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{"created":"2022-01-31T16:05:35.753936+00:00","id":"lit15502","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Wallaschek","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 6: 482-484","fulltext":[{"file":"p0482.txt","language":"de","ocr_de":"48'2\nLitter at\u00f9rbericht.\nC. Herbert Hurst. Biological Theories IV. Supposed Auditory Organs.\nNatural Science (London and New York). Vo!. H. Mai 1893. S. 350.\n\u2014 Biological Theories V. Suggestion as to the true functions of\nTentaculocysts, Otocysts and Auditory Sacs. Ebda. June 1893. S. 421.\nDrei Gruppen yon Erscheinungen scheinen bisher ungenau unterschieden worden zu sein: die Otocysten der Mollusken und Krustaceen, die Geh\u00f6rss\u00e4cke der Hummer und Krebse und die H\u00f6rhaare anderer Krustaceen.\" Hurst kn\u00fcpft an ein Experiment Hessens an, der die H\u00f6rhaare einer Mysis unter dem Mikroskop beobachtete, w\u00e4hrend zugleich eine Scala gespielt wurde ; da bei manchen T\u00f6nen die H\u00f6rhaare in lebhafte Bewegung gerieten, schlofs er, dafs sie auf Tonwellen durch Schwingungen specifisch reagieren. Diese Beobachtungen seien von Helmholtz best\u00e4tigt, doch verwirft Hurst die Schlufsfolgerung, sowie die ganze Art des Experiments.\nVor allem sei durch das Experiment nicht erwiesen, dafs die H\u00f6rhaare auf T\u00f6ne reagieren, denn auch die Augenwimpern bewegen sich bei Toneindr\u00fccken, ohne deshalb auf T\u00f6ne als solche zu reagieren. Ferner herrsche ein Mifsverst\u00e4ndnis \u00fcber den Begriff Tonwelle im Wasser. Eine an ein Aquarium geprefste t\u00f6nende Stimmgabel erzeuge zwei Arten von Wellen: Wasserwellen an der .Oberfl\u00e4che und Tonwellen im Wasser selbst, Erstere seien eine offenbare Bewegung, letztere mehr eine Verdichtung des Wassers in gewissen Knotenpunkten, und zwar nach allen Richtungen hin, analog der Verdichtung der Luft bei den Luftschallwellen. W\u00e4re das Aquarium durch eine wasserdichte Wand geteilt, so w\u00fcrden die Wellen an der Oberfl\u00e4che hier stehen bleiben, die Tonwellen aber fortgepflanzt werden. Trotzdem ist die eigentliche Bewegung eines Wasserteilchens bei den Wassertonwellen eine sehr geringe (namentlich im Vergleich zu den Oberfl\u00e4chewellen des Wassers). Sie ist 10 000 mal kleiner als bei der Tonluftwelle. Nach Experimenten yon Lord Rayleigh war die Bewegung eines Luftteilchens geringer, als ein I5g\u00a7g\u00f6s eines Zolls, also etwas mehr als ein xoSnana einer Wellenl\u00e4nge, und dies bei dem Erklingen des Tones fIT einer Orgel-Pfeife, der auf mehr als eine halbe englische Meile geh\u00f6rt wurde. Nun ist -Wasser 10000 mal weniger zusammendr\u00fcckbar als Luft, folglich w\u00e4re bei demselben Tone im Wasser nur eine Bewegung von einem \u25a0F\u00fcnfbillionstel der Wellenl\u00e4nge erfolgt. Um also die von Hensen beobachtete Bewegung zu. erzielen, m\u00fcfste eine Wasserwellenl\u00e4nge vorhanden sein, die nur im atlantischen Ocean Vorkommen k\u00f6nnte. Dadurch werde die Ungenauigkeit des Experiments selbst und der Schlufsfolgerung trotz der Autorit\u00e4t Hensens und Helmholtz\u2019 offenbar. Hurst berechnet: Um eine Bewegung zu erzielen, wie sie Hessen gesehen haben will, dazu bed\u00fcrfte es eines Tones von solcher St\u00e4rke, dafs ihn weder das menschliche Ohr, noch das Mikroskop, noch selbst das Geb\u00e4ude, in dem der Versuch angestellt wird, aushalten k\u00f6nnte.\nDie gew\u00f6hnliche Geh\u00f6rstheorie sagt: Otocyste ist ein Geh\u00f6rssack, dessen Th\u00e4tigkeit abh\u00e4ngt von dem Anstofsen der H\u00f6rhaare gegen die Otolithen. Dafs nun diese Schwingungen oder St\u00f6fse durch Tonwasserwellen produciert w\u00fcrden, sei eine physische Unm\u00f6glichkeit, denn der","page":482},{"file":"p0483.txt","language":"de","ocr_de":"L\u00fcteraturbericl\u00eft.\n483\nDruck auf das Haar komme von allen Seiten und verhindere eine \u00c4nderung des Verh\u00e4ltnisses zwischen Haar und Otolith. Dafs Otho-\u25a0cysten, Tentakulocysten als Geh\u00f6rorgane funktionieren, sei unm\u00f6glich (aufser sie w\u00e4ren mit einer H\u00f6hle in Verbindung, die ein Gas enth\u00e4lt), und Geh\u00f6rsorgane w\u00e4ren \u00fcberhaupt unn\u00f6tig bei Tieren wie den Medusen und deren Entwickelung durch Natural-Sel\u00e9ktion nicht erkl\u00e4rlich. Was ist also die Funktion dieser Organe? Darauf.giebt der. 2, Artikel Antwort:\nDie Tentakulocysten einer Aurelia werden als kombiniertes Gesichts-\u00fcnd Geh\u00f6rsorgan betrachtet. Aber wenn sie auch lichtempfindlich seien;, so seien sie deshalb noch keine Sehorgane, denn dazu geh\u00f6re nicht blofs die M\u00f6glichkeit,. gefeizt zu werden (stimulus), sondern auch Empfindung, und dazu Bewufstsein.\nDer Zweck als Geh\u00f6rorgan sei, wie oben bemerkt, durch Natural-Selektion nicht zu erkl\u00e4ren, aber auch nicht durch Sexual-Selektion, denn das Tier besitze keine Stimmorgane. (Ich bemerke hierzu, dafs das Vorhandensein von Stimmorganen zur Tonproduktion nicht n\u00f6tig ist; viele Insekten z. B. producieren T\u00f6ne durch 'Reibung der Fl\u00fcgel oder der Beine an den Fl\u00fcgeln. Das spielt bei geschlechtlicher Zuchtwahl eine grofse Bolle.)\nUm den Zweck dieser Organe zu erkennen, m\u00fcsse man die Lebens,-bedingungen des Tieres kennen. Nach Besprechung derselben kommt Hurst zu dem Schl\u00fcsse, dafs die Tentakulocysten der Medusen dazu -dienen, das Tier automatisch (ohne Empfindungen entstehen zu lassen) dorthin zu steuern, wo es Gefahren entgeht und am meisten Nahrung findet. Bei Mollusken w\u00e4re auch eine Empfindung nicht unm\u00f6glich;. An der Hand einer ebenso .ltomplicierten, als scharfsinnigen Untersuchung \u00fcber die Bewegung eines K\u00f6rpers auf den Wellen versucht nun Hijkst zu zeigen, wie die Medusen rein automatisch immer in die Zone der gr\u00f6bsten Sicherheit gebracht werden m\u00fcssen, ohne dafs die Annahme eines Bewufstseins, einer Empfindung und eines Urteiles n\u00f6tig w\u00e4re.\nSo, sehr nun die Kritik der Experimente Hessens Beachtung ver-. dient, der positive Teil des Artikels \u00fcber die eigentliche Funktion der \u201evermeintlichen Geh\u00f6rsorgane\u201c mufs. doch Bedenken erregen. Vor allem ist durch Hursts Beschreibung der Beweis nicht erbracht, dafs die Bewegung der Medusen nur automatisch (Romanes ist bei manchen Medusen zu dem entgegengesetzten Resultate gekommen Phil. Transact. Vol. 166, pag. 272) erfolge, denn der Umstand, dafs sich eine Bewegung automatisch erkl\u00e4ren lasse, rechtfertigt noch lange nicht die Annahme, dafs deshalb noch keine Empfindung dabei mitgespielt habe, er sagt \u00fcber die Empfindung blofs nichts aus (weder positiv, noch' negativ). Es ist auch nicht ausgeschlossen, dafs dieses \u201eautomatische Steuern\u201c ein primitives H\u00f6ren ist, das sich zu unserem H\u00f6ren etwa so verh\u00e4lt, wie die Tentakulocysten zum entwickelten menschlichen Geh\u00f6rsorgan. Auch ist Hursts Untersuchung \u00fcber die Bewegung eines K\u00f6rpers auf Wellen sehr wertvoll f\u00fcr Medusen, pafst aber schon weniger f\u00fcr Mollusken und gar nicht f\u00e4r Krustacee\u00fc. \u00dcber die Funktion der H\u00f6rhaare bei den letzteren ist denn auch Hurst jeden Aufschlufs einfach schuldig geblieben. Die ganze Untersuchung h\u00e4tte darauf hinauslaufen m\u00fcssen, zu zeigen, ob\n31\u00ae","page":483},{"file":"p0484.txt","language":"de","ocr_de":"484\nLitteraiurbericht.\nund wie Medusen Mollusken und Krustaceen auf Wassert on wellen specifisch reagieren, und zwar anders reagieren, als auf die gew\u00f6hnliche Bewegung der Wellen an der Oberfl\u00e4che. Dazu, und sobald die Untersuchung von Bewufstsein, Empfindung und Urteil in Frage kommt, ist es allerdings n\u00f6tig, das Tier als Ganzes zu beobachten, sein Benehmen zu verfolgen, nicht blofs ein einzelnes Organ unter dem Mikroskop. (Ich verweise hier auf die Art, wie Gr\u00e4ber seine erfolgreichen Experimente \u00fcber das Geh\u00f6r der Insekten anstellte im Arch. f. mikrosk. Amt. Bd. XX). H\u00f6rst hat aber nur die Bewegung durch Wellen an der Oberfl\u00e4che untersucht (und das nur bei Medusen), bez\u00fcglich! des Einflusses der Wassertonwelle macht er lediglich die Bemerkung, dafs eine Wechselwirkung von Otolith und H\u00f6rhaar durch Schwingungen unm\u00f6glich sei. Durch Schwingungen allerdings, aber die gr\u00f6fsere und geringere Verdichtung des Wassers in den \u201eKnoten\u201c der Tonwasserwellen kann auch auf das Volumen von Otolith und H\u00f6rhaar nicht ohne Einflufs bleiben. Die Wechselwirkung beider w\u00e4re somit keine \u201ephysische Unm\u00f6glichkeit\u201c. Dies insbesondere, wenn man der Forschungen Hertwigs gedenkt (Das Nervensystem und die Sinnesorgane des Medusen. 1878), der gezeigt hat, dafs die Otolith en der Medusen in zweifacher Weise angeordnet sind: entweder sie sitzen an der inneren Fl\u00e4che der Zellmembran fest oder sie fallen in den Bl\u00e4schenraum und werden durch das Flimmerepithel der Wandung in Rotation versetzt. Beide Arten stehen in einem engen physiologisch-anatomischen Verh\u00e4ltnis. Wie die Wechselwirkung beim Akt des H\u00f6rens stattfindet, war f\u00fcr Hertwig allerdings auch ein R\u00e4tsel, aber dafs sie unm\u00f6glich ist, hat auch Hurt's Untersuchung meiner Ansicht nach nicht bewiesen.\nWai.laschek (London).\nHugo Eckener. Untersuchungen \u00fcber die Schwankungen der Auffassung minimaler Sinnesreize. Philos. Stud. Bd. 8 (1892.) S. 343\u2014387.\nEduard Pace. Zur Frage der Schwankungen der Aufmerksamkeit nach Versuchen mit der MASSONschen Scheibe. Ebendas. S. 388\u2014402.\nZur Entscheidung der Frage, ob die bei Auffassung minimaler Sinnesreize bekannten Deutlichkeitsschwankungen einer Abspannung des peripheren Organes zuzuschreiben seien (M\u00fcnsterberg), oder auf einer rein physiologischen Erm\u00fcdung der nerv\u00f6sen Substanz beruhen (Urbantschitsch) oder endlich in einer Periodicit\u00e4t im Ablaufe -unserer psychischen Th\u00e4tig-keit ihren Grund haben (N. Lange), liegen hier neue Untersuchungen vor. Da eine eingehende Kritik der diesbez\u00fcglichen Theorie M\u00fcnsterbergs u. a. ergiebt, dafs sich eindeutige Resultate mit Gesichtsreizen nicht erzielen lassen, so werden in der ersten Arbeit minimale Geh\u00f6rsreize, das Ticktack der Uhr, das Ger\u00e4usch eines d\u00fcnnen, auf eine leicht schwingende Stahlplatte herabfliefsenden, Strahles fein gesiebten Sandes, sowie das telephonisch \u00fcbertragene Ger\u00e4usch eines schnell gehenden WAGNERSchen Hammers benutzt. Vermittelst des Kymographions wurde der Verlauf der Schwankungen aufgeschrieben. Bez\u00fcglich des Sitzes letzterer ergab sich, nachdem durch eine geeignete-pathologische Versuchs-","page":484}],"identifier":"lit15502","issued":"1894","language":"de","pages":"482-484","startpages":"482","title":"C. Herbert Hurst: Biological Theories IV. Natural Science (London and New York), Vol. II, Mai 1893, S. 350. 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