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{"created":"2022-01-31T13:42:18.775548+00:00","id":"lit18375","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie","contributors":[{"name":"Krimberg, R.","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie 48: 412-418","fulltext":[{"file":"p0412.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Kenntnis der Extraktivstoffe der Muskeln.\nIV. Mitteilung.\n\u00dcber das Vorkommen des Oarnosins, Oarnitins und Methylguanidins im Fleisch.\nVon\nR. Krimberg.\n(Aus dem medizinisch-chemischen Laboratorium der Universit\u00e4t Moskau.) (Der Redaktion zugegangen am 1. Juli 1906.)\nIm Jahre 1900 erschien die erste Mitteilung vonWl. Gule-witsch \u00fcber die Extraktivstoffe der Muskeln. Die Arbeit war gemeinschaftlich mit S. Amiradzibi ausgef\u00fchrt worden und hatte zur Entdeckung des Carnosins in Liebigs Fleischextrakt gef\u00fchrt.1) Als ich sp\u00e4ter auf die Veranlassung und unter der Leitung meines hochgeehrten Lehrers des Herrn Prof. Wl. Gulewitsch, wof\u00fcr ich ihm an dieser Stelle meinen verbindlichsten Dank ausspreche, zur Fortsetzung dieser Arbeiten schritt, erwies es sich, da\u00df die neuentdeckte Base im genannten Fleischextrakte in recht bedeutender Menge enthalten, und da\u00df der Gehalt der verschiedenen verarbeiteten Proben des Extraktes an dieser Base keinen gro\u00dfen Schwankungen unterworfen ist. Hieraus konnte man den Schlu\u00df ziehen, da\u00df das Carnosin, h\u00f6chstwahrscheinlich, ein st\u00e4ndiger Bestandteil der Muskeln ist, da\u00df das Vorkommen dieser Base in Liebigs Fleischextrakt nicht auf irgend welche sich im Muskelgewebe abspielende postmortalen chemischen Prozesse oder gar auf die bei der Bereitung resp. bei dem Aufbewahren des Extraktes statthabenden Zersetzungserscheinungen zur\u00fcckzuf\u00fchren ist, sondern da\u00df dieselbe im tierischen Organismus schon intra vitam vorkommt. Was dagegen die zweite, von Wl. Gulewitsch und mir ebenfalls in Liebigs Fleischextrakt entdeckte Base, das Carnitin,2) anbelangt, so schien der intravitale Ursprung dieses K\u00f6rpers\n\u2018) Diese Zeitschrift, Bd. XXX, S. 565, und Ber. d. Deutsch, ehern. Ges., Bd. XXXIII, S. 1902.\n2) Diese Zeitschrift, Bd. XLV, S. 326.","page":412},{"file":"p0413.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Kenntnis der Extraktivstoffe der Muskeln. IV.\n413\nweniger sicher zu sein. Die weiteren Versuche \u00fcber das Carnitin haben n\u00e4mlich gezeigt, da\u00df zwar auch diese Base unzweifelhaft als ein st\u00e4ndiger Bestandteil des Liebigschen Fleischextraktes anzusehen, da\u00df ihre Ausbeute aus demselben aber eine geringere als die des Carnosins ist. Hierbei ist zu bemerken, da\u00df eine befriedigende Bestimmung der Ausbeute des Carnitins vorl\u00e4ufig noch beinahe unm\u00f6glich ist, weil es erst nach vorangehender, sehr komplizierter Bearbeitung des Fleischextraktes isoliert wird, und weil seine Ausscheidung und Reinigung in der Form der Sublimat- und Phosphor wolframs\u00e4ure Verbindungen mit ziemlich gro\u00dfen Verlusten verkn\u00fcpft ist. Endlich, der dritte K\u00f6rper, von welchem unten die Rede sein wird, das Methylguanidin, ist neuerdings im Fletechextrakte von zwei Forschern unabh\u00e4ngig von einander und auf verschiedenem Wege entdeckt worden. Der eine dieser Forscher, Fr. Kutscher,1) ber\u00fchrt die Frage \u00fcber den m\u00f6glichen Ursprung dieses K\u00f6rpers gar nicht, der andere, Wl. Gulewitsch,2) dagegen hatte sich f\u00fcr den intravitalen Ursprung des Methylguanidins ausgesprochen. Um die Frage \u00fcber das Vorkommen der drei genannten K\u00f6rper im Muskelgewebe als dessen pr\u00e4formierte Bestandteile endg\u00fcltig zu entscheiden, stellte ich mir zum Ziel, dieselben direkt aus dem Fleische zu gewinnen. Das Verfahren, welches ich dazu benutzt habe, ist das von Wl. Gulewitsch ausgearbeitete, wie dasselbe in seinen soeben angef\u00fchrten Arbeiten im allgemeinen beschrieben ist.\nUnmittelbar nach dem Schlachten eines Ochsen wurde ein St\u00fcck Fleisch (Rippenkreuz) ausgeschnitten, nach M\u00f6glichkeit von Knochen, Fett und Bindegewebe gereinigt, schnell in d\u00fcnne Scheiben und St\u00fcckchen geschnitten und sofort in kochendes Wasser geworfen. Die Operation der Reinigung und Zerkleinerung des Fleisches dauerte ungef\u00e4hr eine halbe Stunde. Das Gewicht des auf solche Weise gewonnenen Muskelgewebes betrug 4,5 kg. Nachdem alles Fleisch ins Wasser gebracht war, wurde die Fl\u00fcssigkeit noch eine halbe Stunde gekocht. Dann wurde das Fleisch fein zerhackt und mit der abgegossenen\n>) Zeitschrift f. Untersuch, d. Nahrungs- u. Genu\u00dfmittel, Bd. X, S. 531.\na) Diese Zeitschrift, Bd. XLVII, S. 475.","page":413},{"file":"p0414.txt","language":"de","ocr_de":"414\nR. Krimberg,\nFl\u00fcssigkeit noch eine Stunde gekocht. Alsdann wurde die Fl\u00fcssigkeit durch Musselin koliert, und das mit Hilfe eines Handtuchs ausgepre\u00dfte Fleisch auf die angegebene Weise mit frischem Wasser noch zweimal ausgekocht. Die vereinigten gelblich gef\u00e4rbten Ausz\u00fcge betrugen ungef\u00e4hr 25 1 und reagierten amphoter auf Lackmus. Sie wurden bis auf 2 1 eingeengt und mit einer 20\u00b0/oigen L\u00f6sung von neutralem essigsauren Blei gef\u00e4llt. Der Niederschlag wurde abgesaugt und gewaschen, das Filtrat mittels Schwefelwasserstoff entbleit. Das Filtrat vom Schwefelblei wurde bis auf etwa 3A1 eingeengt und mit einer konzentrierten L\u00f6sung von Phosphorwolframs\u00e4ure unter Vermeidung eines gr\u00f6\u00dferen \u00dcberschusses derselben ausgef\u00e4llt. Der entstandene reichliche Niederschlag wurde am anderen Tag abgesaugt, gewaschen und durch Zerreiben mit Barythydrat bei Zimmertemperatur zersetzt. Das durch Kohlens\u00e4ure vom \u00fcbersch\u00fcssigen Baryt befreite Filtrat wurde mit Salpeters\u00e4ure neutralisiert, bis auf etwa lh 1 eingedampft und mit 20\u00b0/oiger Silbernitratl\u00f6sung versetzt, bis kein Niederschlag mehr entstand. Die ausgeschiedenen Silberverbindungen der Alloxurbasen wurden abgesaugt und gewaschen, und zum Filtrat weitere Mengen der Silbernitratl\u00f6sung hinzugef\u00fcgt, bis eine kleine Probe der Fl\u00fcssigkeit auf einem Uhrglase mit Barythydrat vermischt, keine wei\u00dfe, sondern eine gelbe, schnell schwarz werdende F\u00e4llung lieferte. Darauf wurde die Fl\u00fcssigkeit mit einer warmen ges\u00e4ttigten L\u00f6sung von Barythydrat ausgef\u00e4llt, der ziemlich reichliche Niederschlag abgesaugt und sorgf\u00e4ltig gewaschen.\nDer Niederschlag wurde mit Schwefelwasserstoff behandelt, die Fl\u00fcssigkeit durch Absaugen vom Schwefelsilber befreit, mit Kohlens\u00e4ure ges\u00e4ttigt, nochmals filtriert, eingeengt und mit Salpeters\u00e4ure neutralisiert. Bald darauf erstarrte die eingeengte Fl\u00fcssigkeit zu einer Masse, welche aus sternartigen Drusen von nadelf\u00f6rmigen Krystallen bestand. Dieselben wurden abgesaugt und mit wenig Wasser gewaschen. Einmal umkrystallisiert, wog diese Fraktion 2,4 g. Die Substanz wurde im Vakuumexsikkator bis zur Gewichtskonstanz getrocknet, wobei sie kein Krystall-wasser verlor, und zur Bestimmung des Stickstoffs und der spezifischen Drehung angewandt.","page":414},{"file":"p0415.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Kenntnis der Extraktivstoffe der Muskeln. IV.\n415\nAus 0,1694 g Substanz wurden 35,95 ccm N bei 17\u00b0 und 754 mm Bar. erhalten.\nGefunden :\tBerechnet f\u00fcr C9HuN40a \u2022 HN0s :\nN = 24,23 \u00ab/O\t24,26 \u00b0/o\nEine w\u00e4sserige L\u00f6sung der Substanz bei p = 8,212 \u00b0/o, t = 15\u00b0 und 1 = 100 mm ergab\na = -f- 1,92\u00b0 oder [a]^5 = -f- 22,6\u00b0.\nDie Ergebnisse der Bestimmung des Stickstoffs und der spezifischen Drehung zeigen also unzweifelhaft, da\u00df die gewonnene Substanz das salpetersaure Salz des Carnosins ist. Nach den neueren noch nicht ver\u00f6ffentlichten genauen Bestimmungen, deren Ergebnisse mir von Herrn Prof. Wl. Gulewitsch freundlicherweise mitgeteilt worden sind, mu\u00df n\u00e4mlich die spezifische Drehung des Garnosinnitrats auf -f- 22,53 0 bei p \u2014 8,097 \u00b0/o und t \u2014 19\u00b0 gesch\u00e4tzt werden.\nAus den beiden vereinigten Mutterlaugen wurden noch zwei weitere Fraktionen ebensolcher Krystalle gewonnen, die eine wog 3 g und die andere 2 g. Diese letzte Fraktion war stark gelblich gef\u00e4rbt und schmolz bei etwa 200 \u00b0. Sie wurde mit Tierkohle behandelt und noch einmal umkrystallisiert, wonach ihr Schmelzpunkt bis auf 210\u2014212\u00b0 stieg ; nach den Bestimmungen von Wl. Gulewitsch und S. Amiradzibi1) schmilzt das Carnosinnitrat bei 211\u2014212\u00b0. Nach dem Einengen der letzten Mutterlauge wurde ein dicker, gelber, nicht krystallisierbarer Sirup erhalten. Im ganzen wurden also aus 4,5 kg Fleisch 7,4 g Carnosinnitrat isoliert.\nDas Filtrat vom Carnosinsilber wurde mit Kohlens\u00e4ure ges\u00e4ttigt, der Niederschlag abgesaugt und gewaschen. Aus dem neuen Filtrat wurde das Carnitin nach dem von Gulewitsch und mir2) beschriebenen Verfahren isoliert, mit dem Unterschiede, da\u00df zur F\u00e4llung des Carnitins anstatt der Platinchlorwasserstoffs\u00e4ure die Goldchlorwasserstoffs\u00e4ure angewandt wurde, und da\u00df das Carnitin vor dieser F\u00e4llung durch fraktionierte, unter der Kontrolle der mikroskopischen Untersuchung3) durch-\n') Diese Zeitschrift, .Bd. XXX, S. 567.\n2) Diese Zeitschrift, Bd. XLV, S. 327\u2014328.\ns) Alle krystallographischen Untersuchungen wurden von Herrn Prof. Gulewitsch in sehr liebensw\u00fcrdiger Weise ausgef\u00fchrt.\nHoppe-Seyler\u2019s Zeitschrift f. physiol. Chemie. XLVJII.\n28","page":415},{"file":"p0416.txt","language":"de","ocr_de":"416\nR. Krimberg,\ngef\u00fchrte Krystallisation seines Phosphorwolframats aus hei\u00dfem Wasser gereinigt wurde. Diejenigen Fraktionen, welche sich als aus dem Carnitinphosphorwolframat bestehend erwiesen, wurden auf die \u00fcbliche Weise mit Barythydrat zersetzt und zu der nach dem Entfernen des \u00fcbersch\u00fcssigen Baryts erhaltenen, stark alkalisch reagierenden Fl\u00fcssigkeit so viel verd\u00fcnnte Salzs\u00e4ure hinzugef\u00fcgt, bis damit befeuchtetes rotes Kongopapier eine schwach blaue F\u00e4rbung zeigte. Darauf wurde die Fl\u00fcssigkeit mit Goldchlorwasserstoffs\u00e4ure ausgef\u00e4llt, wobei sich im Anfang eine kleine Menge dunkles orangegelbes \u00d6l ausschied, welches bei weiterer Hinzuf\u00fcgung des F\u00e4llungsmittels und beim Dr\u00fccken mit einem Glasstabe w\u00e4hrend einiger Minuten krystallinisch wurde und eine citronengelbe Farbe annahm. Der Hauptteil des Niederschlages fiel jedoch gleich krystallinisch und citronen-gelb aus. Der Niederschlag wurde abgesaugt, ein wenig gewaschen und aus warmem Wasser umkrystallisiert. Bei langsamem Erkalten der L\u00f6sung schied sich ein Teil der Goldverbindung zun\u00e4chst wieder als ein \u00d6l ab, welches sehr bald zu einem spr\u00f6den, ziemlich dicken, dunklen orangefarbenen Pl\u00e4ttchen am Boden des Glases erstarrte, der andere Teil darauf aber in der Form von citronengelben bis zu etwa 1 cm langen Nadeln. Die Nadeln wurden gesammelt und mit wenig Wasser gewaschen. Bei der krystallographischen Untersuchung erwiesen sie sich als mit den Krystallen der Goldverbindung des Carnitins identisch. Darauf wurden sie zerrieben, bei 100\u2014103\u00b0 bis zur Gewichtskonstanz getrocknet, wobei sie kein Krystallwasser verloren, und analysiert.\n0,1803 g Substanz im Porzellantiegel verbrannt hinterlie\u00dfen 0,0708 g Gold.\nGefunden :\tBerechnet f\u00fcr C,H16N0SC1 \u2022 AuC13 :\nAu = 39,27>\t39,35 \u00b0/o\nDie Substanz schmolz bei 153\u2014154 0 zu einer vollst\u00e4ndig klaren, roten Fl\u00fcssigkeit, die nach dem Erkalten wieder krystallinisch erstarrte.\nAus dem Filtrat von der das Carnitin enthaltenden Sublimatf\u00e4llung ') wurde der Alkohol verjagt, der R\u00fcckstand mit Schwefelwasserstoff zersetzt, der Quecksilbersulfidniederschlag abgesaugt,\n\u2018) Diese Zeitschrift, Bd. XLV, S. 328.","page":416},{"file":"p0417.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Kenntnis der Extraktivstoffe der Muskeln. IV.\n417\ndas neue Filtrat mit Soda neutralisiert, eingeengt und mit Phosphorwolframs\u00e4ure ausgef\u00e4llt. Der entstandene Niederschlag wurde abgesaugt, sorgf\u00e4ltig gewaschen und auf die bekannte Weise mit Barythydrat zerrieben. Die vom Baryt befreite und stark alkalisch reagierende Fl\u00fcssigkeit wurde mit verd\u00fcnnter Salpeters\u00e4ure neutralisiert, stark eingeengt und stehen gelassen. Bald darauf schieden sich gl\u00e4nzende T\u00e4felchen ab, welche sich bei der krystallographischen Untersuchung als die charakteristischen Krystalle des Methylguanidinnitrats erwiesen. In kaltem Wasser war die Substanz bedeutend schwerer l\u00f6slich als in warmem. Zerrieben und getrocknet schmolz sie \u00e4hnlich dem Methylguanidinnitrat genau bei 150\u00b0 zu einer farblosen, klaren Fl\u00fcssigkeit, welche beim Erkalten wieder krystallinisch erstarrte.\nDie Ergebnisse der ausgef\u00fchrten Arbeit beweisen also, da\u00df die im Fleischextrakte gefundenen K\u00f6rper, das Carnosin, das Carnitin und das Methylguanidin, im tierischen Muskel schon intra vitam vorhanden sind. Selbstverst\u00e4ndlich darf dieser Satz mit der Reserve ausgesprochen werden, mit der man \u00fcberhaupt von einem intravitalen Ursprung der K\u00f6rper, welche man aus dem Fleisch soeben get\u00f6teter Tiere zu isolieren imstande ist, sprechen kann. Die beiden letzten neuentdeckten Bestandteile des lebenden Muskels sind darin in einer solchen Quantit\u00e4t enthalten, da\u00df sie aus dem Fleisch jedenfalls ohne gr\u00f6\u00dfere M\u00fche isoliert und identifiziert werden k\u00f6nnen. H\u00f6chst \u00fcberraschend ist aber die Menge des im Muskel enthaltenen Car-nosins. Aus 4,5 kg Fleisch, sogar nicht von der besten Sorte, habe ich, wie schon erw\u00e4hnt, 7,4 g salpetersaures Carnosin oder 5,8 g reines Carnosin gewonnen, was auf frische und feuchte Muskeln berechnet 1,3 \u00b0foo reines Carnosin betr\u00e4gt. Hier ist noch zu bemerken, da\u00df die Isolierung des Carnosins in meiner Arbeit nicht quantitativ durchgef\u00fchrt wurde, und da\u00df ein kleiner Teil desselben noch in der letzten Mutterlauge zur\u00fcckblieb und nicht auskrystallisierte. Aber sogar auch bei einer Ausbeute von l,3\u00b0/oo kann von allen bis jetzt bekannten stickstoffhaltigen Extraktivstoffen, was ihren Gehalt in den Muskeln anbelangt, nur das Kreatin mit dem Carnosin verglichen werden. Nach\n28*","page":417},{"file":"p0418.txt","language":"de","ocr_de":"418 R. Krimberg, Zur Kenntnis der Extraktivstoffe der Muskeln. IV.\nC. Neubauer,1) welcher das Kreatin quantitativ bestimmte, betr\u00e4gt n\u00e4mlich die Menge des in verschiedenen Proben Rindfleisch enthaltenen Kreatins 1,5\u20142,0\u00b0/oo. Nach den Angaben einiger \u00e4lterer Forscher dagegen ist die Menge des Kreatins eine viel geringere. Z. B. Liebig2) konnte aus 86 Pfund Ochsenfleisch 30 g Kreatin isolieren, ein Gehalt, der nur 0,70 \u00b0/oo betr\u00e4gt.\nZum Schlu\u00df w\u00fcrde ich mir noch erlauben, die Vermutung auszusprechen, da\u00df das neuerdings von Fr. Kutscher in Liebigs Fleischextrakt entdeckte Novain3) h\u00f6chstwahrscheinlich mit dem Carnitin identisch ist. Ebenso wie die Goldverbindung des Novains, krystallisiert auch die Goldverbindung des Carnitins in zweierlei Art Krystallen, n\u00e4mlich in groben, orangefarbenen Nadeln oder S\u00e4ulen und in feinen hellgelben N\u00e4delchen und Bl\u00e4ttchen. Der Schmelzpunkt einer aus Liebigs Fleischextrakt gewonnenen Goldverbindung des Carnitins lag bei 150\u00b0, dagegen dasselbe Salz, direkt aus Fleisch bereitet, schmolz, wie oben erw\u00e4hnt, etwas h\u00f6her, n\u00e4mlich bei 153\u2014154\u00b0. Das Goldsalz des aus Liebigs Fleischextrakt gewonnenen Novains schmolz, wie Fr. Kutscher angibt, zwar bei 155\u00b0, dagegen aber ein anderes Novaingoldchlorid, welches derselbe Forscher aus dem Hundeharn, nach Verf\u00fctterung von Liebigs Fleischextrakt, gewonnen hatte, wies einen tiefer gelegenen Schmelzpunkt auf, obwohl sein Goldwert sich durch weitere Umkrystallisation nicht \u00e4ndern lie\u00df.4) Was endlich den von Fr. Kutscher bei den Analysen5) gefundenen Goldwert des Novaingoldchlorids (39,7 bis 39,9 \u00b0/o Au) anbelangt, so bleibt derselbe, und darauf macht Fr. Kutscher selbst aufmerksam, stets merklich hinter dem f\u00fcr die Formel C7H]8N02C1 \u2022 AuC13 berechneten (40,5 \u00b0/o Au) zur\u00fcck, w\u00e4hrend die Formel des Carnitingoldchlorids C7H,6N03C1 \u2022 AuC13 nur 39,35\u00b0/o Gold verlangt.\n*) Zeitschrift f. analyt. Chem., Bd. Il, S. 28.\n2)\tAnnal, d. Chem. u. Pharm., Bd. LXII, S. 292.\n3)\tZeitschrift f. Untersuch, d. Nahrungs- u. Genu\u00dfmittel, Bd. X, S. 533.\n4)\tDiese Zeitschrift, Bd. XLVIII, S. 3.\n5)\tZeitschrift f. Untersuch, d. Nahrungs- und Genu\u00dfmittel, Bd. X, S. 534 und 537.","page":418}],"identifier":"lit18375","issued":"1906","language":"de","pages":"412-418","startpages":"412","title":"Zur Kenntnis der Extraktivstoffe der Muskeln. IV. Mitteilung: \u00dcber das Vorkommen des Carnosins, Carnitins und Methylguanidins im Fleisch","type":"Journal Article","volume":"48"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T13:42:18.775555+00:00"}