den Muskeln die halbe gen\u00fcgt hatte, und der MELLONi\u2019sche Berichtigungsstab ruufste um so viel entfernt werden, dafs das schwere rhombische Nadelspiel etwa 14\" schlug. Alsdann hielt die GitovE\u2019sche Kette dasselbe auf etwa 45\u00b0 best\u00e4ndiger Ablenkung. Wurde das Unterbrechungsrad in dem prim\u00e4ren Kreise der Inductionsvorrichtung gedreht, deren secund\u00e4re Rolle mit den strorazuf\u00fchrenden Platinblechen in Verbindung stand, so geriethen die Gastroknemien in Tetanus, zum Zeichen, dafs auf der ganzen Nervenstrecke zwischen beiden Gef\u00e4fsen, die, bei den Mafsen der Glasplatte, nicht unter 70mm betragen konnte, der Bewegung vermittelnde Vorgang dauernd herrschte. Den Nerven\u00e4sten, an denen die Gastroknemien hingen, war eine geschl\u00e4ngelte Lage gegeben, damit die Muskeln, hei ihrer Zusammenziehung, nicht an den St\u00e4mmen zerren m\u00f6chten. Die beiden anderen Aeste, durch welche die St\u00e4mme mit den Unterschenkeln in Verbindung waren, wurden vor ihrer Einsenkung in die Muskeln durchschnitten, damit in den Gef\u00e4fsen keine Bewegung entst\u00e4nde, \u00fcbrigens eine unn\u00f6thige Vorsicht, da die thierischen Theile durch die Wirkung der S\u00e4uren sofort ihre Leistungsf\u00e4higkeit einb\u00fcfsten. Damit die S\u00e4uren nicht etwa, durch Haarr\u00f6hrchenanziehung zwischen die Glasplatte und die aufliegenden Nervenst\u00e4mme emporgehoben, ihre verderbliche Wirkung auch auf diese letzteren selber ausdehnen m\u00f6chten, war der in der Figur bemerkbare Zwischenraum gelassen zwischen dem Rande der Glasplatte und dem der Gef\u00e4fse.\nDer Erfolg des Versuches war so gut wie v\u00f6llig nichtig. In der Mehrzahl der F\u00e4lle blieb die Nadel durchaus unbewegt. In einigen fand zwar eine Spur von Bewegung bald in der einen, bald in der anderen Richtung statt, allein es war offenbar nichts darauf zu geben, um so weniger, als eine solche Wirkung leicht erkl\u00e4rt werden konnte durch eine nicht vollkommene Ausschliefsung des Stromes der Gastroknemien aus dem Multiplicatorkreise, wie sie die Folge sein mochte einer nicht hinl\u00e4nglichen Trockenheit der Glasplatte.\nWir schliefsen somit, dafs innerhalb der uns verstatteten Grenzen der Genauigkeit, welche hier keinesweges sehr zu unserem Nachtheil gezogen sind, der eigenth\u00fcmliche Widerstand der Nerven w\u00e4hrend des Bewegung vermittelnden Vorganges best\u00e4ndig bleibe, und dafs es sich folglich, bei der negativen Stromesschwankung des tetanisirten Nerven,","page":446},{"file":"p0447.txt","language":"de","ocr_de":"der Nerven beruht nicht auf Vermehrung ihres Widerstandes. 447\nwirklich um eine Verminderung seiner nach Aufsen gerichteten elektromotorischen Kr\u00e4fte handle.\nIst durch dieses Ergebnifs nun auch die Bedeutung unseres Fundes gesichert, so ist derselbe, nach den Er\u00f6rterungen, zu denen uns das Gleiche f\u00fcr die Muskeln Anlafs gab, doch noch nicht aller Zweideutigkeit entr\u00fcckt. Denn man erinnert sich, dafs eine negative Bewegung der Multiplicatornadel, auch wenn ihr Ursprung aus einer Verminderung der elektromotorischen Kr\u00e4fte festgestellt ist, darum noch immer der Ausdruck sehr verschiedenartiger Vorg\u00e4nge sein kann (Vgl. oben S. 90. 142). Sie kann ihren Grund haben in einer geringen, aber stetigen Ver\u00e4nderung der Ordinaten der Curve der Stromst\u00e4rken bezogen auf die Zeit als Abscisse, und ebenso kann sie auch herr\u00fchren von zahlreichen, mehr oder weniger dicht gedr\u00e4ngten und mehr oder weniger grofsen Ver\u00e4nderungen jener Ordinaten, welche nur von kurzer Dauer sind, und zwischen denen die Curve ihre gew\u00f6hnliche H\u00f6he auf Augenblicke wieder erlangt. Die Nadel vermag diese beiden F\u00e4lle nicht zu unterscheiden, wofern nur in beiden die Fl\u00e4chenr\u00e4ume gleich sind, welche die unver\u00e4nderte Curve und die beiden ver\u00e4nderten Curvcn zwischen sich begreifen. Dies ist also eine Frage, die hier noch zu erledigen w\u00e4re, ob die negative Schwankung des Nervenstromes beim Tetanisiren auf elektrischem Wege eine stetige, oder ob sie eine dis-continuirliche sei.\nAus Gr\u00fcnden, welche in der Folge einleuchten werden, lassen wir dieselbe indefs vor der Hand auf sich beruhen und wenden uns erst der L\u00f6sung einiger anderen Aufgaben zu.\n------------i\n\u00a7\u2022 v.\nVon dem Einfl\u00fcsse verschiedener Umst\u00e4nde auf die G\u2019r\u00f6fse der negativen Stromesschwankling beim Tetanisiren der Nerven mit abwechselnden Str\u00f6men.\nDie Gr\u00f6fse der negativen Stromesschwankung beim Tetanisiren der Nerven unter verschiedenen Bedingungen zu vergleichen, ist ungleich schwieriger, als dieselbe Pr\u00fcfung f\u00fcr den elektrotonischcn Zustand anzustellen. Hier besafseh wir den \u00e4ufserst zweckdienlichen Kunstgriff, eine Bedingung, deren Einflufs erforscht werden sollte, pl\u00f6tzlich eiuzuf\u00fchren, w\u00e4hrend die Nadel durch den einen oder den anderen Zuwachs im Verein mit dem urspr\u00fcnglichen Strom in best\u00e4ndiger Ablenkung gehalten","page":447},{"file":"p0448.txt","language":"de","ocr_de":"448 3. Abschn. Kap. VII. \u00a7. V. Wie der Einflufs eines Umstands auf d. Gr\u00fcfse\nwurde (S. oben S. 333). Beim Tetanisiren f\u00e4llt dieser Kunstgriff fort, weil die Wirkung leicht fast uiimerklich wird, che die Nadel zur Ruhe kommen kann. Schon bei dem Tetanisiren der Muskeln erfuhren wir denselben Uebelstand (S. oben S. 62). An das Verfahren der Compensation ist nat\u00fcrlich hier noch viel weniger zu denken als bei dem elek-trotonischen Zustande (S. oben S. 332).\nAn die Stelle jenes Kunstgriffes kann hier das folgende Verfahren treten. Man tetanisirt auf die eine der beiden Weisen, deren Wirksamkeit gegeneinander erprobt werden soll, und nimmt den Augenblick wahr, wo die Nadel im Begriff ist, aus dem R\u00fcckschwung in den Vorschwung wieder \u00fcberzugehen, wo sie also gerade so gut wie unbeweglich verharrt. In diesem Augenblicke mufs man, mit den beiden zu vergleichenden Bedingungen, rasch abwechseln k\u00f6nnen. Ist die nachfolgende Art zu tetanisiren die g\u00fcnstigere, so wird die Nadel aus ihrer augenblicklichen Gleichgewichtslage noch weiter im Sinne der Ladungen fortschreiten. Ist sie die weniger g\u00fcnstige, so wird ihre Wiederkehr beschleunigt erscheinen. Das letztere Merkmal ist begreiflich nur ein unsicheres. Man mufs daher in einem Versuch mit der einen, im anderen Versuch mit der anderen Art des Tetanisirens den Anfang machen, bis man zu der Gewifsbeit gelangt ist, dafs das Uebergehen von der einen zur anderen stets Beschleunigung der Wiederkehr der Nadel, das Uebergehen von der letzteren zur ersteren dagegen stets eine erneute Bewegung iin Sinne der Ladungen zur Folge hat.\nSollte sich diese Versuchsweise nicht anwendbar zeigen, z. B. ein hinreichend schneller Wechsel mit den zu vergleichenden Bedingungen nicht ausf\u00fchrbar sein, so bleibt nichts \u00fcbrig, als einfach die negativen Ausschl\u00e4ge der Gr\u00f6fse nach zu vergleichen, die man nacheinander beim Tetanisiren unter verschiedenen Umst\u00e4nden erh\u00e4lt. Ein solcher Vergleich ist begreiflich nur dann zul\u00e4ssig, wenn die beiden Ausschl\u00e4ge von einer und derselben Gleichgewichtslage der Nadel ihren Anfang nehmen , es sei denn, dafs der Unterschied ein ganz in die Augen fallender ist. In beiden zu vergleichenden F\u00e4llen mufs das Rad gedreht werden, bis sich die Nadel zur Wiederkehr anschickt. Am zweckm\u00e4fsigsten ist jedoch bei diesem Verfahren, den Zeitpunkt abzuwarten oder auch durch \u00f6ftere Wiederholung des Versuches schneller herbeizuf\u00fchren, wo von den beiden zu vergleichenden Arten des Tetanisirens die minder g\u00fcnstige gar keine Wirkung mehr oder nur noch eine eben merkliche hervorbringt. Zeigt dann die durch die andere, g\u00fcnstigere Gestalt des Versuches bewirkte Nadelbewegung noch eine einigermafsen betr\u00e4chtliche Gr\u00f6fse, so tritt der Unterschied viel reiner an den Tag, als beim Vergleich zweier wirklicher Ausschl\u00e4ge.","page":448},{"file":"p0449.txt","language":"de","ocr_de":"der Abnahme des Nervenstr\u00f6mes beim Tetanisiren tu erforschen sei, 449\nUm, vor Ersch\u00f6pfung der Leistungsf\u00e4higkeit des Nerven, m\u00f6glichst oft mit beiden in Vergleich zu bringenden Bedingungen abwechseln zu k\u00f6nnen, ist es r\u00fcthlich, sich bei diesen Versuchen zum Tetanisiren nur ganz schwacher Str\u00f6me zu bedienen. Ferner wird es nicht selten noth-wendig, die Inductionsvorrichtung mit dem PoGGERDORFF\u2019schen Inversor zu vertauschen.\nDies ist der Fall erstens, wenn die Gr\u00f6fse der negativen Stromesschwankung beim Tetanisiren verglichen werden soll mit der Gr\u00f6fse der negativen Phase des elektrotonischen Zustandes, welcher durch einen Strom von gleicher St\u00e4rke mit dem tetanisirenden selbst erzeugt wird, da es n\u00e4mlich unm\u00f6glich ist, den Inductionsstr\u00f6men eine gleiche St\u00e4rke mit einem beliebigen stetigen Strome zu ertheilen. (S. oben. S. 441.)\nF\u00fcrs zweite tritt jene Nothwendigkeit ein, wenn man St\u00f6rungen der Erfolge zu besorgen hat seitens der Wirkungen, auf denen die unipolaren Inductionszuckungen beruhen (S. oben Bd. I. S. 423. Bd. II. S. 407). Ich wiederhole es: wenn nicht der gesammte secund\u00e4re Inductionskreis, die stromzuf\u00fchrende Vorrichtung, die Zuleitungsgef\u00e4fse und der Multiplicator selbst auf\u2019s vollkommenste isolirt sind, was begreiflich nicht leicht zu verwirklichen ist, so fliefst fortw\u00e4hrend, je nach der Richtung des tetanisirenden Stromes, bald positive, bald negative Elektricit\u00e4t durch die Strecke zwischen den Blechen und B\u00e4uschen, durch letztere und schliefslich die \u00fcbrigen Theile der Vorrichtung in den Boden ab. Auf die Nadel zwar bleibt diese Elektricit\u00e4t wirkungslos, aber sie verfehlt nicht, den Nerven schwach zu tetanisiren, und kann daher Wirksamkeit einer Anordnung vorspiegeln, die sich sonst als unwirksam erwiesen haben w\u00fcrde, oder die'Wirksamkeit, die sie gehabt h\u00e4tte, erh\u00f6ht erscheinen lassen. So z. B. hebt aus diesem Grunde die Unterbindung oder Durchschneidung des Nerven zwischen den-Blechen und B\u00e4uschen die negative Stromesschwankung bei Anwendung von Inductionsstr\u00f6men zum Tetanisiren nicht v\u00f6llig auf. Dasselbe haben wir schon beim Tetanisiren der Muskeln erfahren (S. oben S. 52. 352) und deshalb wurde oben S. 431 gerathen, bei dem Versuch \u00fcber die Wirkung des Unterbindens und Durchschneidens die Inductionsvorrichtung durch die Kette nebst dem Inversor zu ersetzen.\nWie der praktische Uebelstand am besten zu vermeiden sei, der beim Tetanisiren mittelst des Inversors daraus entspringt, dafs man zu Ende des Drehens auf Holz stehen bleiben und auch von demselben seinen Ausgang nehmen mufs, ist oben S. 391. 424. 425 bereits besprochen worden.\nEs wird nicht unn\u00fctz sein, indem wir die Abh\u00e4ngigkeit der Gr\u00f6fse der negativen Stromesschwankung von mancherlei Umst\u00e4nden untersu-II.\t29","page":449},{"file":"p0450.txt","language":"de","ocr_de":"450\t3. Jbschn. Kap. VII. \u00a7. V. 1. Von dem Einfl\u00fcsse der Si\u00e4rhe\nchen, dabei vergleichende R\u00fccksicht zu nehmen auf die Abh\u00e4ngigkeit auch der Gr\u00f6fse des Zuwachses von denselben Umst\u00e4nden, insofern entsprechende Beobachtungen vorhanden sind. Um so passender wird dies sein, als mehrentheils die besonderen Versuchsweisen, die wir bei jedem Umstand in Anwendung bringen, ohne Weiteres der entsprechenden Untersuchung f\u00fcr den Zuwachs im zweiten Paragraphen dieses Kapitels entlehnt sein werden. Wir werden dabei Gelegenheit haben, vollends jeden Zweifel daran zu vernichten, dafs die negative Schwankung beim Tetanisiren mit abwechselnden Str\u00f6men dem elektrotonischen Zustande gegen\u00fcber eine selbst\u00e4ndige Bewegungserscheinung des Nervenstromes sei (S. oben S. 434. 435). Aus diesem Grunde befolgen wir in Nachstehendem, so weit es sich thun l\u00e4fst, der besseren Uebersicht halber dieselbe Reihenfolge , wie sie sich uns beim elektrotonischen Zustand an die Hand gegeben hat.\nI. Von dem Einfl\u00fcsse der St\u00e4rke des erregenden Stromes auf die Gr\u00f6fse der negativen Strotnesschwankung beim Tetanisiren\nder Nerven.\nWir hatten uns demnach zuerst zu erkundigen, wie sich die Gr\u00f6fse der negativen Stromesschwankung beim Tetanisiren ver\u00e4ndere mit der St\u00e4rke des erregenden Stromes, oder vielmehr mit seiner Dichtigkeit in der erregten Strecke. Da aber die negative Stromesschwankung, gleich dem Bewegung vermittelnden Vorg\u00e4nge in den Nerven, nicht die Folge ist des Stromes in stetiger Gr\u00f6fse, sondern die seiner Ver\u00e4nderungen in der Zeit (S. oben Bd. I. S. 258. Bd. II. S. 391. 397), so versteht es sich von selbst, dafs die Stromdichte auf die Gr\u00f6fse jener Schwankung nur insofern Einflufs haben kann, als mit der Stromdichte auch das bestimmte Integral ij (S. oben Bd. I. a. a. 0.) gleichsinnigen Ver\u00e4nderungen seines Werthes ausgesetzt ist. So hat man es also aufzufassen, wenn im Folgenden die Rede ist von einer Abh\u00e4ngigkeit der Gr\u00f6fse der negativen Stromesschwankung von der Stromdichte.\nWie zu erwarten war, findet zwischen beiden ein gerades Ver-b\u00e4ltnifs statt. Dies ist indefs hier, wenn nicht der Unterschied der Stromst\u00e4rken ein ganz ausnehmender ist, nicht so leicht nachzuweisen als f\u00fcr den Zuwachs im elektrotonischen Zustande, der einem \u00e4hnlichen Gesetze folgt (S. oben S. 299. 334. 416). Es gelingt nicht, bei allm\u00e4liger Abstufung der Stromst\u00e4rke auch die Gr\u00f6fse der Schwankung sich allm\u00e4lig ver\u00e4ndern zu sehen, sondern man mufs sich damit begn\u00fcgen, die Wirkungen zweier sehr von einander verschiedener Stromst\u00e4rken zu vergleichen entweder auf die eine oder auf die andere","page":450},{"file":"p0451.txt","language":"de","ocr_de":"des letaritsirenden Stromes auf die der negativen Stromesschmankung. 451\nder beiden oben angegebenen Verfahrungsarten, welche hier beide gleich zul\u00e4ssig sind.\nDer Gebrauch der Inductionsvorrichtung bietet bei dieser Gelegenheit keine [Jebeist\u00e4nde dar. Will man die erstbeschriebene Versuchsweise an wenden, so tetanisirt man zuerst bei leerer Rolle, und l\u00e4fst in dem Augenblicke, wo die Nadel im Begriff steht, wiederzukehren, durch einen Geholfen ein Drahtb\u00fcndel in die Rolle schieben. Wendet man einen Magnetelektromotor nach meiner Angabe (S. oben S. 393. Anm.) zum Tetanisiren an, so kann man statt dessen auch die indu-cirte Rolle der inducirenden auf ihrem Schlitten pl\u00f6tzlich nahe r\u00fccken lassen. Man sieht alsdann, gleichsam auf dem Gipfel des ersten, einen zweiten kleineren Ausschlag in dem Sinne der Ladungen erfolgen. Bei dem anderen Verfahren l\u00e4fst man die beiden verschiedenen Stromst\u00e4rken abwechselnd auf den Nerven einwirken, bis die kleinere keine Bewegung der Nadel mehr zur Folge hat. Alsdann bringt die gr\u00f6fsere noch eine merkliche Schwankung hervor.\nUm zu zeigen, dafs es auch hier die Dichtigkeit des Stromes ist, nicht seine St\u00e4rke unmittelbar, auf welche es ankommt, kann man zu Werke gehen, wie oben S. 334 f\u00fcr den elektrotonischen Zustand. Man l\u00e4fst n\u00e4mlich die erregende Stromesquelle selber unver\u00e4ndert, bringt aber daf\u00fcr eine Nebcnschliefsung von der einen zur anderen Elektrode an, z. B. einen mit Eiweifs getr\u00e4nkten vieldoppelten Fliefspapierbausch. Es ist jedoch dabei rathsam, die Inductionsvorrichtung mit dem Inversor zu vertauschen, weil sich die Dichtigkeitsverminderung jetzt nicht mehr, wie beim Schw\u00e4chen der Stromesquelle selber, auch auf die unipolaren Wirkungen erstreckt. Zweckm\u00e4fsig ist es ferner, aufser der Kette selber, einen gegen den des Nerven in Betracht kommenden Widerstand einzuschalten, damit die Ver\u00e4nderung der Dichtigkeit eine gr\u00f6fsere werde. Eine bequeme Art, einen solchen Widerstand herzustellen, besteht in der Einschaltung einer voltameter\u00e4hnlichen Vorrichtung mit Zinkelektroden in Brennspiritus, wie sie oben S. 339 bereits empfohlen wurde, jedoch ohne das heberf\u00f6rmige Rohr. Bei Anstellung desselben Versuches f\u00fcr den elektrotonischen Zustand bedurften wir dieser Vorkehrung nicht, weil wir erw\u00e4hntermafsen dabei eine viel g\u00fcnstigere Beobachtungsweise in dem Verfahren besafsen, die Nebenschliefsung pl\u00f6tzlich anzubringen, w\u00e4hrend der eine oder der andere Zuwachs im Verein mit dem urspr\u00fcnglichen Strome die Nadel in best\u00e4ndiger Ablenkung hielt (S. oben S. 447). Es giebt aber daf\u00fcr noch einen anderen, etwas tiefer liegenden Grund.\nGehen wir n\u00e4mlich jetzt darauf aus, die negative Stromessehwan-kung beim Tetanisiren mit dem Zuwachs im elektrotonischen Zustande\n29 *","page":451},{"file":"p0452.txt","language":"de","ocr_de":"452\t3. Jbschn. Kap. VII. \u00a7\u25a0 V. 1. Von dem Einfl\u00fcsse der St\u00e4rke\nhinsichtlich ihrer Abh\u00e4ngigkeit von der Stroinesdichtigkeit etwas genauer zu vergleichen. Die Gr\u00f6fse beider w\u00e4chst ebenm\u00e4fsig mit dieser Dichtigkeit; es ist aber sichtlich nicht nur die M\u00f6glichkeit vorhanden , sondern auch im h\u00f6chsten Grade wahrscheinlich, dafs das Gesetz dieser sonst \u00fcbereinstimmenden Abh\u00e4ngigkeit ein verschiedenes sei. Wirklich f\u00e4llt es nun zun\u00e4chst ganz entschieden in die Augen, wenn man mit steigenden Stromdichten durch den PoGGENDORFF\u2019schen Inversor abwechselnd tetanisirt und s\u00e4ulenartig polarisirt, dafs die negative Stromesschwankung viel langsamer mit der Dichtigkeit w\u00e4chst, als der Zuwachs im elektrotonischen Zustande. Dies hilft also zur Erkl\u00e4rung, weshalb sich die hier besprochene Abh\u00e4ngigkeit minder leicht wahrnehmen lasse, als die des Zuwachses von dem gleichen Umstande.\nZu einer sehr lehrreichen Wahrnehmung giebt nun aber Gelegenheit die Verfolgung desselben Bezuges nach der entgegengesetzten Richtung, bei immer weiterer Schw\u00e4chung n\u00e4mlich des erregenden Stromes. Beobachtet man abwechselnd bald die negative Stromesschwankung beim Tetanisiren mittelst des Inversors und eines Stromes von mittlerer St\u00e4rke (S. oben S. 299), bald den Ausschlag in gleichem Sinne, den derselbe Strom bewirkt beim Eintritt der negativen Phase des elektrotonischen Zustandes, so zeigt sich, dafs der letztere ungleich gr\u00f6fser ausf\u00e4llt. Bei steigender Stromst\u00e4rke wird dieser Unterschied noch bedeutender. Hingegen wenn man den erregenden Strom durch Einschaltung eines Spiritusvoltaraeters in angemessener Weise schw\u00e4cht, so findet man, dafs ein Punkt kommt, wo die negative Schwankung jenem Ausschlage an Gr\u00f6fse nicht etwa blos gleich, sondern merklich \u00fcberlegen ist.\nMan denke sich die Stromdichte als Abscissenaxe OJ, Fig. 123. Taf. IV. Tragen wir auf jeden Punkt derselben die zugeh\u00f6rige urspr\u00fcngliche Stromst\u00e4rke als Ordinate auf, so entsteht, weil dieselbe von der Stromdichte unabh\u00e4ngig ist, eine der Abscissenaxe parallele Gerade, etwa y0 y, deren wir uns als neuer Abscissenaxe bedienen wollen. Tragen wir beziehlich oberhalb und unterhalb dieser neuen Axe als Ordinaten die entsprechenden Gr\u00f6fsen des positiven und negativen Zuwachses hei stetigem Strome auf, so entstehen die beiden Geraden y6 [+ 2], y6\u00df [\u2014 2], weil innerhalb der Grenzen der Stromdichte, bei der sich dergleichen Versuche anstellen lassen, die Curve der Gr\u00f6fse des Zuwachses bezogen auf die Stromdichte zur Gleichung hat 2 = aJ (S. oben S. 418). Die geringe Ueberlegenheit des positiven Zuwachses \u00fcber den negativen k\u00f6nnen wir hier, wie fast \u00fcberall, vernachl\u00e4ssigen. Tragen wir ferner unterhalb derselben Axe noch als Ordinaten auf die zugeh\u00f6rigen Gr\u00f6fsen der negativen Slromesschwankung, die derselbe erre-","page":452},{"file":"p0453.txt","language":"de","ocr_de":"des tetanisirenden Stromes auf die der negativen Stromesschivankung. 453\ngende Strom, in abwechselnder Richtung durch den Nerven gesandt, hei einer bestimmten Anzahl von Wechseln in der Zeiteinheit und einer bestimmten Art der Unterbrechung und Wiederherstellung hervorbringt. Es entsteht die Curve t0 o7. Wie man es sich zu denken habe, dafs die Ordinaten derselben dicht am neuen Nullpunkte ya mit einem endlichen Werthe beginnen, soll sp\u00e4ter erkl\u00e4rt werden. Hier handelt es sich nur um das Dasein eines Schneidepunktes o' der Curve der negativen Stromesschwankung mit der negativen Zuwachscurve y0 c[\u2014- 2] und um die Ueberlegenhcit der Ordinaten der ersteren \u00fcber die der letzteren zwischen jenem Schneidepunkt und der Anfangsordinate. Dies Verhalten ist so auffallend, dafs es schon wahrnehmbar wird, wenn man einfach abwechselnd den Ausschlag durch Tetanisiren und den durch die negative Phase bei kleinen Stromst\u00e4rken beobachtet. Allein noch deutlicher erhellt es aus folgenden Versuchen.\nEs herrsche die negative Phase, hervorgebracht durch einen Strom von mittlerer St\u00e4rke, und man gehe pl\u00f6tzlich, indem man das Rad zu drehen anf\u00e4ngt, aus jener Phase \u00fcber ins Tetanisiren mit abwechselnden Str\u00f6men. Alsdann erfolgt ein Ausschlag ira positiven Sinne. Er r\u00fchrt davon her, dafs man in der Figur \u00fcbergegangen ist z. B. von dem Unterschiede der Ordinaten y, J, und y, (\u2014 z,) = [( \u2014 2,) ^/,] zum Unterschiede der Ordinaten y, J, und y, t, = [f, Jf\\. Da aber [( \u2014 z,)\t< [t,\t, so ist\ndie Folge eine Vermehrung der Stromst\u00e4rke im Multiplicatorkreise. Jetzt schalte man in den erregenden Kreis ein Spiritusvoltameter ein, so dafs der Strom in diesem Kreise betr\u00e4chtlich geschw\u00e4cht wird, und wiederhole den n\u00e4mlichen Versuch. Es wird sich diesmal, statt der positiven, eine negative Schwankung einstellen. Man ist n\u00e4mlich in der Figur \u00fcbergegangen von dem Unterschiede [//\u201e Jn\\ \u2014\t2,/)] \u2014 [(\u2014 2,,)^/,,] zum\nUnterschiede [//\u201e\t\u2014 \\yn \u00a3\u201e] = [t\u201e J,f[. Da aber diesmal [(\u20142,,)^/,,] >\n[t\u201e J,,\\, findet ein Ausschlag statt im Sinne der Ladungen.\nMan richte ferner den Inversor so ein, dafs er nur unterbricht, nicht zugleich umkehrt, und gehe dem erregenden Strom in dem Nerven die positive Richtung. Aufserdem treffe man die oben S. 449 hezeichneten Vorkehrungen, um die erregende Kette mit Leichtigkeit zu schliefsen, erst nachdem man das Rad in Bewegung gesetzt hat, und sie zu \u00f6ffnen, w\u00e4hrend es noch gedreht wird. Verf\u00e4hrt man auf diese Weise bei mittlerer Stromst\u00e4rke, so erh\u00e4lt man, wie wir bereits wissen (S. oben S. 391. 392), einen positiven Ausschlag. Um das Zustandekommen desselben durch unsere Figur zu veranschaulichen, m\u00fcssen wir zun\u00e4chst die relative Wirkungsgr\u00f6fse des unterbrochenen positiven Zuwachses bezogen auf die Stroradichte darin gleichfalls durch eine Curve darstellen. Wir erhalten diese Curve, indem wir s\u00e4mmtliche Ordinaten","page":453},{"file":"p0454.txt","language":"de","ocr_de":"434\t3. Abschn. Kap. VU, \u00a7. V. 1. Von dem Einfl\u00fcsse der St\u00e4rke\nder Curve des positiven Zuwachses bei stetigem Strome, y0 ( -t- z), mul-tipliciren mit dem Verh\u00e4ltnifs n der Dauer der Schliefsung der Kette durch den Inversor zur Dauer der Schliefsung + der Oeffnung (S. oben S. 392 Anm.). Sei y0 (+nr) die Curve des unterbrochenen positiven Zuwachses. Ziehen wir die entsprechende Curve des unterbrochenen negativen Zuwachses, y0 tf, (\u2014 nz), so sieht man, dafs der Schneidepunkt o', derselben mit der der negativen Stromesschwankung beim Tetanisiren um so weiter hinausger\u00fcckt ist in der Richtung der steigenden Stromdichten, je kleiner der \u00e4chte Bruch n ist. Jener positive Ausschlag r\u00fchrt nun daher, dafs man in der Figur \u00fcbergegangen ist z. B. von der Ordinate y,At der urspr\u00fcnglichen Stromst\u00e4rke, welche vom Nullpunkt aus noch jenseits des neuen Schneidepunktes liegt, zur algebraischen Ordinatensurarae [y, A,\\ + [y, (+ \u00e2\u00ee,)] \u2014 [y, #,], wo das vorletzte positive Glied gr\u00f6fser ist als das letzte negative. Wiederholt man denselben Versuch bei geringer Stromdichte, so ist der Erfolg der umgekehrte, man erh\u00e4lt, durch Tetanisiren mit dem schwachen positiven Strome, negative Stromesschwankung. Man ist n\u00e4mlich \u00fcbergegangen von der Ordinate yn An, welche vom Nullpunkt aus noch diesseits des neuen Schneidepunktes liegt, zur algebraischen Ordinatensumine [y\u201e -F [y\u201e (+?!?\u201e)] \u2014 \\y,,tn], wo aber diesmal das vorletzte positive Glied kleiner ist als das letzte negative.\nAufser der Verkleinerung des Bruches n giebt es noch ein anderes Mittel, den Schneidepunkt der negativen Zuwachscurve und der Curve der negativen Stroraesschwankung weiter vom Nullpunkt abzur\u00fccken. Es besteht darin, die Zahl der Unterbrechungen des Stromes zu erh\u00f6hen, die in der Zeiteinheit stattfinden, wie auch die Art der Schliefsung und Oeffnung auf eine f\u00fcr die Erregung des Nerven g\u00fcnstigere Weise zu bewerkstelligen, d. h. also die Ordinaten der Curve der negativen Schwankung um eine proportionale Gr\u00f6fsc zu erh\u00f6hen, anstatt die der Zuwachscurve um eine solche Gr\u00f6fsc zu verkleinern. Durch diese Betrachtung ist der Zusammenhang unserer jetzigen Versuche mit denjenigen hergestellt, welche uns im Beginne des vorigen Paragraphen aufmerksam machten auf das Dasein der negativen Stromesschwankung (S. oben S. 396). Hier fanden wir, dafs ein h\u00e4u\u00dfg unterbrochener positiver Strom, bei Ableitung des urspr\u00fcnglichen Stromes von L\u00e4ngsund Querschnitt, nicht selten statt positiven Zuwachses eine negative Schwankung gab, oder wenigstens eine weit kleinere positive Wirkung, als die negative Wirkung desselben Stromes war. Bei Ableitung von elektromotorisch entsprechenden Punkten des L\u00e4ngsschnittes hingegen verschwand diese St\u00f6rung in der Erscheinung des unterbrochenen Zuwachses. Jetzt sieht man, dafs diese Versuchsweise nur als ein beson-","page":454},{"file":"p0455.txt","language":"de","ocr_de":"des tetanisirenclen Stromes auf die der negativen Stromesschwanlcung. 455\nderer Fall erscheint des letzten von uns angestellten Versuches, wobei aber der Schneidepunkt cf, \u00fcber die Grenze der angewendeten Stromdichte hinausger\u00fcckt ist verm\u00f6ge der Zahl und der Art und Weise der Unterbrechungen, wie auch des daraus hervorgehenden endlichen Wer-thes des Bruches n. Dabei ist jedoch nicht zu vergessen, dafs dort noch etwas Anderes im Spiele war. Weil n\u00e4mlich der erregende Kreis, wegen der besonderen Bedingungen des Versuches, \u00fcber die Dauer des erregenden Stromes geschlossen blieb, entwickelte sich in den stromlosen Zwischenr\u00e4umen ein umgekehrter Zuwachs in Folge der Ladungen, denen Raum zur Abgleichung gegeben war. Dieser Umstand beg\u00fcnstigte begreiflich das Ueberwiegen der negativen Schwankung \u00fcber den Zuwachs schon bei mittlerer Stromst\u00e4rke, insofern er auf die Wir-kungsgr\u00f6fse des letzteren gerade so einfliefsen mufste, wie eine unmittelbar herbeigef\u00fchrte Verkleinerung des Bruches n, aufserdem aber noch die Dauer der negativen Schwankung selber durch den schnellen Abfall der Gr\u00f6fse der Ladungen verl\u00e4ngert sein mochte (S. oben S. 410. 435).\nBei unserer jetzigen Versuchsweise, wobei wir uns des Inversors bedienen, kann keine Abgleichung der Ladungen in den vom urspr\u00fcnglichen Strome nicht eingenommenen Zeitr\u00e4umen mehr sich einmischen. Man sieht daher jetzt ferner, wie hier die Zusage ihre Erf\u00fcllung findet, die oben S. 435 gegeben wurde, wir sollten, im Verfolg unserer Forschungen \u00fcber die negative Stromesschwankung, noch auf mehrere Thalsachen stofsen, die eben so geeignet sein w\u00fcrden, als jene ersten Versuche es anfangs schienen, zur Widerlegung jeglichen Verdachtes, der dahin ziele, die negative Schwankung f\u00fcr unselbst\u00e4ndig dem elektroto-nischen Zustande gegen\u00fcber, f\u00fcr nichts als eine besondere Erscheinungsweise desselben auszugeben. Denn nicht nur sehen wir hier abermals, unter bedeutend ver\u00e4nderten Umst\u00e4nden, negative Schwankung als Folge des Tetanisirens mit positivem Strom auftreten, sondern es ist uns auch in der That gelungen, zu zeigen, dafs diese Schwankung gr\u00f6sser gemacht werden k\u00f6nne als der negative Zuwachs selber, durch Tetanisiren n\u00e4mlich aus der negativen Phase mit abwechselnden Str\u00f6men bei sehr geringer Stromdichte. Dieses letzteren Punktes bedurften wir aber, wie man sich erinnert, um zu beweisen, dafs die negative Schwankung sich nicht zuschreiben lasse einem Verlust an peripolar elektromotorischen Kr\u00e4ften, die dem Nerven w\u00e4hrend des elektrotonischen Zustandes entzogen und dipolar verwendet w\u00fcrden.\nAuf der verschiedenen Abh\u00e4ngigkeit der negativen Schwankung und des Zuwachses von der Stromdichte, wie sie hier von uns erkannt worden ist, beruht noch der Ausgang folgenden Versuches. Geht man n\u00e4mlich \u00fcber aus der stetigen negativen Phase ins Tetanisiren mit dem","page":455},{"file":"p0456.txt","language":"de","ocr_de":"456 Absehn. Kap. VII. \u00a7. V. 1. Von dem Einfl\u00fcsse der St\u00e4rke\nnegativen Strome, und hat dabei n, wie es in der Figur bei den Curve\u201c Vs\ty0 \u00b0/ (\u2014 nz) angenommen ist, einen der Einheit nahen\nWerth, so erh\u00e4lt man auch bei mittlerer Stromst\u00e4rke stets schon einen negativen Ausschlag. Denn man geht \u00fcber von dem Unterschiede [y, 4,] \u2014 [y, ( */)] = [( \u2014 zt) A,\\ zur algebraischen Ordinaten-summe \\y,A,\\ \u2014 [y, ( \u2014 nz)} \u2014 [y, i,]; und es wird erst in sehr grofser Entfernung vom Nullpunkte, d. h. bei sehr grofscr Stromdichte, der Unterschied der Ordinaten der Curve des stetigen und des unterbrochenen Zuwachses [y, (\u2014 *,)] \u2014 [y, (-\u00ab:,)] > [y, t,} ausfallen. Anstatt aber die Stromdichte zu vergr\u00f6fsern, k\u00f6nnen wir, um den Unterschied sein Zeichen wechseln zu lassen und dadurch einen positiven statt eines negativen Ausschlages herbeizuf\u00fchren, n verkleinern, wozu oben S. 392 Anm. die Anleitung gegeben ist. Man sieht leicht, dafs, je kleiner wir n nehmen, um so mehr wird sich die Abscisse, jenseits welcher wir positiven statt negativen Ausschlag beim Uebergang aus der negativen Phase ins Tetanisiren mit negativem Strom erhalten, der Abscisse des Schneidepunktes o' n\u00e4hern. Sie w\u00fcrde sie erreichen f\u00fcr n \u2014 0, wo die Versuchsweise, ihrer Wirkung nach, zusammenfiele mit der ersten, bei der wir aus der negativen Phase \u00fcbergingen ins Tetanisiren mit abwechselnden Str\u00f6men. Denn alsdann f\u00e4llt die Curve des unterbrochenen negativen Zuwachses y0 ff, (\u2014 nz) zusammen mit der neuen Abscis-senaxe y0y, mit der auch, bei abwechselnden Str\u00f6men, gewissermafsen die Differenzencurve der einander aufhebenden positiven und negativen Zuwachse zusammenf\u00e4llt. Ich brauche kaum zu sagen, dafs der Versuch diese Voraussicht hinsichtlich des Erfolges der Verkleinerung des Bruches n vollst\u00e4ndig best\u00e4tigt.\nDie \u00fcbrigen hier m\u00f6glichen Combinationen, die man nun noch w\u00fcnschen k\u00f6nnte durchgef\u00fchrt zu sehen, geben zu keiner lehrreichen Wahrnehmung Gelegenheit. Beim Tetanisiren mit negativem Strome erh\u00e4lt man selbstredend hei allen Stromdichten negative Schwankung, ebenso beim Uehergange aus der stetigen positiven Phase ins Tetanisiren mit positivem Strome, mit abwechselnden Str\u00f6men, vollends mit negativem Strome. Nur beim Uehergange aus stetiger negativer Phase ins Tetanisiren mit positivem Strome k\u00f6nnte sich wieder, je nach den verschiedenen Werthen von n und A, ein verschiedener Erfolg kund geben. Je kleiner n\u00e4mlich n ist, bei um so gr\u00f6fserer Stromdichte unterhalb der dem Schneidepunkt ff entsprechenden kann ein negativer Ausschlag statt eines positiven beobachtet werden, wie dies leicht aus der Betrachtung der Figur sich ergiebt, in der man z. B. von dem Ordinatenunterschiede [y\u201e Jtf] \u2014\n[,lJn ( \u2014 %)] \u00fcbergeht zur algebraischen Summe [y\u201e A,fl\\ + [y\u201e (-f- \u00ab,,)J \u2014\two also, damit negative Wirkung eintrete, [y\u201e( \u2014 \u00bb\u201e)] -U","page":456},{"file":"p0457.txt","language":"de","ocr_de":"des letanisirenden Stromes auf die der negativen Stromesschvanhung. 457\n\\Dh ( +11 zn)] < [*/\u201e G/] sein mufs. F\u00fcr n\u20140 w\u00fcrde di\u00eb Abscisse, diesseits welcher negative Wirkung erfolgt, mit der Abscisse des Schneidepunktes o' zusammenfallen. Der negative Ausschlag ist jedoch noch nicht beobachtet.\nEs bleibt uns \u00fcbrig, uns \u00fcber einige Punkte hinsichtlich des Erfolges in den Grenzf\u00e4llen des Tetanisirens mit sehr starken und sehr schwachen Str\u00f6men zu unterrichten. Treibt mau die Stromdichte uu-m\u00e4fsig in die H\u00f6he, so nimmt zwar die negative Stromesschwankuug gleichfalls an Gr\u00f6fse zu, es kommt jedoch sehr bald eine Grenze, wo sich anderweitige Wirkungen in dieselbe einmischen. N\u00e4mlich man sieht zwar manchmal die Nadel einen betr\u00e4chtlichen R\u00fcckschwung vollziehen, allein sie kehrt nicht wieder, sondern das Tetanisiren mit allzustarken Str\u00f6men hat den urspr\u00fcnglichen Strom dauernd auf eine niedere Stufe gebracht. 1 Hat man jenseits der Elektroden dem mit seinem Hirnende die B\u00e4usche \u00fcberbr\u00fcckenden Nerven den strompr\u00fcfenden Schenkel gelassen, so' findet man, wenn man mit immer schw\u00e4cher werdenden Str\u00f6men tetanisirt, dafs zugleich mit dem Verschwinden der Zuckungen die negative Schwankung unmerklich wird. Man kann aber h\u00e4ufig, wenn jene bereits verstummt sind, von dieser noch eine leise Spur wahrnehmen.\n2. Von dem Einfl\u00fcsse der Dauer der zum Tetanisiren der Nerven angewandten abwechselnden Str\u00f6me auf die Gr\u00f6fse der negativen Stromesschwankung.\nDie Dauer der zum Tetanisiren angewandten Str\u00f6me, welche bei der Kette nebst dem Inversor durch den \u00e4chten Bruch n gemessen wird, hat im Vorherigen schon eine Rolle gespielt, aber nur insofern sie bei nicht abwechselnder Richtung der Str\u00f6me die Gr\u00f6fse des unterbrochenen Zuwachses bedingte, der sich in den Erfolg des Tetanisirens einmischte. Hier handelt es sich um den Einflufs der Dauer abwechselnder Str\u00f6me auf die Gr\u00f6fse der negativen Stromesschwankung selber.\nEs bietet sich dabei von Neuem eine entscheidende Versuchsweise an, um zu pr\u00fcfen, ob die negative Schwankung dem elektro-tonischen Zustande gegen\u00fcber als eine selbst\u00e4ndige Bewegungserscheinung des Nervenstromes zu betrachten sei oder nicht. Ist n\u00e4mlich das erstere der Fall, so darf sie ihrer Gr\u00f6fse nach von nichts abh\u00e4ngig sein, als von der Zahl der Stromwechsel in der Zeiteinheit und von der Art und Weise, wie die Scldiefsung und Ocflhung der Kette bewerkstelligt wird. Ihre Gr\u00f6fse mufs also best\u00e4ndig bleiben, gleichviel\nS. unten, \u00a7. vin.","page":457},{"file":"p0458.txt","language":"de","ocr_de":"458\t3. Jbschn. Kap. Vil. \u00a7. V. 2. Von dem Einfl\u00fcsse der Dauer\nwelche Breite und Stellung man den Federn an einem bestimmten In-versor innerhalb der oben S. 392 Anm. bezeichneten Grenzen gebe, d. h. gleichviel welchen Werth man dem Bruch n ertheile, so lange die Winkelgeschwindigkeit des Rades best\u00e4ndig bleibt. Hingegen w\u00e4re die negative Schwankung in irgend einer Art nur eine andere Erscheinungsweise 'der s\u00e4ulenartigen Polarisation, so sieht man, m\u00fcfste ihre Gr\u00f6fse in einem geraden Verh\u00e4ltnisse stehen zur Dauer der einzelnen Str\u00f6me des tetanisirenden Vorganges.\nDa die Ver\u00e4nderungen am Inversor nicht augenblicklich ausf\u00fchrbar sind, mufste die Beobachtung mit H\u00fclfe des zweiten in der Einleitung angegebenen Verfahrens angestellt werden, bis zur Ersch\u00f6pfung abwechselnd auf die eine und auf die andere der beiden zu vergleichenden Arten zu tetanisiren. Der Erfolg sprach durchaus f\u00fcr die erstere Annahme, die Selbst\u00e4ndigkeit n\u00e4mlich der negativen Stromesschwankung. Die Gr\u00f6fse derselben ist unabh\u00e4ngig von der Dauer der Str\u00f6me, bei gleicher Anzahl der Str\u00f6me in der Zeiteinheit, gleicher Dichtigkeit derselben und gleicher Art der Schliefsung und Oeffnung des Kreises. Hingegen mit der Winkelgeschwindigkeit des Rades w\u00e4chst diese Gr\u00f6fse.\nHier mag noch folgende Bemerkung einen Platz finden, welche sich auf die Wirkungsweise von Str\u00f6men bezieht, deren St\u00e4rke zugleich mit ihrer Dauer, aber in entgegengesetztem Sinne, ver\u00e4nderlich ist. Tetanisirte ich bei L\u00e4ngs- und Querschnitt mittelst einer Reihe abwechselnder Inductionsslr\u00f6me, von denen die Oeffnungsschl\u00e4ge den Schliessungsschl\u00e4gen an Dauer nachstehen, aber an St\u00e4rke \u00fcberlegen sind (S. oben S. 405. 414), so fand ich, dafs es sich f\u00fcr die Gr\u00f6fse der negativen Stromesschwankung nicht ganz gleich blieb, ob die Oeffnungs-str\u00f6me die positive, oder ob sie die negative Richtung zwischen den Blechen innehielten. In dem ersten Falle war die Gr\u00f6fse der Schwankung etwas betr\u00e4chtlicher, so dafs ich auf dem Gipfel des R\u00fcckschwunges der Nadel beim Tetanisiren mit negativ gerichteten Oeffnungsstr\u00f6men einen zweiten kleineren Ausschlag im Sinne der Ladungen erhielt, wenn ich die Wippe eines in den erregenden Kreis eingeschalteten Stromwenders zur positiven Richtung umlegte. Legte ich umgekehrt zur negativen Richtung um, so kehrte die Nadel mit beschleunigter Geschwindigkeit wieder, zum Beweise, dafs es sich nicht um eine einsinnige Ersch\u00f6pfung der Leistungsf\u00e4higkeit des Nerven handelte (S. oben Bd. I. S. 365 ff. Bd. II. S. 46. 291. 382. 413). Es war dabei gleichg\u00fcltig, ob das Hirn- oder ob das Muskelende auf den B\u00e4uschen auflag.\nMan k\u00f6nnte geneigt sein, diese Erscheinung dadurch zu erkl\u00e4ren, dafs man annimmt, es habe die s\u00e4ulenartig polarisirende Wirkung der Schliefsungsstr\u00f6me die Oberhand gehabt \u00fcber die der Oeffnungsstr\u00f6ine","page":458},{"file":"p0459.txt","language":"de","ocr_de":"der Stromeswechsel auf die Gr\u00f6fse der negativen Stromesschmankung, 459\n(S. oben S. 416). Es habe sich daher, bei positiver Richtung der letzteren, der negative Zuwachs durch die ersteren zur negativen Schwankung wegen Tetanisirens hinzugef\u00fcgt. Hingegen bei negativer Richtung der Oeffnungsstr\u00f6me habe sich der positive Zuwachs durch die Schliefsungsstr\u00f6me von jener Schwankung abgezogen. Ich w\u00fcrde keinen Anstand nehmen, dieser Vorsteilungsweise zu huldigen, wenn ich nicht noch mehreres dawider einzuwenden h\u00e4tte. Einmal ist die Erscheinung mit Str\u00f6men von so m\u00e4fsiger St\u00e4rke beobachtet, dafs die s\u00e4ulenartig polarisirenden Wirkungen der beiden Reihen von Schl\u00e4gen bei Ableitung von elektromotorisch entsprechenden Punkten des L\u00e4ngsschnittes sich noch v\u00f6llig die Wage hielten. Zweitens war die Erscheinung nicht best\u00e4ndig. Manchmal war der Unterschied grofs, andere Male unmerklich, ja in einzelnen F\u00e4llen kehrte derselbe sein Zeichen um. Ich bin daher nicht ganz sicher, ob dabei nicht irgend eine T\u00fccke seitens der Ladungen der Platinenden mit im Spiel gewesen sei.\n3. Von dem Einfl\u00fcsse der L\u00e4nge der erregten Strecke auf die Gr\u00f6fse der negativen Stromesschwankung beim Tetanisiren\nder Nerven.\nDas Verfahren, dessen man sich zu bedienen hat, um eine l\u00e4ngere Strecke des Nerven dem erregenden Strome auszusetzen, ohne zugleich die Dichtigkeit des letzteren zu ver\u00e4ndern, ist das n\u00e4mliche, welches oben S. 338 bei Gelegenheit der entsprechenden Untersuchung f\u00fcr den elektrotonischen Zustand beschrieben wurde. Der Gebrauch der Induc-tionsvorrichtung ist zu verwerfen. Um die Gr\u00f6fsen der negativen Stro-messchwankung bei l\u00e4ngerer und bei k\u00fcrzerer Strecke zu vergleichen, k\u00f6nnen die beiden in der Einleitung empfohlenen Versuchsweisen angewandt werden. Um, bei der ersten dieser Versuchsweisen, die Ueber-tragung der Schliefsung von der mittleren zu der von den B\u00e4uschen entferntesten Elektrode mit Leichtigkeit vollziehen zu k\u00f6nnen in dem Augenblicke, wo die Nadel ihren R\u00fcckschwung beendigt hat, verkn\u00fcpft man die Dr\u00e4hte, welche zu den Platinenden f\u00fchren, durch einen Stromwender mit der Kette dergestalt, dafs man durch blofses Umlegen der Wippe dem Strome nach Belieben die eine oder die andere Bahn anzuweisen im Stande ist. Die vorderste Elektrode wird unmittelbar mit dem einen Pol der Kette in Verbindung gesetzt. Beibehalten wir f\u00fcr die verschiedenen Gef\u00e4fse des Stromwenders die oben Bd. I. S. 426 eingef\u00fchrte Bezeichnungsweise, die ich jetzt noch nachtr\u00e4glich durch die Fig. 108. 111. Taf. III. erl\u00e4utere, so wird also ferner der andere Poldraht der Kette z. B. mit b verkn\u00fcpft, die beiden Dr\u00e4hte aber von der","page":459},{"file":"p0460.txt","language":"de","ocr_de":"460\t3. Abschn- Kap. VII. \u00a7. V. 3. Von dem Einfl\u00fcsse der L\u00e4nge\nmittleren und entferntesten Elektrode mit \u00df und B. Je nachdem man alsdann der Wippe die Lage I. (Fig. 108) oder die Lage II. (Fig. 111) ertheilt, wird dem Strome beziehlich die l\u00e4ngere und k\u00fcrzere Strecke ausgesetzt. In b wird, nachdem man begonnen hat das Rad zu drehen, mit einem verquickten Haken geschlossen, im richtigen Augenblicke die Wippe umgelegt, und nach angestellter Beobachtung vor Beendigung des Drehens der Haken wieder aus dem Quecksilber entfernt.\nStellt man den Versuch an, w\u00e4hrend das Hirnende des Nerven auf den B\u00e4uschen ruht, oder bei aufliegendem Muskelende, w\u00e4hrend das Hirnende noch mit dem R\u00fcckenmark jenseits des letzten der drei Platinbleche in Verbindung steht, so sieht man stets von der l\u00e4ngeren erregten Strecke aus die gr\u00f6fsere negative Schwankung erfolgen. Ist dagegen, bei letzterer Anordnung, das R\u00fcckenmark vom Nerven getrennt, so dafs man nur wie gew\u00f6hnlich einen Ischiadnerven mit seinem Muskelende \u00fcber die B\u00e4usche, mit seinem Hirnende \u00fcber die Platinbleche gebreitet hat, so giebt h\u00e4ufig das Tetanisiren von der k\u00fcrzeren Strecke aus den besseren Erfolg. Namentlich zeigt sich diese Abweichung bei Anwendung des Verfahrens, abwechselnd bis nahe zur Ersch\u00f6pfung von der k\u00fcrzeren und von der l\u00e4ngeren Strecke aus zu tetanisiren.\nDieser Umstand im Verein mit dem anderen, dafs bei Gegenwart des R\u00fcckenmarkes die l\u00e4ngere Strecke die gr\u00f6fsere negative Wirkung giebt, weist darauf hin, wie der Grund jener Unregelm\u00e4fsigkeit zu suchen sei in dem VALLi-RiTTEJt\u2019schen Gesetze der Reihenfolge des Absterbens der verschiedenen Punkte des Nerven vom Urspr\u00fcnge nach der Ausbreitung hin. Die unterhaltene Verbindung mit dem R\u00fcckenmarke verz\u00f6gert das Fortschreiten des \u00f6rtlichen Todes. Ist diese Deutung, wie dem kaum anders sein kann, die richtige, so w\u00fcrde dadurch zugleich der Beweis geliefert sein, dafs das VALu-RiTTEit\u2019sche Gesetz auch noch an ausgeschnittenen Nervenst\u00fccken seine G\u00fcltigkeit behalte (Vergl. oben S. 363). Ein bemerkenswerther Umstand ist der, dafs h\u00e4ufig beim Tetanisiren des noch mit dem R\u00fcckenmarke verbundenen Nerven die negative Schwankung \u00fcberhaupt sehr klein erscheint.\nVerl\u00e4ngert man die erregte Strecke, indem man die den B\u00e4uschen n\u00e4here Elektrode denselben noch n\u00e4her bringt, so erh\u00e4lt man unter allen Umst\u00e4nden st\u00e4rkere Wirkung. Beim elektrotonischen Zustande ist dieser Art, den Versuch anzustellen, deshalb gar nicht Erw\u00e4hnung geschehen, weil bei der Geschwindigkeit, womit von den Elektroden aus der Zuwachs abnimmt, ihr Ergebnifs ein v\u00f6llig zweideutiges geblieben sein w\u00fcrde. Auch hier wird sich zeigen, dafs ihr nur ein untergeordneter Werth zukommt, insofern die Gr\u00f6fse der negativen Stromesschwankung, obschon viel weniger als die des Zuwachses be-","page":460},{"file":"p0461.txt","language":"de","ocr_de":"der erregten Strecke auf die Gr\u00f6fse der negativen Slromesschvankung. 4\u00dfl\ndingt durch den Abstand der abgeleiteten von der erregten Strecke, doch nicht ganz unabh\u00e4ngig von diesem Abstand ist.\nIn F\u00e4llen, wo die negative Stromesschwankung von der l\u00e4ngeren erregten Strecke schw\u00e4cher ausfiel, habe ich gefunden, dafs gleichwohl der Zuwachs im elektrotonischen Zustande von der ersteren Strecke aus der st\u00e4rkere war. Es w\u00fcrde daraus zu entnehmen sein, dafs die Gr\u00f6fse der negativen Stromesschwankung, wie mit der Stromdichte, so auch mit der L\u00e4nge der erregten Strecke in langsamerem Mafse wachse als die des Zuwachses.\nVon einer ferneren Eigenth\u00fcmlichkeit, welche sich hier kund giebt, soll an einer sp\u00e4teren Stelle die Rede sein. 1\n4. Von der Erscheinungsweise der negativen Stromesschwankung bei gleichzeitiger Einwirkung zweier Str\u00f6me auf\nden Nerven.\nZu einer Zeit, wo ich die einfachen Beweise noch nicht gefunden hatte, die im Obigen f\u00fcr die Selbst\u00e4ndigkeit der negativen Stromesschwankung gegeben wurden und im Folgenden noch mit Verst\u00e4rkung wiederkehren werden, kam ich, um diesen Zweck zu erreichen, auf folgenden Gedanken.\nIch wollte, mit H\u00fclfe zweier Inversoren, auf einer und derselben Seite der abgeleiteten Strecke zwei Str\u00f6me gleichzeitig auf den Nerven einwirken lassen, wie wir dies f\u00fcr den elektrotonischen Zustand gethan haben, so zwar, dafs beim Drehen der beiden R\u00e4der mit gleicher Geschwindigkeit die Zuwachse von beiden erregten Strecken aus sich stets von einander abz\u00f6gen (S. oben S. 350). Ich muthmafste, dafs sich unter diesen Umst\u00e4nden die negativen Stromesschwankungen vielmehr summi-ren w\u00fcrden. So wollte ich bewirken, dafs die negative Stromesschwankung die negative Phase an Gr\u00f6fse \u00fcbertr\u00e4fe. Dies w\u00fcrde sich dadurch kund gegeben haben, dafs beim Tetanisiren mit abwechselnden Str\u00f6men an beiden Inversoren von der negativen Phase der n\u00e4heren erregten Strecke aus ein negativer Ausschlag erfolgt w\u00e4re.\nIch habe damals den Versuch wirklich angestellt, wobei mir ein zweiter Inversor diente, dessen Benutzung ich der G\u00fcte des sinnreichen Erfinders dieses in der thierischen Elektricit\u00e4t so unentbehrlichen Werkzeuges verdankte. Die Axen der beiden Inversoren wurden zusammengekuppelt, so dafs sie sich gleichzeitig drehen liefsen. Der Erfolg war indefs nicht g\u00fcnstig. Die Schw\u00e4chung des negativen Zuwachses von\n1 S. unten, \u00a7. ix.","page":461},{"file":"p0462.txt","language":"de","ocr_de":"462\t3. Abschn. Kap. VII. \u00a7. V. 4. Vom Tetanisiren der Nerven\nder n\u00e4heren erregten Strecke her durch den positiven Zuwachs von der entfernteren her ist n\u00e4mlich stets zu unbedeutend, um den Unterschied des negativen Zuwachses und der negativen Schwankung zu \u00fcberwiegen.\nUm jene Schw\u00e4chung hinl\u00e4nglich grofs zu machen, bed\u00fcrfte es so betr\u00e4chtlicher Stromeskr\u00e4fte, dafs die Leistungsf\u00e4higkeit des Nerven dar\u00fcber bald zu Grunde gehen w\u00fcrde, es sei denn, dafs man auch die Dichtigkeit in der n\u00e4heren Strecke angemessen abstufte. Ich habe mich seitdem nicht wieder in diesem Sinne bem\u00fcht, weil ich erw\u00e4hn-termafsen denselben Zweck inzwischen auf viel leichterem Wege erreicht hatte. Wollte man jenen Versuch zum Ziele f\u00fchren, so w\u00fcrde man sich jedoch auf alle F\u00e4lle einer so verwickelten Einrichtung, wie der Doppelinversor ist, entschlagen k\u00f6nnen. Es w\u00fcrde vielmehr ausreichend sein, wenn man den Nerven \u00fcber drei Platinbleche br\u00fcckte, das mittlere derselben mit dem einen, und die beiden \u00e4ufsersten mit dem anderen Ende einer Kette verb\u00e4nde. Die beiden Nervenstrecken zwischen dem mittleren und den beiden \u00e4ufsersten Blechen w\u00fcrden alsdann f\u00fcr jede Stromesrichtung stets im verschiedenen Sinne durchflossen, und die passende Abstufung der Stromdichten durch Einschalten von Widerst\u00e4nden zu erzielen sein.\n5.\tVon dem Einfl\u00fcsse des Winkels zwischen der Richtung des erregenden Stromes und der Axe der Primitivr\u00f6hren auf die\nGr\u00f6fse der negativen Stromesschwankung beim Tetanisiren.\nL\u00e4fst man mit H\u00fclfe der oben S. 357. 358 beschriebenen, Fig. 112 Taf. III. abgebildeten Vorrichtung die durch den Inversor unterbrochenen und abwechselnd gerichteten Str\u00f6me einer Kette die Axe des Nerven senkrecht treffen, so vermifst man die negative Stromesschwankung zugleich mit den Zuckungen. Sie tritt ein, sobald man den Nerven schr\u00e4g \u00fcber den feuchten Faden bettet. Die senkrechte Str\u00f6mungsrichtung ist demnach entschieden ung\u00fcnstig, ja unverm\u00f6gend zu nennen. Dasselbe war der Fall f\u00fcr den elektrotonischen Zustand, so dafs sich hier kein Unterschied bietet.\n6.\tVon dem Einfl\u00fcsse der Entfernung der abgeleiteten von der erregten Strecke auf die scheinbare Gr\u00f6fse der negativen Stromesschwankung beim Tetanisiren der Nerven.\nDie bisher betrachteten unter den Umst\u00e4nden, welche von Einflufs sind auf die Gr\u00f6fse der negativen Stromesschwankung beim Tetanisiren, waren der Art, dafs dieser Einflufs beruhte auf der gr\u00f6fseren oder ge-","page":462},{"file":"p0463.txt","language":"de","ocr_de":"mittelst zweier Str\u00f6me zugleich; \u2014 (5) \u2014 mit queren Str\u00f6men. 463\nringeren St\u00e4rke, in der die negative Schwankung zu Stande kommt. Jetzt gehen wir \u00fcber zur Ber\u00fccksichtigung einiger Punkte, von denen, bei gleicher St\u00e4rke der negativen Schwankung, die scheinbare Gr\u00f6fse abh\u00e4ngt, in welcher dieselbe in dem Multiplicatorkreise wahrgenommen wird. Den gleichen Gang befolgten wir f\u00fcr den elektrotonischen Zustand (S. oben S. 359. 360).\nDie Gr\u00f6fse der negativen Schwankung ist nicht, wie man h\u00e4tte vermuthen k\u00f6nnen, v\u00f6llig unabh\u00e4ngig von der Entfernung der abgeleiteten von der erregten Strecke. Man findet vielmehr, dafs dieselbe von der n\u00e4heren erregten Strecke aus um ein Geringes st\u00e4rker ausf\u00e4llt als von der entfernteren aus.\nUm sich davon zu \u00fcberzeugen, kann man beide in der Einleitung beschriebene Methoden der Vergleichung anwenden. Der Gebrauch der Inductionsvorrichtung ist dabei zu verwerfen. Damit der Unterschied merklicher werde, ist es zweckm\u00e4fsig, statt, wie bei der entsprechenden Untersuchung f\u00fcr den Zuwachs, nur drei Platinenden, ihrer vier in Gestalt zweier vollst\u00e4ndigen Elektrodenpaare anzuwenden, und die Schliefsung abwechselnd von dem vorderen auf das hintere und umgekehrt zu \u00fcbertragen. Dabei ist abermals vom Stromwender Gebrauch zu machen, um diese Uebertra-gung mit Leichtigkeit vollziehen zu k\u00f6nnen in dem Augenblicke, wo die Nadel ihren R\u00fcckschwung beendigt hat (S. oben S. 459). Zu diesem Bchufe wird das Kreuz desselben ausgenommen, und es werden die beiden Enden der Kette mit den Gef\u00e4fsen \u00ab und h, die beiden Dr\u00e4hte von der vorderen Elektrode eines jeden Paares Platinenden mit den Gef\u00e4fsen a und A, und die beiden Dr\u00e4hte von der hinteren Elektrode eines jeden Paares mit den Gef\u00e4fsen \u00df und B verkn\u00fcpft. In a oder in b wird mit einem verquickten Haken geschlossen und ge\u00f6ffnet.\nDie geringe Ueberlegenheit des Tetanisirens von dem n\u00e4heren Elektrodenpaare aus wird beobachtet, gleichviel ob das Hirn- oder ob das Muskelende des Nerven auf den B\u00e4uschen aufiiege. Dies beseitigt den Verdacht, als ob die Abnahme der Wirkung mit wachsender Entfernung nur herr\u00fchre von der geringeren Erregbarkeit des Hirnendes, ge-m\u00e4fs dem VAixi-RiTTER\u2019schen Gesetze (Vergl. oben S. 460).\nHier giebt sich uns nun abermals eine Abweichung der Erscheinungsweise der negativen Schwankung von der des Zuwachses im elektrotonischen Zustande zu erkennen, welche an und f\u00fcr sich ausreichend sein w\u00fcrde, die Selbst\u00e4ndigkeit jener darzuthun. In der That ist gar kein Vergleich zwischen dem Grade der Abh\u00e4ngigkeit von der jetzt in Rede stehenden Ver\u00e4nderlichen, den die eine und den die andere Erscheinung zeigt. So in die Augen fallend ist dieser Unterschied, dafs er sich selbst der fl\u00fcchtigsten Beobachtung nicht entzieht, wenn","page":463},{"file":"p0464.txt","language":"de","ocr_de":"464 3. Abschn. Kap. VH. \u00a7. V. 6. Von dem Einfl\u00fcsse des Abstandes\nman nacheinander f\u00fcr zwei verschiedene Abst\u00e4nde der Elektroden von den B\u00e4uschen, etwa \u2019zuerst die Gr\u00f6fsen des Zuwachses, hernach die der negativen Stromesschwankung aufzufassen sucht. Mit H\u00fclfe der methodischen Erforschung vollends ist es leicht, aus dieser Wahrnehmung eine Reihe ebenso einfach schlagender Beweisgr\u00fcnde f\u00fcr die Unabh\u00e4ngigkeit der negativen Schwankung hervorgehen zu lassen, als sie uns die Betrachtung des Einflusses der Dichtigkeit des erregenden Stromes auf beide Erscheinungen darbot. Und zwar stimmen beide Reihen im Wesentlichen auf das Vollst\u00e4ndigste untereinander \u00fcberein. Beim Abschw\u00e4ehen der Stromdichte n\u00e4mlich nahm die negative Stromesschwankung minder schnell an Gr\u00f6fse ab als der negative Zuwachs, so dafs ihre Ordinate schliefslich die des letzteren \u00fcbertraf. Hier nun nimmt bei sich gleichbleibender Stromdichte, aber wachsendem Abstande der erregten Strecke die negative Stromesschwankung abermals minder schnell an Gr\u00f6fse ab als der negative Zuwachs, und dies Verhalten giebt uns daher Gelegenheit zu ganz denselben Erfolgen und daran sich kn\u00fcpfenden Schl\u00fcssen, als das ohige beim Abschw\u00e4chen der Stromdichte und unver\u00e4ndertem Abstande der erregten Strecke.\nEs herrsche also (S. oben S. 453) negative Phase, hervorgebracht durch einen Strom von mittlerer St\u00e4rke bei mittlerem Abstande der Elektroden von den B\u00e4uschen, und man gehe pl\u00f6tzlich, indem man das Rad des Inversors zu drehen anf\u00e4ngt, aus jener Phase \u00fcber ins Tetanisiren mit abwechselnden Str\u00f6men. Es erfolgt ein Ausschlag im positiven Sinne. Jetzt verlege man die Schliefsung der erregenden Kette nach den entfernteren Elektroden, und wiederhole den n\u00e4mlichen Versuch. Es wird sich diesmal, statt der positiven, eine negative Schwankung einstellen.\nDie Fig. 124. Taf. IV. zeigt auf das deutlichste den Grund dieser Erscheinung. Das Verst\u00e4ndnifs dieser Figur wird erleichtert werden, wenn man sich zuv\u00f6rderst das oben S. 317 mit R\u00fccksicht auf Fig. 105. Taf. III. Gesagte ins Ged\u00e4chtnifs zur\u00fcckruft. Abermals lassen wir, wie in Fig. 123. Taf. IV., die Zuwachscurven in Conflict gerathen mit der Curve der negativen Stromesschwankung: aber die Gr\u00f6fse jener Zuwachse und dieser Schwankung als Ordiuaten werden diesmal nicht auf die hier best\u00e4ndig bleibende Stromdichte, sondern auf die Axe des Nerven als Abscisse aufgetragen gedacht.\nEs sei also q Oq, in gewohnter Weise der Nerv, y Oy, die urspr\u00fcngliche Curve der Stromst\u00e4rken. Wir denken uns den ableitenden Bogen von der best\u00e4ndigen Spannweite q' l mit seinem einen Fufs-punkte dauernd an den Querschnitt q angelegt. Was wir beobachten geht also innerhalb der Grenzordinate y selber vor. Es ist ferner","page":464},{"file":"p0465.txt","language":"de","ocr_de":"zwischen Blechen u. B\u00e4uschen auf die Grofse d. negativen Schwankung, 465\n\u2014 z PZ [\u00f6] \u2014 z, die Curve des negativen Zuwachses in Bezug auf die Nervenh\u00e4lfte q 0, den ein erregender Strom zwischen den mit p und z bezeichneten Elektroden in der Richtung von 0 nach q', wie der Pfeil angiebt, hervorbringt. Ziehen wir die negativen Ordinaten der letzteren Curve von den positiven der ersteren ab, so entsteht die ver\u00e4nderte Curve der Stromst\u00e4rken, welche mit langen Punkten den Verlauf y\"VP'Z' [\u00d6] yu nimmt. Die Grenzordinate dieser ver\u00e4nderten Curve y\" ist es, welche wir beobachten, wenn der urspr\u00fcngliche Strom zwischen q l im Verein mit dem negativen Zuwachse die Nadel in best\u00e4ndiger Ablenkung h\u00e4lt. Beim Tetanisiren mit abwechselnden Str\u00f6men lassen wir einfach s\u00e4mmtliche Ordinaten der urspr\u00fcnglichen Curve der Stromst\u00e4rken um eine proportionale Gr\u00f6fse abnehmen, wie wir mit hinl\u00e4nglicher Genauigkeit annehmen k\u00f6nnen (S. oben S. 429. Fig. 120. Taf. III.). Es sei die gleichfalls lang punktirte Curve v <sOvt die der Stromst\u00e4rken unter dem Einflufs der negativen Stromesschwankung; so besteht also schliefslich der Uebergang aus der negativen Phase ins Tetanisiren mit abwechselnden Str\u00f6men bei mittlerem Abstande der abgeleiteten von der erregten Strecke darin, dafs man von der Ordinate y\" \u00fcbergeht zu der v. Beide sind positiv, die letztere ist die gr\u00f6fsere, daher der positive Ausschlag. Jetzt wollen wir das Elektrodenpaar in einen gr\u00f6fseren Abstand bringen. Die Curve des negativen Zuwachses wird \u2014 r[#]'5$3 \u2014 \u00a3\u201e die neue ver\u00e4nderte Curve der Stromst\u00e4rken y\",o7\"[0],$p,3' y\u201er Die Curven sind durch kurze Punkte vor den fr\u00fcheren ausgezeichnet. Beim Tetanisiren sinkt die Ordinate y\" zwar nicht mehr ganz bis zu v , allein die Grenzordinate y\" der ver\u00e4nderten Curve y\u201d \u00df l\" [\u00d6]\tist wegen der ras\u00e9hen Abnahme des Zu-\nwachses mit wachsendem Abstande der erregten Strecke so viel gr\u00f6fser als im ersten Versuche, dafs, wenn man jetzt abermals von der Ordinate y\" zur Ordinate v \u00fcbergeht, wegen der verh\u00e4ltnifsm\u00e4fsigen Kleinheit der letzteren ein negativer Ausschlag erfolgt. Bei Ableitung des urspr\u00fcnglichen Stromes von Punkten des L\u00e4ngsschnittes allein jenseits des Schneidepuuktes o' erh\u00e4lt man aber begreiflich fort und fort einen positiven Ausschlag.\nMan richte ferner den Inversor so ein, dafs er nur unterbricht, nicht zugleich umkehrt, und gebe dem erregenden Strom in dem Nerven die positive Richtung. Aufserdem treffe man die n\u00f6thigen Vorkehrungen, die uns nun bereits gel\u00e4ufig geworden sind, um die erregende Kette mit Leichtigkeit zu schliefsen, erst nachdem man das Rad des Inversors in Bewegung gesetzt hat, und sie zu \u00f6ffnen, w\u00e4hrend es noch gedreht wird (S. oben S. 449). Verf\u00e4hrt man auf diese Weise bei mittlerem Abstande der Elektroden von den B\u00e4uschen, so erh\u00e4lt man, wie wir bereits wissen (S. oben S. 453), einen positiven Ausschlag. II.\t30","page":465},{"file":"p0466.txt","language":"de","ocr_de":"466 3. Abschn. Kap. Vll. \u00a7. V. 6. Von dem Einfl\u00fcsse des Abstandes\nVerlegt man dann die Schliefsung der erregenden Kette auf das entferntere Elektrodenpaar, so ist die Wirkung des Tetanisirens mit dem positiven Strome, statt positiv, wie vorhin, negativ.\nEndlich drittens beh\u00e4lt man die beschriebene Einrichtung des In-versors hei, giebt jedoch dem Strom im Nerven die negative Richtung und geht von der negativen Phase \u00fcber in\u2019s Tetanisiren mit negativem Strome, so ist, bei grofsem Abstande der Elektroden von den B\u00e4uschen, der Erfolg stets ein negativer; hingegen bei kleinem Abstande der Elektroden f\u00e4llt das Ergebnifs verschieden aus je nach dem Schliefsungs-werthe des Inversors in der Zeiteinheit, den wir oben mit n bezeichnet haben. Hat n einen Werth nahe = 1, so erh\u00e4lt man, wie oben S. 456 bereits dargelegt wurde, einen negativen Ausschlag; n\u00e4hert sich hingegen n der Null, so findet die Wirkung in entgegengesetztem Sinne statt.\nIch brauche, nach allem Voraufgegangenen, wohl nicht noch weiter auf die Erkl\u00e4rung dieser Erscheinungen einzugehen. Sie ist bereits mit enthalten in dem fr\u00fcher bei Gelegenheit des Einflusses der Stromdichte Gesagten, insofern, in unseren jetzigen Versuchen, die Entr\u00fcckung der erregten Strecke in eine gr\u00f6fsere Entfernung gleich der Stromschw\u00e4chung in jenen Erfahrungen wirkt. Man wird sich leicht, nach Vorbild der Fig. 124, die passenden Figuren auch f\u00fcr diese F\u00e4lle zu entwerfen im Stande sein.\nWas den ersten Versuch betrifft, so zeichnet man die urspr\u00fcngliche Curve der Stromst\u00e4rken, verkleinert ihre Ordinaten proportional, und tr\u00e4gt darauf die Ordinaten der Curve des positiven Zuwachses auf. Je nachdem diese letzteren, entsprechend der gr\u00f6fseren oder geringeren Entfernung der Elektroden, gr\u00f6fser oder kleiner genommen werden, kann man leicht bewirken, dafs das Ergebnifs, in Bezug auf die urspr\u00fcngliche Curve der Stromst\u00e4rken, beziehlich ein positives sei oder ein negatives.\nHinsichtlich des zweiten Falles hat man die Fig. 124 selber vorzunehmen, die Ordinaten der Curve des negativen Zuwachses mit n < / zu multipliciren, und sie von den wegen Tetanisirens proportional erniedrigten Ordinaten der urspr\u00fcnglichen Curve der Stromst\u00e4rken abzuziehen. Zu der Ordinate der Curve, die man solchergestalt erh\u00e4lt, geht man \u00fcber von der Ordinate der urspr\u00fcnglichen Curve der Stromst\u00e4rken, weniger der Ordinate der Curve des Zuwachses bei stetigem Strome, wenn man von der negativen Phase aus mit negativem Strome tetanisirt. Man wird leicht zeigen k\u00f6nnen, dafs bei geringem Abstande der Elektroden das Zeichen des Erfolges bestimmt wird durch die Gr\u00f6fse des \u00e4chten Bruches n; dafs aber bei hinreichend entfernten Elektroden bei jedem Werthe von n zwischen Null und der Einheit der Erfolg ein negativer sein k\u00f6nne.","page":466},{"file":"p0467.txt","language":"de","ocr_de":"zwischen Blechen u. B\u00e4uschen auf die Gr\u00fcfse d. negativen Schwankung. 467\nSollte es n\u00f6tliig sein, zu wiederholen, was sich von selbst versteht, dafs diese Versuchsreihe es aufs Neue unm\u00f6glich macht, ferner zu denken an die Ableitung der negativen Stromesschwankung beim Tetanisiren sei\u2019s aus einem Ueherwiegen des negativen Zuwachses w\u00e4hrend dieses Vorganges, sei\u2019s aus dem Verlust an peripolaren Kr\u00e4ften, den der Nerv im elektrotonischen Zustande wegen ihrer Verwendung zur dipolaren Th\u00e4tigkeit erleiden k\u00f6nnte; dafs vielmehr aus der erwiesenen M\u00f6glichkeit, so verwickelte Erscheinungen auf\u2019s vollst\u00e4ndigste zu erkl\u00e4ren aus unseren Grundvorstellungen \u00fcber das Gesetz der Th\u00e4tigkeit des Nerven im elektrotonischen Zustande und das der negativen Stromesschwankung heim Tetanisiren, unwiderleglich hervorzugehen scheint, wie uns das Durchschauen dieser Gesetze wirklich gelungen sei.\nAls das Gesetz der negativen Stromesschwankung beim Tetanisiren des Nerven auf elektrischem Wege ist oben S. 428. 429 bezeichnet und seitdem geltend gemacht worden die proportionale Erniedrigung s\u00e4mmt-licher Ordinaten der urspr\u00fcnglichen Curve der Stromst\u00e4rken. Es wurde hervorgehoben, wie, im Gegens\u00e4tze zu den elektromotorischen Wirkungen der s\u00e4ulenartigen Polarisation des Nerven durch den stetigen Strom, die Stromesschwankung beim Tetanisiren weder mehr der Richtung, noch, so viel sich im Allgemeinen erkennen lasse, der Gr\u00f6fse nach, Bezug habe auf die Stellung der Elektroden am Nerven, bei gleichgedachtem Abstande derselben von einander. Diese Vorstellungsweisc ist jetzt, nach den Untersuchungen dieser Nummer, hinsichtlich des Punktes der Gr\u00f6fse einigermafsen abzu\u00e4ndern. Sie beh\u00e4lt zwar ihre Berechtigung, insofern die Abh\u00e4ngigkeit des Zuwachses von dem Abstande zwischen erregter und abgeleiteter Strecke eine sehr viel gr\u00f6fsere ist als die der negativen Stromesschwankung. Allein in geringem Mafse finden wir doch nun auch letztere diesem Einfiufs unterthan. Gl\u00fccklicherweise indefs ist diese Abweichung unbedeutend genug im Verh\u00e4ll-nifs zur Gr\u00f6fse der negativen Stromesschwankung selber, um, wie wir gesehen haben, die Erscheinungen mit hinl\u00e4nglicher Gewifsheit des Zutreffens in der Wirklichkeit ableitenzu k\u00f6nnen aus der Annahme, die Ordinaten der urspr\u00fcnglichen Curve der Stromst\u00e4rken seien beim Tetanisiren s\u00e4mmtlich einfach einer proportionalen Schwankung unterworfen.\n7. Von dem Einfl\u00fcsse der L\u00e4nge der abgeleiteten Strecke auf die scheinbare Gr\u00f6fse der negativen Stromesschwankung beim Tetanisiren der Nerven.\nWir finden sofort Gelegenheit den am Schl\u00fcsse der vorigen Nummer ausgesprochenen Satz abermals zu best\u00e4tigen. Mit H\u00fclfe der Ein-\n30\u00b0","page":467},{"file":"p0468.txt","language":"de","ocr_de":"46S 3. Abschn. Kap. VII. \u00a7. V. 7. Von dem Einfl\u00fcsse der L\u00e4nge der\nsicht, dafs die negative Stromesschwankung im Allgemeinen stets der St\u00e4rke des urspr\u00fcnglichen Stromes proportional gesetzt werden k\u00f6nne, ist das Ergebnifs des nun in Rede stehenden Versuches leicht vorherzusagen.\nEine Ver\u00e4nderung der L\u00e4nge der abgeleiteten Strecke ist immer zugleich zu betrachten als eine solche der Spannweite des ableitenden Bogens. Ist die Ver\u00e4nderung der Spannweite der Art, dafs dadurch die St\u00e4rke des urspr\u00fcnglichen Stromes zunimmt, so wird auch die negative Stromesschwankung gr\u00f6fser ausfallen; ist sie entgegengesetzter Beschaffenheit, so mufs auch die negative Schwankung beeintr\u00e4chtigt erscheinen.\nSo zeigt es sich denn auch in Wirklichkeit. Das Gesetz, wodurch Spannweite des ableitenden Bogens und St\u00e4rke des urspr\u00fcnglichen Stromes verkn\u00fcpft sind, brauche ich wohl nicht erst noch in Erinnerung zu bringen (S. oben S. 264. 366). Man kann sich hier der Inductions-vorrichtung ohne Nachtheil bedienen. Von den beiden in der Einleitung erw\u00e4hnten Verfahrungsarten ist hier nur die zweite in Gebrauch zu ziehen. Schlagende Ergebnisse erh\u00e4lt man selbstredend nur, wenn man solche Ver\u00e4nderungen der Spannweite vornimmt, dafs denselben bedeutende Ver\u00e4nderungen in der Gr\u00f6fse des urspr\u00fcnglichen Stromes entsprechen. Die Abh\u00e4ngigkeit der Gr\u00f6fse der negativen Stromesschwankung von dem Abstande zwischen der erregten und der abgeleiteten Strecke macht sich bei diesen Versuchen, welche keine gr\u00f6fse Genauigkeit zulassen, nicht weiter st\u00f6rend bemerklich. Ihr Einflufs ist leicht dadurch v\u00f6llig zu umgehen, dafs man den den Elektroden n\u00e4heren Bausch unverr\u00fcckt am Nerven liegen l\u00e4fst, und die Ver\u00e4nderungen der Spannweite allein durch Verschiebung des von den Elektroden entfernteren Bausches bewirkt.\n8. Von dem Einfl\u00fcsse des Querschnittes des Nerven auf die scheinbare Gr\u00f6fse der negativen Stromesschwankung beim Te-tanisiren mit abwechselnden \u00bbStr\u00f6men.\nDa mit der Gr\u00f6fse des Querschnittes die St\u00e4rke des urspr\u00fcnglichen Stromes w\u00e4chst (S. oben S. 267), die negative Stromesschwankung aber wiederum mit letzterer zunimmt, so ergiebt sich die Nothwendig-keit, dafs dieselbe an dickeren Nerven lebhafter auftreten m\u00fcsse, als an solchen von geringerem Durchmesser. Der gleichen Abh\u00e4ngigkeit unterliegt, wie man sich erinnert, die Gr\u00f6fse des Zuwachses im elektro-tonischen Zustande (S. oben S. 370).","page":468},{"file":"p0469.txt","language":"de","ocr_de":"abgeleiteten Strecke ; (8) des Querschnittes auf dienegative Schwankung. 4fi9\nAuch hier wird vorausgesetzt, dafs die abgeleitete Strecke mit der erregten einerlei Querschnitt besitze. Denn auch hier bieten die \u00fcberz\u00e4hligen R\u00f6hren der ersteren, welche nicht an der Erregung theilnehmcn, dem Strome der erregten Fasern eine Nebenschliefsung dar. F\u00fcr den elektro-tonischen Zustand wurde erw\u00e4hnt, dafs dies nicht die einzige Art sei, wie die nicht betheiligten Fasern die Wirkung der \u00fcbrigen beeintr\u00e4chtigen k\u00f6nnten, dafs in der Folge vielmehr noch ein anderer Grund daf\u00fcr angegeben werden solle. Derselbe Umstand kommt auch hier in Betracht; allein es wird sich an jener sp\u00e4teren Stelle zeigen, dafs er diesmal vielmehr zu Gunsten der negativen Schwankung ausf\u00e4llt, die von den erregten Fasern herr\u00fchrt. 1\n9. Von dem Einfl\u00fcsse der Leistungsf\u00e4higkeit des Nerven auf die Gr\u00f6fse der negativen Stromesschwankung heim Tetanisiren mit abwechselnden Str\u00f6men.\nMehrere der hiehergeh\u00f6rigen Punkte haben wir schon bei fr\u00fcheren Gelegenheiten ber\u00fccksichtigen m\u00fcssen. Wir wissen bereits, dafs die Gr\u00f6fse der negativen Stromesschwankung im h\u00f6chsten Grade abh\u00e4ngig ist von der Leistungsf\u00e4higkeit des Nerven (S. oben S. 431). Es gelten in dieser Hinsicht s\u00e4mmtliche Bemerkungen, die oben S. 379 f\u00fcr den elektrotonischen Zustand gemacht worden sind hinsichtlich des Einflusses der Jahreszeit, krankhafter Zust\u00e4nde, verderblicher Einwirkungen die den Nerven getroffen haben, u. d. m.\nWie beim elektrotonischen Zustande geschieht es auch hier bei schwacher Erregung, sei\u2019s leistungsf\u00e4higer Nerven mit schwachen Str\u00f6men, sei\u2019s wenig erregbarer auch mit st\u00e4rkeren, dafs die negative Stromesschwankung nicht sofort in ihrer ganzen Gr\u00f6fse erscheint, sondern erst nach mehrmaligem Tetanisiren mit Zwischenr\u00e4umen der Ruhe in wachsender St\u00e4rke hervortritt (S. oben S. 298. 425. 431). Die Unterbindung und Durchschneidung hemmen nat\u00fcrlich ihren Fortschritt so gut wie den der s\u00e4ulenartigen Polarisation des Nerven durch den stetigen Strom (S. oben S. 197. 384. 431).\nEndlich wenn man jenseits der Platinenden dem Nerven den Unterschenkel gelassen hat, wobei man auf die oben S. 358. 381 beschriebene Art verf\u00e4hrt, so findet man, dafs, mit den Zuckungen, die negative Stromesschwankung des Nervenstromes aufh\u00f6rt deutlich zu sein, obwohl man bei ausgezeichneten Pr\u00fcfungsmitteln alsdann noch jm Stande ist, sie\n1 S. unten, \u00a7. vu. 5.","page":469},{"file":"p0470.txt","language":"de","ocr_de":"470 3. Absch. Kap. VII. \u00a7. V. U. Von dem Einfl\u00fcsse der Leistungsf\u00e4higkeit\neinige Zeit hindurch in \u00e4ufserst geringem Mafse nachzuweisen (Vergl. oben S. 457).\nEs scheint aber sogar, als oh die Gr\u00f6fse der negativen Stromesschwankung noch mehr als die des Zuwachses unter dem Mangel an Leistungsf\u00e4higkeit litte. Es w\u00fcrde danach in dieser Hinsicht eine dreifache Steigerung stattfinden. Der urspr\u00fcngliche Strom selber leidet unter jenem Mangel (S. oben S. 286), mehr als der urspr\u00fcngliche Strom leidet der Zuwachs im elektr\u00f6tonischen Zustande (S. oben S. 381), am meisten endlich die negative Schwankung beim Tetanisiren. Diesen Umstand folgere ich nicht allein aus dem allgemeinen Eindruck der Nadelbewegungen, sondern zugleich aus nachstehender Wahrnehmung, die wohl geeignet ist, unsere Aufmerksamkeit zu fesseln.\nTetanisirt man n\u00e4mlich einen wenig erregbaren Nerven, dessen Strom man von L\u00e4ngs- und Querschnitt ableitet, aus grofser N\u00e4he mit den abwechselnden Str\u00f6men des Inversors, dessen Schliefsungswerth in der Zeiteinheit (den \u00e4chten Bruch n) man der Einheit m\u00f6glichst nahe gebracht hat, so erh\u00e4lt man h\u00e4ufig nur eine Spur von negativer Schwankung, nicht selten bleibt die Nadel wie gel\u00e4hmt stehen, endlich in noch anderen F\u00e4llen sieht man sie einen positiven Ausschlag beschreiben. Bei mehrmaliger Wiederholung des Versuches stellt sich in den beiden letzten F\u00e4llen doch noch eine schwache negative Wirkung ein. Bei Ableitung von elektromotorisch entsprechenden Punkten des L\u00e4ngsschnittes ist die positive Wirkung noch ausgesprochener. Hingegen bei gr\u00f6fserer Entfernung der erregten von der abgeleiteten Strecke bekommt man dieselbe nicht zu sehen.\nEbensowenig erfolgt die positive Wirkung je, wenn man sich der Inductionsvorrichtung zum Tetanisiren bedient. Man kann an demselben Nerven nach einander beobachten, erstens, positive Wirkung beim Tetanisiren mit dem Inversor (n nahe = 1)\\ zweitens, negative Wirkung beim Tetanisiren mit der Inductionsvorrichtung; endlich drittens, abermals positive Wirkung beim Tetanisiren mit dem Inversor: zum Zeichen, dafs die Behauptung, die Inductionsvorrichtung gebe stets negative Wirkung, nicht blos darauf beruhe, dafs die damit tetanisir-ten Nerven grade immer nicht aufgelegt waren, die positive Wirkung zu zeigen. Jedoch wird man, bei dieser Versuchsreihe, nachdem man sich beim zweiten Male der Inductionsvorrichtung bedient hat, beim dritten Male meistens negative Wirkung erfolgen sehen.\nDie Deutung dieser Erscheinungen scheint mir folgende zu sein. Die positive Wirkung ist dem urspr\u00fcnglichen Strome nicht wie die negative Schwankung proportional. Vielmehr w\u00e4chst sie mit dem Bruche n und nimmt ab mit wachsender Entfernung von den Elektroden. Dies","page":470},{"file":"p0471.txt","language":"de","ocr_de":"des Nerven auf die Gr\u00f6fse der negativen Slromesseh/vankung. 471\nbezeichnet sie als vom elektrotonischen Zustande unmittelbar abh\u00e4ngig. Sie kann folglich nichts anderes sein als der Ausdruck der Ueberlegen-heit der positiven Phase dieses Zustandes \u00fcber die negative, wie wir sie oben S. 373 festgestellt haben.\nSchon oben S. 413. 414 ist bemerkt worden, dafs das Tetanisiren mit abwechselnden Str\u00f6men, wenn sich keine andere Erscheinung ins Spiel mische, eine zweite Versuchsweise abgeben m\u00fcsse, um diese Ueberlegen-heit darzuthun. Es mischt sich nun aber wirklich eine neue Erscheinung ein, die negative Schwankung n\u00e4mlich beim Tetanisiren, welche jenen Ueberschufs in den meisten F\u00e4llen um so leichter \u00fcberwiegt, als wir fiir gew\u00f6hnlich gesucht haben, n so klein als m\u00f6glich zu machen, hingegen so gleich als m\u00f6glich der Einheit das Verh\u00e4ltnifs der Zeit, w\u00e4hrend welcher der Strom schwankt, zu derjenigen, w\u00e4hrend welcher er \u00fcberhaupt den Nerven trifft (S. oben S. 424). Aus diesen Gr\u00fcnden haben wir jenen Ueberschufs hier bisher \u00fcberall vernachl\u00e4ssigen d\u00fcrfen, obschon er, wie wir nun finden, doch auch auf diese Art sichtbar zu machen ist, Dank der oben behaupteten Eigenth\u00fcmlichkeit der negativen Stromesschwankung unter dem Mangel an Leistungsf\u00e4higkeit mehr zu leiden als der Zuwachs im elektrotonischen Zustande.\nDa, bei \u00f6fterer Wiederholung des Versuches, sich endlich doch negative Wirkung einzufinden pflegt, so scheint es, als erstrecke sich jene Eigenth\u00fcmlichkeit auch noch darauf, dafs die negative Schwankung an wenig erregbaren Nerven in Folge \u00f6fterer Anregung langsamer hervortritt als der Zuwachs. Damit stimmt noch eine andere Erfahrung. Wenn man n\u00e4mlich mit positivem Strome in der oben S. 296 beschriebenen Weise tetanisirt, kommt es h\u00e4ufig vor, dafs man zuerst eine ganz regelm\u00e4fsige positive Phase von angemessener Gr\u00f6fse im Verh\u00e4ltnifs zur negativen Phase beobachtet. Bei \u00f6fterer Wiederholung des Versuches aber wird die positive Phase im Vergleich zur negativen immer kleiner, und endlich erh\u00e4lt man statt derselben jene negative Wirkung, die uns zuerst auf die Spur der negativen Stromesschwankung beim Tetanisiren gebracht hat.\nDer Umstand, dafs beim Tetanisiren mit der Induclionsvorrichtung niemals positive Wirkung beobachtet wird, ist nicht ohne Wichtigkeit. Es w\u00fcrde n\u00e4mlich im anderen Falle ein bedeutendes Ergeb-nifs gef\u00e4hrdet erscheinen, welches wir oben S. 427 verzeichnet haben. Wir haben gefunden, dafs wenn man beim Tetanisiren auf elektrischem Wege die abgeleitete Strecke zwischen Elektroden und elektromotorischen Aequator verlegt, die negative Stromesschwankung, entsprechend dem urspr\u00fcnglichen Strome selber, ihr Zeichen wechselt, so dafs sie, in Bezug auf die f\u00fcr die erste Nervenh\u00e4lfte gel-","page":471},{"file":"p0472.txt","language":"de","ocr_de":"472 3. Abschn, Kap. VII. \u00a7. VI, 9. Von dem Einfl\u00fcsse der Leistungsf\u00e4higkeit\ntenden Bestimmungen, zur positiven wird. Wir betrachteten dies als einen neuen Beweis f\u00fcr unsere Ansicht, dafs die Ver\u00e4nderung der elektrischen Zust\u00e4nde des Nerven beim Tetanisiren bestehe in einer proportionalen Erniedrigung s\u00e4ramtlicher Ordinaten der urspr\u00fcnglichen Curve der Stromst\u00e4rken. An der Richtigkeit dieser Deutung k\u00f6nnte gezweifelt werden, insofern sich jetzt herausstellt, dafs die Folge des Tetani-sirens, und zwar gerade in der N\u00e4he der Elektroden, nicht stets und unter allen Umst\u00e4nden eine Nadelbewegung im Sinne der Ladungen ist. Allein diese Zweifel sind grundlos, sobald gleichzeitig festgesetzt wird, dafs die ausnahmsweise positive Richtung der Wirkung nur bei Anwendung der Kette nebst dem Inversor stattfindet, w\u00e4hrend jenes Ergebnis gerade mit H\u00fclfe der Inductionsstr\u00f6me gewonnen ist. Ohnehin h\u00e4tte alsdann nicht jenseits der Elektroden, an dem zweiten Nervenende, die Stromesschwankung dieselbe Richtung haben k\u00f6nnen.\nUeber den Einflufs einer voraufgegangenen l\u00e4ngere Zeit dauernden positiven oder negativen Phase, oder fortgesetzten Tetanisirens mit positivem oder negativem Strom auf die Gr\u00f6fse der negativen Schwankung beim Tetanisiren beziehlich mit einem negativen oder positiven Strom oder mit abwechselnden Str\u00f6men habe ich noch keine Versuche angestellt.\nWir verlassen nunmehr das Tetanisiren auf elektrischem Wege, und wollen versuchen, die negative Stromesschwankung auch beim Tetanisiren mittelst anderer Verfahrungsarten zu beobachten. Einen passenden Uebergang zu gew\u00e4hren w\u00fcrde hier ganz geeignet sein das Tetanisiren zwar noch auf elektrischem Wege, aber nicht mehr durch einen in h\u00e4ufige Wellen versetzten Str\u00f6mungsvorgang, sondern nach Ritter\u2019s Angabe, durch Unterbrechung eines lange Zeit im Nerven unterhaltenen aufsteigenden Stromes (S. oben Bd. I. S. 365 fl\u2019. Bd. II. S. 25. Anm. 1. 39. 40. 57. 58). Ich habe indessen noch nicht Mufse gefunden, mich mit diesem Versuch abzugeben, der zwar mancherlei wichtige Aufschl\u00fcsse verspricht, jedoch auch mit betr\u00e4chtlichen Schwierigkeiten zu k\u00e4mpfen haben w\u00fcrde.","page":472},{"file":"p0473.txt","language":"de","ocr_de":"des Nerven auf die Gr\u00fcfse der negativen Stromesschwankung. 473\n\u00a7\u2022 VI.\nVon der negativen Schwankung des Nervenstromes beim Tetanisiren auf anderem als elektrischem Wege.\n1. Einleitung.\nIch habe in den beiden vorigen Paragraphen, wenn ich nicht irre, durch eine Versuchsreihe, so klar, so sicher und so entscheidend, wie nur sonst physikalische Versuche sich zu gestalten pflegen, den Beweis gef\u00fchrt, dafs das Tetanisiren der Nerven auf elektrischem Wege begleitet ist von einer Schwankung des urspr\u00fcnglichen Nervenstromes in negativem Sinne, welche, vom elektrotonisehen Zustande unabh\u00e4ngig, nichts anderem zugeschrieben werden kann, als einer Verminderung der nach Aufsen gerichteten elektromotorischen Kr\u00e4fte des Nerven. Es k\u00f6nnen demnach, \u00fcber die Bedeutung dieser Erscheinung, nur noch zwei Meinungen obwalten. Entweder man sieht darin in That und Wahrheit den elektrischen Ausdruck des Bewegung und Empfindung vermittelnden Vorganges. Dies mit aller Sicherheit thun zu k\u00f6nnen, ist begreiflich das Ziel, wonach wir streben. Oder man k\u00f6nnte sich nun noch, um mit \u00e4ufserster Vorsicht zu verfahren, die Frage stellen, ob nicht die negative Schwankung doch allein an\u2019s Tetanisiren auf elektrischem Wege gekn\u00fcpft sei, so dafs sie bei anderen Arten der k\u00fcnstlichen Innervation fehlte.\nDas, was hier noch zu leisten war, um diesem Mangel zu steuern, war nicht schwer zu ersinnen. Nachdem es uns, in dem vierten Kapitel dieser Untersuchung, gelungen war, f\u00fcr die Muskelzusammenziehung auf elektrischem Wege das N\u00e4mliche zu erweisen, was hier f\u00fcr die elektrische Innervation, eine die Zusammenziehung begleitende negative Schwankung des Muskelstromes, war unsere erste Sorge, den gleichen Erfolg auch beim Tetanisiren auf anderem als elektrischem Wege zu erhalten, weil dies wohl als der klarste und einfachste Beweis daf\u00fcr gelten durfte, dafs derselbe von der Besonderheit seines elektrischen Ursprunges unabh\u00e4ngig sei, und dafs wirklich nur die Zu-saramenziehung das vermittelnde Glied abgebe zwischen dem erregenden Str\u00f6mungsvorgange und der elektrischen Wirkung in dem Multiplica-torkreise. Das N\u00e4mliche ist hier der Fall. Um zu zeigen, dafs die negative Schwankung des Nervenstromes beim Tetanisiren auch nicht in jener mittelbaren Weise vom elektrotonisehen Zustande herr\u00fchre; dafs dies Ergebnifs frei sei von der Besonderheit des angewandten","page":473},{"file":"p0474.txt","language":"de","ocr_de":"474 3. Abschn, Kap. VII \u00a7\u2019. VI. Von der negativen Stromesschwanhung\nVerfahrens; dafs wirklich nichts als der Bewegungs- und Empfindungs-Vorgang das vermittelnde Glied abgebe zwischen dem erregenden Str\u00f6-raungsvorgange und der elektrischen Wirkung in dem Multiplicatorkreise, dazu ist nur n\u00f6thig, dafs wir den Beweis liefern, wie auch beim Tetanisiren auf anderem als elektrischem Wege die negative Schwankung des Nervenstromes nicht ausbleibt (Vergl. oben S. 52. 432).\nDies zu thun wird um so zweckm\u00e4lsiger sein, als nicht zu verkennen ist, dafs auch dem bisher gelieferten Beweise der Unabh\u00e4ngigkeit dieser Erscheinung vom elektrotonischen Zustande nur in den Augen eines beschr\u00e4nkten Kreises von Lesern die G\u00fcltigkeit zukommen d\u00fcrfte, die ihm doch bereits zusteht. Um die Kraft der aufgef\u00fchrten Gr\u00fcnde zu w\u00fcrdigen, ist, ich kann es mir nicht verhehlen, ein Eingehen in den verwickelten Zusammenhang meiner Forschungen nothwendig, worauf ich nicht allein wegen der stofflichen Ausdehnung derselben und der g\u00e4nzlichen Neuheit fast aller dargelegten Beziehungen schwerlich bei Vielen rechnen kann, sondern welches auch immerhin eine tiefere Kenntnifs der Elektricit\u00e4tslehre und mehr Gew\u00f6hnung an strenge Betrachtung voraussetzt, als bei der Mehrzahl der Physiologen heutzutage noch heimisch zu sein pflegt. Ich lege Gewicht auf diesen Umstand, um die ungew\u00f6hnlichen Anstrengungen zu rechtfertigen, die ich es mir habe kosten lassen, um das in diesem Paragraphen vorgesteckte Ziel zu erreichen. Denn so einfach das Ziel erscheint, die Schwierig-keiten, welche sich hier dem Gelingen entgegensetzen, sind wahrhaft unermefslich zu nennen. Die n\u00e4chste Folge wird sogleich zeigen, dafs wir hier nicht einmal mehr mit unseren bisherigen strompr\u00fcfenden Mitteln auskommen, so gute Dienste uns dieselben auch bis zu dieser Stelle geleistet haben.\nWas die einzuschlagenden Versuchsweisen betrifft, um die Nerven auf nicht elektrischem Wege zu tetanisiren, so sind sie, wie dies bereits Eingangs dieses Kapitels, oben S. 290, bevorwortet wurde, die n\u00e4mlichen, die beim Tetanisiren des Gastroknemius vom Ischiadicus aus in Anwendung gebracht wurden (S. oben S. 32 ff. 52 ff.). Wir werden sp\u00e4ter Gelegenheit nehmen, darauf mehr im Einzelnen zur\u00fcckzukommen, insofern es einiger Zus\u00e4tze zu dem a. a. 0. Gesagten mit Bezug auf die jetzigen Forderungen des Versuches bedarf. Auch einige ganz neue Verfahruugsarten treten hinzu, bedingt durch die Verh\u00e4ltnisse des Empfindung vermittelnden Vorganges in den Nerven, welche nicht mehr, wie die des Bewegung vermittelnden Vorganges, mit den Verh\u00e4ltnissen der Muskelreizung zusammenfallen. Halten wir uns einstweilen jedoch nur an die Vorstellung der f\u00fcr das Tetanisiren der Muskeln empfohlenen Versuchsweisen, mit keinem anderen Unterschiede, als dafs","page":474},{"file":"p0475.txt","language":"de","ocr_de":"beim nicht elektrischen Tetanisiren der Nerven. 1. Umleitung. 475\nnunmehr, statt des Gastroknemius, stets der in der Kniekehle zerschnittene Ischiadicus selber mit L\u00e4ngs- und Querschnitt \u00fcber die B\u00e4usche gebreitet wird (S. oben S. 291).\nIch fand nun leider, anfangs nicht ohne Best\u00fcrzung, dafs meine Bem\u00fchungen, mit H\u00fclfe dieser Methoden eine negative Schwankung des Nervenstromes beim Tetanisiren wahrzunehmen, so gut wie vergeblich blieben. Die Strychninvergiftung, von der am meisten zu erwarten war, wiederholte ich 42 Mal. Darunter mifsgl\u00fcckte entschieden eine nicht unbedeutende Anzahl von Versuchen an Zuf\u00e4llen, die sp\u00e4ter beschrieben werden sollen. Eine hinreichend grofse Zahl aber gelang offenbar vollst\u00e4ndig, ohne bejahenden Erfolg. Nur in einigen wenigen F\u00e4llen glaubte ich eine nicht zu verkennende Spur einer r\u00fcckg\u00e4ngigen Nadelbewegung wahrzunebmen in dem Augenblicke, wo der Starrkrampf ausbrach. Dasselbe zeigte sich bei den \u00fcbrigen Versuchsweisen, dem Tetanisiren durch mechanische, kaustische, chemische Mifs-handlung, sei\u2019s des Nerven unmittelbar, sei\u2019s des R\u00fcckenmarkes. Meistens war das Ergebnifs ganz nichtig. Manchmal trat eine besondere Ver\u00e4nderung des Stromes ein, die sp\u00e4ter geschildert werden soll. ' In wenigen F\u00e4llen endlich bemerkte ich gleichfalls wieder jene Spur von r\u00fcckg\u00e4ngiger Bewegung.\nMeine lleberzeugung von dem Dasein der negativen Stromesschwankung wurzelte indefs viel zu tief, als dafs ich mich, auf die L\u00e4nge, durch diese scheinbar sehr ung\u00fcnstige Antwort des Versuches h\u00e4tte ent-muthigen lassen k\u00f6nnen. Ich bedachte mir vielmehr Folgendes. Das Tetanisiren auf elektrischem Wege ist ein, allen anderen Methoden, die zu demselben Behufe dienen, ganz ausnehmend \u00fcberlegenes Verfahren. Unter Umst\u00e4nden, wo alle \u00fcbrigen Reize, welche Zusammenziehung zu erregen imStande sind, sich bereits unwirksam erweisen, ruft der elektrische Strom, wie dies von Alters her bekannt ist, noch lebhafte Zuckungen hervor. W\u00e4hrend man beim Tetanisiren der Muskeln auf elektrischem Wege unter g\u00fcnstigen Umst\u00e4nden die Nadel in den negativen Quadranten bis auf \u2014 50\u00b0 durchschlagen sieht, erh\u00e4lt man, bei allen anderen Arten des Tetanisirens, die Strychninvergiftung ausgenommen, nur in seltenen F\u00e4llen Ausschl\u00e4ge, welche den Nullpunkt \u00fcberschreiten, oft, bei 15\u00b0 best\u00e4ndiger Ablenkung durch den Muskelstrom, nur 5 \u2014 10\u00b0 r\u00fcckg\u00e4ngiger Bewegung der Nadel. Der Tetanus durch Strychninvergiftung giebt dagegen allerdings wohl \u2014 20\u00b0 Ausschlag unter g\u00fcnstigen Umst\u00e4nden. Es ist nun gewifs sehr nat\u00fcrlich anzunehmen, dafs beim Tetanisiren der Nerven die Gr\u00f6fsen\n1 S. unten, \u00a7. vm.","page":475},{"file":"p0476.txt","language":"de","ocr_de":"476 3. Abschn. Kap. VII. \u00a7. VI. Von der negativen StromesschrvanJcung\nder r\u00fcckg\u00e4ngigen Nadelbewcgung, welche man bei den verschiedenen Arten der Erregung erh\u00e4lt, sich ebenso zu einander verhalten werden, wie beim Tetanisiren der Muskeln von den Nerven aus. Demnach erw\u00e4ge man, welche Aussichten auf einen wahrnehmbaren bejahenden Erfolg hier im Grunde vorhanden waren. Das Tetanisiren der Nerven auf elektrischem Wege giebt gew\u00f6hnlich, unter ung\u00fcnstigen Umst\u00e4nden f\u00fcr den Nerven, wie sie hier obwalten, nur 5\u00b0 negativen Ausschlages. Somit ist schon klar, dafs die \u00fcbrigen Versuchsweisen, die Strychninvergiftung ausgenommen, hier ganz ohnm\u00e4chtig erscheinen m\u00fcssen. Beim Strychninkrampf allein w\u00e4re eine Spur von r\u00fcckg\u00e4ngiger Bewegung, im Betrage h\u00f6chstens eines Grades, zu gew\u00e4rtigen.\nAber es kommt noch ein anderer Punkt hinzu, n\u00e4mlich die im Vergleich zum Muskelstrome so sehr viel gr\u00f6fsere Verg\u00e4nglichkeit des Nervenstromes, sobald einmal der Nerv entbl\u00f6fst, zugerichtet und durchschnitten sich auf den B\u00e4uschen meiner Vorrichtung der Trocknifs und mancherlei sch\u00e4dlichen Einfl\u00fcssen ausgesetzt findet. Dieser Uebelstand kann gering gemacht werden bei der mechanischen, kaustischen, chemischen Reizung, weil bei diesen Versuchsweisen es in die Hand des Beobachters gegeben ist, die Mifshandlung des Nerven vorzunehmen wenn es ihm gut d\u00fcnkt, er also den Augenblick benutzen kann, wo die Nadel erst eben zur Ruhe gekommen ist und der Nerv noch ein m\u00f6glichst grofses Mafs der Leistungsf\u00e4higkeit besitzt. Beim Tetanisiren durch Strychnin dagegen ist von solchem Abpassen nicht die Rede. Hier h\u00e4ngt Alles von einem gl\u00fccklichen Zusammentreffen zahlreicher Umst\u00e4nde ab. Erstlich mufs der Tetanus gut ausfallen; er mufs mit einem lang anhaltenden kr\u00e4ftigen Stofse ganz rein beginnen, dem keine kleinen kurzen Ersch\u00fctterungen, welche den Hauptanfall schw\u00e4chen, voraufgegangen sind. Zweitens mufs dieser Stofs gerade eintreten, wenn die Nadel eben zur Ruhe gekommen ist. Geschieht es fr\u00fcher, so ist selbstverst\u00e4ndlich der Versuch dahin. Geschieht es sp\u00e4ter, so leidet der Nerv Schaden an seiner Leistungsf\u00e4higkeit durch das l\u00e4ngere Aufliegen. Zwischen diesen beiden Grenzen das richtige Mittel zu erhalten, ist nun aber so schwierig, so vom Zufall abh\u00e4ngig, dafs dadurch hinl\u00e4nglich erkl\u00e4rt wird das ganz nichtige Ergebnifs, welches die Mehrzahl der Versuche zu liefern pflegt.\nMan sieht somit, dafs, Alles wohl erwogen, der geringe Erfolg der obigen Bem\u00fchungen im Grunde h\u00e4tte im Voraus verk\u00fcndigt werden k\u00f6nnen. Es ist h\u00f6chst wahrscheinlich, dafs die Spur von r\u00fcckg\u00e4ngiger Bewegung, die wir trotzdem in g\u00fcnstigen F\u00e4llen wahrgenommen haben, wirklich das Anzeichen der von uns gesuchten Erscheinung ist. Allerdings ist zu bemerken, dafs, nach dem Auf h\u00f6ren des tetanisirenden","page":476},{"file":"p0477.txt","language":"de","ocr_de":"beim nicht elektrischen Telanisiren der Nerven. 1. Einleitung. 477\nStromes, die Nadel nicht wiederkehrte, wie sie eigentlich mufste. Allein darauf l\u00e4fst sich erwiedern, dafs wir es zu thun hatten mit einer Winkelbewegung von einem halben bis einem ganzen Grade in einer Gegend der Theilung, n\u00e4mlich dem Nullpunkte nahe, wo sich die Nadel fast im beweglichen Gleichgewichte befindet (S. oben Bd. I. S. 190).\nUeber das, was nun hier geschehen mufste, um zu einem entschieden bejahenden Ergebnisse zu gelangen, konnte ich nicht lange im Zweifel sein. Die Unempfindlichkeit des Strompr\u00fcfers war es, woran meine Bem\u00fchungen scheiterten. Ich mufste also daran denken, die Empfindlichkeit meines Multiplicators zu erh\u00f6hen. Es war ganz gewifs; mit einem Multiplicator, der sich f\u00fcr den Ncrvenstrom so verhielte, wie mein bisheriger Multiplicator f\u00fcr den Muskelstrom, dessen Nadel also durch den Ischiadicus des Frosches an die Hemmung geworfen und in einer best\u00e4ndigen Ablenkung zwischen 10\u201c und 20\u00b0 gehalten w\u00fcrde, mit einem solchen Multiplicator versehen durfte ich darauf rechnen, das mir gesteckte Ziel, das eigentliche Ziel der ganzen Unternehmung zu erreichen.\nIch ging daher an das Werk, und liefs, von den Herren Boet-ticher und Halske, das Instrument erbauen, welches in der folgenden Nummer beschrieben werden soll.\n2. Beschreibung eines Multiplicators von 24160 Windungen f\u00fcr\nden Nervenstrom.\nDas wesentlich Bemerkenswerthe an dem neuen Multiplicator ist nat\u00fcrlich zu suchen in dem Rahmen mit seiner Bewickelung, dem Nadelpaare und der auch hier nothwendig gewordenen Compensation. Indessen mag einiges auch \u00fcber die sehr vollkommene Einrichtung des Ganzen mitgetheilt werden.\n(i) Gestell.\nEine durch drei Speichen und einen dickeren Ring am Umfange verst\u00e4rkte Rothgufsplatte von 172\"\u2019\u201c Durchmesser ruht auf drei Stellschrauben. In dem Centrum des Kreises dreht sich die Axe einer nach unten offenen Messingb\u00fcchse von 138m\u201c Durchmesser und 15mm H\u00f6he, deren Rand auf der Oberfl\u00e4che der Platte schleift. In den Umfang der B\u00fcchse ist ein Schraubengang ohne Ende geschnitten ; sie wird durch eine auf der Rothgufsplatte befestigte Schraube, welche f\u00fcr grobe Verschiebungen ausgel\u00f6st werden kann, mikrometrisch bewegt. Auf den Rand der Rothgufsplatte ist eine Theilung in drittel Grade aufgetragen, welche durch eine an der B\u00fcchse befestigte Alhidade abgelesen wird.","page":477},{"file":"p0478.txt","language":"de","ocr_de":"478\n3. Absclm, Kap VII. \u00a7. VI. 2. Beschreibung eines\nDie Oberfl\u00e4che der B\u00fcchse ist bestimmt, nach Bed\u00fcrfnifs verschiedene Multiplicatorrahmen aufzunehmen. Sie tr\u00e4gt aufserdem den 285\"\"\" hohen B\u00fcgel, an welchem das Nadelpaar h\u00e4ngt, so dafs der Aufh\u00e4ngepunkt heim Drehen der B\u00fcchse stets dieselbe Stellung zum Rahmen be-h\u00e4lt. Auf den Umfang der B\u00fcchse wird auch der Glascylinder aufgesetzt, der das Innere vorZug und Staub sch\u00fctzt. Er ist oberhalb der W\u00f6lbung des B\u00fcgels mit einer Spiegelplatte geschlossen. Wird die untere Fassung des Cylinders an die B\u00fcchse, und an die obere Fassung ein Fernrohr nebst Prisma befestigt, so kann demnach das Instrument als Sinusbussole benutzt werden.\n(ii) Rahmen und Draht.\nDer Rahmen hat ganz die Einrichtung, wie sie gebr\u00e4uchlich ist an den in Deutschland aus den Berliner Werkst\u00e4tten allgemein verbreiteten Multiplicatoren. Er ist aus Buchsbaumholz geschnitzt; seine Seitenw\u00e4nde sind aus drei Dicken gefertigt, um dem Werfen weniger ausgesetzt zu sein. In ihren unteren Theil sind, senkrecht auf ihre Fl\u00e4che, und in einer Flucht mit ihren unteren R\u00e4ndern, Fufsbrctter eingezapft, mit deren H\u00fclfe der Rahmen auf die obere Fl\u00e4che der B\u00fcchse festgeschraubt werden kann. Die Mafse des Rahmens sind folgende:\nL\u00e4nge des Rahmens im Lichten oder des Spielraums f\u00fcr\ndie untere Nadel, in der L\u00e4ngsmittellinie gemessen .\t.\t43\"\"\"\nBreite im Lichten..............................................41\nDicke der Querleisten oder H\u00f6he des Spielraums f\u00fcr die\nuntere Nadel................................................ 3\nL\u00e4nge der Seitenw\u00e4nde.........................................117\nH\u00f6he derselben.................................................81\nDie Querleisten sind nach aufsen gew\u00f6lbt, dergestalt, dafs ihr innerer, den Spielraum der unteren Nadel begrenzender Rand den Abschnitt eines Kreises von 66mra Halbmesser bildet. Ihre Breite, den W\u00e4nden des Rahmens parallel gemessen, betr\u00e4gt 7.5mm. Ihre nach Aufsen gerichteten Kanten sind abgerundet. Die Streben, welche den Spalt zwischen den oberen Windungen offen halten, sind aus Elfenbein und 2ram breit.\nAufgewickelt auf den Rahmen sind 844\u00ae' einfach 1 mit Seide be-sponnenen Kupferdrahtes. Derselbe ist leider nicht \u00fcberall von gleichem\n1 Die Dr\u00e4hte zu galvanischen Leitungen sind gemeiniglich der vollkommneren Deckung halber doppelt mit Seide hesponnen. Diese Vorsicht ist jedoch \u00fcberfl\u00fcssig, wenn man sich nur die M\u00fche geben will, den einfach besponnenen Draht w\u00e4hrend des Aufwi'ckelns genau zu mustern. Sie wird es vollends, wenn man die Lagen firnifst, wie dies doch immer rathsam erscheint. Dann geht aber durch die doppelte Dicke der Seidenschicht ein kostbarer Raum verloren, der","page":478},{"file":"p0479.txt","language":"de","ocr_de":"Multiplicators von 24160 Windungen, (n) Rahmen und Draht. 479\nDurchmesser. Er zerf\u00e4llt in eine Strecke von 2020m L\u00e4nge und 0.15mtn Durchmesser im Kupfer, und in eine andere von 3086m L\u00e4nge und nur 0.13mra Durchmesser. Die Gesammtl\u00e4nge ist mithin = 5106m. Diese L\u00e4nge ist in 12080 doppelten, oder 24160 einfachen Windungen um den Rahmen geschlungen.1 Es wurden zuerst gewickelt 147 regelm\u00e4ssige Lagen im Mittel zu etwa 143 einfachen Windungen. Dabei entstanden, wie dies auch bei der gr\u00f6fsten Sorgfalt unvermeidlich ist,\nweit zweckm\u00e4\u00dfiger mit Windungen ausgef\u00fcllt werden kann. Ueberhaupt ist zu bemerken, da\u00df, sobald die Dr\u00e4hte, im Metall gemessen, so fein werden, dafs die Dicke der Seidenschicht gegen den Durchmesser des Drahtes in Betracht kommt, eben so sehr nach Verd\u00fcnnung der Seidenschicht als nach der des Kupfers zu streben ist. Es ist also der Verd\u00fcnnung der anzuwendenden Dr\u00e4hte die Grenze gesetzt nicht allein durch die Schwierigkeit des Bespinnens, sondern auch durch die Unm\u00f6glichkeit, die zuletzt eintritt, die Verd\u00fcnnung der Seidenschicht mit der des Me-talles gleichen Schritt halten zu lassen. Man mufs, heim Bestellen des Drahtes, nicht vers\u00e4umen, die m\u00f6glichste Feinheit der Bewickelung anzuempfehlen.\n1 Folgendes ist eine Uebersicht der mir bekannt gewordenen Multiplicatoren mit zahlreichen Windungen. Die gr\u00f6fste bisher in Gebrauch gekommene Anzahl von Windungen ist meines Wissens die des FECHNER\u2019schen langen Multiplicators, n\u00e4mlich 12076 Windungen bei 16 454 Par. Fufs (= 5 347.sm) Drahtl\u00e4nge. (S. Poggendorff\u2019s Annalen u. s. w. 1838. Bd. XLV. S. 235.') Danach kommt wohl H. Schroeder\u2019s Multiplicator mit 10 000 Windungen (S. ebendas. 1841. Bd. LIV. S. 58*); dann Dove\u2019s von Kleiner\u2019s Arbeit mit 5500 (S. oben Bd. I. S. 437); der von uns bis zu dieser Stelle angewandte Multiplicator mit 4650; ein Schroeder\u2019-scher mit 4500 (S.a.a.O.); unser Museumsmultiplicator mit 4100; der Schroeder\u2019-sche von Valentin angewandte mit 3300 (S.oben Bd. I. S. 131); der von Bonijql verfertigte in El. Wartsiann\u2019s H\u00e4nden mit 3000 (S. oben S. 249); endlich die Multiplicatoren von Goorjon und Ruhmkorff, deren Matteucci sich zu bedienen pflegt, mit 2500 Windungen (S. oben Bd. I. S. 119. Bd. II. S. 248).\nBei der Bestimmung des Durchmessers der Dr\u00e4hte meines neuen Instrumentes habe ich aus Unkenntnifs leider die Vorsichtsma\u00dfregeln vers\u00e4umt, welche Fechner a. a. 0. wegen der verj\u00fcngten Gestalt des Drahtes empfiehlt, die von der Ausweitung des Ziehloches im Verlauf des Ziehens herr\u00fchrt. Die obigen Messungen sind n\u00e4mlich nur an dem einen Ende der Dr\u00e4hte angeslellt. So sind auch die Proben, auf deren W\u00e4gung die L\u00e4ngenma\u00dfe beruhen, nur von demselben Ende genommen und somit m\u00f6glicherweise auch diese Ma\u00dfe nicht ganz zuverl\u00e4ssig.\nIch nehme diese Gelegenheit wahr, einen Irrlhum zu berichtigen, in den ich oben Bd. I. S. 164. 165 bei Beschreibung des Multiplicators von 4 650 Windungen verfallen bin. Die Besorgni\u00df, es m\u00f6chten die unteren Lagen der unteren Windungen, oder gar schon die mittleren der oberen, wegen ihrer wachsenden Entfernung von den Nadeln keinen Einflu\u00df mehr auf ihre Stellung aus\u00fcben, erweist sich theoretisch als ungegr\u00fcndet. Man wird vielmehr mit Vortheil immer gr\u00f6\u00dfere Drahtmassen verwenden, so lange man nicht dadurch den Widerstand des Kreises in gleichem oder rascherem Ma\u00dfe vergr\u00f6\u00dfert, als die Function der Zahl der Windungen, welche die Wirkung auf die Nadel f\u00fcr die Einheit der Stromst\u00e4rke ausdr\u00fcckt, was bei den thierischen Erregern, namentlich den Nerven, nicht sobald der Fall sein d\u00fcrfte.","page":479},{"file":"p0480.txt","language":"de","ocr_de":"480\t3. Abschn. Kap. Vil. \u00a7. VI. 2. Beschreibung eines\nUnregelm\u00e4fsigkeiten in der Gestalt des Gewindes. Diese wurden durch passendes Zuwickeln der L\u00fccken und Freilassen der erhabenen Stellen ausgeglichen, und dann das Ganze noch mit 9 regehn\u00e4fsigen Lagen im Mittel zu 145 einfachen Windungen bekleidet.\nDas Wickeln \u00fcbernahm ich selber, und verfuhr dabei nach folgender Methode, welche zum Theil von den K\u00fcnstlern, in deren Werkst\u00e4tte mir zu arbeiten verg\u00f6nnt war, ersonnen, theils uns durch die Erfahrung an die Hand gegeben wurde. Von einer Drehbank wurde die Schnur entfernt und ein Futter aufgeschraubt, worin ein schwach keilf\u00f6rmiges Messingst\u00fcck eingelassen war, welches am Rahmen in den Spielraum f\u00fcr die untere Nadel pafste. Der Rahmen wurde auf das Messingst\u00fcck gesteckt, durch eine vorgelegte Platte, welche gegen dasselbe durch Schrauben angezogen werden konnte, befestigt, und drehte sich nunmehr mit der Spindel dergestalt, dafs seine Seitenw\u00e4nde in Einer senkrechten Ebene blieben. Dem Rahmen gegen\u00fcber waren, an einer wagerecht ausgespannten Schnur als Axe drehbar, die beiden gleichzeitig abzuwickelnden Drahtrollen nebeneinander angebracht. Der aus der Hand gedrehte Wirtel trieb durch einen Schnurlauf aus vulcanisirtem Kautschuk ein Z\u00e4hlerwerk, welches die Zahl der doppelten Umg\u00e4nge selbst dann unmittelbar richtig angab, wenn einmal, wie dies zuweilen geschah, dazwischen hatte abgewickelt werden m\u00fcssen.\nWar eine Lage fertig, so wurde jeder der beiden Dr\u00e4hte auf seine Unversehrtheit gepr\u00fcft. Hiezu verband ich sein freies Ende mit dem einen Poldraht einer DANiELi/schen Kette. Der andere Poldraht hing mit dem einen Ende des oben Bd. I. S. 224 beschriebenen Multiplicators mit kurzem Draht zusammen. Das andere Ende des Multiplicators war mit einem Draht versehen, der in eine feine Slahlspitze (eine alte Staarnadel) auslief. Die Stahlspitze versenkte ich in die Bewickelung des zu pr\u00fcfenden Drahtes. Sodann wurde dieselbe Pr\u00fcfung vorgenommen, indem das freie Ende des einen Drahtes mit der Kette in Verbindung stand, und die Stahlspitze in die Bewickelung des anderen Drahtes versenkt wurde. Dies hatte zum Zweck, sich zu \u00fcberzeugen, dafs wirklich beide Dr\u00e4hte ven einander isolirt seien. Es mufste n\u00e4mlich alsdann die Multiplica-tornadel unbeweglich bleiben.1 * * * War auf diese Weise die Lage untadelhaft befunden, so wurde sie mit einer filtrirten L\u00f6sung von ostindischem Copalharz in wasserfreiem Aether gefirnifst,5 und die folgende Lage\n1 Ein erster Rahmen, den ich zu wickeln versucht hatte, und der 11900 Win-\ndungen besafs, zeigte sich, wegen Vers\u00e4umnifs der hier angegebenen Vorsichts-\nmafsregeln, v\u00f6llig unbrauchbar, indem der eine Draht keinen Strom durchliefs.\n1 Bei dem eben erw\u00e4hnten mifsgl\u00fcckten Rahmen hatte ich die Lagen gefirnifst\nmit dem k\u00e4uflichen unfiltrirten Schellackfirnifs, wie dies, wenn ich nicht irre, all-","page":480},{"file":"p0481.txt","language":"de","ocr_de":"Multiplie alors bon 24160 Windungen, (n) Rahnen und Draht. 4SI\nbegonnen. Fand ich den Draht irgendwo zerrissen, so wurde er in etwa 10mm L\u00e4nge zusammengedreht, in einer Strecke von wenigen Millimetern mit Zinn verl\u00f6thet und wieder mit Seide bewickelt. Das Zusammendrehen \u00fcber die L\u00f6thung hinaus ist nothwendig, weil das Kupfer durch Legirung mit dem Zinn leicht aufserordentlich br\u00fcchig wird. Beim L\u00f6then hat man darauf zu achten, dafs nicht Zacken und Spitzen am Loth sich bilden. Diese dr\u00fccken sich leicht durch die Seide der benachbarten Windungen bis zur metallischen Ber\u00fchrung hindurch, so dafs entweder Windungen derselben Leitung aufser Th\u00e4tig-keit, oder beide Leitungen mit einander in Verbindung kommen. Das Wickeln einer jeden Lage erforderte im Durchschnitt \u00fcber eine halbe Stunde.\nDie Seitenw\u00e4nde des Rahmens waren urspr\u00fcnglich h\u00f6her gelassen, als nothwendig. Als nun die Windungen begannen an beiden Enden des Rahmens \u00fcber denselben hervorzuquellen, wurde er von dem keilf\u00f6rmigen Messingst\u00fcck, seiner bisherigen Axe, gel\u00f6st, ein grofses Futter mit dem Support plan abgedreht, der Rahmen mit den noch abzuwickelnden Rollen so darauf befestigt, dafs seine Querleisten der Ebene des Futters parallel liefen, seine unteren R\u00e4nder nebst den Fufs-brettern plan abgedreht, dann diese auf das Futter aufgesetzt, und die oberen R\u00e4nder bis hart an den Draht gleichfalls plan abgedreht. So waren die oberen und unteren R\u00e4nder des Rahmens nach M\u00f6glichkeit\ngemein \u00fcblich ist (S. z. B. oben S. 110). Allein bei der bedeutenden Drahtmasse, welche das Auslrocknen verz\u00f6gerte, zeigten sich beide Dr\u00e4hte noch nach langer Zeit so wenig durch den Firnifs von einander isolirt, dafs schon aus diesem Grunde die Arbeit mehrerer Wochen h\u00e4tte verworfen werden m\u00fcssen, da kaum zu hoffen schien, dafs sich dieser Zustand binnen Jahresfrist bessern w\u00fcrde. Der Aelher-firnifs bietet dagegen den ungemeinen Vortheil, fast augenblicklich einzutrocknen, so dafs trotz der ungeheuren Oberfl\u00e4che, welche sich beide Dr\u00e4hte einander in einem der doppelten Dicke der Bewickelung entsprechenden Abstande darboten (S. oben a. a. 0.), zuletzt doch nur eine \u00e4ufserst schwache Spur vom Probestrom durch den Firnifs ging.\nDafs eine zwischen beiden Dr\u00e4hten bestehende Leitung nicht metallischer Art ist, sondern durch den Firnifs stattfindet, kann man leicht dadurch pr\u00fcfen, dafs man ein Ende des einen und ein Ende des anderen Drahtes mit den Polen einer S\u00e4ule in Verbindung setzt, w\u00e4hrend die beiden anderen Enden von einander isolirt sind. Man l\u00e4fst den Strom einige Zeit hindurchgehen, und schaltet dann pl\u00f6tzlich, mit H\u00fclfe eines Stromwenders, statt der S\u00e4ule einen Multiplicator in den Kreis der Dr\u00e4hte ein. War die Leitung metallisch, so bleibt die Nadel in Ruhe. Fand sie durch den Firnifs als feuchten Leiter statt, so sieht man, in Folge der auf den Dr\u00e4hten als Elektroden entwickelten Ladungen, die Nadel im umgekehrten Sinne von dem abweichen, in welchem der Strom der S\u00e4ule durch die Dr\u00e4hte gesandt worden war.\nII.\n31","page":481},{"file":"p0482.txt","language":"de","ocr_de":"482\t<\u00ee. Abschn, Kap. VII. \u00a7. VL 2. Beschreibung eines\nplanparallel und dabei den Querleisten gleichlaufend gemacht, und nun erst wurde der Rahmen ganz voll gewickelt.\nDer Spalt zwischen den oberen Windungen wurde w\u00e4hrend des Wickelns aufser durch die erw\u00e4hnten elfenbeinernen Streben noch durch drei Messingplatten offen gehalten, wovon die mittlere, welche als Keil wirkte, zuletzt eingebracht und zuerst entfernt wurde, um nicht die Windungen des zarten Drahtes zu verletzen. Um diese Gefahr zu vermindern , die auch wiederkehrt beim Einbringen und Herausnehmen des keilf\u00f6rmigen Messingst\u00fcckes in den Spielraum f\u00fcr die untere Nadel, w\u00fcrde es sehr zweckm\u00e4fsig sein, die Querleisten sowohl unterhalb als oberhalb und die Streben seitlich mit d\u00fcnnem, festem, glattem Papier, etwa Briefpapier, zu \u00fcberspannen. Dadurch w\u00fcrde zugleich vermieden werden, dafs etwa lose ausgefallene Windungen, wie auch Seidenf\u00e4den von der Bewickelung, st\u00f6rend in den Spalt und den Spielraum hineinragen (S. oben Bd. I. S. 163).\nAuf die oberen R\u00e4nder des Rahmens wurde unmittelbar die unten n\u00e4her zu beschreibende Theilung aufgesetzt, und nach M\u00f6glichkeit mit demselben centrirt. Dann wurde der Rahmen auf die Messingb\u00fcchse aufgeschraubt, so dafs die Ebene der Windungen die des B\u00fcgels senkrecht schnitt. Mit der Drehungsaxe der B\u00fcchse brauchte der Rahmen \u00fcbrigens nicht genau centrirt zu werden. Denn die Schraube, welche die Nadel tr\u00e4gt, bewegt sich in einem Aufsatz auf und nieder, der in einem den B\u00fcgel kr\u00f6nenden Ring mittelst drei Centrirschrauben die feinsten Verschiebungen erhalten und in jeder Lage festgestellt werden kann. So kann also die Nadel mit dem Rahmen und der Theilung centrirt werden. Da aber der B\u00fcgel mit der B\u00fcchse in einem St\u00fcck drehbar ist, so ist es gleichg\u00fcltig, ob die Drehungsaxe der Nadel und die der B\u00fcchse zusammenfallen oder nicht. Die Drehungswinkel der B\u00fcchse, die man an der beweglichen Theilung der B\u00fcchse mit H\u00fclfe der unverr\u00fcckt gedachten Nadel, und diejenigen, die man an der festen Theilung der Rothgufsplatte mit H\u00fclfe der Alhidade der B\u00fcchse abliest, werden einander stets gleich sein.\nDie Dr\u00e4hte endigen folgendermafsen. An den Anfang und an das Ende jedes derselben ist ein dickerer Draht gel\u00f6thet und zu einem Loch in der Seitenwand des Rahmens herausgef\u00fchrt. Der dickere Draht ist noth-wendig, weil der d\u00fcnne Multiplicatordraht selber leicht einmal im Loch abbrechen k\u00f6nnte, wodurch, wenn dies am \u00e4ufseren Ende einer Leitung gesch\u00e4he, der Rahmen wenigstens zeitweise, wenn gar am inneren Ende, f\u00fcr immer unbrauchbar gemacht sein w\u00fcrde. Wo ein dickerer Draht mit einem d\u00fcnneren verl\u00f6thet ist, bricht der letztere gern ab. Dem zu begegnen, sind hier die dicken Dr\u00e4hte in heifser Salpeter-","page":482},{"file":"p0483.txt","language":"de","ocr_de":"Multip\u00eeicators von 24160 Windungen, (u) Rahnen und Draht. 483\ns\u00e4ure spitz ge\u00e4tzt worden, so dafs sie in etwa 10mm L\u00e4nge den Durchmesser des d\u00fcnneren Drahtes erreichen. Die dicken Enddr\u00e4hte der einen Leitung sind mit gr\u00fcner, die der anderen mit rother Seide be-sponnen.\nDie Oberfl\u00e4che der B\u00fcchse bietet jederseits des Rahmens zur Aufnahme der vier Dr\u00e4hte eines beliebigen aufzusetzenden Multiplicatorgewindes zwei durch Elfenbein isolirte Klemmschrauben dar. Sie sind mit vier in gleicher Weise isolirten Klemmschrauben an dem Rande der Rothgufsplatte ein f\u00fcr allemal in Verbindung durch Dr\u00e4hte, welche im Inneren der B\u00fcchse mehrmals lose um die Axe geschlungen sind, um die freie Bewegung der B\u00fcchse zu gestatten. Die Dr\u00e4hte, die von demselben Paar Klemmschrauben auf einer Seite des Rahmens kommen, sind entsprechend den Enddr\u00e4hten des Gewindes verschiedenfarbig besponnen, und in ihrem Verlauf in der B\u00fcchse in einander geflochten.\n(m) Nadeln.\nDie Nadeln sind cylindrisch, scharf zugespitzt und haben folgende Mafse:\nL\u00e4nge der Nadeln........................37.5\"\u2122\nDurchmesser.............................0.7\nAbstand im Lichten......................40.5\nSie sind demnach, wie man aus einem Vergleich mit den Angaben Bd. I. S. 165 sieht, viel k\u00fcrzer und auch d\u00fcnner, als die des bisher angewandten Multip\u00eeicators, wie auch die Mafse. des Rahmens dieser K\u00fcrze angepafst sind. Trotzdem halten sie sehr gut den Magnetismus. Sie sind folgendermafsen zubereitet. Ein St\u00fcck vom besten englischen Stahldraht wurde in einem B\u00fcgel so stark gerade ausgespannt, als es ertragen konnte, ohne sp\u00e4ter im gl\u00fchenden Zustande zu reifsen. Es wurde gl\u00fchend gemacht, und in dieser Lage geh\u00e4rtet. Alsdann wurden zwei benachbarte Strecken davon herausgebrochen, und in siedendem Lein\u00f6l angelassen. So erhielt man die Nadeln zugleich m\u00f6glichst gerade, und von m\u00f6glichst gleicher Beschaffenheit.\nDas Zwischenst\u00fcck ist aus Schildpatt gearbeitet. Es wiegt, obschon es den Nadeln an L\u00e4nge gleichkommt, doch nur 0.060er, beide Nadeln zusammen 0.260er. Die beiden L\u00f6cher f\u00fcr die Nadeln in dem Zwischenst\u00fcck sind auf der Drehbank mit dem Support gebohrt und mithin urspr\u00fcnglich parallel. Nichtsdestoweniger zeigt das System die Erscheinung der freiwilligen Ablenkungen (S. oben Bd. I. S. 169) auf\u2019s entschiedenste.\nDer grofse Abstand der Nadeln liefs eine sehr bequeme Art zu, sie zuerst beide bis zur S\u00e4ttigung zu streichen, ohne dafs man n\u00f6thig\n31 *","page":483},{"file":"p0484.txt","language":"de","ocr_de":"484\n3. Abschn. Kap. VH. \u00a7\u25a0 VI. 2. Beschreibung\ngehabt h\u00e4tte, sie aus ihrer Fassung zu entfernen. Es wurde n\u00e4mlich das System in einer h\u00f6lzernen Blechklemme, wie sic Poggendorff zu galvanischen Versuchen angegeben hat,1 zwischen Korkst\u00fcckchen eingespannt, mit denen die Backen der Klemme gef\u00fcttert waren, und die einander gegen\u00fcber liegenden Enden beider Nadeln an den Polen eines Hufeisenmagnetes gleichzeitig gestrichen.2 Die fernere Abgleichung geschah nach den oben Bd. I. S. 166 dargelegten Grunds\u00e4tzen durch Schw\u00e4chung der stets st\u00e4rkeren oberen Nadel mittelst einer sehr schwach magnetisirten kleinen N\u00e4hnadel, womit jene verkehrt gestrichen wurde, d. h. der Nordpol mit dem Nordpol u. s. w.\nDie Metallmassen der B\u00fcchse und der Bodenplatte des Instrumentes wirken merklich d\u00e4mpfend auf die Schwingungen des Syst\u00e8mes ein. Ohschon dies eigentlich meinem Zwecke nicht entsprach, fl\u00fcchtige Stromesschwankungen von geringer Gr\u00f6fse zu beobachten, so fand ich mich doch bald in diesen Uebelstand, da er bei vielen anderen Gelegenheiten sich als bedeutende Annehmlichkeit darstellte.\n(iv) Theilung, Art der Ablesung, Vorkehrung gegen die Luftstr\u00f6mungen, und Hemmungen.\nDie Theilung besteht aus einer 2.6\"\"\" dicken, viereckten Elfenbeinplatte von 64.5mm Seite, deren Mitte, in einem der L\u00e4nge der Nadeln entsprechenden Kreise, bis auf 0.4\"\u201c\" d\u00fcnn gedreht ist. Sie ist, nach dem Durchmesser der 90\u00b0-Punkte, in zwei H\u00e4lften geschnitten. Wegen der K\u00fcrze des Halbmessers schreitet die Theilung nur von zwei zu zwei Graden fort.\nDa es h\u00e4ufig darauf ankommt, Schwankungen der Gleichgewichtsstellung der Nadel um nur wenige Grade abzulesen, so hat hiezu, abermals wegen der K\u00fcrze der Nadel, ein Fernrohr angebracht werden m\u00fcssen. Neben dem Multiplicator steht ein h\u00f6lzerner Galgen, dessen wagrechter Arm \u00fcber der Mitte des Instrumentes endigt. Hier tr\u00e4gt er einen zweiten wagrechten Arm, der an dem ersten drehbar ist in einer mit der Drehungsaxe der Nadel m\u00f6glichst centrirten Senkrechten.\n1 In seinen Annalen u. s. w. 1841. Bd. LII. S. 509. 510.*\n1 F\u00fcr Nadelpaare von geringerem Abstande wird man dasselbe Verfahren an-Vvenden k\u00f6nnen, wenn man die Pole des Stahlmagnetes mit Schuhen von weichem Eisen versieht. Ich weifs zur Zeit noch nicht, bis zu welchem Grade es vorteilhaft sein w\u00fcrde, sich zum Streichen der Nadeln astatischer Systeme des gal-nischen Stromes zu bedienen (Vergl. Elias in Poggendorff\u2019s Annalen u. s. w. 1844. Bd. LXI1. S. 249.* \u2014 R. Boettger ebendas. 1846. Bd. LXV1I. S. 112;* \u2014 Archives des Sciences physiques et naturelles. 1846. t. I. p. 202.* \u2014 Elias in Poggenoorfe\u2019s Annalen u. s. w. 1846. Bd. LXVII. S. 356*).","page":484},{"file":"p0485.txt","language":"de","ocr_de":"eines Mullip\u00fccators von 24160 Windungen,\n485\nVon dem beweglichen wagrechten Arme steigt zur Seite der Glocke ein senkrechter Arm nieder, der in eine Klemme ausl\u00e4uft\", in welche das Fernrohr eingespannt ist. So kann dasselbe mit Leichtigkeit die Nadel in jeder Stellung aufsuchen und ins Auge fassen.\nDer dickere Rand der Theilung ist bestimmt, einen doppelten Zweck zu erf\u00fcllen. Einmal soll er das Werfen des d\u00fcnnen mittleren Theiles verh\u00fcten. Dies thut er jedoch nur unvollkommen, so dafs, um letzteren eben zu erhalten, aufser dem Firnissen noch andere Vorkehrungen getroffen worden sind. Zweitens sch\u00fctzt der erhabene Rand die obere Nadel vor Luftstr\u00f6mungen (S. oben Bd. I. S. 193). Um auch die untere davor zu sch\u00fctzen, sind die Schlitze in den Seitenw\u00e4nden, durch welche der Spielraum f\u00fcr die untere Nadel sich nach Aufsen \u00f6ffnet, mit Glasplatten geschlossen. Ich kann demgem\u00e4fs sagen, dafs ich, trotz der, wie man sehen wird, fast unendlichen Empfindlichkeit des Nadelpaares, mich an diesem Instrumente noch niemals durch Luftstr\u00f6mungen bel\u00e4stigt gefunden habe.\nStatt der vom Aufh\u00e4ngepunkte der Nadel herabh\u00e4ngenden, die Theilung in den 90\u00b0-Punkten durchbohrenden F\u00e4den, welche bei dem fr\u00fcheren Multiplicator als Hemmungen dienten (S. oben Bd. I. S. 201), ist hier folgende Anordnung gew\u00e4hlt worden. Von dem dickeren Rande der Theilung aus springen nach jenen Punkten zu \u00e4ufserst d\u00fcnne Glimmerpl\u00e4ttchen vor, welche gleich Zungen in den Orgelpfeifen mit dem einen Ende zwischen beide H\u00e4lften der Theilung eingeklemmt, mit dem anderen freien Ende federnd die obere Nadel aufzufangen bereit sind. Sie leisten dies auf eine \u00e4ufserst angemessene Weise.\n(v) Ablenkungen durch die Drahtmassen und ihre Berichtigung.\nDer Draht des Multiplicators ist nicht frei von Magnetismus, und da seine Masse sehr bedeutend ist, so finden auch sehr starke Ablenkungen des Nadelpaares aus der Ebene seiner freiwilligen Ablenkung statt. Sie belaufen sich, wenn die Windungen in diese Ebene eingestellt sind und das System in dem besten Zustande sich befindet, den ich ihm zu ertheilen vermag, auf \u00b128\u00b0.\nDieser Umstand war, bei den bekannten Eigenschaften des in Berlin gefertigten Kupferdrahtes, vorhergesehen worden, und meine urspr\u00fcngliche Absicht war, dagegen den von Ruhmkorff angegebenen Compensator in Anwendung zu bringen, dessen oben Bd. I. S. 189 schon gedacht worden ist. Er besteht aus zwei Magnetst\u00e4ben, Welche mit ungleichnamigen Polen zusammengef\u00fcgt in der Ebene der freiwilligen Ablenkung und der Verl\u00e4ngerung des Aufh\u00e4ngefadens neben einander angebracht sind. Soll die Astasie vermindert werden, so mufs der untere","page":485},{"file":"p0486.txt","language":"de","ocr_de":"486 <?\u25a0 Absehn. Kap. VII. \u00a7. VI. 2. (v) Berichtigung der Ablenkungen\nNordpol des compensirenden Syst\u00e8mes dem S\u00fcdpol der oberen Nadel des astatischen Syst\u00e8mes entsprechen. Es ist eine Vorkehrung da, mit deren H\u00fclfe die beiden St\u00e4be, gleich den Schenkeln eines Zirkels, um ihren oberen Vereinigungspunkt gedreht und dadurch um gleiche Winkel aus der Senkrechten entfernt werden k\u00f6nnen. Auf diese Weise vermag man, zwischen gewissen, durch die Mafse und die St\u00e4rke der St\u00e4be, ihre Entfernung von einander und von dem astatischen Systeme bestimmten Grenzen, alle m\u00f6glichen Stufen der Wirkung auf das letztere auszu\u00fcben. Dies Verfahren ist zwar viel weniger leicht ins Werk zu setzen, als das von Melloni angegebene, dessen wir uns in dem bisherigen Laufe dieser Untersuchungen mit allem Vortheil bedient haben, und mit dem es im Wesentlichen ganz auf Eins hinausl\u00e4uft; daf\u00fcr bietet cs aber auch, wenn einmal die passenden mechanischen Einrichtungen gegeben sind, nicht unerhebliche Vorz\u00fcge dar. Man bedarf erstlich nicht mehr, wie zur Aufstellung des MEULONi\u2019schen Berichtigungsstabes, eines ausgedehnten Consols (S. oben Bd. I. S. 173); und wenn der B\u00fcgel, auf den der Compensator aufgesetzt wird, mit den Windungen drehbar ist, so gew\u00e4hrt jenes Verfahren zweitens die M\u00f6glichkeit, bei ausgef\u00fchrter Compensation den Multiplicator nach Poggendorff\u2019s allgemeiner Methode zu graduiren (S. oben Bd. I. S. 198), nachdem man einfach vorher die Drehkr\u00e4fte des Gewindes + denen des Compensators f\u00fcr jede Stellung der Nadeln gegen die Windungen auf die oben Bd. I. S. 179. 180 angegebene Weise ermittelt hat. Ist der Compensator nicht mit den Windungen drehbar, so geht allerdings dieser Vortheil verloren, man braucht noch eine dritte Versuchsreihe zur Graduation. 1\nRuhmkorff scheint, nach der von Matteucci gegebenen Abbildung (S. oben a. a. 0.), seinen Compensator einfach auf den Glasdeckcl des Cylinders seines Multiplicators \u00fcber der Tragschraube des Nadelpaares aufzusetzen, und die gleiche Ablenkung der um ihre Axe mit Reibung drehbaren St\u00e4be aus der Senkrechten durch Einstellen mit der Hand nach einer Theilung zu bewirken. An meinem Instrument ist die Einrichtung zu diesem Zwecke folgende.\nDer oben S. 482 bereits erw\u00e4hnte centrirbare Aufsatz auf dem den B\u00fcgel kr\u00f6nenden Ring, in welchem die Tragschraube der Nadeln auf und nieder geht, hat oberhalb dieser Schraube noch einen senkrechten konischen Zapfen, der mit der Schraube centrirt ist. Auf den Zapfen wird, mit einer wohlaufgeschliffenen H\u00fclse, ein senkrechtes Messingst\u00fcck aufgesetzt) welches die Magnete tr\u00e4gt. Jeder der beiden\n1 S. hier\u00fcber Hecmholtz in Mueu,er\u2019s Archiv f\u00fcr Anatomie und Physiologie u. s. w. 1848. S, 151. 152.*","page":486},{"file":"p0487.txt","language":"de","ocr_de":"(lurch die Drahtmassen am Multiplicator von 24160 Windungen, 487\nSt\u00e4be ist mit seinem oberen Ende an ein Zahnrad befestigt. Beide Zahnr\u00e4der, denen das Messingst\u00fcck zur Platine dient, greifen sicher ineinander. So geschieht es, dafs beide St\u00e4be stets um gleiche Winkel aus der Senkrechten abgelenkt sind. Sie k\u00f6nnen nun, mittelst einer passend angebrachten Klemmschraube, in jeder beliebigen Stellung festgestellt werden. Neben dem konischen Zapfen erhebt sich von dem beweglichen Aufsatz aus noch ein senkrechtes Messingst\u00fcck. Dies kommt zwischen zwei Vorspr\u00fcnge an der H\u00fclse des Compensators zu liegen. Die Vorspr\u00fcnge sind mit mikrometrischen Correctionssclirauhen versehen , welche gegen das Messingst\u00fcck spielen und die feine Stellung des magnetischen Syst\u00e8mes im Azimuth beherrschen.\nAls ich nun so weit gekommen war, mit diesem Compensator einige Vorversuche anzustellen, gewahrte ich mit Staunen, dafs der Multiplicator, trotz der so viel gr\u00f6fseren Anzahl seiner Windungen, dem vortheilhaften Bau aller seiner Theile und den vortrefflichen Eigenschaften seines Nadelpaares, den bisher angewandten nicht sehr an Empfindlichkeit \u00fcbertraf. Der Strom des Gastroknemius warf die Nadel an die Hemmung, und hielt sie auf 25 \u2014 30\u00b0 best\u00e4ndiger Ablenkung; der Strom des Ischiadicus trieb sie nur bis 20\u00b0 oder 25\u00b0 ausschlagsweise, und hielt sie best\u00e4ndig auf 8 \u2014 10\u00b0.\nEs gab sich jedoch, unter diesen Umst\u00e4nden, ein Unterschied von der Erscheinungsweise an dem \u00e4lteren Multiplicator zu erkennen, der mich bald auf die richtige Spur f\u00fchrte, um von dem neuen Instrumente das zu erhalten, was ich davon zu erwarten berechtigt war. Die Nadel desselben schwang n\u00e4mlich, bei ungef\u00e4hr gleicher Empfindlichkeit, und trotz dem d\u00e4mpfenden Einfl\u00fcsse der benachbarten Metallmassen, aufserordent-lich viel schneller als die Nadel des Multiplicators von nur 4650 Windungen. Sie vollzog diese Schwingungen unter dem vereinigten Einfl\u00fcsse der Kr\u00e4fte der Erde, des Compensators und der Drahtmassen. Die geringe Empfindlichkeit r\u00fchrte nun offenbar daher, dafs die Summe der beiden ersteren Kr\u00e4fte hatte so grofs gemacht werden m\u00fcssen, um die letztere Kraft eben zu \u00fcberwiegen, in der Gegend der Theilung, in welcher sie die Nadel vom Nullpunkt abzulenken strebt. Die ablenkende Kraft der Drahtmassen ist eine durch die Natur, die Mafsc und die Gestalt des Gewindes gegebene. Es scheint somit auf den ersten Blick, als sei dadurch auch die Grenze der Astasie unwiderruflich bestimmt, welche dem System \u00fcberhaupt gelassen werden d\u00fcrfe, damit es auf dem Nullpunkt verharre. Allein eben hier lag der Fehler, den ich begangen hatte, und eine mir bisher unbemerkt gebliebene L\u00fccke in den oben Bd. I. S. 184 ff. mitgetheilten Betrachtungen \u00fcber die verschiedenen Arten der Compensation, Die Sache ist diese.","page":487},{"file":"p0488.txt","language":"de","ocr_de":"488 3- Absclm. Kap. VIL \u00a7. VI. 2. (v) Berichtigung der Ablenkungen\nDer MELLONi\u2019sche, der RuHMKORFF\u2019sche, genug alle \u00e4hnlichen Berichtigungsmagnete wirken wegen ihres Abstandes vom astatischen System auf allen Punkten der Theilung mit einer fast gleichen Resultante auf die Nadel. Die wagerechte tangentiale Componente dieser Resultante ist Null im Nullpunkt, und f\u00e4llt zusammen mit der Resultante selber im 90\u201c-Punkte. Die Curve der st\u00f6renden Kr\u00e4fte schneidet aber die Sinuscurve der Erdkraft in einiger Entfernung vom Nullpunkte, und sp\u00e4ter sogar die zur Abscissenaxe entwickelte Theilung ungef\u00e4hr in der Gegend, welche der Diagonale des Rahmens entspricht. Ueber den ersten dieser Schneidepunkte hinaus also bringt der Compensator, ohne allen Nutzen, einen m\u00e4chtigen, immer steigenden Verlust an Empfindlichkeit hervor. Da das Maximum der Curve der st\u00f6renden Kr\u00e4fte dem Nullpunkte sehr nahe liegt, zwischen 5\" und 10\u00b0, so wird schon sofort \u00fcber dieses Maximum hinaus unn\u00fctzerweise eine grofse Einbufse an Empfindlichkeit stattfinden. Bei Multiplicatoren von geringer Drahtmasse mag diese Einbufse nicht in Anschlag kommen gegen die \u00fcbrigen Vorz\u00fcge der in Rede stehenden Compensationsmethode, die Leichtigkeit ihrer Verwirklichung mit mechanischer Vollkommenheit und die Zuverl\u00e4ssigkeit der Wirkung gr\u00f6sserer sorgsam geh\u00e4rteter Stahlst\u00e4be. Allein in unserem Falle ist dem nicht mehr so; jener Verlust \u00fcbersteigt durchaus das ertr\u00e4gliche Mafs. Es ist demnach klar, es inufs auf eine andere Weise der Berichtigung gesonnen werden, welche der Nadel nicht nur gerade so viel an Astasie nimmt, dafs sie auf dem Nullpunkte verweilen k\u00f6nne, sondern auch sie der Astasie nur in der Gegend beraubt, wo es nothwendig ist, n\u00e4mlich etwa innerhalb der ersten 25\u00b0 Grade der Theilung.\nIn der That, es f\u00fchrt diese Betrachtung zu der Vorstellung einer m\u00f6glichst vollkommenen Compensation. Man denke sich die Ordiuaten der Curve der st\u00f6renden Kr\u00e4fte OasB (Fig. 125. Taf. IV. Vergl. dazu die Fig. 1\u20144. Taf. I. Bd. I. und ebendas. S. 177), von denen der Sinuscurve OsM abgezogen und die Ordinatenunterschiede als Differen-zencurve aufgetragen, so erh\u00e4lt man zwischen dem Nullpunkte und der Abscisse des Schneidepunktes s eine Kuppe Das, deren Ordinaten ablenkend wirken. Diese Ordinaten gilt es in der Weise zu compen-siren, dafs der Ueberschufs der compensirenden Kr\u00e4fte m\u00f6glichst klein sei und stetig nach dem Punkte s hin zunehme, und dafs die compensirenden Kr\u00e4fte jenseits dieses Punktes, wo sie beginnen sich zu den Erdkr\u00e4ften hinzuzuf\u00fcgen, zwar m\u00f6glichst schnell, aber doch, damit keine Discontinuit\u00e4t stattfinde, allm\u00e4lig ein Ende nehmen. Die Curve Ou'\u00df in der Figur w\u00fcrde diesem Ideal einer berichtigenden Curve entsprechen; es ginge schliefslich hervor die einlenkende Curve Oy\u00f6\u00dfr,","page":488},{"file":"p0489.txt","language":"de","ocr_de":"durch die Drahtmassen am Mul tip lie a tor von 24160 Windungen. 489\nDas Mittel, eine solche berichtigende Curve wenigstens ann\u00e4hernd herzustellen, liegt bereits in dem Vorigen angedcutet. Es mufs der Abstand derNadel von dem Compensator bei ihrer Ablenkung vom Nullpunkte schnell wachsen, damit seine Wirkung gleich der derDrahtmasseu schnell abnehme. Es mufs also der Compensator dem Nullpunkte sehr nahe, und zugleich, entsprechend dieser N\u00e4he, aufserordentlich viel schw\u00e4cherer Beschaffenheit sein, als die vormals angewandten. Ich suchte dies zuerst dadurch zu verwirklichen, dafs ich, nach Kleiner\u2019s Angabe (S. oben Bd. I. S. 186), den Spalt zwischen den oberen Windungen mit einer stetigen Kupfermasse ausf\u00fcllte. Zwar r\u00fchren die st\u00f6renden Kr\u00e4fte des Gewindes nicht allein her von der Vertheilung der oberen Windungen in zwei symmetrische H\u00e4lften, sondern auch von der l\u00e4nglich viereckten Gestalt desselben. Allein ich durfte hoffen, dafs die Stetigkeit der Kupfermassen, welche ich in den Spalt einbrachte, einen solchen Ueber-schufs an anziehenden Kr\u00e4ften \u00fcber ein gleiches Raummafs des Gewindes selber bedingen w\u00fcrde, dafs dadurch die Wirkung der viereckten Gestalt desselben auch noch \u00fcberwogen werden w\u00fcrde. Diese Hoffnung war nichtig; das Verfahren,- welches ich an dem fr\u00fcheren Multiplicator, vermuthlich der viel gr\u00f6fseren Breite des Spaltes halber, so wirksam gefunden hatte, erwies sich hier fast ganz erfolglos. Ja sogar Neusilbermassen, wodurch ich nun die kupfernen ersetzte, brachten eine Verminderung der Ablenkungen durch das Gewinde um nur 2 \u2014 40 hervor.\nEs blieb mir daher nichts \u00fcbrig, als zu einem Berichtigungsver-fahren meine Zuflucht zu nehmen, dessen ich mich vor sechs Jahren, bei meinen ersten Multiplicatorversuchen, bereits bedient hatte, es aber, wegen der grofsen Schwierigkeiten seiner mechanischen Verwirklichung, alsbald mit dem MELLONi\u2019schen vertauscht hatte, so wie mir die Arbeit dieses Physikers in den Archives de l\u2019\u00c9lectricit\u00e9 (S. oben Bd. I. S. 189) zu H\u00e4nden gekommen war. Es ist das n\u00e4mliche, welches H. Schroeder in Mannheim um dieselbe Zeit (1841) in Poggendorff's Annalen u. s. w. beschrieb (S. oben Bd. I. S. 188). Es besteht darin, dafs ein St\u00fcckchen weiches Eisen, dem einen Pole der oberen Nadel gegen\u00fcber und sehr nahe, so lange verkleinert und verschoben wird, bis es eben ausreicht, sie in der den Windungen parallelen Stellung festzuhalten.\nDie mechanische Schwierigkeit des Verfahrens liegt zum Theil in der Kleinheit der Verschiebungen, deren man zu diesem Behufe bedarf. Bei dem MELLONi\u2019schen Berichtigungsverfahren ist oft eine seitliche Verr\u00fcckung des um 2 \u2014 4a'm entfernten Stabes um 1 \u2014 2mm von wesentlichem Einfl\u00fcsse auf die Stellung der Nadel. Hier handelt es sich um","page":489},{"file":"p0490.txt","language":"de","ocr_de":"490 Ab sehn, Kap. VII. \u00a7. VI. 2. (v) Berichtigung der Ablenkungen\nWinkelbewegungen von derselben Gr\u00f6fse, aber bei einem Halbmesser von nur 2 \u2014 3cm, wobei der Bogen also nur noch geringe Bruch-theile vom Millimeter betr\u00e4gt. Defshalb hatte schon der Ruhjikorff\u2019-sche Compensator, mit H\u00fclfe mikrometrischer Correctionsschrauben, eine so feine Stellung im Azimuth erhalten m\u00fcssen. Dasselbe gilt von der N\u00e4herung und Entfernung des compensirenden Eisenst\u00fcckchens. Die leiseste Verr\u00fcckung bringt eine merkliche Ver\u00e4nderung hervor in der Schwingungsdauer der Nadel zun\u00e4chst dem Nullpunkte, w\u00e4hrend bei Mellom\u2019s Anordnung ein Unterschied in der Entfernung des Stabes um 5mnl an der Nadel kaum gesp\u00fcrt wird, beim RuHMKORFF\u2019schen Compensator eine feine Winkelbewegung der Magnete innerhalb ihrer senkrechten Ebene sich gleichfalls als entbehrlich erweist.\nEin anderer Uebelstand, den das neue Verfahren mit sich bringt, beruht darauf, dafs die berichtigende Vorrichtung unter der Glasdecke des Instrumentes befindlich ist. Diese mufs also, bei jeder Ver\u00e4nderung, die man an jener vornehmen will, entfernt werden. Dadurch wird es, wegen der dabei unvermeidlichen Ersch\u00fctterung und der Luftstr\u00f6mungen, unm\u00f6glich, sofort an der Nadel den Erfolg der Ver\u00e4nderung zu beurtheilen. Nicht nur dafs solchergestalt das Gesch\u00e4ft der Berichtigung aufserordentlich erschwert und verz\u00f6gert wird, sondern da die Nothwendigkeit kleiner Correctionen der Stellung des Eisenst\u00fcckchens fortw\u00e4hrend wiederkehrt, so ist auch nicht zu umgehen, dafs tagt\u00e4glich einem feindseligen Elemente, dem Staube, zum Inneren des Instrumentes der Zutritt verstattet werde. Ein Umstand, dessen Gewicht freilich nur derjenige zu w\u00fcrdigen wissen wird, dem es begegnet ist, stundenlang durch ein St\u00e4ubchen im Spielraum der unteren Nadel des Multiplicators gefoppt und der Verzweiflung nahe gebracht worden zu sein.\nDie an meinem Multiplicator von Hrn. Halske nachtr\u00e4glich getroffene Einrichtung besiegt die beiden so eben bezeichneten Schwierigkeiten auf das vollst\u00e4ndigste. Sie gew\u00e4hrt die M\u00f6glichkeit, von aufsen, ohne die Glocke abzuheben, das Eisenst\u00fcckchen mit mikrometrischer Feinheit vor dem einen Pol der oberen Nadel nach rechts und links, wie auch vor- und r\u00fcckw\u00e4rts zu bewegen. Eine n\u00e4here Beschreibung derselben erscheint indefs hier nicht statthaft. Sie m\u00f6chte einmal, ohne ausgedehnte Abbildungen, nicht leicht verst\u00e4ndlich ausfallen. F\u00fcr\u2019s zweite ist die Vorrichtung den an meinem Instrumente bereits gegebenen Verh\u00e4ltnissen, welche urspr\u00fcnglich auf Anwendung des RuHMKORFF\u2019schen Verfahrens berechnet waren, erst nachmals angepafst worden. Es kommt ihr demnach auch kein absoluter Werth zu, sondern man w\u00fcrde, wenn man von Haus aus auf dasselbe Ziel hinarbeitete, noch auf anderem Wege, und als-","page":490},{"file":"p0491.txt","language":"de","ocr_de":"durch die Drahtmassen am Multiplicator von 24160 Windungen. 491\ndann vielleicht einfacher und leichter, eben dahin zu gelangen im Stande sein.\nDem sei wie ihm wolle, es hatte mit H\u00fclfe dieser Vorrichtung f\u00fcr mich keine Schwierigkeit mehr, die Nadel durch die Ziehkr\u00e4fte eines weichen Eisenst\u00fcckchens auf dem Nullpunkt zu fesseln. Aber es stellte sich noch immer ein bedeutender Uebelstand heraus. Ich fand jetzt n\u00e4mlich, dafs der Multiplicator, f\u00fcr einigermafsen starke Str\u00f6me, ausnehmend an Empfindlichkeit zugenommen halte. Der Muskelstrom warf die Nadel mit unbeschreiblicher Heftigkeit an die Hemmung und hielt sie, wenigstens in den ersten Augenblicken, wider dieselbe gelehnt. Der Nervenstrom dagegen, namentlich aber noch schw\u00e4chere elektromotorische Wirkungen, z. B. diejenige zwischen verschiedenen Punkten des L\u00e4ngsschnittes des Nerven, vermochten manchmal die Nadel kaum vom Nullpunkte zu entfernen; erst wenn sie eine gewisse Gr\u00f6fse der Ablenkung \u00fcberschritten hatte, ging sie langsam, aber alsdann fast in\u2019s Unbegrenzte weiter. Versetzte ich die Nadel in Schwingungen mit H\u00fclfe eines Magnetst\u00e4bchens, so war es seltsam zu sehen, wie sie, von hohen Breiten der Theilung gem\u00e4chlich sich dem Nullpunkt n\u00e4hernd, pl\u00f6tzlich von den Kr\u00e4ften des Eisenst\u00fcckchens erfafst, und nach einigen kleinen und schnellen Schwingungen gewaltsam zur Ruhe gebracht wurde.\nAbermals lag der begangene Fehler, sobald die Erfahrung auf ihn aufmerksam gemacht hatte, klar am Tage. Das weiche Eisen wirkte auf dem Nullpunkte zu stark, wenn ihm eine solche Masse ertheilt worden war, dafs seine Kraft vermochte, bis zu den Schneidepunkten der Curve der st\u00f6renden Kr\u00e4fte mit den Sinuscurven der Erdkraft hin den Ueber-schufs der st\u00f6renden Kr\u00e4fte \u00fcber die Erdkr\u00e4fte zu \u00fcberwiegen. Ich mufste suchen, eine Anordnung magnetischer Kr\u00e4fte herzustellen, welche, bei geringerer Wirkung in der N\u00e4he, ebenso weit in die Ferne reichte. Diese Bedingung ist unschwer zu erf\u00fcllen ; ein magnetisirtes Stahlst\u00fcck leistet ihr vollst\u00e4ndig Gen\u00fcge. Denn da das weiche Eisen seine magnetische Kraft erst empf\u00e4ngt von dem n\u00e4chsten Pole der Nadel her, so ist klar, dafs die anziehenden Kr\u00e4fte desselben nach einer h\u00f6heren Potenz der Entfernung abnehmen m\u00fcssen, als die von dem Stahle ausgehenden, welche, wenn gleich die Nadel auch hier nicht ohne verst\u00e4rkende Wirkung bleiben wird, doch als einigermafsen unabh\u00e4ngig von dem Abstande derselben anzusehen sind.\nIch strich daher eine Pcrlnadcl feinster Art bis zur S\u00e4ttigung, brach die Spitze in der L\u00e4nge von 0.5mm ab, und brachte sie, mit ihrem einen Pole dem freundlichen Pole der oberen Nadel zugekehrt, an die Stelle des weichen Eisenst\u00fcckchens.","page":491},{"file":"p0492.txt","language":"de","ocr_de":"492 3. Abschn. Kap. VII. \u00a7\u2022 VI. 2. (v) Berichtigung der Ablenkungen\nDiese Art der Berichtigung erwies sich nun als vollkommen dem Zweck entsprechend. Die Nadel erfuhr auf dem Nullpunkte keine auffallende Beschleunigung ihrer Schwingungen mehr. Die durch schwache und die durch starke Str\u00f6me bewirkten Ausschl\u00e4ge standen zu einander in einem geeigneten Verh\u00e4ltnisse.\nEndlich der Multiplicator leistete jetzt das, was von ihm verlangt worden war. Der Ischiadicus des Frosches warf die Nadel desselben mit Heftigkeit an die Hemmung und hielt sie in einer best\u00e4ndigen Ablenkung von 40 \u2014 50\u00b0. Der Muskelstrom hielt sie best\u00e4ndig an die Hemmung gelehnt. Eine Grove\u2019-sche Kette gab 60\u00b0 Ausschlag und 40\u00b0 best\u00e4ndiger Ablenkung durch eine Weingeistflamme hindurch, welche Kupferelektroden bei 5mm Abstand von einander in einer Oberfl\u00e4che von etwa 15 Quadratcentimetern besp\u00fchlte Die ungemeine Beweglichkeit des Nadelpaares an und f\u00fcr sich mag aus folgendem Versuch erhellen. Ein St\u00fcck Eisendraht wurde an beiden Enden mit St\u00fccken Kupferdraht zusammengeflochten. Die freien Enden des letzteren wurden in die \u00e4ufsersten Klemmschrauben des Multiplicators gebracht. Erw\u00e4rmte ich die eine Lothstelle dieses thermoelektrischen B\u00fcgels, indem ich sie, mit Wachstaffent bekleidet, zwischen die Finger nahm, so erfolgte ein Ausschlag von mehreren Graden in der Richtung vom Kupfer zum Eisen in der erw\u00e4rmten Stelle. Wurde die Lothstelle in eine Weingeistflamme gebracht, so erhielt ich in entgegengesetzter Richtung 60\u00b0 best\u00e4ndiger Ablenkung.\nDie neue Art der Berichtigung bringt mehrere Umst\u00e4nde mit sich, die der Erw\u00e4hnung werth sind. Bei dem MELLom\u2019schen oder R\u00fchdi-KORFF\u2019schen Verfahren ist es gleichg\u00fcltig, welchen Grad der Astasie man dem Nadelpaar ertheilt, wofern er nur hinreichend ist, um dasselbe zu verhindern, den Nullpunkt einzuhalten. Man f\u00fcgt alsdann, mit H\u00fclfe des Berichtigungsstabes, dem Systeme gerade soviel Richtkraft hinzu, dafs dasselbe den Nullpunkt einh\u00e4lt, und es wird, innerhalb der hier geltenden Grenzen der Genauigkeit, gleichg\u00fcltig sein, wieviel von der Summe der Kr\u00e4fte, welche dazu nothwendig ist, der Erde, wieviel dem Berichtigungsstabe angeh\u00f6rt. Denn wegen der Entfernung des letzteren wird seine Kraft n\u00e4herungsweise wie die der Erde mit dem Sinus der Ablenkung wachsen. Bei der nun erw\u00e4hlten Art der Compensation ist dies nicht mehr der Fall. Da die compensi-renden Kr\u00e4fte mit merklicher St\u00e4rke nur bis an den Schneidepunkt\n1 Vergl. Faraday, Experimental Researches in Electricity. Reprinted from the Philosophical Transactions. London 1839. vol.I. p.79. Series III. January 1833. No. 271 \u2014 274.* \u2014 Thomas Andrews in the Philosophical Magazine etc. 3. Series. 1836. vol. IX. p. 176;* \u2014 Poggendorff\u2019s Annalen u. s. w, 1838. Bd. XLIII. S. 314.*","page":492},{"file":"p0493.txt","language":"de","ocr_de":"durch die Drahtmassen am MultipUcator von 24160 Windungen. 493\nder st\u00f6renden Curve mit der Sinuscurve der Erdkraft reichen sollen, so h\u00e4ngt in geringer Entfernung vom Nullpunkte die Beweglichkeit des Syst\u00e8mes schon sehr, sp\u00e4ter ganz allein von seiner Astasie ab. Diese w\u00fcrde somit m\u00f6glichst weit zu treiben sein, wenn nicht folgender Ue-belstand w\u00e4re, der ihr ein Ziel zu setzen kommt.\nEs geschieht n\u00e4mlich, wenigstens an meinem Instrumente, aber wegen einer geringen Asymmetrie des Gewindes auch nur auf der einen Seite des Nullpunktes, dafs bei einem gewissen Grade der Astasie die Nadel durch Str\u00f6me von einer bestimmten St\u00e4rke nicht in einer bestimmten Ablenkung gehalten wird, sondern dafs sie zwei Lagen festen Gleichgewichtes hat. Der Grund davon ist leicht zu zergliedern.\nJe gr\u00f6fser die Astasie des Syst\u00e8mes ist, um so weniger steil fallen die Sinuscurven OM der Erdkraft in Fig. 125. Taf. IV. aus, um so steiler folglich die ersten Ansteigungen der Curven der ablenkenden Kr\u00e4fte, Octs' in der Figur, welche \u00fcbrig bleiben, wenn man die Or-dinaten der Sinuscurven von denen der urspr\u00fcnglichen st\u00f6renden Curven, OctsB, abzicht. Um so steiler m\u00fcssen also auch die ersten Ansteigungen der Curven der berichtigenden Kr\u00e4fte gemacht werden. Bei gegebener Kraft des berichtigenden Stahlst\u00fcckchens geschieht dies durch N\u00e4herbringen desselben an den freundlichen Pol der oberen Nadel. Dies hat nun an meinem Instrumente zur Folge, dafs die schliefslich entspringende Curve der einlenkenden Kr\u00e4fte Oyd \u00df\u2019 auf der einen Seite des Nullpunktes ein Maximum erh\u00e4lt, jenseits dessen sie sich abermals der Abscissenaxe n\u00e4hert, um sich erst dann nach dem 90\u00b0-Punkte zu mit stetigem Wachsthum ihrer Ordinaten zu erheben. Es erf\u00fcllt also der Ueberschufs der compensirenden \u00fcber die ablenkenden Kr\u00e4fte zwischen 0 und s nicht mehr die Forderung, die wir oben S. 488 an ihn stellten, stetig nach s' hin zu wachsen. Sondern die Sache sieht jetzt etwa so aus wie in Fig. 126. Taf. IV, welche keiner Erl\u00e4uterung bedarf, da die Bezeichnungen aus Fig. 125 beibehalten sind. Hieraus entstehen aber, wenn wir nunmehr die einlenkende Curve Oyd\u00df' mit einer ablenkenden Stromescurve in Conflict gerathen lassen, f\u00fcr einen gewissen Bereich von Stromst\u00e4rken, ein Schneidepunkt labilen und zwei Schneidepunkte festen Gleichgewichtes der Nadel. Man sieht dies leicht in der Figur. Die lang punktirte Curve ist n\u00e4mlich die der ablenkenden Stromeskr\u00e4fte, deren eigenthiimliche Gestalt, mit einem Minimum auf der Nulllinie und einem Maximum in einiger Entfernung von derselben, bedingt wird durch den Spalt zwischen den oberen Windungen. * Der Schneidepunkt labilen Gleichgewichtes ist mit l, die des\n* Vergl. Poggendorfr in seinen Annalen u. s. w. 1842. Bd. LV1. S. 339, Taf. II. Fig. 4.* \u2014 Helmholtz in Moeller's Archiv u. s. w. 1848. S. 152.*","page":493},{"file":"p0494.txt","language":"de","ocr_de":"494\t<?. Abschn. Kap. VII. \u00a7. VI. 3. Vorversuche\nfesten sind mit d, a' bezeichnet. In diesem Zustande ist der Multiplicator begreiflich unbrauchbar. Man mufs alsdann entweder die Astasie bis zu dem erforderlichen Grade vermindern, oder das Berichtigungsst\u00e4bchen verst\u00e4rken und aus gr\u00f6fserer Ferne wirken lassen, wodurch man sich wiederum dem MELLONi\u2019schen Verfahren n\u00e4hert.\nEin anderer Uebelstand des neuen Berichtigungsverfahrens liegt darin, dafs der Nullpunkt nicht mehr, wie sonst, und vorz\u00fcglich wie bei der MELLONi\u2019schen Methode (S. oben Bd. I. S. 190), als der Sitz der gr\u00f6fsten Empfindlichkeit zu betrachten ist. Wenn man auch die Gestalt der einlenkenden Curve dahin zu verbessern vermag, dafs der die beiden Schneidepunkte festen Gleichgewichtes bedingende H\u00f6cker zu einem sanfteren Uebergang verstrichen wird, die Curve scheint vom Nullpunkt aus stets mit einer gi\u2019\u00f6fseren Steilheit emporzusteigen, als ihr in einiger Entfernung von demselben eigen ist. Sie bleibt gestaltet etwa wie die kurzpunktirte Curve in Fig. 126. Trotzdem ist die Empfindlichkeit auf dem Nullpunkte immer noch ungeheuer. Sollte es sich indefs darum handeln, z. B. eine ausnehmend kleine Schwankung der Stromst\u00e4rke sichtbar zu machen, und die Nadel sollte, durch den Wettstreit zwischen dem urspr\u00fcnglichen im Sinken begriffenen Strome und dem der Ladungen gerade auf dem Nullpunkte gefesselt sein, so wird man allerdings wohl daran thun, durch einen in geh\u00f6rigem Abstande seitlich angebrachten Magnetstab ihre Gleichgewichtsstellung in einige Entfernung von jenem Punkte, \u00fcber die steile Strecke der einlenkenden Curve hinaus, zu verlegen.\n3. Vorversuche mit dem Multiplicator von 24160 Windungen.\n(0 Vom Gebrauch des Multiplicators von 24160 Windungen.\nDer Bau des in Rede stehenden Instrumentes war allerdings erst eben beabsichtigt zur Zeit, wo ich im ersten Bande dieses Werkes die Beschreibung eines Multiplicators f\u00fcr thierisch-elektrische Str\u00f6me in den Druck gab. Allein auch wenn derselbe bereits vollendet gewesen w\u00e4re, w\u00fcrde ich dennoch Anstand genommen haben, ihn bereits an jener Stelle zu erw\u00e4hnen, um nicht zu der Meinung Veranlassung zu geben, als sei ein Instrument von so aufserordentlicher Empfindlichkeit nothwendig zu der Wiederholung meiner Untersuchungen. Ich bevorworte vielmehr hier ausdr\u00fccklich, von allen bis jetzt beschriebenen Erscheinungen mit Ausnahme einiger feinerer Bemerkungen ist keine, welche so bedeutende H\u00fclfsmittel in Anspruch n\u00e4hme zu ihrer Best\u00e4tigung. F\u00fcr den Muskelstrom ist der Multiplicator von 24160 Windungen im zuletzt beschriebenen Zustande geradezu unbrauchbar,","page":494},{"file":"p0495.txt","language":"de","ocr_de":"mil clem Multiplicator von 24160 Windungen.\n495\nda alle Nadelbewegungen la viel zu hohen Breiten der Theilung vor sich gehen, um irgend zartere Unterschiede wahrnehmen zu lassen, aufserdem die Astasie des Nadelpaares durch die \u00fcberm\u00e4fsige Heftigkeit der Wirkungen bald zu Grunde gehen w\u00fcrde. Um ihn f\u00fcr diesen Zweck geeignet zu machen, mufs vielmehr eine Nebenschliefsung zur halben L\u00e4nge des Gewindes angebracht werden. Was den Strom des ruhenden Nerven, den elektrotonischen Zustand und die negative Stromesschwankung beim elektrischen Tetanisiren betrifft, so ist es nat\u00fcrlich leichter, eine Menge dieselben betreffende Punkte an einem Instrumente nachzuweisen, welches einen Spielraum der Nadel von 90\u00b0 an die Stelle eines solchen von 20\u00b0 setzt, und im Verh\u00e4lt-nifs zu dem \u00e4lteren Multiplicator wie ein zusammengesetztes Mikroskop zu einem Doublet erscheint. Allein fast s\u00e4mmtliche bisher mitgetheilte Ergebnisse sind mit jenem unvollkommneren Werkzeuge gewonnen worden, und Matteucci und Longet befinden sich v\u00f6llig im Irrthum, wenn sie behaupten: \u00bb qu\u2019il n\u2019existe aucune trace de courants \u00e9lectriques dans les nerfs des animaux vivants, appr\u00e9ciable \u00e0 l\u2019aide des instruments que l\u2019on poss\u00e8de aujourd\u2019hui\u00ab (S. oben S. 249). Ich w\u00fcrde, mit dem von ihnen benutzten Multiplicator von 2500 Windungen, namentlich mit einem 70\" schwingenden Nadelpaare, wie sie es hesafsen, den Strom des Ischiadnerven vom Frosche, vollends vom Pferde, ganz unzweifelhaft nachzuweisen mich anheischig machen. Nur f\u00fcr die in diesem Paragraphen beabsichtigten Versuche reicht der Multiplicator von 4650 Windungen nicht mehr aus; f\u00fcr diese bedarf man der Ungew\u00f6hnlichen Empfindlichkeit des neuen Instrumentes, und ich abrathe jedem, der nicht im Besitz eines demselben gleichkommenden ist, sich der Wiederholung zu unterziehen. Seine Bem\u00fchungen w\u00fcrden vergeblich bleiben. Da aber diese Versuche die wichtigsten sind, welche \u00fcberhaupt hinsichtlich des Nervenstromes angestellt werden k\u00f6nnen, so wollen wir dem neuen Multiplicator, als demjenigen Instrumente, welches allein verm\u00f6gend ist, sie und mithin den ganzen Kreis der Erscheinungen des Nervenstromes zu zeigen, den Namen beilegen des Multiplicators f.\u00fcr den Nervenstrom, im Gegensatz zu dem \u00e4lteren Multiplicator, der hinfort als Multiplicator f\u00fcr den Muskelstrom bezeichnet werden mag.\nIch hegte die Besorgnifs, es w\u00fcrde nicht m\u00f6glich sein, die Pla-tinplattcn in den Zuleitungsgef\u00e4fsen f\u00fcr den neuen Multiplicator hinreichend gleichartig zu erhalten. Diese Besorgnifs erwies sich zwar als unbegr\u00fcndet, insofern die Vorrichtung, frisch zusammengesetzt und einige Zeit geschlossen gehalten, die Nadel desselben beim Aufnehmen in ihren Kreis eben so in Ruhe liefs, als die des Multiplicators f\u00fcr den Muskel-","page":495},{"file":"p0496.txt","language":"de","ocr_de":"496\t3. Abschn. Kap. VII. \u00a7. VI. 3. (n). Eigenth\u00fcmliches Phaenomen\nstr\u00f6m. Eine v\u00f6llige Gleichartigkeit konnte also erreicht werden. Allein allerdings geh\u00f6rte dazu eine ausnehmende Sorgfalt und jener w\u00fcn-schenswerthe Zustand war leider immer nur von kurzer Dauer. Alle Versuche daher, bei welchen es nicht blos darauf ankommt, Ver\u00e4nderungen eines best\u00e4ndigen Stromes wahrzunehmen, sondern wodurch das Dasein eines schwachen Stromes durch die von Null ausgehende Nadelbewegung dargethan werden soll, sind an diesem Instrument im h\u00f6chsten Grade zeitraubend anzustellen.\n(n) Untersuchung des elektrotonischen Zustandes am Mulliplicator f\u00fcr den Nervenstrom. Beschreibung eines eigenth\u00fcmlichen, an empfindlichen Multiplicatoren bemerkbaren Phaenomens der Neben-schliefsung, nebst einer daraus entspringenden Yorschrift f\u00fcr die Aufstellung solcher Multiplicatoren.\nIch begann meine Arbeiten mit dem Multiplicator f\u00fcr den Nervenstrom, indem ich fast alle Versuche \u00fcber den elektrotonischen Zustand einer nochmaligen Pr\u00fcfung unterwarf. Ich fand die fr\u00fcheren Ergebnisse best\u00e4tigt, konnte aber allerdings noch manche Einzelheiten hinzuf\u00fcgen, wie z. B. die Beobachtung der verschiedenen Abh\u00e4ngigkeit der Gr\u00f6fse der beiden Zuwachse von der L\u00e4nge der erregten Strecke, u. dgl. m. Die Erscheinungen erreichen beil\u00e4ufig, wie man sich dies dem Gesagten nach auch bereits vorstellen kann, eine sehr bedeutende Gr\u00f6fse. Beim Eintritt der positiven Phase des elektrotonischen Zustandes unter dem Einfl\u00fcsse der mittleren erregenden Stromst\u00e4rke sieht man die Nadel, wenn der Nerv nur einigermafsen Leistungsf\u00e4higkeit besitzt, aus ihrer etwa 40\u00b0 betragenden best\u00e4ndigen Ablenkung mit Heftigkeit wider die LIemmung fliegen, und sich dann best\u00e4ndig auf 60 \u2014 70\u00b0 einstellen. Beim Umlegen der Wippe wird sie durch den Nullpunkt wider die negative Hemmung geschleudert und bleibt, wegen der Ladungen, vor der Hand an dieselbe gelehnt.\nBei Gelegenheit der Wiederholung der Versuche \u00fcber den elektrotonischen Zustand mit dem neuen Instrumente ereignete sich folgender Zwischenfall, den ich nicht unerw\u00e4hnt lassen will, da sich einmal eine wichtige praktische Vorschrift daraus entnehmen l\u00e4fst, und da er mir f\u00fcrs zweite ein recht anschauliches Bild zu gew\u00e4hren scheint von den unberechenbaren St\u00f6rungen, die bei so zarten Versuchen sich in den Gang der Beobachtungen eindr\u00e4ngen, durch endlose Pl\u00e4nkeleien gleichsam die Spannkraft des Forschers ersch\u00f6pfen und seine Aufmerksamkeit von dem Hauptziel der Unternehmung ablenken.\nMan erinnert sich vom vierten Kapitel und dem Anf\u00e4nge dieses Kapitels her, wie wichtig es uns war, durch die unwidersprechliehsten","page":496},{"file":"p0497.txt","language":"de","ocr_de":"der Nebenschliefsiing an empfindlichen Multipliealoren. 497\nZeugnisse darzuthun, dafs unter den Umst\u00e4nden, unter welchen wir das Tetanisircn des Muskels auf elektrischem Wege ausf\u00fchrten und die Ver\u00e4nderung des Nervenstromes durch den elektrotonischen Zustand beobachteten, keine Spur des erregenden Stromes in den Multiplicator-kreis einbrechen k\u00f6nne (S. oben S. 41. 295. Vergl. S. 430). Eine .Art, diesen Nachweis zu f\u00fchren, bestand in Folgendem. Wir liefsen einen weit st\u00e4rkeren Strom, als derjenige war, dessen wir uns zur Erregung des Nerven bedienten, durch einen feuchten Leiter von den Leitungsverh\u00e4ltnissen des Nerven gehen, dessen eines Ende auf den stromzuf\u00fchrenden Platinenden ruhte, w\u00e4hrend das andere zwischen den B\u00e4uschen den Multiplicatorkreis schlofs; gleich als w\u00e4re dieser Leiter ein Nerv, und als sollte an ihm der elektrotonische Zustand beobachtet werden. Es zeigte sich nun, dafs in der That bei dieser Anordnung, durch einen mit destillirtem Wasser, Speichel, Eiweifs, Froschblut getr\u00e4nkten Zwirnsfaden, von dem Strome einer sechsgliederigen Grove\u2019-schen S\u00e4ule keine Spur in den Multiplicatorkreis \u00fcberging, die an dem damals in Anwendung gebrachten Instrumente wahrnehmbar gewesen w\u00e4re. Sp\u00e4terhin w\u00fcnschten wir uns zu \u00fcberzeugen, dafs allein die Nerven, nicht auch andere feuchte Leiter, die Erscheinungen des elektrotonischen Zustandes zu zeigen verm\u00f6gen. Hiezu reichten die obigen Versuche nicht hin, sondern wir dehnten dieselben noch auf verschiedene Elektrolyte aus, die zum Theil mit hervorstechenden Eigenschaften begabt sind, auf Chlornatrium-, Jodkalium-, Kalihydratl\u00f6sung, verd\u00fcnnte Schwefels\u00e4ure und Salpeters\u00e4ure. Allein auch hier blieb jede Spur von Wirkung an der Nadel aus (S. oben S. 330).\nEs mufste mir nat\u00fcrlich daran liegen, diese Thatsache jetzt auch mit H\u00fclfe des Multiplicators f\u00fcr den Nervenstrom zu best\u00e4tigen. Ich befolgte ganz die eben in Erinnerung gebrachte Versuchsweise, und fand, nicht ohne Mifsbehagen, dafs allerdings bei den schlechteren unter den aufgef\u00fchrten feuchten Leitern die Nadel nicht in Ruhe blieb, sondern, wenn gleich \u00e4ufserst schwach (3 \u2014 5\u00b0 Ausschlag), gerade in dem Sinne abgelenkt wurde, als ob ein Nerv im elektrotonischen Zustand aufgelegen h\u00e4tte.\nMan erinnert sich nun ferner vom vierten Kapitel und dem Anf\u00e4nge dieses Kapitels her, dafs wir folgenden Grundunterschied erkannt hatten zwischen der Erscheinungsweise des elektrotonischen Zustandes und der Wirkung von Schlingen des erregenden Stromes, die in den Multiplicatorkreis einbrechen. Diese letztere Wirkung beh\u00e4lt ihre Richtung bei, gleichviel welchen Bausch der feuchte Faden oder Streifen zuerst ber\u00fchrt, dessen eines Ende die S\u00e4ule zwischen den Platinenden, das andere den Multiplicatorkreis zwischen den B\u00e4uschen schliefst. IL\t32","page":497},{"file":"p0498.txt","language":"de","ocr_de":"498\t3. Abschn. Kap, TIL \u00a7. Tl. 3 (ii) Eigenih\u00fcmliches Phaenomen\nNur unter ganz besonderen Verh\u00e4ltnissen der Leitung, die bei einem Faden nicht vorausgesetzt werden k\u00f6nnen, findet Umkehr dieser Richtung statt. Anders der im elektrotonischen Zustande begriffene Nerv; hier wechselt stets die Richtung der Wirkung mit dem Bausch, welchen der Nerv von den Elektroden aus zuerst ber\u00fchrt (Vergl. oben S. 42. 296).\nMit H\u00fclfe dieses Kennzeichens schritt ich nun zu der Ermittelung, ob ich es in dem Falle der feuchten F\u00e4den mit Schlingen des erregenden Stromes, oder mit einem dem der Nerven \u00e4hnlichen elektrotonischen Zustande zu thun habe. Ich fand, zu meinem Erstaunen, dem Anschein nach das letztere. Die Wirkungen kehrten sich mit dem Umlegen der F\u00e4den auf den B\u00e4uschen stets um und blieben stets so gerichtet, dafs sie in dem Faden scheinbar den Sinn des erregenden Stromes einhielten. Ich wiederholte nun auch die Durchschneidung und Unterbindung eines im elektrotonischen Zustande befindlichen Nerven in der Strecke zwischen den Blechen und B\u00e4uschen, und sah, mit wachsendem Befremden, auch hier eine Spur von Ver\u00e4nderung des Nerven-stromes, anscheinend durch elektrotonischen Zustand, jene Vorkehrungen \u00fcberdauern.\nEs blieb mir nun nichts \u00fcbrig, als anzunehmen, dafs entweder schlecht leitende Elektrolyte wirklich gleichfalls jenes Zustandes f\u00e4hig sind, und dafs diese Eigenschaft sich im unversehrten Nerven nur zu einem freilich ausnehmend \u00fcberlegenen Grade gesteigert findet; oder dafs hier, wie in dem Falle des rechtwinklig geknifften Fliefspapier-streifens bei loser Falte, durch unbekannte Leitungsverh\u00e4ltnisse die Umkehr der Wirkungsrichtung je nach dem zuerst ber\u00fchrten Bausche vermittelt ward. Die Unm\u00f6glichkeit, diesen Vorgang zu begreifen, das Ausbleiben der Wirkungen bei besser leitenden Fl\u00fcssigkeiten, endlich der Umstand, dafs ihre Richtung immer so beschaffen war, wie sie auch ein Nerv im elektrotonischen Zustand gezeigt haben w\u00fcrde, alles dieses vereint machte die letztere Annahme so unwahrscheinlich, dafs ich mich schon in die erstere gefunden hatte, als ein gl\u00fccklicher Zufall mir aus dieser Verlegenheit half.\nEs geschah einmal, w\u00e4hrend ich immer von Neuem die r\u00e4tselhafte Versuchsreihe durchmachte, dafs ich ganz \u00e4hnliche Wirkungen auftreten sah, obschon, wie ich nachher bemerkte, der Multi-plicator sich durch Unachtsamkeit gar nicht im Kreise der B\u00e4usche befand. Die Dr\u00e4hte, welche von den beiden Zuleitungsgef\u00e4fscn ausgehen, liefen vielmehr zur einen der beiden festen Klemmschrauben hin, die, in das Galvanometerconsol gebohrt, stets mit dem Multiplicator in Verbindung sind. Dies ist n\u00e4mlich die Art und Weise, wie die Vorrich-","page":498},{"file":"p0499.txt","language":"de","ocr_de":"der Nebenschliefsung an empfindlichen Multiplicatoren. 499\ntung, w\u00e4hrend sie unth\u00e4tig aber zu Versuchen bereit steht, behufs der Gleichartigkeit der Platinplatten ohne Unterlafs geschlossen gehalten wird (S. oben Bd. I. S. 205). War das den B\u00e4uschen zun\u00e4chst gelegene Ende die positive Elektrode, so wurde die Nadel so abgelenkt, als ob sich ein Strom von diesem Platinende durch den feuchten Faden, die beiden Zuleitungsgef\u00e4fse, ihre Dr\u00e4hte u. s. w. in das Multiplicatorende ergossen h\u00e4tte, womit letztere in Verbindung standen. Die Wirkung kehrte sich um, wenn entweder die Dr\u00e4hte der Zuleitungsgef\u00e4fse mit dem anderen Multiplicatorende verbunden oder der Strom zwischen den stromzuf\u00fchrenden Platinenden umgekehrt wurde.\nIch glaubte zuerst, es vielleicht in sofern versehen zu haben, als irgend ein Theil des Kreises der sechsgliederigen GiiovE\u2019schen S\u00e4ule oder eine dadurch elektromagnetisirte Eisenmasse (S. oben S. 49) aus der Ferne auf die Nadel wirkte. Freilich blieb dabei unbegreiflich, wie sich diese Wirkung h\u00e4tte umkehren sollen, wenn ich die Dr\u00e4hte der Zuleitungsgef\u00e4fse statt mit dem einen, mit dem anderen Multiplicatorende in Verbindung setzte. Auch ging die Nichtigkeit jener Voraussetzung alsbald daraus hervor, dafs die Nadel ganz in Ruhe blieb, wenn die S\u00e4ule, durch Aneinanderschieben der Platinbleche der stromzuf\u00fchrenden Vorrichtung, metallisch geschlossen, und die Wippe des eingeschalteten Stromwenders von Zeit zu Zeit umgelegt wurde.\nEs blieb hiernach nur die Vorstellung \u00fcbrig, dafs der Multiplicator von der S\u00e4ule nicht hinl\u00e4nglich isolirt war, obschon diese in einer anderen Ecke des Zimmers in einem Porzellantroge stand und obschon die Dr\u00e4hte, welche ihre Pole mit der strorazuf\u00fchrenden Vorrichtung verbanden, durch ihren Seiden - und Harz\u00fcberzug \u00fcberall hinreichend gesichert schienen. Die Richtigkeit dieser Muthmafsung best\u00e4tigte sich in folgender Versuchsreihe.\nIch liefs zuerst den die S\u00e4ule unvollkommen schliefsenden Leiter fort, d. h. den Theil des Fadens zwischen den Blechen, der der erregten Strecke des Nerven entspricht. Die Wirkung blieb, ja sie hatte an St\u00e4rke zugenommen. Ich \u00f6ffnete nun den Kreis der Zuleitungsgef\u00e4fse, so dafs die Verbindung des den B\u00e4uschen n\u00e4heren Platinendes mit dem einen Multiplicatorende nur noch vermittelt war durch den feuchten Faden, das eine Zuleitungsgcf\u00e4fs und den zugeh\u00f6rigen Draht. Die Wirkung blieb wie vorher. Ich ging noch weiter; ich entfernte die Zuleitungsgef\u00e4fse, die stromzuf\u00fchrende Vorrichtung nebst dem feuchten Faden ganz und gar und verband das eine Multiplicatorende, mit Ausschlufs der festen Klemmschrauben im Galvanometerconsol, unmittelbar durch einen Draht mit dem einen Pol der S\u00e4ule. Auch jetzt war die Wirkung noch in derselben Art und St\u00e4rke vorhanden.\n32","page":499},{"file":"p0500.txt","language":"de","ocr_de":"500 3. Abschn. Kap. VH. \u00a7. VI. 3 (n) Eigenth\u00fcmliches Phaenomen\nDie Erkl\u00e4rung dieser Erscheinung ist meiner Meinung nach folgende. In Fig. 127. Taf. IV. stellen E und M in gewohnter Weise die S\u00e4ule und den Multiplicator vor. Der Kreis der S\u00e4ule ist durch das eine Ende eines feuchten Fadens geschlossen, dessen anderes Ende durch die beiden B\u00e4usche, die Zuleitungsgef\u00e4fse und deren Dr\u00e4hte, wovon der eine mit 8, der andere nur punktirte mit 9 bezeichnet ist, mit dem einen Multiplicatorende in Verbindung steht. Nach der Beschaffenheit der Vorrichtung war kein Grund vorhanden anzunehmen, dafs eine vorzugsweise Verbindung eines der beiden Multiplicatorenden mit einem der beiden Pole der S\u00e4ule stattfand. Vielmehr mufs man sich denken, dafs beide Multiplicatorenden mit beiden Polen durch geheime Wege von gleichem und sehr grofsem Widerstande verkn\u00fcpft seien. Die Leitungen 3, 4, 5 und 6 in der Figur sollen diese Wege vorstellen.\nIch erinnere nun zuerst an den besondern Fall von linearer Verzweigung elektrischer Str\u00f6me, der von Wheatstone ', Kirchhoff \\ Wilhelm Weber und Poggendorff1 * 3 4, zuletzt auch von Knociienhauer* behandelt worden ist. Ein Strom verzweigt sich zwischen zweien Dr\u00e4hten, zwischen denen ein dritter als Br\u00fccke quer angebracht ist. S. Fig. 128. Taf. IV. Soll der Strom in der Br\u00fccke = Null sein, so mufs sein n\\ : w3 :: w3 : rvt, wenn wl,wi,\u201e. die Widerst\u00e4nde der Dr\u00e4hte 1,2... bedeuten. Ist diese Bedingung nicht erf\u00fcllt, so herrscht ein Strom in der Br\u00fccke. Bildet man die Producte der Widerst\u00e4nde der vier an die Br\u00fccke stofsenden Zweigbahnen iiber\u2019s Kreuz (w,2 te3, n\\ v\\), so ist die Richtung des Stromes in der Br\u00fccke diejenige von dem Zweigdraht vor der Br\u00fccke zu dem Zweigdraht hinter der Br\u00fccke, f\u00fcr welche dieses Product das kleinere ist. S. die Figur.\nKehren wir jetzt zur\u00fcck zur vorigen Figur. Man sieht leicht, dafs wir die Leitungen 3, 4, 5, 6 mit den Leitungen 1, 2, 3, 4 der Fig. 128, den Multiplicatordraht aber mit der Br\u00fccke in dieser Figur vergleichen k\u00f6nnen. Da wir aber Gleichheit der Widerst\u00e4nde w3, tvl, wt, w( annchmen, so kann, verm\u00f6ge dieser Leitungen allein, kein Strom entstehen in der Br\u00fccke. Aber auch die Leitungen 1, 2, 3, 4 in Fig. 127\n1 Philosophical Transactions etc. For the Year 1843. P. II. p.323*; \u2014 Annales de Chimie et de Phys. F\u00e9vrier 1844. 3. S\u00e9rie, t. X. p. 291*; \u2014 Poggendorff\u2019s Annalen u. s. w. 1844. Bd. LXII. S. 535.*\n* Poggendorff\u2019s Annalen u.s. w. 1845. Bd.LXIV. S.512*.\u2014 1847. Bd.LXXIl. S. 497.*\n3\tEbendas. 1846. Bd. LXVII. S. 273*; \u2014 Annales de Chimie et de Physique. Octobre 1846. 3. S\u00e9rie, t. XVIII. p. 489.*\n4\tPoggendorff\u2019s Annalen u. s. w. 1846. Bd. LXVIII. S. 136.*","page":500},{"file":"p0501.txt","language":"de","ocr_de":"der Nebenschliefsung an empfindlichen Multiplicatoren.\nk\u00f6nnen wir den gleichbezifferten der folgenden Figur an die Seite stellen , und alsdann der Br\u00fccke vergleichen nicht nur wie vorher den Multiplicatordraht allein, sondern denselben nebst der ganzen irgendwie beschaffenen Reihe von Leitern, durch die sein eines Ende mit dem einen Platinende der stromzuf\u00fchrenden Vorrichtung verkn\u00fcpft wird. Bilden wir nun fiber\u2019s Kreuz die Producte der Widerst\u00e4nde der vier an die Br\u00fccke stofsenden Zweigbahnen, so sieht man, kann nicht mehr Gleichgewicht herrschen in der Br\u00fccke, weil n\u00e4mlich die Leitungen w, und unterschieden sind um den Widerstand der Strecke des feuchten Fadens, welche, der erregten Strecke des Nerven zu vergleichen, in den Kreis der S\u00e4ule zwischen den Platinenden eingeschaltet ist. Das Product n\\ w3 ist das kleinere; die Richtung des Stromes in dem Multiplicatordrahte mufs also diejenige sein, welche die Figur zeigt.\nIst diese Erkl\u00e4rung die richtige, so m\u00fcssen die Wirkungen am Multiplicator verschwinden, sobald wir den Leitungen 1 und 2 einerlei Widerstand ertheilen.\nDies ist nun wirklich der Fall. Ich verband die beiden Platinbleche, welche in m\u00f6glichst grofsc Entfernung von einander gebracht waren, durch einen feuchten Faden, und legte einen anderen feuchten Faden mit seinem einen Ende auf den Schliefsungsbausch der Zulei-tungsgef\u00e4fse auf, welche beide mit dem einen Multiplicatorende verbunden waren, w\u00e4hrend ich das andere Ende des Fadens auf verschiedene Punkte des zwischen den Platinenden befindlichen ersten feuchten Fadens brachte. Geschah dies in der Mitte, so blieb die Nadel ruhig. Geschah es an dem einen oder an dem anderen Ende des Fadens, so wurde sie in dem einen und anderen Sinne abgelenkt, in dem in der Figur sichtbaren z. B., wenn das ber\u00fchrte Ende des Fadens das dem Platin der S\u00e4ule n\u00e4here war. Legte ich den ableitcnden Faden auf die Mitte des unvollkommen schliefsenden auf, wobei die Nadel, wie schon gesagt, in Ruhe blieb, und ver\u00e4nderte den Widerstand der beiden H\u00e4lften des letzteren Fadens, indem ich l\u00e4ngs der einen H\u00e4lfte einen dicken, mit ges\u00e4ttigter Kochsalzl\u00f6sung getr\u00e4nkten Bausch legte, so erhielt ich Wirkungen gerade so, als ob ich mit dem ableitenden Faden mich an das Ende des unvollkommen schliefsenden begeben h\u00e4tte, welches der H\u00e4lfte von vermindertem Widerstande entsprach.\nDie Wirkungen m\u00fcssen ferner um so gr\u00f6fser werden, je gr\u00f6fser man die Ungleichheit der beiden Leitungen 1 und 2 macht, am gr\u00f6bsten begreiflich, wenn man durch Entfernen des Theiles des feuchten Fadens zwischen den Blechen die Kette aus dem Zustande der unvollkommenen Schliefsung in denjenigen einer scheinbar offenen Kette","page":501},{"file":"p0502.txt","language":"de","ocr_de":"502 3. Abschn\u25a0 Kap. VII. \u00a7. VI. 3 (n) Eigenth\u00fcmliches Phaenomen\n\u00fcberf\u00fchrt. Dies fand statt in den drei F\u00e4llen, welche oben S. 499 beschrieben sind; und in der That zeigten sich in denselben die Wirkungen verst\u00e4rkt. Das Ersetzen des feuchten Fadens durch eine rein metallische Leitung in dem dritten Falle konnte dagegen zu keiner merklichen Verst\u00e4rkung Anlafs geben, weil der Widerstand des Fadens gegen den der geheimen Wege 3, 4 ohnehin verschwindend klein gewesen sein mochte.\nEs kann sonach an der Richtigkeit der ausgesprochenen Vermu-thung kein Zweifel mehr sein. Es bleibt aber noch \u00fcbrig, auf derselben Grundlage der mangelhaften Isolation des Multiplicators die Erkl\u00e4rung der Wirkungen zu geben, welche an den feuchten, nach Art der Nerven aufgelegten F\u00e4den die Erscheinungen des elektrolonischen Zustandes so t\u00e4uschend nachahmen. Dies gelingt auch leicht in folgender Gestalt.\nDie Anordnung, bei der sich diese Wirkungen kund geben, unterscheidet sich von der letztbetrachteten wesentlich dadurch, dafs nun die Dr\u00e4hte der beiden Zuleitungsgef\u00e4fse, statt mit einem und demselben Multiplicatorende, mit beiden Multiplicatorenden in Verbindung gesetzt sind. S. 7 und 8 in der Figur 127. Taf. IV. Zuerst mufs bemerkt werden, dafs auch hier die Wirkungen, und zwar gleichfalls st\u00e4rker, fortdauerten, wenn ich, statt mit dem einen Ende der F\u00e4den die S\u00e4ule zwischen den stromzuf\u00fchrenden Platinenden zu schliessen, dieses Ende blos auf das den B\u00e4uschen n\u00e4here Blech auflegte. Noch immer hatten alsdann die Wirkungen die Richtung derjenigen, die ein Nerv im elektro-tonischen Zustande gezeigt haben w\u00fcrde: noch immer kehrten sie sich mit dem Bausch um, den der Faden von den Blechen aus zuerst ber\u00fchrte. Klar also war nun bereits, dafs keinenfalls, um diese Wirkungen zu deuten, gedacht zu werden braucht an einen elektrotoni-schen Zustand der Elektrolyte, womit die F\u00e4den getr\u00e4nkt sind. Es fragte sich aber, wie bei Verbindung nur des einen Poles der S\u00e4ule durch einen feuchten Faden mit den beiden Zuleitungsgef\u00e4fsen, deren jedes mit einem Multiplicatorende in Verbindung steht, noch eine Wirkung in bestimmter Richtung auf die Nadel durch den Zweigstrom ausge\u00fcbt werden k\u00f6nne, der doch gleichm\u00e4fsig in beide Multiplicatorenden einzubrechen scheint.\nBei n\u00e4herer Betrachtung zeigt sich\u2019s jedoch, dafs diese Cleich-m\u00e4fsigkeit in der That nur scheinbar ist. Denn auf der Seite des Bausches, den der Faden zuerst ber\u00fchrt, hat der Strom nur den Weg durch den Bausch, das Zuleitungsgef\u00e4fs u. s. w. zum einen Multiplicatorende zur\u00fcckzulegen ; auf der anderen Seite kommt zu diesem Widerstande noch der bedeutende des Theiles des Fadens hinzu, der zwi-","page":502},{"file":"p0503.txt","language":"de","ocr_de":"der Nebenschliefsmg an empfindlichen Multiplie at or en,\t503\nsehen beiden B\u00e4uschen, entsprechend der abgeleiteten Strecke des Nerven, gelegen ist.\nDurch diese Bemerkung sind wir auf den rechten Weg gebracht, um den Vorgang zu zergliedern. Es ist n\u00e4mlich deutlich, dafs die Leitungen 5, 8, 3, 7, wovon 3 und 3 geheime Wege von grofsem und gleichem Widerstande, wiederum zu vergleichen sind mit den Leitungen 1, 2, 3, 4, des WuEATSTONE\u2019schemStromnetzes, so zwar, dafs der Multiplicatordraht die Br\u00fccke zwischen den beiden Zweigstr\u00f6men in diesem Netze vorstellt. Die Leitung 7 hat, wie so eben er\u00f6rtert wurde, einen kleineren Widerstand als die Leitung 8. Es ist also auch das Product n\\ n\\ < ms w3 ; d. h. es mufs in dem Multiplicatordraht ein Strom vorhanden sein in der Richtung von 7 nach 5, womit die Beobachtung stimmt. Legt man den Faden auf den B\u00e4uschen um, so wird das Product wa n\\ das kleinere, und demgem\u00e4fs kehrt sich der Strom im Multiplicatordrahte um.\nDafs diese Erkl\u00e4rung die richtige sei, zeigt nachstehende Versuchsreihe. Ich verband wiederum, mit Ausschlufs der Zuleitungsgef\u00e4fse, den Multiplicator unmittelbar mit dem einen Pole der S\u00e4ule, diesmal aber beide Multiplicatorenden durch gleiche Drahtleitungen. Nun blieb die Nadel ganz in Ruhe. Als ich aber in die eine, oder in die andere dieser beiden Leitungen die beiden Zuleitungsgef\u00e4fse mit dem Schliessungsbausche, als eine Strecke schlechter Leitung, einschaltete, trat die Wirkung wieder hervor, in dem Sinne, als ob das metallisch verbundene Ende allein mit dem Pole der S\u00e4ule verkn\u00fcpft gewesen w\u00e4re.\nNun wurden beide Zuleitungsgef\u00e4fse mit beiden Multiplicatorenden vei\u2019kn\u00fcpft, und von beiden aus feuchte F\u00e4den von gleicher L\u00e4nge nach dem einen stromzuf\u00fchrenden Platinende gezogen, welches mit dem einen Pole der S\u00e4ule in Verbindung war. Jede Wirkung blieb aus. Auf der einen Seite wurde der feuchte Faden entfernt und durch einen kurzen und dicken Bausch ersetzt, der mit ges\u00e4ttigter Kochsalzl\u00f6sung getr\u00e4nkt war, w\u00e4hrend der feuchte Faden destillirtes Wasser enthielt. Die Ablenkung erfolgte in dem Sinne, als ob allein das durch den Salz Bausch mit dem Pole der S\u00e4ule verkn\u00fcpfte Zuleitungsgef\u00e4fs mit dem Multiplicator verkettet gewesen w\u00e4re. Es wurden beide B\u00e4usche durch einen feuchten Faden miteinander verbunden, und ein zweiter feuchter Faden ber\u00fchrte mit seinem einen Ende das stromzuf\u00fchrende Platinblech, w\u00e4hrend sein anderes Ende auf verschiedenen Punkten des ersten feuchten Fadens aufgelegt wurde. Geschah dies in der Mitte, so blieb die Nadel ruhig. Geschah es n\u00e4her dem einen Bausch oder gar auf dem einen Bausche selber, so wurde sie in dem Sinne abgelenkt, als ob dieser Bausch allein mit dem einen Pole der S\u00e4ule verbunden gewesen w\u00e4re.","page":503},{"file":"p0504.txt","language":"de","ocr_de":"504 3. Ab sehn. Kap. VII. \u00a7. VI. 3 (u). \u00caigenth\u00fcmliclies Phaenomen\nMan sieht daher, alle Ver\u00e4nderungen der Anordnung, welche dahin gehen, die Producte tv7re<6, w\u00e4mt einander gleich zu machen, heben jene Wirkung auf; hingegen alle Ver\u00e4nderungen, welche eine Ungleichheit jener Producte dadurch herbeif\u00fchren, dafs sie einen Unterschied zwischen m, und wB bedingen, rufen die Wirkung hervor.\nEs bleibt uns \u00fcbrig, die Erscheinung in ihrer ganzen Verwickelung, wie sie sich uns zuerst dargehoten hat, zu betrachten; in dem Falle n\u00e4mlich, der in der Fig. 127 abgebildet ist, wo der feuchte Faden nicht allein mit seinem einen Ende die B\u00e4usche, sondern zugleich mit seinem anderen die stromzuf\u00fchrenden Bleche \u00fcberbr\u00fcckt, wo er also v\u00f6llig nach Art eines Nerven aufgelegt ist, an dem der elektroto-tonische Zustand beobachtet werden soll. In diesem Falle findet eine doppelte Br\u00fcckenbildung statt. Und zwar bilden die Leitungen 1, 2 einerseits, die [\u2022?,5], [4,t>] andererseits zusammen das Wheatstone'scIic Stromnetz, wozu die Strecke des feuchten Fadens zwischen Blechen und B\u00e4uschen und die Leitungen [7, 5] die Br\u00fccke abgeben. Der Strom in dieser Br\u00fccke wird bedingt durch die Ungleichheit der Widerst\u00e4nde ti\\, wt, welche von der Strecke des Fadens zwischen den stromzuf\u00fchrenden Platinenden herr\u00fchrt. Das zweite WiiEATSTONE\u2019sche Stromnetz aber, zu dem der Multiplicatordraht allein die Br\u00fccke ab-gieht, bilden die Leitungen 7, 8, 3, 5. Hier wird der Strom in der Br\u00fccke bedingt durch die Ungleichheit der Widerst\u00e4nde\twelche\nvon der Strecke des Fadens zwischen den B\u00e4uschen herr\u00fchrt.\nVerfolgt man die jedesmalige Richtung des Stromes im Multiplica-tordrahte, in dem Kreise des Multiplicators und der Zuleitungsgef\u00e4fse bis zwischen die B\u00e4usche unter der Voraussetzung, dafs in diesem Kreise ein in sich wiederkehrender Strom herrscht, so f\u00e4llt sie daselbst zusammen mit der des erregenden Stromes, wie der punktirte Pfeil zeigt. Es hat daher den Anschein, als befinde sich der Faden im elektroto-nischen Zustande, eine Uebereinstimmung, welche sich auch noch erh\u00e4lt, wenn man entweder den Strom der Kette in dem Faden umkehrt oder den Faden auf den B\u00e4uschen umlegt. Nichtsdestoweniger ist dieser Anschein ganz tr\u00fcglich, da in dem Multiplicatorkreise gar kein in sich wiederkehrender Strom herrscht, sondern die Str\u00f6mung in der Strecke des Fadens zwischen den B\u00e4uschen, wie auch sonst in der Leitung 8, statt von dem Multiplicator fort, Adelmehr gleichfalls, nur mit geringerer St\u00e4rke als in der Leitung 7, nach dem Multiplicator hin gerichtet ist.\nDafs der Strom in der Leitung 8 wirklich diesen Sinn einh\u00e4lt, war \u00fcbrigens leicht zu zeigen. Ich verst\u00e4rkte die S\u00e4ule und ertheilte dem Multiplicator f\u00fcr den Muskelstrom den h\u00f6chsten Grad der Empfind-","page":504},{"file":"p0505.txt","language":"de","ocr_de":"der Nebenschliefsung an empfindlichen Multiplicatoren,\n505\nlichkeit, deren derselbe f\u00e4hig ist. Dann stellte ich ihn mit seinen drei Stellschrauben auf Glasplatten, und schaltete ihn, dergestalt isolirt, abwechselnd in die Leitungen 7 und 8 \u00e9in. Es ergab sich, dafs in beiden ein Strom nach dem Multiplicator f\u00fcr den Nervenstrom zu herrschte, in 7 st\u00e4rker als in 8, und dafs also wirklich in dem Kreise des Mul-tiplicators f\u00fcr den Nervenstrom, der Leitungen 7 und 8, und der B\u00e4usche nebst der dazwischen begriffeneil Strecke feuchten Fadens, kein in sich wiederkehrender Strom stattfindet.\nEs ist nun auch ganz cinsichtlich, weshalb nur schlecht leitende Elektrolyte, mit denen man die feuchten F\u00e4den tr\u00e4nkt, auf diese Weise einen elektrotonischen Zustand gleich dem der Nerven vorspiegeln. N\u00e4mlich bei besser leitenden Elektrolyten kommt kein hinreichender Unterschied der Producte der Widerst\u00e4nde der Leitungen vor und hinter den Br\u00fccken \u00fcber\u2019s Kreuz zustande, um zu einem merklichen Strome in den Br\u00fccken Anlafs zu geben, weil dieser Unterschied eben zum Factor hat das eine Mal den Widerstand der feuchten F\u00e4den zwischen den stromzuf\u00fchrenden Platinenden, das andere Mal den derselben F\u00e4den zwischen den B\u00e4uschen.\nNunmehr versuchte ich schliefslich, durch Vervollkommnung der Isolation der beiden Kreise von einander, der Erscheinung \u00fcberhaupt ein Ende zu machen. Dazu geh\u00f6rte aber nichts Geringeres, als dafs die beiden Kreise jeder einzeln durch Luft, Glas und Harz isolirt wurden. Isolation des Kreises der S\u00e4ule allein reichte nicht aus. Ich sah mich daher zuletzt sogar gen\u00f6thigt, die bisherige Aufstellung des Multipli-cators aufzugeben, um unter die Fufsplatten desselben, welche die Stellschrauben tragen, St\u00fccke Spiegelglas anbringen zu k\u00f6nnen. Dies wird fortan bei Aufstellung empfindlicher Multiplicatoren wohl zu ber\u00fccksichtigen sein.\nAuch die in\u2019s Galvanometerconsol gebohrten Klemmschrauben werden aus diesem Grunde k\u00fcnftig mit Glas durchbrochene S\u00e4ulen haben m\u00fcssen. So wird man auch wohl thun, auf das Brett, auf dem die Zuleitungsgef\u00e4fse stehen (S. oben Bd. I. S. 214), eine Spiegelplatte sogleich aufkitten zu lassen. Denn sowohl dieses, als die stromzuf\u00fchrende Vorrichtung, der Stromwender, beim Tctanisiren mit der Kette der Inversor, Alles mufste auf Glas gestellt werden. Der Kurbelgriff des Inversors erhielt einen Ueberzug von Guttapercha. Endlich die verquickten Kupferhaken, deren ich mich zu bedienen pflege, um die Ketten in Quecksilber bequem zu schliefsen und zu \u00f6ffnen, wurden fortan aus mit Guttapercha bekleidetem, zu unterirdischen Telegraphenleitungen bestimmtem Drahte genommen, damit nicht, beim Handhaben derselben, eine Ableitung durch den K\u00f6rper stattfinde.","page":505},{"file":"p0506.txt","language":"de","ocr_de":"506 3. Jbschn. Kap, VIL \u00a7, VI. 4. Von der negativen Stromesschwanhmg\nBei alledem war, unter g\u00fcnstigen Umst\u00e4nden, immer noch eine leise Spur jener Wirkung, etwa im Bereich eines halben Grades, bemerkbar. Dieselbe verdiente jedoch, in praktischer Hinsicht, keine Beachtung mehr. Denn sie trat erst bei Stromst\u00e4rken hervor, wie sie nur \u00e4ufserst selten zur Erregung angewendet werden, und gegen die Wirkungen der Nerven verschwand sie stets ganz und gar.\nZu den Umst\u00e4nden, welche ihr Erscheinen beg\u00fcnstigten, geh\u00f6rte \u00fcbrigens entschieden die Feuchtigkeit der Witterung. Bei trockenem Wetter, wie es uns der Nordstrom zu bringen pflegt, welches aber der schnellen Vertrocknung der Nerven halber wenig geeignet ist zu zarten Versuchen an denselben (S. oben S. 381), pflegte jene Spur nicht allein zu fehlen, sondern es konnte auch alsdann ohne Gefahr mit den Schutzmafsregeln nachgelassen werden. Da man nicht wohl geneigt sein wird, an eine Leitung durch die Luft zu glauben, so scheint daraus hervorzugehen, dafs es die hygroskopische Eigenschaft der Oberfl\u00e4che der K\u00f6rper ist, auf der die mangelhafte Isolation beruhte.\nDie Isolirung des Multiplicators f\u00fcr den Nervenstrom selbst bot jetzt noch eine Gelegenheit dar, die oben gegebene Theorie der Erscheinungen zu erh\u00e4rten, welche an dem nach Art der Nerven aufgelegten feuchten Faden einen elektrotonischen Zustand vorspiegeln. Ich verband n\u00e4mlich den isolirten Multiplicator durch einen Draht mit einer gegen das trockene Consol geschraubten Kupferplatte. Sofort stellten sich jene Wirkungen wieder ein. Nun wurde der gleichfalls isolirte Multiplicator f\u00fcr den Muskelstrom, in dem oben erw\u00e4hnten Zustande h\u00f6chster Empfindlichkeit, in den Draht eingeschaltet, der den Multiplicator f\u00fcr den Nervenstrom mit dem Consol, d. h. dem Erdboden verband. Es zeigte sich darin ein Strom in der richtigen Richtung, und betr\u00e4chtlich st\u00e4rker als bei Einschaltung des Multiplicators in eine der Leitungen 7 und 8 Fig. 127. Taf. IV. In der That, um die jetzige Anordnung in dieser Figur wiederzuerkennen, hat man sich nur zu denken, dafs die Leitungen 3, 3 in einer gewissen Strecke mit einander verschmolzen seien, so dafs man darin das Aequivalent der ganzen Str\u00f6mung hat, die sich von der vorderen Elektrode \u00fcberhaupt nach den B\u00e4uschen zu ergiefst, um sich in ungleichem Mafse in die Zweige 7 und 8 zu vertheilen.\n(m) Untersuchung der negativen Schwankung des NervensIromcs beim Tetanisiren auf elektrischem Wege an dem neuen Multiplicator.\nWie die Versuche \u00fcber den elektrotonischen Zustand, habe ich auch diejenigen \u00fcber die negative Schwankung des Nervenstromes beim","page":506},{"file":"p0507.txt","language":"de","ocr_de":"beim nicht elektrischen Tetanisiren der Nerven, (i) Vorbemerkungen. 507\nTetanisiren auf elektrischem Wege, soweit sie bisher beschrieben sind, einer Pr\u00fcfung an dem neuen Multiplicator unterworfen und die angegebenen Thatsachen durchweg best\u00e4tigt gefunden. Die Schwankung erscheint bei Anwendung einer mittleren Stromst\u00e4rke nun nicht viel kleiner als die entsprechende des Muskelstromes bei der Zusammenziehung am Multiplicator von 4650 Windungen. Sie kann im Ganzen bis 40\u00b0 betragen, und l\u00e4fst sich begreiflich nun auch mit viel schw\u00e4cheren Str\u00f6men und viel \u00f6fter an dem n\u00e4mlichen Nerven sichtbar machen als an jenem Instrumente. Einige feinere Ergebnisse, z. B. die positive Wirkung beim Tetanisiren wenig erregbarer Nerven mit dem Inversor bei n nahe = / (S. oben S. 470), sind bereits mit dem neuen Multiplicator gewonnen.\n4. Von der negativen Schwankung des Nervenstromes beim Tetanisiren auf anderem als elektrischem Wege.\n(i) Vorbemerkungen.\nWir schreiten jetzt dazu, mit H\u00fclfe des neuen Instrumentes, die Versuche zu wiederholen, f\u00fcr welche dasselbe eigends erbaut worden ist. Es handelte sich, wie man sich erinnert, darum, die negative Schwankung, die uns der Nervenstrom beim Tetanisiren auf elektrischem Wege kundgegeben hatte, nun auch bei anderen Arten der Erregung wahrzunehmen. Unsere Bem\u00fchungen danach waren, bei Anwendung des Multiplicators von 4650 Windungen, so gut wie vergeblich geblieben. Sie scheiterten aber, defs hielten wir uns f\u00fcr \u00fcberzeugt, allein an der Unempfindlichkeit des Strompr\u00fcfers. Eine leise Andeutung einer negativen Bewegung der Nadel, die wir mehrmals beobachteten, best\u00e4rkte uns in dieser Ucberzeugung (S. oben S. 475). Die Wichtigkeit der Frage schien uns hinl\u00e4nglich grofs, um nichts unversucht zu lassen, sie zur Entscheidung zu bringen. Wir entschlossen uns zu dem Bau des neuen Multiplicators. Jetzt wollen wir Zusehen, ob wir, bei diesem Unternehmen, der Spielball einer leeren Hoffnung gewesen sind, oder ob es das Schicksal besser mit uns gemeint hat, ob die feste Zuversicht, aus der uns die Ausdauer erwuchs zur Hinwegr\u00e4umung dieser neuen Hindernisse, auf einer richtigen Vorauserkenntnifs der Natur beruhte.\nIch bin so gl\u00fccklich, das letztere best\u00e4tigen zu d\u00fcrfen. Wirklich gelingt es, mit dem Multiplicator von 24160 Windungen, w\u00e4hrenddes Tetanisirens der Nerven auf anderem als elektrischem Wege, eine negative Schwankung ihres Stromes zu gewahren. Ich kann jedoch nicht","page":507},{"file":"p0508.txt","language":"de","ocr_de":"50S 3. Ab sehn. Kap.VII \u00a7. VI. 4. Von der negativen Slromesschwanhmg\numhin, zu bevorworlcn, dafs auch so noch diese Erscheinung zu den zartesten geh\u00f6rt, welche das Gebiet der experimentellen Wissenschaft aufzuweisen haben mag. Auch so noch geht stets eine grofse Mehrheit von Versuchen an den zahllosen Schwierigkeiten zu Grunde, von denen ihr Gelingen umgeben ist. Stets bleibt dasselbe mehr oder weniger in der Hand des Zufalls. Selbst als ich mich, f\u00fcr jede der hier zu schildernden Versuchsweisen, durch wochenlanges unabl\u00e4ssiges Wiederholen in der Bl\u00fcthe der Uebung befand, durfte ich nicht wagen, f\u00fcr den gl\u00fccklichen Ausgang, f\u00fcr den bejahenden Erfolg eines einzigen Versuches einzustehen. Und ich kann mir, mufs ich bekennen, weder von dem experimentellen Geschick noch von den H\u00fclfsmitteln eine Vorstellung machen, f\u00fcr und durch welche diese Beobachtungen von der Grenze unserer Wahrnehmungsf\u00e4higkeit, wo sie jetzt stehen, jemals der gew\u00f6hnlichen Mitte feinerer thats\u00e4chlicher Pr\u00fcfungen n\u00e4her gebracht werden sollten.\nDie Schwierigkeiten sind im Wesentlichen zweierlei Art. Ein Theil derselben beruht auf der Mangelhaftigkeit aller Arten des Tcta-nisirens im Vergleich zu derjenigen auf elektrischem Wege. Die Sicherheit der Versuche leidet darunter um so mehr, als mehrentheils die Anordnung es mit sich bringt, dafs man durch kein \u00e4ufseres Anzeichen, weder Muskelzusammenziehung noch Schmerzbezeugung, inKennt-nifs gesetzt wird von dem Erfolge des Tetanisirens in dem Nerven. Man entbehrt somit der Controlle, welche beim Tetanisiren der Muskeln daraus hervorgeht, dafs einer kr\u00e4ftigen Zusammenziehung eine lebhafte Wirkung an der Nadel entsprechen mufs, w\u00e4hrend ein Ausbleiben der Nadelbewegung sich durch das Ausbleiben des Tetanus erkl\u00e4rt und entschuldigt findet. Allein auch wenn die verschiedenen Verfahrungsarten zum Tetanisiren die besten Dienste leisten, deren sie f\u00e4hig sind, steht dennoch die Wirksamkeit der meisten von ihnen dem Tetanisiren auf elektrischem Wege aufserordentlich nach. Insbesondere ist dies der Fall in Betreff der Dauer der Erregung, welche hier nach Willk\u00fcr bis zur Ersch\u00f6pfung fortgesetzt werden kann, bei den anderen Methoden hingegen durch mancherlei Bedingungen meist auf wenige Secundcn eingeschr\u00e4nkt bleibt (Vergl. oben S. 475).\nEine andere, und zwar die bedenklichere Gruppe von Uebelst\u00e4n-den, r\u00fchrt daher, dafs es sich darum handelt, eine sehr kleine negative Bewegung sicher aufzufassen an einer Nadel, die, wenige Augenblicke ausgenommen, meist schon von selber in fortw\u00e4hrendem Sinken begriffen ist. Die Nadel pflegt n\u00e4mlich, wenigstens in der heifsen Jahreszeit, nachdem sie sich von ihren ersten heftigen Schwingungen erholt hat, folgenden eigenth\u00fcmlichen Gang zu nehmen. Sie stellt sich","page":508},{"file":"p0509.txt","language":"de","ocr_de":"leim nicht elektrischen Tetanisiren der Nerven. (1) Vorbemerkungen. 509\nzuerst zwischen 40\u00b0 und 50\u00b0 scheinbar best\u00e4ndig ein, wie oben S. 492 angegeben worden ist. Dann f\u00e4ngt sie an, \u00e4ufserst langsam zwar, aber stetig nach dem Nullpunkte zu sinken, ohne dabei in Schwingungen zu gerathen. Zwischen 20\u00b0 und 10\u00b0, wo demnach die empfindlichste Gegend der Theilung zu suchen ist, wie dies auch die Theorie verlangt (S. oben S. 494), sinkt sie pl\u00f6tzlich schneller und setzt sich bei etwa 10\u00b0 zum zweitenmal nach einigen kurzen Schwingungen fest. Hier verharrt sie lange in Ruhe, geht aber doch auch manchmal dem Nullpunkte noch n\u00e4her, schl\u00e4gt auch wohl durch denselben hindurch u. s. f. Das Ganze dauert nat\u00fcrlich viele Minuten.\nBeim elektrotonischen Zustande und beim Tetanisiren auf elektrischem Wege kann man sehr gut Beobachtungen anstellen, w\u00e4hrend die Nadel im langsamen Sinken begriffen ist. Bei der gewaltigen Gr\u00f6fse der Wirkungen ist keine M\u00f6glichkeit vorhanden, diese Wirkungen zu verwechseln mit einer pl\u00f6tzlich von selber eintretenden schnelleren R\u00fcckbewegung der Nadel, wie solche wohl vorkommt.\nF\u00fcr die negative Stromesschwankung beim Tetanisiren auf anderem als elektrischem Wege ist hingegen jene M\u00f6glichkeit allerdings vorhanden und sehr zu ber\u00fccksichtigen. Verpafst man die beiden Augenblicke der best\u00e4ndigen Ablenkung der Nadel, wenn der Zeitpunkt des Teta-nisirens in die Hand des Beobachters gegeben ist, oder f\u00e4llt der Tetanus, wenn er freiwillig hereinbricht, nicht mit ihnen zusammen, so ist meistens die Beobachtung dahin, da nur noch eine pl\u00f6tzliche Beschleunigung der Nadelbewegung, mehrentheils kaum von einem R\u00fcckschw\u00fcnge gefolgt, sich wahrnehmen l\u00e4fst, wie sie aber erw\u00e4hntermafsen auch mehr oder weniger h\u00e4ufig und ausgesprochen von selber den stetigen Gang des Sinkens zu unterbrechen kommt. Tetanisirt man bei dem ersten Ruhepunkte der Nadel, so wird fast immer die negative Nadelbewegung das Zeichen zum Beginn des dauernden Sinkens derselben. Es ist deshalb am zweckm\u00e4fsigsten, den zweiten Ruhepunkt abzuwarten. Die Gefahr, durch ein mit dem Tetanisiren zu gleicher Zeit eintretendes freiwilliges Sinken der Nadel get\u00e4uscht zu werden, ist an dieser Stelle viel geringer als an der ersteren, und da die zweite Stelle dem Punkte gr\u00f6fster Empfindlichkeit des Instrumentes n\u00e4her gelegen ist, so mufs der n\u00e4mlichen Stromesschwankung hier zugleich eine betr\u00e4chtlichere Nadelbewegung entsprechen.\nDie Thiere, die man zu diesen Versuchen benutzt, m\u00fcssen nat\u00fcrlich im besten Kr\u00e4ftezustande sein. Es ist nicht daran zu denken, die Versuche im Winter an ausgehungerten Fr\u00f6schen anzustellen. Die Nerven m\u00fcssen ganz frisch bereitet sein. Um ihr schnelles Vertrocknen zu verh\u00fcten, hat man sie vor dem Auflegen mit Blutwasser vom Frosche zu","page":509},{"file":"p0510.txt","language":"de","ocr_de":"510 3. Abschn. Kap. VII. \u00a7. VI. 4 (n) Von der negativen Schwankung\nbepinseln. Indessen verzichte man darauf, bei trockenem und heifsem Wetter diese Versuche gl\u00fccken zu sehen. Nur in wenigen F\u00e4llen gestattet es die Natur des zum Tetanisiren angewandten Verfahrens, den n\u00e4mlichen Nerven demselben zweimal nacheinander zu unterwerfen, und meist ist dies Ansinnen alsdann vergeblich.\nHiermit ist der Kreis der allgemeinen Bemerkungen ersch\u00f6pft, welche auf die folgenden Versuche Anwendung finden, und wir schreiten nunmehr zu dem Einzelnen der verschiedenen Verfahrungsarten.\nBeim Tetanisiren auf elektrischem Wege ist schon bemerkt worden, dafs die negative Stromesschwankung sich in den Nerven sowohl in aufsteigender als in absteigender Richtung fortpflanzt (S. oben S. 425.426). Auch bei dem auf nicht elektrischem Wege vermittelten Tetanisiren ist dies der Fall. Unter den dazu geeigneten Verfahrungsarten sind jedoch mehrere, welche nur f\u00fcr eine Richtung des urspr\u00fcnglichen Stromes Geltung haben, die andere vollst\u00e4ndig ausschliefsen. Wir werden, in nachstehender Darlegung, beginnen mit denjenigen Versuchsweisen, welche eine einseitige absteigende Wirkungsrichtung in den Nerven bedingen, und durch diejenigen hindurch, wobei eine Pr\u00fcfung nach beiden Seiten hin m\u00f6glich ist, zu den wenigen schreiten, welche allein die aufsteigende Richtung zulassen.\n(h) Tetanisiren vom R\u00fcckenmark aus durch Strychninvergiftung und mechanische oder kaustische Mifshandlung.\nBei der Strychninvergiftung wird, wie man sich erinnert (S. oben S. 55), der Frosch auf den dazu bestimmten Rahmen befestigt, vergiftet, die Arteria iliaca communis sinistra unterbunden, und der Nerv, hier nat\u00fcrlich ohne den Gastroknemius, von der Kniekehle bis an die Wirbels\u00e4ule frei zugerichtet, um mit seinem freien unteren Ende mit L\u00e4ngs- und Querschnitt \u00fcber die B\u00e4usche gebreitet zu werden. Diese Zurichtung wird, wie ich der Wichtigkeit des Versuches halber hier nachtr\u00e4glich bemerken will, wesentlich erleichtert durch Ber\u00fccksichtigung folgender Vorschriften.\nBei der Erweiterung der Hautwunde \u00fcber dem linken Darmbeine nach vorn und nach hinten hat man sich zu h\u00fcten vor Verletzung gr\u00f6fserer Blutgef\u00e4fse, wodurch l\u00e4stige Blutungen herbeigef\u00fchrt werden. Es ist dazu nur n\u00f6thig, vor Ausf\u00fchrung jedes Schnittes sich die Hautstelle, wohin man ihn richten will, immer erst von der inneren Seite zu betrachten.\nDer Muskelschnitt, die Lostrennung des Ileo-coccygeus Duo. vom Darmbeine, beginnt man mit einem geraden Scalpell, dessen Spitze man in die Nuth l\u00e4ngs der inneren Fl\u00e4che des Knochens setzt, und darin","page":510},{"file":"p0511.txt","language":"de","ocr_de":"des Nervenstromes beim Tetanus durch Strychninvergiftung. 51J\nmit aller Sicherheit von hinten nach vorn f\u00fchren kann. Es hleibt alsdann noch eine d\u00fcnne Schicht Muskelfleisch unzerschnitten zur\u00fcck, durch welche man, bei kleineren Thieren, das Sitzbeingeflecht schon hervorschimmern sieht. Diese Schicht trennt man am besten mit einer kleinen spitzen CooPER\u2019schen Scheerc. Man hat sich aber, wenn man dabei zuerst in die Bauchh\u00f6hle gelangt, wohl in Acht zu nehmen vor Verletzung der sich leicht hervordr\u00e4ngenden Nierengef\u00e4fse, wodurch \u00e4ufserst heftige Blutungen entstehen.\nIn der Gegend des H\u00fcftgelenkes wird der Sitzbeinnerv durch die Aeste, die er zu den Oberschenkelmuskeln abgiebt, fest in seiner tiefen Lage zwischen den Muskeln niedergehalten. Es wird sehr schwer, ihm beizukommen, wenn der Frosch eine ganz gestreckte Lage hat, wie das Ausspannen auf dem Rahmen sie mit sich bringt (Vergl. oben Bd. I. S. 255). Dem l\u00e4fst sich dadurch abhelfen, dafs man unter das H\u00fcftgelenk einen nach dem einen Ende zu etwas verj\u00fcngten cylindrischen K\u00f6rper von geeigneten Mafsen, etwa einen langen und d\u00fcnnen Korkst\u00f6psel, schiebt. Dadurch wird das Gelenk in einen hinreichenden Winkel gebeugt, um freien Zugang zu dem Nerven zu gestatten.\nRathsam ist es, sich zu diesem Versuche m\u00e4nnlicher Fr\u00f6sche zu bedienen. Der Bauch der Weibchen n\u00e4mlich springt h\u00e4ufig, wegen der Strotzenden Eierst\u00f6cke, so weit vor, dafs eine anderweitig viel besser nutzbare Strecke Nerv darauf verwendet werden mufs, um ihn herumzukommen.\nNachdem der Nerv, um ihn vor Zerrung zu sichern, in hergebrachter Weise mittelst Insectennadeln auf den Rand einer in a (S. Fig. 22. Taf. IV. Bd. I.) angekitteten Korkplatte festgesteckt ist, soll er, wie bemerkt, mit L\u00e4ngs- und Querschnitt \u00fcber die B\u00e4usche gebreitet werden. Pafst jedoch der Frosch zum Rahmen, was w\u00fcnschenswerth ist, damit er beim Tetanus m\u00f6glichst unverr\u00fcckt bleibe, so reicht sein Nerv, bei der jetzigen Gestalt meiner Vorrichtungen, nicht bis an die B\u00e4usche. Die Messingklemmen, welche die Platinplatten tragen, ragen n\u00e4mlich beiderseits \u00fcber die B\u00e4usche fort und verhindern eine hinl\u00e4ngliche Ann\u00e4herung der letzteren an den Rahmen. Ich lege deshalb auf die B\u00e4usche vierseitig prismatische H\u00fclfsb\u00e4usche auf, welche Verl\u00e4ngerungen der ersteren \u00fcber die Messingklemmen hinaus vorstellen und leicht mit dem Nerven erreicht werden k\u00f6nnen. Man sieht den Theil der Anordnung, auf den es ankommt, im Grundrifs abgebildet in der Fig. 129. Taf. IV. Der Nerv, aus der durch Hefte wieder vereinigten Wunde hervortretend, ist auf den oberen Rand der Korkplatte in \u00ab festgesteckt, wie dies zum Ueberflufs in Fig. 130 ebendas, im Durchschnitt nach ad dargestellt ist. Sein freies Ende ruht auf den mit Ei-","page":511},{"file":"p0512.txt","language":"de","ocr_de":"512 3. Abschn. Kap. VII. \u00a7. VI. 4 (n) Von der negativen Schwankung\nweifsh\u00e4utchen bekleideten Hiilfsb\u00e4uschen. Damit letztere nicht mit den Messingklemmen in Ber\u00fchrung kommen k\u00f6nnen, trenne ich sie von denselben durch Glimmerstreifen, welche in der Zeichnung jedoch fortgelassen sind, da sie sich nur in linienf\u00f6rmiger Projection dargestellt haben w\u00fcrden.\nAuf diese Weise ist der Versuch vollst\u00e4ndig vorbereitet. Was zu seinem Gelingen geh\u00f6rt, die Schwierigkeiten, die sich demselben entgegensetzen, dies ist bereits oben S. 475. 476 ausf\u00fchrlich dargelegt worden. Diese Schwierigkeiten \u00fcbersteigen in der That alle Begriffe. Wenigstens ist es mir so erschienen, obschon ich (S. oben ebendas.) doch nicht ganz der Uebung entbehrte. Ich kann nur w\u00fcnschen, wiewohl ich es nicht zu hoffen wage, dafs meine Nachfolger Grund finden m\u00f6chten, sich \u00fcber dieses Urtheil zu verwundern.\nWie dem auch sei, der Versuch gl\u00fcckt von Zeit zu Zeit nach Wunsch. Man hat alsdann den Anblick, der allerdings einiger Bem\u00fchung werth war, im Augenblicke der tetanischen Strychnininnervation statt des Gastroknemius die Magnetnadel zucken zu sehen '. Sie weicht um 1 \u2014 3\u00b0, auch wohl 4\u00b0 zur\u00fcck, und kehrt sofort, jedoch nicht ganz zur vorigen H\u00f6he, wieder. Sie thut dies nicht allein bei dem ersten Hauptanfall, der sich nach einer gewissen Zeit von selber einzustellen pflegt, sondern auch bei den einzelnen St\u00f6fsen von ungleich k\u00fcrzerer Dauer, welche man bereits vor dem Hauptanfalle im Stadium der Reflexbewegungen durch Ber\u00fchrung hervorrufer\u00e7, kann. Sie thut es nicht minder bei den zwar immer schw\u00e4cher werdenden, aber ziemlich anhaltenden Anf\u00e4llen, welche nach dem Hauptanfall entweder von selber eintreten, oder durch \u00e4ufsere Reize herbeigef\u00fchrt werden. Im Allgemeinen h\u00e4lt die St\u00e4rke der Wirkung an der Nadel gleichen Schritt mit der St\u00e4rke und Nachhaltigkeit der krampfhaften Zusammenziehung. Wird der Nerv zerschnitten, so findet keine Wirkung mehr statt.\nEs l\u00e4fst sich gegen diesen Versuch ein Einwand erheben, dessen Widerlegung nicht \u00fcberfl\u00fcssig sein d\u00fcrfte. Es ist n\u00e4mlich nicht zu l\u00e4ugnen, dafs der Nerv, in der Strecke von seinem Austritt aus der Wirbels\u00e4ule an bis zu dem Punkte, wo er den K\u00f6rper des Frosches verl\u00e4fst, von einem Muskelstrom durchflossen sein kann. Die Muskeln, von denen dieser Strom ausgeht, ziehen sich zusammen in dem Augenblicke, wo wir die Nadel zur\u00fcckweichen sehen. Diese Zusammenziehung aber f\u00fchrt mit sich eine Ver\u00e4nderung des Muskelstromes. Er ist, wie wir von fr\u00fcherher wissen, w\u00e4hrend derselben begriffen in einer negativen Schwankung (S. oben S. 50. 397. 429. 447). R\u00fchrt nun\n* Dies gelang mir zum ersten Mal am 18. November 1847.","page":512},{"file":"p0513.txt","language":"de","ocr_de":"des Nervenstromes beim Tetanus durch Slrychninvergiftung. 513\ndie negative Schwankung des Nervenstromes im Augenblicke des Tetanus nicht vielleicht einfach davon her, dafs der Nerv ansteigend durchflossen ist, dafs sich also das auf den B\u00e4uschen aufliegende Ende desselben durch den Muskelstrom in der positiven Phase des elektrotoni-schen Zustandes befindet, und dafs der diese Phase bewirkende Zuwachs geschw\u00e4cht wird durch die negative Schwankung, welche der erregende Muskelstrom erleidet? Allerdings scheint der vornehmste Einflufs der Art, dem der Nerv ausgesetzt ist, von dem Ileo-coccygeus herstammen zu m\u00fcssen. Dieser bietet aber dem Nerven innerhalb der Bauchh\u00f6hle den nat\u00fcrlichen L\u00e4ngsschnitt, innerhalb der Wunde am Darmbeine den von diesem abgetrennten k\u00fcnstlichen Querschnitt dar. Durch diesen Muskel also m\u00fcfste das peripherische Nervenende sich vielmehr in negativer Phase befinden, deren theilweise Aufhebung, statt einer negativen, eine positive Schwankung zur Folge haben w\u00fcrde. Nichtsdestoweniger k\u00f6nnte immer noch vermuthet werden, dafs diesseits vom Ileo-coccygeus der Nerv in positiver, jene negative \u00fcberwiegender Phase gehalten w\u00fcrde durch irgend welche Muskelstr\u00f6me, deren Verlauf am Froschk\u00f6rper unter so verwickelten Bedingungen uns ja v\u00f6llig unbekannt ist.\nZur Pr\u00fcfung und wo m\u00f6glich Beseitigung dieses Einwurfes unternahm ich folgende Versuchsreihe. Ich \u00fcberzeugte mich zuerst von der M\u00f6glichkeit, einen Nerven, mit H\u00fclfe des Muskelstromes, \u00fcberhaupt nur in elektrotonischen Zustand zu versetzen. Es gelang mir in der That an dem Multiplicator f\u00fcr den Nervenstrom Spuren sowohl von der positiven als von der negativen Phase zu entdecken, als ich einen Ischiadicus mit seinem von den B\u00e4uschen abgewandten Ende \u00fcber nat\u00fcrlichen L\u00e4ngs- und k\u00fcnstlichen Querschnitt eines Muskels lagerte. Zwischen den B\u00e4uschen und dem Muskel war der Nerv auf einem Korksteg mit lnsectennadeln festgesteckt. Als erregenden Muskels bediente ich mich des Adductor magnus oder Semimembranosus Cuv. vom Oberschenkel des Frosches. Positive Phase war vorhanden, wenn der Nerv7, von den B\u00e4uschen an gerechnet, erst L\u00e4ngsschnitt, dann Querschnitt ber\u00fchrte. Negative Phase zeigte sich, wenn das Gegentheil der Fall war. Hob ich den Nerven vom Muskel ab, oder gab ich ihm auf demselben eine solche Lage, dafs er nur entweder L\u00e4ngsschnitt oder Querschnitt ber\u00fchrte, so stellte sich Zunahme oder Abnahme des Stromes ein, je nachdem vorher beziehlich negative oder positive Phase geherrscht hatte.\nDiese Wirkungen erschienen jedoch \u00e4ufserst schwach, nicht viel gr\u00f6fser als die Stromesschwankung im Strychninversuch selber. Dies spricht gegen den Ursprung letzterer aus der vorausgesetzten Ursache, IL\t33","page":513},{"file":"p0514.txt","language":"de","ocr_de":"514 3. Abschn. Kap. VII. \u00a7\u25a0 VI. 4 (n). Von der negativen Schwankung\ninsofern die Bedingungen im Strychninversuch viel weniger g\u00fcnstig gestellt sind als in dem mit dem einzelnen Muskel. Hier ist der Nerv nicht einem vergifteten und gemarterten Thier angeh\u00f6rig, nicht, wie so h\u00e4ufig dort, durch langes Warten ersch\u00f6pft. Er ist an den Muskel unter den vortheilhaftesten Umst\u00e4nden angelegt, und zwar war die Grenze zwischen L\u00e4ngs- und Querschnitt des Muskels, der Sitz der eigentlichen Erregung, den B\u00e4uschen m\u00f6glichst nahe gebracht, w\u00e4hrend im Strychninversuch die ganze Anordnung es mit sich bringt, dafs diese Grenze von den B\u00e4uschen durch eine m\u00f6glichst lange Nervenstrecke getrennt sei. Bedenkt man nun aufserdera, dafs im Versuch an einzelnen Muskeln der Nerv, beim Abheben von L\u00e4ngs- und Querschnitt, befreit wird vom Muskelstrom in seiner ganzen Gr\u00f6fse, dagegen im Strychninversuch nur von einem gewissen Bruchtheile desselben, so sieht man, m\u00fcfste die Wirkung im letzteren sehr zur\u00fcckstehen gegen diejenige im ersteren. Dies trifft, wie bemerkt, nicht ein, und somit k\u00f6nnte die Sache als erledigt angesehen werden, wenn sie nicht, durch folgenden Versuch, noch eine andere Wendung bek\u00e4me.\nEs liegt n\u00e4mlich jetzt nahe, zu untersuchen, ob nicht, da die Wirkung des g\u00e4nzlichen Aufhebens des Muskelstromes bereits so unbedeutend ist, die des blofsen Tctanisirens, wodurch nur ein Bruch-theil des Stromes aufser Th\u00e4tigkeit kommt, vollends unmerklich ausfalle. Die thats\u00e4chliche Antwort auf diese Frage zeigte mir, dafs ich nicht alle Umst\u00e4nde geh\u00f6rig im Voraus erwogen hatte. Als erregenden Muskels bediente ich mich jetzt, bei sonst unver\u00e4nderter Anordnung, des Gastroknemius eines querdurchschnittenen strompr\u00fcfenden Schenkels , dessen Nerv auf elektrischem Wege tetanisirt wurde. Dabei stellte sich, gleichviel ob sich der Nerv verm\u00f6ge seiner Lagerungsweise auf dem Muskel in positiver oder negativer Phase befand, stets eine schwache Spur einer negativen Schwankung des Nervenstromes ein. Hinge an dem Ende des Nerven, welches wir \u00fcber die B\u00e4usche gebreitet haben, noch der Unterschenkel mit seinen Muskeln, so w\u00fcrde derselbe in secund\u00e4ren Tetanus gerathen (S. oben S. 87). Es ist demnach klar, jene negative Schwankung r\u00fchrt daher, dafs der Nerv durch den Muskel elektrisch tetanisirt wird. Sie summirt sich algebraisch zu der positiven oder negativen Schwankung, welche die Folge sein mufs der theilweisen Aufhebung beziehlich der negativen oder positiven Phase, worin der Muskelstrom den Nervenstrom h\u00e4lt. Der erregende Strom ist schwach genug, um der negativen Schwankung zu gestatten, im Falle der negativen Phase die positive Schwankung zu \u00fcberwiegen, wovon wir die M\u00f6glichkeit oben S. 452 erkannt haben. Den Gr\u00f6fse-unterschied, der hienach obwalten m\u00fcfste zwischen dem Ergebnifs des","page":514},{"file":"p0515.txt","language":"de","ocr_de":"des Nervenstromes beim Tetanus durch Strychninvergiftung, gjg\nTetanisirens bei der einen und bei der anderen Richtung des Muskelstromes in dein Nerven, gelingt es jedoch nicht im Versuch nachzuweisen. Man k\u00f6nnte daraus den Schlufs ziehen, dafs die Gr\u00f6fse der positiven oder negativen Wirkung, welche von theilweiser Aufhebung der entgegengesetzten Phasen herriihrt, eine ganz verschwindende sei; indessen ist dazu die Sicherheit der Beobachtung doch nicht ausreichend. Die absolute Gr\u00f6fse der negativen Schwankung ist derjenigen im Strychninversuch im Mittel etwa gleich.\nDurch diese Wahrnehmungen ist die Sachlage eine ganz andere geworden. Mail sieht, dafs es vor Allem darauf ankommt, zu erfahren, ob der Strychnintetanus, gleich dem elektrischen, unterbrochener Art sei, oder ob w\u00e4hrend desselben der Strom vielleicht stetig auf einer niederen Stufe verharre.\nEs ist leicht, sich von dem ersteren zu \u00fcberzeugen. Man vergiftet einen auf den Rahmen gespannten Frosch, unterbindet die Iliaca der einen Seite, enth\u00e4utet das entsprechende Bein und legt am nat\u00fcrlichen L\u00e4ngsschnitt und nat\u00fcrlichen oder k\u00fcnstlichen Querschnitt seiner Muskeln den Nerven eines strompr\u00fcfenden Schenkels an. Gelingt der Versuch gut, d. h. kommt derTetanus zur rechten Zeit und mit hinl\u00e4nglicher Kraft zu Stande, so sieht man den strompr\u00fcfenden Schenkel in einer zusammenh\u00e4ngenden, obwohl nicht dicht gedr\u00e4ngten Reihe schwacher Zuckungen begriffen. H\u00e4ufig freilich bleibt er in Ruhe; allein alsdann sind jene Bedingungen nicht erf\u00fcllt, der Nerv des strompr\u00fcfendeu Schenkels hat vor dem Ausbruch des Krampfes zu viel von seiner Erregbarkeit eingebiifst, der Krampf selber hat nicht den erforderlichen Gipfel der Heftigkeit. Uebrigens bedarf es kaum des strompr\u00fcfenden Froschschenkcls; das Zittern der te-tanisch angespannten Muskeln selber ist schon dem Auge leicht bemerkbar. Auch l\u00f6st sich der Strychninkrampf bei seinem Nachlassen schliefs-lich stets in eine Reihe einzelner, immer seltener werdender St\u00f6fse auf.\nDieser Krampf ist somit, gleich dem elektrischen, und wahrscheinlich auch gleich den meisten anderen tetanischen Zusammenziehungen,1 wirklich unterbrochener Natur. Haben wir also einen Nerven, dessen Strom wir untersuchen, in Ber\u00fchrung mit einem Muskel und dieser Muskel ger\u00e4th in Tetanus durch Strychninvergiftung, so wird die Folge im Wesentlichen dieselbe sein, als wenn der Muskel elektrisch tetanisirt worden w\u00e4re. Es wird die negative Schwankung des Nervenstromes wegen elektrischen Tetanisirens durch den Muskel vorzugsweise in Betracht kommen, w\u00e4hrend die Schwankungen wegen theilweiser Aufhebung der einen oder der anderen Phase mehr oder weniger in den Hintergrund treten. Diese werden um so mehr verschwinden, je un-1 Vergl. oben S. 90; \u2014 unten, Kap. ix.\n33\"","page":515},{"file":"p0516.txt","language":"de","ocr_de":"516 3. Abschn. Kap. VH. \u00a7. VI. 4 (n). Von der negativen Schwankung\ng\u00fcnstiger die Bedingungen gestellt sind f\u00fcr die Wahrnehmung des Zuwachses , je gr\u00f6fser also z. B. der Abstand zwischen der erregten und der abgeleiteten Strecke (S. oben S. 464). In dem Strychninversuch, um dessen Bedeutung es sich hier handelt, ist erw\u00e4hntermafsen dieser Abstand ein sehr betr\u00e4chtlicher. Also selbst wenn die Unterbrocbenheit des Strychnintetanus minder ausgesprochen w\u00e4re als die des elektrischen, w\u00fcrde man dennoch anzunehmen berechtigt sein, dafs in jenem Versuch die theilweise Aufhebung der Phasen keine irgend namhafte Wirkung auszu\u00fcben im Stande sei, und die Vorstellung, welche bem\u00fcht ist, die negative Schwankung des Nervenstromes bei der Strychnininnervation davon herzuleiten, erscheint nunmehr erst recht unhaltbar. Es bleibt demnach, wenn man den Grund dieser Schwankung noch ferner in den elektrischen Ver\u00e4nderungen der umgebenden Muskeln suchen will, keine andere Auskunft \u00fcbrig, als sich zu denken, sie r\u00fchre, statt von der Strychnininnervation, von dem elektrischen Tetanisiren .her, dem der Nerv m\u00f6glicherweise von Seiten jener Muskeln ausgesetzt ist, ohne dafs sie etwas zu schaffen h\u00e4tte mit dem bewegungvermittelnden Vorgang in dem Nerven selber, der vom R\u00fcckenmark her angeregt wird.\nObschon sich diese Ansicht vor der fr\u00fcheren des Vorzuges erfreut, dafs dabei die Richtung gleichg\u00fcltig ist, in der die Muskeln einen Strom durch den Nerven schicken, so ist sie doch dermafsen auf Schrauben gestellt, dafs nicht leicht Jemand ihr im Ernste beitreten wird. Nichtsdestoweniger habe ich mich umgesehen nach unmittelbaren Versuchen , die ihr entgegengesetzt werden k\u00f6nnten. Ein solcher ist denn auch in der That folgender. Man vergiftet einen auf den Rahmen gespannten Frosch, unterbindet die linke Iliaca, enth\u00e4utet das linke Bein, und schneidet den Oberschenkel quer durch. Der Nerv eines anderen Frosches wird dann mit dem einen Ende \u00fcber die B\u00e4usche gebreitet, mit dem anderen an L\u00e4ngs- und Querschnitt der Oberschenkelmuskeln angelegt. Zwischen den B\u00e4uschen und den Muskeln mufs er irgendwo auf Kork festgesteckt sein. R\u00fchrte in unserem urspr\u00fcnglichen Versuch die negative Schwankung des Nervenstromes, statt von der Strychnininnervation, vom elektrischen Tetanisiren durch die umgebenden Muskeln her, so m\u00fcfste offenbar bei der obigen Anordnung eine noch kr\u00e4ftigere negative Schwankung erfolgen. Denn der Nerv wird dabei vom Muskelstrom entschieden unter den g\u00fcnstigsten Bedingungen durchflossen, wie sie schwerlich innerhalb der Wunde des Ileo-coccygeus zwischen Steifs- und Darmbein stattfinden. Trotzdem habe ich in zehn Versuchen, unter denen mehrere sehr gut gelungen waren, keine negative Schwankung des Stromes des durch die Muskeln elektrisch tetanisirten Nerven zu entdecken vermocht. Es scheint demnach klar, unter den vorteilhaftesten Umst\u00e4nden ist das","page":516},{"file":"p0517.txt","language":"de","ocr_de":"des Nervenslromes beim Tetanus durch Strychninvergiftung. 517\nelektrische Tetanisiren eines Nerven durch Muskeln, die sich im Strychnintetanus befinden, zu schwach, um merkliche negative Schwankung des Stromes herbeizuf\u00fchren, und es ist nicht daran zu denken, dafs diese Schwankung in unserem ersten Versuche herr\u00fchre von den Zuckungen der umgebenden Muskeln statt von dem Vorg\u00e4nge in dem Nerven selber.\nAn das Tetanisiren durch Strychninvergiftung schliefst sich, insofern als es nur in absteigender Richtung in den Nerven sich wirksam zeigen kam,, das durch Mifshandlung des R\u00fcckenmarkes an. Die Versuchsweisen finden sich bereits dargelegt oben S. 53. 54, wo cs galt, vom R\u00fcckenmark aus anhaltende Zusammenziehung des Gastro-knemius zu erregen. Die Reizung kann geschehen durch mechanische Gewaltth\u00e4tigkeit, und durch dieselbe in Verbindung mit der Gl\u00fchhitze. Die chemische Zerst\u00f6rung wirkt hier nicht mit hinreichender Kraft und Schnelligkeit. Es ist sehr zweckm\u00e4fsig, dem Pr\u00e4parat beide Ischiadici zu lassen. Der eine wird \u00fcber die B\u00e4usche gebreitet, der andere mufs noch mit dem Unterschenkel in Verbindung stehen. Durch die Zusammenziehungen des Unterschenkels wird man dann in Kenntnifs gesetzt von der Wirksamkeit der ausgef\u00fchrten Erregung, \u00fcber welche man sich ohne diese Auskunft oft sehr im Irrthum befinden w\u00fcrde. Es gelingt nur selten, deutliche Wirkungen an der Nadel zu erhalten.\n(in) Tetanisiren einzelner Nerven st \u00fc ckc.\nDas Tetanisiren einzelner Nervenst\u00fccke kann begreiflich stets nach beiden Richtungen des Nerven in gleicher Weise ausge\u00fcbt werden. Der Erfolg ist davon unabh\u00e4ngig stets derselbe, unter g\u00fcnstigen Umst\u00e4nden eine negative Schwankung um 1 \u2014 3\u00b0 mit leichter Wiederkehr der Nadel. Zu den oben S. 52. 53 angegebenen Versuchsweisen habe ich jetzt noch Folgendes hinzuzuf\u00fcgen.\nZur mechanischen Reizung bedienten wir uns daselbst eines Scal-pellstiels, mit welchem wir den Nerven nach den B\u00e4uschen zu fortschreitend zu zerhacken suchten. Dies rohe Verfahren giebt, wie auch a. a. 0. bemerkt wurde, nur sehr unvollkommene Ergebnisse. Ich habe seitdem an die Stelle des Scalpellstiels mit gutem Erfolg ein gez\u00e4hntes Rad gesetzt, welches ich um eine in ein Heft befestigte Axe l\u00e4ngs des Nerven hinrolle und ihn somit seiner ganzen nutzbaren Ausdehnung nach in Abst\u00e4nden zerquetsche, die sich in Zeit und Raum ganz gleichm\u00e4fsig folgen, in der Zeit nach Belieben verkleinert werden k\u00f6nnen, im Raum abh\u00e4ngig sind von der entwickelten Bogenl\u00e4nge zwischen den h\u00f6chsten Punkten zweier Z\u00e4hne. 1\n1 Die Vorrichtung ist im Princip entlehnt dem CordenrUdchcn oder R\u00e4nderir-eisen der Mechaniker, dem Roulett der Kupferstecher und Buchbinder, dem Ku-","page":517},{"file":"p0518.txt","language":"de","ocr_de":"518\t3. Absclm. Kap. VII. \u00a7. VI. 4 (in). Vun der negativen Schwankung\nMein Rad (S. Fig. 131. Taf. IV.), von der Arbeit des Herrn Halske, hat in den Z\u00e4hnen 6mra Durchmesser, und 18 Z\u00e4hne, so dafs auf den Millimeter eine Quetschung kommt. Zur Unterlage dient eine Korkplatte. Damit sich der Nerv nicht von dieser ab- und an dem Umfange des Rades aufwickele, mufs er auch an dem von den B\u00e4uschen abgewandten Ende, wo man mit dem Rollen beginnt, mittelst Insecten-nadeln gut festgesteckt sein. Die Nadeln darf man indessen mit dem Rade nicht ber\u00fchren, weil dies zur Kettenbildung Anlafs geben k\u00f6nnte: man k\u00f6nnte alsdann die negative Wirkung beim Zerquetschen auslegen als die Spur einer negativen Phase, die durch einen in dem Nerven nach den B\u00e4uschen zu fliefsenden Strom erzeugt w\u00fcrde. Tlieils um dies, bei dennoch einmal stattlindender Ber\u00fchrung, zu verh\u00fcten, theils um den Verdacht zu entfernen, dafs sich eine Kette bilde durch ungleichzeitige Benetzung zwischen je zwei Z\u00e4hnen des Rades und dem Nerven als feuchtem Leiter, ist es rathsam, dafs das Rad sehr stark lackirt sei. Dem letzterw\u00e4hnten Verdacht l\u00e4fst sich auch noch dadurch begegnen, dafs man das Rad erst einmal leise \u00fcber den Nerven hinrollt, wo dann keine negative Schwankung stattfinden darf.\nDas Rad bringt eine sehr gute Wirkung hervor. Es l\u00e4fst den Nerven hinter sich in Gestalt einer blassen Bernsteinperlschnur. Die Zusammenziehung, wenn noch der Muskel mit dem Nerven zusammenh\u00e4ngt, ist stark und dauernd, die negative Schwankung der Multipli-catornadel unzweideutig.\nWenn mich nicht Alles t\u00e4uscht, habe ich in einigen F\u00e4llen auch in Folge der blofsen Unterbindung mit H\u00fclfe der oben S. 340 beschriebenen Vorrichtung, ja sogar der Durchschneidung des Nerven Spuren der negativen Schwankung gesehen.\nIn derselben Weise, wie das Verfahren zur mechanischen Mifs-handlung des Nerven, habe ich auch das zu seiner Erregung durch hohe Temperaturgrade neuerdings vervollkommnet. Oben S. 54 (n) bedienten wir uns einfach eines kupfernen Gliihbolzens, mit dem wir den Nerven stellenweise verbrannten. Derselbe leistet auch hier ganz gute Dienste. Ich habe mich beil\u00e4ufig \u00fcberzeugt, dafs ein mit Eichenrade der Kuchenb\u00e4cker u. d. m. Sie w\u00fcrde noch sehr zu vervollkommnen sein dadurch, dafs man die Axe des Rades in einigen Centimelern Entfernung sich um eine senkrechte Axe drehen und das Rad in einer kreisf\u00f6rmigen Rinne laufen liefse, in welche der Nerv gebettet w\u00e4re. Zwei Anschl\u00e4ge k\u00f6nnten die Gr\u00f6fse der vcrslatteten Winkelbewegung bestimmen. Dadurch w\u00fcrde die Handhabung so erleichtert sein, dafs man im Stande w\u00e4re, sie auszuf\u00fchren, ohne nur hinzublicken. Die Vorrichtung w\u00fcrde im Kleinen die Ciderpressen nachahmen, wie ich sie vor Jahren in der Umgegend von Stuttgart in Gebrauch gesehen.","page":518},{"file":"p0519.txt","language":"de","ocr_de":"des Nervenstromes beim mechanischen und haustischen Tetanisiren. 519\nweil\u2019s getr\u00e4nkter Zwirnsfaden, gleich dem Nerven \u00fcber Bleche und B\u00e4usche gebreitet und mit dem Bolzen gebrannt, die Nadel v\u00f6llig unbewegt l\u00e4fst. Dies Verfahren hat indefs die Unbequemlichkeit, dafs man nicht leicht gleichzeitig durch\u2019s Fernrohr sehen und die Verbrennung ausf\u00fchren kann; ferner, dafs diese immer nur auf einen Punkt beschr\u00e4nkt bleibt, da das nach den B\u00e4uschen zu fortschreitende Ber\u00fchren verschiedener Punkte mit dem Gesch\u00e4ft der Beobachtung vollends unvertr\u00e4glich wird. Man k\u00f6nnte zwar auch hier an die Stelle des Bolzens in mechanischer Hinsicht mit Vortheil eine gl\u00fchende Walze setzen, die man \u00fcber den Nerven hinrollte; allein man w\u00fcrde dabei den Verdacht der Kettenbildung (S. oben) nicht so sicher beseitigen k\u00f6nnen. Ich traf folgendes Auskunftsmittel.\nIch reibe Schiefspulver mit so viel Wasser an, dafs cs sich, ohne zu br\u00f6ckeln, kneten l\u00e4fst und der Teig einen matten Fettglanz zeigt. Diesen Pulversatz trage ich in einer Schicht von einigen Millimetern Dicke auf einen Streifen Schachteldeckel von etwa 8mm Breite auf. An einem Ende des Streifens wird ein St\u00fcck Feuerschwamm als Z\u00fcnder eingeknetet. Auf den Satz wird der Nerv mit einer m\u00f6glichst langen Strecke seines von den B\u00e4uschen abgewandten Endes aufgelegt. In dem geeigneten Augenblick wird der Z\u00fcnder in Brand gesetzt, und man hat dann nur noch n\u00f6thig, die Beobachtung am Fernrohr zu machen. So wie das Feuer den Satz erreicht, brennt er mit gr\u00f6fserer oder geringerer Langsamkeit nach den B\u00e4uschen zu fortschreitend ab. Der Nerv wird nat\u00fcrlich in der ganzen L\u00e4nge, mit der er auf dem Satz auflag, verkohlt. Die Zusammenziehung, die man auf diese Weise erh\u00e4lt, wenn der Muskel noch mit dem Nerven zusammenh\u00e4ngt, ist sehr kr\u00e4ftig und anhaltend. Die Nadelbewegung erscheint deutlich. Grofse Vorsicht ist jedoch darauf zu verwenden, dafs nicht die umherspr\u00fchenden Funken (Tr\u00f6pfchen von Schwefelkalium und schwefelsaurem Kali) die D\u00fcnsche erreichen, da leicht Ungleichartigkeiten dadurch herbeigef\u00fchrt werden. Zu diesem Behuf ist die wagerechte Glasplatte des allgemeinen Tr\u00e4gers, auf welche ich den Schachteldeckelstreifen aufkitte, mit einem Schirm zu umgeben, der nur an einer passenden Stelle ein Loch hat, durch welches man den Nerven nach aufsen den B\u00e4uschen zuf\u00fchrt.\nTrockene S\u00e4tze durch Ilinzuf\u00fcgung von Kohle zu tempiren, scheint ohne Compression nicht zu gelingen. Beim Trocknen efflorescirt der Salpeter, eine oberfl\u00e4chliche Schicht brennt mit fast unverminderter Geschwindigkeit ab und hinterl\u00e4fst einen R\u00fcckstand wie Spreng-kohle. Ein blofser Streifen Feuerschwamra, auf den man den Nerven legt, um ihn durch die fortkriechende Gluth zu r\u00f6sten, bringt keinen","page":519},{"file":"p0520.txt","language":"de","ocr_de":"520 3. Abschn. Kap. VII. \u00a7. VI. I (iv). Von der negativen Schwankung\nTetanus hervor, sondern nur eine Reihe einzelnstehender schwacher Zuckungen.\nDie chemische Erregung des Nerven wirkt am wenigsten vorteilhaft. Sie hat mir keine zuverl\u00e4ssige Wirkungen an der Nadel gegeben. Ich habe gesucht, die oben S. 54 (in) beschriebene Methode nach demselben Grundsatz zu vervollkommnen, wie das mechanische und kaustische Verfahren, n\u00e4mlich dahin, dafs die Mifshandlung, nach dem auf den B\u00e4uschen aufliegenden Nervenende zu fortschreitend, nach einander alle Punkte einer m\u00f6glichst langen Nervenstrecke betr\u00e4fe. Dazu liefs ich den Nerven, mit einem Platingewicht versehen, von dem Stege, wo er mit Nadeln festgesteckt war, frei herabh\u00e4ngen und hob ihm, mit H\u00fclfe einer hebelartigen Vorrichtung, ein Gef\u00e4fs mit Kalihydratl\u00f6sung dergestalt entgegen, dafs er allm\u00e4hlig mit seiner ganzen nutzbaren Strecke in dasselbe gerieth. Das Ergebnifs bleibt, wie gesagt, so gut wie nichtig; man kann sich aber auch leicht \u00fcberf\u00fchren, wenn man den Versuch an einem noch mit dem Muskel versehenen Nerven anstellt, dafs dies Verfahren dem vervollkommneten mechanischen und kaustischen an Wirksamkeit um Vieles nachsieht.\n(lv) Tetanisiren des Ischiadicus von seinen Hautverzweigungen aus.\nWir kommen nun zu einer letzten Gruppe von Verfahrungsarten zum Tetanisiren, welche nur in aufsteigender Richtung, also bei absteigendem urspr\u00fcnglichen Strom, ausge\u00fcbt werden kann. Bei den Muskeln fehlte diese Gruppe der Natur der Sache nach ganz und gar. Ich habe versucht und es ist mir gegl\u00fcckt, von den Ilautverzweigungen aus die negative Schwankung des Stromes des Ischiadicus zu bewirken. Dazu dient die Fig, 132. Taf. V. abgebildele Vorrichtung.\nIn eine Versenkung an der oberen Fl\u00e4che eines Klotzes aus Mahagoniholz von 84\"\u2122 L\u00e4nge, 64ram Breite und 39\"\u2122 H\u00f6he, der an dem vorderen, den B\u00e4uschen zugewandten Ende gleich den Fufsbrettern aller unserer \u00fcbrigen Tr\u00e4ger halbkreisf\u00f6rmig abgerundet ist, ist ein weites, einem umgest\u00fcrzten Heber \u00e4hnliches Glasrohr mit seiner Biegung eingegypst. Der vordere Schenkel steigt schr\u00e4g in die H\u00f6he, ist aber in seiner letzten Strecke so gebogen, dafs seine Oeffnung wieder in einer wagrechten Ebene liegt, und zwar der n\u00e4mlichen, welche die Oeffnung des hinteren Schenkels enth\u00e4lt. Dieser ist senkrecht, und, wie die Figur zeigt, trichterf\u00f6rmig erweitert. Das Rohr hat etwa 17mm Durchmesser im Lichten; die L\u00e4nge des schr\u00e4gen Schenkels betr\u00e4gt ungef\u00e4hr 105mm, seine Neigung gegen den Horizont 45\u00b0. Beim Eingypsen des Rohres ist die H\u00f6he der M\u00fcndungen beider Schenkel so bestimmt worden, dafs, wenn die Vorrichtung mit den Zulei-","page":520},{"file":"p0521.txt","language":"de","ocr_de":"des IServenstromes beim Tetanisiren von Haulvenmeiyungen aus. 521\ntungsgef\u00e4fsen auf einer Fl\u00e4che steht, die Ebene der M\u00fcndungen mit der oberen Fl\u00e4che der B\u00e4usche zusammenf\u00e4llt.\nEs wird nun ein strompr\u00fcfender Schenkel, dem jedoch die Haut gelassen ist, in den schr\u00e4gen Schenkel des communicirenden Rohres gesteckt. Sein Kniegelenk wird in der oberen M\u00fcndung durch ein hufeisenf\u00f6rmig dasselbe umfassendes und in die M\u00fcndung passendes Korkst\u00fcckchen festgehallen. Der Nerv, der auf der oberen Fl\u00e4che des Korkringes zuiil Ueberfluls festgesteckt werden kann, liegt auf den B\u00e4uschen auf. Sein Querschnitt ist dicht unterhalb der Abgabestelle der Oberschenkelmuskel\u00e4ste gew\u00e4hlt, damit die negative Schwankung einen m\u00f6glichst grofsen Bruchtheil der elektromotorischen Kr\u00e4fte betrage1. W\u00e4hrenddem siedet \u00fcber dem E'euer einer benachbarten Berzelius-Lampe ges\u00e4ttigte Kochsalzl\u00f6sung in einer Porzellancasserolle (Siedpunkt 107\u00b0). Das Auge am Fernrohr ersp\u00e4ht man den g\u00fcnstigen Augenblick, wo die Nadel zur Ruhe gekommen ist, und giefst nun die siedende L\u00f6sung in die Trichterm\u00fcndung des hinteren senkrechten Schenkels des communicirenden Rohres ein.\nDer Trichter gew\u00e4hrt einen doppelten Vortheil. Einmal giefst man nicht so leicht fehl. F\u00fcr\u2019s zweite aber ist weniger zu besorgen, dafs der schr\u00e4ge Schenkel bis zum Ueberfliefsen voll werde, weil zuletzt einer kleinen H\u00f6hever\u00e4nderung der Fl\u00fcssigkeit in demselben eine grofse Raumver\u00e4nderung in dem Trichter entspricht. Die nothwendige Menge von Kochsalzl\u00f6sung zuvor abzumessen und zum Sieden zu bringen, ist unzul\u00e4ssig, weil h\u00e4ufig durch Zuf\u00e4lligkeiten bei der sonstigen Einrichtung des Versuches der Augenblick des Giefsens verz\u00f6gert wird. Alsdann geht einerseits durch Verdampfung Fl\u00fcssigkeit verloren, anderseits durch das ausgesottene Kochsalz, welches sich nicht mit aus-giefsen l\u00e4fst und einen Theil der L\u00f6sung zur\u00fcckbeh\u00e4lt.\nDie siedende Kochsalzl\u00f6sung steigt in dem schr\u00e4gen Schenkel langsam empor, und verbr\u00fcht Schritt f\u00fcr Schritt und durch und durch den darin befindlichen Unterschenkel, indem sie bei den Zehen und Schwimmh\u00e4uten beginnt und endlich das Kniegelenk erreicht. W\u00e4hrend nun ein Frosch, den man sich am oberen Ende des Ischiadicus denkt, sieb in der gr\u00e4fslichsten Qual winden w\u00fcrde, sieht man hier die Nadel die bekannte negative Schwankung vollziehen.\n1 Ich habe nicht vers\u00e4umt, mich zu \u00fcberzeugen, dafs mit Ausnahme h\u00f6chstens der oberen Gegend der inneren Fl\u00e4che des Unterschenkels, wohin Aesle einer dem Saphenus major und minor entsprechenden Gruppe von Hautverzweigungen hinreichen m\u00f6gen, die Haut desselben ihre Nerven von den R. peronaeus und tibialis des Ischiadicus erh\u00e4lt (S. oben S. 445),","page":521},{"file":"p0522.txt","language":"de","ocr_de":"522 3. Ab sehn, Kap, VII. \u00a7. VI. 4 (v). Die netj. Schwankung beim nicht elektr.\nIch erinnerte mich, dafs bei den Versuchen \u00fcber Reflexbewegungen das Betupfen mit Schwefels\u00e4ure als heftiger Hautreiz gute Dienste leistet. Ich ersetzte daher die heifse Kochsalzl\u00f6sung durch concentrate Schwefels\u00e4ure, und nahm, obschon nicht ganz so deutlich, den n\u00e4mlichen Erfolg wahr.\nVon etwas zu k\u00fchnem Zuschnitt f\u00fcr den damaligen Zustand meiner Vorrichtungen und Versuchsweisen war zur Zeit, wo ich ihn anstellte, folgender Versuch, auf dessen Gelingen ich deshalb jedoch noch nicht verzichte. Im verfinsterten Zimmer wurde das m\u00f6glichst schnell zugerichtete Auge einer Schildkr\u00f6te mit dem Umfange des Augapfels auf den einen, mit dem Querschnitte des Sehnerven auf den anderen Bausch gelegt. In diesem Falle hat man, wie man sich erinnert (S. oben S. 256), in dem Sehnerven einen Strom vom Querschnitte zur Nervenhaut. Pl\u00f6tzlich liefs ich nun, mittelst eines YouNG\u2019schen Heliostaten,1 einen Sonnenstrahl in das Auge fallen. Da der Versuch noch am Multiplicator f\u00fcr den Muskelstrom angestellt wurde, so hat cs vor der Hand nichts zu bedeuten, dafs die Nadel dabei unbewegt blieb. Um so weniger ist dies der Fall, als die Zurichtung, wegen der unvorteilhaften Wahl des Schildkr\u00f6tenauges, viel zu lange dauerte, als dafs noch mit Fug Erregbarkeit der Nervenhaut durch das Licht angenommen werden konnte.\n(v) Beseitigung eines Einwandes gegen mehrere der vorigen\nVersuche.\nEs l\u00e4fst sich, gegen mehrere der vorigen Versuche, abermals ein Einwand erheben. Wir haben oben Bd. I. S. 694 und in diesem Bande S. 266 untersucht, welchen Einflufs auf die St\u00e4rke des urspr\u00fcnglichen Stromes die L\u00e4nge des thierischen Erregers \u00e4ufsere. Wir fanden, dafs diese St\u00e4rke mit der L\u00e4nge wachse. Der hier zu machende Einwand ist nun der, dafs durch das Zerquetschen, Unterbinden, Abschneiden, Verbrennen u. s. w. des Nerven seine wirksame Ausdehnung verk\u00fcrzt werde und dafs m\u00f6glicherweise daher, statt von der Innervation, die negative Schwankung seines Stromes herr\u00fchre. Zwar m\u00fcfste diese alsdann dauernder Art sein. Wir haben sie aber im Gegentheil von einem R\u00fcckschw\u00fcnge begleitet gefunden. Indefs ist schon bemerkt worden, dafs die Nadel ihre fr\u00fchere Stellung nie ganz wieder einnehme (S. oben S. 512). Es ist daher nicht mit Bestimmtheit zu behaupten, dafs die beobachtete Nadelbewegung nur eine negative Schwan-\n1 A Course of Lectures on natural Philosophy and the mechanical Arts. London 1807. 4\u00bb. vol. I. p. 426. pi. XXVIII. fig. 400. *","page":522},{"file":"p0523.txt","language":"de","ocr_de":"Tetanisiren r\u00fchrt nicht her von Verk\u00fcrzung d. wirksamen Nervenstreclce. 523\nkling, nicht eine dauernde Abnahme des Stromes bedeute, und wir k\u00f6nnen danach nicht umhin, n\u00e4her auf diesen neuen Einwurf einzugehen.\nZun\u00e4chst ist folgendes zu bemerken. Das obige Gesetz ist von uns hingestellt worden f\u00fcr den Fall der best\u00e4ndig bleibenden relativen Spannweite des ableitenden Bogens (S. oben ebendas.). Hier dagegen bleibt die absolute Spannweite best\u00e4ndig. Beim Ver\u00e4ndern der L\u00e4nge des thierischen Erregers wird folglich die relative Spannweite gleichfalls ver\u00e4ndert. Sie kann, durch das Verk\u00fcrzen des Erregers, eine im Vergleich zur fr\u00fcheren ung\u00fcnstige werden. Alsdann ist kein Zweifel, dafs Schw\u00e4chung des Stromes die Folge der Verk\u00fcrzung sein m\u00fcsse. Sic kann aber auch eine g\u00fcnstigere werden. Alsdann entsteht die Frage, ob dadurch die schw\u00e4chende Wirkung der Verk\u00fcrzung aufgehoben oder gar \u00fcberwogen werden k\u00f6nne. Fassen wir einen besonderen Fall in\u2019s Auge.\nMan denke sich beide Fufspunkte des ableitenden Bogens am L\u00e4ngsschnitt angelegt. Soll ein Strom in dem Kreise herrschen, so d\u00fcrfen sie dabei nicht symmetrisch zum elektromotorischen Aequator gestellt sein. Auf der einen Seite wird also ein l\u00e4ngeres, auf der anderen ein k\u00fcrzeres Ende Nerv oder Muskel vom Bogen frei sein. Jetzt schneide man von dem l\u00e4ngeren dieser beiden Enden ein solches St\u00fcck ab, dafs beide dadurch gleiche Ausdehnung erhalten. Dann findet sich der Bogen symmetrisch angelegt, jeder Strom mufs verschwinden, eine Verminderung des Stromes also die Folge der Verk\u00fcrzung sein. Hier n\u00e4mlich haben wir, durch die Verk\u00fcrzung, gleichzeitig die Spannweite ung\u00fcnstiger gemacht.\nNun setze man aber den Fall, der eine Fufspunkt liege hart an der Grenze zwischen L\u00e4ngs- und Querschnitt an, jenseits des anderen Fufspunktes aber habe der thierischc Erreger eine solche L\u00e4nge, dafs sie die Spannweite selber um eine beliebige Gr\u00f6fse \u00fcbertreffe. Man verk\u00fcrze nun den Erreger gerade um so viel, dafs der elektromotorische Aequator auf den letzteren Fufspunkt falle. Alsdann hat man die Spannweite an dem k\u00fcrzeren Erreger zur m\u00f6glichst g\u00fcnstigen gemacht, und es kann, wie oben angedeutet wurde, auf den ersten Blick zweifelhaft erscheinen, ob auch hier noch Stromabnahme die Folge dieser Ver\u00e4nderung sein werde.\nBei n\u00e4herer Betrachtung findet man jedoch, dafs diese Zweifel des Grundes entbehren. Unter allen Umst\u00e4nden verlangt die Theorie Abnahme des Stromes bei Verk\u00fcrzung des Nerven. Man sieht dies f\u00fcr den letztangef\u00fchrten Fall ein, indem man \u00fcberlegt, dafs der Unterschied der Abst\u00e4nde der Fufspunkte des Bogens vom elektromotorischen Ae-","page":523},{"file":"p0524.txt","language":"de","ocr_de":"524 3,Abschn. Kap, VIL \u00a7. VI, 4 (v). Die neg. Schwankung beim nicht elektr,\nquator doch derselbe geblieben ist, w\u00e4hrend demjenigen von beiden, der die Eigenschaften des L\u00e4ngsschnittes vorstellt, der Querschnitt n\u00e4her ger\u00fcckt ist.\nIch bin nat\u00fcrlich auch bem\u00fcht gewesen, diese Schlufsfolgcn auf dem Wege des Versuches zu erh\u00e4rten. Zu diesem \u00dfehufe verfuhr ich folgendcrmafsen. Es scheint, nach unseren Voraussetzungen im dritten Kapitel dieser Untersuchungen, f\u00fcr den urspr\u00fcnglichen Strom offenbar gleichg\u00fcltig zu sein, ob der Nerv irgendwo durchschnitten ist oder nicht. Da nun die Handhabung der Scheere auf den B\u00e4uschen immer mifslich bleibt, und es ohnedies schwer sein w\u00fcrde, die richtigen Stellen des Nerven zu treffen, wo er durchschnitten werden soll, so ist unstreitig das Einfachste, man schneidet sogleich vor dem Auflegen den Nerven quer durch, bringt die eine H\u00e4lfte in passender Lage auf die B\u00e4usche, welche mit Glimmerpl\u00e4ttchen versehen sein m\u00fcssen, und f\u00fcgt hinzu und entfernt wechselsweise die andere H\u00e4lfte. Diese mufs begreiflich dabei auf den Glimmer zu liegen kommen; sie mufs mit ihrem Querschnitt an den Querschnitt der ersteren stofsen, als ob sie die nat\u00fcrliche Fortsetzung derselben bildete. Es ist klar, dafs die Wirkung des Wiederanf\u00fcgens die entgegengesetzte sein m\u00fcsse von der des Ent-fernens, welches das Durchschneiden ersetzen soll, und dafs auf diese Weise zugleich noch eine n\u00fctzliche Controlle der Richtigkeit des beim Entfernen beobachteten Erfolges gewonnen ist.\nDie Versuche, die ich nach diesen Grunds\u00e4tzen anstellte, f\u00fchrten zu keinem ganz zuverl\u00e4ssigen Ergebnifs. Zuerst zwar fand ich best\u00e4tigt, dafs, wenn ein Nervenst\u00fcck mit zwei Punkten des L\u00e4ngsschnittes unwirksam aufliegt, und es wird ein anderes angef\u00fcgt, die Anordnung wirksam werde in der Richtung als wenn kein Schnitt vorhanden w\u00e4re. Dasselbe gl\u00fcckte mir nachzuweisen am Rectus internus Cuv., dem langen, schmalen und d\u00fcnnen Hautmuskel an der Innenseite des Froschoberschenkels. An den dickeren regelm\u00e4fsig gefaserten Oberschenkelmuskeln aber, dem Adductor magnus Cuv. z. B., erhielt ich beim Hinzuf\u00fcgen die entgegengesetzte Str\u00f6mungsrichtung. Als ich jetzt irre geworden den Versuch am Nerven wiederholte, zeigte sich unbegreiflicherweise dasselbe, und ich konnte die Bedingungen nicht wiederfinden, unter denen ich den ersten, theoretisch richtigen Erfolg wahrgenommen hatte.\n\u2022Vielleicht sind folgende Versuche geeignet, Aufschlufs zu geben \u00fcber den Grund dieser Doppelsinnigkeit. Der bei jener Anordnung entstehende Strom verdankt seinen Ursprung zweien Ursachen. Erstens kann sich von dem angef\u00fcgten Nerven m\u00f6glicherweise ein Stromantheil in den Multiplicatorkreis ergiefsen, indem er Stromesschleifen durch das unwirksam aufliegende St\u00fcck, wie durch einen seiner Natur nach wirk-","page":524},{"file":"p0525.txt","language":"de","ocr_de":"Tetanisircn r\u00fchrt nicht her von Verk\u00fcrzung d. wirksamen Nervenstrecke. 525\nlieh unwirksamen Leiter hindurchsendet. F\u00fcr\u2019s zweite kann dieses St\u00fcck selber wirksam werden dadurch, dafs die Symmetrie der begrenzenden unwirksam leitenden Fl\u00fcssigkeitsschicht gest\u00f6rt wird, wobei man sich wiederum das neuangef\u00fcgte St\u00fcck als unwirksam zu denken hat. Nach dem Grunds\u00e4tze der Deckung der Str\u00f6me (S. oben Bd. I. S. 647) m\u00fcssen sich diese beiden Wirkungen von einander sondern lassen. Den Stromantheil, der von dein angef\u00fcgten Nervenst\u00fcck herr\u00fchrt, mufs man ebensowohl erhalten k\u00f6nnen, wenn man, statt des unwirksam aufliegenden St\u00fcckes Nerv, einen mit Eiweifs getr\u00e4nkten Zwirnsfaden auf den B\u00e4uschen hat (S. Fig. 133. Taf. IV.). Denjenigen, welcher wegen gest\u00f6rter Symmetrie der Ableitung von dem urspr\u00fcnglich unwirksam aufliegenden Nervenst\u00fcck ausgeht, mufs man erhalten k\u00f6nnen, wenn man diesem St\u00fccke, statt des zweiten Nervenst\u00fcckes, einen \u00e4hnlichen Faden als unwirksam leitende Verl\u00e4ngerung anf\u00fcgt (S. Fig. 134 ebendas.). Wirklich bekommt man in beiden F\u00e4llen Wirkungen. In dem ersteren hat die Wirkung die Richtung, als ob das Ganze Ein aufliegender Nerv w\u00e4re, in dem zweiten h\u00e4lt sie den entgegengesetzten Sinn ein (S. die Figuren), beides entsprechend der oben Bd. I. S. 649 ff. entwickelten Theorie der Str\u00f6me einer Reihe peripolarer Erreger mit einer Endl\u00fccke (S. Fig. 67. Taf. VI. ebendas.), welche dadurch unstreitig eine merkw\u00fcrdige Best\u00e4tigung erf\u00e4hrt. Die Endl\u00fccke wird hier durch das St\u00fcck feuchten Faden vorgestellt. Es k\u00f6nnte nun sein, dafs die oben bemerkte Doppelsinnigkeit der Wirkung beim Anf\u00fcgen eines St\u00fcckes thierischen Erregers an ein gleiches unwirksam aufliegendes St\u00fcck darauf beruhte, dafs von den beiden entgegengesetzten Wirkungen, die wir so eben getrennt beobachteten, aus unbekannten Gr\u00fcnden bald die eine und bald die andere siegte, w\u00e4hrend beim entsprechenden Auflegen eines einzigen St\u00fcckes von gleicher L\u00e4nge mit jenen beiden zusammengenommen stets diejenige vorwaltet, welche von dem Theile des St\u00fcckes ausgeht, der dem hinzugef\u00fcgten Nervenst\u00fcck in Fig. 133 Taf. IV entspricht.\nWie dem auch sei, es scheint jedenfalls, dafs der eingeschlagene Weg kein ganz untr\u00fcglicher war. Es ist deshalb auch wenig auf den Erfolg zu geben, den ich nun erhielt, als das auf den B\u00e4uschen befindliche Nervenst\u00fcck mit L\u00e4ngs- und Querschnitt auflag, und der Ber\u00fchrungspunkt am L\u00e4ngsschnitt mit dem Aequator zusammenfiel. Es fand n\u00e4mlich beim Hinzuf\u00fcgen des zweiten Nervenst\u00fcckes Abnahme, heim Entfernen Zunahme statt, als ob dennoch die erste obige Bemerkung richtig gewesen w\u00e4re, dafs in diesem Falle, weil eine g\u00fcnstigere Spannweite die Folge sei, aus der Verk\u00fcrzung des Nerven eine Zunahme hervorgehen k\u00f6nne. Wir d\u00fcrfen aber darauf keinen Werth","page":525},{"file":"p0526.txt","language":"de","ocr_de":"526 3. Abschn. Kap. VII. \u00a7. VI. 4 (v). Die neg. Schwankung beim nicht elehlr.\nlegen, weil ja aus unbekannten Gr\u00fcnden der Versuch uns auch h\u00e4ufig ein unrichtiges Ergebuifs geliefert hat in einem Falle, der theoretisch ganz klar vor Augen liegt, dem n\u00e4mlich, wo das zweite Nervenst\u00fcck einem unwirksam aufliegenden wechselsweise angef\u00fcgt und davon entfernt wurde.\nSomit bleibt der Einwurf gegen die Bedeutung unserer obigen Erfahrungen von dieser Seite aus noch unersch\u00fcttert stehen. Indessen ist zu bemerken, dafs in allen diesen Versuchen die Wirkungen in Folge des Hinzuf\u00fcgens und Entfernens des zweiten Nervenst\u00fcckes meistens so klein ausfieleu, dafs die negative Schwankung, die sie zu erkl\u00e4ren geeignet sein sollten, sie h\u00e4ufig an Gr\u00f6fse \u00fcbertrifft. Jene Wirkungen aber sind unter den g\u00fcnstigsten Bedingungen f\u00fcr ihre Gr\u00f6fse beobachtet worden. Umgekehrt hei der negativen Schwankung sind die Bedingungen f\u00fcr das Zustandekommen einer Stromabnahme durch Verk\u00fcrzung des Nerven meist sehr ung\u00fcnstig gestellt. Die Anstalten zu den mannigfachen Verfahrungsarten, um den Nerven zu zerst\u00f6ren, zur mechanischen, kaustischen, chemischen Mifshandlung desselben, bringen cs stets mit sich, dafs zwischen den B\u00e4uschen und dem ihnen zun\u00e4chst gelegenen unmittelbar betroffenen Punkte, eine Strecke von wenigstens 8 \u2014 10mm unversehrt bleibt. Bei einzelnen besonders wirksamen Versuchsweisen kann dieselbe aber viel l\u00e4nger sein, die Zerst\u00f6rung selber sich nur auf einen geringen Bruchtheil der Nervenl\u00e4nge erstrecken, und die negative Wirkung kommt doch zum Vorschein. Dies ist z. B. der Fall bei Anwendung des Gl\u00fchbolzens. Man kann den Nerven nachher viel n\u00e4her an den B\u00e4uschen durchschneiden, ohne dafs eine Spur von negativer Schwankung erfolgte, und das abgeschnittene St\u00fcck auch wieder hinzuf\u00fcgen, ohne dafs die Nadel weiter abgelenkt w\u00fcrde.\nEs ist demnach deutlich, dafs die Erkl\u00e4rung der negativen Schwankung durch Verk\u00fcrzung der wirksamen Nervenstrecke nicht ausreicht, um die Gr\u00f6fse der Erscheinung, wie klein dieselbe auch absolut ausf\u00e4llt, zu rechtfertigen. Ich brauche nicht zu erinnern, dafs, wenn der Nerv zwischen der Stelle, wo der Reiz angebracht wird, und den B\u00e4uschen durchschnitten ist, keine Wirkung stattfindet. Sie m\u00fcfste gleichwohl eintreten, w^enn diese allein auf der Verk\u00fcrzung der wirksamen Strecke beruhte. Schon diese Gr\u00fcnde w\u00fcrden gen\u00fcgen, um den hier schwebenden Einwand zu entkr\u00e4ften. Allein wir werden sp\u00e4ter einen noch weit schlagenderen Beweis dawider kennen lernen.1\nEine besondere Erw\u00e4hnung verdienen hier noch die Versuche, in\n1 S. unten, \u00a7. viii.","page":526},{"file":"p0527.txt","language":"de","ocr_de":"Telanisiren r\u00fchrt nicht her von Verk\u00fcrzung d. wirksamen Nervenstrecke. 527\ndenen der Theil des Nerven, welcher zerst\u00f6rt wird, nicht von Luft, sondern von thierischen Theilen umgeben ist; also die mechanische und kaustische Ver\u00f6dung der Riickenmarksh\u00f6hle, das Verbr\u00fchen des Unterschenkels, das An\u00e4tzen desselben mit Schwefels\u00e4ure. Man k\u00f6nnte sich denken, dafs in diesen F\u00e4llen die von feuchten Leitern umgebenen Theile schon vor ihrer Zerst\u00f6rung nicht als wirksam zu betrachten gewesen seien, weil der Str\u00f6mungsvorgang in denselben durch die vorhandene Nebenschliefsung zum Theil geschw\u00e4cht werden m\u00fcsse (S. oben S. 151). W\u00e4re diese Voraussetzung richtig, so w\u00fcrde das Erscheinen der negativen Schwankung in den angegebenen Versuchen anzusehen sein als ein neuer Beweis gegen die Verd\u00e4chtigung, die wir hier bek\u00e4mpfen. Allein dem ist nicht so. Schon der Theorie nach sieht man leicht, dafs jene Verminderung einmal nur eine sehr kleine sein k\u00f6nne, f\u00fcrs zweite dafs sie in einer anderen Strecke der Bahn des Str\u00f6mungsvorganges jeder Molekel durch eine Vergr\u00f6fserung aufgewogen werden m\u00fcsse, n\u00e4mlich in dem Theile der Bahn innerhalb der Molekel selber, der als unverzweigt zu denken ist. Demgem\u00e4fs lehrt die Erfahrung, dafs die Nadel keine negative Schwankung zeigt, wenn man den Theil des Nerven aufserhalb der B\u00e4usche unter leicht anges\u00e4uertes oder etwas Kochsalz enthaltendes Wasser taucht, welches seine Leistungsf\u00e4higkeit erst nach einer merklichen Zeit beeintr\u00e4chtigt. Der zwischen den Unterschenkelmuskeln z. B. begrabene Theil der Nerven ist somit wohl als wirksam zu betrachten, nicht als ob er am Kniegelenk abgeschnitten w\u00e4re, und wenn der auf die Verk\u00fcrzung der wirksamen Nervenstrecke gegr\u00fcndete Einwurf gegen die obigen Versuche \u00fcberhaupt statthaft w\u00e4re, w\u00fcrden das Verbr\u00fchen des Unterschenkels, das An\u00e4tzen desselben mit Schwefels\u00e4ure diesem Einwurf so gut verfallen, als unsere sonstigen Erfahrungen.\n(vi) Ueber die Untersuchung der negativen Stromesschwankung beim Tetanisiren auf nicht elektrischem Wege zwischen verschiedenen Punkten des L\u00e4ngsschnittes u. s. w.\nMan k\u00f6nnte nun schliefslich noch verlangen, dafs auch f\u00fcr die negative Stromesschwankung auf anderem als elektrischem Wege die Proportionalit\u00e4t ihrer Grofse mit derjenigen des urspr\u00fcnglichen Stromes bei jeder Art der Ableitung dieses letzteren nachgewiesen werde. Ist es indessen, wie bevorwortet, bereits die schwierigste Aufgabe des ganzen Gebietes, nur das Dasein der Schwankung in dem Grenzfalle darzuthun, der ihr, unter Voraussetzung der Proportionalit\u00e4t, den h\u00f6chsten Werth verleiht, so \u00fcbersteigt jene Forderung, in meinen Augen, durchaus die Grenzen desjenigen, was mit den jetzigen H\u00fclfs-","page":527},{"file":"p0528.txt","language":"de","ocr_de":"528\t3. Abschn. Kap. VII. \u00a7. VII. 1. Allgemeine Darlegung\nmitteln hier geleistet werden kann. Wo von zehn Versuchen f\u00fcnf ganz zu mifslingen und von den \u00fcbrigen etwa nur drei ein wirklich gutes Ergebnis zu liefern pflegen, w\u00fcrde es niemals auszumachen sein, ob das Ausbleiben oder die Schw\u00e4che der Wirkung beim Ableiten des urspr\u00fcnglichen Stromes von verschiedenen Punkten des L\u00e4ngsschnittes herr\u00fchre von der vorausgesetzten Proportionalit\u00e4t, oder von einem ung\u00fcnstigen Ausgange des Versuches, der auch zwischen L\u00e4ngs- und Querschnitt einen geringen oder keinen Erfolg gehabt haben k\u00f6nnte.\nDasselbe gilt, in noch erh\u00f6htem Mafse, f\u00fcr die Frage, ob sich vielleicht auch hier eine Abnahme der Wirkung mit wachsender Entfernung der abgeleiteten von der erregten Strecke kundgebe.\n\u00a7. VII.\nVon der secund\u00e4ren Zuckung vom Nerven aus.\n1. Allgemeine Darlegung der Erscheinung.\nWir wenden uns nun schliefslich zu der schon fr\u00fcher angeregten Frage, ob die negative Stromesschwankung beim Tetanisiren der Nerven stetiger oder unterbrochener Art sei. Oben S. 447 wurde gezeigt, dafs, wie f\u00fcr die negative Schwankung des Muskelstromes bei der Zusammenziehung, der physikalische Thatbestand auch hier beide M\u00f6glichkeiten offen lasse. Es kn\u00fcpfen sich an die Bem\u00fchungen zur Erledigung dieser Frage so viel interessante Einzelheiten, dafs ich f\u00fcr gut befunden habe, denselben einen eigenen Paragraphen zu widmen.\nDas physiologische Rheoskop ist es, dessen wir uns zu ihrer Entscheidung zu bedienen haben. Ist die Schwankung stetiger Natur, so wird cs unter allen Umst\u00e4nden in Ruhe bleiben, h\u00f6chstens zu Anfang und Ende derselben eine Zuckung zeigen d\u00fcrfen. Ist sie unterbrochener Art, so wird dagegen der strompr\u00fcfende Schenkel in secund\u00e4ren Tetanus gerathen m\u00fcssen, wofern nur die einzelnen St\u00f6fse tief und schnell genug sind, und der Schenkel hinreichende Erregbarkeit besitzt, damit Zuckung stattfinden k\u00f6nne. Auch hier wollen wir uns zuerst der elektrischen Erregung bedienen. Wir haben also einfach an L\u00e4ngs- und Querschnitt des aufserhalb der Platinenden der stromzuf\u00fchrenden Vorrichtung befindlichen Theiles eines auf denselben aufliegenden Nervenst\u00fcckes, statt der feuchten Multiplicatorenden, der B\u00e4usche, nunmehr den Nerven eines strompr\u00fcfenden Schenkels anzulegen, das erstere Nervenst\u00fcck auf elektrischem Wege zu tetanisiren","page":528},{"file":"p0529.txt","language":"de","ocr_de":"der secund\u00e4ren Zuclcung vom Nerven aus.\n529\nund zuzuselien, ob secund\u00e4rer Tetanus vom Nerven aus an den Muskeln bemerkbar werde.\nEhe wir zum Versuche schreiten, ist in geschichtlicher Hinsicht zu erw\u00e4hnen, dafs wir nicht die ersten sind, welche in gleicher Absicht die beschriebene Anordnung verwirklichen. Ich lese bei S\u00f6mmering: \u00bbAn die Gliedmasse .... eines frisch geschlachteten Frosches, Vogels \u00bb oder S\u00e4ugethieres lege man das abgeschnittene St\u00fcck eines ausgesch\u00e4l-\u00bbten, mitten entzweigeschnittenen Nerven dicht an den Rest, und elek-\u00bbtrisire durch Zink und Silber das obere St\u00fcck, so werden sich die \u00bbMuskeln ebensogut zusammenziehen, als wenn der Nerv wirklich noch \u00bbganz oder unzerschnitten w\u00e4re\u00ab. 1 Jon. M\u00f6ller sagt hinwieder: \u00bbDa-\u00bb gegen ist der Nerve eines Froschschenkels ein viel feineres Elektro-\u00bb meter, welches indefs keine Wirkung zeigt, wenn der Nerve eines ab-\u00bb geschnittenen Froschschenkels mit einem andern gereizten Nerven im \u00bbContact steht\u00ab.2 Thierry erhielt von Royer-Collard den Gedanken zu dem n\u00e4mlichen Versuche. Er glaubte anfangs, am Kaninchen, einen bejahenden Erfolg wahrgenommen zu haben. Er fand jedoch sp\u00e4ter, als er seine Beobachtungen am Frosche wiederholen wollte, dafs er sich wahrscheinlich hatte t\u00e4uschen lassen durch Wirkungen der anatomischen Werkzeuge, Messer und Pinzette. Trotzdem hielt er es nicht f\u00fcr \u00fcberfl\u00fcssig, seine schon 1828 angestellten Versuche noch 1842 zu ver\u00f6ffentlichen, als Matteucci\u2019s \u00bbcontraction induite\u00ab, die secund\u00e4re Zuckung vom Muskel aus, ihm bekannt wurde.3 Endlich Matteucci selber ist vielfach bem\u00fcht gewesen, die secund\u00e4re Zuckung auch vom Nerven aus zu erhalten, den er auf elektrischem Wege reizte. S. oben S. 21.4 Alle seine Bem\u00fchungen blieben vergeblich.\nEs hat indessen, bei passender Einrichtung des Versuches, keine Schwierigkeit, diese Zuckung erfolgen zu sehen. Die Platinenden der stromzuf\u00fchrenden Vorrichtung sind mit den Enden einer GROvE\u2019schen Kette verbunden. In den Kreis ist der Pomfsche Stromwender und der PoGGENDORFF\u2019sche Inversor eingeschaltet. Ersterer dient zum einmaligen Umsetzen des Stromes, letzterer zum Tetanisiren. Das Um-\n1 Sam. Th. Sommering, Ueber den Saft, welcher aus den Nerven wieder ein-gesangt wird, im gesunden und kranken Zustande des menschlichen K\u00f6rpers u. s. w. Landshut 1811. S. 17.*\n*\tHandbuch der Physiologie u. s. w. Bd. I. 3. Aufl. 1838. S. 647. 648.*\n3 Comptes rendus etc. 28 Novembre 1842. t. XV. p. 1016.*\u2014 L\u2019Institut, t. X. No. 466. p. 424.*\n*\tZu der daselbst befindlichen Anf\u00fchrung ist jetzt noch hinzuzuf\u00fcgen: Annales de Chimie et de Physique. Ao\u00fbt 1846. t. XVIII. p. 126.* \u2014 Philosophical Transactions etc. For the Year 1847. P. II. p. 233. * \u2014 Annales de Chimie et de Physique. 1848. t. XXIII, p. 233.\u2019\nn.\n34","page":529},{"file":"p0530.txt","language":"de","ocr_de":"530 3. Abschn. Kap. VII. \u00a7. VII. 2. Vertheuliijiing der sekund\u00e4ren Zuckung\nsetzen mit H\u00fclfe der Wippe des Stromwenders erweist sich n\u00e4mlich seiner gr\u00f6fseren Schnelligkeit halber, wie bequemer, so auch wirksamer, als das mittelst des Inversors. Zum Scldiefsen und Oeffnen der Kette dient ein verquickter Kupferhaken, der in eines der Quecksilber-gef\u00e4fse taucht. Dieser ganze Kreis mufs sorgf\u00e4ltig isolirt sein. Die Platinenden schweben dicht \u00fcber einer wohlgetrockneten Glastafel. Man stellt sich den strompr\u00fcfenden Schenkel aus der einen Seite eines GALVANi\u2019schen Pr\u00e4parates dar, schneidet aus der anderen den Ischiadicus, und legt diesen \u00fcber die Platinenden. An L\u00e4ngs- und Querschnitt des aufserhalb der Platinenden auf der Glastafel ruhenden Theiles des Nerven legt man den Nerven des zur secund\u00e4ren Zuckung bestimmten Unterschenkels mit zwei Punkten des L\u00e4ngsschnittes an. Beim Oeffnen und Schliefsen der Kette, vollends beim Umsetzen des Stromes in der unmittelbar erregten Strecke, sieht man h\u00e4ufig Zuckung erfolgen. Wird das Rad des Inversors gedreht, so tritt secund\u00e4rer Tetanus vom Nerven aus ein. Es ist gleichg\u00fcltig, an welches Ende des unmittelbar erregten Nerven, ob an das dem Ursprung, oder an das der Ausbreitung entsprechende, das Hirnende des mittelbar zu erregenden angelegt wird.\n2. Beseitigung des Verdachtes auf Schleifen des erregenden Stromes, unipolare Wirkungen, oder mangelhafte Isolation.\nEs wird nun wohl rathsam sein, in hergebrachter Weise hier zuerst die Gr\u00fcnde auseinanderzusetzen, weshalb nicht daran zu denken ist, diese Wirkungen auf Stromestheile zu schieben, die von den Platinenden bis zu dem secund\u00e4r erregten Nerven \u00fcbergreifen. Diese Gr\u00fcnde sind folgende.\nErstens findet die secund\u00e4re Zuckung auch statt, wenn der zweite Nerv dem ersten in einer Entfernung von der n\u00e4chsten Elektrode angelegt ist, bei welcher man sich mit dem besten Willen nicht vorzustellen vermag, wie sich Stromesschleifen bis dahin in dem ersten Nerven begeben sollten. Unipolare Wirkungen sind hier nicht zu f\u00fcrchten, weil wir uns weder einer Inductionsvorrichtung, noch einer viel-gliederigen S\u00e4ule zur Erregung bedienen, und weil der secund\u00e4r zuk-ltende Unterschenkel sorgf\u00e4ltig isolirt ist. Aus denselben Gr\u00fcnden f\u00e4llt auch der Verdacht weg auf ein Phaenomen der Nebenschliefsung gleich dem oben S. 496 ff. er\u00f6rterten.\nSchon von vorn herein also schliefsen diese Umst\u00e4nde die obige Vermuthung aus. Aber f\u00fcr\u2019s zweite l\u00e4fst sich dieselbe auch noch durch viele Versuche unmittelbar widerlegen. Wird der prim\u00e4r erregte Nerv dicht an der vorderen Elektrode unterbunden oder durchschnitten","page":530},{"file":"p0531.txt","language":"de","ocr_de":"vom Nerven aus gegen verschiedene Einw\u00fcrfe.\n531\nmit Wiederaneinanderf\u00fcgung Leider St\u00fcmpfe, und man r\u00fcckt mit dem mittelbar zu erregenden Nerven gleichfalls bis ganz nahe an die vordere Elektrode, wobei man jedoch diesseits der verletzten Stelle bleiben mufs, so findet niemals Zuckung statt. Der Durchschneidung ist auch hier aus dem oben S. 297 angef\u00fchrten Grunde der Vorzug zu geben vor der Unterbindung. Wendet man statt des unmittelbar erregten Nerven einen mit Eiweifs getr\u00e4nkten Zwirnsfaden oder einen Fliefspapierbausch von geeigneten Mafsen an, so kann man mit dem mittelbar zu erregenden Nerven abermals ganz nahe an die vordere Elektrode r\u00fccken, ohne dafs Zuckung entst\u00e4nde. Dasselbe ist der Fall, wenn der unmittelbar erregte Nerv urspr\u00fcnglich wenig erregbar war oder wenn er im Laufe des Versuches seine Leistungsf\u00e4higkeit eingeb\u00fcfst hat. Die Strecke, in der die Nerven einander ber\u00fchren, kann man auf feuchten Leiter betten und auch damit bedecken, ohne den Erfolg des Versuches sonderlich zu beeintr\u00e4chtigen. Der Wirkung von Stromesschleifen m\u00fcfste das Anbringen einer so bedeutenden Nebenschliefsung g\u00e4nzlich ein Ende machen.\nAuch hier kommt es vor, dafs die Wirkung anfangs versagt, und erst sp\u00e4ter mit zunehmender St\u00e4rke hervortritt. Aus der entsprechenden Thatsache f\u00fcr den elektrotonischen Zustand und die negative Schwankung beim Tetanisiren auf elektrischem Wege schlossen wir, dafs diese Erscheinungen nicht beruhen k\u00f6nnten auf dem Hereinbrechen von Schleifen des erregenden Stromes, weil f\u00fcr diese kein Grund des allm\u00e4ligen Wachsthums einzusehen sei (S. oben S. 298. 431). Hier d\u00fcrfen wir den gleichen Schlufs nicht ziehen. Dort st\u00fctzte sich derselbe auf die unver\u00e4nderliche Treue der Angaben des elektromagnetischen Strompr\u00fcfers. Aus der Zunahme der Nadelbewegung folgte unmittelbar die Zunahme der sie erzeugenden Ursache. Hier bedienen wir uns des strompr\u00fcfenden Schenkels. Da mag die Ursache best\u00e4ndig sein, der Grund der scheinbar zunehmenden Wirkung kann im mittelbar zu erregenden Nerven selber liegen.\nHingegen eine dritte Gruppe von Beweisen gegen die in Rede stehende Deutung wird uns sehr bald entgegentreten in dem Verhalten der secund\u00e4ren Zuckung unter verschiedenen Bedingungen des Anlegens des einen Nerven an den anderen. Dieser Umstand \u00fcbt auf das Erscheinen und Ausbleiben der Zuckung einen entschiedenen Einflufs aus. Bei der Annahme unipolarer Wirkungen oder einer Erregung durch einen Zweigstrom ist dies undenkbar. Allenfalls k\u00f6nnte etwas der Art stattfinden in dem Falle von Stromesschleifen. Allein die Folge wird lehren , dafs auch hiemit die Thatsachen sich unvereinbar zeigen, insofern n\u00e4mlich gerade die Ver\u00e4nderungen der gegenseitigen Lage beider Ner-\n34 *","page":531},{"file":"p0532.txt","language":"de","ocr_de":"532\t3. Abschn. Kap. VII. \u00a7. VJ1. 3. Die secimd\u00e4re Zuckung\nven, welche unter der Voraussetzung von solchen Schleifen die Erscheinungsweise der Zuckungen ver\u00e4ndern m\u00fcfsten, wirkungslos an derselben vor\u00fcbergehen.\n3. Die secund\u00e4re Zuckung vom Nerven aus r\u00fchrt her von dein elektrotonischen Zustande, nicht aber von der negativen Schwankung beim Tetanisiren.\nWir betrachten damit die obigen Bedenken als erledigt und als erwiesen, dafs wir es hier in der That mit einer Wirkung des prim\u00e4r erregten auf den secund\u00e4r zu erregenden Nerven zu thun haben. Fassen wir jetzt diese Wirkung n\u00e4her in\u2019s Auge. Unsere Absicht, beim Aufsuchen dieser neuen Thatsache, ist gewesen, die Natur der negativen Schwankung beim Tetanisiren des Nerven genauer kennen zu lernen. Jetzt k\u00f6nnte man zu schliefsen geneigt sein, dafs dieser unser Zweck erreicht sei. Man k\u00f6nnte beim Anblick des secund\u00e4ren Tetanus vom Nerven aus, das Urtheil f\u00e4llen, dafs die negative Stromesschwankung des unmittelbar erregten Nerven unterbrochener Art sein m\u00fcsse. Dies w\u00fcrde jedoch voreilig sein. Denn wir haben, als wir oben S. 528 den nun verwirklichten Versuchsplan fafsten, einen wichtigen Umstand \u00fcbersehen. Wir haben nicht erwogen, dafs, bei der elektrischen Erregung, die elektrischen Zust\u00e4nde des Nerven noch eine andere Ver\u00e4nderung erleiden als diejenige, deren Ausdruck die negative Schwankung ist. Nichts steht uns daf\u00fcr, dafs nicht die secund\u00e4re Zuckung, statt von der negativen Schwankung, herr\u00fchre von dem Eintreten und Aufh\u00f6ren des positiven oder negativen Zuwachses, welches begleitet ist von der negativen Schwankung, oder dafs nicht wenigstens der Zuwachs an dem Hervorbringen der Zuckung einen wesentlichen An-theil habe.\nEs ist \u00fcbrigens nicht schwer, entscheidende Merkmale zu erdenken, welche die secund\u00e4re Zuckung in dem einen und dem anderen Falle zeigen m\u00fcfste. Stammt sie her von der negativen Stromesschwankung, so mufs sie erstens nur erscheinen, oder wenigstens sehr an St\u00e4rke zunehmen, wenn der mittelbar zu erregende Nerv angelegt ist an L\u00e4ngsund Querschnitt des unmittelbar erregten. F\u00fcr\u2019s zweite mufs sie stattfinden , gleichviel welcher Abstand herrsche zwischen diesem Querschnitt und der vorderen Elektrode. Zum dritten mufs, bei einzelnen Zuckungen, die durch Schliefsen und Oeffnen der erregenden Kette entstehen, ihre Erscheinungsweise unabh\u00e4ngig sein von der Richtung des erregenden Stromes. Denn es w\u00fcrde sich dabei handeln um eine schnelle Senkung des Stromes, aus der er sofort seine fr\u00fchere H\u00f6he wieder","page":532},{"file":"p0533.txt","language":"de","ocr_de":"vom Nerven ans r\u00fchrt her vom elektrotonischen Zustande. 533\nersteigt. Es wird also unter allen Umst\u00e4nden Zuckung stattfinden m\u00fcssen, gleichviel ob nach den \u00fcbrigen Umst\u00e4nden des Versuches der mittelbar zu erregende Nerv f\u00fcr eine positive Stromesschwankung mehr als f\u00fcr eine negative, oder f\u00fcr eine der letzteren Art mehr als f\u00fcr eine der crsteren empf\u00e4nglich ist, indem stets beide Wirkungen zugleich vorhanden sind (Vergl. oben S. 99).\nStammt dagegen die Zuckung her von dem Eintritt der einen und der anderen Phase, so mufs von allem Obigen das gerade Gegentheil Platz greifen. Sie mufs alsdann ebensowohl von reinem L\u00e4ngsschnitt aus erfolgen, als bei der Verbindung von L\u00e4ngs- und Querschnitt. Sie mufs an St\u00e4rke zunehmen, je n\u00e4her man mit dem mittelbar zu erregenden Nerven an die Elektroden r\u00fcckt, denn um so st\u00e4rker wird der Zuwachs. Sie wird, bei einiger Entfernung von den Elektroden, dagegen ganz versagen d\u00fcrfen. Drittens wird die Erscheinungsweise einzelner Zuckungen beim Schliefsen und Oeffnen der erregenden Kette abh\u00e4ngig sein von der Richtung des erregenden Stromes. Denn nun ist die Wirkung nicht mehr, wie unter der ersteren Voraussetzung, eine stets doppelsinnige. Es ist entweder nur eine positive oder nur eine negative Schwankung vorhanden. Nachher verweilt der Strom des unmittelbar erregten Nerven wieder auf best\u00e4ndiger H\u00f6he. 1st also der mittelbar zu erregende Nerv verm\u00f6ge der sonstigen Umst\u00e4nde des Versuches f\u00fcr die eine Art der Schwankung empf\u00e4nglicher als f\u00fcr die andere, so wird der strompr\u00fcfende Schenkel auch auf jene vorzugsweise mit Zuckung antworten.\nPr\u00fcfen wir nun, mit Hinblick auf diese Grunds\u00e4tze, etwas genauer die, Natur der secund\u00e4ren Zuckung vom Nerven aus, so zeigt sich Folgendes.\nMan erh\u00e4lt die Zuckungen auch, ohne dafs der mittelbar zu erregende Nerv die Kette zwischen L\u00e4ngs- und Querschnitt des unmittelbar erregten schliefst, wenn er nur demselben in einer gewissen Strecke entlang gelegt ist. S. Fig. 135. 136. Taf. V.\nDie N\u00e4he der Elektroden \u00fcbt den entschiedensten Einflufs auf die St\u00e4rke der Zuckungen aus. Bemerkenswerth ist, dafs man h\u00e4ufig letztere erst erh\u00e4lt, wenn mau mit dem mittelbar zu erregenden Nerven ganz dicht an die vordere Elektrode ger\u00fcckt ist. Ist aber erst einmal Zuckung dagewesen, so kann man sich wiederum sehr weit entfernen, ohne dafs dies ihrem Erscheinen Eintrag thue. Dies h\u00e4ngt zusammen mit der schon h\u00e4ufig beregten Eigent\u00fcmlichkeit des physiologischen Strompr\u00fcfers, nicht sofort, sondern gern erst nach mehrmals wiederholter Frage zu antworten (S. oben S. 531).\nEndlich bei einzelnen Zuckungen, welche durch Schliefsen und","page":533},{"file":"p0534.txt","language":"de","ocr_de":"534\t3. Abschn. Kap. VII. \u00a7. VII. 3. Die secund\u00e4re Zuckung\nOeffnen der erregenden Kette entstehen, ist allerdings das Erscheinen und Ausbleiben der Zuckungen abh\u00e4ngig von der Richtung des erregenden Stromes. Dabei ist jedoch Folgendes zu hevorvvorten. Die Thiere, deren man sich hier bedient, m\u00fcssen begreiflich einen hohen Grad der Leistungsf\u00e4higkeit darbieten. Die Str\u00f6me, denen der mittelbar zu erregende Nerv ausgesetzt wird, sind \u00e4ufserst schwache. Dies sind Bedingungen, unter welchen, wie man sich erinnert, das Gesetz der Zuckungen seine Geltung stets mehr oder weniger vollst\u00e4ndig einb\u00fcfst (S. oben Bd. I. S. 320. 390). So erh\u00e4lt man durch Umbiegen des Nerven gegen den Gastroknemius bei dem GALVANi\u2019schen Versuch ohne Metalle meist nur die Schliefsungszuckung, obschon der Strom aufsteigend im Nerven ist und somit, nach dem Gesetze der Zuckungen, wie es bei mittlerer Erregbarkeit gilt, eigentlich Oeffnungszuckung zu erwarten w\u00e4re (S. ebendas. S. 66. 100. 390. 409. 477.). Demnach erh\u00e4lt man auch hier beim Schliefsen und Oeffnen keinesweges immer die Zuckung, die man, nach der Richtung des Stromes des Zuwachses in dem unmittelbar zu erregenden Nerven, zu gew\u00e4rtigen h\u00e4tte. Einmal gen\u00fcgt es aber f\u00fcr den Zweck unserer Beweisf\u00fchrung schon, dafs \u00fcberhaupt die eine von beiden Zuckungen, die Schliefsungszuckung entweder oder die Oeffnungs-zuckung, die Oberhand hat \u00fcber die andere. F\u00fcr\u2019s zweite jedoch l\u00e4fst sich noch eine vollg\u00fcltige Probe anstellen. Man kann n\u00e4mlich dem mittelbar zu erregenden Nerven gegen den unmittelbar erregten die beiden entgegengesetzten Lagen ertheilen, die Fig. 135. 136. Taf. V. sichtbar sind. Die Zuckungen sind alsdann in beiden Lagen complement\u00e4r, d. h. wenn, verm\u00f6ge der besonderen Empf\u00e4nglichkeit des mittelbar zu erregenden Nerven, in dem einen Falle die Schliefsung der Kette bei der einen Richtung des erregenden Stromes, oder bei der anderen Richtung ihre Oeffnung sich wirksam erwies, so erweist sich in dem anderen Falle bei der ersteren Richtung die Oeffnung, bei der letzteren die Schliefsung wirksam, gleichviel ob im einzelnen Falle das Gesetz der Zuckungen befolgt oder \u00fcbertreten werde.\nDiese Thatsachen sind es beil\u00e4ufig, welche auf\u2019s Neue unvertr\u00e4glich erscheinen mit der Annahme des Ursprunges der Zuckungen aus unipolaren Wirkungen oder Zweigstr\u00f6men nach Art der oben S. 496 ff. zergliederten. Denn diese w\u00fcrden in beiden F\u00e4llen den an den unmittelbar erregten Nerven anliegenden Theil des mittelbar erregten in gleichem Sinne durchlaufen, wenn sich, in dem Fall Fig. i36, \u00fcberhaupt noch eine merkliche Spur davon in jenen Theil abzweigte.\nHier ist denn auch der Ort, jener anderweitigen Ver\u00e4nderungen der gegenseitigen Lage des unmittelbar erregten und des mittelbar zu erregenden Nerven zu gedenken, welche von keinem Einflufs sind auf","page":534},{"file":"p0535.txt","language":"de","ocr_de":"vom Nerven aus r\u00fchrt her vom elektrotonischen Zustande. 535\ndie Erscheinungsweise der Zuckungen, da sie dies doch sein m\u00fcfsten, wenn man letztere erkl\u00e4ren wollte durch Schleifen des erregenden Stromes, die sich \u00fcber die Platinenden hinaus verbreiteten. Es ist n\u00e4mlich gleichg\u00fcltig, ob bei der Fig. 135. abgebildeten Anordnung der mittelbar zu erregende Nerv rechts oder links von, oder auch \u00fcber oder unter, dem unmittelbar erregten Nerven zu liegen komme. Man sieht leicht, dafs er dabei nothwendig ein Mal in den einen, ein anderes Mal in den anderen Schenkel der schlingenf\u00f6rmig umbiegenden Stromes-curven gerathen w\u00fcrde, so dafs die Zuckungen in irgend zwei F\u00e4llen sich alsdann complement\u00e4r verhalten m\u00fcfsten.\nEs kann, nach dem Allen, kein Zweifel \u00fcbrig bleiben daran dafs der Eintritt und das Aufh\u00f6ren des elektrotonischen Zustandes an und f\u00fcr sich, unabh\u00e4ngig von der negativen Schwankung, im Stande sind, secund\u00e4re Zuckung zu erzeugen. Diese Wirkung wird sich folglich in diejenige einmischen, die, zwischen L\u00e4ngs- und Querschnitt, die negative Schwankung streben wird hervorzubringen. Es w\u00fcrde aber jetzt darauf ankommen, zu untersuchen, ob auch diese letztere an und f\u00fcr sich Zuckung zu erzeugen vermag und diese Art der secund\u00e4ren Zuckung von der ersteren im Versuch dergestalt zu trennen, dafs wir dabei zur Entscheidung der hier eigentlich schwebenden Frage gelangen, ob n\u00e4mlich die negative Schwankung beim Tetanisiren eine stetige oder unterbrochene sei.\nEine erste Art, die secund\u00e4re Zuckung durch negative Schwankung von derjenigen durch Eintreten und Aufh\u00f6ren des Zuwachses im Versuche ganz zu trennen, besteht offenbar darin, deu mittelbar zu erregenden Nerven an L\u00e4ngs- und Querschnitt des unmittelbar erregten in sehr betr\u00e4chtlicher Entfernung von den Elektroden anzulegen, insofern n\u00e4mlich die negative Schwankung mit dem Wachsen jener Entfernung unvergleichlich langsamer abnimmt als der Zuwachs (S. oben S. 462). So oft ich aber auch den Versuch angestellt habe, der strompr\u00fcfende Schenkel, welcher secund\u00e4r zucken sollte, beharrte in hartn\u00e4ckigem Schweigen.\nWir m\u00fcssen also schliefsen, dafs die negative Schwankung des Nervenstromes, welche das elektrische Tetanisiren begleitet, unf\u00e4hig ist, an und f\u00fcr sich secund\u00e4re Zuckung zu erregen. Erinnert man sich der Ueberlegenheit dieser Art des Tetanisirens \u00fcber jede andere, wie sich besonders am Nerven diese Ueberlegenheit kund gab, wie sie sich aber auch bereits bei der secund\u00e4ren Zuckung vom Muskel aus darbot, so sieht man wohl, wie k\u00fcmmerlich sich die Hoffnung stellt, es m\u00f6chte uns nunmehr gelingen, secund\u00e4ren Tetanus vom Nerven aus beim Tetanisiren auf anderem als auf elektrischem Wege zu erhalten. Begreiflich","page":535},{"file":"p0536.txt","language":"de","ocr_de":"536 \u00e4 Abschn. Kap. VII. \u00a7. VII. 3. Die secund\u00e4re Zuckung\nw\u00fcrde dies eine zweite Art abgeben, die secund\u00e4re Zuckung durch die negative Schwankung zu trennen von derjenigen durch das Eintreten und Aufh\u00f6ren des Zuwachses. In der That zeigen sich denn auch alle darauf gerichteten Bestrebungen erfolglos, gleichviel ob man auf mechanischem, kaustischem oder chemischem Wege verfahre, mit unmittelbarer Anwendung auf den Nerven oder vom R\u00fcckenmark aus. Man sieht im letzteren Falle selbst dann nichts sicheres erfolgen, wenn die noch mit dem anderen unversehrten Ischiadnerven zusammenh\u00e4ngenden Muskeln lebhafte Zuckungen zeigen.\nEs gelingt folglich nicht, durch die blofsc negative Schwankung des Nervenstromes beim Tetanisiren secund\u00e4re Zuckung vom Nerven aus zu erzeugen. Nichtsdestoweniger scheint, bei der secund\u00e4ren Zuckung vom Nerven aus auf elektrischem Wege, welche somit wesentlich herr\u00fchrt vom Eintreten oder Aufh\u00f6ren des elektrotonischen Zustandes, die negative Schwankung doch noch eine Rolle zu spielen. Es ist n\u00e4mlich nicht zu verkennen, dafs die Aufnahme des Querschnittes des unmittelbar erregten Nerven in den Kreis beider Nerven, wie auch Anfrischen jenes Querschnittes, wenn er schon im Kreise befindlich war (S. oben S. 282), h\u00e4ufig eine g\u00fcnstige Wirkung hervorbringt.\nMan k\u00f6nnte, beim ersten Anblick, der Meinung sein, nur die Wirkung der negativen Phase des unmittelbar erregten Nerven d\u00fcrfte durch Hinzuf\u00fcgung der negativen Schwankung verst\u00e4rkt erscheinen, die der positiven Phase hingegen miifste eine Schw\u00e4chung zeigen. Dabei ist jedoch aufser Acht gelassen, dafs der Strom aus der negativen Schwankung sofort wieder die H\u00f6he ersteigt, die ihm verm\u00f6ge des erregenden Stromes zukommt, sobald dieser nach der Schliefsung der Kette best\u00e4ndig geworden ist, oder seine urspr\u00fcngliche Gr\u00f6fse wieder annimmt, sobald der erregende Strom, bei der Oeffnung der Kette, Null geworden ist.\nIn Fig. 137. Taf. IV. sei die Abscissenaxe OT die Zeit; die derselben gleichlaufende Gerade y\u201ey,yny stelle die, bei Abwesenheit eines erregenden Stromes, von der Zeit unabh\u00e4ngige St\u00e4rke des urspr\u00fcnglichen Stromes des unmittelbar erregten Nerven in dem an L\u00e4ngs- und Querschnitt desselben angelegten mittelbar zu erregenden Nerven vor. Es seien ferner y0 z '\u00c7' y, y0 z, \u00a3, y beziehlich die Curven der St\u00e4rke des positiven und des negativen Zuwachsstromes bezogen auf die Zeit, w\u00e4hrend der erregende Strom, bei Schliefsung der Kette, von 0 bis 1\\, seine stetige H\u00f6he erreicht, einige Zeit, von 1\\ bis Tn, darauf verweilt, endlich, bei Oeffnung der Kette, von Zj7bis T, wieder auf Null zur\u00fccksinkt. Alsdann sind y01 t, y,, y\u201e z, z y die Curven der negativen Stromcsschwankungen beim Schliefsen und Oeffnen der Kette auf die-","page":536},{"file":"p0537.txt","language":"de","ocr_de":"vom Nerven aus r\u00fchrt her vom elel'trotonuchen Zustande. 537\nselben Abscissen bezogen. Beim Scbliefscn der Kette entspringt also f\u00fcr den positiven Zuwachs die Curve y01 a s', f\u00fcr den negativen die Curve y0ta,zn beim Oeffnen f\u00fcr den positiven die \u00a3' a % y, f\u00fcr den negativen die a, % y.\nMan sieht, dafs diese Stromesschwankungen, nach unseren oben Bd. I. S. 258 ff. dargelegten Grunds\u00e4tzen, s\u00e4mmtlich st\u00e4rkerer physiologischer Wirkungen f\u00e4hig sein werden, als beziehlich die durch die Curven y\u201e z', y\u201ezn f y, \u00a3, y ausgedr\u00fcckten, welche auf dem einfachen Ansteigen und Abfallen der beiden Zuwachse beruhen und in der Wirklichkeit Vorkommen, wenn man den mittelbar zu erregenden Nerven nur an Punkte des L\u00e4ngsschnittes des unmittelbar erregten Nerven anlegt. Man sieht ferner, dafs allerdings verm\u00f6ge der Beschaffenheit der aus der Zusammensetzung der negativen Schwankung und des Eintrittes und Aufh\u00f6rens der Zuwachse entspringenden Curven noch Raum gegeben ist f\u00fcr eine verschiedene Wirkung in den vier F\u00e4llen der Schliefsung zur und Oeffnung aus der positiven und der negativen Phase; dafs sich aber, wenn man auch nicht Vorhersagen kann, welche unter diesen vier F\u00e4llen die g\u00fcnstigeren sein werden, doch gar kein Grund daf\u00fcr einsehen l\u00e4fst, dafs der positive Zuwachs, wegen Abzugs der negativen Schwankung, die minder starken Wirkungen hervorbringen sollte.\nWas die Frage betrifft nach der stetigen oder unterbrochenen Natur der negativen Stromesschwankung, so scheint cs leider nunmehr, dafs sie auf diesem Wege nicht entschieden werden k\u00f6nne. Theoretisch scheint es freilich ansprechender, sich die Schwankung als unterbrochener Art vorzustellen, insofern der erregende Vorgang selber kein stetiger ist, die Wirkung auf die Muskeln sich auch nicht als stetig erweist, endlich an ein Andauern der Erregung \u00fcber die einzelnen Acte des erregenden Vorganges hinaus, so dafs die diesen Acten entsprechenden Erregungen stetig in einander \u00fcbergingen, doch nur bei \u00e4ufserst heftigen Str\u00f6men in Folge ihrer zerst\u00f6renden Einwirkung zu denken sein d\u00fcrfte.\nWie dem auch sei, die secund\u00e4re Zuckung vom Nerven und diejenige vom Muskel aus, sind nach alledem hinsichtlich ihres Ursprunges wohl auseinanderzuhalten. Die letztere r\u00fchrt her von der negativen Schwankung bei der Zusammenziehung. Sie ist daher unabh\u00e4ngig von der Art und Weise, wie die Zusammenziehung hervorgebracht wurde. Die secund\u00e4re Zuckung vom Nerven aus r\u00fchrt wesentlich her vom Eintritt oder vom Aufh\u00f6ren des Zuwachses im elektrotonischen Zustande, und ihr Zustandekommen ist deshalb gebunden an diese besondere Art der Erregung des Nerven, die Reizung auf elektrischem Wege.\nBei der secund\u00e4ren Zuckung vom Muskel aus wurde die Berner-","page":537},{"file":"p0538.txt","language":"de","ocr_de":"538\t<?. Abschn. Kap. VII. \u00a7. VII. 3. Die secuncl\u00e4re Zuchung\nkung gemacht, dafs dieselbe leichter wahrnehmbar sei, als die Galvani\u2019-sche Zuckung ohne Metalle (S. oben S. 95). Es k\u00f6nnte daher hier auffallend erscheinen, dafs w\u00e4hrend es uns gelungen ist, Zuckung durch Herstellen und Abbrechen des urspr\u00fcnglichen Nervenstromes zu beobachten (S. oben S. 272), uns jetzt die secund\u00e4re Zuckung durch die negative Schwankung versage, die wir doch sonst der entsprechenden Schwankung des Muskelstromes im Tetanus gleichgestellt haben. Bei der Geschwindigkeit, die man, im Fall der Richtigkeit dieses Vergleiches, der negativen Schwankung des Nervenstromes zuzuschreiben berechtigt ist, w\u00fcrde man hier wenigstens folgern m\u00fcssen, dafs die Tiefe der Einbiegungen der Curve der Stromst\u00e4rken bezogen auf die Zeit, aus welcher sich die negative Schwankung zusammensetzt (S. oben S. 447. Fig. 89. Taf. I.), eine im Vergleich zu demselben Vorg\u00e4nge bei den Muskeln minder betr\u00e4chtliche sei.\nEs ist indessen folgendes nicht zu \u00fcbersehen. Erstlich ist es uns bei den Nerven auch nie gegl\u00fcckt, die Zuckung ohne Metalle zu beobachten. Die Zuckung, die wir mit H\u00fclfe des ruhenden Nervenstromes bewirkten, war nicht die ohne Metalle, sondern vielmehr die mit gleichartigem Metallbogen in ihrer vollendetsten Gestalt, wie wir sie oben Bd. I. S. 475 ausfindig gemacht hatten. Von dieser aber kann man auch bei den Muskeln kaum mehr sagen, dafs sie schwieriger erfolge, als die secund\u00e4re Zuckung. Die Ueberlegenheit der secund\u00e4ren Zuckung \u00fcber die Zuckung ohne Metalle scheint vielmehr darin ihren vornehmsten Grund zu haben, dafs die Stromesschwankung durch die Zuckung schneller vor sich geht, als durch das Anschwenken des Nerven an die Achillessehne u. d. m. Diese Schnelligkeit der Schliefsung aber l\u00e4fst sich bei der Zuckung mit gleichartigem Bogen dadurch wieder einholen, dafs man den Kreis metallisch schliefst und abbricht.\nImmer jedoch w\u00fcrde die secund\u00e4re Zuckung vom Muskel aus berechtigt sein st\u00e4rker zu erscheinen als die Zuckung durch den Muskelstrom mit gleichartigem Metallbogen, ohne dafs dies auch bei den Nerven der Fall sein miifste. Denn f\u00fcrs zweite will hier der Widerstand der verschiedenen Kreise in Betracht gezogen sein. Bei der secund\u00e4ren Zuckung, in der Gestalt, wie sie oben S. 95 gemeint ist, ist die St\u00e4rke des Muskelstromes in dem mittelbar zu erregenden Nerven wegen kleineren Widerstandes nothwendig gr\u00f6fser als bei der Zuckung mit gleichartigem Metallbogen. Dagegen bei den Nerven ist der Widerstand im Fall der secund\u00e4ren Zuckung nahe doppelt so grofs als in dem der Zuckung mit gleichartigem Metallbogen. Denn, wie bereits an Ort und Stelle (S. oben S. 273) bemerkt wurde, wir bedienten uns hier des \u00e4ufserst zweckdienlichen Kunstgriffes, den Nerven selber","page":538},{"file":"p0539.txt","language":"de","ocr_de":"vom Nerven aus r\u00fchrt her vom elektrotonischen Zustande. 539\nseinen eigenen Strom anzeigen zu lassen. Bei der secund\u00e4ren Zuckung vom Nerven aus aber mufs, der Natur der Sache nach, ein zweiter Nerv in den Kreis aufgenommen werden. Jener Schlufs also, auf die geringere Tiefe der Einbiegungen der Curve der Stromst\u00e4rken bezogen auf die Zeit beim Tetanisiren der Nerven, ist noch keineswegcs als gesichert anzusehen.\nEbensowenig, als an dem eben er\u00f6rterten Punkte, hat man \u00fcbrigens Anstofs zu nehmen daran dafs, w\u00e4hrend die negative Schwankung doch unter Umst\u00e4nden den Zuwachs an Gr\u00f6fse \u00fcbertraf, wir nun jene unverm\u00f6gend finden, secund\u00e4re Zuckung zu erzeugen, die doch dieser ohne Anstand hervorbringt. Denn man mufs nicht vergessen, dafs die beiden Male, wo wir dergestalt die negative Schwankung gr\u00f6fser als den Zuwachs erscheinen liefsen (S. oben S. 453. 464), dies nicht dadurch geschah, dafs wir die negative Schwankung \u00fcber den Zuwachs erhoben, sondern dadurch, dafs wir diesen unter jene verkleinerten. Zwar kann man sich, um die Ueberlegenheit des Zuwachses \u00fcber die negative Stromesschwankung bei mittlerer Stromst\u00e4rke f\u00fchlbar zu machen, nicht ohne Weiteres darauf berufen, dafs, beim Uebergang aus der stetigen negativen Phase ins Tetanisiren mit abwechselnden Str\u00f6men alsdann ein positiver Ausschlag erfolgt (S. oben ebendas.). Denn die negative Schwankung ist bei diesem mit H\u00fclfe des Inversors angestell-ten Versuch unstreitig unterbrochener Natur. Allein selbst beim Tetanisiren mit dem NEEF\u2019schen Magnetelektromotor, wo dem Nerven ge-wifs kein Augenblick Ruhe geg\u00f6nnt wird, bleibt der negative Ausschlag weit unter dem, den sogar schw\u00e4chere stetige Str\u00f6me beim Eintritt der negativen Phase erzeugen, und l\u00e4fst sich auch durch Verst\u00e4rkung der erregenden Schl\u00e4ge nicht merklich h\u00f6her treiben, w\u00e4hrend der Zuwachs sich, innerhalb der Grenzen unserer Versuche, ja, wie es schien, \u00fcberhaupt innerhalb der durch die verderbliche Wirkung der Str\u00f6me auf die Erregbarkeit gesteckten Grenzeu, einer immer weitern Steigerung f\u00e4hig zeigte (S. oben S. 335. 336).\n4. Einzelheiten betreffend die secund\u00e4re Zuckung vom Nerven aus.\nDas Ergebnifs der vorigen Nummer ist, dafs wir, hinsichtlich des haupts\u00e4chlichsten Zieles, welches wir uns hier vorgesetzt hatten, leider unverrichteter Sache abziehen m\u00fcssen. Es mag uns zum Trost gereichen, dafs wir als beil\u00e4ufige Ausbeute wenigstens mancherlei nicht unwichtige Einzelheiten mitnehmen k\u00f6nnen, welche die secund\u00e4re Zuckung vom Nerven aus betreffen.\nDiese Erscheinung legt, bei der absoluten Kleinheit des Zuwachses,","page":539},{"file":"p0540.txt","language":"de","ocr_de":"540\t5. Abschn. Kap. VII. \u00a7. VII. 4. Einzelheiten betreffend\naufs Neue ein sprechendes Zeugnifs ab f\u00fcr die Geschwindigkeit, mit welcher derselbe hereinbricht und wiederum verschwindet (S. oben S. 321. 390. 391). Es ist daher auch m\u00f6glich, durch einen vereinzelten voltafe'lektrischen Inductionsstrom die secund\u00e4re Zuckung vom Nerven aus zu bewirken. Nur mufs man dabei vor unipolaren Wirkungen wohl auf der Hut sein. Dafs die Isolation des strompr\u00fcfenden Schenkels ausreichend sei, erkennt man in jedem einzelnen Falle daran, dafs der Schenkel in Ruhe bleibt, wenn sein Nerv diesseits der Elektroden von den Muskeln aus unterbunden worden ist, oder wenn man ihn, ohne Unterband, statt unmittelbar auf die Elektroden, auf das freie Ende eines dieselben \u00fcberbr\u00fcckenden und dar\u00fcber fortragenden feuchten Fadens oder Fliefspapierbausches legt. Sobald man ihn aber ableitend ber\u00fchrt, w\u00e4hrend man den Inductionsstrom erregt, mufs er in Zuckung gerathen (S. oben Bd. I. S. 435). Vers\u00e4umt man diese Vorsichtsmafs-regeln, so l\u00e4uft man Gefahr, che man sich dessen versieht, auf die sinnlosesten Abwege gef\u00fchrt zu werden, da man alsdann nur durch Zufall von Zeit zu Zeit keine Wirkung wird erfolgen sehen. Vergl. oben ebendas. Ich bemerke, dafs es gerade solche allen Gesetzen der Nervcnphysik und der Elektricit\u00e4t hohnsprechenden Erfolge waren, die mich, bei Gelegenbeit der hier beschriebenen Versuchsreihen, bereits im September 1844 auf die unipolaren Induclionszuckungen zuerst aufmerksam machten und zur genaueren Untersuchung derselben veran-lafsten.1\nMan kann der secund\u00e4ren Zuckung vom Nerven aus auch die Form ertheilen, in der wir die secund\u00e4re Zuckung vom Muskel aus zuerst beobachtet haben (S. oben S. 87 ff. Fig. 85. Taf. I.), indem man n\u00e4mlich zwischen die Zuleitungsgef\u00e4fse des Multiplicators einen Zwischenbausch bringt, die L\u00fccke zwischen demselben und dem einen Bausche mit dem Nerven des strompr\u00fcfenden Schenkels, die andere L\u00fccke mit dem unmittelbar zu erregenden Nerven \u00fcberbr\u00fcckt. Der Versuch setzt, damit er gelinge, einen ziemlichen Grad von Leistungsf\u00e4higkeit seitens der thierischen Gebilde voraus. Auch auf diese Weise kann man darthun, dafs es der Eintritt des unmittelbar erregten Nerven in den elektrotonischen Zustand und der Austritt aus demselben sind, wodurch die Zuckung erfolgt. Sic zeigt sich n\u00e4mlich auch dann, wenn der Nerv nur mit Punkten des L\u00e4ngsschnittes aufliegt. Sie tritt entweder nur bei der Schliefsung, oder nur bei der Oeffnung des erre-\n1 Vergl. die Fortschritte der Physik im Jahre 1845. Dargeslellt von der physikalischen Gesellschaft in Berlin. I. Jahrgang. Redigirt von G. Karsten. Berlin 1847. S. 543.","page":540},{"file":"p0541.txt","language":"de","ocr_de":"die secund\u00e4re Zuckung vom Nerven aus.\n541\ngenden Kreises ein. Sie versagt endlich, wenn der Abstand zwischen der erregten und der abgeleiteten Strecke ein gewisses Mafs \u00fcberschreitet.\nVon der secund\u00e4ren Zuckung vom Muskel aus hat Matte\u00fccci jahrelang behauptet, die Wirkung der zuckenden Muskeln auf den aufliegenden strompr\u00fcfenden Nerven sei nicht elektrischer Natui\u2019. S. oben S. 99 ff. Wir haben daselbst seine Behauptung einer besonderen in die Ferne wirkenden Induction durch das Nervenprincip vorz\u00fcglich mit H\u00fclfe zweier Gruppen von Beweisen widerlegt. Einmal indem wir zeigten, dafs die Leiter und Nichtleiter der zwischen Muskel und Nerv stattfindenden Wirkung auch Leiter und Nichtleiter der Elektricit\u00e4t seien. F\u00fcr\u2019s zweite indem wir darthaten, dafs jene Wirkung dem Gesetze des Muskelstromes unterworfen sei. Die secund\u00e4re Zuckung vom Nerven aus ist nun, ihrer Erscheinungsweise nach, nicht mehr gebunden an das Gesetz des Nervenstromes, weil sie ausgeht von den dipolar elektromotorischen Kr\u00e4ften des Zuwachses im elektrotonischen Zustande. Ein Zweifler im Sinne Matteucci\u2019s k\u00f6nnte daher den Beweis verlangen, dafs sie wirklich auf elektrischer Einwirkung des unmittelbar erregten Nerven auf den mittelbar zu erregenden beruhe. Ich habe mir angelegen sein lassen, auch dieser Meinung zu begegnen. Ich kann sagen, dafs die secund\u00e4re Zuckung vom Nerven aus sich in g\u00fcnstigen F\u00e4llen durch feuchtes Fliefspapier hindurch fortpflanzt, w\u00e4hrend sie gehemmt wird durch Einschaltung entweder eines Nichtleiters der Elektricit\u00e4t, wie Glimmer, Wachstaffent, oder eines im Vergleich zu den thieri-schen Fl\u00fcssigkeiten aufserordentlich guten Leiters, wie Platin u. d. m.\n5. Vom secund\u00e4ren elektrotonischen Zustande und der secund\u00e4ren negativen \u00bbStromesschwankung vom Nerven aus.\nEs giebt noch eine andere Art zu zeigen, dafs die Wirkung, welche der unmittelbar erregte Nerv auf den mittelbar zu erregenden aus\u00fcbt, elektrischer Natur sei. Man vermag n\u00e4mlich nachzuweisen, dafs der letztere, gleichzeitig mit dem ersteren, im Augenblick der Schliefsungszuckung, in elektrotonischen Zustand ger\u00e4th, und ebenso gleichzeitig mit jenem, im Augenblick der Oeffnungszuckung, aus demselben wieder austritt. Es versteht sich, dafs der Zuwachs in diesem secund\u00e4ren elektrotonischen Zustande an dem Multiplicator f\u00fcr den Muskelstrom auf eine blofse Spur herabsinkt; an dem Multiplicator f\u00fcr den Nervenstrom ist dagegen die Wirkung noch sehr ausgesprochen: bei mittleren Verh\u00e4ltnissen erfolgen 8 \u2014 10 \u00ae Ausschlag. Die Richtung entspricht stets derjenigen, welche der Strom des Zu-","page":541},{"file":"p0542.txt","language":"de","ocr_de":"542\t3. Abschi. Kap. Vil. \u00a7. Vil. 5. Vom secund\u00e4ren\nWachses des unmittelbar erregten Nerven in dem mittelbar zu erregenden haben mufs. Diese Richtungsbeziehungen, wie auch die Art, den Versuch anzustellen, erhellen zur Gen\u00fcge aus den Fig. 138. 139. Taf. II. Man sieht, dafs f\u00fcr beide daselbst abgebildete Anordnungen die Richtung der s\u00e4ulenartigen Polarisation im mittelbar erregten Nerven die entgegengesetzte ist, die Phasen sich complement\u00e4r verhalten. So verhielten sich auch die Zuckungen in beiden F\u00e4llen complement\u00e4r (S. oben S. 301. 534).\nDieser Umstand untersagt es, an ein Phaenomen der Nebenschliefsung gleich dem oben S. 496 ff. er\u00f6rterten zur Verd\u00e4chtigung der Erscheinungen zu denken. An Schleifen kann nicht gedacht werden, weil es gleichg\u00fcltig ist, ob der mittelbar zu erregende Nerv rechts oder links, ober- oder unterhalb von dem unmittelbar erregten liegt. Zudem hemmen die Durchschneidung und Unterbindung des unmittelbar erregten Nerven die Wirkung. Sie findet nicht statt, wenn statt des Nerven ein feuchter Faden oder ein Fliefspapierbausch von geeigneten Mafsen \u00fcber die Platinenden gebr\u00fcckt wird.\nSollte bei alledem auch hier jemand noch zweifeln wollen, dafs die Wirkung des einen auf den anderen Nerven elektrischer Natur sei, da doch nichts zu der Annahme berechtigt, die Erscheinungen des elektro-tonischen Zustandes k\u00f6nnten durch etwas anderes hervorgebracht werden, als durch den elektrischen Strom, so wird er seine Bedenken doch aufgeben m\u00fcssen, wenn ich berichte, dafs auch hier die Wirkung durch Platin und Glimmer gehemmt wird, hingegen durch feuchtes Fliefspapier in g\u00fcnstigen F\u00e4llen hindurchgeht.\nEs ist gleichg\u00fcltig, welche zwei von den vier Enden beider Nervenst\u00fccke man in beiden Fallen zur Ber\u00fchrung bringt, ob die beiden Hirnenden, die beiden Muskelenden, das Hirnende des unmittelbar erregten Nerven und das Muskelende des mittelbar zu erregenden, oder das Muskelende des crsteren und das Hirnende des letzteren.\nIst in den Kreis der erregenden Kette der Inversor eingeschaltet, und man tetanisirt den unmittelbar erregten Nerven, so zeigt sich am mittelbar zu erregenden die secund\u00e4re negative Stromesschwankung.\nIch betrachte, nach der Gcsammtheit meiner Erfahrungen, den secund\u00e4ren elektrotonischen Zustand am Multiplicator f\u00fcr den Nervenstroin im Allgemeinen als eine leichter wahrzunehmende Erscheinung, als die secund\u00e4re Zuckung vom Nerven aus, welche ihre T\u00fccken hat; und aus diesem Grunde ist oben S. 336 gesagt worden, dafs die s\u00e4ulenartige Polarisation als ein feineres Pr\u00fcfungsmittel betrachtet werden d\u00fcrfe f\u00fcr die Ver\u00e4nderung der inneren Gleichgewichtszust\u00e4nde der Bewegungsnerven durch den Strom, denn die Zuckung selber.","page":542},{"file":"p0543.txt","language":"de","ocr_de":"elektrotonischen Zustande der Nerven.\n543\nDer secund\u00e4re elektrotonische Zustand, und die secund\u00e4re negative Schwankung beim Tetanisiren (S. oben) sind die Erscheinungen, welche oben S. 370. 469. gemeint waren, als wir die Folgen zergliederten, die f\u00fcr die Gr\u00f6fse des Zuwachses und der negativen Schwankung erster Ordnung hervorgehen w\u00fcrden aus einer Vergr\u00f6fserung des Querschnittes der abgeleiteten Strecke allein im Vergleich zur erregten Strecke. Was den Zuwachs betrifft, so sieht man jetzt leicht, dafs die in secund\u00e4ren elektrotonischen Zustand versetzten, nicht bis in die erregte Strecke hinaufreichenden Fasern in entgegengesetzter Richtung durch den Multiplicatorkreis wirksam sein werden, als die unmittelbar erregten. Handelt es sich aber um die negative Schwankung beim Tetanisiren, so verkehrt sich die secund\u00e4re Wirkung, da sie auch stets negativ ist, vielmehr zugunsten derjenigen, die von den unmittelbar erregten Fasern ausgeht.\nEin elektrotonischer Zustand dritter, vierter, ... Ordnung und die demselben entsprechenden Zuckungen vom Nerven aus (S. oben S. 118), welche \u00fcbrigens kein weiteres Interesse darbieten w\u00fcrden, sind nicht beobachtet.\nSo scheint auch folgendes der Fall sein zu m\u00fcssen, ohne dafs man im Stand ist, es zu beobachten. Man denke sich an die Strecke zwischen Elektroden und B\u00e4uschen ein zweites Paar Elektroden angelegt, gleich als ob es sich darum handelte, zwei Str\u00f6me auf einer und derselben Seite der abgeleiteten Strecke auf den Nerven einwirken zu lassen (S. oben S. 350.461). Anstatt aber, zwischen die beiden neuhinzugekom-menen Elektroden, nun auch eine erregende Kette einzuschalten, schliefse man dieselben einfach metallisch zum Kreise. In diesem Kreise mufs, verm\u00f6ge der s\u00e4ulenartigen Polarisation durch die Kette des ersten Elektrodenpaares, ein Strom entstehen in dem Nerven in der Richtung des erregenden Stromes, gerade wie im Multiplicatorkreise selber. Man sollte nun meinen, dieser Strom m\u00fcsse im Stande sein, in dem Multiplicatorkreise, beim Schliefsen des Elektrodenpaares, den gerade obwaltenden Zuwachs um ein Geringes zu erh\u00f6hen, beim Oeffnen ihn ebenso zu verkleinern ; oder, mit anderen Worten, es m\u00fcfste der Abfall der Curve der dipolar elektromotorischen Kr\u00e4fte durch das Schliefsen des Elektrodenpaares verz\u00f6gert werden. Ich mufs jedoch sagen, dafs mir der Nachweis dieses Verhaltens in der Wirklichkeit nicht hat von statten gehen wollen.\nSchliefslich ist hier noch folgendes zu erw\u00e4hnen. Wie durch den Strom des ruhenden Muskels (S. oben S. 513), l\u00e4fst sich auch durch den des ruhenden Nerven der elektrotonische Zustand in merklichem Mafsstabe hervorrufen. Dies war zu erwarten, da man ja auch Zuckung","page":543},{"file":"p0544.txt","language":"de","ocr_de":"544\t<?. Abschn. Kap. VII. \u00a7. Vll. 5. Vom secund\u00fcren\ndurch den Nervenstrom erh\u00e4lt (S. oben S. 272); da, nach den oben S. 383 gegebenen Auseinandersetzungen, die Zuckung durch elektrische Erregung stets nur als Begleiterin des elektrotonischen Zustandes auf-tritt; endlich da, wie so eben bemerkt wurde, der elektrotonische Zustand bei sehr schwachem erregenden Strome sogar leichter wahrzunehmen ist als die Zuckung selber.\nUm den Versuch anzustcllen, wird der eine Bausch mit Glimmer belegt, und an das darauf ruhende Nervenende ein St\u00fcck Nerv mit L\u00e4ngs- und Querschnitt in passender Weise angebracht. Man beobachtet, am Multiplicator f\u00fcr den Nervenstrom, unzweideutige Wirkungen in dem durch die Richtung des urspr\u00fcnglichen Stromes geforderten Sinne, welche dagegen ausbleiben, wenn man das Nervenst\u00fcck nur mit Punkten des L\u00e4ngsschnittes oder mit beiden Querschnitten zugleich an das Ende des auf den B\u00e4uschen aufliegenden Nerven bringt.\nNun liegt, wie man sieht, der Schlufs auf der Hand, dafs auch der wirksam aufliegende Nerv selber sich durch seinen eignen Strom s\u00e4ulenartig polarisiren mufs ; in \u00e4ufserst geringem Mafse zwar, aber in jedem einzelnen Falle der St\u00e4rke des urspr\u00fcnglichen Stromes proportional. Diese St\u00e4rke mufs also dadurch f\u00fcr alle Stellungen des ableitenden Bogens gr\u00f6fser erscheinen, als sie wirklich ist, ohne dafs jedoch die Gestalt der urspr\u00fcnglichen Curve der Stromst\u00e4rken an dem Nerven eine andere Beeintr\u00e4chtigung erlitte, als eben die proportionale Erh\u00f6hung ihrer s\u00e4mmtlichen Ordinaten um ein Geringes (Vergl. oben S. 416 ff.).\nF\u00fcr die abgeleitete Strecke des Nerven, welche also stets zugleich als eine schwach erregte zu betrachten ist, l\u00e4fst sich diese Schlufsfolge freilich nicht erh\u00e4rten, so wenig, als es uns gegl\u00fcckt ist, \u00fcberhaupt die s\u00e4ulenartige Polarisation innerhalb der erregten Strecke darzuthun (S. oben S. 328). Allein es ist leicht, den Zuwachs nachzuweisen, den der Strom des Nerven am Nerven selber aufserhalb der erregten Strecke hervorbringt. Dazu ist nur noting, den Nerven in der Fig. 140. Taf. V. sichtbaren Weise aufserhalb der B\u00e4usche in sich zur Kette zwischen L\u00e4ngsschnitt und Querschnitt zu schliefsen. Sofort erfolgt, wie die Theorie es verlangt, ein Ausschlag in negativem Sinne. Man kann auch zwischen L\u00e4ngs- und Querschnitt einen mit Eiweifs getr\u00e4nkten Fliefspapierbausch anbringen, der aber, um nicht den Widerstand allzusehr zu vermehren, den Nerven einigerraafsen an Querschnitt \u00fcbertreffen mufs. Biegt man den Nerven so im Kreise, dafs er sich an der Kreuzungsstelle nur mit L\u00e4ngsschnitt ber\u00fchrt, wie in der Figur durch Punkte angedeutet ist, so wird die Wirkung vermifst, weil der entstehende Strom zwischen verschiedenen Punkten des L\u00e4ngsschnittes zu schwach ist, um merklichen Zuwachs hervorzubringen.","page":544},{"file":"p0545.txt","language":"de","ocr_de":"eleklrolonischen Zustande der Nerven.\n545\nDieser letzte Versuch zeigt zugleich, dafs in den anderen F\u00e4llen die Wirkung nicht etwa blos daher r\u00fchrte, dafs man dem Nerven nach der einen Seite eine Ableitung gab, wie in dem Versuch Fig. 134. Taf. IV. (S. oben S. 525). Obschon ich keinen anderen Einwand, als den hiedurch beseitigten, gegen den in Fig. 140 dargestellten Versuch kenne, beobachtete ich doch die Vorsicht, diesen Versuch auch noch mit Muskeln zu wiederholen, welche, wie man sich erinnert ( S. oben S. 330), nicht empf\u00e4nglich sind f\u00fcr den elektrotonischen Zustand. Ich kann sagen, dafs in der grofsen Mehrzahl der F\u00e4lle beim Zur\u00fcckbiegen des Querschnittes des Muskels gegen einen aufserhalb der B\u00e4usche befindlichen Punkt des L\u00e4ngsschnittes die Nadel unbeweglich blieb. In einzelnen F\u00e4llen zeigte sich jedoch auch hier eine Spur einer negativen Wirkung. Ich glaube aber nicht, dafs etwas darauf zu geben sei.\n6. Von der paradoxen Zuckung;.\nWenn mich nicht alles t\u00e4uscht, sind die vorigen Erfahrungen wohl geeignet, die Aufmerksamkeit der Nervenphysiologen auf sich zu ziehen. Ich zeige denselben, allem bisher Erh\u00f6rten entgegen, dafs, trotz der Durchschneidung, der obere Theil eines Nerven noch in dem unteren den Bewegung vermittelnden Vorgang anzuregen vermag. Ich zeige, dafs zwei einander urspr\u00fcnglich fremde Nerven, die Nerven zweier verschiedenen Thiere, eines solchen Einflusses auf einander f\u00e4hig sind.\nAber eine Folgerung von noch viel mehr \u00fcberraschender Art er-giebt sich aus diesen Vorders\u00e4tzen.\nDer erste und oberste Grundsatz der Mechanik der Bewegungsnerven heifst bei Joh. M\u00fcller: \u00bbZh'e motorische Kraft wirkt in den \u00bbNerven nur in der Richtung der Verzweigung der Nerven und nie-\u00bbmais r\u00fcckw\u00e4rts. Es ist eine bekannte Erfahrung, dafs wenn man \u00bb einen Muskelnerven reizt, die Zuckung in keinem andern Muskel einstritt, als in welchem sich der Nerve verzweigt. Reizt man einen \u00bbNervenstamm caustisch, mechanisch, elektrisch oder durch un-\u00bbmittelbare Anwendung beider galvanischen Pole auf den \u00bbNerven, so zucken die Muskeln aller Nervenzweige des gereizten \u00bbStammes, und niemals ein anderer Muskel. Man kann daher auch nic-\u00bbmals durch unmittelbare caustische, mechanische oder galvanische \u00bbReizung eines Nerven durch beide Pole Zuckungen in Muskeln er-\u00bb regen, welche von Nervenzweigen abh\u00e4ngig sind, die \u00fcber der gereiz-\u00bbten Stelle vom Stamme abgehen. Nie erfolgt eine Spur einer Zuckung \u00bbin den Muskeln des Oberschenkels, wenn man den untern Theil des \u00bbN. ischiadicus reizt, wo er die Aeste f\u00fcr die Oberschenkel schon ab-II.\t35","page":545},{"file":"p0546.txt","language":"de","ocr_de":"546\n3. Abschi. Kap. VU. \u00a7. VIL 6.\n\u00bbgegeben hat. Es ist daher eine sichere Thatsache, ... dafs ein un-\u00bbmittelbar auf jede Art gereizter Muskelnerve mit motorischer Kraft nur \u00bbauf die Muskeln seiner Nerven\u00e4ste wirkt, niemals aber auf die Nerven-\u00bb zweige zur\u00fcckwirkt, die oberhalb der gereizten Stelle vom Nerven-\u00bb stamm abgehen.\u00ab 1\nSo M\u00fcller. Fast w\u00f6rtlich gleichlautend dr\u00fcckt sich Longet aus.2 Nicht anders andere. Wie sollten sie, da diese Thatsache, die Isolation der Nervenfasern von einander in den St\u00e4mmen hinsichtlich ihrer motorischen und sensiblen Erregung, ja die unentbehrliche, unantastbare Grundlage, die Cardinal Wahrheit der Nervenphysik, bis zur Stunde ausmachte? Doch hatte ich nicht sobald die M\u00f6glichkeit erkannt, die secund\u00e4re Zuckung vom Nerven aus zu erhalten, als mir auch die Ge-wifsheit aufstieg, es m\u00fcsse F\u00e4lle geben, in denen jene Grundlehre sich nicht mehr bew\u00e4hren w\u00fcrde. Der leicht anzustellende Versuch zeigte mir sofort, dafs ich richtig geschlossen habe. Er ist, seiner Merkw\u00fcrdigkeit halber, Fig. 141. Taf. V. ausf\u00fchrlich dargestellt.\nDer Ischiadicus des Frosches spaltet sich, wie bereits oben S. 445 bemerkt wurde, in der Gegend des unteren Drittels des Oberschenkels in zwei Aeste, den R. tibialis (a in der Figur) und den R. peronaeus (b, c). Jener versieht am Unterschenkel den Gastroknemius Cuv. und den Tibialis posticus Cuv., Cruro-astragalien Dug.; dieser begiebt sich unter der Sehne des Biceps Cuv., Ilio-p\u00e9ronien Dug. (d) und der Sehne des \u00e4ufseren Kopfes des Gastroknemius (e) hindurch nach aufsen und vorn zu den \u00fcbrigen Muskeln des Unterschenkels.\nMan l\u00f6st den Biceps aus seiner Verbindung am Kniegelenk, ebenso die genannte Sehne des Gastroknemius (S. die Figur), um ein m\u00f6glichst langes St\u00fcck des R. peronaeus unterhalb der Spaltungsstelle frei zu bekommen. Man schneidet dann den Peronaeus in c in der Figur durch, den Ischiadicus in f, welchem Punkte der Stumpf g entspricht, und stellt so die abgebildete Anordnung her. h ist der \u00e4ufsere Kopf und der Bauch nebst Sehne des Triceps Cuv., Pelvi-f\u00e9moro-rotulien Dug., i der Semimembranosus, k der uns so wohl bekannte Adductor magnus, l die Sehne des Semitendinosus Cuv., Bis - ischio -tibial Dug.\nSchickt man nun den Strom einer GRovE\u2019schen Kette durch den auf den stromzuf\u00fchrenden Platinenden aufliegenden Peronaeus, so zeigt, beim Schliefsen und Oeffnen des Kreises, vollends beim Umsetzen des Stromes, der Gastroknemius so lebhafte Zuckungen, dafs man ihn, bei Einschaltung des Inversors in den erregenden Kreis, sogar in Tetanus versetzen kann.\n1 Handbuch der Physiologie u. s. W. Bd. I. 4. Aufl. S. 583.*\t,\n1 Anatomie et Physiologie du Syst\u00e8me nerveux etc. Paris 1842. t. I. p. 48.*","page":546},{"file":"p0547.txt","language":"de","ocr_de":"Von der paradoxen Zuckung.\n547\nMan kann auch den Versuch umkehren und statt des Peronaeus den Tibialis von seinen Muskeln trennen und auf die Bleche der strorn-zuf\u00fchrenden Vorrichtung legen. Alsdann zucken die vom Peronaeus versehenen Muskeln. Es ist \u00fcbrigens nicht n\u00f6thig, in der abgebildeten Weise den Stamm des Ischiadicus \u00fcber der Spaltungsstelle zu zerschneiden und ihn aus seiner nat\u00fcrlichen Lage hinaus in\u2019s Freie zu heben. Es gen\u00fcgt, den Peronaeus in einer hinreichend langen Strecke frei zuzurichten und nicht einmal von der Haut entbl\u00f6fst braucht das Froschbein zu werden. Nur mufs begreiflich der Ischiadicus an irgend einer Stelle vom R\u00fcckenmark getrennt sein, da sonst der Verdacht auf Reflexbewegung schwer zu beseitigen sein m\u00f6chte.\nDerselbe Versuch l\u00e4fst sich anstellen an der oberen Spaltungsstelle des Ischiadicus, wo dieser die Aeste f\u00fcr die Oberschenkelrauskeln ab-giebt. Vom durchschnittenen Stamme des Ischiadicus unterhalb dieser Stelle aus lassen sich s\u00e4mmtliche Oberschenkelmuskeln in Zuckung versetzen ; von dem Muskelaste einer Gruppe der Oberschenkelmuskeln aus die Muskeln der \u00fcbrigen Gruppen und des Unterschenkels.\nDie Physiologen werden nun vermuthlich der Meinung sein, es walte hier eine T\u00e4uschung ob \u00bbdurch Ueberspringen der Elektricit\u00e4t\u00ab \u2014 eine verj\u00e4hrte Vprstellungsweise und bequeme Formel, von der es, wie es scheint, f\u00fcr sie nicht leicht ist, zu den scharfen Bestimmungen \u00fcberzugehen, die doch l\u00e4ngst auf diesem Gebiete gewonnen sind. Der galvanische Strom \u00fcberspringt keinerlei ihm gesetzte Schranken. Er betritt nur alle ihm offen gestellte Wege und zwar nach Mafsgabe ihrer Leitungsf\u00e4higkeit. Hier kann der Schenkel auf das sorgf\u00e4ltigste isolirt sein, ohne dafs dadurch dem Erscheinen der Zuckungen Eintrag gesch\u00e4he. Es ist demnach nicht zu denken weder an unipolare Wirkungen noch an ein Nebenschliefsungsphaenomen gleich dem oben S. 496 er\u00f6rterten. Es bliebe nur die M\u00f6glichkeit der viel besprochenen Stromesschleifen \u00fcbrig. Allein von vorn herein ist es nicht glaublich, dafs diese muthmafslichen Schleifen sich weit genug erstrecken sollten, um, in dem Fall Fig. 141. Taf. V. z. B., den Stumpf des Tibialis zu erreichen. Es ist unm\u00f6glich, dafs sie solcher Wirkungen f\u00e4hig sein sollten, wenn noch die Spaltungsstelle des Ischiadicus nebst dem Tibialis zwischen Muskeln unter der Haut begraben liegt. Und der Versuch zeigt denn auch, dafs Unterbindung oder Durchschneidung des Peronaeus zwischen den Elektroden und der Spaltungsstelle den Zuckungen ein Ende macht.\nEs ist somit klar, die bisherigen Versuche \u00fcber diesen Punkt sind nicht ausreichend gewesen. F\u00fcr die galvanische Reizung gilt der oben angef\u00fchrte erste Grundsatz der Nervenphysik nicht. Bei elektri-\n35\u2019","page":547},{"file":"p0548.txt","language":"de","ocr_de":"548\n3. Abschn. Kap. VIL \u00a7. VU. 6.\nscher Erregung eines Astes eines Nervenstammes k\u00f6nnen s\u00e4mmtliche Muskeln zucken, welche von demselben Stamm ihre Nerven erhalten, wofern nur diese Nerven den Stamm nicht allzuhoch \u00fcber der Abgangsstelle des unmittelbar erregten Astes verlassen (S. unten).\nWir wollen diese Art der Zuckung, wegen des vollst\u00e4ndigen Widerspruches, in welchen sie mit allen Thatsachen der bisherigen Ner-venphysik ger\u00e4th, mit dem Namen der \u00bbparadoxen Zuckung\u00ab belegen. Es ist der Wissenschaft Gl\u00fcck zu w\u00fcnschen, dafs sie zur Kenntnifs dieser Erscheinung erst gelangt ist, nachdem sie so sehr in Stand gesetzt war, sie zu erkl\u00e4ren und die daraus entspringenden Verlegenheiten zu beseitigen, dafs sie das Dasein derselben aus Gr\u00fcnden der Theorie sogar hatte weissagen k\u00f6nnen. Sie ist dadurch dem Schicksal einer langen und unermefslichen Verwirrung entgangen. Denn es ist weder zu begreifen, wie, bei Bekanntschaft mit der paradoxen Zuk-kung, die Lehre von der isolirten Leitung der Nervenfasern h\u00e4tte aufgestellt und festgehalten werden k\u00f6nnen, noch, wie ohne diese Lehre die Nervenphysik im Stande gewesen w\u00e4re, einen sicheren Schritt nach ihrem Ziele hinter sich zu legen.\nDie Erkl\u00e4rung der paradoxen Zuckung, wenn es deren nach dem Vorigen \u00fcberall noch bedarf, ist folgende. Das Bruchst\u00fcck des Pe-ronaeus z. B. in dem Fig. 141 abgebildeten Falle wird durch den erregenden Strom in den elektrotonischen Zustand versetzt. Die dipolar elektromotorischen Kr\u00e4fte, welche dabei von den Elektroden aus mit abnehmender St\u00e4rke in dem Peronaeus entwickelt werden, bringen in dem anliegenden Tibialis einen schwachen Strom in der umgekehrten Richtung von derjenigen hervor, welche der erregende Strom in dem Peronaeus haben w\u00fcrde, wenn man ihn bis zu der Vereinigungsstelle beider Aeste fortf\u00fchrte. S. die Pfeile in der Figur. Das Entstehen und Vergehen dieses Stromes heziehlich beim Schliefsen und Oeffnen der erregenden Kette ist es, worauf das Erscheinen der paradoxen Zuckung beruht.\nNat\u00fcrlich setzt die Erscheinung einen gewissen Grad von Leistungsf\u00e4higkeit der thierischen Gebilde voraus. Es ist daher auch nicht zu verlangen, dafs das Eintreten und Ausbleiben der Zuckungen der Richtung des Stromes des Zuwachses im Tibialis in der Weise entspreche, wie bei mittlerer Erregbarkeit das Gesetz der Zuckungen es verlangen w\u00fcrde (S. oben S. 534). Zieht man jedoch vorsichtig die beiden nur locker durch Bindegewebe verbundenen Nerven\u00e4ste auseinander, und giebt dem Stumpfe des Peronaeus die verkehrte Lage in Bezug auf den Stumpf des Tibialis, so dafs man statt der Anordnung Fig. 136. Taf. V.","page":548},{"file":"p0549.txt","language":"de","ocr_de":"Von der paradoxen Zuckung.\n549\n139. Taf. II., welche hier die nat\u00fcrliche ist, die k\u00fcnstliche Fig. 135. 138 ebendas, erh\u00e4lt, so sind die Zuckungen den fr\u00fcher vorhandenen com' plement\u00e4r.\nDie Zuckung ist um so st\u00e4rker, je n\u00e4her man mit der Spaltungsstelle der vorderen Elektrode r\u00fcckt, denn um so st\u00e4rker ist der Zu-wachs. Bei einer gewissen Entfernung zwischen Spaltungsstelle und Elektrode h\u00f6rt die Zuckung zu erscheinen auf. Dieser Grenzabstand w\u00e4chst mit der Leistungsf\u00e4higkeit und der erregenden Stromdichte. Das Herstellen eines gemeinschaftlichen Querschnittes des unmittelbar und des mittelbar erregten Nerven \u00fcber der Spaltungsstelle scheint auch hier die Zuckung zu bef\u00f6rdern (Vergl. oben S. 536). Bei allen \u00fcbrigen Erregungsarten des Peronaeus bleibt \u00fcbrigens der Gastroknemius wirklich v\u00f6llig in Ruhe, wie man dies fr\u00fcher stets beobachtet hat.\nSchneidet man endlich den Tibialis an seiner Eintrittsstelle in den Gastroknemius ab und breitet ihn \u00fcber die B\u00e4usche der Zuleitungsge-f\u00e4fse, w\u00e4hrend der Peronaeus auf den stromzuf\u00fchrenden Platinenden ruht, so sieht man beim Herstellen, Abbrechen, Umsetzen des Stromes an der Nadel den seeuud\u00e4ren elektrotonischen Zustand des mittelbar erregten Nervenst\u00fcckes sich kundgeben. Derselbe Versuch gelingt, obwohl, wegen der K\u00fcrze und D\u00fcnne der betreffenden Zweige minder sicher und sch\u00f6n, mit der f\u00fcr den Oberschenkel bestimmten Verzweigung des Ischiadicus.\nDies alles beweist hinl\u00e4nglich, dafs wir es hier in der That mit nichts anderem zu thun haben, als mit der physiologischen Wirkung des Stromes des Zuwachses des unmittelbar erregten Nervenastes, mit einer besonderen Gestalt der secund\u00e4ren Zuckung vom Nerven aus, wie wir deren Wesenheit oben S. 532 erkannt haben. Der Lehre von der isolirten Leitung in den Nervenfasern geschieht also durch die paradoxe Zuckung kein Eintrag. Nichtsdestoweniger sieht man leicht, dafs die hier aufgedeckten Thatsachen nicht umhin k\u00f6nnen, einen wesentlichen Einflufs auf manche unserer Vorstellungen hinsichtlich der Mechanik der Nerven auszu\u00fcben. Hiervon soll jedoch erst sp\u00e4ter, in dem vierten Abschnitt dieses Werkes, umst\u00e4ndlicher gehandelt werden,\nSchliefslich ist noch folgendes zu bemerken. Legt man einen der St\u00e4mme eines ausgeschnittenen Plexus ischiadicus auf die B\u00e4usche, und br\u00fcckt einen anderen \u00fcber die Platinenden, so beobachtet man den secund\u00e4ren elektrotonischen Zustand. Es ist also zu erwarten, dafs der Frosch die elektrische Erregung eines von dem R\u00fcckenmark getrennten Stammes des Geflechtes schmerzhaft empfinden werde durch Vermittelung der noch ungetrennten St\u00e4mme, welche in der Anastomose mittelbar erregt werden. Ich stellte den Versuch an, mit der Vorsicht, den Ischia-","page":549},{"file":"p0550.txt","language":"de","ocr_de":"550\t3, Ab sehn. Kap. VU. \u00a7. VIII. 1. Von der zeitweisen Umkehr\ndicus unterhalb der Anastomose zu durchschneiden, um weder durch Zuckungen, noch durch den Schmerz get\u00e4uscht zu werden, den die Zuckungen verursachen k\u00f6nnten (S. oben Bd. I. S. 359. 363). Ich bekam jedoch keine Schmerzbezeugungen von Seiten des Frosches zu sehen, was jedoch nichts beweist, da ihm auch h\u00e4ufig das Auflegen der noch mit dem R\u00fcckenmark verbundenen St\u00e4mme auf die Elektroden keine Aeufserung des Mifsbehagens entlockte.\n\u00a7. VIII.\nVon einer Bewegungserscheinung des Nerven str\u00f6m es, welche heftige Mifshandlungen der Nerven zu begleiten pflegt.\n1. Versuche.\nFolgendes ist ein bei den Versuchen \u00fcber die negative Stromes-schwankung u. d. m. h\u00e4ufig vorkommendes Ereignifs.\nWenn man den aufserhalb der B\u00e4usche befindlichen Theil des Nerven brennt, quetscht, chemischer Zerst\u00f6rung preisgiebt, ihn austrocknen l\u00e4fst, mit \u00fcberm\u00e4chtigen Str\u00f6men tetanisirt oder beim Tctani-siren nicht R\u00fccksicht nimmt auf die durch den Strom hervorgebrachtc Ersch\u00f6pfung: in allen diesen F\u00e4llen und noch manchen derselben Art geschieht es zu Zeiten, dafs man anstatt der kleinen, von einem R\u00fcckschw\u00fcnge begleiteten negativen Schwankung die Nadel dauernd aufser-ordentlich viel tiefer sinken sieht. Es hat eine namhafte dauernde Abnahme des Stromes stattgefunden, denn nicht selten stellt sich die Nadel in den negativen Quadranten ein. In einigen F\u00e4llen findet man sogar, dafs der Strom mehr oder weniger schnell sein Zeichen wechselt, so dafs er verkehrte Ladungen hinterl\u00e4fst, d. h. solche, die dem urspr\u00fcnglichen Strome gleichgerichtet sind.\nDie Erscheinung ist im Allgemeinen der Willk\u00fcr des Beobachters sehr entzogen, so dafs es schwer h\u00e4lt, sie genauer zu untersuchen. Am meisten eignet sich dazu folgendes Verfahren.\nW\u00e4hrend der Strom die Nadel in best\u00e4ndiger Ablenkung h\u00e4lt, n\u00e4hert man dem zwischen den B\u00e4uschen befindlichen Theile des Nerven, jedoch ohne ihn zu ber\u00fchren, den Kupferbolzen, dessen wir uns zum Brennen des Nerven zu bedienen pflegen (S. oben S. 54 (u). 518), im gl\u00fchenden Zustande. Sofort geht die Nadel nach dem Nullpunkt zur\u00fcck,","page":550},{"file":"p0551.txt","language":"de","ocr_de":"des Nervenstromes nach heftigen Mifshandlungen.\t551\nschl\u00e4gt hindurch und stellt sich in den negativen Viertelkreis ein. Es hat also eine Stromabnahme stattgefunden, welche den Ladungen zeitweise die Oberhand verschafft.\nN\u00e4hert man den Bolzen statt dem Nerven einer empfindlichen Hautstelle, so ist die Wirkung \u00e4hnlich der im Heerde eines Brennglases, indem eine anf\u00e4nglich angenehme W\u00e4rmeempfindung sich schnell zum unertr\u00e4glichen Schmerzgef\u00fchl steigert.1 M\u00f6glicherweise ist in dem obigen Versuche die Wirkung der strahlenden W\u00e4rme auf die Nerven derjenigen zu vergleichen, die sie hier auf die Hautnerven hervorbringt. M\u00f6glicherweise r\u00fchrt die Wirkung auch blos von der Austrocknung her, da diese an und f\u00fcr sich, ohne durch k\u00fcnstliche Temperaturerh\u00f6hung beg\u00fcnstigt zu sein, bereits \u00e4hnliche Folgen nach sich zieht.\nWie dem auch sei, ganz gewifs ist, dafs die Verminderung des Nervenstromes, welche man hier gew\u00f6hnlich zu sehen bekommt, wenigstens nicht unmittelbar aus der Trocknifs entspringt, insofern dadurch der Widerstand des Nerven vergr\u00f6fsert wird. Abgesehen davon, dafs angegebenermafsen ganz \u00e4hnliche Wirkungen unter Bedingungen hervortreten, wo der Widerstand des Nerven unver\u00e4ndert bleibt, vermag auch die Trocknifs zun\u00e4chst nur die unwirksame Umh\u00fcllung der Nerven zu treffen, nicht aber das elektromotorische wirksame Mark selber. Also eine Stromvergr\u00f6fserung statt einer Stromverkleinerung m\u00fcfste die Folge sein, wenn hier nichts anderes vorginge, als die Austrocknung des Nervenumfanges. Eine solche sieht man denn auch in Folge der Bestrahlung mit dem Bolzen wirklich eintreten, wenn die Nerven nicht hinl\u00e4nglich erregbar sind, um die angek\u00fcndigten Erscheinungen zu zeigen.\nIst im Gegentheil ihre Empf\u00e4nglichkeit grofs, so kommt es auch vor, dafs die Stromabnahme zur wirklichen Stromumkehr ausartet. Alsdann schl\u00e4gt, unter dem Einfl\u00fcsse der Strahlung des Bolzens, die Nadel mit Heftigkeit an die entgegengesetzte Hemmung des Multiplica-tors f\u00fcr den Nervenstrom an, nicht anders, als ob man den Nerven auf den B\u00e4uschen umlegte, zum Zeichen, dafs nun Strom und Ladungen in einerlei Sinne wirken. L\u00e4fst man den Nerven ferner aufliegen, so entwickelt er, nach Tilgung der urspr\u00fcnglichen Ladungen, verkehrte Ladungen in Bezug auf seine urspr\u00fcngliche und gesetzm\u00e4fsige Str\u00f6mungsrichtung.\nMan kann auch die Strahlung auf das Nervenst\u00fcck einwirken lassen, ehe es noch auf die B\u00e4usche gebracht worden ist. Alsdann findet man beim Auflegen grofse Schw\u00e4chung oder verkehrte Richtung\n1 Vergl. IIenle, Pathologische Untersuchungen. Berlin 1840. S. 145,","page":551},{"file":"p0552.txt","language":"de","ocr_de":"552\t3. Abschn. Kap, VIL \u00a7. VIII. 1. Von der zeitiveisen Umkehr\nder Wirkung vor. Dasselbe ist der Fall, wenn man den Nerven in geringer Entfernung vom Querschnitt unterbindet, und ihn so auf die B\u00e4usche bringt, dafs das Unterband sich zwischen denselben befindet. Die verkehrten Ausschl\u00e4ge in beiden F\u00e4llen zeigen wohl klar, dafs cs sich dabei nicht um Widerstandsver\u00e4nderungen handele. Das pl\u00f6tzliche tiefe Sinken der Nadel tritt \u00fcbrigens auch nicht selten beim Unterbinden des Nerven aufserhalb der B\u00e4usche ein. Auf diese Erscheinung haben wir uns schon an einer fr\u00fcheren Stelle bezogen (S. oben S. 344). W\u00e4hrend die durch Strahlung oder Unterbindung bewirkte Stromesumkehr vor sich geht, sieht man die noch mit dem mifshandelten Nerven in Verbindung stehenden Muskeln in fortdauernden Zuckungen begriffen. Allein sp\u00e4ter beruhigen sich dieselben, obschon der Strom umgekehrt bleibt.\nDie elektromotorischen Wirkungen eines Nerven, der seinen Strom in der angegebenen Weise umgekehrt hat, stehen \u00fcbrigens, so weit sich dies bei einer so verg\u00e4nglichen Erscheinung ermitteln l\u00e4fst, unter der Botm\u00e4fsigkeit desselben Gesetzes, wie die des Nerven in seinem gew\u00f6hnlichen Zustande, d. h. der relative Werth der Ordinaten der Curve der Stromst\u00e4rken ist \u00fcberall derselbe geblieben, w\u00e4hrend der absolute sein Zeichen gewechselt hat. In der That, stellt man den Strahlungsversuch in der zuletzt beschriebenen Gestalt an einem nicht auf den B\u00e4uschen aufliegenden Nerven an, was den Vortheil gew\u00e4hrt, alle Punkte der Nerven gleichm\u00e4fsig der W\u00e4rmequelle aussetzen zu k\u00f6nnen, so findet man beide Querschnitte positiv gegen den L\u00e4ngsschnitt, gleichartig unter einander, und verschiedene Punkte des L\u00e4ngsschnittes geben Str\u00f6me von dem dem Querschnitt n\u00e4heren Punkte durch den ableitenden Bogen zu dem davon entfernteren. Um dies zu zeigen, mufs indefs der Nerv nach der Strahlung wieder zwischen Muskeln feuchtgebettet worden sein, da sonst die geringe Wirksamkeit der Punkte des L\u00e4ngsschnittes der Vertrocknung des Nervenumfanges zugeschrieben werden k\u00f6nnte.\nBegreiflich kommen bei diesen Versuchen eine Menge von Unre-gelra\u00e4fsigkeiten vor. Es kann z. B. nur ein Theil der L\u00e4nge des Nerven die besagte Ver\u00e4nderung eingehen, ein anderer dagegen das urspr\u00fcngliche Zeichen seiner Wirkung beibehalten. Dies ist nicht nur der Fall bei der Unterbindung oder beim Strahlungsversuch, wenn ein entfernterer Theil des Nerven ganz vor der verderblichen Einwirkung gesch\u00fctzt war, sondern sogar der regelm\u00e4fsige Erfolg bei der Umkehr des Stromes durch Trocknifs, wenn man sie an der ganzen L\u00e4nge des Ischiadicus beobachtet. Dieser hat, oberhalb des Abganges der Aeste f\u00fcr die Oberschenkelmuskeln, einen viel betr\u00e4chtlicheren Durchmesser","page":552},{"file":"p0553.txt","language":"de","ocr_de":"des Nervenstromes nach heftigen lUifshandlungen,\n553\nals unterhalb und ist deshalb dort viel langsamer den Folgen der Trock-nifs zug\u00e4nglich. Die Umkehr pflegt daher nicht einzutreten, wenn man das dicke Hirnende auf den B\u00e4uschen auf liegen hat, und der Beweis, dafs diese Eigenth\u00fcmlichkeit von nichts anderem herr\u00fchrt, als der gr\u00f6fse-ren Dicke dieses Endes, ist leicht zu f\u00fchren. Er liegt darin, dafs auch am Muskelende die Umkehr ausbleibt, wenn man zwei Ischiadnerven, als ob sie eins w\u00e4ren, mit gleichnamigen Enden zusammenfafst und ihre beiden Muskelenden auf die B\u00e4usche bringt.\nBis hieher zeigen die beschriebenen Erscheinungen sichtlich eine grofse Aehnlichkeit mit denjenigen, die wir an absterbenden zarteren Muskeln und Theilen des Nervensystemes bemerkt haben. Auch diese kehrten h\u00e4ufig, jedoch ohne wahrnehmbare Ursache\u201d, die z. B. heim R\u00fcckenmark nicht leicht in der Austrocknung gesucht werden kann, das Zeichen ihrer elektromotorischen Wirksamkeit um (S. oben S. i54. 282). Ueberdies fanden wir, dafs ein in siedendes Wasser getauchter Muskel oder Nerv seinen Strom umkehrt. Dasselbe leisteten, f\u00fcr die Nerven, heftige und h\u00e4ufig wiederholte elektrische Schl\u00e4ge (S. oben S. 179. 287). Man k\u00f6nnte nun geneigt sein, diese Wirkungen mit den letztbeschriebenen ganz verschmelzen zu wollen. Es findet jedoch zwischen beiden ein sehr bemerkenswerther Unterschied statt. Dort n\u00e4mlich war die Umkehr des Stromes immer das Anzeichen des herannahenden oder eingetretenen Todes. Ein S\u00e4ugethiermuskel, der verkehrte Ausschl\u00e4ge giebt, ein Gastroknemius vom Frosche, der nach einem siedenden Wasserbade absteigend wirkt, sind zur Zuckung unf\u00e4hig. Auch kehrt in diesem Falle die gesetzm\u00e4fsige Str\u00f6mungsrichtung nicht mehr wieder. Hier dagegen kehrt sie, unter gewissen gleich anzugebenden Bedingungen allm\u00e4lig ganz von selbst zur\u00fcck. Ebenso ist die Leistungsf\u00e4higkeit der Nerven nicht wesentlich beeintr\u00e4chtigt.\nIn der That, man stelle den Strahlungsversuch so an, dafs das Hirnende des Nerven auf den B\u00e4uschen ruht, w\u00e4hrend das Muskel-ende noch mit dem strompr\u00fcfenden Schenkel zusammenh\u00e4ngt, der oberhalb der B\u00e4usche mit H\u00fclfe der bekannten Vorrichtungen unterst\u00fctzt wird. Wenn der Strom verschwunden oder umgekehrt ist, \u00f6ffnet man den Multiplicatorkreis, und legt den B\u00e4uschen ungleichartige Metalle an. Die Zuckung erscheint ohne Anstand.\nDemgem\u00e4fs zeigt ein solcher Nerv denn auch noch die negative Schwankung beim Tetanisiren, sowohl auf elektrischem, als auch auf anderem, z. B. auf kaustischem Wege. Dieselbe stellt sich alsdann merkw\u00fcrdigerweise als Zunahme des verkehrten Stromes dar. Dies ist beil\u00e4ufig die oben S. 526 verk\u00fcndete Thatsache, welche unwiderleglich beweisen sollte, dafs die negative Schwankung beim Te-","page":553},{"file":"p0554.txt","language":"de","ocr_de":"554 3. Abschn. Kap. Vil. \u00a7. VIII. 1. Von der zeitiveisen Umkehr\ntanisiren auf anderem als elektrischen Wege nicht, wie die M\u00f6glichkeit vorhanden zu sein schien, herr\u00fchre blos von der Verk\u00fcrzung der wirksamen Strecke des Nerven. Ebenso ist ferner der Nerv in seinem neuen Zustande empf\u00e4nglich f\u00fcr die s\u00e4ulenartige Polarisation durch einen stetigen erregenden Strom, wobei der Zuwachs in Bezug auf den erregenden Strom die gleiche, diesem entsprechende Richtung beh\u00e4lt, in Bezug auf den urspr\u00fcnglichen Strom dagegen verkehrt erscheint. Die Empf\u00e4nglichkeit f\u00fcr den elektrotonischen Zustand kann man auch beobachten, wenn der urspr\u00fcngliche Strom dadurch umgekehrt worden, dafs man den Nerven zwischen den B\u00e4uschen unterbunden hat; nat\u00fcrlich erstreckt sich aber die Polarisation von den Elektroden aus nur bis zu der gequetschten Stelle (S. oben S. 384).\nNimmt man ferner einen Nerven, dessen Strom umgekehrt ist, von den B\u00e4uschen, l\u00e4fst ihn sich zwischen Muskeln erholen, und legt ihn dann wieder auf, so zeigt er vielleicht anfangs noch den verkehrten Strom, obschon er, wenn die Umkehr die Folge der Austrocknung war, jetzt v\u00f6llig durchfeuchtet sein kann. Dann geht er durch einen unwirksamen Zustand zur\u00fcck in den gesetzm\u00e4fsig elektromotorischen, so dafs er von Pr\u00fcfung zu Pr\u00fcfung st\u00e4rkere Wirkungen in dem richtigen Sinne giebt. Anbringen eines frischen Querschnittes thut hier nichts, als dafs dadurch die Wiederherstellung beschleunigt wird. Aber auf den B\u00e4uschen aufliegend, zeigt der Nerv noch immer eine starke Neigung, allm\u00e4lig das Zeichen seiner Wirkungsrichtung umzukehren.\nDer Unterschied zwischen der neuen Erscheinung und der freiwilligen Stromesumkehr beim Absterben wird noch deutlicher, wenn man erw\u00e4gt, dafs die erstere, wie schon bemerkt wurde, in ihrer Gr\u00f6fse der Erregbarkeit des Nerven einigermafsen proportional ist, w\u00e4hrend die letztere gerade als ein sicheres Anzeichen des nahenden Todes betrachtet werden kann. Indessen ist auf der anderen Seite nicht zu leugnen, dafs zwischen beiden Erscheinungen gewisse Uebergangsforraen stattfinden. Dahin geh\u00f6rt z. B. folgender Umstand, den man h\u00e4ufig zu beobachten Gelegenheit hat. Wenn ein bereits sehr ersch\u00f6pfter Nerv auf den B\u00e4uschen aufliegt, so wird leicht ein jeder ihn treffende Reiz, z. B. das Abschneiden eines St\u00fcckes seiner L\u00e4nge, das Anlegen von Elektroden, u. d. m., das Zeichen zu einem tiefen und unaufhaltsamen Sinken der Stromeskr\u00e4fte, aus welchem keine rechte Erholung mehr gelingen will. Hier sehen wir von der uns besch\u00e4ftigenden Erscheinung den Zug beibehalten, dafs eine Mifshandlung des Nerven Anlafs dazu wird; cs fehlt hingegen das Merkmal der Erholung. Gerade dadurch wird wiederum der Vorgang \u00e4hnlicher dem der freiwilligen Stromesumkehr beim Absterben, w\u00e4hrend doch die Ab-","page":554},{"file":"p0555.txt","language":"de","ocr_de":"des Nervenstromes nach heftigen Mifshandlungen.\tggg\nh\u00e4ngigkeit von einer \u00e4ufseren Ursache keine v\u00f6llige Verwechselung beider zul\u00e4fst.\n2. Theorie der Stromesumbehr der thierischen Erreger.\nEs ist bereits oben S. 155. 156 bemerklich gemacht worden, dafs man sich den Vorgang der Stromesumkehr auf folgende Weise zu denken habe. Anstatt dafs im gesetzm\u00e4fsigen Zustande jede mit ihrer Axe der Axe des thierischen Erregers parallele Molekel eine positive Aequatorialzone und zwei negative Polarzonen besitzt, braucht man ihr jetzt nur eine negative Aequatorialzone und zwei positive Polarzonen zuzuschreiben, um, bei gleicher Relation aller Ordinaten der Curve der Stromst\u00e4rken, diese Ordinaten s\u00e4mmtlich ihre Zeichen wechseln zu sehen. So sehr bleibt dabei das Wirkungsgesetz, die Richtung ausgenommen, das n\u00e4mliche, dafs wir uns im dritten Kapitel, als wir uns mit der Grundlegung jenes Gesetzes befafsten, ohne Unterschied schematischer Vorrichtungen der einen und der anderen Art bedienten, an denen bald die Aequatorialzone positiv, die Polarzonen negativ waren, bald das Umgekehrte stattfand (S. oben Bd. I. S. 645). Am oben angef\u00fchrten Orte endlich sind wir bereits \u00fcbereingekommen, die erste dieser Anordnungen, welche die gew\u00f6hnlich herrschende ist, als die positiv peripolare, die andere als die negativ peripolare zu bezeichnen.\nFig. 107 A. Taf. III. zeigt uns die einfachste Art, wie aus dipolar elektromotorischen Molekeln positiv peripolare Gruppen zusammengef\u00fcgt werden k\u00f6nnen. Man erinnert sich, und B derselben Figur diente zur Erl\u00e4uterung dieses Umstandes, wie leicht sich aus der Annahme eines solchen Baues der Nervenmolekeln die verwickelte Erscheinung des elektrotonischen Zustandes ableiten liefs. Dazu mufsten einfach diejenigen dipolaren Muskeln, die ihren positiven Pol dem Strom entgegenkehrten, mit ihren Axen einen Bogen von 180\u00b0 beschreiben (S. oben S. 323).\nUm die positiv peripolare Anordnung in die negative \u00fcberzuf\u00fchren, lassen sich verschiedene Wege ersinnen. Erstlich w\u00fcrde dazu schon ausreichen, dafs s\u00e4mmtliclie dipolare Molekeln einen Bogen von 180\u00b0 mit ihren Axen beschrieben. Die unwirksame Anordnung zwischen der positiv und der negativ peripolaren w\u00fcrde stattfinden, entweder wenn die beiden Anordnungen durch die ganze Dicke des Nerven gleichm\u00e4fsig gemischt Vorkommen, oder wenn die unendlich vielen dipolaren Molekeln, im Umlegen begriffen, mit ihren Axen unendlich viel verschiedene Winkel mit der Axe des Muskels machen (S. oben S. 322).\nEine andere, jedoch minder plane Art, den Wechsel zu bewerk-","page":555},{"file":"p0556.txt","language":"de","ocr_de":"536\n3. Abschn. Kap. VII. \u00a7. VIII. 2. Theorie\nstelligen, ist folgende. Die vier dipolaren Molekeln, die zu zweien zwei benachbarte positiv peripolare Gruppen bilden, m\u00fcssen sich auseinander begeben und dergestalt neu zusammenf\u00fcgen, dafs die beiden mittleren sich mit ihren negativen Polen zu einer negativ peripolaren Gruppe verbinden, und ihre positiven Pole in\u2019s Freie nach der Axe des thieri-schen Erregers kehren, w\u00e4hrend die beiden \u00e4ufsersten ebenso mit ihren negativen Polen die negativen Pole der zun\u00e4chst benachbarten dipolaren Molekeln aufsuchen u. s. f. Dadurch wird an beiden Querschnitten eine einfache Schicht dipolarer Molekeln frei, von der man annehmen raufs, dafs sie aufser Wirksamkeit tritt. Die unwirksame Anordnung zwischen der positiv und der negativ peripolaren l\u00e4fst sich hier gleichfalls auf zweierlei Art auffassen. Entweder sie beruht abermals darauf, dafs die beiden Anordnungen durch die ganze Dicke des Nerven gleichm\u00e4fsig gemischt Vorkommen. Oder man stellt cs als Grundsatz hin, dafs die dipolaren Molekeln vereinzelt aufser Stande sind, eine bestimmte Richtung im Raume festzuhalten, dafs sie dies nur verm\u00f6gen, wenn sie zu positiv oder zu negativ peripolaren Gruppen zusammengef\u00fcgt sind. Dadurch w\u00fcrde man zugleich das Unwirksamwerden der einfachen Schicht dipolarer Molekeln erkl\u00e4rt haben, welche an beiden k\u00fcnstlichen Querschnitten \u00fcbrig bleibt.\nWelche von diesen Hypothesen \u00fcber den Mechanismus der Stromesumkehr in Wirklichkeit stattfinde, l\u00e4fst sich vor der Hand nicht ausmachen. Dagegen sind wir im Stande, eine dritte Muthmafsung, welche sich hier darbietet und, als die einfachste von allen, \u00e4ufserst lockend erscheint, mit Entschiedenheit von der Hand zu weisen.\nMan erinnert sich, dafs oben S. 324 der M\u00f6glichkeit gedacht wurde, das peripolar elektromotorische Wirkungsgesetz der thierischen Erreger auch unter der Bedingung abzuleiten, dafs die dipolaren Molekeln nicht eigentlich zu peripolaren Gruppen in der Weise zusam-mengefafst seien, dafs die positiven Pole je zweier solchen Molekeln einander n\u00e4her liegen als die negativen Pole oder gar einander ber\u00fchren. Es w\u00fcrde dabei vielmehr nur darauf ankommen, dafs die Molekeln der letzten Schicht eines jeden Querschnittes negative Pole nach Aufsen gekehrt hielten. Alsdann w\u00fcrde zum Ucbergang aus der positiv in die negativ peripolare Anordnung durch einen Punkt der Unwirksamkeit hindurch nichts weiter erforderlich sein, als dafs diese \u00e4ufsersten Schichten theilweise bis ganz unwirksam w\u00fcrden, so dafs die denselben nach Innen zun\u00e4chst gelegenen Schichten, welche positive Pole nach Aufsen gekehrt halten, beziehlich zum Theil, oder ihrer ganzen Ausdehnung nach, als den Querschnitt begrenzend zur Geltung k\u00e4men. Zur St\u00fctze dieser Annahme k\u00f6nnte man sich auf die von","page":556},{"file":"p0557.txt","language":"de","ocr_de":"der Stromesumlcehr der thierischen Erreger.\n557\nMatteucci und uns selber beobachtete Thatsache berufen, dafs durch das Anfrischen des k\u00fcnstlichen Querschnittes der Strom eine Hebung erf\u00e4hrt (S. oben Bd. I. S. 714. Bd. II. S. 19. 145. 150. 179. 282).\nDie grofse Einfachheit dieser Vorstellungsweise m\u00f6chte dazu verleiten hintanzusetzen die bereits oben S. 324 dawider laut gewordene Betrachtung, dafs ohne die Annahme einer besonderen Beziehung je zweier dipolaren Molekeln zu einander, welche zusammen eine positiv peripolare Gruppe bilden, es unerkl\u00e4rlich bleibe, weshalb ein jeder Querschnitt eines Muskels oder Nerven sich stets negativ verhalte. Dieselbe Betrachtung ist auch auf die negativ peripolare Anordnung anwendbar, wo jeder Querschnitt sich vielmehr positiv darstellt. Es ist jedoch zu bemerken, dafs dieser Art der Deutung noch eine andere Schwierigkeit bereitet ist. Es ist n\u00e4mlich die Meinung nicht durchzuf\u00fchren, dafs bei den verschiedenen Versuchsweisen, wodurch die positiv peripolare Anordnung in die entgegengesetzte verwandelt wird, nichts weiter vor sich gehe, als ein Spiel der dipolaren Molekeln in der den Querschnitt begrenzenden \u00e4ufsersten Schicht. Dies ist zwar denkbar, wenn z. B. ein Nerv, ohne Eiweifsh\u00e4utchen auf die mit ges\u00e4ttigter Kochsalzl\u00f6sung getr\u00e4nkten B\u00e4usche aufgelegt, binnen kurzer Zeit negativ peripolar zu wirken anf\u00e4ngt. Allein andere Thatsachen k\u00f6nnen nicht den mindesten Zweifel daran \u00fcbrig lassen, dafs sich hier wirklich ein Molecular-vorgang der oben bezeichneten Art \u00fcber die ganze Ausdehnung des Nerven erstrecke. Nur auf diese Weise wird es verst\u00e4ndlich, dafs ein vor dem Auflegen, ja vor dem Herstellen des zum Aufliegen bestimmten Querschnittes unterbundener Nerv umgekehrten Strom zeige; dafs dasselbe der Fall sei in Folge der Ann\u00e4herung des Gl\u00fchbolzens statt der Unterbindung; endlich, dafs durch Austrocknung, durch W\u00e4rmestrahlung der Strom eines aufliegenden Nerven umgekehrt werden k\u00f6nne, da doch sein Querschnitt von der Trocknifs, von der Strahlung gerade am wenigsten betroffen werden kann.\nEs mufs demnach an den obigen Vorstellungsweisen, trotz ihrer gr\u00f6fseren Verwickelung, bis auf Weiteres festgehalten werden. Die Folge wird \u00fcbrigens lehren, dafs diese Vorstellungsweisen, wie f\u00fcr die Nerven, so auch f\u00fcr die Muskeln hinsichtlich ihrer freiwilligen Stromesumkehr ihre Geltung behalten, indem wir auf Thatsachen stofsen werden, welche keinen Zweifel daran erlauben, dafs, worauf schon nach der Analogie geschlossen werden konnte, auch die peripolaren Muskelmolekeln aus dipolaren Elementen zusammengesetzt sind.","page":557},{"file":"p0558.txt","language":"de","ocr_de":"558 3. Abschn. Kap. VIL \u00a7. IX. Von der physiologischen Bedeutung\n\u00a7\u2022 ix.\nVon der physiologischen Bedeutung der negativen Stromes-schwankung beim Tetanisiren der Nerven.\nAus dem Gedr\u00e4nge von Einzelheiten, in welches wir im Vorigen so lange gezwungen waren, uns zu vertiefen, ist es jetzt an der Zeit, jetzt aber, wie die Folge zeigen wird, auch erst thunlich, uns zu einem umfassenderen Ueberblick des Gewonnenen zu erheben.\nWir wollten zu Anfang dieses Kapitels einfach wissen, wie sich der Nervenstrom verhalten w\u00fcrde, w\u00e4hrend im Nerven der Bewegung und Empfindung vermittelnde Vorgang rege ist. Indem wir, um diesen Vorgang zu erwecken, uns des elektrischen Stromes bedienten, gelangten wir zur Kenntnifs des elektrotonischen Zustandes. Wir versuchten ohne sonderliche Hoffnung, dafs uns dies gelingen werde, denselben dadurch aus dem Spiel zu bringen, dafs wir den Strom nur in m\u00f6glichst kurzen Zeitr\u00e4umen auf den Nerven einwirken liefsen (S. oben S. 390). Obgleich uns dies, unserer Erwartung gem\u00e4fs, fehlschlug, wurden wir doch dabei zur Ueberzeugung gef\u00fchrt, dafs das Tetanisiren des Nerven begleitet sei von einer negativen Schwankung seines Stromes, deren Gr\u00f6fse allerw\u00e4rts der dieses letzteren proportional sei (S. oben S. 396). Um diese Schwankung nunmehr wirklich frei von der Einmischung des positiven und negativen Zuwachses darzustellen, bedienten wir uns des Kunstgriffes, mit abwechselnden Str\u00f6men zu tetanisiren, so dafs die Zuwachse einander vernichten mufsten. Es gl\u00fcckte uns sodann, durch eine vergleichende Pr\u00fcfung der Umst\u00e4nde, welche sich von Einflufs auf die neue Erscheinung erwiesen, ihre Selbst\u00e4ndigkeit neben dem elektrotonischen Zustande \u00fcberzeugend, vielleicht bis zum Ueberdrusse, darzuthun. Auch damit noch nicht zufrieden, w\u00fcnschten wir die negative Schwankung noch beim Tetanisiren des Nerven auf anderem als elektrischen Wege zu beobachten. Dazu reichten aber unsere bisherigen Beobachtungsmittel, wir wir leider fanden, nicht aus. Dagegen mit dem neuen Strompr\u00fcfer von unerh\u00f6rter Empfindlichkeit, den wir uns nun zu verschaffen wufsten, gelang es uns wirklich, eine negative Schwankung des Nervenstromes beim Tetanisiren durch die verschiedenartigsten Mittel zu gewahren.\nWir haben also gefunden, was wir irgend erwarten konnten, unter der Voraussetzung, dafs der Nervenstrom in n\u00e4herem Bez\u00fcge stehe zur Innervation: eine bestimmte Ver\u00e4nderung dieses Stromes, welche jedesmal wiederkehrt, dafs der Nerv zum Bewegung und Empfindung vermittelnden Vorg\u00e4nge dauernd und heftig angeregt wird. Es scheint","page":558},{"file":"p0559.txt","language":"de","ocr_de":"der negativen Schwankung des Nervenstromes leim Tetanisiren, 559\nso nat\u00fcrlich, danach anzunehmen, dafs die negative Stromesschwankung beim Tetanisiren wirklich nichts sei, als der elektrische Ausdruck jenes Vorganges, dafs wir im Vorigen schon mehrmals, der nun bevorstehenden Er\u00f6rterung vorgreifend, in diesem Sinne davon geredet haben. Indefs verlangt doch die Strenge der Methode, dafs wir, ehe wir ein so gewichtiges Urtheil f\u00e4llen, uns durch eine genauere Untersuchung davon \u00fcberzeugen, dafs hier mehr als nur zuf\u00e4llige Gleichzeitigkeit, dafs ein innerer Zusammenhang obwalte, der sich in der Gleichheit des Benehmens verschiedenen Umst\u00e4nden gegen\u00fcber bew\u00e4hre. Leider verm\u00f6gen wir diese Pr\u00fcfung bisher nur anzustellen einerseits f\u00fcr das Tetanisiren auf elektrischem Wege, andererseits f\u00fcr den Bewegung vermittelnden Vorgang. Es fehlt uns an Thatsachen, um sie auch auf den Empfindung vermittelnden Vorgang und auf das Tetanisiren auf anderem als elektrischem Wege auszudehnen. F\u00fcr jene beiden aber liefert sie ganz befriedigende Ergebnisse. Wir befolgen dabei nach M\u00f6glichkeit die uns durch die Reihefolge der Versuche in dem f\u00fcnften Paragraphen vorgeschriebene Ordnung.\n(1)\tDie Zuckung tritt auf, so oft die Stromdichte im Nerven einer Ver\u00e4nderung unterworfen wird (S. oben Bd. I. S. 258).\nUm die negative Schwankung in\u2019s Leben zu rufen, m\u00fcssen wir den Strom in eine unabl\u00e4ssige Reihe von Schwankungen versetzen, wir m\u00fcssen den Nerven tetanisiren (S. oben S. 397).\n(2)\tDie Zuckung ist, bis zu einer gewissen Grenze, um so st\u00e4rker, je dichter der erregende Strom (S. oben Bd. I. S. 251).\nAuch die negative Schwankung zeigt die gleiche Abh\u00e4ngigkeit (S. oben S. 450).\n(3)\tVon der L\u00e4nge der erregten Strecke ist es auch schon aus den ersten Zeiten des Galvanismus bekannt, dafs sie auf die St\u00e4rke der Zuckungen einen beg\u00fcnstigenden Einflufs aus\u00fcbt (S. oben Bd. I. S. 295). Ich zeige zwar in der unten stehenden Anmerkung nachtr\u00e4glich, dafs, was mir fr\u00fcher entgangen war, wegen der Hintansetzung einer wichtigen Vorsichtsmafsregel, von den a. a. 0. mitgetheilten Erfahrungen nur eine einzige als wirklich beweisend betrachtet werden k\u00f6nne.1 Allein\n1 Es sind n\u00e4mlich die in Rede stehenden Versuche, mit Ausnahme des von Pfaff herriihrenden, nicht frei zu sprechen von dem Verdachte, dafs heim Verl\u00e4ngern der erregten Strecke, wegen des VAiu-RiTTEit\u2019schen Gesetzes, Punkte von gr\u00f6fserer Leistungsf\u00e4higkeit in den Kreis aufgenommen worden seien. Aus der Angabe v. Humboldt\u2019s und der ersten RiTTEtt\u2019schen erhellt nicht deutlich, ob die obere Elektrode weiter nach dem Urspr\u00fcnge zu verlegt wurde, wie es geschehen mufs, um den Einflufs jenes Gesetzes aus dem Spiel zu bringen, oder die untere nach dem Muskel zu, wobei man sich der erw\u00e4hnten T\u00e4uschung ausgesetzt findet. In der zweiten Ritter zugeh\u00f6rigen Stelle giebt dieser aber sogar ausdr\u00fccklich an,","page":559},{"file":"p0560.txt","language":"de","ocr_de":"560 3. Abschn. Kap. VI 1. \u00a7. IX. Von der physiologischen Bedeutung\ngleichzeitig stelle ich, durch eigene unzweideutige Erfolge, die Richtig' keit des angefochtenen wichtigen Satzes wieder fest.\nHinsichtlich der negativen Schwankung ist es uns gelungen, gleichfalls von der l\u00e4ngeren Strecke aus die st\u00e4rkeren Wirkungen zu erhalten (S. oben S. 459). Allerdings fanden wir, dafs h\u00e4ufig, wenn man sich blofser Nervenst\u00fccke bedient, die mit dem Muskelende auf den B\u00e4uschen ruhen und dabei das zweite in der Einleitung zum f\u00fcnften Paragraphen angegebene Verfahren einschl\u00e4gt, die st\u00e4rkere Wirkung wegen des VALU-RiTTER\u2019schen Gesetzes von der k\u00fcrzeren Strecke aus erfolgt. Ich habe mich jedoch davon \u00fcberzeugt, dafs nicht selten ganz\ndaft die untere Elektrode nach dem Muskel zu verschoben worden sei. Bei Gi\u00e9-rard und Longet scheint es, als habe dies gleichfalls stattgefunden, da das Anlegen der beweglichen Elektrode an den Muskel als der die l\u00e4ngste Nervenstrecke umfassende Grenzfall angef\u00fchrt wird (Vergl. Longet, Anatomie et Physiologie du Syst\u00e8me nerveux etc. Paris 1842. t. I. p. 143*. \u2014 \u00fcbersetzt von Hein. Leipzig 1847. Bd. I. S. 127*). Bei Pfaff dagegen heifst es: \u00bbSo waren bei der Be-\u00bbr\u00fchrung des Schenkels\u00ab \u2014 mit dem silbernen Bogen \u2014 \u00bbdie Zuckungen am leb-\u00bbhaftesten, wenn die. Armatur ... nach oben angebracht war\u00ab (A. a. 0. S. 24*). Ohnehin waren in seinem Versuche die Nerven noch mit dem R\u00fcckenmark in Verbindung, wodurch der Einflufs des VALLi-RiTTER\u2019schen Gesetzes sehr vermindert wird (S. oben S. 460). Es mufsten also diese Versuche nothwendig einer erneuerten Pr\u00fcfung unterworfen werden, um so mehr, als Grund vorhanden war daran zu zweifeln, dafs wirklich die St\u00e4rke der Zuckungen mit der L\u00e4nge der erregten Strecke so schnell wachsen sollte, als es danach der Fall sein miiftte. Denn, wie bereits oben Bd. I. S. 296 bemerkt worden ist, da man sich dabei zur Erregung einfacher an die Nerven angelegter Metallb\u00f6gen bediente, so mufste die Stromdichte beim Verl\u00e4ngern der erregten Strecke in dieser nach einem hyperbolischen Gesetze sinken, und es mufste die Gr\u00f6fse der Erregung mit der L\u00e4nge der erregten Strecke in so raschem Mafse zunehmen, dafs dadurch der Einflufs dieser Verminderung sogar \u00fcberwogen werden konnte.\nDie Pr\u00fcfung geschah nun theils mit H\u00fclfe unserer gew\u00f6hnlichen stromzuf\u00fchrenden Vorrichtung und einer GROVE\u2019schen Kette, theils auf folgende Weise. Auf eine Glasplatte kittete ich einen Platinstreifen, demselben m\u00f6glichst nahe einen Zinkstreifen, und in so grofser Entfernung von diesem, als es die L\u00e4nge des Ischiad-nerven eines miltelgroften Frosches erlaubt, einen zweiten Zinkstreifen. Dies war f\u00fcr den absteigenden Strom. Behufs des aufsteigenden wurden ebenso auf eine andere Platte ein Zink- und zwei Platinstreifen gekittet. An die Platinstreifcn waren stets Dr\u00e4hte gel\u00f6thet und mit verquickten Haken versehen. Das eine Ende der Zinkstreifen war verquickt und es schwamm auf demselben ein Quecksilbertropfen. In diesem konnte somit die Kette, mit Ausnahme des Nerven rein metallisch und stets in ganz gleicher Weise, geschlossen, wie auch dauernd geschlossen gehalten werden.\nDer Erfolg dieser Versuche war indefs kein ganz befriedigender. Es zeigte sich n\u00e4mlich ein so verwickeltes Gewirr ganz eigent\u00fcmlicher Erscheinungen, dafs ich cinsah, dafs dies eine Sache sei, welche nicht so im Vor\u00fcbergehen abgemacht werden k\u00f6nne, und es aufgab, bis zur Klarheit durchzudringen. Um so mehr Yer-","page":560},{"file":"p0561.txt","language":"de","ocr_de":"der negativen Schwankung des Nervenstromes beim Tetanisiren. 5\u00dfl\ndie n\u00e4mliche Abweichung sich einstellt, wenn man, statt die Gr\u00f6fse der Erregung am Multiplicator mittelst der negativen Schwankung zu pr\u00fcfen, dieselbe beurtheilt nach der St\u00e4rke des Tetanus, in den der dem Muskelende gelassene Unterschenkel beim Tetanisiren abwechselnd von der einen und von der andern Strecke aus ger\u00e4th. Jene Abweichung hat also nichts zu bedeuten. Vielmehr giebt sich hier noch eine fernere Uebereinstimmung zu erkennen. In der Anmerkung findet sich gesagt, dafs man auch bei Anwendung der einfachen Kette zum\nanlassung fand ich hiezu, als ich Grund hatte, zu vermuthen, dafs die schwer zu beseitigende Polarisation der Elektroden an jenen Verwickelungen Theil hatte.\nEine h\u00e4ufig wiederkehrende Erscheinungsweise der Zuckungen war folgende. Bei absteigendem Strome hatte die Schliefsungszuckung von der l\u00e4ngeren Strecke aus fast gleiche St\u00e4rke mit der von der k\u00fcrzeren Strecke aus. Hingegen die Oeff-nungszuckung fehlte von dieser aus ganz und gar. Der Unterschied verwischte sich, wenn entweder der Versuch \u00f6fter wiederholt, oder die Kette dauernd, namentlich mit Benutzung nur der k\u00fcrzeren Strecke, geschlossen gehalten wurde; er kehrte wieder, nachdem der Schenkel eine Zeitlang in Ruhe gelassen worden war. Hier also hatte sich wirklich eine Art von Ueberlegenheit der l\u00e4ngeren \u00fcber die k\u00fcrzere Strecke kund gegeben, wie in Pfaff\u2019s Versuch, wo gleichfalls der Strom absteigend war. Als ich aber nun dem Strom die umgekehrte Richtung zwischen den Platinblechen ertheilte oder die f\u00fcr den aufsteigenden Strom bestimmte Vorrichtung anwendete, fand ich das gerade Gegentheil vom Vorigen, d. h. nun blieb bei der l\u00e4ngeren Strecke die Oeffnungszuckung aus. Auch hier verwischten gewisse Umst\u00e4nde den Unterschied und stellten andere denselben oder einen \u00e4hnlichen wieder her.\nAber bei diesen Ergebnissen hatte es, wie bemerkt, sein Bewenden nicht, sondern noch viele andere Erscheinungsweisen der Zuckungen traten hervor, die jedoch weniger entschieden und verh\u00e4ltnifsm\u00e4fsig best\u00e4ndig waren, so dafs als allgemeine Folgerung nur dies ausgesprochen werden kann: es giebt Bedingungen, unter denen wirklich, ohne Einschaltung eines Widerstandes in den Kreis, die Verl\u00e4ngerung der erregten Strecke eine Verst\u00e4rkung der Zuckungen nach sich zieht, und zwar scheint zu diesen Bedingungen vorzugsweise die absteigende Richtung des eggenden Stromes im Nerven zu geh\u00f6ren.\nSchaltet man aber in den Kreis einen Widerstand ein, gegen welchen der des Nerven nur klein ist, und erh\u00e4lt dabei durch Vermehrung der Zahl der Kettenglieder die Stromdichte auf hinreichender H\u00f6he, so kommt stets der Zuckung von der l\u00e4ngeren Strecke aus das entschiedene Uebergewicht zu. Die Einrichtung des erregenden Kreises ist zu diesem Zwecke begreiflich dieselbe als die oben S. 339. 459 angegebene. Man kann \u00fcbrigens mit Vorlheil an die Stelle des Spiritusvoltameters eine Spiritusflamme zwischen Kupferelektroden bringen (S. oben S. 492), was noch insofern von Interesse, als bekanntlich in den ersten Zeiten des Galvanismus ein Unterschied zwischen diesem und der Elektricit\u00e4t darin gesucht worden ist, dafs sich durch die Flamme hindurch keine Zuckung hervorbringen lasse (S. Pfaff, \u00fcber thierische Elektricit\u00e4t und Reizbarkeit. Leipzig 1795. S. 57.* \u2014 v. Humbolm, Versuche \u00fcber die gereizte Muskel- und Nervenfaser u. s. w. Posen und Berlin 1797. Bd. I. S. 440*),\nII.\n36","page":561},{"file":"p0562.txt","language":"de","ocr_de":"562 3. Abschn. Kap. VU. \u00a7. IX. Von der physiologischen Bedeutung\nTetanisiren, wobei die Stromdichte in der l\u00e4ngeren Strecke eine kleinere wird als in der k\u00fcrzeren, von der l\u00e4ngeren Strecke aus unter Umst\u00e4nden die st\u00e4rkere Wirkung erfolgen sehe. Dasselbe merkw\u00fcrdige Verhalten habe ich einigemale bei der negativen Schwankung zu sehen bekommen.\n(4)\tDie Zuckung h\u00f6rt auf zu erscheinen, wenn die Richtung des erregenden Stromes die Axe der Primitivr\u00f6hren senkrecht schneidet (S. oben Bd. I. S. 296).\nBei senkrechter Stromesrichtung versagte uns die negative Stromesschwankung (S. oben S. 462).\n(5)\tWas die verschiedenen Ab\u00e4nderungen betrifft, die mit dem erregenden Strome vorgenommen werden k\u00f6nnen, so wissen wir f\u00fcr die negative Schwankung noch, dafs sie mit wachsendem Abstande der abgeleiteten von der erregten Strecke eine geringe Schw\u00e4chung erf\u00e4hrt (S. oben S. 462).\nDas gleiche Verhalten f\u00fcr die Zuckung ist noch nicht ermittelt. Versuche dar\u00fcber w\u00fcrden, des VALLi-RiTTER\u2019schen Gesetzes wegen, jedenfalls nur am lebenden Thier angestellt werden k\u00f6nnen, und m\u00f6chten mit erstaunlichen Schwierigkeiten zu k\u00e4mpfen haben, ehe man zu der Sicherheit k\u00e4me, dafs nicht zuf\u00e4llige Unterschiede eine geringe Ueberle-genheit der Zuckung von der n\u00e4heren erregten Strecke aus verdecken.1\n(6)\tAnlangend die vom Nerven selber abh\u00e4ngigen Bedingungen, so sehen wir die Zuckung an St\u00e4rke zunehmen mit der Leistungsf\u00e4higkeit der thierischen Gebilde, die Unterbindung, das Durchschneiden ihr Erscheinen hemmen.\nDasselbe ist der Fall f\u00fcr die negative Schwankung (S. oben S. 431. 469).\n(7)\tDiese letztere zeigt nicht selten die Eigenth\u00fcmlichkeit, dafs sie sich anfangs weigert zu erscheinen, erst nach mehrmaliger Wiederholung der Erregung, dann aber bis zu einer gewissen Grenze st\u00e4rker und st\u00e4rker hervortritt (S. oben S. 425. 469).\nMan sollte auf den ersten Blick diesen Umstand f\u00fcr einen mifsli-chen halten, da man keinen Sinn damit zu verbinden weifs. Allein es ist zu erinnern, dafs schon in den ersten Jahren des Galvanismus vielf\u00e4ltig dieselbe Eigenth\u00fcmlichkeit seitens der Zuckungen bemerkt worden ist, und wir selber haben Gelegenheit gehabt, ein Beispiel davon zu verzeichnen (S. oben Bd. I. S. 477. Bd. II. S. 119).2\n1 Vergl. Volkmann, Artikel \u00bbNervenphysiologie\u00ab in Rudolph Wagner s Handw\u00f6rterbuch der Physiologie u. s. w. Bd. II. 1844. S. 528.*\n! Vergl. auch Joh. M\u00fcller\u2019s Handbuch der Physiologie u. s. w. Bd. II. Coblenz 1840. S. 39.*","page":562},{"file":"p0563.txt","language":"de","ocr_de":"der negativen Schwankung des Nervenstromes beim Tetanisiren, 563\n(8)\tWenn ein strompr\u00fcfender Schenkel durch viele Reizversuche ersch\u00f6pft ist, und man l\u00e4fst ihm einige Zeit Ruhe, so erh\u00e4lt man, bei erneuter Erregung, anfangs wieder ganz lebhafte Zuckungen, die aber sehr bald wieder v\u00f6llig versagen (S. oben S. 381).\nGenau dasselbe ist der Fall bei der negativen Stromesschwankung.\n(9)\tVon dieser ist angemerkt worden, dafs sie, bei Gegenwart der Centralgebilde, minder leicht zu erfolgen scheint (S. oben S. 460).\nEs ist unm\u00f6glich, dabei nicht zur\u00fcckzudenken an die mannigfaltigen von Matteucci in derselben Beziehung hinsichtlich der Zuckung aufgestellten Behauptungen (S. oben S. 248). Ich bin neuerdings darauf aufmerksam geworden, dafs bereits Valli1 und Pfaff2 3 diese Beobachtung mittheilcn. Auch Cima hat dieselbe best\u00e4tigt gefunden.5\nEs ergiebt sich folglich, dafs, soweit unsere Kenntnisse reichen, die negative Stromesschwankung beim elektrischen Tetanisiren und der Bewegung vermittelnde Vorgang, ihrer Erscheinungsweise und Gr\u00f6fse nach, unter mannigfaltigen Bedingungen sich einander vollst\u00e4ndig entsprechen. Es wird demnach gerechtfertigt erscheinen, wenn wir die negative Schwankung fortan als das \u00e4ufsere Anzeichen der inneren Bewegungen im Nerven betrachten, aus welchen sich jener Vorgang zusammensetzt, gerade wie wir die negative Schwankung des Muskelstromcs als das Merkmal der inneren Bewegungen im Muskel betrachten, welche die Zusammenziehung zur Folge haben.\nMan k\u00f6nnte wohl auch die Vermuthung hinstellen, dafs der negativen Schwankung des Muskel- und Nervenstromes eine ganz andere Bedeutung zukomme. Anstatt n\u00e4mlich anzunehmen, dafs dieselbe das \u00e4ufsere Anzeichen der Ursache der Zusammenziehung und der Innervation sei, k\u00f6nnte man sich denken, dafs in ihr nur die Folge eines Verlustes an Kr\u00e4ften sichtbar werde, der in beiden Vorg\u00e4ngen stattfinde. Dieser Verlust w\u00fcrde nachgehends ann\u00e4hernd ersetzt werden durch den auch in abgetrennten Gliedmafsen einige Zeit nach dem Tode noch in fortdauernder Th\u00e4tigkeit zu denkenden Stoffwechsel.4\nHinsichtlich der Muskeln indefs erweist sich diese Meinung sofort als unhaltbar. Sie ist offenbar vern\u00fcnftigerweise nicht zusammenzubringen mit der grofsen Geschwindigkeit, mit der, wie aus der Erscheinung des secund\u00e4ren Tetanus erhellt, die einzelnen St\u00f6fse der negati-\n1\tHufeland und Goettling, Aufkl\u00e4rungen der Arzneywissenschaft aus den neuesten Entdeckungen der Physik, Chemie und andern Ii\u00fclfswissenschaftcn. Weimar 1793. Bd. I. St. 2. S. 184. 185.\u2019\n2\tlieber thierische Elektricit\u00e4t und Reizbarkeit u. s. w. Leipzig 1795. S. 21.*\n3\tZantedeschi, Raccolla fisico-chimica italiana ec. Vol. III. 1848. p. 491.*\n4\tS. unten, Kap. VIII. \u00a7. v.\n36","page":563},{"file":"p0564.txt","language":"de","ocr_de":"564 3. Abschn. Kap. VII. \u00a7. IX. Von der physiologischen Bedeutung\nven Schwankung, entsprechend den Inductionsschl\u00e4gen, die wir dem Nerven ertheilen, in dichtgedr\u00e4ngter Reihe vollzogen werden. Handelte es sich um einen erst auf dem Wege des gew\u00f6hnlichen Stoffwechsels im ruhenden Muskel zu ersetzenden Kr\u00e4fteverlust, so w\u00fcrden diese St\u00f6fse vielmehr zu einer stetigen Senkung des Stromes verschmelzen, aus der, nach Beendigung des Tetanisirens, eine mehr oder weniger allm\u00e4lige Erholung sichtbar werden w\u00fcrde.\nEs fragt sich aber, ob es vielleicht passend sei, diese neue Art der Auffassung f\u00fcr die negative Schwankung des Nervenstromes in Anspruch zu nehmen. Man sieht leicht, dafs dieselbe uns fortheben w\u00fcrde \u00fcber die Schwierigkeit, zu erkl\u00e4ren, wie es komme, dafs, so lange der elektrotonische Zustand aufser Spiel bleibt, ein tetanisirter Nerv einen strompr\u00fcfenden Schenkel, dessen Nerv dem ersten entlang gelegt ist, in Ruhe lasse (S. oben S. 536). Denn da es sich alsdann, angegebener-mafsen, um eine stetige Senkung des Stromes handeln w\u00fcrde, die weder eintreten, noch sich wiederum ausgleichen w\u00fcrde mit der Geschwindigkeit, die wir dem Vorg\u00e4nge der Innervation zuschreiben, so w\u00fcrde der Grund zur Zuckung unter diesen Umst\u00e4nden g\u00e4nzlich fortfallen.\nGegen diese Verd\u00e4chtigung l\u00e4fst sich sogleich einwenden, wie wenig ansprechend es erscheint, zweien Vorg\u00e4ngen, die sonst so viel Aehnlichkeit darbieten, wie die negative Schwankung des Muskel- und die des Nervenstromes beim Tetanisiren, zwei ganz verschiedene Grundursachen unterzulegen; ferner, dafs, w\u00e4hrend wir uns demgem\u00e4fs nur bei der dringendsten Nothwendigkeit unserer erstausgesprochenen Ansicht von der negativen Schwankung zu begeben h\u00e4tten, das Ausbleiben der secund\u00e4ren Zuckung unter den erw\u00e4hnten Umst\u00e4nden sich noch auf andere Weise erkl\u00e4ren lasse (S. oben S. 538); endlich, dafs f\u00fcr die neue Deutung der negativen Schwankung im Grunde schon das Sinken der Nadel ein zu pl\u00f6tzliches, ihre Wiederkehr eine zu rasche und vollst\u00e4ndige sei, u. d. m. Allein wir sind bereits im Besitz einer Thatsache, die so schlagend in unserem Sinne spricht, dafs sie alle diese Gr\u00fcnde v\u00f6llig entbehrlich macht.\nDiese Thatsache ist die, dafs, nachdem der Strom des Nerven unter dem Einflufs gewisser \u00e4ufseren Bedingungen, z. B. der Austrocknung, seine Richtung verkehrt hat, die negative Schwankung die ihrige beibeh\u00e4lt, zu einer positiven Schwankung wird (S. oben S. 553). W\u00e4re diese Schwankung das Anzeichen eines Verlustes elektromotorischer Kr\u00e4fte, so ist es klar, m\u00fcfste sie nicht eine stets absolut negative in Bezug auf die positiv gedachte Richtung des gew\u00f6hnlichen Stromes sein, sondern sie m\u00fcfste mit diesem ihren Sinn verwandeln, eine rela-","page":564},{"file":"p0565.txt","language":"de","ocr_de":"der negativen Schwankung des Nervenstromes beim Tetanisiren. 565\ntiv negative sein. Und wir werden sp\u00e4ter in Erfahrung bringen, dafs sie diese Eigenth\u00fcmlichkeit einer absolut negativen Richtung gleichfalls theilt mit der negativen Schwankung des Muskelstromes bei der Zusammenziehung,1 so dafs die Berechtigung, von der einen dieser Erscheinungen auf die andere zu schliefsen, dadurch abermals an St\u00e4rke gewinnt.\nSomit d\u00fcrfen wir die neue Deutung der negativen Schwankung des Nervenstromes, als beruhend auf einem Kr\u00e4fteverlust durch den Vorgang der Innervation, statt auf den inneren Bewegungen im Nerven bei diesem Vorg\u00e4nge, ohne ferneren Anstand von der Hand weisen. Mit Fug schr\u00e4nken wir dieselbe auf den Umstand ein, dafs die Nadel, nach dem Tetanisiren, stets nur mehr oder weniger unvollst\u00e4ndig ihren fr\u00fcheren Stand wieder einnimmt. Dieser Unterschied, vermindert um denjenigen, der in der St\u00e4rke des urspr\u00fcnglichen Stromes w\u00e4hrend der Dauer des Versuches m\u00f6glicherweise auch ohne das Tetanisiren eingetreten sein w\u00fcrde, mag herr\u00fchren von dem Kr\u00e4fteverlust, der augenblicklichen Ersch\u00f6pfung des Nerven durch das Tetanisiren.\nSchwerlich bedarf es sodann noch eines besonderen Beweises, dafs der negativen Stromesschwankung beim Tetanisiren auf nicht elektrischem Wege die n\u00e4mliche Bedeutung zukomme, als der bei elektrischer Erregung. Sollte Jemand, den Zweifel bis zur letzten Grenze treibend, fragen, weshalb man sich nicht begn\u00fcgen k\u00f6nne, darin nur zu sehen den Anfang einer Bewegungserscheinung, wie wir sie im vorigen Paragraphen kennen gelernt haben, und sich dabei berufen auf die hier h\u00e4ufig allerdings ziemlich mangelhafte Wiederkehr der Nadel, so ist nachstehendes darauf zu erwiedern. Erstens, dafs der letztere Umstand sich besch\u00f6nigen lasse durch die ausnehmende Kleinheit der Wirkung an einer Nadel, die sich fast in beweglichem Gleichgewicht befindet (S. oben S. 477). F\u00fcr zweite, dafs die vorgeschlagene Deutung selber unhaltbar sei, weil die negative Schwankung nicht durch allm\u00e4lige Uebergangsstufen der Gr\u00f6fse nach verkn\u00fcpft werde mit jener Bewegungserscheinung; weil sie sich mehreremale nach einander in ganz gleicher Weise wahrnehmen lasse, ohne dafs endlich die dauernde tiefe Erniedrigung des Stromes einbreche; weil sie sich auch beim Tetanus durch Strychninvergiftung und bei kaustischer Mifshand-lung eines von der abgeleiteten Strecke weit entfernten Punktes des Nerven einstelle, wobei man die Erscheinung des vorigen Paragraphen nicht zu sehen bekomme; endlich, und vor allem, weil sie sich in ganz gleicher Gr\u00f6fse auch an Nerven kundgebe, die der dauernden Ver\u00e4n-\n* S. unten, Kap. VIII, \u00a7. iv.","page":565},{"file":"p0566.txt","language":"de","ocr_de":"566 <?. Ab sahn. Kap. VII. \u00a7. IX. Von der physiologischen Bedeutung\nderung ihres Stromes im negativen Sinne bereits wirklich verfallen sind, und zwar auf allen m\u00f6glichen Stufen dieses Vorganges bis zu seinem Gipfel, wo der Strom verkehrt erscheint (S. oben S. 553).\nWir erkl\u00e4ren demnach die negative Schwankung des Nervenstro-mes beim Tetanisiren auf elektrischem und auf nicht elektrischem Wege f\u00fcr gleichbedeutend, und zwar f\u00fcr den elektromotorischen Ausdruck des Bewegung vermittelnden Vorganges, der in dem Nerven stattlindet jedesmal dafs auf mechanischem, kaustischem, chemischem Wege sein inneres Gleichgewicht gest\u00f6rt wird, oder jedesmal dafs der Nerv durch einen erregenden Strom in clektrotonischen Zustand versetzt wird, oder endlich dafs dieser Zustand eine Schwankung in beliebigem Sinne erleidet in Folge einer gleichsinnigen Schwankung des erregenden Stromes, dessen Dichtigkeit die St\u00e4rke des elektrotonischen Zustandes innerhalb weiter Grenzen einfach proportional ist (S. oben Bd. 1. S, 289. 294. Bd. II. S. 391. 416).\nWenn aber, im Laufe dieser Er\u00f6rterung, stets nur der Bewegung vermittelnde Vorgang erw\u00e4hnt worden ist, so ist der Grund davon nicht gewesen, dafs das Gesagte nicht eben so gut auf den Empfindung vermittelnden Vorgang Anwendung finde. Vielmehr ist hier zun\u00e4chst Alles aus dem einen Gebiet ins andere zu \u00fcbertragen. Zwar sind wir f\u00fcr die Empfindung nicht, wie f\u00fcr die Bewegung, im Stande den Beweis zu f\u00fchren, dafs sie sich der negativen Schwankung gleich verhalte gegen\u00fcber mannigfaltigen Umst\u00e4nden des Versuches; allein wir sind zu jener Uebertragung berechtigt durch die vielfach bew\u00e4hrte Gesetzm\u00e4fsig-keit des Organismus, welche die Erforschung desselben so sehr erleichtert. Wir d\u00fcrfen daher die negative Schwankung, so gut wie f\u00fcr ein Anzeichen des Bewegung vermittelnden Vorganges, erkl\u00e4ren f\u00fcr ein solches des Empfindung vermittelnden, der beim mechanischen, kaustischen, chemischen Mifshandeln des Nerven Platz greift, wie auch desjenigen Theiles der auf elektrischem Wege hervorgebrachten Empfindungen, welcher von den Schwankungen der Dichtigkeit eines erregenden Stromes in dem Nerven herr\u00fchrt, entsprechend dem ersten Gliede der rechten Seite der Formel oben Bd. I. S. 288. Dafs dieser Theil der elektrischen Empfindungen, gleich der negativen Schwankung, in dem oben S. 450 erl\u00e4uterten Sinne mit der Stromdichte wachse, wissen wir erfahrungsm\u00e4fsig. Wir d\u00fcrfen aber auch gewifs mit \u00e4ufserster Wahrscheinlichkeit behaupten, dafs, gleich der negativen Schwankung, jene Empfindung wachsen werde mit der L\u00e4nge der erregten Strecke, abnehmen, wenn der Winkel zwischen der Richtung des Stromes und der Nervenaxe sich einem Rechten n\u00e4hert, u. s. f.\nIn so fern w\u00fcrde also kein Grund vorliegen, hier eine Scheidung","page":566},{"file":"p0567.txt","language":"de","ocr_de":"der negativen Schwankung des Nervenstromes heim Tetanisiren, 567\nzu treffen zwischen dem Bewegung und Empfindung vermittelnden Vorg\u00e4nge. Der Unterschied aber, der wirklich hier stattfindet, und um deswillen die Beziehung der von uns aufgedeckten Bewegungserscheinungen des Nervenstromes zum Empfindung vermittelnden Vorg\u00e4nge zum Gegenstand einer besonderen Auseinandersetzung gemacht werden mufste, dieser Unterschied besteht darin, dafs, wie schon oben Bd. I. S. 283 dargelegt ist, die Empfindungsnerven auch auf die Dauer des Stromes in best\u00e4ndiger Gr\u00f6fse R\u00fccksicht nehmen.\nHieraus mufste damals bereits, gem\u00e4fs der Theorie der Empfindung \u00fcberhaupt, geschlossen werden auf eine dauernde Ver\u00e4nderung der Nerven durch den Strom (S. ebend. S. 289). Mittelbar war solche Ver\u00e4nderung aus anderen Erscheinungen auch hei den Bewegungsnerven erschlossen (S. ebend. S. 335. 385. 393. Bd. II. S. 386). Unsere Zusage, dafs es uns gl\u00fccken werde, diese Ver\u00e4nderung objectiv wahrnehmbar zu machen, hat in der Entdeckung des elektrotonischen Zustandes ihre Erf\u00fcllung gefunden. W\u00e4hrend wir nun aber diesem Zustande, so lange die St\u00e4rke des Stromes und mit ihr die der s\u00e4ulenartigen Polarisation auf gleicher H\u00f6he verweilt, keinen Bezug mehr auf die Zuckung zugestchen k\u00f6nnen, wird derselbe von den Empfindungsnerven w\u00e4hrend seiner ganzen Dauer dem Bewufstsein angezeigt.\nAls Volta zwei Finger derselben Hand in zwei Gef\u00e4fsc tauchte, welche die Elektroden einer vielgliederigen S\u00e4ule enthielten, erfuhr er w\u00e4hrend der ganzen Zeit der Schliefsung die oben Bd. I. S. 283 beschriebenen Empfindungen. Ich habe diesen Versuch mit gleichem Erfolg wiederholt. Da nun die Meinung unhaltbar scheint, dafs die hier auftretenden Empfindungen von fortw\u00e4hrenden kleinen Schwankungen der Stromdichte herr\u00fchren, so ist daraus zu entnehmen, dafs sich die s\u00e4ulen-artige Polarisation aus der Hand \u00fcber die unmittelbar vom Strome betroffene Strecke hinaus bis zu dem Mittelpunkte der empfindenden Th\u00e4tigkeit fortzupflanzen und hier unmittelbar zum Bewufstsein zu gelangen verm\u00f6ge. Bei der unbegrenzten Empfindlichkeit, wenn der Ausdruck gestattet ist, die wir diesem Mittelpunkte zuschreiben d\u00fcrfen, liegt hierin nichts Unglaubliches, und wir k\u00f6nnen diesen Umstand vielmehr als eine Best\u00e4tigung unserer anderweitig begr\u00fcndeten Vermulhung ansehen, die Curve der dipolar elektromotorischen Kr\u00e4fte schliefse sich der Nervenaxe in der Ferne asymptotisch an (S. oben S. 361. 362).\nAus der F\u00e4higkeit der Empfindungsnerven, nicht blos die augenblickliche, sondern auch die dauernde Ver\u00e4nderung ihrer Zust\u00e4nde zum Bewufstsein zu bringen, ist der nicht unwichtige Schlufs zu ziehen, dafs zwar Zust\u00e4nde der Nerven, welche bei Bewegungsnerven Zuckungen int Gefolge haben, an Empfindungsnerven schmerzhaft sein werden;","page":567},{"file":"p0568.txt","language":"de","ocr_de":"568 3. Abschn. Kap. VII. \u00a7. X. Von den Bewegungserscheinungen\ndafs aber nicht umgekehrt schmerzhaft empfundene Zust\u00e4nde der Empfindungsnerven an Bewegungsnerven nothwendig Zuckungen nach sich ziehen w\u00fcrden. Wir haben, n\u00e4chst dem elektrotonischen Zustand, ein zweites Beispiel davon an der merkw\u00fcrdigen Bewegungserscheinung des Nervenstromes, welche im vorigen Paragraphen beschrieben wurde. Zwar geschieht der Uehergang des Nerven in den negativ peripolaren Zustand unter einer Reihe von Zuckungen der zugeh\u00f6rigen Muskeln (S. oben S. 552). Allein dieser Zustand f\u00e4hrt fort zu bestehen zuletzt bei vollkommener Ruhe der Muskeln, w\u00e4hrend wohl nicht zu bezweifeln ist, dafs die Ausbreitung des bis zum Mittelpunkte der empfindenden Th\u00e4tigkeit unversehrt hinf\u00fchrenden Nerven hier fortdauernd als Sitz w\u00fcthender Qualen empfunden werden w\u00fcrde.\n\u00a7\u2022 X.\nUntersuchung der Bewegungserscheinungen des Nervenstromes an verschiedenen Theilen des Nervensystems.\nI. Vorbemerkungen.\nAuf die Wichtigkeit der Thatsachen, die im Laufe dieses Kapitels von uns aufgedeckt worden sind, brauche ich wohl nicht erst aufmerksam zu machen. Die Frage nach elektrischen Str\u00f6men in den Nerven im Augenblick der Innervation, an deren L\u00f6sung seit so langer Zeit von so vielen Seiten her so viele Bem\u00fchungen verschwendet worden sind, ist durch sie als bejaht zu betrachten, wenn auch nicht genau in dem Sinne, wie sie sonst wohl gestellt worden war. Man erwartete, dafs der ruhende Nerv die Magnetnadel in Ruhe lassen w\u00fcrde, hoffte aber diese abweichen zu sehen, wenn das sogenannte Nerven-princip in Th\u00e4tigkeit gesetzt w\u00fcrde. Es hat sich gefunden, was im Grunde auf Eins hinausl\u00e4uft, dafs im Gegentheil schon der ruhende Nerv unabl\u00e4ssig elektromotorisch th\u00e4tig ist, dafs im Augenblick der Innervation diese Th\u00e4tigkeit eine Ver\u00e4nderung erleidet. Und der Weg, dies zu finden, ist merkw\u00fcrdigerweise die Aufw\u00e4rtsverfolgung jenes l\u00e4ngst bekannten unscheinbaren Froschstromes gewesen, von dem ein kurzsichtiger Beobachter noch vor wenigen Jahren, als die hier mitge-theilten Beobachtungen im Wesentlichen mir schon l\u00e4ngst Vorlagen, mit dreister Zuversicht schrieb: \u00bbAlle diese Thatsachen haben daher ein \u00bbmehr physikalisches Interesse und sind nicht im Stande, Einflufs auf \u00bbdie Physiologie des Nervensystemes zu gewinnen\u00ab (S. oben Bd. I.","page":568},{"file":"p0569.txt","language":"de","ocr_de":"des Nervenstromes an verschiedenen Theilen des Nervensystems, g\u00df9\nS. 149. Anm.). Diese Behauptungen haben sich selbst gerichtet. Auf jene Thatsachen wird nun doch wohl k\u00fcnftig die allgemeine Physik der Nerven zu fufsen haben, wenn sie nach weiteren Fortschritten begehrt; und neben dem Mikroskope d\u00fcrfte nunmehr in derselben der Multiplicator sein Recht als ebenb\u00fcrtiges, als gleich unentbehrliches Werkzeug in Anspruch nehmen.\nDie folgende Untersuchung ist vielleicht geeignet, diese Vorhersage noch mehr begr\u00fcndet erscheinen zu lassen. Wir wenden uns nunmehr zu der Erforschung, wie sich die Bewegungserscheinungen des Nervenstromes an den verschiedenen, scheinbar mit verschiedenen Kr\u00e4ften begabten Theilen des Nervensystemes und beim Zusammenwirken mehrerer dieser Theile zu einem Ganzen gestalten. Welch eine Menge mehr oder weniger bedeutsamer Fragen dabei auftauchen, leuchtet dem Physiologen wohl von selbst ein; beklagen mufs ich nur, dafs ich bisher erst im Stande gewesen bin, dem kleinsten Theil davon meine Aufmerksamkeit zu widmen.\nWir haben bisher stets an gemischten Nerven unsere Versuche angestellt. Was den ruhenden Strom betrifft, so wissen wir bereits, dafs beide Arten von Fasern, die bewegenden sowohl als die empfindenden, ihn in ganz gleicher Art zeigen (S. oben S. 254. 255). Die Empfindungs- sowohl als die Bewegungswurzcln, der sogenannte Sehnerv, reine Haut- und Muskelnerven liefsen den Strom in allen St\u00fck-ken dem eines Ischiadicus entsprechend erkennen. Auch entging uns nicht die Bemerkung, dafs dies schon von vorn herein kaum anders sein k\u00f6nne. Das Gesetz des Muskel- und Nervenstromes l\u00e4fst f\u00fcglich keine Zerlegung dieser Str\u00f6me in zwei Componenten zu, welche in Bezug auf die L\u00e4ngenaxe der thierischen Erreger einen Gegensatz bildeten.\nJetzt gelangen wir, reicher um die Kenntnifs der Bewegungserscheinungen des Nervenstromes, an dieselbe Stelle zur\u00fcck. Von den gemischten Nerven steigen wir mit unserer Untersuchung aufw\u00e4rts zu den Wurzeln. Zwar hat uns der Versuch in den Bewegungserscheinungen des Stromes am Hirn- und am Muskelende eines \u00fcberall gleich dicken St\u00fcckes des Ischiadicus keinen Unterschied wahrnehmen lassen.1 Ein solcher Unterschied h\u00e4tte betrachtet werden k\u00f6nnen als hervorgebracht durch das verschiedene Verhalten der bewegenden und empfindenden Fasern im gemischten Nerven. Allein auch so bleibt es noch denkbar, dafs solch ein verschiedenes Verhalten bestehe. Es k\u00f6nnte z. B. sein, dafs die bewegenden Fasern, vom Hirn aus gerechnet, nur\n1 Hinsichtlich des Erfolges bei ungleicher Diebe der beiden Nervenenden, der keine hieher geh\u00f6rende Bedeutung hat, s, oben S. 370. 468. 543.","page":569},{"file":"p0570.txt","language":"de","ocr_de":"570 3. Abschn. Kap. VIL \u00a7. X. 2. Geschichtliche Kritik der Lehre\nunterhalb der Elektroden die negative Schwankung beim Tetanisiren erlitten, die empfindenden nur oberhalb. Allerdings ist wohl die Anzahl beider Fasern im Stamme eine verschiedene: dadurch w\u00fcrde an beiden Enden des Nervenst\u00fcckes eine verschiedene Gr\u00f6fse der negativen Schwankung bedingt sein. Bei der geringen Genauigkeit indefs, womit wir verm\u00f6gen diese Gr\u00f6fse zu beobachten, h\u00e4tte ein solcher Unterschied uns sehr leicht entgehen k\u00f6nnen.\nEhe wir nun an die Untersuchung der Wurzeln auf die Bewegungserscheinungen des Stromes gehen, ist noch folgendes voraufzuschicken, um den Standpunkt festzustellen, von welchem aus wir unsere etwaigen Ergebnisse zu beurtheilen haben werden.\n2. Uebersicht \u00fcber die fr\u00fcheren Bestrebungen, die Frage zu entscheiden nach der einsinnigen oder doppelsinnigen Leitungsf\u00e4higkeit der Nervenfasern f\u00fcr das sogenannte Nervenprincip.\nDie Frage, ob die Nervenfasern der einen oder der anderen Gattung nur nach einer, oder ob sie nach beiden Richtungen ihrer Axe zugleich f\u00e4hig seien, das sogenannte Nervenprincip zu leiten, ist eine der wichtigsten, zugleich aber auch der dunkelsten der neueren Ner-venphysik. Bevor Charles Bell gelehrt hatte, dafs die Bewegung und Empfindung in der thierischen Maschine an materiell verschiedene Tr\u00e4ger gebunden sind, konnte begreiflich von jener Frage nicht die Rede sein. Die M\u00f6glichkeit der nur einseitigen Leitungsf\u00e4higkeit der Nervenfasern blieb aufser Betracht, denn sie hatte, bei dem damaligen Stande der Kenntnisse, an und f\u00fcr sich keinen Sinn. Jetzt k\u00f6nnte es zwar auf den ersten Blick scheinen, als sei umgekehrt die einsinnige Leitung der beiden Fasergattungen schon hinreichend dargethan durch die urspr\u00fcngliche Wahrnehmung, dafs Reizung einer Bewegungswurzel keinen Schmerz, Reizung einer Empfindungswurzel keine Bewegung hervorbringt. Man sieht indessen bald, dafs diese Thatsache noch einer anderen Deutung f\u00e4hig ist. Der erste Versuch hat vielleicht deshalb diesen verneinenden Erfolg, weil der Endpunkt der r\u00fcckl\u00e4ufigen Str\u00f6mung in der bewegenden Faser, womit ich im Gegens\u00e4tze zur rechtl\u00e4ufigen, centrifugalen, die m\u00f6glicherweise in derselben stattfindende centripetale Str\u00f6mung bezeichnen will, zur Empfindung untauglich ist. Es ist klar, dafs der Endpunkt der r\u00fcckl\u00e4ufigen Str\u00f6mung empfindender Nerven vollends nicht den Bau besitzt, um mit Bewegung antworten zu k\u00f6nnen.1\n1 Yergl. Joh. M\u00fcller\u2019s Handbuch der Physiologie u. s. w. Bd. I. 3. Aull. Coblenz 1838. S. 731. 732.*","page":570},{"file":"p0571.txt","language":"de","ocr_de":"von der einsinnigen Leitungsf\u00e4higheit der Nervenfasern, 571\nUm zu jenem Schl\u00fcsse, auf einsinnige Leitung beider Fasergattungen, berechtigt zu sein, mufste man sich also zun\u00e4chst ein Pr\u00fcfungsmittel f\u00fcr das Dasein der r\u00fcckl\u00e4ufigen Str\u00f6mung in der einen und anderen k\u00fcnstlich verschaffen, und daran den Erfolg der obigen Versuche best\u00e4tigt finden. Bei den Bestrebungen, diese Aufgabe zu l\u00f6sen, sah man sich aber in einen sehr engen Kreis gebannt. Um zu beurtheilen, ob ein Nerv in Th\u00e4tigkeit oder in Ruhe sei, gab es bisher kein \u00e4ufser-lich sichtbares Merkmal. Die Th\u00e4tigkeit des Bewegungsnerven erkannte man eben an der Zuckung des Muskels, in den er sich verbreitet, die des Empfindungsnerven an den Schmerzen, deren das Thier sich bei seiner Reizung bewufst wird. Wie aber urtheilen \u00fcber Th\u00e4tigkeit und Ruhe des Bewegungsnerven oberhalb der gereizten Stelle, wo es am Muskel gebricht? des Empfindungsnerven unterhalb derselben Stelle, wo keine Sinnsubstanz? Auf zweierlei Weise haben die Physiologen diese Schwierigkeit zu besiegen versucht.\nDas eine Verfahren bestand darin, dafs man, nach Durchschneidung der Fasern der einen Gattung, ihre Verwachsung mit Fasern der anderen zu bewerkstelligen suchte. Die r\u00fcckl\u00e4ufige Str\u00f6mung einer Bewegungsfaser h\u00e4tte dann die rechtl\u00e4ufige Str\u00f6mung einer Empfindungsfaser anregen und Schmerzbezeugungen hervorrufen k\u00f6nnen; umgekehrt die r\u00fcckl\u00e4ufige Str\u00f6mung einer Empfindungsfaser Muskelbewegung durch Anregung der rechtl\u00e4ufigen Str\u00f6mung einer Bewegungsfaser.\nAls Schwann 1 die hinteren Wurzeln eines durchschnittenen und wieder zusammengeheilten Ischiadnerven am Frosche reizte, erfolgte keine Zuckung in den unterhalb der Narbe gelegenen Muskeln. Sie trat ein, als die vorderen Wurzeln gereizt wurden. Steinr\u00fcck11 hat diesen Versuch mit dem gleichen Erfolg wiederholt. Es lag nahe, denselben mit Jon. M\u00fcller1 * 3 in dem Sinne zu deuten, als finde m\u00f6glicherweise keine absteigende Leitung in den Empfindungsfasern statt. Bei diesem Versuche an einem einzigen gemischten Nervenstamme, an dem die Fasern der beiden Gattungen nicht zu verschiedenen B\u00fcndeln auseinander gehalten sind, konnte jedoch, bei dem Mangel an \u00e4ufseren Kennzeichen f\u00fcr die physiologische Natur der Fasern, aus der mikroskopischen Untersuchung der Narbe begreiflich keine Sicherheit in Betreff der wirklichen Verschmelzung verschiedenartiger Fasern hervorgehen.\nDiesem Umstand zu begegnen, schien der Weg geeignet, welchen\n1 Joh. M\u00fcller\u2019s Handbuch der Physiologie u. s. w. A. a. 0. S. 415.*\n\u2019 De Nervorum Regeneratione. Diss. inaug. etc. Berolini 1838. 4.\u00b0 p. 59. 66. Exp. 30.*\n3 Handbuch der Physiologie u. s. w. A. a. 0.","page":571},{"file":"p0572.txt","language":"de","ocr_de":"572 & dbschn, Kay, VII. \u00a7. X. 2. Geschichtliche Kritik der Lehre\nnunmehr Bidder 1 in einer Versuchsreihe an acht Hunden einschlug. Er bestand darin, zwei benachbarte Zungennerven, den Hypoglossus und Lingualis, von denen der erste als rein bewegend, der andere als rein empfindend angesehen werden darf, zu durchschneiden, das centrale Ende des einen Nerven mit dem peripherischen des anderen zur Heilung vorzurichten, und die beiden anderen Enden in m\u00f6glichst grofser Ausdehnung g\u00e4nzlich zu entfernen. Auch hier kehrte die Leitung durch die Narbe in beiderlei Richtung wieder. Allein die Untersuchung der Narbe zeigte, dafs, trotz jener Veranstaltung, die Nerven bei der Heilung stets mehr oder weniger ihre alten Verbindungen aufgesucht und wiedergefunden hatten. Es scheint demnach hier die Einrichtung zu bestehen, dafs, trotz allen dargebotenen Hindernissen, empfindende Fasern mit empfindenden, bewegende mit bewegenden zur Verwachsung streben und somit die erw\u00fcnschte Kreuzung beider Nerven nie zu Stande kommt.1 * 3 Um wie viel mehr durfte dasselbe f\u00fcr die einzelnen empfindenden und bewegenden Fasern des Ischiadnerven in Schwann\u2019s Versuche am Frosch der Fall gewesen sein. Dafs dabei auch die urspr\u00fcnglich einander entsprechenden einzelnen Bewegungs- und Empfindungsfasern wieder aufeinandertreffen, ist, nach G\u00fcnther und Sch\u00f6n\u2019s Bemerkung,3 welche jenes Ergebnifs bereits vorhergesehen hatten, mit Hinblick auf die T\u00e4uschungen des Gef\u00fchls in Gruithhisen\u2019s bekanntem Falle,4 wohl sehr unwahrscheinlich. Wie dem auch sei, diese Erfahrungen lehren, dafs auf diese Weise nichts gewonnen werden k\u00f6nne; es sei denn, dafs ein gl\u00fccklicher Zufall uns dereinst mit einer Ausnahme von der von Bidder hingestellten Regel beschenke.\nSehr sinnreich suchte sich auf einem anderen Wege Joh. M\u00fcller 5 das Organ f\u00fcr die r\u00fcckl\u00e4ufige Wirkung einer bewegenden Faser herzustellen, indem er durch Opiumvergiftung den centralen Endpunkt der-\n1 Muller\u2019s Archiv f\u00fcr Anatomie und Physiologie u. s. w. 1842. S. 102.*\n1 Bemerkt zu werden verdient, dafs nach Flourens\u2019 an V\u00f6geln angestelltcn Versuchen die Enden zweier durchschnittenen Nerven aus dem Plexus hrachialis, ja sogar diejenigen des Vagus und des f\u00fcnften Halsnerven sich sehr wohl \u00fcber\u2019s Kreuz verbinden. Annales des Sciences naturelles. Anc. Ser. 1828. t. XIII. p. 118.* \u2014 Heusinger\u2019s Zeitschrift f\u00fcr organische Physik. 1828. Bd. II. S. 322.* \u2014 Recherches expe\u2019rimentalcs sur les Propri\u00e9t\u00e9s et les Fonctions du Syst\u00e8me nerveux dans les Animaux vert\u00e9br\u00e9s. 2me \u00c9d. Paris 1842. p. 272.* Vergl. oben S. 226. Anm. 3. \u2014 Steinr\u00fcck hat dasselbe f\u00fcr Nerven aus dem Plexus ischiadicus des Kaninchens beobachtet. De Nervorum Regeneratione etc. p. 66.*\n3 M\u00fcller\u2019s Archiv u. s. w. 1840. S. 285.*\n* Franz von Paula Gruithuxsen\u2019s Beitr\u00e4ge zur Physiognosie und Eautognosie u. s. w. M\u00fcnchen 1812. S. 74.*\n5 Handbuch der Physiologie u. s. w. A. a. 0. S. 703,*","page":572},{"file":"p0573.txt","language":"de","ocr_de":"von der einsinnigen Leitungsf\u00e4higlceit der Nervenfasern. 573\nselben empf\u00e4nglicher daf\u00fcr zu machen bem\u00fcht war. Als er indefs an einem im Reflexstadium der Narkose befindlichen Frosche die hinteren Wurzeln der einen Seite durchschnitten und den Schenkelnerven hlosgelegt hatte, konnte er durch Abschneiden von St\u00fccken des Nerven mit der Scheere keine Reflexbewegung zu Stande bringen. Zuckungen am ganzen K\u00f6rper erschienen, wenn er den gleichen Reiz auf der anderen Seite anbrachte, wo die hinteren Wurzeln erhalten waren. Denselben Versuch stellte sp\u00e4ter auch Volkmann mit gleich nichtigem Erfolg an reizbaren Fr\u00f6schen an, die sich nach der Enthauptung im Reflexstadium befanden uud von der Haut aus gereizt wurden,1 * wodurch bekanntlich st\u00e4rkere Reflexbewegungen erhalten werden, als durch Reizung der St\u00e4mme selber.\u201c Ich habe den Versuch in beiden Gestalten wiederholt, auch demselben noch eine andere, dem Anschein nach vor-theilhaftere Form ertheilt, die wir sp\u00e4ter kennen lernen werden,3 dies alles jedoch vergeblich.\nAlso auch auf diesem Wege gelang es nicht, r\u00fcckl\u00e4ufige Str\u00f6mung in den Bewegungsfasern nachzuweisen. Einige andere Thatsachen, welche beim ersten Anblick f\u00fcr eine r\u00fcckl\u00e4ufige Wirkung in Empfindungsfasern zu sprechen scheinen, zeigen sich bei n\u00e4herer Betrachtung werthlos. Dahin geh\u00f6ren das bekannte den R\u00fccken in peripherischer Richtung und mit mefsbarer Geschwindigkeit \u00fcberrieselnde K\u00e4ltegef\u00fchl,4 5 die angeblich dem Verlaufe der Nerven nach schiefsenden Schmerzen bei Neuralgieen, * die Einwirkung des N. lacrymalis auf die Thr\u00e4nen-, des N. lingualis auf die Speichelabsonderung,6 der Einflufs des Trigeminus auf die Ern\u00e4hrung des Auges nach Herbert Mayo 7 und Ma-\n1 M\u00fcller\u2019s Archiv u. s. w. 1838. S. 23. 24.*\n*\ts- Volkmann ebendas. S. 25. vn ; * \u2014 in Rim. Wagner\u2019s Handw\u00f6rterbuch der Physiologie u. s. w. Bd. II. Braunschweig 1844. Artikel \u00bbNervenphysio-logie.* S. 528. 543. 544.' \u2014 Joh. M\u00f6ller in seinem Handbuch der Physiologie u. s. w. A. a. 0. S. 730.* \u2014 Longet, Anatomie et Physiologie du Syst\u00e8me nerveux etc. Paris 1842. t. I. p. 318.* \u2014 Bisch\u00f6fe in M\u00fcller\u2019s Archiv u. s. w. 1846. Bericht. S. 77.'\n*\tS. unten, No. 5.\n4\tJoh. M\u00f6ller, Handbuch der Physiologie u. s. w. A. a. 0. S. 734.*\n5\tMagendie, Le\u00e7ons sur les Fonctions et les Maladies du Syst\u00e8me nerveux etc. Paris 1839. t. IL p. 72.' \u2014 Henle, Allgemeine Anatomie u. s. w. Leipzig 1841. S. 716. Anm.' \u2014 Romberg, Lehrbuch der Nervenkrankheiten des Menschen. 2. Aufl, Berlin 1849. Bd. I. S. 34.'\nJoh. M\u00fcller, a. a. 0. S. 735.' \u2014 Volkmann, Artikel \u00bbNervcnphysiologie\u00ab. A. a. 0. S. 527. 562.'\nMagendie, Journal de Physiologie experimentale et pathologique. 1823. t. III. p. 356.*","page":573},{"file":"p0574.txt","language":"de","ocr_de":"574 3. Absclm. Kap, TIL \u00a7, X. 2. Geschichtliche Krittle der Lehre\ngendie, 1 endlich die F\u00e4higkeit des Vagus, den Sympathicus hei gewissen Thieren zu ersetzen.1 2 3 Die erste Wahrnehmung hat eine ganz andere Bedeutung. Sie beruht vielmehr auf einem seitlichen Fortr\u00fccken gewisser Erregungszust\u00e4nde von Faser zu Faser. Die Richtigkeit der zweiten ist sehr zweifelhaft, die Erscheinung, selbst wenn sie begr\u00fcndet w\u00e4re, gewifs ganz anders zu deuten. Die \u00fcbrigen haben ihren Grund in der Beimischung sympathischer F\u00e4den, wie dies insbesondere f\u00fcr den Einflufs des Trigeminus auf die Ern\u00e4hrung des Auges aus dem Umstand hervorgeht, dafs die Durchschneidung, je nach der H\u00f6he, in der sie ausgef\u00fchrt wird, verschieden schwere Folgen nach sich zieht.3\nDiesem mehr als d\u00fcrftigen Thatbestande gegen\u00fcber, war wohl das gerathenste, wie M\u00fcller that, die Frage einstweilen g\u00e4nzlich offen zu lassen. So wenig als die obigen Erfahrungen etwas f\u00fcr die doppelsinnige Leitung in beiden Fasergattungen aussagen, so wenig lassen sie sich als Beweise f\u00fcr die nur einsinnige Fortpflanzung benutzen. Es scheint aber vielmehr, als sei die Ansicht von der doppelsinnigen Leitung diejenige, von der man, als der nat\u00fcrlichsten, auszugehen habe, bis sie durch bestimmte Thatsachen unm\u00f6glich gemacht sei. Die Centralgebilde des Nervensystemes bieten uns des R\u00e4thselhaften so viel dar, sind unfehlbar Vorrichtungen so verwickelter Art, dafs man die Schwierigkeit ihrer Erkl\u00e4rung wohl nicht merklich steigert durch Hinzuf\u00fcgung der Annahme, die centralen Endpunkte der Bewegungsnerven seien unempfindlich f\u00fcr die etwaigen r\u00fcckl\u00e4ufigen Str\u00f6mungen in den Nerven. Will man sich aber denken, dafs die Nerven nur nach einer Richtung zur Leitung bef\u00e4higt sind, so b\u00fcrdet man, dem Gesagten zufolge offenbar ohne Noth, der unserem Verst\u00e4ndnifs bei weitem nicht so fern stehenden Physik der Nerven selber ein mechanisches Problem auf, dessen Schwierigkeiten \u00fcber den Gesichtskreis aller unserer jetzigen Vorstellungen von Verbreitung kleinster Bewegungsvorg\u00e4nge weit hinausliegen. Wie in aller Welt will man sich, ohne die k\u00fcnstlichsten Voraussetzungen endlos \u00fcbereinander zu h\u00e4ufen, ein Bild von der Einrichtung machen, verm\u00f6ge welcher die Innervation, wie der Aal in der Reuse, stets nur nach einer Richtung ihren Weg soll finden k\u00f6nnen? Will man sich nicht vielleicht die Primitivr\u00f6hren mit einer dichtgedr\u00e4ngten Reihe von Klappen, gleich\n1\tMagendie in seinem Journal de Physiologie experimentale et pathologique. 1824. t. IV. p. 176.* \u2014 Serres, ibid. 1825. t. V. p. 233.* \u2014 Longet, Anatomie et Physiologie du Systeme nerveux etc. Paris 1842. t. II. p. 161.*\n2\tJoh. M\u00fcller, Handbuch der Physiologie u. s. w. A. a. 0. S. 735.*\n* Magendie, Journal de Physiologie exp\u00e9rimentale et pathologique. 1824. t. IV. p. 302.* \u2014 Longet, Anatomie et Physiologie du Syst\u00e8me nerveux etc. Ibid, p. 163.*","page":574},{"file":"p0575.txt","language":"de","ocr_de":"von der einsinnigen Leitungsf\u00e4higJceit der Nervenfasern.\t575\ndenen der Venen, angef\u00fcllt vorstellen, in denen sich das unw\u00e4gbare Nervenfl\u00fcssige, wenn es gegen sie str\u00f6mt, f\u00e4ngt? oder mit einer Art von Spiegeln, die nach einer Richtung zur\u00fcckwerfen, nach der anderen hindurchlassen? oder kennt man bereits einen Stoff, der in dem einen Sinne getroffen wie federndes Elfenbein den Stofs fortpflanzt, in dem anderen ihn wie stumpfes Blei l\u00e4hmt? Diejenigen, die sich, wie Henle, die Fortpflanzung des Nervenagens unter dem Bilde von Schwingungen* vorstellen, und doch die einsinnige Leitungsf\u00e4higkeit verfechten, diese m\u00f6gen sich vielleicht denken, dafs in den Bewegungsnerven die Dichtigkeit des schwingenden Mittels nach dem Ursprung, in den Empfindungsnerven nach der Ausbreitung hin mit grofser Geschwindigkeit wachse, so dafs centripetale Schwingungen in den ersteren, centrifugale in den letzteren bald erl\u00f6schen m\u00fcfsten, \u00e4hnlich wie der Schall sich in der Atmosph\u00e4re leichter von unten nach oben, als von oben nach unten fortpflanzt!\nSollte also hier einmal eine Meinung ausgesprochen werden, so kann ich, obschon sie weit entfernt waren, von diesem Kreis von Betrachtungen auszugehen, doch nicht umhin, die Wahl derjenigen gutzu-heifsen, welche, wie der ungenannte Beurthciler des BEix\u2019schen Gesetzes im Archiv f\u00fcr \u25a0physiologische Heilkunde,a wie G. H. Meyer,3 J. W. Arnold,4 Widenmann,5 sich der Ansicht von der doppelsinnigen Leitung in den Nerven anschlossen. Aber um so mehr Ber\u00fccksichtigung verdient es auch, wenn unter diesen Umst\u00e4nden zwei der ersten Namen in diesem Gebiete, wie IIenle\u2019s und Volkmann\u2019s, in der entgegengesetzten Wagschale gefunden werden. In verdoppeltem Mafse ist dies der Fall, wenn dabei, wie dies f\u00fcr Volkmann cintrifft, die physikalische Unstatthaftigkeit der vorgezogenen Vorstellungsweise wohl empfunden wird, und man sich ihrer auf Grund gewisser Erfahrungen doch nicht zu entschlagen wagt.\nJIenle bemerkt zu Mlller\u2019s Versuch, dafs derselbe um so dringender f\u00fcr die einseitige Leitung der bewegenden Fasern zu sprechen scheine, als \u00bbnach der Narkotisation die Bewegungsnerven, die durch \u00bbden Willen vom centralen Ende aus gereizt werden, die benachbarten\n1 Allgemeine Anatomie u. s. w. Leipzig 1841. S. 716.*\n*\tRoser und Wunderlich , Archiv ftir physiologische Heilkunde. '1842. S. 295.* Versuch einer kritischen Beleuchtung der Lex Belliana u. s. w.\n*\tUntersuchungen \u00fcber die Physiologie der Nervenfaser. T\u00fcbingen 1843. S. 47-53. 166. 167.*\n4\tUeber die Verrichtung der Wurzeln der R\u00fcckenmarksnerven u. s. vv. Heidelberg 1844. S. 115.*\n5\tSchmidt\u2019s Jahrb\u00fccher der in- und ausl\u00e4ndischen gesammten Medicin. 1845. Bd. XLVII. S. 16.*","page":575},{"file":"p0576.txt","language":"de","ocr_de":"576 & Ab sehn. Kap. VII. \u00a7. X. 2. Geschichtliche Kritik der Lehre\n\u00bbFasern allerdings zur Mitwirkung bestimmen, so dafs Mitbewegungen \u00bbleichter erfolgen.\u00ab 1 Sodann f\u00fchrt Henle Erfahrungen an von J. van Deen und K\u00fcrschner, um daraus den Schlufs zu ziehen, dafs auch die Empfindungsfasern nur einsinnig zu leiten verm\u00f6gen.\nVan Deen\u2019s Versuche, welche urspr\u00fcnglich behufs der Pr\u00fcfung der hinteren R\u00fcckenmarksstr\u00e4nge auf die Gegenwart von Bewegungsfasern angestellt wurden, lauten in Stilling\u2019s Uebersetzung2 folgender-mafsen: \u00bbDurchschneidet man\u00ab \u2014 am Frosch \u2014 \u00bbdie Wirbels\u00e4ule und \u00bbdas R\u00fcckenmark in der Gegend des 2ten oder 3ten Wirbels, und \u00bbnimmt einen Wirbel um das R\u00fcckenmark herum weg, weil dieses sich \u00bbnach dem Durchschnitt immer etwas zur\u00fcckzieht; bringt alsdann eine \u00bbSchweinsborste oder eine feine Nadel vorsichtig in den canalis medullae \u00bbspinalis ein, und f\u00fchrt man nun die Spitze derselben zu den hinteren \u00bboder vorderen Str\u00e4ngen\u00ab ... (A. a. 0. S. 12.\u00b0 Versuch VI)... \u00bbsobringt \u00bbReizung der Hinterstr\u00e4nge ... nicht die mindeste Bewegung hervor, \u00bbReizung der Vorderstr\u00e4nge ... aber erzeugt starke Bewegungen\u00ab ... 3 \u00bbF\u00fchrt man vorsichtig eine Borste oder feine Nadel in den Wirbel-\u00bbkanal, der, wie im\u00ab (vorigen) \u00bbVersuch ... durchgeschnitten ist, \u00bbzwischen die vordere R\u00fcckenmarksfl\u00e4che und hintere Fl\u00e4che der Wir-\u00bb beik\u00f6rper, und bewegt man die Borste oder Nadel hier sanft hin und \u00bbher, so bemerkt man sogleich Vibrationen der Muskeln;' f\u00fchrt man \u00bbaber die Nadel zwischen die hintere Fl\u00e4che des R\u00fcckenmarks und \u00bbdie vordere der Wirbelbogen, so entsteht, wenn man leise Bewe-\u00bbgungen mit dem Instrumente macht, keine Muskelzuckung.\u00ab (A. a. 0. \u00bbVersuch VII).\nDie Versuche von K\u00fcrschner, auf die Henle sich ferner bezieht, bezweckten gleichfalls, die rein empfindenden Eigenschaften der hinteren Str\u00e4nge nachzuweisen. K\u00fcrschner ging dabei von der entschiedenen\n1 Allgemeine Anatomie u. s. w. S. 715.*\n* Van Deen\u2019s Versuche stehen: Tijdschrift voor naturlijke Geschiedciiis en Physiologie. Uitgegeven door van der Hoeven en de Vriese. Leiden 1838. D. V. St III. Bl. 151.* \u2014 Traite's et De'couvertes sur la Physiologie de la Moelle \u00e9pini\u00e8re etc. Traduits du Hollandais, augment\u00e9s de nouvelles Recherches qui n\u2019ont pas \u00e9t\u00e9 publi\u00e9es et d\u2019une Planche lithographi\u00e9e. Leide 1841. \u2014 Einen Auszug daraus von Henle s. in Schmidt\u2019s Jahrb\u00fcchern der in- und ausl\u00e4ndischen gc-samnlten Medicin. 1839. Bd. XXIII. 278. 279.* \u2014 Stilling hat zu van Deen\u2019s Versuchen einen fortlaufenden experimentellen Commentar geliefert in seinen: Entersuchungen \u00fcber die Functionen des R\u00fcckenmarks und der Nerven. Leipzig 1842.* Dabei theilt er meist den vollst\u00e4ndigen Text van Deen\u2019s nach der Franz\u00f6sischen Ausgabe \u00fcbersetzt mit.\na A. a. 0. S. 9.\u2019 Versuch ii. Ich entnehme hier den Nachsatz der Beschreibung des 2. Versuches, indem das Ergebnifs beim 6. eben nur als \u00fcbereinstimmend mit dem des 2., 3., 4. und 5. bezeichnet wird.","page":576},{"file":"p0577.txt","language":"de","ocr_de":"von der einsinnigen Leitungsf\u00e4Mgleit der Nervenfasern. 577\nVoraussetzung aus, dafs Empfindungsfasern keiner centrifugalen Leitung f\u00e4hig seien, und gr\u00fcndete darauf die M\u00f6glichkeit, die hinteren Str\u00e4nge unter gewissen Umst\u00e4nden zu reizen, ohne Reflexbewegungen zu erzeugen, welche sonst auf Ber\u00fchrung derselben, gleichviel an welcher Stelle, an allen vier Extremit\u00e4ten erscheinen. Es gelang ihm auch demgem\u00e4fs, an einem in der Schultergegend enthaupteten Frosche eine Nadel 1 '/, und mehr in einen Seitenstrang etwas \u00fcber dem R\u00fcckenmarkskanale einzusenken, ohne dafs Bewegung erfolgte, w\u00e4hrend dieselbe noch von allen Extremit\u00e4ten aus m\u00f6glich war. Bei anderen Fr\u00f6schen f\u00fchrte er mit gleichem Erfolg die Spitze eines sehr scharfen Staarmessers in den R\u00fcckenmarkskanal, und machte in der Mittellinie und zur Seite Einschnitte in die hinteren Str\u00e4nge. Dasselbe gl\u00fcckte an Eidechsen und Kaninchen. Bei jungen Kaninchen konnte er starke Nadeln einen Zoll weit in die hinteren Str\u00e4nge einsenken, ohne Zuckung zu erhalten. Heifsgemaclite Nadeln, ein fein zugespitztes St\u00fcck H\u00f6llenstein und der Galvanismus hatten in ihrer Anwendung keinen anderen Erfolg. Es versteht sich dabei von selbst, dafs in allen diesen Versuchen die leiseste Reizung der vorderen Str\u00e4nge mit Zuckungen beantwortet wurde.1\nHenle sagt von diesen Versuchen van Deen\u2019s und K\u00fcrschneh\u2019s : \u00bbDagegen scheint mir die einseitige centripetale Leitung der EmpGndungs-\u00bbnerven unwiderleglich dadurch bewiesen, dafs bei reizbaren Thieren \u00bbnach der Enthauptung keine Reflexbewegungen entstehen, wenn die \u00bbhinteren Str\u00e4nge des R\u00fcckenmarkes, an der Durchschnittsstelle selbst \u00bbgereizt werden.\u00ab2 Hier soll also wieder das R\u00fcckenmark im Reflexstadium die Rolle als Pr\u00fcfungsmittel f\u00fcr die r\u00fcckl\u00e4ufige Str\u00f6mung der Empfindungsfasern \u00fcbernehmen. Der Analogie nach w\u00fcrde nat\u00fcrlich dann auch den Bewegungsfasern doppelsinnige Leitung abgesprochen werden m\u00fcssen.\nIndessen kann ich Henle\u2019s Urtheil nicht unbedingt beipflichten. Gerade der Umstand, den K\u00fcrschner anf\u00fchrt, dafs er die Nadel anderthalb Linien bis einen Zoll tief einf\u00fchren konnte, ohne Reflexbewegungen zu erhalten, ist geeignet, Henle\u2019s Folgerung daraus schwanken zu machen. Volkmann hat gezeigt, \u00bbdafs L\u00e4ngentheilung des R\u00fcckenmarkes \u00bb die Ausdehnung der Reflexbewegungen \u00fcber alle Muskeln beider K\u00f6r-\u00bb perh\u00e4lften nicht hindere, so lange nur irgend ein Theil des eigent-\n1\tM\u00fcller\u2019s Archiv u. s. w. 1841. S. 120 \u2014 122.* \u2014 Eine Best\u00e4tigung dieser Versuche s. bei Volkmann, Artikel \u00bbNervenphysiologie\u00bb. A. a. 0. S. 552.*\n2\tAllgemeine Anatomie u. s. w, S. 715.*\nII.\n37","page":577},{"file":"p0578.txt","language":"de","ocr_de":"578 3. Abschn. Kap. VII. \u00a7. X. 2. Geschichtliche Krittle der Lehre\n\u00bbliehen R\u00fcckenmarkes in der Mittellinie verbunden bleibt.\u00ab 1 Es ist nicht denkbar, dafs durch das eine Einsenken der Nadel beide Hinterstr\u00e4nge in ihrer ganzen Dicke, von der Stelle, wo sich gerade die Spitze befand, bis zur Durchschnittsfl\u00e4che, im Augenblick des Einstiches zur Erzeugung von Reflexbewegungen untauglich geworden sein sollten. Es entsteht also die Frage, warum bewirkte die anderthalb Linien tief eingesenkte Spitze nicht aufw\u00e4rts Empfindungsstr\u00f6mung in den hinteren Str\u00e4ngen und diese wieder abw\u00e4rts Reflexbewegung in den vorderen?\nDiese Bemerkung allein scheint mir hinreichend, um K\u00fcrschner\u2019s und Henle\u2019s Ansicht zu entkr\u00e4ften. Es l\u00e4fst sich jedoch noch mehr dagegen anf\u00fchren. Zuv\u00f6rderst, dafs Stilling sich gegen die v\u00f6llige Gleichm\u00e4fsigkeit und Zuverl\u00e4ssigkeit des fraglichen Ergebnisses erhebt. Van Deen hat einen Versuch (den f\u00fcnften, a. a. O. S. 11.*), bei welchem er die Vorderstr\u00e4nge von vorn nach hinten bis zum R\u00fcckenmarkskanal ohne Verletzung der Hinterstr\u00e4nge durchschneidet, eine d\u00fcnne Schweinsborste in die Wunde bringt und sie, nachdem sie in den Kanal oder in die graue Substanz eingeschoben ist, vorsichtig gegen die Hinterstr\u00e4nge und die Vorderstr\u00e4nge bewegt. Nur die letzte Art der Reizung zieht Bewegungen nach sich. Diesen Versuch \u00e4ndert Stilling folgendermafsen ab: \u00bbMan kann sich dieses Experiment er-\u00bbleichtern, indem man einen Frosch zwischen den lsten und 2ten \u00bbWirbel k\u00f6pft. Alsdann kann man mit der Spitze einer Schweins-\u00bbborste Hinter- und Vorderstr\u00e4nge auf der Durchschnittsfl\u00e4che, und \u00bbvon dieser aus, isolirt reizen. \u2014 Ber\u00fchrt man nun vorsichtig die \u00bbDurchschnittsfl\u00e4che an den verschiedensten Punkten, so entsteht oft \u00bbgar keine Bewegung hiernach. \u2014 F\u00fchrt man die Borste nur eine \u00bbLinie tief in den canalis medullae spinalis ein, so entstehen fast stets \u00bbBewegungen, auch wenn man die Borstenspitze g\u00e4nzlich den hinteren \u00bbStr\u00e4ngen zuwendet. \u2014 Aber wendet man sie den Vorderstr\u00e4ngen zu, \u00bbso sind die Bewegungen st\u00e4rker.\u00ab (A. a. 0.) Zu van Deen\u2019s oben S. 576 angef\u00fchrtem sechsten Versuch sagt Stilling: \u00bbWiederholt . . . \u00bbm\u00fcssen wir bemerken, dafs die Resultate nicht so stringent sind, wie \u00bbvan Deen sie angiebt; namentlich entstehen Bewegungen durch blofse \u00bbEinf\u00fchrung des Haares in den canalis medullae spinalis, ohne dafs \u00bbman dessen Spitze gegen Hinter- oder Vorderstr\u00e4nge wendet\u00ab \u2014 und zum Versuch VII: \u00bbBei Wiederholung dieses Experimentes finden wir, \u00bbdafs eine Schweinsborste mit Vorsicht zwischen dem R\u00fcckenmark\n1 M\u00fcller\u2019s Archiv u. s. \\v.\t1838. S. 21;* \u2014 Artikel \u00bbNervenphysiologie. \u00ab\nA. a. 0. S. 554.* \u2014 Von dem eigentlichen R\u00fcckenmarke ist hier nur die hinter dem Urspr\u00fcnge der zehn ersten R\u00fcckenmarksnerven gelegene \u00bbPars caudalis\u00ab ausgeschlossen.","page":578},{"file":"p0579.txt","language":"de","ocr_de":"von der einsinnigen Leitungsf\u00e4hiijlceit der Nervenfasern. 579\n\u00bbund den Wirbeln mehr als einen halben Zoll tief \u00fcber den hinteren, \u00bbwie unter den vorderen Str\u00e4ngen eingef\u00fchrt werden kann, ohne \u00bbdafs die mindeste Bewegung dadurch veranlafst wird. \u2014 Reizt man \u00bbaber, so entstehen in beiden F\u00e4llen Bewegungen; nur st\u00e4rkere, wenn \u00bbman zwischen Vorderstr\u00e4ngen und Wirbelk\u00f6rpern reizt.\u00ab (A. a. 0. S. 12. 13.')\nMan sieht folglich, wie es mit diesen Erfahrungen steht. Gesetzt aber, und es giebt, wie ich mich selber davon \u00fcberzeugt habe, F\u00e4lle, wo dem wirklich so ist, gesetzt, von der peripherischen Durchschnittsfl\u00e4che auf die hinteren Str\u00e4nge ausge\u00fcbte Reize blieben ohne darauf folgende Reflexbewegungen, so ist doch klar, dafs der von Henle und K\u00fcrschner darauf gegr\u00fcndete Schlufs nur dann Geltung haben kann, wenn bei Reizung der centralen Durchschnittsfl\u00e4che der hinteren Str\u00e4nge an dem vorderen K\u00f6rpertheile eines hinter dem Abg\u00e4nge der Armnerven mitten durchschnittenen Frosches stets und unter allen Umst\u00e4nden Reflexbewegungen entstehen. Denn hier f\u00e4llt das Hindernifs der r\u00fcckl\u00e4ufigen Str\u00f6mung in den Empfindungsfasern fort; die Reizung verbreitet sich aufw\u00e4rts, als ob sie an der Peripherie selber stattgefunden h\u00e4tte.\nMan h\u00f6re indefs van Deen\u2019s achten Versuch: \u00bbK\u00f6pft man einen \u00bbFrosch zwischen dem 2ten oder 3ten Wirbel, nimmt die Eingeweide \u00bbfort, pr\u00e4parirt vorsichtig die Wirbels\u00e4ule um das R\u00fcckenmark herum \u00bbam vorderen oder hinteren K\u00f6rpertheile weg, und reizt sanft \u00bbdie Hinterstr\u00e4nge, so wird dies keinen Druck auf die Vorderstr\u00e4nge \u00bbbewirken, (da sie frei liegen und also ausweichen k\u00f6nnen) und es \u00bbwird keine Muskelbewegung entstehen; diese aber wird eintreten, \u00bbwenn man sanft die Vorderstr\u00e4nge reizt.\u00ab (A. a. 0. 13.')\nVan Deen empfiehlt zwar zugleich, die Reizung sehr sanft vorzunehmen, widrigenfalls Reflexbewegung entstehe, und Stilling bemerkt hiezu: \u00bbAuch die Wiederholung dieses Experiments ergab uns keines-\u00bbwegs stringente Resultate. Es entstanden Bewegungen, die Hinter-\u00bb str\u00e4nge oder Vorderstr\u00e4nge mochten gereizt werden; nur waren sie \u00bbst\u00e4rker bei Reizung der letzteren. ... Es ist zu bedenken, dafs eine \u00bbBer\u00fchrung der Hinterstr\u00e4nge stets Reflexbewegungen erregen mufs, \u00bbwenn sie nicht zu leise war, sondern wirklich als Reiz bestand; \u2014 \u00bbwar sie das letztere nicht, so ist es eben so gut, als sei gar kein \u00bbVersuch gemacht worden.\u00ab (A. a. 0. S. 13. 14'). Allein ich habe den Versuch h\u00e4ufig in der Weise angestellt, dafs ich einen Frosch k\u00f6pfte, dann hinter den oberen Extremit\u00e4ten durchschnitt, und nachdem ich mich durch Reizung der Haut der Arme von der F\u00e4higkeit des noch vorhandenen St\u00fcckes R\u00fcckenmark, Reflexbewegungen zu vermitteln, \u00fcberzeugt halte, die centrale Durchschnittsfl\u00e4che der hinteren Str\u00e4nge\n37 '","page":579},{"file":"p0580.txt","language":"de","ocr_de":"580 3. Abschn. Kap. VII. \u00a7. X. 2. Geschichtliche Kritik der Lehre\nmittelst einer \u00e4ufserst fein zugespitzten Staarnadel reizte. Es entstanden durchaus nicht \u00f6fter Bewegungen, als bei Reizung der peripherischen Durchschnittsfl\u00e4che. Nicht selten konnte ich die Nadel mehrere Millimeter tief einsenken, ohne Zuckungen hervorzurufen.\nAuf diese Weise b\u00fcfsen die Versuche van Deen\u2019s und K\u00fcrsch-ner\u2019s ihren Werth f\u00fcr die vorliegende Frage augenscheinlich ein. Von beiden Durchschnittsfl\u00e4chen der hinteren Str\u00e4nge aus entstehen meistens keine Reflexbewegungen; beim Einsenken der Nadel aber nicht h\u00e4ufiger von der centralen als von der peripherischen aus. Sicherer erfolgt Reflexbewegung vielleicht von der \u00e4ufseren unverletzten Oberfl\u00e4che der hinteren Str\u00e4nge aus. Indessen ist es wieder sehwerer, hier Zerrung und Druck der vorderen Wurzeln und Str\u00e4nge und der hinteren Wurzeln v\u00f6llig zu vermeiden. M\u00f6glicherweise giebt Volkmann\u2019s oben S. 573 bereits angef\u00fchrte Bemerkung, dafs die Empfindungsnerven um so geeigneter zur Erregung von Reflexbewegungen werden, je mehr sie sich peripherisch ausgebreitet haben, einen Fingerzeig in Betreif der Ursache, welche h\u00e4ufig die centralen, denselben entsprechenden Gebilde in Aus\u00fcbung dieser Th\u00e4tigkeit so tr\u00e4ge erscheinen l\u00e4fst. Die gr\u00f6fsere Erregbarkeit von der unverletzten Oberfl\u00e4che aus w\u00fcrde alsdann vielleicht zu bringen sein auf Rechnung daselbst vorhandener, im Grunde peripherischer Endigungen (Vergl. unten S. 584. 585).\nIch zweifle nicht, dafs IIenle selber hienach zugeben wird, dafs sein Schlufs auf einsinnige Leitungsf\u00e4higkeit der Empfindungsfasern, aus den dargelegten Erfahrungen van Deen\u2019s und K\u00fcrschner\u2019s, nicht hinl\u00e4nglich gerechtfertigt erscheint. Nicht bindender d\u00e4ucht mir der Umstand, den Volkmann f\u00fcr die einsinnige Leitung derselben Fasern anf\u00fchrt. Dieser fand sich durch theoretische Betrachtung augenscheinlich zur Lehre von der doppelsinnigen Leitung getrieben. Er sah n\u00e4mlich, wie bereits oben S. 575 angedeutet wurde, sehr wohl ein, dafs die einsinnige Leitung im Grunde mit der physikalischen Anschauung im Widerspruch stehe.1 Allein folgende Betrachtung scheint eine noch gr\u00f6fsere Macht \u00fcber ihn gehabt zu haben: \u00bbDie anatomische Untersuchung lehrt, \u00bbdafs Zweige des sensiblen trigeminus bis in die Augenmuskeln ein-\u00bb dringen, und das physiologische Experiment beweist, dafs \u00bb \u2014 galvanische \u2014 \u00bbReizung dieser Zweige ohne motorischen Effect bleibt. \u00bbDiese Erfahrung\u00ab \u2014 sagt Volkmann \u2014 \u00bbist f\u00fcr die vorliegende \u00bbFrage nahebei entscheidend ...\u00ab 2\nDie Verbreitung des N. lingualis im Zungenlleische giebt ein an-\n1 Artikel \u00bbNervenphysiologie\u00ab, A. a. 0. S. 527. 564.*\n1 A. a. 0. S. 562. 563.\u2019","page":580},{"file":"p0581.txt","language":"de","ocr_de":"von der einsinnigen Leitungsf\u00e4higlceit der Nervenfasern. \u00dfgj\nderes Beispiel desselben Verhaltens ab, auf welches auch schon Joh. M\u00fcller in demselben Sinne aufmerksam gemacht hat.1 * Mir scheint durch diesen Umstand jedoch noch nichts bewiesen zu sein, denn cs liegen zwei Deutungen nahe. Erstens kommt es, bei der Erregung der Muskeln, unstreitig auf die letzten Nervenendigungen an. Ein St\u00fcck Nerv, welches man auf einen Muskel oder in eine Muskelwunde bettet, bringt, wovon ich mich ausdr\u00fccklich und in vielen Versuchen \u00fcberzeugt habe, auch bei der heftigsten Reizung, niemals Zusammenziehen hervor, gleichviel welche Lage man ihm im Verh\u00e4ltnifs zu den Muskelb\u00fcndeln anweise. Nun ist es aber unerwiesen sowohl als im h\u00f6chsten Grade unwahrscheinlich, dafs die Empfindungsfasern, welche sich in Muskeln ausbreiten, daselbst auf dieselbe besondere Art endigen sollten, die man gerade auf Grund der Erfolglosigkeit jener Versuche f\u00fcr die Bewegungsnerven voraussetzen mufs. Der Lingualis hat seine letzte Ausbreitung wahrscheinlich doch gr\u00f6fstentheils in der Zungenschleimhaut. Von den Zweigen des Trigeminus, die zu den Augenmuskeln gehen, behaupten die beiden Arnold sogar, dafs sie die Muskeln nur durchsetzen.\u2019 Selbst aber wenn die Verbreitung der Empfindungsfasern in einem Muskel mit der der Bewegungsfasern genau \u00fcbereinstimmte, bliebe immer noch die Wendung \u00fcbrig, dafs ja der Empfindung vermittelnde Vorgang, obschon doppelsinniger Leitung f\u00e4hig, ein anderer sein k\u00f6nne, als der Bewegung vermittelnde und deshalb unverm\u00f6gend, Zuckung zu bewirken.\nEinige andere Erfahrungen und Betrachtungen, welche in der vorliegenden Frage von Belang sind, setzen die schlingenf\u00f6rmige Endigung der Empfindungsfasern an der Peripherie voraus. Hinsichtlich dieses Punktes ist folgendes voraufzuschicken.\nVolkmann hat das Verdienst, zu einer Zeit, wo Physiologen wie Morphologen sich ganz allgemein bei der Lehre von den Endschlingen beruhigt hatten, vom physiologischen Standpunkt aus zuerst kr\u00e4ftige Einsprache dawider erhoben zu haben. \u00bbIn der Nervenphysik sind die \u00bbSchlingen nicht nur etwas R\u00e4thselhaftes, sondern etwas Unbrauchbares, \u00bbund man m\u00f6chte sagen Absurdes.\u00ab 3 Namentlich gilt dies f\u00fcr die Bewegungsfasern. \u00bbBetrachten wir zun\u00e4chst die motorischen Fasern, so \u00bbwird am Ende jeder Schlinge ein Punkt liegen, bis zu welchem die \u00bb centrifugale Leitung fortginge. Sollen nun die zu den Muskeln eilen-\n1 Handbuch der Physiologie u. s. \\v. Bd. I. 3. Aufl. Coblenz 1838. S. 661.\n732.*\n3 Fr. Arnold, Lehrbuch der Physiologie des Menschen. Bd. II. Ablh. II. Z\u00fcrich 1841. S. 792. \u00a7. 758.* \u2014 Vergl. J. W. Arnold , lieber die Verrichtung der Wurzeln der R\u00fcckenmarksnerven. Heidelberg 1844. S. 20.*\n3 Artikel \u00bbNcrvenphysiologie.* A. a. 0. S. 563.*","page":581},{"file":"p0582.txt","language":"de","ocr_de":"582 3. Ab sehn, Kap. VII. \u00a7\u25a0 X. 2. Geschichtliche Kritik der Lehre\n\u00bbden Nervengeister hier mit den K\u00f6pfen aneinander rennen?\u00ab 1 * Unbrauchbar und absurd sind allein f\u00fcr Pr\u00e9vost und Dumas\u2019 aus der Luft gegriffene Theorie der Muskelzusammenziehung die Schlingen nicht gewesen (S. oben S. 224). Diese brauchten im Muskel ein System gleichlaufender geschlossener Leiter, geeignet elektrische Str\u00f6me zu f\u00fchren. Sie fanden, bei unvollkommener Untersuchung, etwas dem \u00e4ufseren Anschein nach ihren W\u00fcnschen entsprechendes, und so trat die Lehre von den Endschlingen in\u2019s Leben, von der man bei der Zweideutigkeit des anatomischen Thatbestandes, der ihr zu Grunde liegt, und ihrer physiologischen Untauglichkeit, dreist behaupten kann, dafs sie, ohne jenes besondere theoretische Bed\u00fcrfnifs des ber\u00fchmten Franz\u00f6sischen Forscherpaares, nie auf die Tagesordnung gekommen w\u00e4re. So jedoch ward ihr reichliche Unterst\u00fctzung zu Theil. L\u00e4ngst nachdem wohl kein Mensch mehr in der Pr\u00e9vost und DuMAs\u2019schen Theorie etwas anderes sah, als ein zierliches aber v\u00f6llig nichtiges Gedankenspiel, blieb man gelassen bei den Endschlingen stehen, unbek\u00fcmmert, ob sie noch einen erdenkbaren Sinn b\u00f6ten oder nicht. Man suchte Schlingen zu sehen, statt ferner nach freien Endigungen zu suchen, und vergafs, dafs der Anschein jener m\u00f6glicherweise diese nicht ausschl\u00f6sse. Geeignet, die Lehre von den Endschlingen in den Muskeln vom morphologischen Standpunkt aus zu ersch\u00fcttern, waren doch schon einige \u00e4ltere Beobachtungen von Schwann3 und einige neuere von Joh. M\u00fcller und Br\u00fccke.3 Jetzt ist diese Lehre, nach den umgestaltenden Entdeckungen von Rud. Wagner,4 als entschieden gefallen zu betrach-\n1 Artikel \u00bbNervenphysiologie.* A. a. 0. S. 564.\u2019\n* Joh. M\u00fciaer\u2019s Handbuch der Physiologie u. s. w. Bd. II. Abthl. I. Coblenz 1837. S. 54.\u2019\n3\tEbendas. Bd. I. 4. Auflage. Coblenz 1844. S. 524.\u2019\n4\tNachrichten von der GEORG-AuGtisx\u2019s-Universit\u00e4t und der K\u00f6nigl. Gesellschaft\nder Wissenschaften zu G\u00f6ttingen. 16. Februar 1847. No. 2. S. 17.* \u2014 26. April. No. 5. S. 81.\u2019 \u2014 Annales des Sciences naturelles. 3. Se'rie. Mars 1847. t. VII. Zoologie, p. 184;* \u2014 Froriep\u2019s Notizen u. s. w. 3. Reihe. No. 53. [Bd. III. No. 9]. Juli 1847. S. 169.* \u2014 Comptes rendus etc. 5 Mai 1847. t. XXIV. p. 795;* \u2014 10 Mai 1847. p. 856.;* \u2014 L\u2019Institut. 1847. t. XV. No. 696 \u2014 697. p. 154;* \u2014 No. 698. p. 163;* \u2014 No. 702. p. 199;* \u2014 No. 706. p. 230;\u2019 \u2014 Archives des Sciences physiques et naturelles, t. V. p. 193.* \u2014 Neue Untersuchungen \u00fcber den Bau und die Endigung der Nerven und die Structur der Ganglien. Leipzig 1847. 4\u00b0.\u2019 \u2014 Ueber den feineren Bau des elektrischen Orgaues im Zitterrochen. Aus dem 3. Bde. der Abhandlungen der K\u00f6nigl. Gesellschaft der Wissenschaften zu G\u00f6ttingen. Gottingen 1847.\t4\".* \u2014 Artikel: \u00bbSympathischer\nNerv, Ganglienstructur und Nervenendigungen\u00ab in Rod. Wagner\u2019s Handw\u00f6rterbuch der Physiologie mit R\u00fccksicht auf physiologische Pathologie. Bd. III. Abth. I. Braunschweig 1847. S. 381 ff.\u2019","page":582},{"file":"p0583.txt","language":"de","ocr_de":"von der einsinnigen Leitungsf\u00e4lligkeit der Nervenfasern. 583\nten, und es bedarf nicht erst noch der auf dem Boden der physiologischen Betrachtung erwachsenen Gr\u00fcnde, um ihrem unberechtigten Dasein das verdiente Ende zu bereiten.\nWas die Empfindungsfasern betrifft, so hat es vor der Hand noch den Anschein, als ob f\u00fcr sie die Endschlingcn aus der erneuerten Pr\u00fcfung, der sie jetzt unterworfen werden, siegreich hervorgehen wollten.1 Die VATEn\u2019schen K\u00f6rper geben zwar abermals ein Beispiel einer freien Endigung von Primitivr\u00f6hren in den Geweben ab, jedoch ist nicht glaublich, dafs dies gerade Empfindungsfasern seien. Es scheint vielmehr, dafs dieselben zum sympathischen System geh\u00f6ren.\u2019 Auf alle F\u00e4lle sind die Vater'scIimi K\u00f6rper eine Bildung von so wenig ausgedehnter Verbreitung, dafs, auch abgesehen von den Sinnesorganen, die Endigungsweise der ungeheuren Mehrzahl der Empfindungsfasern noch immer im Dunkel bleiben w\u00fcrde. Erinnert man sich aber, mit welcher Bestimmtheit fr\u00fcher die Schlingen in den Muskeln und dem elektromotorischen Organ der Zitterfische aufgestellt wurden, wo es nun am letzten Ende doch mit denselben nichts ist, bedenkt man namentlich, wie schon vorhin erw\u00e4hnt wurde, dafs eine ganz verschiedene Endigungsweise der Nerven den Anschein der Schlingenbildung nicht ausschliefst, so mufs man gestehen, wie die M\u00f6glichkeit noch sehr wohl vorhanden ist, dafs auch die empfindenden Endschlingen, wie bereits die bewegenden, bald nur noch der Geschichte der Wissenschaft angeh\u00f6ren. So lange dies jedoch noch nicht vollbrachte Thatsache ist, so lange m\u00fcssen wir bei allen hier einschlagenden Betrachtungen auch die M\u00f6glichkeit ber\u00fccksichtigen, dafs jene Endigungsweise in der Natur stattfinde, und aus diesem Grunde mufs hier noch der folgenden Punkte Erw\u00e4hnung geschehen.\nMagendie ist, am Schl\u00fcsse seiner langen Irrfahrten in dem Gebiete der vorderen und hinteren R\u00fcckenmarkswurzeln, endlich bei der Behauptung stehen geblieben, dafs die Reizung der vorderen Str\u00e4nge und Wurzeln schmerzhaft sei, so lange die hinteren Wurzeln nicht durchschnitten w\u00e4ren. Nach Durchschneidung der vorderen Wurzeln erweise der centrale Stumpf sich unempfindlich, der peripherische hin-\n1 Rud. Wagner, Artikel \u00bbSympathische Ganglien des Herzens* im Handw\u00f6rterbuch der Physiologie u. s. w. Bd. III. Abth. I. Braunschweig 1847. S. 462.* \u2014 Hingegen hat A. de Quatrefac.es freie Endigungen der Hautnerven schon fr\u00fcher bei Amphioxus beobachtet. Annales des Sciences naturelles. 3. S\u00e9rie. Octobre 1845. t. IV. p. 228.*\n\u2019 Henle und IC\u00f6lliker, lieber die PAciNi\u2019schen K\u00f6'rperchen an den Nerven des Menschen und der S\u00e4ugelhiere. Z\u00fcrich 1844. 4\u201c. S. 36. 37.* \u2014 Straw, in M\u00fcller\u2019s Archiv u. s. w. 1848. S. 166.* \u2014 G. Herbst, Die PAciNi\u2019schen K\u00f6rper und ihre Bedeutung u. s. w. G\u00f6ttingen 1848. S. 120.\u2019","page":583},{"file":"p0584.txt","language":"de","ocr_de":"5S4 '>\u25a0 Abschi. Kap. VJl. \u00a7. X. 2, Geschichtliche Kritik der Lehre\ngegen empfindlich.1 * * Kronenberg5 6 und, wie es scheint, van Deen,\u2019 best\u00e4tigten diese Angaben. Man kann daraus den Schlufs ziehen auf die Gegenwart empfindender Fasern, welche von den hinteren Str\u00e4ngen durch die hinteren Wurzeln eine gewisse Strecke in den Nervenstamm hinein verlaufen, hier schlingenf\u00f6rmig umbiegen und durch die vorderen Wurzeln nach den vorderen Str\u00e4ngen sich begeben. Die Umbiegungsstelle m\u00fcfste aber ziemlich tief im Stamme gelegen sein, da Magendie zeigte, dafs die Durchschneidung desselben 6'\" unterhalb des Knotens die vordere Wurzel ihrer Empfindlichkeit beraubte.4 Alle diese Behauptungen sind wiederum von Longet 5 und Stilling 4 in Abrede gestellt worden. Daf\u00fcr hat jedoch Volkmann wirklich vier verschiedene Schlingen von \u00e4hnlichem Verlaufe zwischen mehreren Hals- und Kopfnerven entdeckt und an einer solchen zwischen dem zweiten und dritten Halsnervcn der Katze nach Unterbindung und Durchschneidung der Schlinge die Empfindlichkeit nur desjenigen Endes nachgewiesen, welches noch mit dem dritten Halsnervcn in Verbindung stand.7\nHenle ist nun geneigt, auch von diesen Erfahrungen zu Gunsten der einsinnigen Leitung der Empfindungsfasern Gebrauch zu machen. Indessen sagt er selber: \u00bbEins ist \u00fcbrigens noch zu bedenken, ob \u00bbman n\u00e4mlich recht thue, die eben erw\u00e4hnten Nervenbogen den Schen-\u00bbkeln und Schlingen anderer Nerven gleichzusetzen, ob sie nicht eher \u00bbden Schenkeln allein entsprechen und ihre Endschlingen in den vor-\u00bb deren R\u00fcckenmarksstr\u00e4ngen liegen, die doch eigentlich den Ort ihrer \u00bbperipherischen Verbreitung darstellen.\u00ab 8 Einen Anhaltspunkt f\u00fcr diese letztere Ansicht w\u00fcrde man haben an den von Gerber mitten in Ner-venst\u00e4mmen entdeckten, den gew\u00f6hnlichen peripherischen Endschlingen\n1 Comptes rendus etc. 20 Mai 1839. t. VIII. p. 787;* \u2014 3 Juin. Ibid, p. 865;* \u2014 L\u2019Institut t. VII. 1839. No. 282. p. 171;* \u2014 No. 284. p. 185.* \u2014 Magendie, Le\u00e7ons sur les Fonctions et les Maladies du Syst\u00e8me nerveux etc. Paris 1839. t. II. p. 62. 77\u201484. 89 \u2014 101. 148\u2014156.*\n8 M\u00fcller\u2019s Archiv u. s. w. 1839. S. 360.*\n8 Stilling, Untersuchungen \u00fcber die Functionen des R\u00fcckenmarks und der Nerven. Leipzig 1842. S. 284.*\n4\tLe\u00e7ons etc. t. II. p. 319 \u2014 324. 337 \u2014 349.*\n5\tComptes rendus etc. 9 Novembre 1840. t. XI. p. 766.* \u2014 Longet, Recherches expe'rimentales et pathologiques sur les Fonctions des Faisceaux de la Moelle e'pini\u00e8re et des Racines des Nerfs rachidiens etc. Paris 1841. \u2014 Anatomie et Physiologie du Syst\u00e8me nerveux etc. Paris 1842. t. I. p. 36. 37.*\n6\tUntersuchungen u. s. w. S. 284. 286.*\n\u2019 Muller\u2019s Archiv u. s. w. 1840. S. 511.*\n8 Allgemeine Anatomie u. s. w. S. 712.*","page":584},{"file":"p0585.txt","language":"de","ocr_de":"von der einsinnigen Leihmgsf\u00e4higJceit der Nervenfasern.\t5S5\nentsprechenden Umbiegungen von Primitivr\u00f6hren,1 wodurch Valentin die \u00f6rtliche Empfindung der Nervenst\u00e4mme zu erkl\u00e4ren gedenkt.2 In Bezug auf diese M\u00f6glichkeit urtheilt schliefslich Henle: \u00bbAus diesen \u00bb Thatsachen folgt .. . nicht nothwendig, dafs die genannten Nerven nur \u00bbcentripetal leiten, denn es kann sein, dafs der eine Theil derselben \u00bbnicht bis zum Gehirn, ja nicht einmal ins Innere des R\u00fcckenmarkes \u00bbsich fortsetzt, sondern nur der Oberfl\u00e4che des letzteren angeh\u00f6rt.\u201c3\nAllein auch wenn die andere M\u00f6glichkeit die richtige w\u00e4re, dafs n\u00e4mlich jene Nervenbogen von den hinteren Wurzeln oder von dem einen R\u00fcckenmarksnerven durch die vordere Wurzel oder durch den anderen Nerven sich ins Mark zur\u00fcckbegeben, so bleibt ja immer dieselbe Ausflucht offen, mit deren H\u00fclfe man sich dem Schl\u00fcsse auf einsinnige Leitungsf\u00e4higkeit der Bewegungsnerven entzieht, dafs n\u00e4mlich der Endpunkt des in der vorderen Wurzel gelegenen Schenkels der Empfindung unf\u00e4hig sei. Eine Ausflucht, welche zur vollen Rechtfertigung wird, wenn man betrachtet, dafs sie keine neue Hypothese nothwendig macht, da dieser Schenkel in seinem ferneren centralen Verlaufe doch h\u00f6chst wahrscheinlich denselben Gang nimmt, als die Primitivr\u00f6hren der vorderen Wurzel, der er sich angeschlossen hat; zu einem Centralgebilde also, dem wir bereits die Empfindung haben absprechen m\u00fcssen, um, hei Voraussetzung der doppelsinnigen Leitung, den nichtigen Erfolg der Reizung des centralen Stumpfes des gemischten Nerven bei durchschnittenen hinteren Wurzeln zu erkl\u00e4ren.\nWeit bedenklicher f\u00fcr die doppelsinnige Leitung der Empfindungsfasern kann dagegen, hei der Annahme von Endschlingen, ein von Volkmann angestellter Versuch erscheinen. \u00bbBei einem Hunde wurde \u00bbder R. infraorbitalis der Quere nach halb durchgeschnitten. Es \u00bbdurfte vorausgesetzt werden, dafs wenigstens ein Theil der durch-\u00bbschnittenen Fasern mit den undurchschnittenen durch Endschlin<*en \u00bbZusammenh\u00e4nge, dafs also Reizung der peripherischen Schnittfl\u00e4che \u00bbSchmerzen erzeugen werde, wenn \u00fcberhaupt die Leitung des Reizes \u00bbdurch die Schlinge hindurch gestattet sei. Das Experiment zeigte \u00bbindefs, dafs nur die centrale, nicht die peripherische Schnittfl\u00e4che \u00bbEmpfindung vermittelte. Ich wiederholte diesen Versuch im phy-\u00bbsiologischen Institut in G\u00f6ttingen an einem Pferde, und das Resultat\n1 Handbuch der allgemeinen Anatomie des Menschen und der Hauss\u00e4ugcthiere u. s. w. Bern und Chur 1840. S. 157.*\n' De Functionibus Nervorum cerebralium et Nervi sympathici Libri IV. Ber-nae et Sangalli. 1839. 4\u00b0. p. 84. \u00a7. 205.*\n3 A a. 0. S. 715.*","page":585},{"file":"p0586.txt","language":"de","ocr_de":"586 3. Abschn. Kap. VII. \u00a7. X. 2. Geschichtliche Kritzle der Lehre\n\u00bbwar nach dem Urtheile der assistirenden Sachkenner unzweideutig \u00bbdasselbe.* 1 *\nDieser Versuch scheint, wie gesagt, der einsinnigen Leitung auf\u2019s entschiedenste das Wort zu reden. Bei n\u00e4herer Betrachtung wird man aber bald gewahr, dafs seine Beweiskraft sehr zweifelhaft ist. In der That d\u00fcrfte die wesentliche Bedingung derselben, \u00bbdafs wenigstens ein \u00bbTheil der durchschnittenen Fasern mit den undurchschnittenen durch \u00bbEndschlingen Zusammenh\u00e4nge\u00ab, in Wirklichkeit nicht erf\u00fcllt gewesen sein. Es ist vielmehr sehr wahrscheinlich, dafs der Schnitt \u00fcberall die beiden zusammengeh\u00f6rigen Schenkel der hypothetischen Endschlingen getrennt habe. Erinnert man sich, wie die gr\u00f6beren Verzweigungen der Nerven, lange bevor sie den Stamm verlassen, in demselben vorgebildet sind, so sieht man bleibt kein Grund \u00fcbrig f\u00fcr die Meinung, dafs man je zwei solcher Schenkel auf beliebigen Punkten des Querschnittes eines Nerven zu suchen habe, vielmehr spricht alles daf\u00fcr, dafs sie im Stamme eben so nahe benachbart sind, als in den letzten Endzweigen, aus denen sie bei der \u00e4ufsersten Vertheilung in den Geweben hervorzugehen scheinen. Damit f\u00e4llt aber die Bedeutung des Volk-MANN Schen Versuches f\u00fcr die vorliegende Frage offenbar zusammen.\nDagegen f\u00fchrt die Annahme, der einsinnigen Leitungsf\u00e4higkeit in Verbindung mit der der Endschlingen der Empfindungsfasern zu einer h\u00f6chst abentheuerlichen und widersinnigen Folgerung. Volkmann hat darauf aufmerksam gemacht. \u00bbBeide Schenkel der Schlinge sollen cen-\u00bbtripetal leiten,\u00ab \u2014 sagt er \u2014 \u00bbalso existirt in der Schlinge ein \u00bbPunkt, von welchem aus Leitung nach zwei Seiten hin vor sich geht, \u00bbw\u00e4hrend an allen anderen Punkten der Faser die Leitung nur einseitig \u00bbm\u00f6glich ist! W\u00fcrde also zuf\u00e4llig dieser Punkt gereizt, so entst\u00fcnde \u00bbein doppelter Effect, w\u00fcrde irgend ein anderer gereizt, so entst\u00fcnde \u00bbein einfacher!\u00ab8\nVolkmann benutzt diese Bemerkung, um daraus die Unwahrscheinlichkeit der Endschlingen einleuchten zu machen. Wir k\u00f6nnen den Schlufs umkehren, und ihn vielmehr auf die Unwahrscheinlichkeit der einsinnigen Leitung hei der Annahme der Endschlingen richten. Es w\u00fcrde, um sich demselben zu entziehen, nichts \u00fcbrig bleiben, als anzunehmen, dafs bei nur einsinniger Leitung der Vorgang in dem Nerven zugleich der Art w\u00e4re, dafs die Str\u00f6mung \u00fcberall in der n\u00e4mlichen Richtung, in dem einen Schenkel centripetal, in dem andern centrifugal geschehe, in der Schlinge selber, einem elektrischen Strome gleich,\n1 Ariikel \u00bbNervenphysiologie.\u00bb A. a. 0. S. 565.*\n1 A. a. 0. S. 564.*","page":586},{"file":"p0587.txt","language":"de","ocr_de":"von der einsinnigen Leitungsf\u00e4higJceit der Nervenfasern. 587\numbiege. Die centrifugale Str\u00f6mung w\u00fcrde nicht etwa da sein, um Bewegung zu vermitteln, welche Vermuthung sich bekanntlich als unhaltbar erweist,1 sondern sie w\u00fcrde mit zur Mechanik des Empfindungsvorganges geh\u00f6ren.\nIch glaube nicht, dafs sich irgend jemand finden wird, der geneigt w\u00e4re, einer solchen Meinung beizutreten. Man wird lieber zugeben, dafs eine Vorstellungsweise, welche, auf keine einzige Thatsache gegr\u00fcndet, unbegreiflich und unmechanisch in sich selber, nicht das geringste erkl\u00e4rt, wohl aber die Forschung in so aberwitzige Folges\u00e4tze verwickelt, wie die eben dargelegten, dafs eine solche Vorstellungsweise wenig f\u00fcr sich hat. Wir verwerfen dieselbe folglich, und es wird uns nicht \u00fcberraschen, wenn die ganz unmittelbaren Versuche, die wir jetzt hier anzustellen verm\u00f6gen, zu Gunsten der doppelsinnigen Leitung ausfallen.\n3. Thats\u00e4chliclie Entscheidung der Frage nach der einsinnigen\noder doppelsinnigen Leitungsf\u00e4higkeit der beiden Faser-\nGattungen.\nln der That, durch die Entdeckung des Nervenstromes und seiner Bewegungserscheinungen ist der Stand der Dinge an dieser Stelle nun pl\u00f6tzlich sehr ver\u00e4ndert. W\u00e4hrend erw\u00e4hntermafsen alle Pr\u00fcfung der Nerven auf ihre Ruhe und Th\u00e4tigkeit fr\u00fcher auf den engen Kreis von Zuckung, Empfindung, h\u00f6chstens Ern\u00e4hrung beschr\u00e4nkt war, wissen wir jetzt, dafs jedesmal, wenn der Bewegung und Empfindung vermittelnde Vorgang Platz greift, zugleich eine negative Schwankung des Nervenstromes stattfindet. Wir besitzen also fortan ein \u00e4ufserlich sichtbares Merkmal der Th\u00e4tigkeit des Nerven, welches innerhalb der Grenzen , die durch die mechanischen Schwierigkeiten des Verfahrens gesteckt sind, die allgemeinste Anwendung gestattet, die Gegenwart weder der Muskeln noch der Centralgebilde noting macht, da sogar au einzelnen Nervenst\u00fccken unsere Forschungen dar\u00fcber angestellt werden konnten.\nWie demnach die Wechselwirkung des elektrischen Stromes und des Magnetes, als sie endlich an\u2019s Licht getreten war, sofort als Pr\u00fcfungsmittel auf die Gegenwart elektrischer Str\u00f6me verwendet wurde; wie die Str\u00f6me, welche, die ungleiche Temperatur der L\u00f6thstelien\n1 Joh. M\u00fcller, Handbuch der Physiologie u. s. w. Bd. I. 3. Aufl. S. 736.* \u2014 Volkmann in M\u00fcller\u2019s Archiv u. s. w. 1840. S. 524.* \u2014 Henle, Allgemeine Anatomie u. s. w. S. 706.*","page":587},{"file":"p0588.txt","language":"de","ocr_de":"588\t<?\u2022 Abschn. /Top, F//, \u00ff. A. 5. Entscheidung der Frage\neines metallischen Kreises in demselben erregt, durch Nobiu und Melloni zum feinsten und schnellsten Erkennungszeichen verschwindender Temperaturunterschiede sich gestalteten; so steht auch hier zu hoffen, dafs die Ver\u00e4nderung der elektrischen Zust\u00e4nde der Nerven w\u00e4hrend ihrer Th\u00e4tigkeit, einmal entdeckt, nun auch umgekehrt werde benutzt werden k\u00f6nnen, um diese Th\u00e4tigkeit in F\u00e4llen zu erkennen, wo es bisher dazu an jedem Anhaltspunkte gebrach. Wo es gelingen wird, den Nervenstrom, sei\u2019s durch abwechselnd gerichtete, schnell auf einander folgende Stromst\u00f6fse in negative Schwankung zu versetzen, sei\u2019s vollends dasselbe mit H\u00fclfe mechanischer oder kaustischer Gewaltth\u00e4tigkeiten zu bewirken, da wird man berechtigt sein anzunehmen, dafs Innervation stattfinde, wie man berechtigt ist anzunehmen, dafs ein elektrischer Strom in der N\u00e4he vorbeifliefst, wo man die Magnetnadel abgelenkt sieht.\nIn diesem Sinne unternehmen wir jetzt die Untersuchung der Bewegungserscheinungen des Nervenstromes an den vorderen und hinteren Wurzeln der unteren Extremit\u00e4ten des Frosches. Diese Untersuchung hat zwar gl\u00fccklicherweise mit weit geringeren Schwierigkeiten zu k\u00e4mpfen, als man h\u00e4tte vermuthen k\u00f6nnen, geh\u00f6rt indefs, wie man sich denken kann, nicht zu den leichteren.\nDie Fig. 21 Taf. IL Bd. I. (S. daselbst S. 451) giebt eine Vorstellung davon, ein wie kurzes St\u00fcck eines d\u00fcnnen Nervenstranges bei den Mafsen meiner Vorrichtungen noch zu gleicher Zeit mit dem einen Ende \u00fcber die stromzuf\u00fchrenden Bleche, mit dem anderen \u00fcber die B\u00e4usche gebr\u00fcckt werden kann. Die Wurzeln eines mittelgrofsen Frosches sind aber 7 \u2014S\u201c\u201c, also doppelt so lang, als das in der Figur abgebildete Nervenf\u00e4dchen. Es f\u00e4llt sonach der Abstand zwischen den Blechen und B\u00e4uschen, den man zu vergr\u00f6fsern streben mufs, um vor dem Hereinbrechen des erregenden Stromes in den Multiplicatorkreis sicherer zu sein, noch um die ganze L\u00e4nge des in Fig. 21 abgebildeten St\u00fcckes gr\u00f6fser aus, als er in dieser Figur sich angegeben findet. An ein solches Hereinbrechen ist daher hier um so weniger zu denken, als der Querschnitt der Wurzeln ein sehr kleiner ist, und als man sich bei ihrer hohen Erregbarkeit nur eines sehr schwachen Stromes zur Erregung zu bedienen braucht. Dafs die in Folge des Herstellens, Abbrechens, Umsetzens des erregenden Stromes auftretenden Wirkungen nicht von einem solchen Hereinbrechen herr\u00fchren, davon kann man sich noch immer auf mannigfaltige, uns von fr\u00fcherher bekannte Weisen unterrichten.\nErstens sind wir im Stande, hereingebrochene Zweige des erregenden Stromes von den Wirkungen des elektrotonischen Zustandes","page":588},{"file":"p0589.txt","language":"de","ocr_de":"nach der einsinnigen oder doppelsinnigen Leitung der Nerven. 589\ndadurch zu unterscheiden, dafs jene ihre Richtung heibehalten, wenn der Querschnitt der Wurzel auf den anderen Bausch aufgelegt wird, die letzteren sie unter dieser Bedingung wechseln (S. oben S. 295). F\u00fcr\u2019s zweite braucht man nur eine Wurzel ihre Erregbarkeit einb\u00fcfsen zu lassen, was bekanntlich ziemlich bald geschieht, um sich zu \u00fcberzeugen, dafs sie hier nicht blos als feuchter Leiter, sondern zugleich als thierischer Erreger th\u00e4tig war. F\u00fcr\u2019s dritte kann man sie zwischen Blechen und B\u00e4uschen zerschneiden und die St\u00fcmpfe wieder aneinander haften lassen. Man findet die Wurzeln alsdann unf\u00e4hig geworden, die Erscheinungen des elektrotonischen Zustandes oder die negative Stromesschwankung beim Tetanisiren noch ferner zu zeigen. Diese Versuchsweise ist jedoch eine ziemlich zarte. Endlich kann man die Wurzel entfernen, ohne sonst etwas an der Anordnung zu ver\u00e4ndern, und an ihre Stelle einen mit Eiweifs getr\u00e4nkten Zwirnsfaden von weit gr\u00f6fserem Querschnitt auflegen. Man wird alsdann keine Spur von den Erscheinungen wahrnehmen, die sich an der Wurzel zeigten.\nMan vermag also wirklich v\u00f6llig sichere Versuche mit elektrischer Erregung an den Wurzeln anzustcllen, und die in dieser Beziehung gehegten Bef\u00fcrchtungen erweisen sich grundlos. Die eigentlichen Schwierigkeiten, welche hier \u00fcbrig bleiben, beruhen auf der schnellen Verg\u00e4nglichkeit der elektromotorischen Leistungen, welche zum grofsen Theil wohl auf dem kleinen Querschnitt der Wurzeln und ihrer d\u00fcnneren Scheide beruht, wodurch die Trocknifs beg\u00fcnstigt wird. Man mufs daher f\u00fcr diese Versuche feuchte Witterung w\u00e4hlen, und auch nicht eine einzelne Wurzel auflegen, sondern mehrere Wurzeln mit entsprechenden Enden als Ein B\u00fcndel zusammenfassen, wie bereits oben S. 255. 256 bei Gelegenheit des urspr\u00fcnglichen Stromes geschah.\nDas Ergebnifs meiner Versuche war, dafs die beiden Enden sowohl der Empfindungs- als der Bewegungswurzeln sich sowohl hinsichtlich der beiden Phasen des elektrotonischen Zustandes als auch der negativen Stromesschwankung beim Tetanisiren v\u00f6llig gleich verhielten. Dies kann nat\u00fcrlich nur so viel heifsen, als dafs alle vier Enden sowohl die positive als die negative Phase und die negative Schwankung ohne irgend einen auffallenden und best\u00e4ndigen Gr\u00f6fsen-unterschied zeigten.\nDie Wirkungen, namentlich die sich beim Eintritt der Phasen kundgebenden, erreichen \u00fcbrigens keine unbetr\u00e4chtliche St\u00e4rke. Beim Tetanisiren mit der Kette und dem Inversor tritt, wegen des geringen Abstandes der abgeleiteten von der erregten Strecke, wenn z. B. im Winter die Leistungsf\u00e4higkeit des Thieres nur gering ist und der Schliefsungswerth des Inversors (der \u00e4chte Bruch n) nahe der Einheit","page":589},{"file":"p0590.txt","language":"de","ocr_de":"590\t3. Abschn. Kap. VII. \u00a7. X. 3. Entscheidung der Frage\ngleich gew\u00e4hlt wird (S. oben S. 392 Anm.), leicht positive Wirkung ein statt der negativen Schwankung, als Ausdruck des Ueberwiegens der positiven Phase (S. oben S. 470). Ein mehreres gestatten hier die bisherigen Vorkehrungen nicht wahrzunehmen. Ich bin daher auch nicht im Stande etwas beizubringen \u00fcber die oben S. 378 schweben gebliebene Frage, ob die s\u00e4ulenartige Polarisation nach einer bestimmten Richtung hin sich in der einen Fasergattung vielleicht leichter nach der einen als nach der anderen Richtung ausbreite. Es m\u00f6chte nicht leicht sein, die Schwierigkeiten hinwegzur\u00e4umen, die sich hier jedem ferneren Fortschreiten sowohl in dieser als in so manchen anderen Beziehungen entgegenstellen. Denn wenn auch aus der Kleinheit der Wurzeln f\u00fcr jene ersten Wahrnehmungen keine allzugrofsen Hindernisse erwachsen, so hat doch dies sofort ein Ende, wenn es sich um irgend verwickeltere experimentelle Anordnungen handelt. Ich w\u00fcfste daher in der That hier keinen Rath, als den, sich mit der Untersuchung an ein anderes Thier zu wenden, wobei man in Ermangelung der grofsen Batrachier der neuen Welt, des Bullfrog\u2019s der Nordamerikaner (R. tau-rina Cuv.), oder des riesenhaften B. agua Id. aus Guyana, sich freilich zun\u00e4chst an grofse Seeschildkr\u00f6ten halten m\u00fcfste.\nWie dem auch sei, wir ziehen aus jenen Versuchen den Scldufs, dafs in beiden Fasergattungen die Innervation sich nach beiden Richtungen und zwar, innerhalb der uns gesteckten Grenzen der Genauigkeit, mit gleicher Leichtigkeit fortpfl'anze.\nDa das Erregungsmittel in meinen Versuchen der elektrische Strom war, darf ich freilich nicht hoffen, dafs dieser Schlufs in den Augen aller Leser als ein gleich b\u00fcndiger erscheinen werde. Um so mehr mufs ich beklagen, noch nicht Zeit gefunden zu haben, denselben Beweis der r\u00fcckl\u00e4ufigen Leitungsf\u00e4higkeit der beiden Fasergattungen auch mit H\u00fclfe anderer Erregungsmittel zu f\u00fchren. Mit blofsen ausgeschnittenen Wurzeln des Frosches geht dies ihrer geringen Gr\u00f6fse halber nicht an. Man wird, um jenen Beweis z. B. f\u00fcr die Empfindungsfasern zu liefern, den ableitenden Bogen an L\u00e4ngs- und Querschnitt des Ischiadnerven anlegen, und mit m\u00f6glichster Schonung der vorderen, die hinteren Wurzeln mechanisch oder kaustisch mifs-handeln m\u00fcssen; oder nach Durchschneidung der vorderen Wurzeln, die Erregung vom R\u00fcckenmark aus vornehmen. So w\u00fcrde sich auch ermitteln lassen, was \u00fcbrigens sehr unwahrscheinlich ist, ob im Strychninkrampf auch die Empfindungsfasern an der negativen Schwankung betheiligt sind, d. h., ob eine r\u00fcckl\u00e4ufige Nervenstr\u00f6mung im Augenblicke des Tetanus auch ihre Bahn herabkomme. Bei der Untersuchung","page":590},{"file":"p0591.txt","language":"de","ocr_de":"nach der einsinnigen oder doppelsinnigen Leitung der Nerven. 591\nauf die r\u00fcckl\u00e4ufige Str\u00f6mung in den Bewegungsfasern wird man die schwierige experimentelle Aufgabe zu l\u00f6sen haben, an L\u00e4ngs- und Querschnitt der noch in ihrem Wirbel befestigten vorderen Wurzeln einen ableitenden Bogen anzulegen. Es kann indefs der L\u00e4ngsschnitt f\u00fcglich durch den Knochen selber ersetzt werden.\n4. Vereinbarung der vorigen Ergebnisse mit dem Gesetze der\nZuckungen.\nWir haben gefunden, dafs die negative Schwankung des Nerven-stromes beim Tetanisiren mit abwechselnden Str\u00f6men im Stande sei, sich in den beiden Fasergattungen nach beiden Richtungen fortzupflanzen. Damit ist aber noch nicht gesagt, dafs die negative Schwankung sich auch unter allen Umst\u00e4nden gleichzeitig nach beiden Seiten ausbreite, dafs der Nerv ihr stets in gleichem Mafse auf allen Punkten seiner L\u00e4nge verfalle. Der Schall vermag sich in der Luft nach allen denkbaren Richtungen auszubreiten: damit ist aber noch nicht gesagt, dafs er dies auch stets in gleichem Mafse thue.\nZwar haben wir die Sache bisher stets in dieser Art vorgestellt ; Avir haben, als das Gesetz der negativen Schwankung beim Tetanisiren mit abwechselnden Str\u00f6men getreu wiedergebend, eine proportionale Erniedrigung s\u00e4mmtlicher Ordinaten der urspr\u00fcnglichen Curve der Stromst\u00e4rken gelten lassen, ganz unabh\u00e4ngig von der Lage der Elektroden am Nerven; und wir haben diese Vorstellungsweise, die wir in Fig. 120 Taf. III. graphisch versinnlichten, sp\u00e4ter der Erkl\u00e4rung der verwickeltesten Erscheinungen gewachsen gefunden, die aus dem Zusammentreffen des elektrotonischen Zustandes mit der negativen Schwankung hervorgehen (S. oben S. 429. 464. Fig. 124 Taf. IV). Auch war ja diese Ansicht, wie man sich erinnert, der Erfahrung unmittelbar entnommen; nichtsdestoweniger bedarf sie einer Einschr\u00e4nkung, die aber, um Verwirrung zu vermeiden, bis zu dieser Stelle aufgespart worden ist.\nDie Meinung, dafs in der negativen Stromesschwankung beim Tetanisiren mit abwechselnden Str\u00f6men s\u00e4mmtliche Ordinaten der Curve der Stromst\u00e4rken proportional erniedrigt sind, gleichviel, welche die Lage der Elektroden am Nerven sei, ist stets richtig an den gemischten Nerven sowohl als an den Wurzeln, sobald man das Ganze eines Erregungsvorganges im Auge hat, wie er durch rasch aufeinanderfolgendes einmaliges Schliefsen und Wiederum\u00f6ffnen einer Kette, oder durch einen vereinzelten Jnductionsstrom hervorgebracht wird. Die Wissenschaft","page":591},{"file":"p0592.txt","language":"de","ocr_de":"592 3. Abschn. Kap. VII. \u00a7. X. 4. Vereinbarung der doppelsinnigen\nist aber bereits seit mehr denn f\u00fcnf Jahrzehnden im Besitz von That-sachen, welche lehren, dafs jene Vorstellungsweise an den Wurzeln oder den einfachen Primitivr\u00f6hren ihre G\u00fcltigkeit einb\u00fcfst, wenn die Erregung nur der Art ist, wie sie das vereinzelte Schliefsen oder Ocffnen einer Kette oder die H\u00e4lfte eines Inductionsstromes hervorbringt, in der seine St\u00e4rke von Null bis zum Maximum ansteigt oder vom Maximum bis auf Null zur\u00fccksinkt. Diese Thatsachen sind diejenigen, deren Inbegriff wir, im ersten Bande dieses Werkes, mit dem Namen des Gesetzes der Zuckungen belegt haben (S. daselbst S. 304 ff.).\nWenn man einen elektrischen Strom in dem Nerven herstellt und abbricht, sodann seine Richtung umkehrt und ihn abermals herstellt und abbricht, so findet in den vier Augenblicken nicht gleiche Wirkung statt. Es zeigt sich vielmehr, nach Umst\u00e4nden, welche noch in Dunkel geh\u00fcllt sind, bald die Schliefsungszuckung des absteigenden und die Oeffnungszuckung des aufsteigenden Stromes bevorzugt, was das gew\u00f6hnliche ist auf mittlerer Stufe der Erregbarkeit, bald die Oeffnungszuckung des absteigenden und die Schliefsungszuckung des aufsteigenden Stromes. Diese Doppelsinnigkeit des Gesetzes der Zuckungen geht uns hier nichts an; es kommt hier f\u00fcr uns nur darauf an, dafs \u00fcberhaupt Schliefsung und Oeffnung der beiden Str\u00f6me, des absteigenden und des aufsteigenden, st\u00e4rker oder schw\u00e4cher wirken k\u00f6nnen, als beziehlich Oeffnung und Schliefsung derselben Str\u00f6me. Es l\u00e4fst sich diese Erscheinung zun\u00e4chst nicht anders auffassen, als indem man sagt, dafs z. B. in dem Falle des gew\u00f6hnlichen Gesetzes, wo die Schliefsungszuckung des absteigenden, die Oeffnungszuckung des ansteigenden Stromes die Oberhaud haben, der Strom den Bewegung vermittelnden Vorgang anrege bei Schliefsung der Kette st\u00e4rker in seiner eigenen Richtung und schw\u00e4cher in der entgegengesetzten, hingegen hei Oeffnung der Kette schw\u00e4cher in seiner eigenen Richtung und st\u00e4rker in der entgegengesetzten. Demgem\u00e4fs mufs also auch in diesen F\u00e4llen die negative Schwankung des Nervenstromes, welche der Ausdruck des Bewegung vermittelnden Vorganges ist, vor und hinter den Elektroden in ungleicher St\u00e4rke stattfinden. Es kann, f\u00fcr die Erregung reiner Bewegungsfasern durch eine einzelne Schliefsung oder Oeffnung eines auf- oder absteigenden Stromes, die Ansicht nicht mehr richtig sein, wonach der elektrisch angeregte Bewegung vermittelnde Vorgang auf allen Punkten des Nerven eine proportionale Erniedrigung der Ordinaten der urspr\u00fcnglichen Curve der Stromst\u00e4rken mit sich bringen sollte.\nEs ist aber zugleich leicht einzusehen, dafs dieser Umstand g\u00e4nzlich aufserhalb der Reichweite unserer elektromagnetischen Pr\u00fcfungsmittel f\u00e4llt, und dafs er deshalb bis zu dieser Stelle, ohne allen","page":592},{"file":"p0593.txt","language":"de","ocr_de":"Leitung in den Nerven mit dem Gesetze der Zuckungen. 593\nSchaden, von uns hat vernachl\u00e4ssigt werden k\u00f6nnen. Wir sind aufser Stande, am Multiplicator die Ver\u00e4nderung des Nervenstromes nachzuweisen, welche eine einzelne Zuckung begleitet. Wir m\u00fcssen, damit die Wirkung auf die Nadel merklich werde, eine grofse Anzahl solcher Ver\u00e4nderungen sich in dichtgedr\u00e4ngter Reihe folgen lassen, bis eine hinl\u00e4ngliche Beschleunigung daraus erw\u00e4chst. Wir k\u00f6nnen dies, bei elektrischer Reizung, nicht anders verwirklichen, als indem wir den erregenden Strom fortw\u00e4hrend unterbrechen und wiederherstellen. Dabei kann die Richtung der Str\u00f6me entweder stets umgekehrt werden; alsdann haben wir nach je zwei abwechselnden Stromst\u00f6fsen an jedem Nervenende vereint die Wirkungen aller vier Erregungs-Augenblicke, auf deren getrennte Beobachtung es ankommen w\u00fcrde. Oder wir bedienen uns gleichgerichteter Str\u00f6me; alsdann haben wir nach jedem Schliefsen uud Oeffnen der Kette, oder nach jedem einzelnen Inductionsstofse an jedem Nervenende einen Augenblick der heftigen und einen Augenblick der schwachen Einwirkung, so dafs das Gesammtergebnifs, welches wir allein beobachten k\u00f6nnen, auch hier bereits an beiden Enden auf eins hinausl\u00e4uft, und aufserdem mischen sich noch der positive und negative Zuwachs in der oben S. 396 beobachteten Art in die negative Schwankung ein. Mit dem Tcta-nisiren ist also hier nichts anzufangen, uud noch weniger ist begreiflich daran zu denken, den verschiedenen Einflufs zu beobachten, den die Einmischung der negativen Schwankung je nach ihrer verschiedenen Gr\u00f6fse in die Wirkungen beim Eintritt und beim Aufh\u00f6ren der einen und der anderen Phase des elektrotonischen Zustandes auf die Nadelbewegung aus\u00fcben mag.\nZu dem allen kommt aber noch vollends, dafs die hier nothigen, an sich so gut wie unausf\u00fchrbaren Versuche nicht an gemischten Nerven angestellt werden d\u00fcrften. Denn Marianini und nach ihm mehrere Forscher wollen beobachtet haben, dafs die elektrischen Empfindungen, welche entstehen beim Anlegen von Elektroden z. B. an den Ischiadner-ven des Kaninchens, das entgegengesetzte Gesetz befolgen von dem der Zuckungen auf der mittleren Stufe der Erregbarkeit, die man in solchen Versuchen, wenn sie nicht urspr\u00fcnglich vorhanden war, durch die heftige Einwirkung auf die Nerven wohl sehr bald hervorruft; d. h. es soll das Abbrechen des absteigenden, das Herstellen des aufsteigenden Stromes die st\u00e4rkere', das Herstellen des ersteren, das Abbrechen des letzteren Stromes die schw\u00e4chere Empfindung erzeugen (S. oben Bd. I. S. 361. 363. 392. 393. 406). Es ist bereits nach den subjectiven Erfahrungen an Auge, Zunge u. s. f. unzweifelhaft, dafs etwas der Art in Wirklichkeit stattfinde: alsdann ist aber deutlich, dafs, selbst wenn II.\t38","page":593},{"file":"p0594.txt","language":"de","ocr_de":"594 3. Abschn. Kap. VII. \u00a7. X. 4. Vereinbarung der doppelsinnigen\nman im Stande w\u00e4re, die Wirkung eines einzelnen Erregungsactes des Nerven an der Nadel wahrzunehmen, doch nur noch auf die verschiedene Anzahl und St\u00e4rke der Empfindlings- und Bewegungsfasern in den gemischten St\u00e4mmen gebaut werden k\u00f6nnte, um das Gesetz der Zuckungen daran elektromagnetisch nachzuweisen. Es m\u00fcfste folglich an Wurzeln verfahren werden. Ich brauche aber nicht erst zu sagen, in welchem Mafse dadurch die an sich bereits, wie bemerkt, an\u2019s Un\u00fcberwindliche gr\u00e4nznenden Schwierigkeiten der Aufgabe noch erh\u00f6ht werden.\nWie dem auch sei, man sieht unbedingt, dafs wenigstens unter den Verh\u00e4ltnissen, unter welchen wir bisher unsere Versuche anstelltcn, keine M\u00f6glichkeit vorhanden war, etwas dem Gesetze der Zuckungen Aehnliches zu beobachten, gerade so wenig, als dies mit H\u00fclfe des Tetanisirens des strompr\u00fcfenden Froschschenkels selber je gelingen k\u00f6nnte, wo im Tetanus, wie am Multiplicator im R\u00fcckschw\u00fcnge der Nadel, gleichfalls die Summe der Wirkungen aller vier Erregungsaugenblicke zu einer untheilbaren Wahrnehmung verschmilzt. Dafs wir die negative Schwankung in den Bewegungs- und in den Empfindungswurzeln in scheinbar gleicher St\u00e4rke oberhalb und unterhalb von den Elektroden zu sehen bekommen, schliefst nicht aus, dafs sie, dem Gesetze der Zuckungen gem\u00e4fs, in jedem einzelnen elektrischen Erregungsacte unterhalb und oberhalb der Elektroden von verschiedener Gr\u00f6fse war; es ist dadurch kein Widerspruch bedingt zwischen unserem die mittlere Wirkung vieler einzelnen Erregungen umfassenden Gesammtergebnifs und jenem Gesetze, welches im Gegentheil der Erforschung der einzelnen Erregungsacte auf physiologischem Wege entnommen ist. Die Fig. 120 Taf. III, worin jenes Gesammtergebnifs graphisch niedergelegt ist, bleibt richtig unter dem Vorbehalt, dafs sie nicht angewendet werden d\u00fcrfe auf einen einzelnen elektrischen Erregungsact. Da aber gar kein Grund vorhanden ist anzunehmen, dafs bei der mechanischen, kaustischen, chemischen Mifshandlung ein Verh\u00e4ltnifs stattfinde gleich dem, welches sich im Gesetze der Zuckungen ausspricht,1 sich vielmehr aller Wahrscheinlichkeit nach die Erregung von der Versehrten Stelle aus nach beiden Richtungen mit gleicher Heftigkeit ausbreitet, so w\u00fcrde, fur diese Arten der Erregung, der Vorstellungsweise der Fig. 120 unbedingte Geltung verbleiben.\n1 Vergl. Matteucci, Essai sur les Ph\u00e9nom\u00e8nes \u00e9lectriques des Animaux. Paris 1840. p. 31. 32.* \u2014 Trait\u00e9 des Ph\u00e9nom\u00e8nes \u00e9lectro-physiologiques des Animaux. Paris 1844. p. 248. 249.*","page":594},{"file":"p0595.txt","language":"de","ocr_de":"Leitung in den Nerven mit dem Geselte der ZucJcungen.\n595\n5. Ausnalimef\u00e4lle vom BELi/schen Gesetze.\nWir wissen dafs der Eintritt eines Nerven in den elektrotonischen Zustand und sein Austritt aus demselben vermag, in einem benachbarten Bewegungsnerven den Zuckung vermittelnden Vorgang anzuregen. Dies ist die Erscheinung, die wir oben S. 528 ff. als secund\u00e4re Zuckung vom Nerven aus angesprochen haben. Wir nannten dieselbe paradoxe Zuckung, wenn der unmittelbar erregte Nerv zum mittelbar erregten Nerven in dem Verh\u00e4ltnifs von Zweig und Stamm sich befand, wenn also die Reizung, im Sinne der gangbaren Nervenphysik, allem bisher Erh\u00f6rten entgegen, zuerst in dem Zweige den Weg aufw\u00e4rts, dann in dem Stamme die Bahn nach unten einzuschlagen schien (S. oben S. 545). Abermals sind wir nun an der Schwelle einer solchen Paradoxie angelangt.\nBei der Verhandlung \u00fcber die secund\u00e4re und paradoxe Zuckung haben wir es unterlassen, n\u00e4her einzugehen auf die Bestimmung der Wege, auf denen sich die Erregung im unmittelbar erregten Nerven fortpflanzt; ob dies in dem Falle der paradoxen Zuckung Fig. 141 Taf. V z. B. allein in den Empfindungsfasern des Pcronaeus oder auch in den Bewegungsfasern stattlinde, d. h. ob stets nur die Fasergattung betheiligt sei, deren rechtl\u00e4ufige Str\u00f6mungsrichtung von der unmittelbar erregten Strecke nach der Ber\u00fchrungsstrecke beider Nerven hinf\u00fchrt, oder auch die andere Art der Fasern. Wir wufsten damals noch nicht, ob sich der elektrotonische Zustand in den Priraitivr\u00f6hren nach beiden Richtungen ausbreiten k\u00f6nne. Hier\u00fcber sind wir jetzt in\u2019s Klare gesetzt. Die s\u00e4ulenartige Polarisation pflanzt sich in den hinteren Wurzeln in absteigender, in den vorderen Wurzeln in aufsteigender Richtung anscheinend so gut fort als in den erstercn in aufsteigendem, in den letzteren in absteigendem Sinne. Es kann danach 'nicht zweifelhaft sein, dafs, bei der paradoxen Zuckung, auch die Bewegungsfasern des unmittelbar erregten Zweiges an der Erscheinung Theil hatten; und dafs bei der secund\u00e4ren Zuckung vom Nerven aus \u00fcberhaupt, von der die paradoxe Zuckung nur einen besonderen Fall darstellt, stets beide Fasergattungen im Spiele sind.\nJetzt fragt es sich, wie es m\u00f6glich gewesen sei, das BELL\u2019sche Gesetz mit H\u00fclfe des elektrischen Stromes zu bew\u00e4hren, da es doch scheint, als m\u00fcsse man, beim Anlegen von Elektroden an den peripherischen Stumpf einer Empfindungswurzel, secund\u00e4re Zuckung der Beinmuskeln erhalten in Folge des elektrotonischen Zustandes, der sich in\n38 *","page":595},{"file":"p0596.txt","language":"de","ocr_de":"596\n3. Abschn. Kap. VIL \u00a7. X. 5. Ausnahmcf\u00e4lle\nden Primitivr\u00f6hren dieser Wurzel bis in\u2019s Ischiadgeflecht verbreitet, wenn nicht etwa das Ganglion ihm Einhalt thut.\nDie Beantwortung dieser Frage ist einfach die, dafs auch in der That das BELL\u2019sche Gesetz bei elektrischer Erregung nicht v\u00f6llig stichhaltig erfunden wird, dafs aber die secun-d\u00e4ren Zuckungen von den hinteren Wurzeln aus erst bei Anwendung betr\u00e4chtlicherer Stromeskr\u00e4fte auftrcten, als man sie bei der gew\u00f6hnlichen Form des Versuches aufzubieten pflegt, und auch dann nur unter besonders g\u00fcnstigen Umst\u00e4nden der Erregung.\nDie Physiologen bedienen sich, um den Versuch anzustellen, bekanntlich einer Kupfer- und einer Zinkplatte, welche in Spitzen aus-laufen und durch einen Draht verkn\u00fcpft sind. Valentin hat solche Platten abgebildet in seinem Lehrbuch der Physiologie des Menschen u. s. w. 2. Aufl. Braunschweig 1847. Bd. II. 1. Abthl. S. 71.\u201d Die Platten werden mit ihren Spitzen den zu pr\u00fcfenden Wurzeln angelegt. Von einer sicheren dauernden Schliefsung, von einem pl\u00f6tzlichen Umsetzen des Stromes, wodurch das Erscheinen der secund\u00e4ren Zuk-kung sehr bef\u00f6rdert wird, kann unter diesen Umst\u00e4nden keine Rede sein. Auf diese Weise verfahrend ist es mir sogar mit dem oben Bd. I. S. 445 beschriebenen, Fig. 14. Taf. I ebendas, abgebildeten Bogen aus Platin und verquicktem Zink nur in seltenen F\u00e4llen begegnet, die paradoxe Zuckung in der Fig. 141. Taf. V sichtbaren Form zu beobachten. Die Erregung der hinteren Wurzeln habe auch ich dergestalt stets v\u00f6llig unwirksam gefunden.\nUm Zuckung von den hinteren Wurzeln zu erhalten, bedarf man einer S\u00e4ule aus etwa vier GROVE\u2019schen Gliedern. Der Frosch wird auf den Rahmen gebunden und auf die gew\u00f6hnliche, von Jon. M\u00fcller angegebene Art zugerichtet. Man durchschneidet die hinteren Wurzeln f\u00fcr das eine Bein dicht am R\u00fcckenmark, fafst sie als Ein B\u00fcndel zusammen und legt sie auf die stromzuf\u00fchrenden Platinenden auf. Dabei ist die Vorsicht\u2019zu beachten, dafs in der freien Strecke zwischen dem vorderen Platinende und den Durchtrittstellen der Wurzeln durch die Zwischenwirbell\u00f6cher die einzelnen Wurzeln dicht an einander liegen, indem sich sonst ein Theil des erregenden Stromes durch die Bewegungswurzeln und das R\u00fcckenmark ergiefsen k\u00f6nnte. Dasselbe suchten wir oben S. 78. 319. 445, als wir zwei Ischiadncrven zugleich auf die Platinenden auflegten (Vergl. Fig. 80. Taf. I, Fig. 106. Taf. II, Fig. 122. Taf. IV), durch Zusammenflechten der Nerven zu verh\u00fcten. Man kann aus diesem Grunde wegen der geringen L\u00e4nge der Wurzeln und des Abstandes ihrer Durchtrittstellen von einander nicht gut mehr als zwei hintere Wurzeln auf einmal \u00fcber die Platinenden breiten.","page":596},{"file":"p0597.txt","language":"de","ocr_de":"vom Bel tischen Gesetze,\n597\nSchliefst man nun die Kette in Quecksilber mit H\u00fclfe des Stromwenders, \u00f6ffnet wiederum, setzt den Strom um, so sieht man nicht selten eine schwache Zuckung der Muskeln des entsprechenden Beines erfolgen. In einem und demselben Versuch erscheint die Zuckung stets bei einerlei Art der Erregung, z. B. beim Schliefsen oder Umsetzen zum absteigenden Strom in den hinteren Wurzeln; aber so wenig als das der paradoxen Zuckung und der secund\u00e4ren Zuckung \u00fcberhaupt ist ihr Erscheinen in dieser Hinsicht an eine bestimmte Regel gebunden (S. oben S. 534). Stets ist dies Erscheinen nur von kurzer Dauer; nach wenigen Zuckungen sind die hinteren Wurzeln v\u00f6llig unwirksam geworden.\nEs versteht sich, dafs der Frosch auf seinem Rahmen bei diesem Versuche sorgf\u00e4ltig isolirt sein mufs, um den Verdacht zu beseitigen auf Nebenschliefsung und, obschon wir uns keiner Inductionsvorrichtung bedienen, immerhin auf unipolare Zuckungen, Es w\u00fcrde der Verdacht auf Stromesschleifen \u00fcbrig bleiben, und bei der K\u00fcrze der Wurzeln und der St\u00e4rke des erregenden Stromes k\u00f6nnte dieser Verdacht hier doppelt dringend erscheinen. Nichtsdestoweniger ist er unhaltbar. Zwar kann man hier nicht, wie in \u00e4hnlichen F\u00e4llen, die Unterbindung und Durchschneidung der unmittelbar erregten Nerven vornehmen; dazu sind die Verh\u00e4ltnisse nachgerade doch zu klein. Allein man kann statt des B\u00fcndels hinterer Wurzeln einen mit Eiweifs getr\u00e4nkten Faden, der sie an Dicke \u00fcbertrifft, noch k\u00fcrzer auflegen als die Wurzeln selber: nie erfolgt eine Spur von Zuckung, die beim Auflegen der Wurzeln statt des Fadens sich doch in den meisten F\u00e4llen sogleich einstellt. Das rasche Unwirksamwerden der hinteren Wurzeln selber liefert bereits einen \u00e4hnlichen Beweis. Denn unter dem Einfl\u00fcsse eines so schwachen Stromes, wie er hier, nach den Zuckungen zu urtheilen, das R\u00fcckenmark und die vorderen Wurzeln unter der Voraussetzung von Stromesschleifen treffen w\u00fcrde, sinkt die Leistungsf\u00e4higkeit dieser Gebilde nicht so schnell; sie h\u00e4lt sich weit st\u00e4rkeren Str\u00f6men gegen\u00fcber erfahrungs-m\u00e4fsig viel l\u00e4nger auf bedeutender H\u00f6he. Das schnelle Versagen der Zuckungen von den hinteren Wurzeln aus mufs folglich seinen Grund haben in einer Ver\u00e4nderung des Zustandes dieser Wurzeln selber. Die Trocknifs an sich kann der Grund nicht sein; sie erfolgt nicht so schnell in der feuchten Umgebung der W\u00e4nde des erbrochenen Wirbelrohres, und nur selten kehrt die Zuckung wieder, wenn man die Wurzeln einige Minuten lang in der mit dem Hautlappen bedeckten Wunde hat ausruhen lassen. Es mufs also in der Beeintr\u00e4chtigung der Leistungsf\u00e4higkeit der hinteren Wurzeln selber durch den erregenden Strom und die Trocknifs die Ursache der grofsen Verg\u00e4nglichkeit der Erschei-","page":597},{"file":"p0598.txt","language":"de","ocr_de":"598\t3, Abschn. Kap, VH. \u00a7. X. 5. Ausnahmef\u00e4lle\nnung gesucht werden, was einen anderen Ursprung der Zuckungen voraussetzt, als den aus hereingebrochenen Theilen des fremden erregenden Stromes.\nIch kann mich aus diesen Gr\u00fcnden nicht \u00fcberreden, dafs ich hier das Opfer einer T\u00e4uschung durch einen solchen Vorgang gewesen sei. Die Muthmafsung, dafs ich sollte eine vordere Wurzel mit aufgelegt haben, f\u00e4llt deshalb fort, weil dieser Fehler, der mir leicht zu vermeiden scheint, sich alsbald durch ganz andere Zuckungen verr\u00e4th, als diejenigen sind, die man von den hinteren Wurzeln aus in den g\u00fcnstigsten F\u00e4llen erh\u00e4lt.\nM\u00f6glicherweise ist es die secund\u00e4re Zuckung von den hinteren Wurzeln aus gewesen, welche Seubert gesehen hat, als er Jon. Muller\u2019s Versuche mit einer \u00f6Ogliederigen Zinkkupfers\u00e4ule zu wiederholen bem\u00fcht war.1 Joh. M\u00fcller dagegen berichtet,\u2019 dafs er, ohne dafs sich auch nur eine Spur einer Zuckung zeigte, das Ende der hinteren Wurzeln mit beiden Polen einer 34gliederigen S\u00e4ule in Verbin-dung gebracht habe. Indefs f\u00fcgt M\u00fcller hinzu: \u00bbIch wiederhole hier \u00bbdie Vorsichtsmafsregel, ja keine Fasern der vorderen Wurzeln mit zu \u00bbfassen\u201c. M\u00fcller hat also wohl dann und wann Zuckungen gesehen, sie aber auf Verabs\u00e4umung dieser freilich einleuchtenden Vorschrift geschoben, die er deshalb von Neuem einsch\u00e4rft. Longet, welcher den Versuch an erwachsenen Hunden mit schwachen S\u00e4ulen anzustellen pflegt, scheint bei gr\u00f6fseren Stromdichten auch auf Abweichungen ge-stofsen zu sein, denn er sagt: \u00bbToutefois, pour qu\u2019une semblable ex-\u00bbp\u00e9rience r\u00e9ussisse, il faut bien isoler les deux racines, absterger avec \u00bbsoin le sang qui les humecte, et surtout ne pas faire usage d\u2019une \u00bbpile trop forte; sans quoi le galvanisme pourrait se transmettre de \u00bbla racine post\u00e9rieure \u00e0 l\u2019ant\u00e9rieure, d\u2019o\u00f9 des contractions quand on \u00bbagirait sur l\u2019une ou sur l\u2019autre.\u00ab 3 Ein sicheres Urtheil l\u00e4fst sich nat\u00fcrlich hier \u00fcber fremde Erfahrungen nicht f\u00e4llen, da man nicht wissen kann, bis zu welchem Grade die Isolationsmaafsregeln zuverl\u00e4ssig waren.\n*\tSeubert, De Functionibus Radicum anteriorum ct posteri\u00f6rum Nervorum spinaliurn Commentatio. Carlsruhae et Badae 1833. p. 56.* \u2014 M\u00fcller\u2019s Archiv u. s. w. 1834, S. cxxv.* \u2014 Handbuch der Physiologie u. s. w. Bd. I. 3. Aufl Coblenz 1838. S. 656. 657.*\na Frorxep\u2019s Notizen u. s. w. No. 647. (Bd. XXX. No. 9). April 1831. S. 132.* \u2014 Annales des Sciences naturelles. 1831. t. XXIII. p. 107.* \u2014 Karl Bell\u2019s physiologische und pathologische Untersuchungen des Nervensystems. Uebersetzt von Romberg. Berlin 1832. S. 385.* \u2014 Handbuch der Physiologie u. s. w. Bd. I. 3. Aufl. Coblenz 1838. S. 655.*\n*\tAnatomie et Physiologie du Syst\u00e8me nerveux etc. Paris 1842. t. I. p. 36.*","page":598},{"file":"p0599.txt","language":"de","ocr_de":"vom Bell\u2019s chm Gesel\u00eee.\n599\nWie Zuckung von den hinteren Wurzeln aus, so miifste man, nach unseren Vorders\u00e4tzen, bei unversehrten hinteren Wurzeln auch Schmerz erregen k\u00f6nnen von den am R\u00fcckenmark durchschnittenen vorderen Wurzeln aus. Es ist mir jedoch nicht gelungen, auf diese Weise Schmerzbezeugung erfolgen zu sehen. Doch gilt hier gleichfalls die bereits oben S. 550 gemachte, ohnehin von Vivisectionen her bekannte Bemerkung \u00fcber die Unzul\u00e4nglichkeit der Pr\u00fcfungsmittel auf Schmerz. Auf alle F\u00e4lle miifste wohl der Versuch an einem empfindlicheren Thier angestellt werden als dem Frosch. Wie dem auch sei, Magendie\u2019s oben S. 583. 584 erw\u00e4hnte Versuche geh\u00f6ren deshalb nicht ohne Weiteres hieher, selbst wenn nicht Longet ihre Richtigkeit leugnete, weil sie mit dem mechanischen Reiz angestellt sind, mit dem wir wenigstens unter den bisherigen Verh\u00e4ltnissen unserer Versuche keine secund\u00e4re Erregung hervorzubringen im Stande waren.\nDagegen gelingt es wiederum, Zuckung zu erhalten, indem man von den vorderen Wurzeln der einen Seite eine an ihrer Vereinigungsstelle mit der entsprechenden hinteren Wurzel durchschneidet, und ihren centralen Stumpf auf die stromzuf\u00fchrenden Platinenden legt. Hier pflanzt sich der elektrotonische Zustand in der Bewegungswurzel aufw\u00e4rts bis in\u2019s R\u00fcckenmark fort, und erregt mittelbar die benachbarten Urspr\u00fcnge der vorderen Wurzeln derselben Seite. Auf diese Weise Zuckungen des unteren Theiles der Bauchwandungen erfolgen zu sehen, wenn ich die s\u00e4mmtlichen vordren Wurzeln f\u00fcr das eine Bein unmitel-bar erregte, hat mir jedoch noch nicht geliugen wollen.\nWas nun hier wirklich zu erkl\u00e4ren \u00fcbrig bleiben w\u00fcrde, ist der Umstand, dafs diese paradoxen Zuckungen so betr\u00e4chtliche Stroraes-kr\u00e4fte in Anspruch nehmen um sichtbar zu werden. Der Grund davon ist wohl zu suchen in der Umh\u00fcllung der Verbindungsstrecke der unmittelbar und mittelbar erregten Fasern mit betr\u00e4chtlichen Massen feuchter Leiter, in dem Fall der Zuckung von den hinteren Wurzeln aus mit Knochen, Muskeln und Haut; in dem der Zuckung von dem centralen Stumpf einer vorderen Wurzel aus mit dem R\u00fcckenmark selber. Auch fehlt ein gemeinsamer Querschnitt der Verbindungsstrecke, dessen Gegenwart die Zuckungen unterst\u00fctzt (S. oben S. 536. 549). Doch nmfs ich bekennen, dafs diese Gr\u00fcnde mir nicht ganz zureichend erscheinen. Da wir bei der Untersuchung des elektrotonischen Zustandes an den Wurzeln nicht vermochten, einen Unterschied in der Gr\u00f6fse des Zuwachses aufzufassen, je nachdem die Richtung von den Elektroden nach den B\u00e4uschen der rechtl\u00e4ufigen oder der r\u00fcckl\u00e4ufigen Bahn der aufliegenden Wurzeln entsprach, so w\u00fcrde es jedenfalls nicht gerecht fertigt sein, wenn wir einen ferneren Grund in dem Umst\u00e4nde suchen","page":599},{"file":"p0600.txt","language":"de","ocr_de":"600\n3, Ab sehn. Kap. VII. \u00a7. X. 5. Ausnahmef\u00e4lle\nwollten, dafs in beiden F\u00e4llen der elektrotonische Zustand sich auf r\u00fcckl\u00e4ufiger Bahn fortpflanzen mufs, um die mittelbare Erregung hervorzubringen.\nEs gelingt \u00fcbrigens, bei Zusammenstellung von Wurzeln in jeder m\u00f6glichen Weise, den secund\u00e4ren elektrotonischen Zustand wahrzunehmen, in den eine durch einen Strom von mittlerer Gr\u00f6fse unmittelbar erregte Wurzel eine andere zu versetzen vermag (S. oben S. 299. 541).\nDa wir nunmehr wissen, dafs sich der elektrotonische Zustand in den vorderen Wurzeln nach dem R\u00fcckenmarke zu mit hinreichender St\u00e4rke verbreitet, um die benachbarten Bewegungsfasern gleichfalls in Zuckung zu versetzen, so war es von Wichtigkeit, zu versuchen, ob sich nicht auf diese Art Reflexbewegungen w\u00fcrden erhalten lassen. In der That scheint dies die vortheilhafteste Gestalt zu sein, welche dem Mt\u00ceLLER\u2019schen Versuch ertheilt werden kann (S. oben S. 573). Denn nicht nur giebt es keine Art, die Nerven heftiger zu erregen, als durch Umsetzen eines erregenden Stromes in denselben, sondern diese Art der Erregung kann auch ausgef\u00fchrt werden, ohne dem Frosche selber zu nahe zu treten, so dafs man nicht Gefahr l\u00e4uft, durch Handhabung der Scheere u. d. m. Reflexbewegungen auszul\u00f6sen. Und da man bei der urspr\u00fcnglichen Form des Versuches doch auch das Wirbelrohr aufbrechen mufs, um die hinteren Wurzeln zu zerschneiden, so scheint es einfacher, sich sogleich an die vorderen Wurzeln zu wenden, und man hat dabei noch den Vortheil, dafs dem Thiere vor dem Versuch die Mehrausgabe an Leistungsf\u00e4higkeit durch die Zuckungen erspart wird, welche das Freilegen des gemischten Stammes unvermeidlich mit sich bringt.\nIch vergiftete also Fr\u00f6sche mit Opium, und wenn sie anfingen bei leiser Ber\u00fchrung zusaramenzufahren, \u00f6ffnete ich das Wirbelrohr und breitete die vorderen Wurzeln f\u00fcr das eine Bein mit ihren centralen St\u00fcmpfen \u00fcber die Platinenden. Ich erwartete beim Herstellen, Abbrechen, Umsetzen des Stromes der sechsgliederigen GROVE\u2019schen S\u00e4ule Reflexbewegungen zu erhalten. Dies traf jedoch nicht ein, obschon in einzelnen F\u00e4llen die Empf\u00e4nglichkeit des R\u00fcckenmarkes so grofs war, dafs ich kaum den Schliefsungshaken (S. oben S. 424. 425) und die Wippe des Stromwenders leise genug handhaben konnte um nicht durch die Ersch\u00fctterung und das Ger\u00e4usch allein schon Reflexbewegungen zu erregen. Von den hinteren Wurzeln aus erfolgten schon bei Anwendung der einfachen Kette furchtbare Kr\u00e4mpfe.","page":600},{"file":"p0601.txt","language":"de","ocr_de":"vom Beu'schen Gesetze,\n601\n6. Von dem Verhalten der Ganglienkugeln beim elektrotonischen\nZustand und der negativen Stromesschwankung beim Tetanisiren.\nBei der secund\u00e4ren Zuckung von den hinteren Wurzeln aus war die M\u00f6glichkeit vorhanden, dafs die mittelbare Erregung der Bewegungsfasern bereits vor dem Ganglion stattfinde; dafs dies letztere dem elektrotonischen Zustande den Durchgang nicht verstatte, und dafs aus diesem Grunde die Zuckung so schwer zu beobachten sei, indem n\u00e4mlich die gegenseitige Lage der vorderen und hinteren Wurzeln innerhalb des Wirbelrohres nach der Zurichtung und w\u00e4hrend des Versuches von allerlei Zuf\u00e4lligkeiten abh\u00e4nge. Ich brauche dem Physiologen wohl nicht erst zu bemerken, in wie mancher Beziehung die thats\u00e4chliche Pr\u00fcfung der Frage von Interesse war, wie sich die Ganglien gegen den elektrotonischen Zustand verhalten; wegen der oben S. 567 gegebenen Theorie des Theiles der elektrischen Empfindungen aber, der von dem Strom in stetiger Gr\u00f6fse herr\u00fchrt, mufste mir auch noch besonders daran liegen, mich \u00fcber den fraglichen Punkt aufgekl\u00e4rt zu sehen.\nDer Versuch bietet keine namhaften Schwierigkeiten dar. Nachdem mau das R\u00fcckenmark blosgelegt, trennt man auf der einen Seite die hinteren Wurzeln von demselben, und fafst ihre peripherischen St\u00fcmpfe mittelst einer Schlinge aus einem zarten Faden roher Seide zusammen. Darauf verf\u00e4hrt man ebenso mit den vorderen Wurzeln. Dies hat, wie man sich leicht denken kann^ zum Zweck, die s\u00e4mrat-lichen Wurzeln der einen Art in einem St\u00fcck handhaben zu k\u00f6nnen und zugleich vor der Gefahr einer Verwechselung der Wurzeln der einen und anderen Art untereinander gesichert zu sein, welche nicht immer zu vermeiden ist, wenn s\u00e4mmtliche Wurzeln einmal vom R\u00fcckenmark getrennt und durcheinander geworfen sind. Nachdem die beiden Wurzelb\u00fcndel zugerichtet sind, benagt man mit der Knochenzange die Wirbel bis dicht an die Ganglien, und schneidet endlich ein m\u00f6glichst schmales St\u00fcck der Seitenwand der Wirbels\u00e4ule heraus, von dem an der inneren Seite die beiden Wurzelb\u00fcndel, an der \u00e4ufseren und unteren das Ischiadgeflecht herabh\u00e4ngen. Man legt das Ischiadgeflecht auf die B\u00e4usche, das Knochenst\u00fcck auf die wagerechte Glasplatte des allgemeinen Tr\u00e4gers, und l\u00e4fst \u00fcber dem Knochenst\u00fcck die stromzuf\u00fchrenden Platinenden in der Weise schweben, dafs man nach Belieben eines der beiden Wurzelb\u00fcndel auflegen kann.\nDer Erfolg ist, dafs man von den vorderen sowohl als von den hinteren Wurzeln aus, in dem letzteren Falle also durch die Ganglien","page":601},{"file":"p0602.txt","language":"de","ocr_de":"602 3. Abschi. Kap. VII. \u00a7. X. 6. Die Bervegungserscheimmgen des\nhindurch, die beiden Phasen des elektrotonischen Zustandes in richtigem Sinne und auch, innerhalb der m\u00f6glichen Grenzen der Genauigkeit, in gleicher St\u00e4rke wahrnimmt. Die Wirkungen sind, absolut genommen, nur schwach; dies erscheint jedoch gerechtfertigt dadurch, dafs erstlich die Zurichtung, selbst bei nicht geringer Uebung, immer ziemlich lange dauert, dafs zweitens der Abstand zwischen der erregten und der abgeleiteten Strecke namentlich f\u00fcr die h\u00f6her entspringenden Wurzeln stets ein bedeutender bleibt, und dafs f\u00fcr\u2019s dritte hier der oben S. 370. 543 besprochene ung\u00fcnstige Fall eintritt, wo die abgeleitete Strecke die erregte am Querschnitt \u00fchertrifft. Abgesehen von der Mebenschliefsung also, welche die nicht unmittelbar erregten Fasern den dipolar elektromotorischen Wirkungen der unmittelbar erregten darbieten, beobachtet man nur den Unterschied des prim\u00e4ren elektrotonischen Zustandes der unmittelbar erregten Fasern und des secund\u00e4ren elektrotonischen Zustandes der durch die ersteren Fasern mittelbar erregten Primitivr\u00f6hren. Man k\u00f6nnte nun der Meinung sein, der Versuch beweise noch nicht die Durchg\u00e4ngigkeit der Ganglien f\u00fcr den elektrotonischen Zustand, indem vielleicht die Phasen, welche man beim Erregen des hinteren Wurzelb\u00fcndels erh\u00e4lt, von nichts herr\u00fchren, als dem secund\u00e4ren elektrotonischen Zustande der Bewegungsfasern, welche noch vor dem Ganglion durch die Empfindungsfasern mittelbar erregt w\u00fcrden. Der Einwand ist falsch, denn alsdann d\u00fcrften die beobachteten Phasen nicht die richtige, sondern sie miifsten die umgekehrte Richtung haben, wie in dem Fig. 138 Taf. II abgebildeten Falle.\nDie Ganglien sind also f\u00fcr den elektrotonischen Zustand durchg\u00e4ngig. Der Versuch w\u00e4re jedoch noch dahin abzu\u00e4ndern, dafs man die Wurzeln auf die B\u00e4usche, das Ischiadgeflecht auf die stromzuf\u00fchrenden Platinenden br\u00e4chte. Ich habe ihn in dieser Gestalt noch nicht ausgef\u00fchrt, wie ich denn \u00fcberhaupt darauf verzichtet habe, schon jetzt die mannigfaltigen Fragen zu beantworten, die sich hier dem Nervenphysiologen darbieten (Vergl. oben Bd. I. Vorrede S. x. Bd. II. S. 569).'\nBringt man, bei dem letztbeschriebenen Versuche, den Inversor in den Kreis, und tetanisirt die Wurzeln mit abwechselnden Str\u00f6men, so sieht man von beiden Wurzelb\u00fcndeln aus die negative Stromesschwankung an dem mit L\u00e4ngs- und Querschnitt aufgelegten Ischiadgeflecht erscheinen. Die innere Ver\u00e4nderung der Nerven also, welche den Bewegung vermittelnden Vorgang bei elektrischer und nicht elektrischer Erregung, und den Empfindung vermittelnden Vorgang bei nicht elektrischer Erregung und bei dem Theil der elektrischen Erregung ausmacht, welcher von Schwankungen der Stromdichte herr\u00fchrt (S. oben S. 566): diese-","page":602},{"file":"p0603.txt","language":"de","ocr_de":"Nervenstromes in den Ganglienlcugeln und (7) den Centraltheilen. \u00dfQ3\ninnere Ver\u00e4nderung, auf der die negative Stromesschwankung beim Tetanisiren beruht, pflanzt sich gleichfalls durch die Ganglienkugeln in absteigender Richtung fort.\n7. Bewegungserscheinungen des Nervenstromes an den Centralgebilden.\nEs fragt sich jetzt, ob es gelinge, die Beweguugserscheinungen des Nervenstromes auch an den Centralgebilden zu beobachten. Ich habe beim Frosch sehr oft den Versuch in der Weise angestellt, dafs ich Hirn und R\u00fcckenmark m\u00f6glichst schnell frei zurichtete (S. oben S. 259), und mit L\u00e4ngs- und Querschnitt \u00fcber die B\u00e4usche br\u00fcckte; der Querschnitt war entweder \u00fcber dem Ursprung der Wurzeln f\u00fcr die unteren Extremit\u00e4ten oder durch das verl\u00e4ngerte Mark angelegt; auf den stromzuf\u00fchrenden Platinenden lagen beziehlich auf Gehirn und verl\u00e4ngertes Mark oder das Lendenmark. In dem erregenden Kreise befanden sich eine zweigliederige GnovE\u2019sche S\u00e4ule, der Poggendorff-sche Inversor und der Stromwender.\nWas zun\u00e4chst den elektrotonischen Zustand betrifft, so erh\u00e4lt man zwar Wirkungen, welche denen beim Eintritt der Phasen \u00e4hnlich sehen. Aber diese Wirkungen haben nicht selten die falsche Richtung; eine Lagever\u00e4nderung auf den B\u00e4uschen vermag ihre Richtung umzukehren oder wenigstens ihre Gr\u00f6fse wesentlich zu ver\u00e4ndern; beim Umlegen des R\u00fcckenmarkes auf den B\u00e4uschen kehren sie sich nicht immer um, wie sie m\u00fcfsten, wenn sie wirklich auf Phasen beruhten; endlich sie bleiben in gleichem Mafse bestehen, wenn man das R\u00fcckenmark zwischen Blechen und B\u00e4uschen durchschneidet und die St\u00fcmpfe wieder aneinanderf\u00fcgt.\nAus alle dem erkennen wir, dafs es sich hier einmal wirklich statt um \u00e4chten positiven und negativen Zuwachs, um Schleifen des erregenden Stromes handelt, die in den Multiplicatorkreis einbrechen (Vergl. oben S. 42. 295). Bei der Dicke des R\u00fcckenmarkes im Vcrh\u00e4ltnifs zu seiner K\u00fcrze kann uns dies nicht Wunder nehmen. Diesem Uebel ist nicht abzuhelfeu; man m\u00fcfste denn den Frosch verlassen und sich an das R\u00fcckenmark des Aales oder einer Schlange wenden, was ich zu thun noch nicht Zeit gefunden habe.\nMan kommt also auf diesem Wege nicht in\u2019s Klare dar\u00fcber, ob sich am R\u00fcckenmark der elektrotonische Zusand in gesetzm\u00e4fsiger Weise wahrnehmen lasse. F\u00fcr die negative Schwankung f\u00e4llt diese Schwierigkeit fort; denn wenn auch Stromesschleifen in den Multiplicatorkreis","page":603},{"file":"p0604.txt","language":"de","ocr_de":"604\t3. Abschn. Kap. VII. \u00a7. X, 8. Bemegungserscheinungen\neinbrechen, so wechselt doch in jedem Augenblick ihre Richtung, und sie vernichten ihre Wirkung auf die Nadel, so lange sie nicht stark genug sind, durch Ver\u00e4nderung ihres Magnetismus Poggendorff\u2019s doppelsinnige Ablenkung zu erzeugen, welche aber doch immer keine Verwechselung mit einer negativen Nadelhewegung zulassen k\u00f6unte (S. oben S. 44. 430). Demgem\u00e4fs gelingt es nicht selten, hei der beschriebenen Anordnung, die negative Schwankung wirklich in m\u00e4fsiger Gr\u00f6fse zu beobachten. Von der Aechtheit der Wirkung \u00fcberzeugt man sich leicht dadurch, dafs sie verschwindet, wenn man das R\u00fcckenmark zwischen der erregten und der abgeleiteten Strecke zerschneidet, w\u00e4hrend alsdann die falschen Phasen zu erscheinen fortfahren (S. oben).\nIch habe diese Versuche auch noch mit dem Sehnerven eines grofsen Hechtes (E. lucius) angestellt (Vergl. oben S. 256), in der Hoffnung, hier vielleicht zur Darstellung \u00e4chter Phasen zu gelangen, indefs vergeblich. Auch hier brach noch der erregende Strom in den Multiplicatorkreis ein und verdeckte, was sich vom clektrotonischen Zustande sonst wohl gezeigt haben m\u00f6chte; die negative Schwankung dagegen wurde auch hier mehrmals beobachtet.\n8. Untersuchung der Bewegungserscheinungen des Nervenstro-mes, wenn erregte und abgeleitete Strecke an verschiedenen Theilen des Nervensystemes gelegen sind.\nUm zu pr\u00fcfen, ob das R\u00fcckenmark f\u00e4hig sei, den elektrotonischen Zustand zu zeigen, ohne Gefahr zu laufen, durch Schleifen des erregenden Stromes get\u00e4uscht zu werden, gab es noch einen anderen Weg als den oben angegebenen, sich an\u2019s R\u00fcckenmark von Aalen und Schlangen zu wenden. Man pr\u00e4parirt die Wirbels\u00e4ule des Frosches mit beiden daran h\u00e4ngenden Ischiadgcflechten frei heraus, schneidet sie in der Gegend des verl\u00e4ngerten Markes quer durch, bricht um das R\u00fcckenmark bis an den Ursprung der Wurzeln f\u00fcr die hinteren Extremit\u00e4ten die Wirbel fort, und breitet das dergestalt entbl\u00f6fste R\u00fcckenmark \u00fcber die B\u00e4usche, \u00fcber die stromzuf\u00fchrenden Platinenden aber die Ischiad-geflechte, indem man die Lendengegend der Wirbels\u00e4ule mit H\u00fclfe der wagerechten Glasplatte des allgemeinen Tr\u00e4gers st\u00fctzt.\nBei dieser Art zu verfahren nun habe ich ein paarmal die Phasen des elektrotonischen Zustandes am Multiplicator f\u00fcr den Nervenstrom ^spurweise in der richtigen Richtung wahrgenommen. Man k\u00f6nnte versucht sein, diese Erfahrung zu benutzen, um mit H\u00fclfe derselben die so h\u00f6chst unvollst\u00e4ndigen Ergebnisse der anatomischen Untersuchung","page":604},{"file":"p0605.txt","language":"de","ocr_de":"des Nervenstromes an verschiedenen Theilen des Nervensystems. 605\ndes R\u00fcckenmarkes zu erg\u00e4nzen. Man k\u00f6nnte daraus schliefsen wollen, dafs sich die iin Ischiadgeflecht unmittelbar erregten Fasern stetig bis durch die ganze abgeleitete Strecke, also bis zum verl\u00e4ngerten Mark, erstrecken. Dieser Schlufs w\u00fcrde indefs voreilig sein. Es gen\u00fcgt, \u00f9m das Ergebnifs zu erkl\u00e4ren, die Annahme, dafs jene Fasern sich bis iu die abgeleitete Strecke verbreiten, oder auch nur bis ganz nahe an dieselbe. Hier m\u00f6gen sie enden und eben nur ihre dipolar elektromotorischen Wirkungen durch den Multiplicatorkreis f\u00fchlbar machen: diese Wirkungen m\u00fcssen aber noch stark genug sein, um diejenigen zu \u00fcberwiegen, welche in entgegengesetzter Richtung von den eigentlichen R\u00fcckenmarksfasern ausgehen, die durch die'ersten Fasern in se-cund\u00e4ren elektrotonischen Zustand versetzt werden. Dies gilt unter der Voraussetzung, dafs die unmittelbar und mittelbar erregten Fasern dabei in der Weise-aneinander gelagert sind, wie dies Fig. 135. Taf. V. Fig. 138. Taf. II f\u00fcr zwei Nerven zeigen. In dem Falle Fig. 136. 139 ebendas., den man aber schwerlich wird als in der Wirklichkeit stattfindend voraussetzen, k\u00f6nnten die wahrgenommenen Wirkungen begreiflich auch nur mittelbare gewesen sein.\nAuch die negative Schwankung bin ich im Stande gewesen, am R\u00fcckenmark von den Ischiadgeflechten aus in \u00e4ufserst geringem Mafs hervorzubringen.\nZu einer auf den ersten Blick sehr \u00fcberraschenden Abweichung giebt der nun nahe liegende Versuch Anlafs, den elektrotonischen Zustand an den Ischiadnerven vom R\u00fcckenmarke des lebenden Thieres aus sichtbar zu machen. Die Art, dem lebenden Frosche den erregenden Strom zuzuf\u00fcbren, findet sich bereits oben Bd. I. S. 456. Bd. II. S. 56 beschrieben, Bd. I. Taf. III. Fig. 24 abgebildet. Man bedient sich als erregender Kette einer zweigliederigen GitovE\u2019schen S\u00e4ule nebst Poo-GENDORFF\u2019schem Inversor und Pom/schem Stromwender. Dreht man das Rad des Inversors, so sieht man den Frosch in Tetanus gerathen und die Nadel einen lebhaften negativen Ausschlag beschreiben. So weit ist die Sache in der Ordnung.\nVersucht man aber nunmehr den positiven und negativen Zuwachs zu beobachten, indem man die Federn des Inversors auf leitende Z\u00e4hne stellt und der Wippe des Stromwenders die eine oder die andere Lage ertheilt, so zeigt sich, wenn der Strom zwischen den Hautklemmen am R\u00fccken des Thieres z. B. ansteigend ist, und demgem\u00e4fs positiver Zuwachs erwartet wird, gerade umgekehrt negativer Zuwachs, und zwar weit schw\u00e4cher, als vorher die negative Schwankung. Legt man die Wippe um, so dafs bei absteigendem Strome zwischen den Hautklemmen der Zuwachs negativ sein m\u00fcfste, so erfolgt positive Phase.","page":605},{"file":"p0606.txt","language":"de","ocr_de":"606\t3. Abschn. Kap. VII. \u00a7. X. 8. Bervegungserscheinungen\nEs handelt sich um kein Nebenschliefsungsph\u00e4nomen, gleich dem oben S. 496 ff. er\u00f6rterten, um keine Stromesschleifen, die in den Multiplicatorkreis einbrechen u. d. m. Denn wenn man den Nerven zerschneidet zwischen dem Punkte, wo er aus der Wunde des Ileo-Coc-cygeus Dug. hervortritt, und dem Punkte des L\u00e4ngsschnittes, mit welchem er aufliegt, so h\u00f6rt jede Wirkung auf. Abermals also haben wir vor uns die r\u00e4thselhafte Erscheinung des verkehrten Zuwachses, die uns schon einmal so viel Verlegenheit bereitete (Vergl. oben S. 403 ff.).\nWie dort indefs, l\u00f6st sich auch hier dieselbe zuletzt in eine blofse T\u00e4uschung auf. Die Fig. 142. Taf. V ist bestimmt, Aufkl\u00e4rung dar\u00fcber zu geben. Sie zeigt, wie man sich in dein L\u00e4ngendurchschnitt des Froschrumpfes die Vertheilung der Stromescurven zu denken habe. Nunmehr sieht mau sofort, dafs, wenn wir wegen der ansteigenden Richtung des Stromes zwischen den Hautklemmen, wie sie in der Figur angenommen ist, den positiven Zuwachs verlangten, wir \u00fcbersahen, wie der Strom sich von der positiven Klemme aus auch in absteigender Richtung durch den oberen Theil des Ischiadnerven ergiefse; in aufsteigendem Sinne hinwieder, wenn zwischen den Klemmen der Strom absteigend war, und wir deragem\u00e4fs negativen Zuwachs erwarteten. Allerdings mufs der Strom auf dem geraden Wege von Klemme zu Klemme durch das R\u00fcckenmark bei weitem st\u00e4rker ausfallen, als auf dem Umwege durch den Bauch. Dafs aber trotzdem die Wirkung der k\u00fcrzeren Stromescurven durch das R\u00fcckenmark die der l\u00e4ngeren durch den Ischiadnerven selber nicht zu \u00fcbertreffen im Stande sei, dies erkl\u00e4rt sich leicht aus der bedeutend geringeren Entfernung von der abgeleiteten Strecke, in der die letzteren th\u00e4tig sind. Vergl. \u00fcbrigens oben S. 350 die Untersuchung \u00fcber den elektrotonischen Zustand bei gleichzeitiger Einwirkung zweier Str\u00f6me auf den Nerven.\nEs gab einen einfachen Weg, die Richtigkeit dieser Deutung des verkehrten Zuwachses zu pr\u00fcfen. Er bestand darin, hinter der hinteren Froschhautklemme, der positiven in der Figur, etwa bei \u00ab, die Wirbels\u00e4ule nebst den etwa schon zu den Ischiadgeflechten abgegebenen St\u00e4mmen zu durchschneiden. Ist die obige Vorstellung von der Ursache des verkehrten Zuwachses in der Wirklichkeit begr\u00fcndet, so mufs er nach dieser Vorkehrung fortbestehen; ist sie irrig, so mufs jede Spur eines Zuwachses verschwunden sein. Der Erfolg lehrt, dafs der verkehrte Zuwachs in nahezu gleicher Gr\u00f6fse zu erscheinen fortf\u00e4hrt. Unsere Erkl\u00e4rung ist dadurch best\u00e4tigt, Zugleich sieht man, dafs wohl die Wirkung vom R\u00fcckenmark aus, die sich von derjenigen von der oberen Gegend des* Ischiadnerven aus abzog, nur eine sehr kleine ge-","page":606},{"file":"p0607.txt","language":"de","ocr_de":"des Nervenslromes an verschiedenen Theilen des Nervensystems. 607\nwesen sein k\u00f6nne. Denn im entgegengesetzten Falle h\u00e4tte ihr Aufh\u00f6ren eine Verst\u00e4rkung des verkehrten Zuwachses herbeif\u00fchren und die geringe Schw\u00e4chung \u00fcberwiegen m\u00fcssen, welche wohl daher r\u00fchrt, dafs nach dem Schnitte die quergetrennten Theilc stets nur mehr oder weniger unvollkommen wieder aneinander schlicfsen.\nAuf diese Weise gelangt man also nicht dazu, zu wissen, ob sich vom R\u00fcckenmark aus an den Nerven elektrotonischer Zustand wahrnehmen lasse. Es ist vielmehr folgender Weg einzuschlagen. Man stellt sich, in m\u00f6glichster Eile, ein Pr\u00e4parat dar, welches nur aus dem Sch\u00e4del ohne Unterkiefer und der Wirbels\u00e4ule mit dem darin befindlichen Gehirn und R\u00fcckenmark und den beiden daran h\u00e4ngenden Ischiad-geflechten besteht. Diese werden, als Ein Nerv zusammengefafst, auf die B\u00e4usche gebracht und die Wirbels\u00e4ule mittelst Kautschukringen an die Glasplatte der stromzuf\u00fchrenden Vorrichtung dergestalt befestigt, dafs die Platinenden die Bauchfl\u00e4che des R\u00fcckgrathes in der Gegend des verl\u00e4ngerten Markes ber\u00fchren. Durch ein St\u00fcck Wachstaffent oder Guttapercha wird der Gaumen von den Messingdr\u00e4hten isolirt, welche die Platinenden tragen. Bei dieser Anordnung nun sieht man durch den Strom einer 2\u20143gliederigen GirovE\u2019schen S\u00e4ule am Multiplicator f\u00fcr den Nervenstrom schwache Phasen im richtigen Sinne entstehen, wie auch, durch Tetanisiren, eine st\u00e4rkere negative Stromesschwankung. Durchschneidet man mit einem spitzen Scalpell, welches man zwischen zwei Wirbelbogen einf\u00fchrt, das R\u00fcckenmark innerhalb des Wirbelrohres dicht unter dem unteren Platinende, so sind die Bewegungserscheinungen des Stromes verschwunden selbst bei Anwendung einer* sechsgliederigen S\u00e4ule und selbst wenn man Sorge tr\u00e4gt, dafs die durch die Zur\u00fcckziehung der R\u00fcckenmarksst\u00fcmpfe entstandene L\u00fccke in der leitenden Masse durch einen Tropfen Blutwasser u. d. m. wieder ausgef\u00fcllt wird. Dies dient zum Beweise, dafs die Erscheinungen nicht etwa herr\u00fchrten von Stromesschleifen, welche sich bis zu den Wurzeln ergossen.\nEs ist mir ferner gelungen, die Bewegungserscheinungen des Stromes sichtbar zu machen an einem Muskelnerven, auf dessen Ausbreitung im Muskel ich den erregenden Strom wirken liefs. Ich w\u00e4hlte dazu den Gastroknemius nebst dem R. tibialis des Ischiadnerven (S. oben S. 445. 546). Der Gastroknemius wurde in der oben S. 67 geschilderten Art zugerichtet und mit den ihm gelassenen Knochenst\u00fccken in der Fig. 86. Taf. I sichtbaren Weise mit H\u00fclfe der kleineren Streckvorrichtung (Vergl. oben S. 130) m\u00e4fsig angespannt. Der Tibialis lag auf den B\u00e4uschen auf und die Platinenden der stromzuf\u00fchrenden Vorrichtung waren dem Muskel angelegt. Die Befestigung des Muskels war noth-","page":607},{"file":"p0608.txt","language":"de","ocr_de":"608 3. Ahschn. Kap.VlI. \u00a7- X. 8. Schlufs d. Versuche \u00fcb. d.Nervenstrom.\nwendig, weil, wenn er blos auf die Platinenden aufgelegt worden w\u00e4re, er sich leicht auf denselben so verschoben haben w\u00fcrde, dafs der Strom den Tibialis unmittelbar betroffen h\u00e4tte. Den Zweig des Tibialis, der sich, in die Bindegewebescheide des Gastroknemius eingebettet, l\u00e4ngs der inneren Fl\u00e4che des Muskels zum Fufse begiebt, durch-schnitt ich dicht unterhalb der Stelle, wo der f\u00fcr den Gastroknemius bestimmte Zweig sich in diesen einsenkt. Die Stelle ist leicht zu entdecken, indem die pigmentirten Blutgelafse denselben Verlauf nehmen als die Nerven. Diese Vorkehrung hatte zum Zweck, dafs wirklich nur von den Ausbreitungen des Nerven aus im Inneren des Muskels die Erregung erfolgen sollte. Es erschienen spurweise richtige Phasen und etwas deutlicher negative Stromesschwankung am Multiplicator f\u00fcr den Nervcnstrom bei Anwendung von zwei bis drei Gliedern der Grove-schen S\u00e4ule.\nDies ist, was ich von thats\u00e4chlichen Untersuchungen \u00fcber den Nervenstrom mitzutheilen habe. Wir wenden uns jetzt wieder dem Muskelstrome zu und zwar nunmehr der wichtigen, so lange ganz hintangesetzten Frage nach seinem Verhalten am lebenden unversehrten K\u00f6rper der Thiere und des Menschen.\nGedruckt bei Gustav Schade in Berlin.","page":608}],"identifier":"lit98","issued":"1849","language":"de","pages":"3-608","startpages":"3","title":"Untersuchungen \u00fcber thierische Elektricit\u00e4t, Zweiter Band, Erste Abtheilung","type":"Book","volume":"2"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T12:23:16.452907+00:00"}