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Ueber die chemische Beschaffenheit der Diastase und über die Bestimmung ihrer Wirksamkeit unter Benutzung von löslicher Stärke, sowie über ein in den Diastasepräparaten vorhandenes Araban

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{"created":"2022-01-31T13:08:17.064165+00:00","id":"lit17187","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie","contributors":[{"name":"Wroblewski, A.","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie 24: 173-223","fulltext":[{"file":"p0173.txt","language":"de","ocr_de":"lieber die chemische Beschaffenheit der Diastase und \u00fcber die Bestimmung ihrer Wirksamkeit unter Benutzung von l\u00f6slicher St\u00e4rke, sowie \u00fcber ein in den Diastasepr\u00e4paraten vorhandenes\nAraban.\nVon\nA. Wr\u00f6blewski.\n(Der Redaction zugegangen am 18. September 1897.)\nI. Mittheilung.\nEinleitung.\nUnter den mannigfaltigen chemischen Processen, die in jeder lebenden Zelle stattfinden, geb\u00fchrt unzweifelhaft eine hervorragende Rolle den enzymotischen Vorg\u00e4ngen. Ueberall, wo sich das Leben \u00e4ussert, begegnen wir den Enzymen. Bei Keimen der Pflanzen, bei Entwickelung der Bliithen und Reifwerden der Fr\u00fcchte \u00e4ussern Enzyme ihre wunderbare und vielartige Wirkung. Beim Aufgange des thierischen Lebens im befruchteten Ei und im Foetus, im Blute, welches die Nahrung in alle Organismentheile bringt, in der Lymphe, in den Verdauungss\u00e4ften, richtig gesagt in einer jeden lebenden Zelle, stossen wir auf die Th\u00e4tigkeit dieser Stoffe. Eine Vorstellung \u00fcber die enzymotischen Vorg\u00e4nge ist direkt mit dem Lebensbegriffe verbunden.\nWegen dieser hervorragenden Wichtigkeit der Enzyme hat man von vielen Seiten diese Substanzen n\u00e4her zu erforschen und verschiedene Theorien \u00fcber ihr Wesen aufzustellen versucht. Es herrscht aber unter diesen Theorien heutzutage noch keine Uebereinstimmung, keine Klarheit. In der letzten Zeit ist sogar eine Ansicht aufgetaucht, die lautet, dass Enzyme keine Stoffe, sondern nur Eigenschaften der Stoffe sind.1)\n1) Maurice Arthus. Nature des enzymes. Paris 1896. \u00abLe parall\u00e8le peut \u00eatre fait de tous points entre les enzymes et les forces physiques: la solubilit\u00e9 dans l\u2019eau, la pr\u00e9cipitabilit\u00e9 par l\u2019alcool, etc.\n12","page":173},{"file":"p0174.txt","language":"de","ocr_de":"174\nEs schien auch mir nicht ohne Interesse zu sein, die Eigenschaften dieser merkw\u00fcrdigen Substanzen n\u00e4her kennen zu lernen. Zu diesem Zwecke habe ich als Object der Untersuchung das am leichtesten zug\u00e4ngliche Enzym, die Diastase, gew\u00e4hlt. Von vielen Seiten wurden Angaben \u00fcber die chemische Zusammensetzung der Diastase ver\u00f6ffentlicht. Wir kennen verschiedene Methoden, die zur Darstellung der Diastase f\u00fchren sollen, wir kennen auch schon eine ganze Reihe von Zahlen, die die elementare Zusammensetzung der Diastase ausdr\u00fccken sollen. Und doch herrscht unter diesen Angaben keine Einheitlichkeit, keine Uebereinstimmung, so dass wir schliessen m\u00fcssen, dass wenigstens die meisten von den bis jetzt erhaltenen Pr\u00e4paraten nichts Anderes als Gemische von verschiedenen Stoffen waren.\nUm die Frage \u00fcber die chemische Natur der Diastase richtig auffassen zu k\u00f6nnen, m\u00fcssen wir vor Allem die allgemeinen Principien, auf welchen die bisherigen Studien \u00fcber diese Substanz beruhen, kennen lernen.\nIm Jahre 1785 bemerkte Irvine, dass das Mehl unter der Wirkung des Malzes theilweise verzuckert wurde.* 1)\nKirchhof2) hat im Jahre 1814 bemerkt, dass in der gekeimten Gerste eine eiweissartige Substanz enthalten ist, welche den St\u00e4rkekleister unter Bildung von Zucker verfl\u00fcssigen kann. Diese Wirkung hat er den Kleberproteinstoffen zugeschrieben.\nDen franz\u00f6sischen Forschern Pay en und Persoz1) verdanken wir die ersten Bem\u00fchungen, Diastase rein darzustellen (1833). Sie haben den w\u00e4ssrigen Malzauszug mit wenig Ai-\nne prouvent pas la mat\u00e9rialit\u00e9 des enzymes, car on peut trouver pour les forces physiques des ph\u00e9nom\u00e8nes analogues.\u00bb \u2014 \u00abNous proposons donc de consid\u00e9rer les enzymes non comme des substances mat\u00e9rielles, mais comme des propri\u00e9t\u00e9s de substances mat\u00e9rielles.\u00bb S. 56.\n1)\tPay en und Persoz. M\u00e9moire sur la diastase, les principaux produits de ses r\u00e9actions, et leurs applications aux arts industriels. Ann. de ch. et de phys. 53 Vol. 73. 74.\n2)\tUeber die Zuckerbildung beim Malzen des Getreides. Schweigg. Journ. XIV. Jhrg. 1815. 389. Cit. nach Bourquelot. Les ferments solubles. Paris. 1896.","page":174},{"file":"p0175.txt","language":"de","ocr_de":"kohol versetzt, um Proteinstoffe niederzuschlagen, und aus dem Filtrate mit mehr Alkohol Diastase ausgeschieden. Das Rohprodukt wurde dreimal in Wasser gel\u00f6st und mit Alkohol gef\u00e4llt und schliesslich wurden durch Erw\u00e4rmen reiner L\u00f6sung bis ca. 70\u00b0 die darin noch vorhandenen Eiweissstoffe coagulirt. Die Autoren betrachten Diastase als stickstofffreie Substanz.\nNach Dub run faut1) \u00abgen\u00fcgt es, das Malzinfusum mit reinem, zwei- bis dreifachem Volumen Alkohol von 90 Volum-procenten zu behandeln, um die wirksame Substanz fast vollst\u00e4ndig abzuscheiden\u00bb. Er bezeichnet den \u00abstickstoffhaltigen wirksamen Bestandtheil des Malzes, der folglich eiweissartiger Natur sein .soll\u00bb, mit dem Namen Maltin. Maltin soll in mehreren nat\u00fcrlichen W\u00e4ssern Vorkommen.\nCohnheim2) hat die von Br\u00fccke f\u00fcr die Pepsindarstellung empfohlene Methode zur Reinigung der Diastase angewendet. Die mit dem entstehenden Niederschlage von Calciumphosphat mitgerissene Substanz, welche diastatisch wirkte, gab bei ihm keine Eiweissreactionen.\nZulkowsky3) hat Malzausz\u00fcge mit Aether ausgesch\u00fcttelt. Dabei entstand eine gallertartige Masse, die er in Alkohol eingegossen hat, wobei ein weisser Niederschlag sich bildete. Er hat auch die von Witt ich zur Darstellung der Enzyme empfohlene Methode angewendet. Das Malz wurde mit starkem Weingeist gewaschen und mit Glycerin ausgezogen. Der mit 2 Volumen Wasser versetzte Glycerinauszug wurde in ein Gemenge von Alkohol und Aether filtrirt. Der entstandene\n1)\tUeber die Umwandlung des St\u00e4rkemehls in Zucker vermittelst des Malzes und \u00fcber die Eigenschaften und industrielle Darstellung einer stickstoffhaltigen Substanz des Malzes, welche wirksamer als Diastase ist. Dingl. polyt. Journ. 187 B. 491. \u2014 M\u00e9moire sur une mati\u00e8re azot\u00e9e du malt, plus active que la diastase, et sur la pr\u00e9paration \u00e9conomique applicable \u00e0 l\u2019industrie. Comp. rend. 66 Yol. 274.\n2)\tVirch. Arch. 1863. 28. 241. Cit. nach Hirschfeld. Ueber die chemische Natur der vegetabilischen Diastase. PH. Arch. 1886. 39 Vol. 499.\n8) K. Zulkowsky und E. K\u00f6nig. Ueber den Charakter einiger ungeformten Fermente. Sitzb. d. Wien. Akad. 71 B. 453. Karl Zul-kowski. Ueber die chemische Zusammensetzung der Diastase und der R\u00fcbengallerte, ibid. 77 B. 647.\n12*","page":175},{"file":"p0176.txt","language":"de","ocr_de":"Niederschlag wurde im Wasser gel\u00f6st und mittelst Essigs\u00e4ure und Magnesiumsulfat oder Natriumchlorid wieder gef\u00e4llt, wiederholt mit Alkohol ausgef\u00e4llt und getrocknet. Die wirksame Substanz gab bei Zulkowsky Eiweissreactionen nicht mehr und enthielt 5,08 \u00b0/o Stickstoff.\nLintner1) hat eine einfachere Methode zur Darstellung der Diastase ausgearbeitet. Das Malz wurde mit 20\u00b0/0igem Alkohol ausgezogen und der Auszug mit 2 Volumen absoluten Alkohols niedergeschlagen, der erhaltene Niederschlag wurde wieder gel\u00f6st, durch Dialyse von Asche m\u00f6glichst befreit, mit Alkohol gef\u00e4llt, gewaschen und getrocknet. Das Pr\u00e4parat wirkte stark diastatisch und enthielt 4\u20145\u00b0/0 Stickstoff. Lintner gibt in einer Polemik gegen Loew zu, dass Diastase ein stickstoffhaltiger K\u00f6rper ist, sie sei aber von den Eiweissk\u00f6rpern verschieden.\nLoew2) hielt Diastase f\u00fcr einen Eiweissk\u00f6rper von peptonartiger Beschaffenheit. Zur Reinigung der Diastase benutzte er das Verfahren, welches W\u00fcrtz zur Darstellung des Papayo-tins angewendet hatte. Mit basischem Bleiacetat schlug er aus dem Malzextracte Eiweissstoffe nieder, entfernte aus dem Filtrate Blei mit Schwefelwasserstoff und erhielt eine wirksame Fl\u00fcssigkeit, die Eiweissreactionen gab.\nBei H\u00fcfner3) begegnen wir folgender Ansicht:' \u00abVergleicht man die Analysen von verschiedenen Enzymen (auch Diastase), so leuchtet es ein, dass alle bisher nach besseren Methoden isolirten analysirbaren Fermente von den Eiweissk\u00f6rpern wesentlich verschiedene Substanzen sind, und es wird sogar bei ihrem h\u00f6heren Gehalte an Sauerstoff wahrscheinlich, dass ihre Molek\u00fcle, m\u00f6gen sie nun gr\u00f6sser oder kleiner als diejenigen des Eiweisses sein, haupts\u00e4chlich durch Oxydation aus letzterem entstanden sind.\u00bb\n1)\tStudien \u00fcber Diastase. J. pr. Ch. 34 B. 378. 36 B. 481.\n2)\tUeber die chemische Natur der ungeformten Fermente. Pfl. Arch. 27 B. 203.\n3)\tUntersuchungen \u00fcber \u00abungeformte Fermente\u00bb und ihre Wirkungen. J. pr. Ch. (2). 5 B. 372.","page":176},{"file":"p0177.txt","language":"de","ocr_de":"Bouchardat1) und Claud Bernard2) hielten viele Substanzen , besonders Eiweissstoffe, f\u00fcr diastatisch wirksam. Seegen und Kr at sc hm er3) schrieben allen l\u00f6slichen Eiweissstoffen saccharificirende Wirkung zu.\t<\nBrowm und H\u00e9ron,4) auch Schwmrzer5) haben bemerkt, dass beim Erw\u00e4rmen der Malzausz\u00fcge die Coagulation der Eiweissstoffe parallel mit der Verminderung der diastatischen Kraft geht. Sie bemerkten auch, dass beim Filtriren des Malzauszuges durch die Tonzelle Eiweisssubstanzen nicht durchgehen und das Filtrat unwirksam wird, woraus sie schliessen, dass Diastase ein Eiweissstoff ist.\nHirschfeld6) hat durch F\u00e4llen mit basischem Bleiacetat Eiweissstoffe aus dem Malzauszuge entfernt und aus dem Filtrate ein Pr\u00e4parat mit den dextrinartigen Beschaffenheiten erhalten, welches diastatisch wirksam war und von ihm als Landwehr\u2019sches Thiergummi erkannt wurde.\nJulius Wort mann7) ist der Meinung, dass \u00abSt\u00e4rkemehl meistens direkt vom Protoplasma ohne jede Beteiligung von Diastase in L\u00f6sung gebracht wird,\u00bb denn absolut nothwendig zur Umwandlung von St\u00e4rkemehl in Zucker ist das Enzym keineswegs. Er h\u00e4lt die Enzyme mit Ad. Meyer8) f\u00fcr \u00abProtoplasmasplitter\u00bb und erkl\u00e4rt die in den keimenden Samen besonders gesteigerte Diastaseproduktion auf die Weise, \u00abdass in diesen F\u00e4llen das Protoplasma so stark enzymhaltig ist,\nD Sur la fermentation saccharine ou glucosique. Ann. chim. et phys. (3). 14 B. 61.\n2)\tLe\u00e7ons de physiologie experimentale. Paris.\n3)\tBeitrag zur Kenntniss saccharificirender Fermente. Pfl. Arch. 1877. 14 B. 593.\n4)\tBeitr\u00e4ge zur Geschichte der St\u00e4rke und der Verwandlungen derselben. Lieb. Ann. 199 B. 165.\n5)\tUeber die Umwandlung der St\u00e4rke durch Malzdiastase. J. pr. Ch. (2). 1 B. 212.\n6)\t1. c.\n\u00fc Ueber den Nachweis, das Vorkommen und die Bedeutung des diastatischen Enzyms in den Pflanzen. Bot. Ztg. 1890 Jhrg. 582 u. ff.\n8) Die Lehre von den chemischen Fermenten oder Enzymologie. 1882. Heidelberg.","page":177},{"file":"p0178.txt","language":"de","ocr_de":"178\ndass eine Menge von solchen \u00abSplittern\u00bb abfallen, aus dem Verb\u00e4nde des lebenden Protoplasmas treten und nun, ihrer proto-plasmatisehen Natur zufolge, f\u00fcr sich allein und unabh\u00e4ngig vom Protoplasma th\u00e4tig sind\u00bb.\nOsborne1 * * *) hat die Lintner\u2019sche Methode dadurch verbessert, dass er Diastase mit Ammoniumsulfat ausgesalzen hat, und hat dabei einen Proteinstoff mit ca. 17 \u00b0/o Stickstoff und von hoher Wirksamkeit erhalten. Die von Osborne erhaltene Diastase soll ein Albumin und zwar identisch mit Leucosin sein. Bei Erw\u00e4rmung der L\u00f6sungen seiner Pr\u00e4parate bis 65& bemerkte er eine Coagulation.\nWir sehen, dass die Meinungen getheilt sind. Diastase wird von den Einen f\u00fcr einen Proteinstoff, von den Anderen f\u00fcr ein Kohlenhydrat oder einen ganz besonderen stickstoffhaltigen K\u00f6rper gehalten.\nEs war bei dieser Sachlage angezeigt, die Diastase noch einmal einer Untersuchung zu unterwerfen, um etwas Bestimmtes \u00fcber ihre chemische Natur erfahren zu k\u00f6nnen.\nDarstellungsversuche.\nAuf die Angaben von Pay en und Persoz wie auch von Lintner gest\u00fctzt, aus welchen folgt, dass Diastase im ca. 65\u00b0/0igen Alkohol unl\u00f6slich, im ca. 50\u00b0/0igen aber l\u00f6slich ist und dass sie nicht dialysirt, habe ich in folgender Weise Diastase dargestellt. Als Ausgangsmaterial wurde Hellmalz (von oberster D\u00f6rre) gew\u00e4hlt.\n3 Kilo feingeschrotenes Malz wurden mit 6 Liter vom 68\u00b0/0igen Alkohol umger\u00fchrt und bei Zimmertemperatur bis zum folgenden Tage stehen gelassen. Der stark ausgepresste R\u00fcckstand wurde mit 6 Liter 45\u00b0/0igen Alkohols umger\u00fchrt, nach 24 Stunden filtrirt und ausgepresst, wieder mit 6 Liter vom 45\u00b0/0igen Alkohol versetzt, wieder filtrirt und ausgepresst.\nDie zwei letzten gelb gef\u00e4rbten Filtrate wurden vereinigt und mit so viel 96\u00b0/0igem Alkohol versetzt, dass der Alkohol-\n1) Thomas B. Osborne. The chemical nature of diastase.\nConnectic. exper, stat. report. 1894. \u2014 Th. B. Osborne and George\nF. Campbell. The chemical nature of diastase. Journ. of the Americ.\nchem. soc. 18 Vol. 1896.","page":178},{"file":"p0179.txt","language":"de","ocr_de":"179\ngehalt der Fl\u00fcssigkeit gleich 70\u00b0/0 war. Es entstand ein sp\u00e4rlicher feiner Niederschlag, der sich allm\u00e4hlich zu Boden setzte. Am folgenden Tage fand ich den z\u00e4hen, gelblichen Niederschlag in Form von einer zusammenh\u00e4ngenden Schicht auf dem Boden ausgebreitet, die dar\u00fcber stehende Fl\u00fcssigkeit war ganz klar. Der abfiltrirte klebrige, gummiartige Niederschlag, der keine Biuretreaction, aber eine prachtvolle Millon\u2019sche Reaction gab, wurde nach dem Auswaschen mit 70\u00b0/0igem Alkohol in 6 Liter 45\u00b0/0igen Alkohols unter Zerreiben gel\u00f6st, wobei ein kleiner Theil, augenscheinlich eiweissartiger Natur, ungel\u00f6st blieb, dann wurde er mit Alkohol wie vorher gef\u00e4llt. Der ausgef\u00e4llte Niederschlag stellte eine viel kleinere Quantit\u00e4t als die erste F\u00e4llung dar. Er wurde am folgenden Tage gesammelt und in einer m\u00f6glichst kleinen Menge Wasser gel\u00f6st. Die erhaltene L\u00f6sung werden wir als L\u00f6sung B bezeichnen. Um die im Pr\u00e4parate m\u00f6glicher Weise vorhandenen Dextrine wegzuschaffen, habe ich das Aussalzen der Diastase mit den Neutralsalzen angewendet. Diastase ist in einer ges\u00e4ttigten Kochsalzl\u00f6sung l\u00f6slich, sie l\u00e4sst sich aber nicht mit solcher L\u00f6sung aus den Pr\u00e4paraten und aus dem Malze auslaugen. Das S\u00e4ttigen einer kleinen Probe mit Natriumchlorid hat keinen Niederschlag, nur eine dickliche Fl\u00fcssigkeit gegeben, die diastatisch wirkte.1) Beim S\u00e4ttigen mit Natriumsulfat entstand ein Niederschlag, der auf St\u00e4rkekleister spaltend wirkte, das Filtrat von diesem Niederschlage gab mit Magnesiumsulfat einen kleinen Bodensatz, der ebenfalls wirksam war. Die F\u00e4llung mit Natriumsulfat war demnach nicht vollst\u00e4ndig. Ein kleiner Theil von der oben erw\u00e4hnten L\u00f6sung B wurde mit Magnesiumsulfat ausgesalzen, wobei ein volumin\u00f6ser Niederschlag entstand, der stark dia-statisch wirkte. Im Filtrate, welches unwirksam war, gab das Aussalzen mit Ammoniumsulfat keine F\u00e4llung. In der Fl\u00fcssigkeit B entstand beim Versetzen mit Ammoniumsulfat in Substanz ein volumin\u00f6ser Niederschlag. Diese Versuche haben ergeben, dass Magnesiumsulfat zur F\u00e4llung der Diastase vollst\u00e4ndig aus-\nl) Die Wirkungsf\u00e4higkeit der Pr\u00e4parate wurde nach der auf S. 19P beschriebenen Methode bestimmt.","page":179},{"file":"p0180.txt","language":"de","ocr_de":"180\nreichend ist. Der auf diese Weise erhaltene Niederschlag, auf dem Filter gesammelt und mit concentrirter Magnesiumsulfatl\u00f6sung ausgewaschen, wurde in einer m\u00f6glichst kleinen Menge Wasser gel\u00f6st und im continuirlichen Wasserstrome dialysirt.1) Als eine Probe der dialysirten Fl\u00fcssigkeit nur eine kaum merkbare Tr\u00fcbung mit BaCl2 und Salzs\u00e4ure gab, wurde sie mit doppeltem Volumen Alkohol von 96\u00b0/0 versetzt; es entstand aber kein Niederschlag, dann wurden grosse Mengen vom Alkohol zugesetzt. Es bildete sich eine unbedeutende Tr\u00fcbung, das Versetzen mit gleichem Volumen Aether hat diese Tr\u00fcbung vergr\u00f6s'sert, es entstand aber kein Niederschlag. Offenbar hat die Abwesenheit der Salze solchen Einfluss auf die L\u00f6slichkeitsverh\u00e4ltnisse gehabt. Einige Tropfen concentrirter L\u00f6sung von Kaliumacetat bewirkten so viel, dass der Niederschlag langsam zu Boden fiel. Man konnte ihn nur schwer mit absolutem Alkohol und Aether auswaschen, weil er so stark quoll, dass er sogar mit Aether in Form von einer scheinbaren, opalisiren-den L\u00f6sung durch's Filter ging. Im Vacuum \u00fcber Schwefels\u00e4ure getrocknet, stellte er ein weisses, stark wirksames Pulver in einer Quantit\u00e4t von 2,82 gr. vor, welches wir als Pr\u00e4parat I bezeichnen werden.\nAuf eine \u00e4hnliche Weise wurde Pr\u00e4parat II aus 5 Kilo Malz erhalten. Dieses Malz stammte aus einer anderen Brauerei und gab eine kleinere Ausbeute. Hierbei wurde anstatt mit Magnesiumsulfat mit Ammoniumsulfat ausgesalzen, weil auf diese Weise eine leichter filtrirbare Fl\u00fcssigkeit erhalten wurde.\nAus 25 gr. \u00abwirksamer Diastase\u00bb von Merck, welche auf Fehling\u2019sche L\u00f6sung reducirend wirkte und alle Eiweissreac-tionen gab, wurde in der beschriebenen Weise 0,29 gr. vom Pr\u00e4parate III erhalten. W\u00e4hrend der Darstellung dieses Pr\u00e4parates habe ich mit der L\u00f6sung, welche mit Magnesiumsulf\u00e4t versetzt werden sollte, Eiweissreactionen angestellt und constat\u00e2t, dass die Biuretreaction nur nach l\u00e4ngerem Stehen zum Vorschein kam, wobei ein blauvioletter Ton zu erkennen war.\n1) Die Dialyse wurde nach der auf S. 183 beschriebenen Methode ausgef\u00fchrt.","page":180},{"file":"p0181.txt","language":"de","ocr_de":"Aus 100 gr. < Diastase absolut\u00bb von Merck wurden 6,31 gr. vom Pr\u00e4parat IV erhalten. Die L\u00f6sung wurde \u00e4hnlich wie in vorigem Falle vor dem Aussalzen gepr\u00fcft. Sie gab keine Biuretreaction.\nAusserdem hat E. Merck in Darmstadt aus 100 Kilo Hellmalz nach folgender meiner Vorschrift 985 gr. vom Pr\u00e4parate, welches ich als Pr\u00e4parat A bezeichnen werde, dargestellt. Er hat das fein gemahlene Malz mit 70\u00b0/0igem Alkohol, nachher zweimal mit je 200 Liter vom 45\u00b0/0igen Alkohol ausgezogen, die zwei letzten Ausz\u00fcge mit soviel starkem Alkohol versetzt, dass in der Fl\u00fcssigkeit 70\u00b0/'0 Alkohol enthalten war. Der entstandene Niederschlag wurde mit absolutem Alkohol und Aether a\u00fcsgewaschen und im Vacuum getrocknet.\nEigenschaften der erhaltenen Pr\u00e4parate. Alle so erhaltenen Pr\u00e4parate besassen weisse oder gr\u00fcnliche Farbe. Ihre concentrirten L\u00f6sungen sahen gelblich aus. Die w\u00e4ssrigen L\u00f6sungen aller Pr\u00e4parate waren schwach opalisirend. Man kann aber L\u00f6sungen erhalten, die nicht opalisirend sind; so z. B. erhielt ich eine solche, die freilich sehr verd\u00fcnnt war, bei einer Filtration durch die Tonzelle. Alle Pr\u00e4parate redu-cirten Fehling\u2019sches Beagens erst nach dem Erw\u00e4rmen mit verd\u00fcnnter Salz- oder Schwefels\u00e4ure. Beim Kochen mit den S\u00e4uren entstand auch ein flockiger Niederschlag. Die L\u00f6sungen f\u00e4rbten sich mit Jod nicht, beim Kochen coagulirten sie nicht, auch beim Kochen mit Essigs\u00e4ure konnte man kaum eine Aenderung wahrnehmen. Die Pr\u00e4parate I bis IV waren fast vollst\u00e4ndig in Wasser l\u00f6slich, das Pr\u00e4parat A liess beim Zerreiben auch mit gr\u00f6sseren Mengen Wasser einen unl\u00f6slichen R\u00fcckstand, w\u00e4hrend es gr\u00f6sstentheils in L\u00f6sung ging. Alle Pr\u00e4parate gaben eine deutliche Millon\u2019sche Reaction, eine prachtvolle Xanthoproteinreaction, eine Gr\u00fcnf\u00e4rbung bei der Lieber-mann\u2019schen Reaction. Die Biuretreaction ist f\u00fcr Pr\u00e4parat A deutlich gewesen, Pr\u00e4parat III gab dieselbe erst nach l\u00e4ngerem Stehen und undeutlich, Pr\u00e4parat IV gab sie sehr undeutlich. Mit den Pr\u00e4paraten I und II ist sie ganz misslungen. Die Gr\u00fcnde daf\u00fcr, dass die letztgenannten Reactionen nicht deutlich oder in ver\u00e4nderter Weise auftraten, werden aus dem sp\u00e4ter Mitgetheilten","page":181},{"file":"p0182.txt","language":"de","ocr_de":"182\nersichtlich werden. Bei der Heller\u2019schen Probe mit Salpeters\u00e4ure entsteht eine Tr\u00fcbung, die im Ueberschusse der S\u00e4ure l\u00f6slich ist. Mit Bleizucker entsteht kein Niederschlag, mit Bleiessig eine Tr\u00fcbung, welche f\u00fcr Pr\u00e4parat A etwas st\u00e4rker war als bei den anderen. Mit Sublimat entsteht eine Tr\u00fcbung, die in coneen-trirter Kochsalzl\u00f6sung l\u00f6slich ist. Mit Essigs\u00e4ure und Ferroeyan-kalium entsteht auch eine Tr\u00fcbung, mit Pikrins\u00e4ure ein gelblicher flockiger Niederschlag, mit Gerbs\u00e4ure ein volumin\u00f6ser Niederschlag; mit Phosphorwolfram-, ebenso mit Phosphormolybd\u00e4ns\u00e4ure entsteht in nicht zu verd\u00fcnnten L\u00f6sungen ein reichlicher, in den verd\u00fcnnten aber nur ein sehr sp\u00e4rlicher Niederschlag. Alle Pr\u00e4parate l\u00f6sten sich in einer ges\u00e4ttigten Kochsalzl\u00f6sung nur sehr wenig. Daraus ergibt sich, dass die Diastase aus dem Malze mit dieser L\u00f6sung nicht ausgelaugt werden kann. Andererseits aber brachte der Kochsalzzusatz zu einer w\u00e4ssrigen L\u00f6sung keinen Niederschlag.\nAuf einem Platinspatel verbrannt, verbreiten sie einen s\u00fcsslichen karamelartigen Geruch, bl\u00e4hen sich dann auf und erzeugen nachher einen Geruch nach verbrennendem Horn.\nAlle Pr\u00e4parate waren diastatisch stark wirksam. Es-war aber merkw\u00fcrdig, dass das von mir untersuchte Malzmehl nur wenig schw\u00e4cher wie das daraus erhaltene Pr\u00e4parat II wirkte.\nDie Thatsache, dass die Diastasepr\u00e4parate nach dem Erhitzen mit S\u00e4uren stark reducirten, k\u00f6nnte die Vermuthung erwecken, dass Diastase ein Glykoprotein sei. Indessen zeigten die Elementaranalysen sofort, dass hier keine einheitliche Substanz, sondern ein Gemenge vorlag, denn ich erhielt bei der Analyse folgende Zahlen.\nPr\u00e4parat\tC\u00b0/o .\tH\u00b0/o\tN\u00b0/o\td\u00a76 0'o\tAsche \u00b0/o\nI\t45,8\t6,9\t3,96\t43,34\t2,1\nII\t48,0\t7,3\t6,01\t38,69\t4,01\nIV\t50,1\t7,2\t8,13\t33,57\t1,2\nA\t46,2\t7,6\t4,54\t41,66\t4,2","page":182},{"file":"p0183.txt","language":"de","ocr_de":"Schon der erste Blick auf die vorstehende Tabelle beweist uns, dass wir mit Pr\u00e4paraten von einer nicht \u00fcbereinstimmenden Zusammensetzung zu thun haben. Die Unterschiede in Bezug auf den Stickstoffgehalt sind besonders gross. H\u00e4lt man die Resultate dieser Analysen zusammen mit den obenbeschriebenen Eigenschaften dieser Pr\u00e4parate, so muss sich die Vermuthung aufdr\u00e4ngen, dass dieselben ein Gemisch von protein- und dextrinartigen K\u00f6rpern bilden. Es war meine n\u00e4chste Aufgabe diese K\u00f6rper voneinander zu trennen und zu ermitteln, welcher von ihnen diastatisch wirkte\u00bb Wie-ich dieses Ziel erreichte, werde ich weiter unten angeben (vergl. S. 201); zun\u00e4chst mache ich einige Angaben \u00fcber die Einrichtung des Apparates, in dem ich die Dialyse der Diastase-pr\u00e4parate ausf\u00fchrte, sowie \u00fcber einige w\u00e4hrend der Dialyse beobachtete Erscheinungen.\nDialyse der Diastasepr\u00e4parate.\nBei den oben beschriebenen Darstellungsversuchen hat die Dialyse eine wesentliche Rolle gespielt. Es war die Aufgabe gr\u00f6ssere Mengen salzreicher Fl\u00fcssigkeiten zu dialysiren und dabei im Hochsommer der Gefahr einer Infection vorzubeugen. Um diesen Erfordernissen Gen\u00fcge zu leisten, habe ich folgende Einrichtung angewendet, welche erlaubt hat in continuirlichem Wasserstrome zu dialysiren.\nDer Dialysator besteht aus einem Cylinder, der mit einer durchbohrten zugeschliffenen Glasplatte bedeckt ist. Durch die Bohrung gehen zwei in einem Gummistopfen befestigte gebogene Glasr\u00f6hren a und h hindurch. Das frische Wasser fliesst ins Rohr b durch Oeffnung d, dann in den Cylinder durch c hinein. Das mit den Salzen beladene Wasser fliesst durch die Oeffnung e der Siphonr\u00f6hre a, dann durch f hinaus\u00bb Man muss nur einmal den zufliessenden Strom reguliren und der Apparat functionirt von selbst.\nWenn die Lichtwmite von der R\u00f6hre a zu gross ist, so kann man in f einen Kautschukschlauch mit dem Quetschhahne aufsetzen, um die Ausfluss\u00f6ffnung beliebig klein machen zu k\u00f6nnen. In g auf zwei quergelegten Glasst\u00e4ben h\u00e4ngt ein Pergament-","page":183},{"file":"p0184table.txt","language":"de","ocr_de":"schlauch, der die zu dial y si rende Fl\u00fcssigkeit enth\u00e4lt. Der Verschluss des Pergamentschlauches ist auf der Fig. III dargestellt.\nDas Wasserniveau im Cylinder steht auf der H\u00f6he der Oeffnung f. Der ganze Apparat kann vor dem Gebrauche sterilisirt werden und die Dialyse kann in einem continuirlichen Strome von sterilem destillirten Wasser ausgef\u00fchrt werden, wenn wir die Oeffnung b mit einem eonl.iimir!ich wirkenden Destillationsapparate verbinden.\nW\u00e4hrend der Dialyse wollte ich mich \u00fcberzeugen, ob die Diastase vollst\u00e4ndig undialysirbar ist, weil ich in der Litteratur den Angaben begegnet bin, dass dieses Enzym theilweise durch das Pergamentpapier durchgeht. Zu diesem Zwecke wurde die Wassercirculation abgestellt und nach dem Verlaufe von 24 Stunden die Aussenfl\u00fcssigkeit im Cylinder auf ihre Wirksamkeit gepr\u00fcft. Sie vermag nicht St\u00e4rke zu spalten.\nDa man vom Pepsin behauptet hat, dass es durch die Pergamentmembranen seine Wirkung aus\u00fcben kann, so wollte ich einen entsprechenden Versuch mit der Diastase anstellen. In den Dialysator wurde eine sehr verd\u00fcnnte L\u00f6sung von l\u00f6slicher St\u00e4rke eingegossen, die den Pergamentschlauch umsp\u00fclte. Nach 24 Stunden hat sich ergeben, dass die Fehling\u2019sehe L\u00f6sung durch eine Probe der aus dem Dialysator genommenen Aussenfl\u00fcssigkeit nicht im Mindesten reducirt wurde. Diese Fl\u00fcssigkeit","page":0},{"file":"p0185.txt","language":"de","ocr_de":"185\nf\u00e4rbte sich wie vorher mit Jod nur rein blau. Ich vermochte also keine Wirkung der Diastase durch das Pergamentpapier zu constatiren.\nNur einmal habe ich bemerkt, dass die Aussenfl\u00fcssigkeit des Dialysators (nach 24 st\u00e4ndiger Dialyse ohne Wassercircula-tion) Fehling\u2019sehe L\u00f6sung, wenn auch nicht stark, reducirte. Offenbar waren in den diesmal angewendeten Schl\u00e4uchen unsichtbare Oeffnungen vorhanden, durch welche die Diastase durchgehen konnte. Um zu erfahren, ob viel Substanz auf diesem Wege verloren gegangen ist, habe ich die Millon\u2019sehe, die Xanthoprotein- und die Biuretreaction mit der fraglichen Fl\u00fcssigkeit angestellt. Sie fielen negativ aus. Diese Fl\u00fcssigkeit reducirte Fehling\u2018sehe L\u00f6sung nach dem Kochen mit Salzs\u00e4ure auch nicht. Es schien, als ob in der L\u00f6sung keine Substanz ausser den kleinen Mengen von anorganischen Salzen vorhanden w\u00e4re. Es hat sich aber ergeben, dass nach dem Eindampfen auf dem Wasserbade von einem halben Liter dieser Fl\u00fcssigkeit eine sehr kleine Menge organischer Substanz im R\u00fcckst\u00e4nde geblieben ist, die Millon\u2019sehe und Xanthoproteinreaction gegeben hat. Sie reducirte Fehling\u2019sehe L\u00f6sung nach dem Erw\u00e4rmen mit Salzs\u00e4ure. Die Biuretreaction fiel negativ aus, dies war aber auch der Fall mit der dialysirten Substanz. Diese Beobachtung liess vermuthen, dass die Zuckerbildung die empfindlichste Reaction der Diastase ist. Auf diese Beobachtung werde ich sp\u00e4ter noch einmal zur\u00fcckkommen.\nBestimmung der diastatischen Wirksamkeit.\nBei den Studien \u00fcber Diastase ist es nothwendig, ein Mittel zur quantitativen Bestimmung der diastatischen Wirksamkeit der Pr\u00e4parate zu besitzen. F\u00fcr genaue Bestimmungen ist St\u00e4rkekleister nach meiner Erfahrung nicht brauchbar, weil ein solcher Kleister nie ganz gleiehm\u00e4ssig von der Diastase angegriffen wird. Man konnte gute Dienste vom ersten Umwandlungsprodukte der St\u00e4rke, von der sogenannten \u00abl\u00f6slichen St\u00e4rke\u00bb, erwarten. Ich erhielt indessen mit einem k\u00e4uflichen Pr\u00e4parate keine sehr guten Resultate, obwohl","page":185},{"file":"p0186.txt","language":"de","ocr_de":"dieses Pr\u00e4parat von bester Qualit\u00e4t sein sollte.l) Aus diesem Pr\u00e4parate kann man nur 2\u00b0/oige L\u00f6sungen darstellen. Diese L\u00f6sungen lassen nach der Einwirkung von Diastase einen leichten, flockigen Niederschlag, was wohl beweist, dass ein Theil des Pr\u00e4parates urspr\u00fcnglich nur in einer scheinbaren L\u00f6sung vorhanden war. Ausser diesem Mangel besitzt das Handelspr\u00e4parat eine schwach saure Reaction. Wenn man eine L\u00f6sung von diesem Pr\u00e4parate mit Jodl\u00f6sung tropfenweise versetzt, so erscheint zuerst eine blaue, dann aber eine violette F\u00e4rbung. Dieser violette Farbenton r\u00fchrt, wie ich durch besondere Versuche constatiren konnte, von der Beimengung <eines Dextrins her. Aus diesen Thatsachen ist ersichtlich, dass \u25a0das Handelspr\u00e4parat nicht vollkommen rein ist. Deshalb habe ich mich bem\u00fcht, eine bequeme Darstellungsmethode der reinen l\u00f6slichen St\u00e4rke aufzufmden.\nDie l\u00f6sliche St\u00e4rke.\nWenn man mit der l\u00f6slichen St\u00e4rke arbeiten will, so muss man vor Allem genau bestimmen, was man unter diesem Namen versteht, weil mit dem Namen \u00abl\u00f6sliche St\u00e4rke\u00bb und Amylodextrin mitunter ganz verschiedene, mitunter aber dieselben Substanzen bezeichnet werden, wie wir aus der einschl\u00e4gigen Litteratur leicht ersehen k\u00f6nnen.\nSo z. B. lesen wir bei Beilstein,2) dass man amorphe l\u00f6sliche St\u00e4rke von der krystallisirten, die auch Amylodextrin genannt wird, unterscheidet. Nach Reichardt ist l\u00f6sliche St\u00e4rke in 40 Theilen Wasser l\u00f6slich, nach Zulkowsky3) ist sie sehr leicht in warmem Wasser l\u00f6slich.\nNach Musculus4) unterscheidet sich amorphe l\u00f6sliche St\u00e4rke vom Amylodextrin dadurch, dass die erste kein Reductions-verm\u00f6gen f\u00fcr Fehling\u2019sche L\u00f6sung besitzt. Nach Brown und\n1)\tEs stammt von Bender u. Hobein in M\u00fcnchen.\n2)\tHandbuch der organischen Chemie, Bd. I, 1082.\n3)\tUeber die Einwirkung des Glycerins auf St\u00e4rke bei h\u00f6heren Temperaturen. Sitzungsber. d. Wien. Akad. 72 B. 384.\n4)\tRemarques sur la transformation de la mati\u00e8re amylac\u00e9e en glucose et dextrine. Ann. chem. et phys. (3). 60 B. 203.","page":186},{"file":"p0187.txt","language":"de","ocr_de":"187\nMorris ist Amylodextrin von der l\u00f6slichen St\u00e4rke verschieden, es wird durch Jod braun gef\u00e4rbt und reducirt Fehling\u2019 sehe L\u00f6sung.\nWir lesen bei Tollens:\u00abNach der zuerst eintretenden Verfl\u00fcssigung der St\u00e4rke hat man in der L\u00f6sung sogenannte l\u00f6sliche St\u00e4rke, Amylodextrin, Amidulin, welche mit Jod noch intensive blaue F\u00e4rbung gibt.\u00bb Lintner und Drill betrachten l\u00f6sliche St\u00e4rke als Gemenge. Nach Lintner kann man mit Diastase eine 20 \u00b0/o ige St\u00e4rkel\u00f6sung bereiten. L\u00f6sliche St\u00e4rke soll in kochendem Wasser ausserordentlich l\u00f6slich sein. Aus 20 bis 30 \u00b0/o iger L\u00f6sung kann sie sich angeblich in Sph\u00e4ro-krystallen abscheiden.\nF. W. K\u00fcster1 2) sieht sich aus physikalischen Gr\u00fcnden zu der Ansicht gef\u00fchrt, dass die gel\u00f6ste St\u00e4rke keine L\u00f6sung der St\u00e4rke im Wasser, sondern nur eine Emulsion der gequollenen St\u00e4rke darstellt. Zu derselben Ansicht gelangt A. Meyer. Wicke3) spricht auch, dass es keine wahre St\u00e4rkel\u00f6sung ist. Es soll nach ihm nur eine Suspension der St\u00e4rke im Wasser sein.\nEs sind, wie wir aus den obigen Citaten ersehen, ganz verschiedene Substanzen mit denselben Namen bezeichnet. Wir werden, um allen Missverst\u00e4ndnissen vorzubeugen, mit dem Namen \u00abl\u00f6sliche St\u00e4rke\u00bb das erste Umwandlungsprodukt der genuinen St\u00e4rke bezeichnen. Amylodextrin ist ein Umwandlungsprodukt der l\u00f6slichen St\u00e4rke und demnach von derselben verschieden. L\u00f6sliche St\u00e4rke wird mit Jod rein blau gef\u00e4rbt und reducirt Fehling\u2019sehe L\u00f6sung nicht, Amylodextrin wird von Jod rothbraun gef\u00e4rbt und reducirt schwach Fehling\u2019sche L\u00f6sung.\nDarstellungsversuche. Was die Darstellung der l\u00f6slichen St\u00e4rke anbetrifft, so sind dazu viele Methoden vorgeschlagen worden.\nNach Lintner und D\u00fcll stellt man l\u00f6sliche St\u00e4rke, wie schon oben erw\u00e4hnt ist, durch die Wirkung der Diastase auf\n1)\tHandbuch der Kohlehydrate. I. u. II. Bd.\n2)\tLieb. Ann. 283 B. 360.\n3)\tPogg. Ann. 108 B. 359.","page":187},{"file":"p0188.txt","language":"de","ocr_de":"St\u00e4rkekleister dar. Man soll dabei 20 \u00b0/o ige L\u00f6sungen erhalten k\u00f6nnen, was ich trotz aller Bem\u00fchung und bei der Beobachtung aller angegebenen Cautelen nicht zu Stande bringen konnte. Bei der Wirkung von Diastase bleibt immer ein Theil des Kleisters unangegriffen, w\u00e4hrend der andere Theil sich schon in Zucker umgewandelt hat. Aus einem solchen Gemische l\u00e4sst sich l\u00f6sliche St\u00e4rke nur in sehr sp\u00e4rlichen Quantit\u00e4ten rein darstellen und von Erhaltung einer 20 \u00b0/o igen L\u00f6sung ist \u00fcberhaupt keine Bede, weil die l\u00f6sliche St\u00e4rke nur wenig, wie wir weiter sehen werden, im Wasser l\u00f6slich ist. Die Verschiedenheiten der Beobachtungen von Lintner und D\u00fcll von den mei r\u00fcgen lassen sich auf die Weise erkl\u00e4ren, dass die genannten Autoren nicht die eigentliche l\u00f6sliche St\u00e4rke, sondern ein Gemisch von Dextrinen, vor Allem das Amylodextrin, in den H\u00e4nden hatten und dieses als l\u00f6sliche St\u00e4rke bezeiebneten.\nDas Erw\u00e4rmen der St\u00e4rke mit S\u00e4uren, eine Methode, die technisch angewendet wird, gibt Pr\u00e4parate, die nur mit grosser M\u00fche von den reducirenden Substanzen befreit werden k\u00f6nnen.\nNach den Angaben von M\u00e4rcker wird St\u00e4rke, mit kleinen Mengen Wasser auf h\u00f6here Temperatur erhitzt, in l\u00f6sliche St\u00e4rke \u00fcbergef\u00fchrt. Ich habe eine Reihe von Versuchen in dieser Richtung angestellt, um eine bequeme Darstellungsmethode der l\u00f6slichen St\u00e4rke aufzufinden.\nAus bester Reisst\u00e4rke wurde ein 20\u00b0/oiger gallertartiger Kleister bereitet. Er wurde nach dem Erkalten ganz steif und durchsichtig, aber schwach bl\u00e4ulich-gr\u00fcn opalisirend. Nach dem zweist\u00fcndigen Erhitzen im Drucktopfe bei 134\u00b0 hat er seine gallertartige Consistenz nicht ge\u00e4ndert und nach dem Erkalten ist er ebenso steif geworden, wie er vorher gewesen, und hat nur eine gelbliche Farbe angenommen. Eine Probe wurde mit Wasser gekocht, wobei sich nur ein Theil l\u00f6ste, die L\u00f6sung f\u00e4rbte sich mit Jod blau, dann violett und reducirte schwach Fehling\u2019sche L\u00f6sung. Die l\u00f6sliche St\u00e4rke wurde aus diesem Pr\u00e4parate durch wiederholte F\u00e4llung mit Alkohol nur in sehr kleiner Ausbeute erhalten. Ein Theil von diesem gelblichen Pr\u00e4parate wurde noch einmal zwei Stunden lang bei 134\u00b0 im Drucktopfe erw\u00e4rmt, \u00e4nderte aber seine Consistenz nicht, hat","page":188},{"file":"p0189.txt","language":"de","ocr_de":"189\nsich nur mehr gelb gef\u00e4rbt. Zu diesem Pr\u00e4parate wurden einige Tropfen Essigs\u00e4ure zugesetzt und 1 Stunde im Drucktopfe bei 134\u00b0 erw\u00e4rmt. Die Gallerte wurde dann mit Wasser gekocht und die l\u00f6sliche St\u00e4rke daraus in etwas gr\u00f6sserer Ausbeute erhalten.\n10 gr. Reisst\u00e4rke wurden mit 100 ccm. Wasser verrieben, mit ein paar Tropfen verd\u00fcnnter Essigs\u00e4ure versetzt und beim Drucke von 3 Atmosph\u00e4ren im Laufe von zwei Stunden erw\u00e4rmt. Es hat sich dabei ein Kleister gebildet, der beim Erkalten steif wurde, beim Sieden mit Wasser l\u00f6ste sich fast alles auf. Die L\u00f6sung reducirte Fehling'sches Reagens nicht. Daraus habe ich l\u00f6sliche St\u00e4rke in einer noch gr\u00f6sseren Ausbeute bekommen.\n10 -gr. Reisst\u00e4rke wurden mit 100 ccm. 20\u00b0/oiger Kochsalzl\u00f6sung verrieben, dazu ein Tropfen Essigs\u00e4ure zugegeben und zwei Stunden lang unter dem Drucke von 4 1h Atmosph\u00e4ren erhitzt. Es hat sich dabei alles bis auf einige Flocken gel\u00f6st: die L\u00f6sung reducirte aber stark.\nDemnach hat das zweist\u00fcndige Erhitzen unter dem Drucke von 3 Atmosph\u00e4ren und mit Zusatz von kleinen Mengen Essigs\u00e4ure die besten Resultate gegeben. Da aber bei diesem Verfahren keine vollst\u00e4ndige Umwandlung der St\u00e4rke erzielt wurde und da man dabei sehr vorsichtig verfahren muss, um die Umwandlung nicht zu weit zu treiben, so wollte ich noch eine Methode ausprobiren, die in der letzten Zeit von R\u00fclow *) angegeben wurde.\n\u00ab 20 gr. Aetzkali werden in einer Silberschale in Wasser gel\u00f6st. Nachdem die L\u00f6sung erkaltet ist, f\u00fcgt man zu derselben unter stetigem Umr\u00fchren 20 gr. reine Kartoffelst\u00e4rke, mit Wasser zerrieben, in 3\u20144 Portionen hinzu. Die Massegesteht sofort zu einem gleichm\u00e4ssigen Kleister. Dieselbe wird nun zun\u00e4chst auf dem Wasserbade erhitzt, bis sie d\u00fcnnfl\u00fcssig geworden ist, und darauf noch ca. 10 Minuten \u00fcber freier Flamme im Sieden erhalten. Nach dem Verd\u00fcnnen und Ab-\n0 K. Bttlow, Ueber die dextrinartigen Abbauprodukte der St\u00e4rke. Pfl. Arch. 62 B. 131.\n13","page":189},{"file":"p0190.txt","language":"de","ocr_de":"190\nk\u00fchlen wird die L\u00f6sung unter guter K\u00fchlung mit verd\u00fcnnter Essigs\u00e4ure (21 gr. Eisessig mit der 6\u20147fachen Menge Wasser vermischt) schwach anges\u00e4uert und darauf unter Umsch\u00fctteln mit soviel Alkohol versetzt, dass gerade Tr\u00fcbung ein tritt. \u00bb\nDiese Methode gibt nach B\u00fclow sehr gute Resultate, da die St\u00e4rke bis auf einen ganz kleinen Rest in l\u00f6sliche St\u00e4rke umgewandelt wird und die Umwandlung nicht zu weit geht, sie erfordert aber den Resitz grosser Silberschalen. Um in gl\u00e4sernen Gef\u00e4ssen die Umwandlung durchf\u00fchrbar zu machen, habe ich verd\u00fcnnte Kalilauge angewendet.\n10 gr. Reisst\u00e4rke wurden mit 100 ccm. 15\u00b0/oiger Kochsalzl\u00f6sung verrieben, dazu 20 ccm. 30\u00b0/oiger Kalilauge zugesetzt, so dass die Fl\u00fcssigkeit etwa 5 gr. KOH in 100 ccm. enthalten hat. Diese Mischung wurde in einem Kolben so lange gekocht, bis sie ganz d\u00fcnn geworden war, dann wurde sie filtrirt, mit Essigs\u00e4ure bis zur schwachsauren Reaction versetzt, mit Alkohol ausgef\u00e4llt, im Wasser beim Kochen gel\u00f6st, wieder mit Alkohol ausgef\u00e4llt und mehrmals ausgewaschen. Dieses Pr\u00e4parat stellte ein weisses Pulver dar, welches in der Quantit\u00e4t von 3 bis 4\u00b0/o im Wasser l\u00f6slich war. Die L\u00f6sung wurde mit Jod blau gef\u00e4rbt und reducirte Fehling\u2019sche L\u00f6sung nicht. Es hat sich demnach ergeben, dass man silberne Schalen entbehren kann und dass verd\u00fcnnte Kalilauge zur L\u00f6sung der St\u00e4rke gen\u00fcgt. Es ist dann die Frage entstanden, ob vielleicht verd\u00fcnnte Kalilauge hier, katalytisch wirkend, eine hydrolytische Spaltung hervorruft. In solchem Falle m\u00fcsste eine noch viel verd\u00fcnntere Kalilauge denselben Effect hervor-rufen. Zur L\u00f6sung dieser Frage habe ich entsprechende Versuche angestellt und folgende bequeme Darstellungsmethode der l\u00f6slichen St\u00e4rke ausgearbeitet.\nMan verreibt 100 gr. bester Reisst\u00e4rke mit kleinen Quantit\u00e4ten 2 \u00b0/o iger Kalilauge und l\u00e4sst 2\u20144 Stunden stehen. Die gleiehm\u00e4ssig gequollene Masse wird mit kleinen Portionen von 2\u00b0/o iger Kalilauge unter gutem Umr\u00fchren versetzt, bis das Ganze ein Volumen von 600\u2014800 ccm. einnimmt. Die erhaltene gallertartige Masse wird in einem Kolben so lange im Wasserbade unter best\u00e4ndigem Umr\u00fchren erhitzt, bis sie ganz d\u00fcnn","page":190},{"file":"p0191.txt","language":"de","ocr_de":"191\ngeworden ist, dann auf der freien Flamme 20 bis 30 Minuten gekocht, filtrirt, mit Essigs\u00e4ure bis zur schwach sauren Reaction neu trail sirt und mit dem gleichen Volumen 95 \u00b0/o igen Alkohols ausgef\u00e4llt, wieder gel\u00f6st, wieder gef\u00e4llt, in kleiner Menge Wasser gel\u00f6st, in d\u00fcnnem Strahle unter sehr starkem Umr\u00fchren in eine sehr grosse Menge von absolutem Alkohol gegossen, mit absolutem Alkohol und Aether ausgewaschen und im Vacuum getrocknet. Das reine Pr\u00e4parat bekommt man in einer Ausbeute von 50\u201460\u00b0/o der angewandten St\u00e4rke.\nEigenschaften der l\u00f6slichen St\u00e4rke. Das erhaltene Pr\u00e4parat war schneeweiss und im wasserfreien Zustande nicht hygroskopisch, solange es aber nicht vollst\u00e4ndig getrocknet war, zog es- stark Wasser an und zerfloss wie Dextrine in eine durchscheinende schmierige Masse. Es l\u00f6ste sich in kaltem Wasser in der Quantit\u00e4t von 3 \u00b0/o auf. Man konnte auch stark opalisirende, beinahe 4\u00b0/oige L\u00f6sungen erhalten. In gr\u00f6sserer Concentration bildete es mit Wasser kleisterartige Massen, wie aus Folgendem ersichtlich ist.\n2 gr. l\u00f6slicher St\u00e4rke wurden mit 20 ccm. Wasser verrieben und aufgekocht. Es entstand ein dicker Kleister, der beim Erkalten erstarrte. Wenn man auf 2 gr. St\u00e4rke 25 ccm. Wasser nimmt, so erh\u00e4lt man einen d\u00fcnnen opalisirenden Kleister, der beim Erkalten nicht erstarrt. Wenn man dagegen 33 ccm. Wasser nimmt, so filtrirt die erhaltene Fl\u00fcssigkeit nach dem Erkalten sehr langsam und nur theilweise und opalisirt stark. Eine kalte 4\u00b0/oige L\u00f6sung filtrirt gut, sie opali-sirt nur wenig. Eine 3\u00b0/oige L\u00f6sung filtrirt leicht, sie opalisirt fast garnicht mehr.\nL\u00f6sliche St\u00e4rke ist in 40\u00b0/oigem und st\u00e4rkerem Alkohol fast unl\u00f6slich. Ihre L\u00f6sung f\u00e4rbt sich mit Jod, auch beim kleinen Ueberschusse von demselben, rein blau; sie reducirt Fehling\u2019sche L\u00f6sung nicht. Wenn wir eine concentrirte L\u00f6sung mit wenig Kupfersulfat und dann mit Natronlauge versetzen, so bildet sich ein bl\u00e4ulicher Niederschlag, der beim Kochen nicht geschw\u00e4rzt wird. Dieses Verhalten wurde von Landwehr als eine \u00abcharakteristische\u00bb Reaction f\u00fcr Thiergummi angegeben. Wenn man verd\u00fcnnte L\u00f6sung nimmt, so bildet\n13*","page":191},{"file":"p0192.txt","language":"de","ocr_de":"192\nsich kein Kupferniederschlag, sondern das Kupferoxyd wird, wie bei Anwesenheit von Zucker oder Glycerin, in L\u00f6sung gehalten. L\u00f6sliche St\u00e4rke dialysirt nicht, sie wird durch Ammonium-, Magnesium- und Natriumsulfat ausgesalzen. Bei S\u00e4ttigung ihrer verd\u00fcnnten L\u00f6sung mit Kochsalz f\u00e4llt sie nicht aus. Sie wird mit Tannin gef\u00e4llt, der mit Alkohol ausgewaschene Niederschlag ist aber im Wasser wieder l\u00f6slich und der Waschalkohol enth\u00e4lt das gel\u00f6ste Tannin. Mit Phosphorwolfram- und Phosphormolybd\u00e4ns\u00e4ure gibt l\u00f6sliche St\u00e4rke in verd\u00fcnnten L\u00f6sungen keinen Niederschlag, ebenfalls mit Jod-queeksilberjodkalium. Bemerkenswerth ist es, dass l\u00f6sliche St\u00e4rke eine schwache Gelbf\u00e4rbung, \u00e4hnlich der Xanthoprotein-reaction, zeigt; mit Bleizucker gibt sie keine F\u00e4llung, mit Bleiessig nur eine schwache Tr\u00fcbung, mit Sublimat und Quecksilbernitrat keinen Niederschlag.\nSpaltung der St\u00e4rke unter der Wirkung von Alkalien. Es kann keinem Zweifel unterliegen, dass die l\u00f6sliche St\u00e4rke schon ein Spaltungsprodukt der genuinen St\u00e4rke ist, demnach ist anzunehmen, dass Alkali auf St\u00e4rke eine spaltende Wirkung aus\u00fcbt, und da diese Erscheinung der diastatischen Spaltung gewissermaassen analog ist, so glaube ich, dass eine n\u00e4here Betrachtung der Spaltungen unter Wirkung von Alkali an dieser Stelle nicht ohne Interesse sein wird.\nBei Ausf\u00fchrung des oben angegebenen Verfahrens zur Darstellung der l\u00f6slichen St\u00e4rke wird die in der Fl\u00fcssigkeit befindliche Kalilauge mit Essigs\u00e4ure neutralisirt. Dies ist aber nicht nothwendig, weil wir auch durch das wiederholte F\u00e4llen und Auswaschen mit Alkohol die Kalilauge entfernen k\u00f6nnen, da sie nicht chemisch mit l\u00f6slicher St\u00e4rke gebunden ist. Wir nehmen Essigs\u00e4ure nur deshalb, weil Kaliumacetat weniger adsorbirt wird und sich leichter auswaschen l\u00e4sst, als die Kalilauge.\nIch habe eine kleine Menge l\u00f6slicher St\u00e4rke auf folgende Weise dargestellt: 10 gr. St\u00e4rke wurden mit 100 ccm. Wasser verrieben, dazu 2 Tropfen von 10\u00b0/oiger Kalilauge zugesetzt und w\u00e4hrend 30 Minuten gekocht, dann wiederholt mit Alkohol ausgef\u00e4llt, mit absolutem Alkohol und Aether gewaschen und","page":192},{"file":"p0193.txt","language":"de","ocr_de":"193\ngetrocknet. Dieses Pr\u00e4parat enthielt nur 0,92 \u00b0/o Asche und besass alle Eigenschaften der l\u00f6slichen St\u00e4rke. Es kann hier keine Rede von einer Alkaliverbindung der St\u00e4rke sein.\nAlkaliverbindungen der St\u00e4rke wurden von Pfeiffer und Tollens1) dargestellt. Wir lesen bei diesen Autoren \u00fcber diese Verbindungen Folgendes : \u00abWenn man St\u00e4rke mit kaltem Wasser umr\u00fchrt und Natronlauge hinzuf\u00fcgt, erh\u00e4lt man eine kaum gelbliche, durchscheinende Gallerte. Alkohol scheidet aus der v\u00f6llig homogenen Masse einen anfangs sehr z\u00e4hen K\u00f6rper ab. \u00bb \u00abDie erhaltene Substanz reagirt stark alkalisch und unterscheidet sich durch die L\u00f6slichkeit in kaltem Wasser von der St\u00e4rke. \u00bb\t\u00ab Das Natrium ist sehr lose gebunden und\ntrennt sich mit Wasser schon theilweise als Natriumhydroxyd, mit S\u00e4uren vollst\u00e4ndig als Natriumsalz ab, so dass man das Natrium durch Titrirung mit verd\u00fcnnter Schwefels\u00e4ure auch ohne Veraschung der Substanz bestimmen kann und es ungewiss ist, ob eine Zusammensetzung der St\u00e4rke mit Na OH oder ein Eintritt von Natrium in die St\u00e4rke wahrscheinlicher ist. \u00bb (S. 288.)\nDie Autoren haben bei der Darstellung dieser Verbindungen Alkalien als Alkoholate zugesetzt, um gr\u00f6ssere Quantit\u00e4ten von W^asser zu vermeiden. Diese Alkaliverbindungen der St\u00e4rke sind so unbest\u00e4ndig, dass nicht nur das Wasser, sondern auch die Kohlens\u00e4ure der Luft sie zu zerlegen vermag. < Kohlens\u00e4ure der Luft zersetzt die Verbindung und es bleiben, wenn letztere dann wieder gel\u00f6st und gef\u00e4llt wird, die geringen entstandenen Mengen Natriumcarbonat theilweise in L\u00f6sung, so dass der Natriumgehalt geringer wird. \u00bb Ein Pr\u00e4parat, welches l\u00e4ngere Zeit im Trockenschrank verweilte, enthielt nur 1,89\u00b0/o Natrium, w\u00e4hrend der durchschnittliche Gehalt der Pr\u00e4parate an Natrium \u2014 3,4 \u00b0/o betrug. Wir lesen ausserdem in der citirten Abhandlung, dass ein Theil vom neugebildeten Natriumcarbonat mit dem Niederschlage niedergerissen wird, was aus dem ungemein grossen Gehalte an Kohlens\u00e4ure er-\n11 Th. Pfeiffer und B. Tollens, Ueber Verbindungen von Kohlenhydraten mit Alkalien. Lieb. Ann. 210 B. 285.","page":193},{"file":"p0194.txt","language":"de","ocr_de":"194\nsichtlich ist. Daraus ersehen wir, dass an dem Niederschlage, welcher jetzt nur theilweise aus einer Alkaliverbindung, theil\u2014 weise dagegen aus der l\u00f6slichen St\u00e4rke bestehen muss, Natriumcarbonat der Adsorption wegen anhaftet, wir wissen aber, dass die \u00e4tzenden Alkalien in noch h\u00f6herem Grade adsorbirbar sind.\nDie Resultate der Arbeit von Pfeiffer und Pollens will ich hier nicht im Mindesten bezweifeln. Zweck der genannten Autoren war die Feststellung der Gr\u00f6sse des St\u00e4rkemolek\u00fcls, und wenn auch Alkaliverbindungen der St\u00e4rke sehr lose sind, so konnten doch die Vergleichsversuche, um welche es sich hier haupts\u00e4chlich handelte, zuverl\u00e4ssige Resultate geben. Wir lesen ja in der besprochenen Abhandlung, dass nur bei ganz \u00fcbereinstimmenden Bedingungen die \u00fcbereinstimmenden Zahlen (\u00b0/o von K) erhalten werden. \u00ab Rei unseren Darstellungen ist stets die Ungewissheit vorhanden, ob wir zwischen den genannten Klippen des Zuviel- oder Zuwenigerhaltens von Natrium resp. Kalium die richtige Mitte eingehalten haben. \u00bb\nF\u00fcr mich ist in dieser Frage nur das wichtig, dass die Alkaliverbindungen der St\u00e4rke nur bei ganz bestimmten Umst\u00e4nden entstehen k\u00f6nnen und bei meiner Darstellungsweise der l\u00f6slichen St\u00e4rke gar nicht existenzf\u00e4hig sind. Solche lose Verbindungen mit Alkalien bilden auch andere Polysaccharide, z. R. Cellulose. \u00abDiese Verbindungen sind gegen\u00fcber dem Waschen mit Alkohol haltbar, aber Wasser zieht das Alkali wieder aus. \u00bb *\u00a7\nDas Verhalten der St\u00e4rke gegen die Alkalien ist ganz analog dem Verhalten gegen die S\u00e4uren. < St\u00e4rke gibt auch, mit den starken S\u00e4uren kalt verrieben, dicken Kleister, wobei Verbindungen, z. R. St\u00e4rkeschwefels\u00e4uren, entstehen, die leicht zu Schwefels\u00e4ure und St\u00e4rke,\u00bb eigentlich l\u00f6sliche St\u00e4rke, \u00ab zerfallen \u00bb.* 2)\nWir sehen aus dem Obigen, dass es gelungen ist, St\u00e4rke durch die Wirkung von Alkali in l\u00f6slichen Zustand zu bringen, d. h. zu spalten. L\u00f6sliche St\u00e4rke ist nichts anderes als ein\n1)\tTollens, 1. c. I. 233.\n2)\tTollens, 1. c. I. 178.","page":194},{"file":"p0195.txt","language":"de","ocr_de":"Produkt der Hydrolyse der St\u00e4rke, das erste Dextrin. Sie kann aus St\u00e4rke durch die Wirkung von Diastase, von S\u00e4uren, auch von Wasser (bei h\u00f6heren Temperaturen) erhalten werden. Derselbe Zerfall, dieselbe Spaltung des St\u00e4rkemolek\u00fcls wird durch die Wirkung von Alkalien zu Stande gebracht, nur mit dem Unterschiede, dass die spaltende Wirkung der S\u00e4uren viel weiter geht, bei den Alkalien h\u00f6rt dagegen die Spaltung auf der ersten Stufe auf. Kalilauge kann jedoch, obgleich nur sehr langsam, auch die weitere Spaltung hervorrufen, wie der folgende Versuch zeigt.\n10 gr. bester Reisst\u00e4rke wurden mit 100 ccm. Wasser zerrieben, 10 Tropfen 10 proc. Kalilauge zugesetzt und unter Ersetzen des verdampfenden Wassers 4l/s Stunden gekocht. Die erhaltene L\u00f6sung reducirte schwach aber deutlich Fehling\u2019sches Reagens, was beweist, dass sich weitere Spaltungsprodukte der St\u00e4rke gebildet hatten.\nSo viel es mir bekannt ist, ist dies die erste Beobachtung einer katal y tisch -spalten d e n Wirkung von verd\u00fcnnten Alkalien auf St\u00e4rke. In dem von B\u00fclow1) angegebenen Verfahren zur Darstellung der l\u00f6slichen St\u00e4rke wurde starke, concentrirte Kalilauge angewendet. Die eingreifende chemische Wirkung der concentrirten Kalilauge ist sehr wahrscheinlich und diese Darstellungsmethode wurde von solchem Standpunkte aus aufgefasst. Wir haben in unserem Falle es offenbar mit der katalytiseh-spal tenden Wirkung von sehr verd\u00fcnnter Kalilauge zu thun.\nMan hat schon fr\u00fcher bemerkt, dass verd\u00fcnnte Alkalilauge bei lange dauerndem Erhitzen auf Saccharose zersetzend wirkt.2) Diese Angabe wurde sp\u00e4ter widerlegt,3) obgleich mit Unrecht, wie ich constatiren konnte. Verd\u00fcnnte Kalilauge wirkt auch auf das Inulin, \u00e4hnlich den S\u00e4uren, spaltend. Inulin gibt bekanntlich mit der Fehling\u2019schen L\u00f6sung keine Reduction, nach dem l\u00e4ngeren Kochen mit Wasser gibt es aber wohl eine\n1)\t1. c.\n2)\tMichaelis, J. pr. Ch. 5fi B. 430.\nU V. Lippmann, Zuckerarten, 129. Cit. nach Tollens. 1. c.","page":195},{"file":"p0196.txt","language":"de","ocr_de":"Reduction und die verd\u00fcnnten S\u00e4uren spalten es schon nach kurzem Kochen. Ich habe constatirt, dass auch die verd\u00fcnnten Alkalien nach dem kurzen Kochen eine starke Inversion bewirken. Es ist von Interesse noch die Beobachtung, dass das reine Inulin, l\u00e4ngere Zeit mit Fehling\u2019scher L\u00f6sung gekocht, eine schwache Reduction gibt. Diese Reduction kann nur daher stammen, dass Inulin unter der Wirkung der Natronlauge der F eh fing\u2019sehen L\u00f6sung gespalten wurde. Man begegnet oft den Angaben, dass dieses oder jenes Kohlehydrat Fehling\u2019sche L\u00f6sung erst nach l\u00e4ngerem Kochen reducirt: in allen diesen F\u00e4llen kommt wahrscheinlich eine Spaltung, wie in oben angef\u00fchrtem Beispiele, zu Stande.\nEs ist wahrscheinlich, dass auch die Ueberfuhrung des Glykogens in L\u00f6sung, bei welcher man zerkleinerte Leber mit Kalilauge erw\u00e4rmt, auf einer Spaltung beruht. Das Experiment soll diese Frage entscheiden.\nWir wissen, dass die hydrolytische Wirkung, welche das Wasser besonders bei den h\u00f6heren Temperaturen aus\u00fcbt, von der Anwesenheit der freien H-Ionen und OH-Ionen abh\u00e4ngig im Wasser ist. Die ausgezeichnete hydrolytische Wirkung der verd\u00fcnnten S\u00e4uren h\u00e4ngt von der Anwesenheit grosser Mengen freier H-Ionen, diejenige der verd\u00fcnnten Alkalien von freien OH-Ionen ab.\nHydrolytische Processe, welche unter der Wirkung von Fermenten verlaufen, kann man in zwei Haupt grupp en theilen. Zur ersten Gruppe geh\u00f6ren diejenigen, welche durch Zusatz von freien H-Ionen, zur zweiten, welche durch OH-Ionen beschleunigt werden. Die ersten sind die h\u00e4ufigsten, als Beispiel kann die Pepsinwirkung dienen. Als Beispiel der fermentativen Processe letzterer Art dient die Wirkung von Trypsin. Pepsin und Trypsin spalten die Eiweissstoffe, in einem Falle geht aber die Spaltung viel weiter als in dem anderen. Aehnliches Verhalten haben wir in dem vorliegenden Falle. St\u00e4rke wird durch Diastase und verd\u00fcnnte S\u00e4uren viel weiter gespalten wie durch die verd\u00fcnnten Alkalien.1)\n!) Yergl. Hoppe-Seyler, Physiologische Chemie, Berlin 1881. S. 116\u2014126.","page":196},{"file":"p0197.txt","language":"de","ocr_de":"197\nEs w\u00e4re interessant, wenn sieh in den Pflanzen*Fermente f\u00e4nden, welche die Spaltung der St\u00e4rke in alkalischer L\u00f6sung nur bis zur l\u00f6slichen St\u00e4rke zu bringen verm\u00f6chten. Man w\u00fcrde dann auch diesen Process zur zweiten Gruppe der hydrolytisch-fermentativen Spaltungen zu rechnen haben.\nIch f\u00fchre einige von Anderen gemachten Beobachtungen an, die an dieser Stelle vielleicht nicht ohne Interesse sein k\u00f6nnen. Wir lesen bei Lintner:1) \u00abIm Verhalten des Weizenfermentes und der Malzdiastase besteht ein bedeutender Unterschied insofern, als ersteres Ferment nicht im Stande ist, St\u00e4rkekleister zu verfl\u00fcssigen.\u00bb\nJ. Du four2), hat in mehreren Pflanzen eine l\u00f6sliche Verbindung gefunden, die mit Jod blau gef\u00e4rbt, wird und die er f\u00fcr l\u00f6sliche St\u00e4rke erkl\u00e4rt. Er findet, dass l\u00f6sliche St\u00e4rke von sehr beschr\u00e4nkter Verbreitung ist. \u00abUnter 1300 untersuchten Pflanzen fand er sie nur bei etwa 20; sie soll sich fast ausschliesslich in der Epidermis finden und zwar bald in allen oberirdischen Theilen und in betr\u00e4chtlicher Quantit\u00e4t (am meisten bei Saponaria officinalis), bald auf bestimmte Theile, besonders die Bl\u00fcthe, oder gar nur auf einzelne Zellen beschr\u00e4nkt. Sie tritt in den jungen Bl\u00e4ttern und den Keimpflanzen schon fr\u00fchzeitig auf. In den Zellen findet sie sich in gel\u00f6stem Zustande. Sie verschwindet weder bei anhaltender Verdunkelung noch auch aus abgefallenen Bl\u00e4ttern.\u00bb\nBei L. Brasse3) lesen wir: \u00abA l'\u00e9poque de la germination les graines sont plut\u00f4t alcalines qu\u2019acides. Aujourd\u2019hui on est donc port\u00e9 \u00e0 admettre, que cette modification pr\u00e9liminaire est accomplie sous l'influence d\u2019un ferment\u2019 soluble distinct de l'amylase. \u00bb\n1)\tUeber das diastatische Ferment des ungekeimten Weizens. Zeitschr. Brauw, 11 B. 497, Ref. im Chem. Ctbl. 18891- 77.\n2)\tRecherches sur l\u2019amidon soluble et son r\u00f4le physiologique chez les vegeteaux. C. y. 66 Sess. Soc. Helvet Sc. nat. \u2014 Ibid 68 Session. \u2014 Ref. in Botan. Jahresb. 1885. 60 und 1886. 28. \u2014 J. Dufour, Notices microchimiques sur le tissu \u00e9pidermique des v\u00e9g\u00e9taux. Bull. Soc. vaudoise sc. nat. 22. \u2014- Ref. in Botan. Jahresb. 1886, 871.\n3)\tAction de la diastase du malt sur l\u2019amidon cru. C. rend. 100 Vol. 454.","page":197},{"file":"p0198table.txt","language":"de","ocr_de":"198\nOstwalcTsches Thermostat.\nNach der Besprechung der Darstellungsweise und der Eigenschaften der l\u00f6slichen St\u00e4rke, welche ich bei der Pr\u00fcfung der Wirksamkeit von Diastasepr\u00e4paraten verwendete, kommen wir zur Beschreibung der Einrichtung, welche die Erhaltung einer constanten Temperatur w\u00e4hrend der Spaltung erlaubt.\nZur Bestimmung des Wirkungsgrades meiner Diastase-pr\u00e4parate habe ich nicht die optimale Temperatur von 50 bis 60\u00b0, sondern diejenige von 40\u00b0 gew\u00e4hlt. Der Grund lag darin, dass nach vielen Angaben Diastase bei der optimalen Temperatur\ntheilweise zerlegt wird, und ausserdem wollte ich mich den\nnat\u00fcrlichen Verh\u00e4ltnissen n\u00e4her halten. Das Thermostat habe ich nach den Angaben Ostwald?g eingerichtet. In diesem Thermo-state h\u00e4lt sich die Temperatur viel constanterwie in irgend einem anderen, z. B. bakteriologischen Brutofen u. dergl.D\n!) Die Einrichtung dieses Thermostaten ist im \u00abHand- und H\u00fclfs-buche zur Ausf\u00fchrung physiko-chemischer Messungen\u00bb von W. Ostwald","page":0},{"file":"p0199.txt","language":"de","ocr_de":"Der grosse eiserne emaillirte, mit Wasser gef\u00fcllte Kessel wird durch eine kleine Flamme (a) erw\u00e4rmt. Das Wasser wird in constante Bewegung durch einen mit Windfl\u00fcgeln versehenen Mischer gebracht. Die Flamme (a) wird mit einem Ostwaid\u2019sehen Fl\u00fcssigkeitsregulator verbunden. Der Thermo-regulator ist mit Toluol (b) gef\u00fcllt; in der Kapillare (c) befindet sich Quecksilber, welches bei der Ausdehnung des Toluols die Oeffnung eines kleinen Gaszuleitungsr\u00f6hrchens (d) schliesst. Die Einrichtung der Gaszuleitung ist aus der Fig. IV ersichtlich; e ist das Zuleitungsrohr f\u00fcr die Reserveflamme; f ist eine kleine Gasflamme, die die Windfl\u00fcgel in Bewegung setzt. Auf das Drahtnetz im Wasser werden die mit Blei beschwerten, mit den paraffinirten Korken versehenen und mit der zu untersuchenden L\u00f6sung gef\u00fcllten K\u00f6lbchen gestellt. Die Temperaturschwankungen betragen meistens nicht mehr als 0,1\u00b0. Um die Empfindlichkeit des Regulators zu erh\u00f6hen, gebrauche ich die auf Fig. V dargestellte Form.\nBestimmung der diastasischen Wirkung.\nUm die invertirende Kraft meiner Diastasepr\u00e4parate bestimmen zu k\u00f6nnen, nahm ich f\u00fcr jede Bestimmung 2 gr. l\u00f6sliche St\u00e4rke, verrieb sie im M\u00f6rser mit 20 ccm. heissen Wasser und gab unter Verreiben kleine Quantit\u00e4ten heisses Wassers zu, bis Alles eine gleichm\u00e4ssig dicke Masse geworden wrar, dann brachte ich es in ein Becherglas, sp\u00fclte mit Wasser nach und kochte so lange, bis eine d\u00fcnne L\u00f6sung erhalten war, dann k\u00fchlte ich es ab, goss in ein Messk\u00f6lbchen \u00e0 100 ccm., sp\u00fclte nach und f\u00fcllte mit Wasser bis zur Marke. Ausserdem wurde von dem zu untersuchenden Pr\u00e4parate eine Menge von 0,01 gr. nach dem Trocknen bei 60\u00b0 abgewogen, in 10 ccm. Wasser gel\u00f6st und, ohne zu filtriren, mit 50 ccm. der vorbereiteten St\u00e4rkel\u00f6sung in einem verschlossenen K\u00f6lbchen vermischt. Das K\u00f6lbchen wurde in dem Ostwald\u2019schen\nbeschrieben, 1893. J. S. 70. \u2014 Ich gebe hier auf Fig. IV eine Abbildung von der jetzt im 0stwald\u2019schen Laboratorium gebr\u00e4uchlichen Einrichtung, um den Lesern das Verst\u00e4ndniss derselben zu erleichtern.","page":199},{"file":"p0200.txt","language":"de","ocr_de":"Thermostaten bei 40\u00b0 C. 8 Stunden lang gelassen. Nach dem Verlaufe dieser Zeit wurde der Inhalt des K\u00f6lbchens aul-gekocht, um die Wirkung der Diastase zu unterbrechen, filtrirt, 20 ccm. des Filtrates mit 40 ccm. Fehling\u2019scher L\u00f6sung versetzt und die Menge des beim 5 Minuten dauernden Kochen abgeschiedenen Kupfers nach All ihn bestimmt. Diese Kupfermenge dr\u00fcckt die reducirende Wirkung der Spaltungsprodukte und mithin die spaltende Kraft des I)iastasepr\u00e4parates aus. Man kann auch aus der erhaltenen Kupfermenge die Quantit\u00e4t der gebildeten Maltose berechnen, vielleicht aber kann Maltose nicht das einzige reducirende Spaltungsprodukt bilden.1)\nDa nach Allihn 113 Theile Kupfer 100 Theilen Maltose entsprechen, so m\u00fcssen wir die erhaltene Kupfermenge mit multipliciren, um das Gewicht der Maltose zu bekommen. Ausserdem ist zu berechnen, wie viel Procente die gebildete Maltose vom Gewichte der angewendeten l\u00f6slichen St\u00e4rke bildet.\nAuf diesem Wege habe ich folgende Zahlen erhalten:\nPr\u00e4parat I bewirkt Bildung1 von 43,3 Th. Maltose aus 100 Th. l\u00f6sl. St\u00e4rke.\n\u201e\tII\t\t\u201e 48,2\n\u201e III\t\t., 60,2\n\u201e IV\t\u00ab\t/6 4,9 \u201d \\65,0\n\u201e\tA\t..\t,, 48,9\nMalz, aus welch. Pr\u00e4p. II dargestellt wurde\t\u201d\t\t\u201e 46,0\nPr\u00e4p. I bei 100\u00b0\u2014110\u00b0 4 Stunden getrocknet \u201d\t\tf 0,0 \u201d1 0,0\nZum Vergleiche f\u00fchre ich hier die Resultate an, die bei anderen st\u00e4rkespaltenden Pr\u00e4paraten erhalten habe.\nich\nDiastase \u201eGr\u00fcbler\u201c bewirkt Bildung von 26,9 Th. Maltose aus 100 Th. l\u00f6sl. St\u00e4rke. Pankreatin (sehr altes\ti 0,0 \u201e\t\u201e\t\u201e\t\u00ab\t>- r\nPr\u00e4parat)\t\u201d\t\u201d 10,0 \u201e\t\u201e\t\u201e\t\u201e\t\u201e\t\u201e\nPankreatin (proteolyt.\t6 g\nwirksam, altes Pr\u00e4p.) \u201d\nBis .jetzt habe ich noch nicht die M\u00f6glichkeit gehabt, mehr Bestimmungen zu machen und die Methode in verschiedenen Richtungen auszunutzen. Es ist aber beim ersten Blicke ersichtlich, dass diese Methode an der Genauigkeit alle\ni) Es scheint, dass auch gewisse Dextrine schwach reduciren.","page":200},{"file":"p0201.txt","language":"de","ocr_de":"201\nbis jetzt angewendeten \u00fcbertreffen muss und dass sie bequem ausf\u00fchrbar ist und auch zur Bestimmung diastatischer Wirksamkeit einzelner Pflanzentheile mit Vortheil Anwendung finden kann.\nDie Vortheile der Methode sind folgende: Das der Spaltung zu unterwerfende Pr\u00e4parat wird genau abgewogen und in vollst\u00e4ndige L\u00f6sung gebracht. W\u00e4hrend der Wirkung der Diastase auf die l\u00f6sliche St\u00e4rke bleibt die Temperatur fast v\u00f6llig constant; die Schwankungen betrugen weniger als 0,1\u00b0. Die Quantit\u00e4t der unter der Wirkung der Diastase entstandenen Spaltungsprodukte wird durch das Gewicht des reducirten Kupfers genau ausgedr\u00fcckt.\nDieses Verfahren wird, wie ich glaube, bei den k\u00fcnftigen Untersuchungen \u00fcber Diastase und \u00fcber \u00e4hnliche Enzyme gute Dienste leisten.\nTrennung des Proteinstoffes vom Kohlenhydrate.\nNach dieser Abschweifung gehe ich dazu \u00fcber, die zur Zerlegung der Diastasepr\u00e4parate in einen Proteink\u00f6rper und ein Kohlenhydrat von mir angestellten Versuche n\u00e4her zu besprechen.\nUm die Trennung der K\u00f6rper, welche in den dargestellten Pr\u00e4paraten vorhanden waren, zu erreichen und auf diesem Wege Diastase rein darzustellen, habe ich zuerst das Verfahren zu benutzen versucht, welches von Br\u00fccke zur Darstellung von Pepsin angewendet wurde. Br\u00fccke st\u00fctzte sein Verfahren auf die Beobachtung, dass Fermente mit gewissen Niederschl\u00e4gen mitgerissen werden. Wenn z. B. in einer Pepsinl\u00f6sung ein Cholesterin- oder ein Calciumphosphat-Niederschlag erzeugt wird, so reisst er das Pepsin mit nieder. Ich beobachtete jedoch noch im Jahre 1893, als ich im Drechsel\u2019schen Laboratorium mich bem\u00fcht habe, Pepsin nach Br\u00fccke darzustellen, dass bei Erzeugung des Niederschlages von Calciumphosphat nur ein Theil des Pepsins mit niedergerissen wurde, weil die^Mutterlaugen stark peptisch wirkten. Nach diesem Verfahren bekam ich schliesslich eine kleine Menge von nicht","page":201},{"file":"p0202.txt","language":"de","ocr_de":"202\nsehr stark wirkender Pepsinl\u00f6sung. Auch ein mit verd\u00fcnnter Essigs\u00e4ure erzeugter Gaseinniederschlag riss nur einen Theil des Pepsins mit nieder. Die jetzt mit Diastase angestellten Versuche haben das gleiche Verhalten ergeben.\nEins von den wirksamen Pr\u00e4paraten wurde im Wasser gel\u00f6st, mit einer L\u00f6sung von phosphorsaurem Kalium und tropfenweise bis zur kaum merkbar alkalischen Reaction mit Kalkwasser unter Umr\u00fchren versetzt; der entstandene Niederschlag wurde mit Wasser gewaschen und in 0,028 proc. Salzs\u00e4ure gel\u00f6st; die L\u00f6sung wirkte nicht sehr stark diastatisch und gab Millon\u2019sche Reaction. Die Mutterlauge von der F\u00e4llung wirkte gleichfalls diastatisch, so dass es ersichtlich war, dass nur ein Theil des Fermentes mit dem Niederschlage mitgerissen worden war.\nDieses Anhaften der Diastase an den Niederschl\u00e4gen, mit welchen sie doch nicht chemisch gebunden ist, muss auf dem Adsorptionsvorgange beruhen. Diese Adsorbirbarkeit der Diastase, wie auch der anderen Enzyme, geh\u00f6rt jedenfalls zu ihren charakteristischen Eigenschaften. Ich suchte die Mittel, um diese Adsorbirbarkeit zur Isolirung der Diastase anzuwenden. Die Filtration durch eine Tonzelle schien dazu geeignet zu sein. Man k\u00f6nnte erwarten, dass Diastase durch die Adsorption an den por\u00f6sen Wandungen der Zelle bei der Filtration zur\u00fcckgehalten wird. Eine schwach opalisirende L\u00f6sung eines Pr\u00e4parates wurde durch eine Chamberland-Kerze filtrirt. Es hat sich sofort gezeigt, dass die Filtration nur sehr.langsam vor sich geht. Im Laufe von mehreren Stunden habe ich ca. 100 ccm. vom klaren, nicht opalisirenden, Filtrate gesammelt. Das Filtrat zeigte aber dieselben Eigenschaften wie eine sehr verd\u00fcnnte L\u00f6sung des angewendeten Pr\u00e4parates. Der nichtfiltrirte Rest war stark opalisirend und enthielt auch das Gemenge des Kohlenhydrates mit dem Proteinstoffe. Auf diesem Wege konnte demnach die Trennung nicht bewirkt werden.\nDann habe ich Knochenkohle angewendet, welche aut viele Stoffe adsorbirend wirkt. Man k\u00f6nnte vermuthen, dass auch Diastase an der Knochenkohle haften wird. Ich habe eine L\u00f6sung vom Pr\u00e4parate A mit einer grossen Menge sehr","page":202},{"file":"p0203.txt","language":"de","ocr_de":"203\nsorgf\u00e4ltig gereinigter Knochenkohle versetzt, gut gesch\u00fcttelt und bis zum n\u00e4chsten Tage stehen gelassen. Die von der Kohle abfiltrirte L\u00f6sung bestand aus demselben Gemische wie das urspr\u00fcngliche Pr\u00e4parat und wirkte diastatisch. Die Kohle adsorbirte thats\u00e4chlich einen Theil der Substanz, es wurden aber die beiden gemischten K\u00f6rper adsorbirt. Mehrfache Wiederholungen des Versuches ergaben dieselben Resultate. Demnach hat es sich erwiesen, dass mit H\u00fclfe der Adsorption die gew\u00fcnschte Trennung nicht bewirkt werden kann.\nMan konnte denken, dass das Bleiacetat, mit welchem W\u00fcrtz so gute Resultate bei der Papayotindarstellung erzielte, auch in diesem Falle eine Trennung bewirken w\u00fcrde. Da aber in der L\u00f6sung meiner Pr\u00e4parate Bleizucker keinen Niederschlag und Bleiessig nur eine Tr\u00fcbung hervorbrachte, so konnte von der Trennung auf diesem Wege keine Rede sein.\nEine vollst\u00e4ndige Trennung wurde dagegen durch die Anwendung des Br\u00fccke-K\u00fclz\u2019schen Verfahrens erzielt, welches so gute Dienste bei der Trennung des Glykogens von den Proteinstoffen leistet. Eines von meinen Pr\u00e4paraten wurde im Wasser gel\u00f6st und tropfenweise mit verd\u00fcnnter Salzs\u00e4ure und einer L\u00f6sung von Jodquecksilberjodkalium versetzt, bis keine F\u00e4llung mehr entstand. Der volumin\u00f6se, stark gequollene, Niederschlag wurde abfiltrirt und mit schwach anges\u00e4uertem Wasser ausgewaschen, was sehr langwierig war. Man musste ferner bei der F\u00e4llung sehr vorsichtig verfahren, weil bei gewissem Uebersehusse vom Reagens ein Theil des Niederschlages sich wieder l\u00f6ste oder so stark quoll, dass er durch die Filterporen ging, und dieses Uebel war dann unverbesserlich. In dem erhaltenen Niederschlage befand sich ein Proteinstoff (S. 206) und im Filtrate ein dextrinartiges Kohlenhydrat, welches demnach mit Magnesiumsulfat mitausgef\u00e4llt wurde.\nIch versuchte auch den Proteinstoff vom Kohlenhydrate mittelst Phosphorwolframs\u00e4ure zu trennen. Dieser Process bietet aber noch viel gr\u00f6ssere Schwierigkeiten und erfordert grosse Vorsicht, weil aus nicht sehr verd\u00fcnnten L\u00f6sungen auch das Kohlenhydrat mitniedergeschlagen wird.","page":203},{"file":"p0204.txt","language":"de","ocr_de":"204\nDas Kohlenhydrat.\nWie fr\u00fcher erw\u00e4hnt wurde, ist ein Kohlenhydrat in dem Filtrate von dem mit Br\u00fccke\u2019s Reagens erhaltenen Niederschlage enthalten. Dasselbe wurde mit Alkohol ansgef\u00e4llt, im Wasser gel\u00f6st, wieder gef\u00e4llt und mit Alkohol und Aether ausgewaschen. Es stellte ein schneeweisses Pulver vor, welches im trockenen Zustande nicht hygroskopisch war, wenn es aber nicht vollst\u00e4ndig getrocknet wurde, so zerfliesst es in eine durchsichtige, schmierige Masse, ganz \u00e4hnlich wie manche Dextrine. Es ist im Wasser und im 50\u00b0/oigen Alkohol l\u00f6slich, im 60\u00b0/0igen wenig l\u00f6slich. Wenn aber das Kohlenhydrat sehr salzarm ist, so kann man es aus den verd\u00fcnnten L\u00f6sungen durch Zusatz von sogar grossen Mengen absoluten Alkohols nicht niederf\u00e4llen. Es schmeckt nicht s\u00fcss. Seine L\u00f6sung wird mit Jod nicht gef\u00e4rbt und reducirt Fehling\u2019sches Reagens erst nach dem Erhitzen mit einer Minerals\u00e4ure. Seine L\u00f6sung dreht die Polarisationsebene stark nach links. Eine ann\u00e4hernde Bestimmung, die ich mit einem nicht ganz reinen Pr\u00e4parate ausgef\u00fchrt habe, hat ergeben [\u00ab]d =\u2014210\u00b0. Diese Zahl f\u00fchre ich nur deswegen an, um zu zeigen, dass hier ein K\u00f6rper von starkem Drehungsverm\u00f6gen vorliegt.\nDieses Kohlenhydrat wird mit Bleizucker und Bleiessig nur aus sehr concentrirten L\u00f6sungen gef\u00e4llt und der erhaltene Niederschlag l\u00f6st sich im Ueberschusse des Reagenses. Mit Barythydrat wird es gef\u00e4llt, ebenfalls mit Phosphorwolfram-s\u00e4ure aus concentrirten L\u00f6sungen, und gibt mit Tannin einen volumin\u00f6sen Niederschlag, der sich \u00e4hnlich verh\u00e4lt wie ein Niederschlag der l\u00f6slichen St\u00e4rke (S. 192). Es wird aus seiner w\u00e4ssrigen L\u00f6sung durch Ammonium- und Magnesiumsulfat ausgesalzen und dialysirt nicht.\nUm zu erfahren, aus welchen Glukosen das gefundene Polysaccharid besteht, habe ich Reactionen auf verschiedene Glukosen angestellt. Bei der Oxydation mit Salpeters\u00e4ure hat sich keine Schleims\u00e4ure, auch keine Zuekers\u00e4ure gebildet, was auf Abwesenheit der Galaktose und Dextrose hinweist. Bei der Reaction mit Salzs\u00e4ure und Resorcin hat sich keine rothe","page":204},{"file":"p0205.txt","language":"de","ocr_de":"\u2014 205 \u2014\nF\u00e4rbung gebildet, woraus man \u00fcber die Abwesenheit der L\u00e4vu-lose schliessen soll. Eine Probe der in der sp\u00e4ter beschriebenen Weise erhaltenen Spaltungsprodukte gab nach Erw\u00e4rmen mit essigsaurem Phenylhydrazin keine F\u00e4llung, woraus die Abwesenheit des Mannans hervorginge.\nDagegen gab das Kohlenhydrat mit Phloroglucin und Salzs\u00e4ure eine prachtvolle Pentosenreaction. Demnach lag ein Pentosan vor. Um zu entscheiden, welche Pentose dasselbe bei der Inversion liefert, habe ich 10 gr. des Kohlenhydrats mit verd\u00fcnnter Schwefels\u00e4ure gekocht, dann die L\u00f6sung von der Schwefels\u00e4ure befreit, auf dem Wasserbade bis zum Syrup eingedampft, den Syrup mit Alkohol ausgezogen, die alkoholische L\u00f6sung einge\u00e4unstet, den R\u00fcckstand nochmal mit Alkohol ausgezogen. Diese alkoholische L\u00f6sung liess ich dann \u00fcber Schwefels\u00e4ure abdunsten, sie lieferte Krystalle, welche aus absolutem Alkohol umkrystallisirt wurden. Die grossen farblosen, nadelf\u00f6rmigen Krystalle schmecken s\u00fcss, schmelzen bei derselben Temperatur wie ein Arabinosepr\u00e4parat.\nBei Bestimmung des specifischen Drehungsverm\u00f6gens erhielt ich folgende Resultate: Eine w\u00e4ssrige L\u00f6sung, welche in 14 ccm. Wasser 0,4 gr. trockener Substanz enthielt, drehte in einem 20 cm. langen Rohr -f- 16,91\u00b0; daraus berechnet man [\u00ab]D \u2014 -j- 102,4\u00b0. Das in bekannter Weise dargestellte Osazon schmolz bei ca. 155\u00b0, w\u00e4hrend f\u00fcr Arabinososazon ein Schmelzpunkt von 156\u00b0\u2014158\u00b0 angegeben wird.1)\nAus allen diesen Thatsachen m\u00fcssen wir schliessen, dass der vorliegende Zucker Arabinose war. Da ich kein anderes Spaltungsprodukt nachzuweisen vermochte, so komme ich zum Schluss, dass das in den Diastasepr\u00e4paraten vorkommende Kohlenhydrat ein Araban ist.\nSoviel mir bekannt, ist dies das erste l\u00f6sliche in den Pflanzen vorkommende Pentosan, welches untersucht wurde. Es w\u00e4re interessant, seine Bedeutung im Stoffwechsel der Gerste zu verfolgen und nach seiner Anwesenheit in anderen Pflanzen zu forschen.\ni) Beilstein, 1. c.\n14","page":205},{"file":"p0206.txt","language":"de","ocr_de":"206\nBer Proteinstoff.\nDa das im Vorigen beschriebene Kohlenhydrat nicht di astatisch wirksam war, so musste die wirksame Substanz sich in dem durch das Br\u00fccke\u2019sche Reagens bewirkten Niederschlage befinden, was sich auch experimentell nachweisen liess. Es erschien daher angezeigt, die im Niederschlage befindliche Substanz n\u00e4her zu untersuchen.\nZu diesem Zwecke wurde der mit jenem Reagens erhaltene Niederschlag mit anges\u00e4uertem Wasser ausgewaschen. Das Auswaschen ging sehr schwer und langsam, weil der Niederschlag nicht grobflockig ist, sondern aus feinen, stark gequollenen Partikeln besteht, welche sich nicht zu Boden setzen, die Filterporen verkleben und das Auswaschen ungemein erschweren. Dieses Filtriren und Auswaschen dauert einige Tage und ist nie so vollst\u00e4ndig, dass nicht Spuren vom Kohlenhydrat am Niederschlage haften bleiben. Um aus diesem Niederschlage Quecksilber und Jod zu entfernen und den Proteinstoff in die L\u00f6sung zu bringen, wurde er mit frisch dargestelltem Silbercarbonat und Wasser in einem ger\u00e4umigen M\u00f6rser verrieben. Das Silbercarbonat wurde In kleinen Portionen solange zugesetzt, bis eine kleine Menge der abfiltrirten Fl\u00fcssigkeit keine Jodreaction gab. Der freie Proteinstoff ging, wenn auch nur schwer und unvollst\u00e4ndig, in L\u00f6sung und filtrirte sehr langsam. Das Filtrat enthielt kleine Mengen vom gel\u00f6sten Silber. Um sie zu entfernen, leitete ich Schwefelwasserstoff ein, aber das Schwefelsilber konnte nicht durch Filtration weggeschafft werden, das Filtrat blieb immer schw\u00e4rzlich. Um die L\u00f6sung zu reinigen, versetzte ich sie mit Alkohol und l\u00f6ste den mit Alkohol ausgewaschenen Niederschlag im Wasser. Das Schwefelsilber ist ungel\u00f6st geblieben, aber auch ein Theil des Proteinstoffes l\u00f6ste sich nicht wieder. Die L\u00f6sung filtrirte sehr schwer, sie opali-sirte und war graulich gef\u00e4rbt. Die in kleiner Menge erhaltene Fl\u00fcssigkeit wirkte stark verzuckernd auf die l\u00f6sliche St\u00e4rke und gab Proteinreactionen, und zwar Millon\u2019sehe und Xantho-proteinreaction, die Biuretreaction war undeutlich wegen der graulichen Farbe der L\u00f6sung. Die Darstellung dieses Protein-","page":206},{"file":"p0207.txt","language":"de","ocr_de":"207\nstoffs ist, wie wir sehen, mit sehr grossen Schwierigkeiten verbunden, und es ist mir deshalb bis jetzt nicht gelungen, ein ganz reines wirksames Pr\u00e4parat zu erhalten.\nDie Darstellung des Proteinstoffs aus dem Phosphorwolframs\u00e4ure-Niederschlage ist noch schwieriger und liefert eine sehr unreine L\u00f6sung (S. 203 ). Der Phosphorwolframs\u00e4ure-Niederschlag gab nach der Zerlegung eine kleine Menge Fl\u00fcssigkeit, die, wenn auch nicht stark, diastatisch wirkte und Protein-reactionen gab. Wegen der grossen Schwierigkeiten wurde dieser Weg verworfen.\nZur Darstellung von gr\u00f6sseren Quantit\u00e4ten dieses Proteinstoffes konnte die oben beschriebene Methode, welche im Uebrigen. einen Beweis der proteinartigen Beschaffenheit von Diastase gebracht hat, dazu nicht verwendet werden, weil sie zu grosse Schwierigkeiten darbietet und doch kein vollst\u00e4ndig reines Pr\u00e4parat liefert. Ich habe in Folge dessen eine L\u00f6sung des Pr\u00e4parates A mit verd\u00fcnnter Schwefels\u00e4ure gekocht, wobei sich, wie fr\u00fcher schon erw\u00e4hnt wurde, eine Proteinsubstanz ausschied, und den Niederschlag sorgf\u00e4ltig ausgewaschen. Der flockige Niederschlag liess sich mit Wasser ziemlich leicht aus-waschen. Das Auswaschen dauerte so lange, bis sich im Filtrate kein Kohlenhydrat mehr nachweisen liess. Dieses Pr\u00e4parat wurde zu den weiter beschriebenen Spaltungen benutzt. Es l\u00f6ste sich in verd\u00fcnnter Natronlauge und fiel bei Neutralisation mit S\u00e4ure aus. Es war gelb gef\u00e4rbt und gab deshalb die farbigen Eiweissreaetionen nicht sehr deutlich.\nDie von mir erhaltenen urspr\u00fcnglichen Pr\u00e4parate, welche ein Gemisch vom Kohlenhydrate mit dem Proteinstoffe bildeten, waren fast vollst\u00e4ndig, wenn auch schwer, im Wasser l\u00f6slich. Das Pr\u00e4parat A war aber nicht ganz l\u00f6slich. Der unl\u00f6sliche Theil stellte nach dem Auswaschen mit Wasser einen Proteinstoff vor. Er quoll im Wasser sehr stark auf und \u00e4usserte in diesem Zustande eine diastatische Wirkung. Von diesem Pr\u00e4parate habe ich f\u00fcr Spaltungsversuche grosse Mengen gesammelt.\nDie beiden Proteinstoffe, der l\u00f6sliche und unl\u00f6sliche, k\u00f6nnen eine und dieselbe Substanz sein. Ich habe n\u00e4mlich constatirt,\n14*","page":207},{"file":"p0208.txt","language":"de","ocr_de":"208\ndass der l\u00f6sliche Proteinstoff durch die Wirkung von Alkohol an seiner L\u00f6slichkeit stark einb\u00fcsst. W\u00e4hrend der Darstellung des urspr\u00fcnglichen Pr\u00e4parates blieb nach jeder Behandlung mit Alkohol ein Theil des Niederschlages unl\u00f6slich. Da diese unl\u00f6slichen Reste aus einer Proteinsubstanz bestanden, so wurden die Niederschl\u00e4ge immer \u00e4rmer und \u00e4rmer an der Proteinsubstanz. Auch die von Anderen gemachten Beobachtungen weisen darauf hin, dass die diastatisch wirksame Substanz durch die Wirkung von Alkohol allm\u00e4hlich an der L\u00f6slichkeit einb\u00fcsst. Es ist sehr m\u00f6glich, dass der unl\u00f6sliche Proteinstoff im Pr\u00e4parate A ein nur in dieser Beziehung ver\u00e4nderter l\u00f6slicher Proteinstoff ist, worauf auch die Darstellungsmethode hinweist. Beide wirken diastatisch, der unl\u00f6sliche musste aber aus ersichtlichen Gr\u00fcnden weniger rein sein. Der Stickstoffgehalt des unl\u00f6slichen Proteinstoffes betrug 15,3% und der des l\u00f6slichen 16,2%. Die vollst\u00e4ndige Elementaranalyse schien zwecklos, weil die untersuchten Substanzen aschehaltig und demnach nicht vollst\u00e4ndig rein waren. Dagegen habe ich die Produkte untersucht, welche bei der Spaltung derselben mit Salzs\u00e4ure entstehen.\nSpaltung der Proteinstoffe. Spaltungen der erhaltenen Proteinstoffe habe ich zu dem Zwecke vorgenommen, um zu erfahren, ob ihre Spaltungsprodukte qualitativ und quantitativ denjenigen gleich sind, welche man bei der Spaltung anderer Proteinstoffe bekommt. Die dabei erhaltenen Resultate theile ich im Folgenden mit, obwohl dieselben unvollst\u00e4ndig sind, weil ich eine relativ geringe Materialmenge zur Verf\u00fcgung hatte.\nCa. 30 gr. vom unl\u00f6slichen Proteinstoffe wurden nach dem Verfahren von Hlasivetz und Habermann mit 20\u00b0/oiger Salzs\u00e4ure unter Zusatz von wenig Zinnchlorid drei Tage lang gekocht; nach dem Erkalten wurde die Fl\u00fcssigkeit durch Einleitung von Schwefelwasserstoff von Zinn befreit und hierauf zur Entfernung des gr\u00f6ssten Theils von Salzs\u00e4ure bis zur Syrup-consistenz eingedunstet. Der Syrup wurde mit Wasser verd\u00fcnnt und mit Phosphorwolframs\u00e4ure versetzt. Es bildete sich ein nicht sehr starker Niederschlag, welcher Ammoniak und organische Basen enthielt. Die bei der Zerlegung des Niederschlages mittelst Barytwassers und reiner Kalkmilch er-","page":208},{"file":"p0209.txt","language":"de","ocr_de":"haltene Basenl\u00f6sung behandelte ich, um daraus Arginin zu gewinnen, nach der von Hedin1) angegebenen Vorschrift. Es gelang mir aber nicht, ein schwer l\u00f6sliches Silbersalz, welches im Verhalten dem von Hedin beschriebenen basischen Argininsilbernitrat entsprach, zu erhalten ; aus der L\u00f6sung krystallisirte nur ein im Wasser leicht l\u00f6sliches Salz, \u00fcber dessen Natur ich n\u00e4here Angaben vorl\u00e4ufig nicht machen kann.\nDas Filtrat vom Phosphorwolframs\u00e4ure-Niederschlage wurde zur Entfernung der \u00fcbersch\u00fcssigen Phosphorwolframs\u00e4ure und eines Theils der Salzs\u00e4ure mit Barytwasser und Bleizucker versetzt und schliesslich durch Behandeln mit Silberoxyd vom letzten Best der Salzs\u00e4ure befreit. Aus dem mit Hilfe von Schwefelwasserstoff vom gel\u00f6sten Silber befreiten Filtrate krystallisirten nach dem Einengen Tyrosin und Leucin nacheinander aus. Sie wurden durch ihr Aussehen unter dem Mikroskop und durch ihre Beactionen charakterisirt. Die von den Leucinkrystallen abfiltrirte Mutterlauge wurde nicht n\u00e4her untersucht.\nVom l\u00f6slichen Proteinstoffe wurden '4 gr. mit 20\u00b0/oiger Salzs\u00e4ure auf die gleiche Weise gespalten und in den Spaltungsprodukten kleine Mengen von Ammoniak und organischen Basen und relativ grosse Mengen Amidos\u00e4uren gefunden. Tyrosin und Leucin sind in Krystallen erhalten und in der gleichen Weise wie f\u00fcr den unl\u00f6slichen Proteinstoff identificirt worden.\nIch hoffe, dass es mir gelingen wird, gr\u00f6ssere Mengen von den Proteinstoffen zu sammeln, um die Spaltungsprodukte n\u00e4her qualitativ und quantitativ untersuchen zu k\u00f6nnen.\nVerdauungsversuche mit Diastase.\nDa man die proteinartige Natur der Diastase vermuthen konnte, so war es angezeigt, die Wirkung der verdauenden Agentien auf Diastase zu pr\u00fcfen. Zu diesem Zwecke habe ich zuerst Versuche mit Natronlauge und Salzs\u00e4ure angestellt, um zu bestimmen, in welcher Concentration diese Agentien f\u00fcr Diastase unsch\u00e4dlich sind.\n1) Hoppe-Seyler\u2019s Zeitschrift 21 R. 296.","page":209},{"file":"p0210.txt","language":"de","ocr_de":"210\nIn drei Probirgl\u00e4schen wurden gleiche Volumina von der L\u00f6sung des Pr\u00e4parates II gebracht, in eins von diesen Probirgl\u00e4schen das gleiche Volumen von l\u00b0/oiger, in das zweite von 0,l\u00b0/oiger und in das dritte das gleiche Volumen Wasser zugesetzt. Nach achtst\u00fcndigem Erw\u00e4rmen auf 40\u00b0 wurde mit verd\u00fcnnter Salzs\u00e4ure genau neutralisirt, in jedem Gl\u00e4schen ein paar Tropfen St\u00e4rkel\u00f6sung zugef\u00fcgt und \u00fcber Nacht bei 40\u00b0 stehen gelassen. Im ersten Probirgl\u00e4schen fand keine Spaltung statt und im zweiten eine nur wenig schw\u00e4chere, wie im dritten. Daraus folgt, dass 0,5\u00b0/oige Natronlauge auf Diastase zerst\u00f6rend wirkt, 0,05\u00b0/oige aber nicht. Dann habe ich 0,05 \u00b0/oige Lauge mit dem gleichen Volumen Diastasel\u00f6sung gemischt, dazu ein paar Tropfen einer wirksamen Trypsinl\u00f6sung zugef\u00fcgt und konnte nach 8 Stunden constatiren, dass das Trypsin in einer ca. 0,02\u00b0/oigen Natronlauge auf Diastase nicht gewirkt hat, weil diese Fl\u00fcssigkeit nach der Neutralisation St\u00e4rkel\u00f6sung stark spaltete. Um die Wirkung der Salzs\u00e4ure auf Diastase zu pr\u00fcfen, habe ich 0,28\u00b0/oige, 0,028 \u00b0/oige und 0,014 \u00b0/oige Salzs\u00e4ure in gleichen Volumen mit l\u00b0/oiger L\u00f6sung des Pr\u00e4parates IV gemengt, nach 24 st\u00e4ndigem Stehen bei 40\u00b0 neutralisirt und mit St\u00e4rkel\u00f6sung auf ihre Wirksamkeit gepr\u00fcft. Alle Proben waren diastatisch wirksam, nur die erste wirkte schwach. Es hat sich demnach erwiesen, dass in den zwei letzten Proben die Diastase nicht angegriffen wurde. Dann habe ich in zwei Probirgl\u00e4schen 0,028\u00b0/oige und 0,014\u00b0/oige Salzs\u00e4ure mit -gleichen Volumen l\u00b0/0iger L\u00f6sung des Pr\u00e4parates IV gemengt, dazu je zwei Tropfen einer stark wirksamen 5\u00b0/0igen Pepsinl\u00f6sung zugef\u00fcgt, 48 Stunden bei 40\u00b0 stehen gelassen, neutralisirt und mit St\u00e4rkel\u00f6sung 8 Stunden bei 40\u00b0 gehalten. Mit Fehling\u2019scher L\u00f6sung entstand keine Reduction, was darauf hinweist, dass die Diastase zerst\u00f6rt wurde.\nAus diesen vorl\u00e4ufigen Versuchen, welche auch die Beobachtungen von anderen Autoren best\u00e4tigen, k\u00f6nnen wilden Schluss ziehen, dass Diastase in sehr schwach alkalischer L\u00f6sung durch Trypsin nicht zerst\u00f6rt, in sehr schwach saurer L\u00f6sung durch Pepsin aber wohl zerst\u00f6rt wurde.","page":210},{"file":"p0211.txt","language":"de","ocr_de":"\u2014 211 \u2014\nWas ist Diastase ?\nWie ich gezeigt habe, wird die wirksame Substanz meiner Diastasepr\u00e4parate durch Br\u00fccke\u2019sches Reagens gef\u00e4llt. Aus dem Niederschlage vermochte ich nur eine Proteinsubstanz zu isoliren. Ich habe ferner gezeigt, dass die wirksame Substanz meiner Pr\u00e4parate nicht dialysirbar war und durch Magnesiumsulfat ausgesalzen wurde; H\u00e4lt man alle diese Beobachtungen zusammen, so muss man zu der Ansicht kommen, dass Diastase ein Proteinstoff ist. Das Verhalten der Diastase gegen Pepsin spricht auch f\u00fcr ihre Proteinnatur.\nMan wird vielleicht noch einwenden, dass einem an und f\u00fcr sich unwirksamen Proteinstoffe \u00e4usserst kleine Mengen des wirklichen Enzyms an hafteten. Gesetzt aber, dass es so w\u00e4re, so w\u00fcrde doch dieses wirkliche Enzym durch Br\u00fccke\u2019sches Reagens vollst\u00e4ndig ausf\u00e4llbar, durch Magnesiumsulfat aussalzbar, nicht dialysirbar und von gleichem Verhalten gegen Weingeist wie der gefundene Proteinstoff sein, mit einem Worte, es w\u00fcrde, wenn nicht derselbe, so doch ein dem von mir nachgewiesenen Proteinstoffe sehr \u00e4hnlicher K\u00f6rper sein. Sollten diese Gr\u00fcnde nicht \u00fcberzeugend sein, so m\u00fcssten wir mit Arthus1) zum Schl\u00fcsse gelangen, dass Enzyme unfassbar sind, dass sie keine Stoffe, sondern nur Eigenschaften der Stoffe sind. Wenn dies aber von einem gewissen speculativen Standpunkte aus auch richtig sein k\u00f6nnte, so ist doch der beschriebene Proteinstoff ein Tr\u00e4ger der enzymotischen Kr\u00e4fte und wir k\u00f6nnen diesen Tr\u00e4ger mit dem Namen <Diastase\u00bb, \u00abEnzym\u00bb, bezeichnen.\nMan hat oft gegen die Vermuthung, dass Enzyme Proteinstoffe sind, einige von Br\u00fccke mit dem Pepsin gemachten Erfahrungen als Beweis angef\u00fchrt. Ich habe schon oben (S. 201) gezeigt, dass die von Br\u00fccke benutzte Adsorbirbarkeit, wenn sie auch f\u00fcr Enzyme charakteristisch ist, diesen K\u00f6rpern doch nicht in so hohem Grade eigen ist, wie es Br\u00fccke vermuthet hat. Br\u00fccke hat Pepsinl\u00f6sungen erhalten, die nur undeutliche Eiweissreactionen gaben. Er hat aber die Anwesenheit des\ni) 1. c.","page":211},{"file":"p0212.txt","language":"de","ocr_de":"212 \u2014\nPepsins nur durch seine verdauende Wirkung constatirt und diese Wirkung auch nicht quantitativ gemessen. Wir werden gleich sehen, dass bei sehr grosser Verd\u00fcnnung Enzyme nur ihre spaltenden Eigenschaften aufweisen, weil diese Reaction die empfindlichste ist, sodass, wenn bei der fortschreitenden Verd\u00fcnnung alle anderen Reactionen versagen, diese Wirkung noch hervortritt. Es macht dann auf uns den Eindruck, als ob in der L\u00f6sung kein Proteinstoff mehr, sondern nur ein Enzym enthalten sei. Im Folgenden ist ein \u00fcberzeugender Beweis daf\u00fcr beschrieben. Ich habe bei der Darstellung der Diastase ein Pr\u00e4parat dialysirt und dabei bemerkt, dass die dialysirte Fl\u00fcssigkeit diastatisch wirkte, wahrscheinlich nur deshalb, weil unsichtbare Oeffnungen im Pergamentpapiere vorhanden waren, und ich wollte mich \u00fcberzeugen, ob viel Substanz auf diese Weise verloren gegangen war. Die \u00e4ussere Fl\u00fcssigkeit gab aber keine Proteinreactionen. Als ich jedoch ein halbes Liter dieser Fl\u00fcssigkeit eindunstete, blieb ein kleiner R\u00fcckstand, der Millon\u2019sehe und Xanthoproteinreaction gab, die Biuretreaetion war undeutlich: dies ist aber mit dem urspr\u00fcnglichen Pr\u00e4parate auch der Fall gewesen. Also konnte die Proteinsubstanz in dieser diastatisch wirkenden Fl\u00fcssigkeit durch ihre gew\u00f6hnlichen Reactionen nicht nachgewiesen werden.\nWir schliessen die Diskussion mit den eigenen Worten von Br\u00fccke.1) Die von ihm erhaltene Pepsinl\u00f6sung gab keine Xanthoprotein-, Liebermann\u2019sche und Pettenkofer\u2019sche Reaction; \u00abvom Platinchlorid wurde sie deutlich getr\u00fcbt und st\u00e4rker noch durch basisches und durch neutrales essigsaures Blei.\u00bb \u00abMan kann gegen diese Versuche einwenden, dass man ja nicht wisse, in wie kleinen Quantit\u00e4ten das Pepsin wirksam sei, und deshalb auch nicht wissen k\u00f6nne, ob es in der untersuchten Fl\u00fcssigkeit trotz ihrer Wirksamkeit nicht in so geringer Menge vorhanden war, dass es sich durch chemische Reagentien nicht nachweisen liess. Ich muss die Berechtigung dieses Einwurfs um so mehr anerkennen, als ich direkt durch Aufl\u00f6sung des\n1) Beitr\u00e4ge zur Lehre von der Verdauung. Sitzungsber. d. Wien. Akad. 43 B. 607.","page":212},{"file":"p0213.txt","language":"de","ocr_de":"Spitzbeutelinhaltes in \u00fcbersch\u00fcssiger Phosphors\u00e4ure oder in Salzs\u00e4ure, oder durch Zerlegen desselben mit Oxals\u00e4ure Fl\u00fcssigkeiten gewonnen habe, von denen ein Tropfen in 5 ccm. Wasser vertheilt, eine hineingeworfene Fibrinflocke binnen 10 Minuten l\u00f6ste\u00bb.\nEigenschaften der Diastase.\nWenn ich jetzt die aus der ganzen Untersuchung erhaltenen Erfahrungen \u00fcber die Eigenschaften der Diastase zusammenstelle, so komme ich zu dem Resultate, dass Diastase im Wasser schwer l\u00f6slich ist, leicht quillt und opalisirende, schwer filtrirbare, durch die Tonzelle nur theilweise durchgehende und nicht dialysirbare L\u00f6sungen bildet. Die durch die Tonzelle filtrirte L\u00f6sung ist nicht opalisirend. Die meisten Niederschl\u00e4ge, welche mit der Diastasel\u00f6sung durch verschiedene Agentien erhalten werden, sind gequollen und nur schwer filtrirbar. Diese Eigenschaft scheinen auch die anderen Enzyme zu besitzen. Im 45\u00b0/oigen, meistens auch im 50\u00b0/oigen Alkohol ist sie l\u00f6slich und durch 60\u201470\u00b0/oigen f\u00e4llbar. Die L\u00f6slichkeit im Alkohol h\u00e4ngt vom Salzgehalte der Fl\u00fcssigkeit ab. Je weniger Salze sie enth\u00e4lt, desto schwieriger wird die Diastase ausgef\u00e4llt. Dieselbe Erscheinung bemerken wir auch bei den anderen Enzymen. Diastase gibt eine deutliche Millon'sche Reaction, gibt sehr leicht, schon in der K\u00e4lte, Xanthoprotein-reaction, gibt Liebermann'sehe Reaction, mit Essigs\u00e4ure und Ferrocyanat eine Tr\u00fcbung, mit Salpeters\u00e4ure eine solche, die im Ueberschusse der S\u00e4ure l\u00f6slich ist. Mit Sublimat gibt sie eine Tr\u00fcbung, die in der Kochsalzl\u00f6sung l\u00f6slich ist, mit Bleizucker keinen Niederschlag, mit Bleiessig nur eine geringe Tr\u00fcbung, mit Phosphorwolfram- und Phosphormolybd\u00e4ns\u00e4ure gibt sie flockige Niederschl\u00e4ge, ebenfalls mit Tannin. Mit Quecksilberkaliumjodid f\u00e4llt sie in Form einer gequollenen Verbindung nieder. Diastase ist mit Magnesiumsulfat und Ammoniumsulfat aussalzbar. Sie koagulirt beim Kochen nicht, wird mit Essigs\u00e4ure in der K\u00e4lte und in der W \u00e4rme nicht ausgef\u00e4llt, durch verd\u00fcnnte Salzs\u00e4ure wird sie beim Kochen ausgef\u00e4llt, kalt nur dann, wenn die Salzs\u00e4ure nicht zu ver-","page":213},{"file":"p0214.txt","language":"de","ocr_de":"d\u00fcnnt ist. Diastase wird durch sehr verd\u00fcnnte S\u00e4uren und Alkalien nicht angegriffen, das Trypsin wirkt auf sie nicht, dagegen das Pepsin zerst\u00f6rt ihre Wirksamkeit.\nAllen diesen Eigenschaften nach steht Diastase den Al-bumosen ziemlich nahe, was auch nach den Ergebnissen der zuverl\u00e4ssigeren Arbeiten f\u00fcr manche anderen Enzyme gilt.\nKritische Bemerkungen.\nBei Durchsicht der betreffenden Litteratur begegnen wir zahlreichen Mittheilungen \u00fcber Diastase, wir finden viel Werthvolles darin, daneben treffen wir aber auch ganz irref\u00fchrende Angaben, und in keiner Arbeit finden wir einen experimentellen Beweis f\u00fcr die proteinartige Natur der Diastase. Wir werden jetzt einen kurzen Ueberblick \u00fcber diese Angaben im Lichte der vorliegenden Forschung geben, wobei sich zeigen wird, dass keiner von den Forschern, die mit Darstellung von Diastase besch\u00e4ftigt waren, eine Trennung derselben von dem beigemengten Arabane durchgef\u00fchrt hat. Man begegnet ja keiner Angabe \u00fcber Existenz dieses Polysaccharids. Es folgt aus den Angaben, die ich in der Einleitung \u00fcber die von den verschiedenen Forschern angewendeten Darstellungsmethoden angegeben habe, dass in allen ihren Pr\u00e4paraten ein Gemenge von mindestens zwei K\u00f6rpern, der Diastase und des Arabans, vorhanden sein m\u00fcsste. Da im Allgemeinen das Ausziehen und F\u00e4llen mit Alkohol, das Aussalzen, Dialysiren, F\u00e4llen mit dem Calciumphosphat und Behandeln mit Bleiessig bei der Darstellung angewendet wurden, so folgt aus meinen Versuchen \u00fcber diese Methoden, dass alle bis jetzt erhaltenen Diastase-pr\u00e4parate kaum reiner als diejenigen, welche ich urspr\u00fcnglich (S. 181) erhalten und analysirt habe, sein konnten.\nPay en und Persoz1 2), von denen die Bezeichnung Diastase\u00bb stammt, haben bei den wiederholten F\u00e4llungen mit\n1)\t1. c.\n2)\tPay en et Pesoz. M\u00e9moire sur l\u2019amidone (substance int\u00e9rieure de la f\u00e9cule) et suite de recherches sur la diastase. Ann. de chim. et de pharm. (2). 56. 1834 J. 337. \u2014 \u00abLes solutions du tannin en pro-","page":214},{"file":"p0215.txt","language":"de","ocr_de":"Alkohol einen Theil der Diastase in unl\u00f6slichen Zustand \u00fcbergef\u00fchrt. Das Araban l\u00f6ste sich mit Diastase im Wasser und wurde mit dem Alkohol wieder mitausgef\u00e4llt, so dass diese Autoren schliesslich stickstoffarme Pr\u00e4parate erhielten, die \u00e4hnlich wie mein Pr\u00e4parat A zum gr\u00f6ssten Theil aus dem Araban bestehen mussten. Deshalb haben sie den Schluss gezogen, dass Diastase stickstofffrei sei. Die von ihnen beschriebenen Eigenschaften der Diastase stimmen mit denjenigen meines Pr\u00e4parates A \u00fcberein. Sie haben schon bemerkt, dass \u00ab Diastase mit Bleiessig nicht gef\u00e4llt wird\u00bb (S. 75). Ihre Beobachtung, dass Diastase mit Tannin gef\u00e4llt wird,1) wurde sp\u00e4ter von Je nt y s1) und jetzt von mir best\u00e4tigt. Auch ihre Beobachtung ' \u00fcber Verhalten der Diastase gegen Thierkohle stimmt mit der meinigen ziemlich \u00fcberein.2)\nDas \u00abMaltin\u00bb von Dub run faut3) musste zweifellos auch ein durch Araban verunreinigtes Pr\u00e4parat der Diastase sein, was wir aus dem Befunde dieses Autors ersehen, dass mehrmals mit Alkohol umgef\u00e4lltes Enzym immer weniger wirksam wurde und jedesmal einen ungel\u00f6sten Theil zur\u00fcckliess, welcher stark wirksam war. \u00abDie l\u00f6slichen Pr\u00e4parate enthielten 6\u20147 \u00b0/o Stickstoff. \u00bb\t\u00ab Ohne Zweifel war es diese Thatsache, durch\nwelche die Entdecker des Diastas irre gef\u00fchrt worden waren, als sie die Beobachtung aufstellten, dass das vollkommen gereinigte Diastas stickstofffrei sei.\u00bb Das \u00abMaltin\u00bb wirkte st\u00e4rker als \u00abDiastase\u00bb von Payen und Persoz, weil es mehr vom\nportions suffisantes paralysent compl\u00e9taient la r\u00e9action de la diastase, aussi ne s'en trouve-t-il que tr\u00e8s peu ou point dans les parties des v\u00e9g\u00e9taux ou s\u2019accomplit la transformation de la f\u00e9cule\u00bb (S. 340).\n1)\tStefan Jentys. O przeszkodach utrudniajacych wykrycie dia-stazy w lisciach i Lodygach. Rozpr. Akad. Umiejetn. Krak. 1893.\n2)\t\u00abLes solutions brutes contenant de la diastase peuvent \u00eatre \u00e9pur\u00e9es non seulment par une temp\u00e9rature de 75\u00b0 cent\u00e9simaux, qui coagule certaines mati\u00e8res organiques, mais encore par une filtration sur le charbons d\u2019os, qui \u00e9limine les substances colorantes sans pr\u00e9cipit\u00e9e la diastase ni le sucre, ni la gomme, produits de sa r\u00e9action\u00bb (S. 368).\n3)\t1. c.","page":215},{"file":"p0216.txt","language":"de","ocr_de":"\u2014 216 \u2014\nwirklichen Enzyme wegen der k\u00fcrzeren Behandlung mit Alkohol enthielt.\nWas die Erfahrungen Cohnheim\u2019s1) anbetrifft, welcher nach Br\u00fccke\u2019scher Methode gearbeitet hat, so sehen wir jetzt klar, dass er sehr verd\u00fcnnte Diastasel\u00f6sung unter den H\u00e4nden hatte und nur deshalb \u00abkeine Eiweissreactionen\u00bb bekam. Nach dieser Methode hat Sundberg2) ein anderes Enzym, n\u00e4mlich Pepsin, darstellen wollen und bekam eine L\u00f6sung, welche zwar verdauend wirkte, aber \u00abkeine Beactionen gab\u00bb. Er schliesst daraus, dass Pepsin kein Eiweissstoff sei, nachdem aber diese L\u00f6sung mit 5\u20146 Volumen Alkohol gef\u00e4llt wurde, bekam er einen kleinen Niederschlag, welcher, auf dem Platinspatel verbrannt, einen Geruch nach verbrennendem Horne verbreitete.\nBei Zulkowsky3) l\u00f6ste das Glycerin wahrscheinlich neben der Diastase das Araban aus dem Malze auf. Die wiederholten F\u00e4llungen mit Alkohol haben einen Theil der Diastase unl\u00f6slich gemacht, so dass Zulkowsky zu immer stickstoff\u00e4rmeren Pr\u00e4paraten gelangte, welche \u00abweder Eiweiss- noch Peptonreactionen zeigten\u00bb. Es ist interessant, dass auch Zulkowsky bemerkt hat, dass nach jeder F\u00e4llung mit Alkohol ein Theil des Niederschlages unl\u00f6slich blieb. Was f\u00fcr Eiweissreactionen Zulkowsky machte, ersehen wir aus seiner Abhandlung nicht. Wenn es Biuretreaction war, so ist es ersichtlich, dass dieselbe durch das ohne Zweifel in grosser Menge in den Zulkowsky-schen Pr\u00e4paraten vorkommende Araban verdeckt wurde, wie es auch bei meinen Pr\u00e4paraten der Fall war. Die von Zulkowsky bei der Aussch\u00fcttlung des Malzauszuges mit Aether erhaltene gallertartige Masse bestand zweifellos auch aus einem Gemische. Ich habe eine L\u00f6sung meines Pr\u00e4parates I mit Aether ausgesch\u00fcttelt und bekam dabei in der Grenzschicht der beiden Fl\u00fcssigkeiten eine gallertartige Emulsion, die jedoch aus einer Mischung der Diastase mit dem Arabane bestand. Diese Emulsion entsteht nur in ziemlich concentrirten L\u00f6sungen\n1)\t1. c.\n2)\tEin Beitrag zur Kenntniss des Pepsins. Hoppe-Seyl. Zeitschr. 9 B. 319.\n3)\t1. c.","page":216},{"file":"p0217.txt","language":"de","ocr_de":"217\nund ihre Entstehung h\u00e4ngt augenscheinlich davon ab, dass in solchen L\u00f6sungen weder Araban noch Diastase vollst\u00e4ndig gel\u00f6st, sondern theilweise im Zustande einer sehr starken Quellung sich befinden, und dieser Theil wird dann durch die Aether-emulsion abgetrennt. Eine \u00e4hnliche Erscheinung beobachtete ich beim Sch\u00fctteln einer ziemlich concentrirten Caseinl\u00f6sung mit Aether.\nLintnersche1) Pr\u00e4parate waren auf \u00e4hnliche Weise wie mein Pr\u00e4parat A dargestellt und ihre Zusammensetzung musste demnach eine \u00e4hnliche sein. Sie enthielten wenig Stickstoff und Lintner hat deshalb Diastase f\u00fcr verschieden von den Eiweissk\u00f6rpern gehalten, ohne zu wissen, dass der gr\u00f6sste Theil seiner Pr\u00e4parate aus einem Kohlenhydrate bestand.\nLoew2) hat ganz richtig behauptet, dass Diastase ein Proteink\u00f6rper ist, einen Beweis daf\u00fcr hat er aber nicht gebracht. Er hat n\u00e4mlich die W\u00fcrz\u2019sehe Methode angewendet, die f\u00fcr das Papayotin gute Dienste geleistet hat, f\u00fcr die Diastase aber keinen Nutzen bringen konnte. W\u00fcrz hat mittelst Bleiacetat Papayotin von den anderen Proteinstoffen getrennt. Die Proteinstoffe sind meistens, wie bekannt, mit dem Bleiacetat f\u00e4llbar, Papayotin dagegen nicht. Die Diastase ist auch mit diesem Beagens nicht f\u00e4llbar, es ist aber auch der Fall mit dem sie verunreinigenden Kohlenhydrate. Es ist demnach folgender Satz, welchen Loew in einer Polemik gegen Lintner gebraucht, nicht ganz zutreffend. Er sagt: \u00abMeine Erfahrung hat mir ebenfalls gezeigt, dass bei Anwendung der n\u00f6thigen Cautelen diese Methode (Bleiessig) ein vorz\u00fcgliches Besultat liefert, und Lintner s Misserfolg muss auf einem nicht gen\u00fcgend beachteten sch\u00e4dlichen Nebenumstand beruhen.\u00bb3) Loew hat ohne Zweifel \u00e4hnliche Gemenge unter den H\u00e4nden gehabt, wie es mein Pr\u00e4parat A darstellt, welches auch die Eiweissreactionen gibt.\nBefunde von Kirchhof,4) Bouchardat, Claud Ber-\n1)\tUeber die chemische Natur der vegetabilischen Diastase. Pfl. Arch. 40 B. 311.\n2)\t1. c.\n3)\t0. Loew, Berichtigung. Berichte d. deutsch, chem. Ges. 20B. 58.\n4)\t1. C.","page":217},{"file":"p0218.txt","language":"de","ocr_de":"218\nnard,1) Seegen und Kr at s chm er, dass verschiedene ei weissartige K\u00f6rper diastatisch wirken, sind nicht beweisend, weil man den Einwurf machen kann, dass an der verzuckernden Wirkung ihrer L\u00f6sungen Infection durch Bact\u00e9rien schuld war.\nDie Beobachtungen von Brown und Heron2) \u00fcber die Coagulation der Diastase beziehen sich offenbar auf die die Diastase verunreinigenden Eiweissstoffe, weil, wie wir wissen, Diastase selbst durch Kochen ihrer L\u00f6sung nicht coagulirt wird.\nHirschfeld3) hat dieselbe Darstellungsmethode wie Loew angewendet und daher muss er ein Gemisch von Araban mit der Diastase unter den H\u00e4nden gehabt haben. Er ist aber zum entgegengesetzten Resultate wie Loew gelangt. Er erkl\u00e4rt die Diastase f\u00fcr ein Kohlenhydrat. Bei dem Vergleiche der beiden Abhandlungen von Hirschfeld und Loew ersehen wir aufs Deutlichste, dass beiden ein Gemisch eines Kohlenhydrats mit einem Proteink\u00f6rper vorliegen musste. Hirschfeld hat seine Di as tasep r\u00e4parate als aus Landwehr\u2019s Thiergummi bestehend betrachtet. Wir wissen jetzt, dass der Haupttheil seiner Pr\u00e4parate aus dem von mir entdeckten Araban bestehen musste. Dies ist aber keine Diastase, und ob es mit Land-wehr\u2019schem Thiergummi \u00fcbereinstimmend ist, k\u00f6nnen wir nicht sagen, weil es \u00fcberhaupt ganz unklar ist, was das Landwehr\u2019sehe Thiergummi sein soll. Landwehr hat nur wenige Eigenschaften seiner Pr\u00e4parate beschrieben und keine Spaltungen derselben gemacht. Die einzige von ihm angegebene \u00abcharakteristische\u00bb Reaction mit Kupfersalzen wird thats\u00e4chlich auch vom Araban gegeben, sie gelingt aber auch mit manchen anderen Polysacchariden. Wenn wir eine L\u00f6sung dieses Pentosans mit einer kleinen Menge von Kupfersalzl\u00f6sung und dann mit Natronlauge versetzen, so bildet sich ein hellblauer Niederschlag, der sich im Ueberschusse von Natronlauge nicht l\u00f6st und sich beim Kochen nicht schw\u00e4rzt.4)\nb i. c.\n2j 1. C.\n3)\t1. c.\n4)\tMan vergleiche auch in Bezug auf Thiergummi die Abhandlung von Folin. Diese Zeitschrift Bd. 23 S. 347.","page":218},{"file":"p0219.txt","language":"de","ocr_de":"219\nDie Anschauung von Wort mann, dass Enzyme .die vom lebenden Protoplasma abgefallenen \u00abSplitter\u00bb sind,1) die auch f\u00fcr sich allein f\u00e4hig sein k\u00f6nnen, St\u00e4rke zu spalten, indem die Enzymwirkung haupts\u00e4chlich dem Protoplasma zugeschrieben wird, kann vielleicht in gewisser Deutung berechtigt sein. Es ist sehr m\u00f6glich, dass Enzyme, als chemische Stoffe, einen von den Bestandtheilen des Protoplasmas bilden, wo sie mit den anderen Stoffen lose gebunden sind: vom Protoplasma abgetrennt l\u00f6sen sie sich in den Cellulars\u00e4ften. Diese Anschauung erweitert aber unsere Kenntnisse \u00fcber Enzyme nicht viel und besonders deshalb, weil wir nicht wissen, was vom Protoplasma im chemischen Sinne zu denken ist. Jedenfalls kann der Satz, dass \u00ab St\u00e4rkemehl meistens direkt vom Protoplasma ohne jede Betheiligung von Diastase in L\u00f6sung gebracht wird\u00bb, nicht berechtigt sein.\nEs ist auffallend, dass bei Osborne das Araban mit Ammoniumsulfat nicht ausgef\u00e4llt wurde, w\u00e4hrend es bei mir mit Ammoniumsulfat und auch schon mit Magnesiumsulfat niederf\u00e4llt. Jedenfalls konnte Osborne nach \u2022 seiner Darstellungsmethode reine Diastase nicht in den H\u00e4nden haben, was schon daraus ersichtlich ist, dass seine \u00ab Diastase\u00bb bei 58\u00b0 coagulirte, w\u00e4hrend dieses Enzym auch beim Sieden seiner L\u00f6sungen nicht coagulirt wird. Auf diese Coagulirbarkeit seiner Pr\u00e4parate und L\u00f6slichkeit der Diastase im verd\u00fcnnten Alkohol gest\u00fctzt, h\u00e4lt er Diastase f\u00fcr identisch mit Leucosin, einem pflanzlichen Albumin.2)\n1)\t\u00abSplitter\u00bb vom Protoplasma k\u00f6nnen nicht in einer Fl\u00fcssigkeit vorhanden sein, welche durch eine Tonzelle fdtrirt wurde, wie z. B. eine von meinen Diastasel\u00f6sungen. \u2014 Vergl. Buchner. Ber. d. deutsch, ehern. Ges. 30 B. 1110.\n2)\t\u00abLeucosin is intimately associated with diastase. Heated to 50\u00b0, solutions of this proteid become turbid, and at 58\u00b0 a flocculent coagulum occurs. Coagulation, however, is incomplete unless the solution is heated for some time and the temperature raised to about 70\u00b0. Saturation with sodium chlorid partly precipitates leucosin.\u00bb T. B. Osborne and George F. Campbell. The proteids of malt. Rep. of connect. Agric. exper. Stat. 1895 (S. 252). \u2014 \u00abAlthougt in general the diastatic power of my preparations was greater the larger the amount of coagulabel","page":219},{"file":"p0220.txt","language":"de","ocr_de":"220\nAus diesem kurzen Ueberblicke ersehen wir, dass die Proteinnatur der Diastase von einigen Forschern vermuthet, aber experimentell bis jetzt nicht nachgewiesen wurde.\nSchluss.\nAm Schl\u00fcsse dieser Mittheilung fasse ich die Ergebnisse meiner Forschung kurz zusammen.\nEs wurde bewiesen, dass ein Begleiter der Diastase im Malze, der in allen bis jetzt dargestellten Diastasepr\u00e4paraten vorhanden gewesen sein, ja den gr\u00f6ssten Theil derselben gebildet haben muss, ein diastatisch unwirksames Polysaccharid \u2014 Araban \u2014 ist.\nEs wurde bewiesen, dass Diastase ein Proteinstoff ist und dass sie unter den bekannten Proteinstoffen am n\u00e4chsten den Albumosen steht.\nEs wurde eine genaue und bequeme Methode zur Bestimmung der di astatischen Wirksamkeit gefunden, die bei chemischen und pflanzenphysiologischen Arbeiten Nutzen bringen kann.\n\u2022 Es wurde eine einfache Darstellungsmethode der l\u00f6slichen St\u00e4rke, des f\u00fcr die Bestimmung der diastatischen Wirksamkeit von mir benutzten Materials, ausgearbeitet.\nEs wurde bewiesen, dass verd\u00fcnnte Kalilauge \u00e4hnlich der Diastase, wenn auch viel langsamer, auf mehrere Kohlehydrate hydrolytisch spaltend wirken kann.\nDie hier beschriebene Untersuchung wurde auf Kosten der in Warschau befindlichen \u00abMianowskfsehen Unterst\u00fctzungskasse f\u00fcr wissenschaftliche Forscher\u00bb ausgef\u00fchrt.\nZ\u00fcrich. Agrikulturchemisches Laboratorium des Polytechnikums.\nalbumine they contained\u00bb (S. 205). \u00abIt is to be concluded that the dia-static enzyme is most closely related to the albumin, named leucosin\u00bb (S. 207). Report of the Connect. Agric. exper. Stat. 1895. \u2014 \u00abIt was always possible to roughly judge of the diastatic power of a preparation, by heating a portion of its solulion to 65\u00b0 C. and observing the amount of coagulum formed\u00bb (S. 238), B. Osborne. The chemical nature of diastase. Rep. of the Connectic. Agric exper. Stat. 1894.","page":220},{"file":"p0221.txt","language":"de","ocr_de":"Im Folgenden gebe ich noch die Titel einiger Abhandlungen an, welche bei den Studien \u00fcber Diastase in Betracht kommen k\u00f6nnen; die meisten derselben sind von mir ber\u00fccksichtigt, aber in dieser Mittheilung nicht citirt worden.\nBaranieeki, J. Die st\u00e4rkeumbildenden Fermente in der Pflanze. 1878. Leipzig.\nB arth, M. Zur Kenntniss des Invertins. Ber. d. deutsch, ch. Ges. 11 B. 474. Baswitz, M. Zur Kenntniss der Diastase. Ber. d. deutsch, ch. Ges-11 B. 1443.\nBourquelot. Sur l'identit\u00e9 de la diastase. C. r. de la Soc. biolog. 1885.\n\u2014\t\u2014 Sur quelques points relatifs \u00e0 Faction de la salive sur le grain\nd\u2019amidon. C. rend. 104 Vol. 71.\n\u2014\t\u2014 Sur la composition du grain d\u2019amidon. C. r. 104 Vol. 177.\n-----Sur les caract\u00e8res de l\u2019affaiblissement \u00e9prouv\u00e9 par la diastase\nsous Faction de la chaleur. C. r. 104 Vol. 576.\nBrasse, L. Sur la pr\u00e9sance de l\u2019amylase dans les feuilles. 99 Vol. 878. Chapoteaux, P. Sur le suc gastrique. C. r. 94 Vol. 1722. \u2014 C. r. 95 Vol. 148.\nCripps. Bestimmung der diastatischen Kraft von Malzextract. Ref. in chem. Ctbl. 18901. 324.\nCuisinier, L. Die Glykose und die Verzuckerung des St\u00e4rkemehls. Ref. in chem. Ctbl. 1886. 614.\nDefresne, Th. Etudes comparatives sur la ptyaline et la diastase. C. r. 89 Vol. 1070.\nDetmer, W. Ueber den Einfluss verschiedener Substanzen auf Pflanzenzellen. Landw. Jhrb. 10.\nDonath, Eduard. Ueber den invertirenden Bestandtheil der Hefe. Ber. d. deutsch, chem. Ges. 8 B 795.\nDumas. Sur les ferments appartenants au groupe de la diastase. C. r. 75 Vol. 295.\nEpstein, Wilhelm und M\u00fcller, Julius. Ueber den Einfluss der S\u00e4uren und Alkalien auf das Labferment. Ber. d. deutsch, chem. Ges. 8 B. 679.\nErlenmeyer. Sitzungsber. M\u00fcnchn. Akad. 1874.\nFluhrer, W. Die Diastase. 1870. M\u00fcnchen.\nG\u00e9duld, R. Ein neues Enzym, die Glykose. Wochenschr. f. Brauwes. 8. Green. On vegetable Ferment. Ann. of botany. 7.\nGorup Besanez. Ueber das Vorkommen eines diastatischen und pep-tonisirenden Fermentes in den Wickensamen. Ber. d. deutsch, chem. Ges. 7 und 8.\nHaberlandt, G. Die Kleberschicht des Gras-Endosperms als diastase-ausscheidendes Dr\u00fcsengewebe. Ber. d. deutsch, botan. Ges. 8. Hansen, A. Ueber Fermente und Enzyme. Arb. d. bot. Inst. W\u00fcrzb. 3_ H\u00fcfner, G. Zur Lehre von den \u00abkatalytischen Wirkungen\u00bb. J. pr. ch.. (2) 10 B. 148. 387.","page":221},{"file":"p0222.txt","language":"de","ocr_de":"222\nJacobsohn, John. Untersuchungen \u00fcber l\u00f6sliche Fermente. Diese Zeitschr. 16 B. 340.\nKjeldahl. Recherches sur les ferments producteurs du sucre. G. r. laborat. de Carlsberg. 1879.\nKossmann. Recherches chimiques sur les fermentes contenus dans les v\u00e9g\u00e9taux. Bull, de la soc. chim. de Paris. 27.\nKrabbe, G. Untersuchungen \u00fcber das Diastaseferment unter specieller Ber\u00fccksichtigung seiner Wirkung auf St\u00e4rkek\u00f6rner innerhalb der Pflanze. Prngsh. Jhrb. 21.\nKrauch, C. Beitr\u00e4ge zur Kenntniss der ungeformten Fermente im Pflanzenreiche. Landw. Versuchsst. 23.\nLindet, L. Observations sur la saccharification par la diastase. C. rend. 108 B. 453.\nLintner und Eckhardt. Studien \u00fcber Diastase. Zeit. Brauwes. 12 B. 389. Journ. pr. ch. 41 B. 91.\nLintner, C. J. Entstehung von Dextrose aus St\u00e4rke. Zeitschr. f. ges. Brauwes. 15.\nLoew, 0. Einige Bemerkungen \u00fcber Enzyme. J. pr. ch. 37 B. 101.\n-----Notiz \u00fcber die Natur der ungeformten Fermente. Pfl. Arch. 36 B.\n170.\nMarckwort, E. und G. H\u00fcfner. Ueber ungeformte Fermente und ihre Wirkungen. J. pr. Ch. (2). 11.\nM\u00e4rker. Standpunkt unserer Kenntniss \u00fcber die diastatischen Vorg\u00e4nge. Ref. in Chem. Ctbl. 1878. 559.\nNasse, Otto. Bemerkungen zur Physiologie der Kohlehydrate. Pfl. Arch. 14 B. 473.\n-----Untersuchungen \u00fcber die ungeformten Fermente. Pfl. Arch. 11 B. 136.\nPay en. R\u00e9action de la diastase sur la substance amylac\u00e9e dans diff\u00e9rentes conditions. Ann. ch. et phys. (4) 4 Vol. 286.\n-----Extraction et propri\u00e9t\u00e9s de la diastase. C. r. 66 Vol. 460.\n-----Ueber die Einwirkung der Diastase auf das St\u00e4rkemehl unter verschiedenen Umst\u00e4nden. Dingl. polyt. Journ. 178 B. 69.\n\u2014 \u2014 Note sur le dernier m\u00e9moire de M. Gu\u00e9rin-Varry. Ann. chim. et phys. (2) 60.\n-----Amidon, dextrine et tissus ligneux. Ann. ch. et phys. (4). 7 Vol.\n382.\nReychier, A. Ueber k\u00fcnstliche Diastase. Ber. d. deutsch, chem. Ges. 22 B. 414.\nSch\u00e4rtler, L. Diastase. Casop. cesk. l\u00e9k\u00e2rn. 6. 95. Ref. in Chem. Ctbl. 18 B. 534.\nSchulze, E. Ueber Maltose. Ber. d. deutsch, chem. Ges. 7.\nSchulz, C. Beitr\u00e4ge zur Geschichte des Glykogens. Diss. Berlin 1877. Sch\u00fctzenberger. Les fermentations 1896. Paris.\nSchwarzer, A. Ueber die Umwandlung der St\u00e4rke durch Malzdiastase. Dingl. polyt. Journ. 198 B. 321.","page":222},{"file":"p0223.txt","language":"de","ocr_de":"Wittich, v. Ueber eine neue Methode zur Darstellung k\u00fcnstlicher Verdauungsfl\u00fcssigkeiten. Pfl. Arch. 2 B. 193.\n------- Weitere Mitteilungen \u00fcber Verdauungsfermente, ibid. 3 B. 339.\n\u2014\t_\tibid. 5 B. 435.\nWurtz, Ad. Sur la papa\u00efne. Contribution \u00e0 l\u2019histoire des ferments\nsolubles. C. r. 90 Vol. 1379.\n\u2014\t\u2014 Sur la papa\u00efne. Nouvelle contribution \u00e0 l\u2019histoire des ferments\nsolubles. C. r. 91 Vol. 787.\nWurtz, Ad. et Bouch\u00e2t, E. Sur le ferment digestif du carica papaya. C. r. 89 Vol. 425.\n15*","page":223}],"identifier":"lit17187","issued":"1898","language":"de","pages":"173-223","startpages":"173","title":"Ueber die chemische Beschaffenheit der Diastase und \u00fcber die Bestimmung ihrer Wirksamkeit unter Benutzung von l\u00f6slicher St\u00e4rke, sowie \u00fcber ein in den Diastasepr\u00e4paraten vorhandenes Araban","type":"Journal Article","volume":"24"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T13:08:17.064170+00:00"}

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