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{"created":"2022-01-31T14:41:03.444162+00:00","id":"lit20572","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie","contributors":[{"name":"Hammarsten, Olof","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie 94: 291-323","fulltext":[{"file":"p0291.txt","language":"de","ocr_de":"Studien \u00fcber Chymosin- und Pepsinwirkung.\nIII. Mitteilung.\n\u00dcber die verschiedene Empfindlichkeit des Pepsins und des Chymosins gegen Alkali.\nVon\n(Hof Haramarsten.\n(Der Redaktion zugegangen am 18. Mai 1815.)\nDie Empfindlichkeit der Magenenzyme gegen Alkali ist schon seit l\u00e4ngerer Zeit bekannt, und f\u00fcr das Chymosin habe ich1) dieselbe schon im Jahre 1872 gezeigt. Ich hatte gefunden, da\u00df die Geschwindigkeit, mit welcher das Chymosin durch Alkali zerst\u00f6rt wurde, von mehreren Umst\u00e4nden, wie von der Temperatur, der Dauer der Einwirkung und der Konzentration der Enzyml\u00f6sung abh\u00e4ngig war; aber ich hatte keine mehr eingehenden Untersuchungen hier\u00fcber gemacht. Viele Jahre sp\u00e4ter (1898) hat L\u00f6rcher* *) diese Frage etwas mehr eingehend untersucht. Er vermischte gleiche Volumina von einem S\u00e4urelabextrakt (Kalb) mit gleichen Volumina Natronlauge von bekannter Konzentration, neutralisierte nach verschieden langer Zeit und pr\u00fcfte dann mit Milch bei 37\u00b0 C. Er fand hierbei, da\u00df in einem Falle ein Zusatz von n/ioo-NaOH eine kaum merkbar sch\u00e4digende Wirkung im Laute von 60 Minuten aus\u00fcbte, w\u00e4hrend das Vermischen mit n/io-Lauge schon nach 5 Minuten so stark sch\u00e4digend gewirkt hatte, da\u00df die Gerinnungszeit 41 Minuten gegen 7 Minuten in der nicht alkalibehandelten Probe betrug. In einem anderen F\u00e4lle war schon nach Beimengung von n/&oo-Lauge eine betr\u00e4chtliche Sch\u00e4digung zu bemerken. In diesem Falle war aber das Labextrakt schon\n\u00bb) Upsala L\u00e4karef\u00f6renings F\u00f6rhandlingar. Bd. 8, S. 63, 1872\u20147H.\n*) Pfl\u00fcger, Arch. f. d. ges. Physiol., Bd. 69, S t41.\nHoppe-Sey 1er\u2019\u00ab Zeitschrift f. physiol. Chemie. XC1V.\n20","page":291},{"file":"p0292.txt","language":"de","ocr_de":"292\tOiof Hammarsten,\nvon Anfang an so schwach, da\u00df die Kontrollprobe erst nach 60 Minuten labend wirkte.\nSeine Untersuchungen f\u00fchrten ihn zu dem Schl\u00fcsse, da\u00df Alkali das Lab zerst\u00f6rt, und zwar um so rascher und vollst\u00e4ndiger, je schw\u00e4cher die Labl\u00f6sung ist, je h\u00f6her die Konzentration des Alkalis ist und je l\u00e4nger das Alkali einwirkt, und ferner : da\u00df ein Labextrakt von mittlerer Wirksamkeit durch Zusatz eines gleichen Volumens NaOH von n/io bis n's im Verlauf von Minuten fast ganz, nach Stunden vollst\u00e4ndig zerst\u00f6rt wird. Dies ist ein bedeutender Alkaligehalt der L\u00f6sung und viel gr\u00f6\u00dfer als der von mir fr\u00fcher benutzte, 0,025 \u00b0/o Na20, durch, welchen selbst kr\u00e4ftig wirkende Labl\u00f6sungen im Laufe von 21 Stunden unwirksam wurden. Was man unter mittlerer Wirksamkeit der Labl\u00f6sungen zu verstehen hat, ist etwas zweifelhaft; es ist aber jedenfalls von Interesse, da\u00df eine L\u00f6sung, die so schwach wirkte, da\u00df sie Milch erst nach 7 Minuten bei 37\u00b0 \u00c7. koagulierte, in einer Stunde bei einem Gehalte von 0,020\u00b0/o NaOH nicht wesentlich gesch\u00e4digt wurde. Dies zeigt, da\u00df das Chymosin, wenigstens unter Umst\u00e4nden, lange nicht so empfindlich gegen Alkali ist, wie einige Forscher behauptet haben.\nEinen weiteren Beweis hierf\u00fcr findet man in der Arbeit von Bang1) \u00fcber Parachymosin. Er hat n\u00e4mlich einen Versuch (XIII) als Beispiel von der verschiedenen Resistenz des Chymosins und Parachymosins gegen Alkali mitgeteilt, in welchem beide Proben der Einwirkung von 0,01 \u00b0/o Alkali ausgesetzt wurden. Die Probe mit Chymosin koagulierte nach halbst\u00fcndiger Einwirkung des Alkalis in 5 Minuten, wie vor dem Alkalizu-satze, und nach 1 st\u00e4ndiger Einwirkung war die Koagulationszeit 61's Minuten. Ein Gehalt von 0,01 \u00b0/o Alkali hatte also im Laufe von einer Stunde keine wesentlich sch\u00e4digende Wirkung auf das Chymosin ausge\u00fcbt.\nIn schroffem Widerspruch zu diesen Beobachtungen von einer relativ nicht unbedeutenden Resistenz des Chymosins gegen Alkali stehen die Angaben von Pawlow und Parast-schuk8) \u00fcber die gro\u00dfe Empfindlichkeit des Enzymes gegen\n*) Pfl\u00fcger, Arch. f. d. ges. Physiol., Bd. 79.\n*) Diese Zeitschr., Bd. 42, S. 415.","page":292},{"file":"p0293.txt","language":"de","ocr_de":"Studien \u00fcber Chymosin-und Pepsinwirkung. III. 293\nAlkali. Nach ihnen hatte sogar sehr vorsichtige Neutralisation mit Na2C03, welche nie \u00fcber die neutrale Reaktion herausging/ stets Zersetzung des Fermentes zur Folge, und nur bei Neutralisation mit NaHCOs konnte das Ferment unversehrt erhalten werden. Da nun ferner (nach Pawlows Vermutung) die meisten Forscher nicht nur nicht f\u00fcr ideale Neutralisation sorgten, sondern vielmehr ein \u00dcber wiegen der alkalischen Reaktion zulie\u00dfen, in der Absicht, die Koagulation infolge der Fermentwirkung von derjenigen infolge von S\u00e4ureeinwirkung streng zu trennen, so mu\u00dfte nach ihm unbedingt weitgehende Zerst\u00f6rung des Fermentes stattfinden (S. 434). Dies soll auch eine der beiden Ursachen sein, warum ich in meinen Versuchen mit im Brutschrank l\u00e4ngere Zeit erw\u00e4rmten, sauren Infusionen die proteolytische Wirkung unversehrt fand, w\u00e4hrend die milchkdagulierende verschwunden war,\nWenn dem nun so ist und wenn auch viele andere Forscher keine ideale Neutralisation ausf\u00fchren k\u00f6nnen, sondern ein \u00dcberwiegen der alkalischen Reaktion zulassen, wie soll man dann nach Pawlow erkl\u00e4ren, da\u00df die so fehlerhaft neutralisierter! Kalbsmageninfusionen trotzdem monatelang mit anscheinend unverminderter Kraft auf Milch koagulierend wirken?\nDie Erkl\u00e4rung habe ich in einem fr\u00fcheren Aufsatze gegeben. J) Ich habe n\u00e4mlich dort gezeigt, da\u00df die Enzyme beim Kalb und sich beim Hunde ganz verschieden verhalten, und da\u00df das typische Chymosin des Kalbes nicht beim Hunde vorkommt. Die Beobachtungen von Pawlow und Parastschuk k\u00f6nnen also f\u00fcr die frage von der Empfindlichkeit des typischen Chymosins (vom Kalb) gegen Alkali nicht in Betracht kommen. Ich will hier nur noch einmal hervorheben, da\u00df;die mit Alkali (NaOH) bis auf Neutralit\u00e4t gegen rotes, violettes und blaues Lackmuspapier versetzten Kaibsmagehinfusionen monatelang bei Zimmertemperatur unter Toluol auf bewahrt werden k\u00f6nnen, ohne wesentlich an Wirksamkeit einzub\u00fc\u00dfen. Neutralisiert man mit CaCOs, so reagiert das Filtrat regelm\u00e4\u00dfig sehr schwach alkalisch; aber trotzdem sind auch solche L\u00f6sungen sehr halt-\n') Vergleichende Untersuchungen \u00fcber Pepsin- und Chymosinwirkung bei Hund und Kalb. Diese Zeitschr., Bd. 68.\t/\n20*","page":293},{"file":"p0294.txt","language":"de","ocr_de":"294\tOlof Hammarsten.\nbar und ich habe eine solche, unter Toluol aufbewahrte Infusion, die seit September 1913, also mehr als 20 Monate im Laboratoriumzimmer, sogar w\u00e4hrend der hei\u00dfen Sommermonate des vorigen Jahres, gestanden hat und die noch die Milch bei 38\u00b0 C. in 20\u201430 Sekunden koaguliert.\nMan kann allerdings, wie oben gesagt, auch das Kalbschymosin mit Alkali zerst\u00f6ren, aber die Empfindlichkeit desselben gegen Alkali bei Zimmertemperatur ist, wenigstens solange es sich um Infusionen handelt, bei weitem nicht so gro\u00df, wie einige Forscher annehmen.\nDa\u00df die Verh\u00e4ltnisse bei h\u00f6herer Temperatur anders liegen ist offenbar und allgemein bekannt. Nach v. Dam1) soll die Empfindlichkeit des Chymosins gegen Alkali bei etwas h\u00f6herer Temperatur eine so gro\u00dfe sein, da\u00df er sogar eine Zerst\u00f6rung desselben durch die Hydroxylionen der Milch annimmt. Auf diese, gewi\u00df recht zusagende aber nicht bewiesene Annahme brauche ich nicht hier des N\u00e4heren einzugehen, da meine unten zu besprechenden Versuche nur f\u00fcr das Verhalten des Chymosins zu Alkali bei Zimmertemperatur gelten.\nBesondere Untersuchungen \u00fcber das Verhalten des Pepsins zu Alkalien sind mir nicht bekannt, indem man bei den Alkaliversuchen meistens Pepsin und Chymosin als dasselbe Enzym betrachtet hat. Einige hierher geh\u00f6renden Beobachtungen findet man indessen bei Pawlow und Parastschuk und bei Gewin.\nPawlow und Parastschuk2) haben die erste Phase meiner Methode zur Trennung der beiden Enzyme mit MgC03 nachgepr\u00fcft und eine Abschw\u00e4chung beider Wirkungen, welche sie als eine Alkaliwirkung des Magnesiumsalzes deuteten, gefunden. Hierbei fanden sie regelm\u00e4\u00dfig eine viel st\u00e4rkere Abschw\u00e4chung der proteolytischen als der milchkoagulierenden Wirkung; sie konnten aber durch ein besonderes Verfahren eine Reaktivierung der proteolytischen Wirkung hervorbringen. Dieses Verfahren bestand darin, da\u00df sie das nach Sch\u00fctteln\n*) Diese Zeitschrift, Bd. 64, S. 316.\n\u2022) I. C., S. 439-443.","page":294},{"file":"p0295.txt","language":"de","ocr_de":"Studien \u00fcber Chymosin* und Pepsinwirkung, tll. 295\nmit MgC03 erhaltene, alkalisch reagierende Filtrat nicht unmittelbar ans\u00e4uerten, sondern erst neutralisierten und dann einige Stunden sp\u00e4ter mit S\u00e4ure versetzten. Ich erw\u00e4hne dies schon hier, weil ich bei Besprechung meiner eigenen Versuche zu dieser Art von Ans\u00e4uerung zur\u00fcckkommen mu\u00df Pawlow und Parastschuk teilen nun leider nur einen, nach diesem Verfahren ausgef\u00f6hrten Versuch (Tabelle XVI) mit, und in diesem findet man, da\u00df die milchkoagulierende Wirkung st\u00e4rker als die proteolytische durch die Behandlung mit MgCOs abgeschw\u00e4cht war. Die proteolytische Wirkung war n\u00e4mlich 1 In und die milchkoagulierende V\u00ab von der des Urspr\u00fcnglichen, mit NaHCOj neutralisierten Magensaftes. Das Resultat war also das Gegenteil von dem, was sie in den nicht reaktivierten Filtraten von dem MgC03-Niederschlage beobachtet hatten. Dieser Versuch hat \u00fcbrigens nur ein untergeordnetes Interesse f\u00fcr die hier vorliegende Frage, indem n\u00e4mlich der Hundemagensaft kein typisches Chymosin enth\u00e4lt.\nEin gr\u00f6\u00dferes Interesse haben die Versuche von Ge win,1) indem zu ihnen ein gereinigtes Kalbsmagenenzym diente. Die St\u00e4rke des Alkalis und die Dauer der Einwirkung sind allerdings f\u00fcr die nun zu erw\u00e4hnenden Versuche nicht speziell angegeben, allem Anscheine nach war aber, wie in mehreren anderen, die erstere 0,01 \u00b0/o NaOH und die Einwirkungsdauer Vs Stunde. In einem Versuche, in welchem die urspr\u00fcngliche Gerinnungszeit 3 Ms Minuten und die verdaute Eiwei\u00dfmenge in 20 Stunden 15,20 mm war, hatte das Alkali beide Enzymwirkungen vernichtet. Ein \u00e4hnliches Resultat findet man auch in einem zweiten Versuche. In einem dritten, in welchem das Enzym, wie es schien, st\u00e4rker verunreinigt war, wurde da- . gegen die proteolytische Wirkung st\u00e4rker als die milchkoagulierende herabgesetzt. Die urspr\u00fcngliche Gerinnungszeit war n\u00e4mlich 3Vs Minuten, die nach Alkalibehandlung dagegen 6 Vs Minuten. Die verdaute Eiwei\u00dfmenge in mm in 5 Stunden war aber vor der Alkalibehandlung 2,25 und nach derselben 0,81. In abgerundeten Zahlen war also die Relation zwischen Chymosinwirkung =\u00b1 1:1,9 und zwischen Pepsinwirkung = 1:8.\n*) Diese Zeitschrift, Bd. 54, S. 32.\t.","page":295},{"file":"p0296.txt","language":"de","ocr_de":"296\nOlof Hammarsten,\nAu\u00dfer d\u00e9n nun referierten kenne ich keine Versuche, welche die gesonderte Einwirkung von Alkali auf Chymosin und Pepsin einigerma\u00dfen ber\u00fchren, und die nun erw\u00e4hnten Resultate sind nur wenig belehrend. Aus dem Grunde linde ich es angemessen, die Resultate meiner Untersuchungen \u00fcber diese Frage mitzuteilen. \u2019\nDie Veranlassung zu denselben war ein Versuch mit 2 Infusionen; die eine war eine Kglbsmageninfusion und die andere eine Infusion auf den Magen einer alten Kuh. Jene enthielt 0,147\u00b0/o HCl und 0,723\u00b0/o organische Substanz, die letztere, die Kuhmageninfusion, enthielt 0,144 \u00b0/q HCl und 0,702\u00b0/\u00ab organische Stoffe. Beide wurden mit GaCOs neutralisiert, filtriert, mit Toluol versetzt und bei Zimmertemperatur stehen gelassen. Bei 38\u201439\u00b0 C. koagulierte die Kalbsinfusion Milch in etwa 20 Sekunden oder richtiger in nicht genau bestimmbarer Zeit. Die Kuhinfusion koagulierte dieselbe Milch in 8 Minuten. Es wurden nun diese beiden Infusionen bei 40\u00b0 C. erw\u00e4rmt und teils nach 30 Minuten und teils nach 1*1* Stunden mit derselben Milch gepr\u00fcft. Das Resultat war folgendes.\nNach '/\u00ab Stunde: Kalb etwa 20 Sek.\tKuh 31 Minuten.\n* 1 */* \u00bb\tKalb 40\u201445 >\tKuh 3 Stunden 27 Min.\nDas Enzym der Kuhinfusion war also viel empfindlicher als das Kalbsenzym, welches nur sehr wenig abgeschw\u00e4cht worden war. Ganz anders war aber das Resultat bei'Pr\u00fcfung der Pepsinwirkung. Um die hemmende Wirkung des CaCl2 zu vermindern, wurde von jeder Probe 1 ccm mit je 5 ccm HCl von 0,1 \u00b0/o verd\u00fcnnt und, der Kontrolle halber, in derselben Weise mit den nicht erw\u00e4rmten entsprechenden, CaCl2-haltigen Infusionen verfahren. Dann wurde mit Karminfibrin gepr\u00fcft. In den K\u00f6ntrollproben fing die Verdauung nach 1\u20142 Minuten an, w\u00e4hrend in den beiden auf 40\u00b0 erw\u00e4rmten Proben erst nach gegen 1 Stunde eine beginnende Verdauung zu sehen war. In der Kuhinfusion war also sowohl die milchkoagulierende wie die proteolytische Wirkung sehr stark abgeschw\u00e4cht worden, w\u00e4hrend in der Kalbsinfusion zwar die proteolytische Wirkung sehr stark herabgesetzt, die milchkoagulierende dagegen nur auf gegen die H\u00e4lfte vermindert war. Beide Infusionen reagierten","page":296},{"file":"p0297.txt","language":"de","ocr_de":"Studien \u00fcber Chymosin- and Pepsinwirkung. III. 297\nnach der Neutralisation mit CaCOs und nach dem Entfernen der CO* alkalisch, und die Annahme lag also nahe zur Hand, da\u00df das Pepsin und Chymosin eine verschiedene Widerstandsf\u00e4higkeit gegen Alkali zeigen.\nDiese Annahme gewann an Wahrscheinlichkeit durch einige weitere Versuche mit Kalbsmageninfusionen, die mit CaC08 neutralisiert wurden, wenn auch sowohl die St\u00e4rke der alkalischen Reaktion wie die Resultate etwas wechselten. Da indessen die Gegenwart von CaCl* die Versuchsresultate kompliziert und st\u00f6rend wirkt, schien mir die obige Versuchsanordnung zur Erforschung dieser Frage recht ungeeignet zu sein und darum entschlo\u00df ich mich, zu Versuchen mit NaOH statt mit CaC03 zu \u00fcbergehen.\nDie wechselnden Resultate, die man bei der Einwirkung von Alkali auf L\u00f6sungen von Verdauungsenzymen erhalten hat. stehen unzweifelhaft in naher Beziehung zu der mehr oder weniger starken Verunreinigung der Enzyme mit anderen Stoffen und besonders mit Eiwei\u00df, welches bekanntlich sowohl S\u00e4uren wie Alkalien bindet und hierdurch sch\u00fctzend wirken kann. Es ist deshalb zu bedauern, da\u00df man fortw\u00e4hrend im allgemeinen es \u00fcberfl\u00fcssig findet, Angaben \u00fcber den Gehalt der Enzyml\u00f6sungen an Eiwei\u00df, oder, was hier beinahe dasselbe bedeutet, an festen organischen Stoffen mitzuteilen. Dies erschwert n\u00e4mlich sehr die Beurteilung der Resultate; und man kann in gewissen F\u00e4llen die Vermutung nicht zur\u00fcckweisen, da\u00df, was man als hemmende oder sch\u00fctzende Stoffe angenommen hat, nichts anderes als Eiwei\u00df gewesen sei. Es ist deshalb bei Enzymuntersuchungen \u00fcberhaupt (in vielen F\u00e4llen) und ganz besonders bei Untersuchungen \u00fcber die Einwirkung von S\u00e4uren und Alkalien von Wichtigkeit, mit eiwei\u00df- oder stoffarmen Enzyml\u00f6sungen arbeiten zu k\u00f6nnen. Aus dem Grunde habe ich auch, bevor ich zu den Untersuchungen \u00fcber die Alkalieinwirkung \u00fcberging, mich bem\u00fcht, eine Methode zur Gewinnung von solchen L\u00f6sungen auszuarbeiten. Dieser Aufsatz enth\u00e4lt dementsprechend zwei Abschnitte. Der erste betrifft die Darstellung der Enzyml\u00f6sungen und der zweite die Einwirkung von Alkali auf dieselben.","page":297},{"file":"p0298.txt","language":"de","ocr_de":"Olof Hammarsten,\nAv Darstellung von eiwei\u00dfarmen aber kr\u00e4ftig wirkenden Enzyml\u00f6sungen.\nEin wichtiges Mittel zur Entfernung eines gro\u00dfen Teiles der festen Stoffe ist bekanntlich die Dialyse, und dieses Mittel habe ich aijeh selbstverst\u00e4ndlich in erster Linie versucht. Ich mu\u00df jedoch zugestehen, da\u00df ich mit diesem Verfahren nicht ganz zufrieden bin, denn es hat sich mehrmals ereignet, da\u00df die Wirksamkeit einer Infusion w\u00e4hrend oder infolge der Dialyse recht bedeutend abnahm. Die Dialyse fand in diesen F\u00e4llen in Pergamentpapierschl\u00e4uchen unter Toluolzusatz gegen destilliertes Wasser statt. Es ist schwer, ganz gute Pergamentpapierschl\u00e4uche zu erhalten, und der Grund meiner weniger guten Resultate liegt vielleicht darin, da\u00df die von mir benutzten Schl\u00e4uche auch den Durchgang eines Teiles der Fermente gestattetet). Es war leichter ein gutes Pergamentpapier zu erhalten, und aus dem Gr\u00fcnde verfahre ich lieber bei der Dialyse nach dem in meinem vorigen Aufs\u00e4tze angegebenen Verfahren. Dieses Verfahren konnte ich aber bei den hier in Frage kommenden gro\u00dfen Fl\u00fcssigkeitsmengen nicht brauchen. Durch die Dialysemethode konnte ich \u00fcbrigens den Gehalt an festen Stoffen nicht unter gegen 0,05 \u00b0/o herabbringen, w\u00e4hrend ich nach der unten zu beschreibenden Methode L\u00f6sungen mit sogar nur 0,012\u00b0/o festen Stoffen gewinnen konnte.\nDie gro\u00dfen Mengen destillierten Wassers, die zu der Dialyse n\u00f6tig waren, und ebenso das notwendige Wechseln des Wassers veranla\u00dften mich, auch die Dialyse gegen flie\u00dfendes Wasser zu versuchen. Von diesem Verfahren mu\u00dfte ich aber aus mehreren Gr\u00fcnden bald Abstand nehmen. Die nach diesem Verfahren dialysierten Infusionen (die, wie auch bei der Dialyse gegen destilliertes Wasser, von Anfang an sauer waren) enthielten n\u00e4mlich immer mehr feste Stoffe als die gegen destilliertes Wasser dialysierten; sie reagierten ferner immer sehr schwach alkalisch und hatten Kalksalz au\u00a3 dem Leitungswasser1) aufgenommen. Hierzu kommt ferner, da\u00df die Relation\n\u2018) Das hiesige Leitungswasser enth\u00e4lt nach einer Analyse im Jahre 1895 in 100000 Teilen 10,1 CaO und 2,0 MgO.","page":298},{"file":"p0299.txt","language":"de","ocr_de":"Studien \u00fcber Chymosin- und Pepsinwirkung. 111.\t299\nzwischen Pepsin* und Chymosinwirkung eine andere bei Dialyse gegen Leitungswasser als gegen destilliertes Wasser war und da\u00df die Parallelit\u00e4t also w\u00e4hrend der Dialyse aufgehoben wurde. Um dies zu beleuchten, erlaube ich mir, als Beispiel die Resultate eines der von mir ausgef\u00fchrten Versuche hier ganz kurz anzuf\u00fchren.\nEine saure Kalbsmageninfusion wurde in zwei H\u00e4lften geteilt und beide H\u00e4lften 3 Tage (d. h. 3 mal 24 Stunden) dialysiert, die eine, D, gegen destilliertes und die andere, L, gegen flie\u00dfendes Leitungswasser. In beiden entstand ein Niederschlag, der abfiltriert wurde. Die Filtrate verhielten sich folgenderma\u00dfen : D reagierte neutral und enthielt 0,050% feste Stoffe, w\u00e4hrend L \u00e4u\u00dferst schwach alkalisch reagierte und 0,180% feste Stoffe enthielt. Mit \u00c4mmoniumox\u00e4lat gab D keine Reaktion, w\u00e4hrend L eine ziemlich starke Tr\u00fcbung von Calciumoxalat gab. Die Milchgerinnungsprobe sowohl mit den neutralen wie mit den anges\u00e4uerten L\u00f6sungen (0,1% HCl) gab bei verschiedenen Temperaturen f\u00fcr die Chymosinmengen die RelationD:L = 9-r 13:1. Die Pepsinprobe, teils nach Mett und teils mit Karminfibrin ausgef\u00fchrt, gab f\u00fcr die Pepsinmenge rund folgende Relation: D : L = 1:4. Die Relationszahlen waren also folgende :\nChymosin\tPepsin\nD .. 9-13\t1\nL\t1\t4\nIn den \u00fcbrigen 5 Versuchen war ebenfalls die Parallelit\u00e4t aufgehoben, wenn auch nicht so stark wie in dem nun angef\u00fchrten Beispiele. Die Dialyse gegen flie\u00dfendes Wasser ist eine sehr gew\u00f6hnliche Operation, die man wohl als ganz indifferent bezeichnet; die Beschaffenheit und namentlich der Kalkgehalt des Leitungswassers d\u00fcrften jedoch in gewissen F\u00e4llen nicht ganz bedeutungslos sein, und nach meiner Erfahrung sollte man dieses Verfahren nicht ohne geb\u00fchrende Kritik und ohne Vorsicht gebrauchen. F\u00fcr meine Untersuchungen war es jedenfalls unbrauchbar.\nDas von Pekelharing*) ausgearbeitete Verfahren zur Darstellung eines reinen Pepsins basiert ebenfalls zum Teil auf\n*) Diese Zeitschrift, Bd. 22, S. 233 und Bd. 35, S. 8.","page":299},{"file":"p0300.txt","language":"de","ocr_de":"300\tOlof Hammarsten,\nder Dialyse ; aber es ist verh\u00e4ltnism\u00e4\u00dfig beschwerlich und zeitraubend und pa\u00dft besser f\u00fcr die Verarbeitung von Schweinsais von Kalbsm\u00e4gen. Es liefert zweifelsohne ein kr\u00e4ftig wirkendes Enzympr\u00e4parat, aber dieses ist, wie sowohl Pekelharing selbst wie Ge win1) hervorgehoben haben, von wechselnder Reinheit. Es ist nicht farblos, es enth\u00e4lt das eine Mal mehr, das andere Mal weniger oder keinen Phosphor, und au\u00dferdem hat Ge win gefunden, da\u00df es nicht dem Zeitgesetze gem\u00e4\u00df wirkt. Da das Schweinsenzym kein typisches Chymosin enth\u00e4lt, und da die Anwendung der Methode bei Verarbeitung von Kalbsm\u00e4gen weniger geeignet ist, war aus mehreren Gr\u00fcnden auch dieses Verfahren nicht empfehlenswert.\nIch schlug deshalb einen ganz anderen Weg ein, und der Ausgangspunkt meines Verfahrens war die folgende Beobachtung.\nWenn man eine saure Kalbsmageninfusion genau neutralisiert, so entsteht immer ein Niederschlag, von dem die sehr kr\u00e4ftig wirkende neutrale Fl\u00fcssigkeit klar abfiltriert werden kann. Ich versuchte den auf dem Fittrum gesammelten Niederschlag mit Wasser auszuwaschen, um ihn dann hinsichtlich seiner labenden und proteolytischen Wirkung untersuchen zu k\u00f6nnen, fand aber hierbei, da\u00df er nicht in Wasser ganz unl\u00f6slich, sondern wenigstens zum Teil l\u00f6slich war. Gleichzeitig fand ich, da\u00df das Waschwasser kr\u00e4ftig milchkoagulierend wirkte, und ich entschlo\u00df mich deshalb, den Niederschlag, seine Wirkung und sein Verhalten zu Wasser etwas mehr eingehend zu studieren.\nDas Ergebnis dieser vorbereitenden Untersuchungen war, da\u00df der fragliche Niederschlag, in Wasser aufgeschlemmt, sehr kr\u00e4ftig milchkoagulierend und gleichzeitig auch proteolytisch wirkte. \u00c4hnlich, wenn auch nicht ganz so kr\u00e4ftig wirkte auch die von dem aufgeschlemmten Niederschlage ab\u00dfltrierte Fl\u00fcssigkeit. Sie koagulierte die Milch bei \u00dfrutw\u00e4rme innerhalb einer nicht genau bestimmbaren Zeit. Da der Niederschlag von allen bei der Neutralisation nicht f\u00e4llbaren Bestandteilen der Infusionen frei und nur zum Teil in Wasser l\u00f6slich ist, schien mir diese F\u00e4llung ein sehr geeignetes Material zur Darstellung\n*) I. c. S. 36.","page":300},{"file":"p0301.txt","language":"de","ocr_de":"Studien \u00fcber Chymosin- und Pepsinwirkung\u00bb Hl. 301\nvon kr\u00e4ftig wirkenden, an festen Stoffen armen Enzyml\u00f6sungen zu sein. Dies wurde durch die fortgesetzten Untersuchungen vollauf best\u00e4tigt, und das Prinzip des neuen D\u00e4rstellungsVerfahrens gestaltet sich demnach au\u00dferordentlich einfach. Die Methode besteht nur darin, da\u00df man die Infusion genau neu-, tralisiert, die F\u00e4llung abzentrifugiert, den Bodensatz mit Wasser vorsichtig absp\u00fclt, in Wasser fein zerreibt und in einer gr\u00f6\u00dferen Menge Wasser aufschlemmt. Die nach einiger Zeit abfiltrierte Fl\u00fcssigkeit, deren Gehalt an festen Stoffen in verschiedenen Versuchen zwischen 0,012 und 0,040\u00b0/o schwankte, stellt die fertige Enzyml\u00f6sung dar.\nUm das Verfahren etwas n\u00e4her zu beleuchten f\u00fchre ich hier ein Beispiel an.\nDie, wie gew\u00f6hnlich bereitete, saure Kalbsmageninfusion hatte den S\u00e4uregrad 0.1 \u00b0/o HCl und enthielt 0,542 \u00b0/o feste Stoffe. Es wurden 300 ccm abgemessen, mit ein paar Tropfen Lackmoidtinktur versetzt und dann mit Natronlauge von etwa . l \u00b0/o gr\u00f6\u00dftenteils neutralisiert. Die vollst\u00e4ndige Neutralisation geschah darauf durch Zusatz von Lauge, bis die Reaktion mit blauem, rotem und neutralem Lackmuspapier als v\u00f6llig neutral sich erwies. Die von einer feinen F\u00e4llung stark getr\u00fcbte Fl\u00fcssigkeit blieb etwa 20 Stunden stehen und wurde dann zentrifugiert. Der Bodensatz, dessen Menge, wie eine sp\u00e4tere Untersuchung zeigte, etwas mehr als 0,2 g betrug, bildete eine feste, blaugef\u00e4rbte Masse, von der die Fl\u00fcssigkeit leicht und vollst\u00e4ndig getrennt werden konnte, und die \u00fcbrigens so fest war, da\u00df man sie ohne Verluste mit Wasser vorsichtig absp\u00fclen konnte. Die Masse wurde nun mit Wasser fein zerrieben und in 400 ccm Wasser aufgeschlemmt.\nDie Fl\u00fcssigkeit \u00e4hnelte einer homogenen, sehr d\u00fcnnen Emulsion und hatte, abgesehen von der bl\u00e4ulichen Farbe, das Aussehen einer mit Wasser sehr stark verd\u00fcnnten Milch. Die Menge der festen Stoffe in dieser Emulsion war 0,050 V\u00ab, und hieraus wurde die obige Menge von ungef\u00e4hr 0,2 g Bodensatz berechnet. Diese tr\u00fcbe Fl\u00fcssigkeit, welche kr\u00e4ftig milchkoagulierend wirkte, wurde nun filtriert. Sie ging anf\u00e4nglich etwas opalisierend durch das Filtrum, nach wiederholtem Zur\u00fcck-","page":301},{"file":"p0302.txt","language":"de","ocr_de":"302\tOlof Hammarsten.\nV . .\t.\ngie\u00dfen des Filtrates auf das letztere erhielt ich jedoch zuletzt ein vollst\u00e4ndig wasserhelles, ungef\u00e4rbtes Filtrat, das in einer Flasche unter Toluol auf bewahrt wurde.\nDiese filtrierte Enzyml\u00f6sung enthielt 0,013 \u00b0/o feste Stoffe. Sie koagulierte Milch in dem Verh\u00e4ltnisse l : 10 in etwa 45 bis 50 Sekunden bei 37\u00b0 C. und nach 2 Minuten 15 Sekunden bei 27%\u00b0 C. Trotz des sehr geringen Gehaltes an festen Stoffen zeigte sie also eine kr\u00e4ftige Ghymosinwirkung. Die Pepsinwirkung war, wie \u00fcberhaupt beim Verarbeiten der M\u00e4gen von neugeborenen K\u00e4lbern, schw\u00e4cher, indem bei der Met Ischen Probe im Laufe von 20 Stunden bei etwa 36\u00b0 C. nur 2 mm verdaut wurden.\nDie obengenannte, neutralisierte, von dem Bodens\u00e4tze nach dem Zentrifugieren getrennte, klar filtrierte Infusion wirkte fast noch etwas st\u00e4rker labend als die Enzyml\u00f6sung, und die F\u00e4llung enthielt also nur einen Teil der in der urspr\u00fcnglichen Infusion erhaltenen Enzyme.\nNach diesem Verfahren habe ich nun wiederholt Enzyml\u00f6sungen dargestellt und stets mit gutem Erfolge. Immer wirkten die L\u00f6sungen sehr kr\u00e4ftig milchkoagulierend, regelm\u00e4\u00dfig in weniger als ,20 Sek. bis zu 60 Sek. bei K\u00f6rpertemperatur, und meistens wirkten sie auch kr\u00e4ftiger proteolytisch als in dem als Beispiel angef\u00fchrten Versuche. Der Gehalt an festen Stoffen ist etwas schwankend, je nach der Menge des Wassers. Beim Aufscblemmen des Niederschlages in Wasser von dem Volumen der in Arbeit genommenen Infusion, atso z. B. in 300 ccm Wasser beim Neutralisieren von 300 ccm Infusion, ist die Menge der festen Stoffe etwas gr\u00f6\u00dfer und bei Anwendung von mehr Wasser, z. B. 400 ccm auf 300 ccm Infusion, etwas kleiner. Im ersteren Falle habe ich h\u00f6chstens 0,040\u00b0/o feste Stoffe in der filtrierten Enzyml\u00f6sung gefunden und einige Male 0,025\u20140,035%; im letzteren Falle schwankte die Menge zwischen 0,012\u20140,020% und war oft 0,013 oder 0,014%.\nNun kann man bekanntlich Kalbsmageninfusionen sehr stark mit Wasser verd\u00fcnnen und trotzdem eine kr\u00e4ftig labende Wirkung derselben beobachten. Es fr\u00e4gt sich deshalb, ob es","page":302},{"file":"p0303.txt","language":"de","ocr_de":"Studien \u00fcber Chymosin* und Pepsinwirkung. III. 303\nnicht vielleicht noch einfacher w\u00e4re, die Infusionen nur so stark mit Wasser zu verd\u00fcnnen, da\u00df man L\u00f6sungen von dein erw\u00fcnschten niedrigen Gehalte an festen Stoffen erhielt, Eine solche Verd\u00fcnnung gibt indessen nicht dasselbe Resultat, wie ich durch vergleichende Versuche mit einer Enzyml\u00f6sung und der zu ihrer Darstellung benutzten, mit Wasser verd\u00fcnnten Infusion gefunden habe.\nAls Beispiel mag die obige Enzyml\u00f6sung und die ihr entsprechende Infusion dienen. Von der letzteren wurde ein Teil genau neutralisiert und mit so viel Wasser verd\u00fcnnt, da\u00df ihr Gehaltan organischer Substanz 0,013 w/o betrug. Auf der anderen Seile wurde in der Enzyml\u00f6sung ein wenig NaGl gel\u00f6st, so da\u00df beide genau denselben Gehalt an NaCl hatten. Die Milchgerinnungsproben bei 26\u00b0 und 36\u00b0 G. zeigten, da\u00df die Eiizym-l\u00f6sung 3 (bei 26\u00b0 C.) bis 4,8 (bei 36\u00b0 C.) Mal starker als die verd\u00fcnnte Infusion wirkte. Bei der Mettschen Probe war die Infusion unwirksam und bei der Karminfibrinprobe verdaute die Enzyml\u00f6sung 6 mal st\u00e4rker als die Infusion. Die Kelations-zahlen waren also :\t\u2022\u2022\nChymosin\tPepsin\nInfusion\t1\t1\nKnzyitilosung 3 bis -4,8\t6\nIn einem anderen Versuche mit einer Enzyml\u00f6sung von 0,025 \u00b0/o festen Stoffen wirkte die entsprechend verd\u00fcnnte Infusion positiv bei der Mett sehen Probe; die Enzyml\u00f6sung wirkte aber viel st\u00e4rker, und die Pepsinmengen in E und I verhielten sich wie 9 : 1. Die neutrale Enzyml\u00f6sung wirkte in diesem Falle so kr\u00e4ftig, da\u00df sie bei 29\u00b0 C. die Milch in 35 Sekunden koagulierte. Es wurden deshalb die Milchproben nur bei den 3 Temperaturen 20\u00b0, 26\u00b0 und 29\u00b0 C. angestellt. Die Relationszahlen f\u00fcr E und I waren bei diesen Temperaturen resp. 2,5:1 ; 3:1 und 3,6 : 1. Auch in diesem F alle wirkte also die Enzyml\u00f6sung wesentlich kr\u00e4ftiger als die entsprechend verd\u00fcnnte Infusion, und die Parallelit\u00e4t zwischen Pepsin- und Chymosinwirkung war auch hier, wenn auch nicht besonders stark, aufgehoben. Ein in der Hauptsache \u00e4hnliches Resultat gab auch ein dritter vergleichender Versuch mit einer Enzyml\u00f6sung und der entsprechend verd\u00fcnnten Infusion.","page":303},{"file":"p0304.txt","language":"de","ocr_de":"304\tOlof Hammarsten,\n\u00c7s ist selbstverst\u00e4ndlich, da\u00df die nach diesem Verfahren dargestellten Enzymlosungen nicht die reinen Enzyme enthalten; sie sind aber jedenfalls frei von allen denjenigen Bestandteilen einer Infusion, welche bei der Neutralisation nicht ausfallen. Die bei der Neutralisation auftretende F\u00e4llung, welche Eiwei\u00dfreaktionen gibt, ist wohl auch als eine von Enzym verunreinigte Eiwei\u00dff\u00e4llung zu betrachten. Man kann die Menge dieser F\u00e4llung infolge ihrer teilweisen L\u00f6slichkeit in Wasser nicht direkt bestimmen; da man sie aber nach dem Zentrifugieren ohne Verluste aufsammeln und in Wasser fein und homogen verteilen kann, l\u00e4\u00dft sich ihre Menge trotzdem, wie oben angedeutet, recht gut bestimmen. In meinen Versuchen hat sie 9\u201412\u00b0/o der organischen Stoffe der verarbeiteten Infusionen betragen. Nun ist diese F\u00e4llung nur zum Teil in Wasser l\u00f6slich, und die fertigen Enzyml\u00f6sungen (die Filtrate) enthalten also nur einen sehr kleinen Bruchteil der gel\u00f6sten organischen Bestandteile der Infusionen.\nDie fertigen Enzyml\u00f6sungen enthalten auch unzweifelhaft Eiwei\u00df, wenn auch nur winzige Mengen davon. Diese L\u00f6sungen werden beim Sieden nicht ver\u00e4ndert, nicht einmal nach m\u00f6glichst vorsichtigem Zusatz von S\u00e4ure oder Alkali. Die L\u00f6sungen mit dem h\u00f6chsten Gehalte an festen Stoffen k\u00f6nnen jedoch beim Sieden und sehr vorsichtigem S\u00e4urezusatz etwas bl\u00e4ulich-wrei\u00df opalisierend werden. Gegen Eiwei\u00dfreagenzien verhalten sich \u00fcbrigens die stoff\u00e4rmsten L\u00f6sungen fast ganz negativ, w\u00e4hrend die stoffreichsten schwache positive Ausschl\u00e4ge geben. Eine L\u00f6sung von mittlerer Konzentration, 0,022\u00b0/o festen Stoffen, verhielt sich wie folgt. Beim Sieden keine Ver\u00e4nderung, selbst nach vorsichtigem Zusatz von sehr kleinen S\u00e4uremengen. Die Xanthoproteins\u00e4ureprobe gab erst nach Alkalizusatz eine sehr schwach gelbliche Farbe. Biuretprobe nach Zusatz von Lauge und darauffolgendem Zusatz von sehr wenig Kupfersalz negativ; nach Zusatz von Kupfersalz und darauffolgendem Zusatz von Lauge sehr schwach positiv. Die He 11 ersehe Probe nach einigen Minuten schwache Reaktion. Essigs\u00e4ure und Kalium-ferrocyanid negativ; Gerbs\u00e4ure recht starke Opalescenz ohne F\u00e4llung; Phosphorwolframs\u00e4ure starke Opalescenz ohne F\u00e4llung.","page":304},{"file":"p0305.txt","language":"de","ocr_de":"Studien \u00fcber Chymosin- und Pepsinwirkung. ttl. 305\u00bb\nMan kann also sagen, da\u00df di\u00e8se Enzyml\u00f6sung fast nur Spuren von Eiwei\u00df enthielt.\nDie von dem durch Zentrifugieren erhaltenen Niederschlage getrennte, klare, n\u00f6tigenfalls filtrierte Infusion wirkt noch kr\u00e4ftig auf Milch ; und infolge der Eigenschaft der Enzyme, von anderen Stoffen bei deren Ausf\u00e4llung mit niedergerissen zu werden, kann man aus ihr neue Enzyinmengen gewinnen. Wenn man n\u00e4mlich dieses Filtrat mit Salzs\u00e4ure bis zu etwa 0,1 \u00b0/o HCl ans\u00e4uert und mit einer L\u00f6sung von Casein oder Acidalbuminat in Salzs\u00e4ure in passender Menge versetzt, erh\u00e4lt man bei der Neutralisation mit Alkali (NaOH) eine neue F\u00e4llung, die man abzenlrifugieren kann. Wird nun diese F\u00e4llung in Wasser zerrieben und suspendiert, so kann man durch Filtration eine zweite, klare, mehr oder weniger kr\u00e4ftig wirkende Enzyml\u00f6sung gewinnen. Namentlich bei Anwendung von Casein ist mir dies gut gelungen, w\u00e4hrend ich bei Anwendung von Acidalbuminat aus Blutserum und besonders aus Fischfleisch nicht so gute Resultate erhielt. Die mittels Casein erhaltenen Enzyml\u00f6sungen koagulierten Milch in 45-\u201460 Sekunden und verdauten nach Mett 4\u20145 mm in 20 Stunden. Sie enthielten jedoch gegen 0,1 \u00b0/o feste Stoffe.\nIch habe bisher weder Zeit noch besondere-Veranlassung gehabt, die Frage von der Ausf\u00e4llung der Enzyme durch verschiedene Eiwei\u00dfstoffe weiter zu verfolgen. Da aber auch andere Eiwei\u00dfstuffe als die in den Infusionen von Anfang an vorhandenen bei ihrer Ausf\u00e4llung durch Neutralisation die Enzyme mit niederrei\u00dfen k\u00f6nnen, glaube ich mich zu der oben ausgesprochenen Annahme berechtigt, da\u00df die bei der Neutralisation \u00e9iner Infusion auftretende F\u00e4llung zum gr\u00f6\u00dften Teile aus Eiwei\u00df, welches durch niedergerissenes Enzym verunreinigt ist, besteht. Dies ist um so mehr wahrscheinlich, als keine direkte Beziehung zwischen dem Reichtume einer Infusion an Enzym und der Menge des Neutralisationsniederschlages zu bestehen scheint. Man kann auch Infusionen erhalten, die bei der Neutralisation nur eine sp\u00e4rliche F\u00e4llung geben und trotzdem reich an Enzym sind.\nEin solches Verhalten kann man beim Verarbeiten von","page":305},{"file":"p0306.txt","language":"de","ocr_de":"306\tOlof Hammarsten.\nInfusionen auf M\u00e4gen von etwas \u00e4lteren K\u00e4lbern beobachten. \u2666So habe ich z. B. beim Verarbeiten der M\u00e4gen von 5\u20146 Wochen alten K\u00e4lbern Infusionen erhalten, die bei der Neutralisation eine viel geringere F\u00e4llung als die Infusionen auf M\u00e4gen neugeborener K\u00e4lber gaben. In einem solchen Falle betrug die Menge des Niederschlages nur 1,6 \u00b0/o von der Gesamtmenge der organischen festen Stoffe, w\u00e4hrend sie in den Infusionen auf M\u00e4gen von neugeborenen Tieren zwischen 9 bis 12\u00b0/o schwankte. Der Niederschlag hatte auch ein anderes Aussehen, er war mehr flockig, lie\u00df sich nicht so fein in der Fl\u00fcssigkeit verteilen und setzte sich als eine mehr grobflockige F\u00e4llung leichter zum Boden. In Wasser aufgeschlemmt wirkte er milchkoagulierend in 2 Minuten bei 38\u00b0, die klar abfiltrierte Fl\u00fcssigkeit, welche 0,025\u00b0/o feste Stoffe enthielt, wirkte aber erst nach 11 Minuten. Hier war also meine Methode nicht gut brauchbar; und ich will ausdr\u00fccklich hervorheben, da\u00df meine Methode nur f\u00fcr die M\u00e4gen neugeborener K\u00e4lber ausgearbeitet ist, und da\u00df meine in diesem Aufsatze mitgeteilten Beobachtungen, wenn nichts anderes besonders angegeben wird, nur f\u00fcr Infusionen auf M\u00e4gen neugeborener (1\u20142 Tage alten) K\u00e4lber Geltung haben.*\nDie nun beschriebene Methode ist, wie man ersieht, au\u00dferordentlich einfach. Das Verfahren ist dasselbe wie bei der Darstellung einer neutralisierten Kalbsmageninfusion, nur mit der Abweichung, da\u00df man die bei der Neutralisation auftretende F\u00e4llung nicht abfiltriert und wegwirft, sondern durch Zentrifugieren aufsammelt und in Wasser fein verteilt. Man erh\u00e4lt also auf der einen Seite eine neutralisierte, kr\u00e4ftig wirkende Infusion und auf der anderen daneben, gleichsam als Nebenprodukt, eine sehr kr\u00e4ftig labend wirkende, eiwei\u00dfarme Enzyml\u00f6sung. Die Neutralisation bietet keine Schwierigkeiten, und es ist gar nicht n\u00f6tig, mit einer stark verd\u00fcnnten Natronlauge, z. B. einer n/io-Lauge, zu neutralisieren. Man kann ebenso gut eine st\u00e4rkere Lauge an wenden, wenn man nur gegen Ende der Neutralisation mit gen\u00fcgender Vorsicht arbeitet. Das Auftreten einer beginnenden Tr\u00fcbung kann als Indikator dienen, und man kann dann n\u00f6tigenfalls die Neu-","page":306},{"file":"p0307.txt","language":"de","ocr_de":"Studien \u00fcber Chymosin- und Pepsinwirkung, lil. 307\ntralisation mittels einer nlio-Lauge zu Ende f\u00fchren. Die Endreaktion bestimme ich immer mit blauem, neutralem und rotem Lackmuspapier.\nDa der Niederschlag zum Teil in Wasser sich wieder l\u00f6st, k\u00f6nnte man bef\u00fcrchten, da\u00df ein Teil der Enzyme wieder in L\u00f6sung gehen w\u00fcrde, wenn man nicht unmittelbar nach der Neutralisation zentrifugiert, sondern die Fl\u00fcssigkeit mit der F\u00e4llung einige Zeit stehen l\u00e4\u00dft. Es ist m\u00f6glich, da\u00df eine solche teil weise L\u00f6sung statt findet, aber sie d\u00fcrfte jedenfalls nicht bedeutend sein. Ich habe n\u00e4mlich, selbst wenn ich das Zentrifugieren erst 48 Stunden nach der Neutralisation unternahm, immer aus dem Niederschlage kr\u00e4ftige Enzyml\u00f6sungen erhalten, und ich trenne nunmehr regelm\u00e4\u00dfig die Fl\u00fcssigkeit von dem Niederschlage durch Zentrifugieren erst nach Verlauf von 20\u201424 Stunden ab.\nWenn man \u00fcberhaupt nur eine kr\u00e4ftig wirkende, saure Enzyml\u00f6sung haben will, Kann man nat\u00fcrlich den Neutralisationsniederschlag direkt in Verdauungssalzs\u00e4ure \u00e4ufl\u00f6sen. Da es aber f\u00fcr mich sehr wichtig war, neutral reagierende, eiwei\u00dfarme, klare Enzyml\u00f6sungen zu gewinnen, habe ich stets die in Wasser aufgeschlemmte F\u00e4llung, nach gew\u00f6hnlich 24 Stunden, abfiltriert. Das Filtrat ist meistens anfangs nicht ganz klar ; durch wiederholtes Zur\u00fcckgie\u00dfen auf das Filtrum bekommt man es aber zuletzt ganz wasserhell. Noch rascher gelingt dies, wenn man von Anfang an ein doppeltes Filtrum benutzt. Die Enzyml\u00f6sungen sind immer vollst\u00e4ndig ungef\u00e4rbt und wasserhell. Sie werden unter Toluol aufbewahrt. Wie lange man sie in dieser Weise aufbewahren kann, wei\u00df ich nicht, indem ich sie meistens im Laufe von einigen. Tagen oder einer Woche verbraucht habe. Eine L\u00f6sung, welche 0,013 \u00b0/o feste Stoffe enthielt und 3 Wochen unter Toluol an einem k\u00fchlen Orte aufbewahrt worden war, hptte ihre Wirksamkeit nicht merkbar ver\u00e4ndert. Neubereitet, koagulierte sie Milch bei 38\u00b0 C. in 70 Sekunden, 14 Tage sp\u00e4ter in 75 Sekunden und nach 3 Wochen ebenfalls in 75 Sekunden.\nIch glaube also, dieses sehr einfache Verfahren zur Darstellung von eiwei\u00dfarmen Enzyml\u00f6sungen, die namentlich sehr\nHoppe-Seyler\u2019s Zeitschrift f. physiol. Chemie. XGIV,\t*\t2t","page":307},{"file":"p0308.txt","language":"de","ocr_de":"308\tOlqf Hammarsten,\nkr\u00e4ftig milchkoagulierend wirken, empfehlen zu k\u00f6nnen. Infolge ihrer Armut an Eiwei\u00df sind sie zu vielen Untersuchungen sehr geeignet und sie haben mir bei den folgenden Untersuchungen \u00fcber die Wirkung des Alkalis auf die Enzyme gute Dienste geleistet.\nB. \u00dcber die Wirkung von Alkali auf Chymosin und\nPepsin.\nZu allen Versuchen sind ausschlie\u00dflich nach dem obigen Verfahren dargestellte, eiwei\u00dfarme Enzyml\u00f6sungen verwendet worden. Das Alkali war immer n/io-NaOH und alle Versuche wurden bei Zimmertemperatur ausgef\u00fchrt.\nSchon der erste Versuch zeigte, da\u00df das Pepsin so \u00fcberaus empfindlich gegen die Einwirkung von Alkali ist, da\u00df es schon nach wenigen Minuten von einer Alkalimenge unterhalb 0,01% NaOH zum gr\u00f6\u00dften Teile zerst\u00f6rt werden kann, und da\u00df man folglich nur kurzdauernde Versuche anstellen darf. Das Chymosin wird n\u00e4mlich ebenfalls allm\u00e4hlich angegriffen, aber in viel geringerem Grade, und der Unterschied in dem Verhalten beider kommt deshalb vor allem in den kurzdauernden Versuchen zum Vorschein.\nAls Beispiel f\u00fchre ich den folgenden, orientierenden Versuch an. Die Enzyml\u00f6sung enthielt 0,040% feste Stoffe, und von ihr wurden 2 Proben von je 25 ccm abgemessen. Die eine, A, wurde mit 0,5 ccm n/io-Natronlauge versetzt und blieb dann gegen 4 Minuten bei Zimmertemperatur stehen. Dann wurde sie mit 0,5 ccm n/io-HCl neutralisiert. Die andere Probe, die Kont rollprobe K, wurde erst mit 0,5 ccm n/io-HCl versetzt und unmittelbar darauf mit 0,5 ccm %o-Natronlauge neutralisiert. Die Milchgerinnungsproben wurden in diesem Falle nur bei 39\u00b0 C. ausgef\u00fchrt.\nA koagulierte die Milch in 30\u201435 Sekunden, K in etwa 15 Sekunden, und der relative Chymosingehalt war also K:A s? 2,3.1.\nBeide Proben wurden nun mit Salzs\u00e4ure bis zu 0,2% HCl versetzt und nach Mett gepr\u00fcft. K hatte im Laufe von","page":308},{"file":"p0309.txt","language":"de","ocr_de":"Studien \u00fcber Chymosin-und Pepsinwirkung. III, 300\n20 Stunden 6 mm und nach 44 Stunden 13\u201414 mm verdaut. A erwies sich dagegen als vollst\u00e4ndig unwirksam, und sie wirkte nur au\u00dferordentlich schwach auf Karminfibrin. Die Gegenwart von 0,008 \u00b0/o NaOH hatte also in etwa 4 Minuten die Pepsinwirkung so stark herabgesetzt, da\u00df die Mettsche Probe negativ ausfiel, w\u00e4hrend die Chymosinwirkung fortw\u00e4hrend so stark war, da\u00df die L\u00f6sung die Milch bei 39\u00b0 C in 30\u201435 Sekunden koagulierte. Die Parallelit\u00e4t zwischen Chymosin- und Pepsinwirkung war also stark aufgehoben.\nAu\u00dfer diesem orientierenden Versuche erlaube ich mir noch 6 andere als Beispiele mitzuteilen. Die Alkalimenge war immer 1 ccm \"lio-NaOH auf 50 ccm, bezw. 2 ccm auf je 100 ccm Enzyml\u00f6sung, also 0,008\u00bb/o NaOH. Die Kontrollprobe, welche \u00fcberall mit K bezeichnet wird,; wurde immer erst mit 1 bezw. 2 ccm Wio-HCl und unmittelbar darauf mit n'io-Natron-lauge versetzt. Die der Alkalieinwirkung ausgesetze Probe wird immer mit A bezeichnet, und wenn in demselben Versuche 2 Proben mit Alkali behandelt wurden, bedeutet A, die, einer kurzdauernden und A, die, einer mehr langdauernden Einwirkung ausgesetzte Probe. Hinsichtlich der Ausf\u00fchrung der Pepsinproben wird auf meine fr\u00fcheren Aufs\u00e4tze hingewiesen.\nDa die M\u00f6glichkeit einer Reaktivierung des Pepsins nach der Alkalieinwirkung nicht ausgeschlossen war, und daPawlow1) in seinen Versuchen an Hundemagensaft mit MgC03 eine Reaktivierung nur in dem Falle beobachtete, wenn er die Probe nach der Neutralisation einige Zeit (einige Stunden) stehen lie\u00df, bevor er wieder ans\u00e4uerte, habe ich die neutralisierte Probe immer 20\u201424 Stunden stehen lassen, bevor ich sie f\u00fcr die Pepsinprobe mit Salzs\u00e4ure versetzte. Dies ist nun allerdings \u00fcberfl\u00fcssig, denn die von Pawlow am Hundemagensafte nach Einwirkung von MgC03 gemachte Beobachtung trifft f\u00fcr die Kalbsmageninfusionen und f\u00fcr die Kalbsenzyml\u00fcsungen bei meiner Versuchsanordnung nicht zu. F\u00fcr die Resultate der Pepsinproben war es n\u00e4mlich gleichg\u00fcltig, ob ich bald nach der Neutralisation oder einige Stunden sp\u00e4ter oder erst am folgenden Tage ans\u00e4uerte. Der Sicherheit halber habe ich in-\n*) Diese Zeitschrift, \u00dfd. 42, S. 415.\n21*","page":309},{"file":"p0310.txt","language":"de","ocr_de":"Olof Hammarsten.\ndessen immer die neutralisierte Probe erst nach 20\u201424 Stunden auf den erw\u00fcnschten S\u00e4uregrad (0,l\u00b0/o HCl) gebracht. Um der S\u00e4ure die zur Reaktivierung n\u00f6tige Zeit zu geben, habe ich, obwohl auch dies \u00fcberfl\u00fcssig zu sein scheint, die anges\u00e4uerten Proben immer mindestens 24 Stunden bei Zimmertemperatur stehen lassen, bevor ich die Pepsinprobe versuchte. Die Kontrollproben K verdauten immer mehr oder weniger gut bei der Me tischen Probe, w\u00e4hrend die alkalibehandelten Proben A hierbei immer ein negatives Resultat gaben. Aus diesem Grunde referieren sich s\u00e4mtliche Angaben \u00fcber Pepsinwirkung zu der Karminfibrinprobe. Nach diesen Vorbemerkungen d\u00fcrfte es wohl genug sein, in dem Folgenden nur die Haupt-resultate der Versuche anzuf\u00fchren.\nVersuch I. Die Enzyml\u00f6sung enthielt 0,035\u00b0/o feste Stoffe. Dauer der Alkalieinwirkung in A 7 Minuten.\nDie Milchgerinnungsprobe gab folgendes Resultat :\n\tBei 20\u00ae C.\t24\u00b0 C.\t29\u00ae C.\t38\u00ae c. .\nK\t22 Min.\ti Min.\t60 Sek.\t25 Sek. (ungef\u00e4hr \u00bb\nA\t28 \u00bb\t5 \u00bb\t110 \u00bb\t55 \u00bb\nRelation K : A\t1,3:1 ,\t1,7:1\t1,8:1\t2,2:1\nDa hier,\twie im allgemeinen\t\twenn der Unterschied im\t\nEnzymgehalte nicht gro\u00df ist, die Verh\u00e4ltniszahlen bei verschiedenen Temperaturen ziemlich nahe aneinander liegen, d\u00fcrfte es erlaubt sein, mit der Mittelzahl, hier rund 1,8 : 1, zu rechnen.\nDie Pepsinprobe mit Karminfibrin ergab, da\u00df K Hs\u00dfo ein wenig schw\u00e4cher, aber K |fi5o entschieden st\u00e4rker als A verdaute. Die Verh\u00e4ltniszahlen waren also :\nChymosin\tPepsin\nK\t1,8 (Mittel)\t>\nA\t1\t' 1\nDurch die Alkalieinwirkung war also die Chymosinwirkung auf etwa l !2 und die Pepsinwirkung auf reichlich */i50 herabgesetzt worden.\nVersuch 2. Die Enzyml\u00f6sung enthielt 0,040\u00b0/o feste Stoffe, ln diesem Versuche war die Alkalieinwirkung in At 1 Minute Und in A* 7 Minuten.","page":310},{"file":"p0311.txt","language":"de","ocr_de":"Studien \u00fcber Chymosin- und Pepsinwirkung, III, 311\nDie Milchgerinnungsversuche gaben folgende Resultate:\nBei 20\u00b0 C.\t27Vs\u00ae C.\t30\u00ae G.\n. K 62 Min.\t2'/\u00bb Min.\t5a Sek.\nA,\t70\t\u00bb\t4\t\\ p' 80\t\u00bb\n.A,\t126\t\u00bb\t6\t*\t140\t>\nDie Relation K : Aj war bei den 3 verschiedenen Temperaturen resp. 1,1:1 ; 1,6 :1 und 1,5:1 oder als Mittel 1,4 ; 1, Die Relation zwischen den Enzymmengen in K und A, waren resp. 2,1 : 1; 2,4: 1 und 2,5 : 1 oder als Mittel = 2,3 ; L\nDie Verd\u00fcnnungsfl\u00fcssigkeit bei der Pepsinprobe war wie in allen Versuchen ein Gemenge von gleichen Volumina der verschiedenen Proben, welches Gemenge einige Zeit auf mehr als 90\u00b0 C. erhitzt worden war, um die Enzyme zu zerst\u00f6ren Das Ergebnis der Pepsinprobe war, da\u00df K1 io etwas besser als Aj und K*/*oo st\u00e4rker als A2 verdaute. Die Verh\u00e4ltnis-zahlen f\u00fcr K und At waren also :\n. Chymosin Pepsin K 1,4 (Mittel) > 50 A,\t1\t1 und f\u00fcr K und A,\nK 2,3 (Mittel) > 200\na,\ti\ti\t*\nEine Alkalieinwirkung von 1 Minute hatte also die Chymosinwirkung nur wenig, aber die Pepsinwirkung auf \u2018/so der urspr\u00fcnglichen herabgesetzt. Dieselbe Alkalimenge hatte bei einer Einwirkungsdauer von 7 Minuten die Chymosinwirkung um etwas mehr als die H\u00e4lfte vermindert, w\u00e4hrend die Pepsinwirkung auf mehr als V200 herabgesetzt worden war. Die starke Aufhebung der Parallelit\u00e4t zwischen Chymosin- und Pepsinwirkung ist so auffallend, da\u00df sie keiner .besonderen Besprechung bed\u00fcrftig ist.\nVersuch 3. Die Enzyml\u00f6sung enthielt 0,014\u00b0/o feste Stoffe. Dauer der Alkalieinwirkung in Aj 80 Sekunden und in A, 10 Minuten.\nMilchgerinnungsproben :\nBei 26\u00ae C.\t30\u00ae C.\t34\u00ae C. .V\nK\t4 Min. 95 Sek.\t.50 Sek. \u2022\nA,\t51/\u00bb *\t160 >\t65 *\nA, 18 \u00bb\t13 Min. 8 Min. ,","page":311},{"file":"p0312.txt","language":"de","ocr_de":"Olof Hammarsten,\nNach der Gerinnungszeit gemessen verhielten sich die Chymosmmengen in K und At bei den 3 genannten Temperaturen wie 1,38: 1, resp. 1,4 : 1 und 1,3 :1. Die Wirkung war also, wie gew\u00f6hnlich bei nur geringem Unterschied in dem Enzymgehalte, nur sehr wenig abh\u00e4ngig von der Temperatur. Anders ist es, wenn man K und A2 vergleicht. Hier verhalten sich die Chymosinmengen bei 26\u00b0 wie 4,5 : 1, bei 30V wie 7,8 :1 und bei 34\u00b0 C. wie 9,0:1. In diesem Falle kann man also nicht gut von einem Mittelwerte der Gerinnungszeiten sprechen.\nBei der Pepsinprobe wurde K in den Verd\u00fcnnungen V\u00ab,\n1 Wo, und \u25a0 f/\u00f6oo mit At und A2 verglichen. K VW wirkte viel st\u00e4rker, aber K'/ioo ein wenig schw\u00e4cher als Ar Die Relationszahlen zwischen K und At waren also:\nChymosin Pepsin K 1,4 (Mittel) > 50\n' '* , ' 1\nDurch eine Alkalieinwirkung von 80 Sekunden war also die Chymosinwirkung nicht wesentlich, die Pepsinwirkung dagegen auf mehr als VW herabgesetzt worden.\nDie L\u00f6sung K 1 Wo wirkte bedeutend st\u00e4rker als A2. Infolge Mangels an Material konnte aber leider eine noch st\u00e4rkere Verd\u00fcnnung nicht gepr\u00fcft werden. Die L\u00f6sung At enthielt offenbar nur Spuren von Pepsin, und der Unterschied zwischen dieser Probe und der Kontroliprobe mit S\u00e4ure und Fibrin allein war nur sehr gering. Die Relationszahlen f\u00fcr K und Aj waren folgende\nChymosin Pepsin K\t9,6-4,5\t> 500\nA,\t: \u25a0 i\nEine Alkalieinwirkung w\u00e4hrend 10 Minuten hatte also den Chymosingehalt auf gegen Vio (wenn man von dem Gerinnungsversuche bei 34\u00b0 C. ausgeht), den Pepsingehalt dagegen auf mehr als 1 Wo herabgesetzt. Die Aufhebung der Parallelit\u00e4t der 2 Enzyniwirkungen tritt auch hier stark hervor.\nVersuch 4. Enzyml\u00f6sung von 0,013 \u00b0/o festen Stoffen. Alkalieinwirkung w\u00e4hrend 90 Sekunden.","page":312},{"file":"p0313.txt","language":"de","ocr_de":"Studien \u00fcber C.hymosin- und Pepsinwirkung. III. 313\nMilchgerinnungsproben:\nBei 27\u00ae C. 31\u00ae C. 38\u00ae C.\nK\t9 Min.\t3 Min.\t70 Sek/\nA\t14 \u00bb\tft \u00bb\t145 *\n1,6:1\t!\t. 1,7:1\t2,t:i '\t*\n^ l/wo verdaute ein wenig st\u00e4rker als A und die Relationszahlen waren also folgende:\nChymosin\tPepsin\nK\t1.8 (Mittel) 200\na i\tt\nVersuch 5. Die Enzyml\u00f6sung enthielt 0,016 \u00b0/o feste Stoffe. Dauer der Alk\u00e4lieinwirkung 2 Minuten. '\nMilchgerinnungsproben :\nBei 25\u2018/*\u00ae C. 30'/*\u00ae C.\t38\u00ab/* C.''\nK\t14 Min.\t120 Sek.\t55 Sek.\nA\t19 *\t250 *\t120 \u00bb\nKl A = 1,4:1\t2,1:1\t2,2:1\nDie Pepsinproben ergaben, da\u00df K Vsoo etwas rascher als A verdaute, und die Relationszahlen waren also:\nChymosin\tPepsin\nK 2 (Mittel) > 200\nA 1\tg 1\nVersuch 6. Enzyml\u00f6sung mit 0,022\u00b0/o festen Stoffen. Dauer der Alkalieinwirkung 4 Minuten.\nMilchgerinnungsproben:\nBei 20\u00ae C. 25\u00ae C.\t30\u00ae C. 38*/\u00bbf C.\nK\t24 Min.\t3*/, Min.\t90 Sek.\t35 Sek.\nA\t36 \u00bb\t\u00df'/i .\t165 \u00bb\t75 >\nK : A = 1,5:1\t1,7:1\t1,8:1\t2,14:1\nDie Pepsinprobe wurde in diesem Falle bei K\u00f6rpertem-peratur mit gekochtem Karminfibrin ausgef\u00fchrt. Die h\u00f6chste Verd\u00fcnnung war K ^oo, und diese L\u00f6sung verdaute Fibrin, wenn auch ziemlich langsam. Die L\u00f6sung A war dagegen unwirksam, und selbst nach 48 Stunden war kein sicherer Unterschied zwischen ihr und der Kontrollprobe mit S\u00e4ure allein zu sehen. Die Verh\u00e4ltniszahlen waren also\nChymosin Pepsin K 1,8 (Mittel) > a . i\ti *","page":313},{"file":"p0314.txt","language":"de","ocr_de":"3**\tOlof Hammarsten,\nDie nun mitgeteilten, wie auch die \u00fcbrigen nach demselben Plane von mir ausgef\u00fchrten Versuche zeigen also, da\u00df bei Anwendung von stoffarmen, verh\u00e4ltnism\u00e4\u00dfig reinen Enzvm-l\u00f6sungen, wo die sch\u00fctzende Wirkung des Eiwei\u00dfes und vielleicht auch anderer Sto\u00dfe aufgehoben oder stark herabgesetzt ist, sowohl das Chymosin wie das Pepsin sehr empfindlich gegen die Wirkung des Alkalis ist. Bei Gegenwart von nur sehr wenig festen Stoffen in der Enzyml\u00f6sung (0,013 \u00b0/o) war schon eine Einwirkungsdauer von 1 lh Minute bei einem Alkaligehalt von 0,008 \u00b0/o NaOH hinreichend, um die Chymosinwirkung auf gegen 1 /2 und die Pepsinwirkung auf lJm herabzusetzen. ln allen Versuchen zeigte sich auch die Pepsinwirkung viel empfindlicher gegen Alkali als die Chymosinwirkung.\nHieraus darf man jedoch nicht ohne weiteres den bestimmten Schlu\u00df ziehen, da\u00df das Pepsin empfindlicher gegen Alkali als das Chymosin ist, denn ebenso wie die Infusionen auf M\u00e4gen neugeborener K\u00e4lber zeigen auch die aus solchen Infusionen bereiteten Enzyml\u00f6sungen eine sehr starke Chymosin- und eine verh\u00e4ltnism\u00e4\u00dfig schwache Pepsinwirkung. Es ist deshalb auch nicht ausgeschlossen, da\u00df eine Enzyml\u00f6sung, die von Anfang an ein umgekehrtes Verhalten der zwei Enzymwirkungen gezeigt hatte, auch gegen die Alkalieinwirkung ein etwas anderes Verhalten zeigen w\u00fcrde. Solche L\u00f6sungen habe ich bisher nicht in den H\u00e4nden gehabt, und nur in einem Falle habe ich eine L\u00f6sung untersucht, die im Verh\u00e4ltnis zu der Pepsinwirkung eine relativ schwache Chymosinwirkung zeigte. Diese Enzyml\u00f6sung war in obiger Weise aus einer Infusion auf M\u00e4gen von etwas \u00e4lteren (5\u20146 Wochen alten) K\u00e4lbern dar-gestellt worden. Sie verdaute in 20 Stunden nach Mett 3 mm und koagulierte Milch bei K\u00f6rpertemperatur erst nach 10\u201411 Minuten, also eine schwache Chymosinwirkung. Durch Alkalieinwirkung w\u00e4hrend 2 Minuten wurde in diesem Falle die Chymosinwirkung auf lU und die Pepsinwirkung auf \u00bb/40\u2014\u00bb/so herabgesetzt. Das Pepsin wurde also auch in diesem Falle st\u00e4rker als das Chymosin gesch\u00e4digt ; und da hierzu kommt, da\u00df ich in vielen F\u00e4llen durch die Alkalieinwirkung eine Herabsetzung der Pepsinwirkung auf \u00bbAoo\u2014lUno und der Chymosin-","page":314},{"file":"p0315.txt","language":"de","ocr_de":"Studien \u00fcber Chymosin-und Pepsinwirkung. III. 315\nWirkung nur auf \u00e8twa Vs erzeugen konnte, spricht dies entschieden daf\u00fcr, da\u00df das Pepsin viel empfindlicher gegen Alkali als das Chyiposin ist. Dies gilt nat\u00fcrlich bis auf weiteres nur f\u00fcr die Enzyme von neugeborenen K\u00e4lbern, denn bei anderen Tieren habe ich keine entsprechenden Untersuchungen gemacht.:\u2019.\nUnter allen Umst\u00e4nden ist es von Interesse, da\u00df man durch schwache Alkalieinwirkung auf die Enzyme des Kalbsmagens L\u00f6sungen erhalten kann, in welchen die Parallelit\u00e4t der beiden Enzymwirkungen so stark aufgehoben ist, da\u00df man (praktisch) fast pepsinfreie Enzyml\u00f6sungen erh\u00e4lt, die noch eine kr\u00e4ftige Chymosinwirkung zeigen.\nWenn man dieses Verhalten mit der unitarischen Ansicht von der Identit\u00e4t des Pepsins und Chymosins in Einklang bringen will, so bleibt, soweit ich \u00e7rsehen kann, nur die Annahme \u00fcbrig, da\u00df w\u00e4hrend oder infolge der Alkalieinwirkung eine hemmende Substanz gebildet worden ist, Welche nicht in einem neutralen, sondern nur in einem saueren Medium wirksam ist. Diese hemmende Substanz w\u00fcrde also nicht die Milchgerinnung, sondern nur die bei saurer Reaktion stattfindende Proteolyse (die Pepsinverdauung) verhindern k\u00f6nnen.\nDiese, an und f\u00fcr sich wenig wahrscheinliche Ahnahme ist nun einer direkten experimentellen Pr\u00fcfung mit Caseinl\u00f6sungen zug\u00e4nglich. Wenn man L\u00f6sungen von Alkalicaseinat mit Hilfe Von n/io-NaOH und Wasser bereitet, kann man zeigen, da\u00df solche L\u00f6sungen durch neutrale Infusionen oder Enzyml\u00f6sungen unter Albumosebildung hydrolysiert werden. Zu solchen Untersuchungen sind die oben erw\u00e4hnten, eiwei\u00dfarmen Enzyml\u00f6sungen besonders geeignet, und man findet dabei, da\u00df diese Enzyml\u00f6sungen bei saurer Reaktion kr\u00e4ftiger als bei neutraler proteolytisch wirken. Wenn nun die obigen, der Alkalieinwirkung ausgesetzten Enzyml\u00f6sungen die \u00e4u\u00dferst starke Herabsetzung ihrer Pepsinwirkung der Anwesenheit einer hemmenden, nur .bei saurer Reaktion wirksamen Substanz zu verdanken h\u00e4tten, w\u00fcrden sie nat\u00fcrlich auf Caseinl\u00f6sungen eine schw\u00e4chere Wirkung bei saurer als bei neutraler Reaktion aus\u00fcben. Dies ist aber nicht der Fall. Sie wirken umgekehrt","page":315},{"file":"p0316.txt","language":"de","ocr_de":"olb\tOlaf Ham mars ten,\nkr\u00e4ftiger proteolytisch bei An- als bei Abwesenheit von freier S\u00e4ure, was ich durch ein Beispiel zeigen werde. * s\nAls Ma\u00df der verschiedenen St\u00e4rke der Proteolyse kann man die Menge der gebildeten Albumosen benutzen. Wenn man die mit Enzytnl\u00f6sung bei K\u00f6rpertemperatur behandelten, neutralen resp. sauren Caseinl\u00f6sungen mit der zur Ausf\u00e4llung des Paracaseins oder anderer f\u00e4llbaren Verdauungsprodukte gerade erforderlichen Menge S\u00e4ure, resp. Alkali versetzt, kann man bei richtiger Arbeit ganz wasserhelle Filtrate erhalten, die weder von S\u00e4ure noch von Alkali bei m\u00f6glichst vorsichtigem Zusatz gef\u00e4llt werden. Beim Sieden geben sie ebenfalls keine F\u00e4llung, wohl aber, wie die L\u00f6sungen gewisser Caseinalbumosen, eine wei\u00dfliche Tr\u00fcbung, die beim Abk\u00fchlen sich wieder kl\u00e4rt. Wird das Filtrat eingetrocknet und bis gegen 110\u00b0 G. erhitzt, so l\u00f6st sich dann der R\u00fcckstand in Wasser bis auf einen kleinen Rest, der entweder aus einem nicht ausgef\u00e4llten Teil des Paracaseins oder aus bei . dem Eintrocknen gebildeter Dysalbumose besteht. Dieser Rest wird abfiltriert, und das klare Filtrat gibt nun alle typischen Albumosereaktionen. Bei quantitativen Bestimmungen wird dieses Filtrat mit dem Waschwasser in einer Platinschale zur Trockne verdunstet, der R\u00fcckstand bei 105\u2014110\u00b0 C. zu konstantem Gewicht getrocknet und gewogen und nach Abzug der Mineralstoffe (NaCl) als Albumose berechnet. In dieser Weise ist die St\u00e4rke der Proteolyse in den hierhergeh\u00f6renden Versuchen bestimmt worden, und nach dieser Vorbemerkung kann ich zu einem Beispiele \u00fcbergehen.\nVersuch 7. Von reinem Casein (das ich selbst dargestellt hatte) wurden 3,15 g (entsprechend 3 g wasserfreiem Casein) mit Hilfe von 15 ccm n/io-Na\u00f6H in Wasser bis zu 100 ccm klar gel\u00f6st. Die L\u00f6sung reagierte nicht ganz neutral, sondern sehr schwach sauer auf Lackmuspapier und enthielt also zum Teil auch saures Alkalieaseinat.\nDie Enzyml\u00f6sung war die im Versuche 6 erw\u00e4hnte, w\u00e4hrend 4 Minuten mit Alkali behandelte L\u00f6sung, welche bei 38*/*0 C. die Milch in 75 Sekunden koagulierte und deren Pepsingehalt auf mehr als lUoo der urspr\u00fcnglichen herabgesezi worden war. Auf gekochtes Fibrin war sie in 48 Stunden bei","page":316},{"file":"p0317.txt","language":"de","ocr_de":"Studien \u00fcber Chymosin- und Pepsinwirkung. III. 317\nK\u00f6rpertemperatur ohne sichtbare Wirkung. Von dieser neutralen Enzyml\u00f6sung wurde ein Teil der Kontrolle halber auf 95\u00b0 C. einige Zeit erhitzt, um die Enzyme zu vernichten. Diese L\u00f6sung diente zu der Kontrollprobe 3. Es Wurden nun folgende 3 Proben angeordnet.\nNr. 1. Es wurden 10 ccm neutrale Enzyml\u00f6sung mit 6 ccm n/io HCl gemischt und zu dieser sauren L\u00f6sung 20 ccm Caseinl\u00f6sung unter Umr\u00fchren zugesetzt. Die S\u00e4uremenge war mehr als hinreichend, um das ausfallende Casein rasch wieder zu l\u00f6sen. 20 ccm Caseinl\u00f6sung enthielten 0,600 g Cas\u00e9in und eine Alkalimenge, die 3 ccm n/io-NaOH entspricht Von den 6 ccm \u00ab/to-HCl waren also 3 ccm \u00fcbrig, entsprechend 0,01095g HCl; und das Gemenge von 36 ccm enthielt also 0,030\u00b0/o freie HCl. Die Menge des gebildeten NaCI entsprach 3 ccm n/i\u00ab-NaCI.\nNr. 2. 10 ccm neutrale Enzyml\u00f6sung -f 3 ccm n io-NaCl -f- 3 ccm Wasser 20 ccm Caseinl\u00f6sung.\nNr. 3. 10 ccm neutrale (erhitzte) Enzyml\u00f6sung -|- 3 ccm n/io-NaCl ~f- 3 ccm Wasser -f- 20 ccm Caseinl\u00f6sung. \u00ab\nAlle 3 Proben hatten also genau denselben Gehalt an Casein und NaCI; der Unterschied war nur, da\u00df die Probe 1 einen Gehalt von 0,030\u00b0/o freier HCl und die Kontrollprobe 3 die unwirksam gemachte Enzyml\u00f6sung enthielt. In allen 3 Proben wurde die Caseinl\u00f6sung zu der Enzyml\u00f6sung gesetzt und zwar in der Reihenfolge der Proben 3, 2 und 1. Die Temperatur war 38\u00b0 C, Nach 15 Minuten wurden gleichzeitig alle 3 Proben herausgenommen, rasch abgek\u00fchlt, mit Alkali bezw. S\u00e4ure versetzt und der Niederschlag abfiltriert. Hierbei war die Reihenfolge der Proben die umgekehrte 1, 2 und 3, so da\u00df die Probe 1 die k\u00fcrzeste Zeit der Enzymwirkung ausgesetzt gewesen war. Diese Probe wurde mit 3 ccm n/io-Natronlauge und \u00abdie beiden anderen mit je 3 ccm n/io-Salzs\u00e4ure gef\u00e4llt. Die Filtration ging in allen sehr rasch; alle 3 Filtrate waren wasserhell, und es wurden von jeder Probe 30 ccm Filtrat eingetrocknet und wie oben angegeben behandelt. Die Menge der Albumosen (nat\u00fcrlich nach Abzug des NaCi) war in 30 ccm Filtrat.\nin Probe 1 = 0,126 g\t\\\n. . \u00bb 2 \u2014 0,068 \u00bb\tv .\n-\t\u2019\t* 3 = 0,009 \u00bb\n7\t\u00e0","page":317},{"file":"p0318.txt","language":"de","ocr_de":"318\tOlof Hammarsten,\nDie Proteolyse war also bei Gegenwart von freier Salzs\u00e4ure fast doppelt so stark wie bei Abwesenheit von solcher.\nZwei andere, nach demselben Prinzipe ausgef\u00fchrten Versuche mit einem Gehalte von bezw. 0,036 und 0,090\u00b0/o freier HCl f\u00fchrten zu \u00e4hnlichen Resultaten. Die Proteolyse war immer st\u00e4rker in der Probe, welche freie S\u00e4ure enthielt. Da die Enzymwirkung in jedem dieser Versuche in demselben Milieu, nur bei verschiedener Reaktion, stattfand, ist es unm\u00f6glich, die durch Alkalieinwirkung stark herabgesetzte oder fast aufgehobene Pepsin Wirkung der Enzyml\u00f6sungen durch die Annahme einer in ihnen vorhandenen, nur bei saurer Reaktion hemmend wirkenden Substanz zu erkl\u00e4ren.\nIn diesem Zusammenh\u00e4nge will ich bemerken, da\u00df \u00e4hnliche Versuche mit den in dem n\u00e4chstvorigen Aufsatze1) erw\u00e4hnten, nach der Salzmethode erhaltenen Enzymfraktionen B, die ebenfalls stark milchkoagulierend aber nur sehr schwach peptisch wirkten, gezeigt haben, da\u00df \u00abauch in diesen L\u00f6sungen die schwache Pepsinwirkung nicht durch die Annahme einer bei Anwesenheit von freier S\u00e4ure hemmend wirkenden Substanz erkl\u00e4rt werden kann.\nZur Erkl\u00e4rung der durch Alkalieinwirkung stark herabgesetzten Pepsinverdauung bei erhaltener, starker Chymosinwirkung bleibt wohl also nach dem Obigen nur die Annahme \u00fcbrig, da\u00df das Alkali st\u00e4rker sch\u00e4digend auf die Pepsin- als auf die Chymosin Wirkung eingewirkt hat. Diese Erkl\u00e4rung l\u00e4\u00dft sich allerdings nicht mit der unitarischen Ansicht von der Identit\u00e4t des Pepsins und Chymosins vereinbaren; da man aber die nach verschiedenen Methoden bewirkte Aufhebung der Parallelit\u00e4t zwischen den beiden Enzymwirkungen nie nach der unitarischen Anschauungsweise hat erkl\u00e4ren k\u00f6nnen, zeigt dies nach meiner Ansicht nur, da\u00df die unitarische Hypothese ganz unhaltbar ist.\nDies gilt nat\u00fcrlich zun\u00e4chst nur f\u00fcr die Enzyme des Kalbsmagens. Bei den K\u00e4lbern ist man aber gen\u00f6tigt, zwischen zwei nicht identischen Enzymwirkungen, der Chymosin- und der\n') Diese Zeitschrift, Bd. 94.","page":318},{"file":"p0319.txt","language":"de","ocr_de":"Studien \u00fcber Chymosin- und Pepsinwirkung. Hl. 319\nPepsin Wirkung, bestimmt zu unterscheiden. Wenn man nun hier zwei verschiedene Enzyme, Pepsin und Chymosin, oder ein Riesenmolek\u00fcl mit Seitenketten von ungleicher Enzymwirkung annehmen will, scheint mir ziemlich gleichg\u00fcltig zu sein. Die gr\u00f6\u00dfere Leichtigkeit, mit welcher die Chymosinwirkung durch S\u00e4ure und die Pepsin Wirkung umgekehrt durch Alkali vernichtet werden kann, l\u00e4\u00dft sich nat\u00fcrlich ebenso gut nach der einen wie nach der anderen dieser Annahmen erkl\u00e4ren. Die M\u00f6glichkeit aber, durch Dialyse nach Kakoczy, durch F\u00e4llung mit Casein oder durch die Salzmethode verschiedene Fraktionen darzustellen, von denen die eine st\u00e4rkere Pepsin-, die andere dagegen st\u00e4rkere Chymosinwirkung zeigt, ist nat\u00fcrlich viel leichter durch die Annahme von zwei verschiedenen Enzymen als durch die Annahme eines Riesenmolek\u00fcles mit Seitenkelten zu erkl\u00e4ren. W enn ich unter solchen Umst\u00e4nden die einfachere Erkl\u00e4rung w\u00e4hle und von zwei verschiedenen Enzymen spreche, d\u00fcrfte dies wohl bis auf weiteres erlaubt sein, denn hierin liegt nicht das wesentliche. Das wichtigste ist, die Bedingungen, unter welchen die eine oder andere Wirkung zur Geltung kommt, und die Unterschiede, welche zwischen beiden bestehen, zu erforschen.\nEin solcher Unterschied ist das ungleiche Verhalten beider Enzyme zu in der Hitze denaturiertem Eiwei\u00df, wie gekochtem H\u00fchnereiwei\u00df oder Fibrin, ln meinen fr\u00fcheren Aufs\u00e4tzen und auch bei der Besprechung meiner Versuche \u00fcber die Alkalieinwirkung auf die zwei Enzyme habe ich wiederholt von Enzyml\u00f6sungen berichtet, welche kr\u00e4ftig milchkoagulierend wirkten, w\u00e4hrend sie bei der Mett sehen Probe ganz und bei der Karminfibrinprobe (mit ungekochtem Fibrin) fast unwirksam waren.\nDies spricht nun entschieden daf\u00fcr, da\u00df Pepsin und Chymosin in saurer L\u00f6sung gegen geronnenes Eiwei\u00df verschieden sich verhalten, und weitere Beweise hierf\u00fcr kann man leicht mit Enzyml\u00f6sungen, in welchen die Parallelit\u00e4t durch Alkalieinwirkung aufgehoben worden ist, liefern. Da man durch Alkalibehandlung L\u00f6sungen, welche bei \u00e4u\u00dferst schwacher Pepsinwirkung die Milch bei K\u00f6rperw\u00e4rme in weniger als 1 Minute und bei 29 und 30\u00b0 C. in l1;*\u20145 Minuten koagulieren","page":319},{"file":"p0320.txt","language":"de","ocr_de":"**20\tOlof Hammarsten,\nund demnach unbedingt als chymosinreich angesehen werden m\u00fcssen; erhalten kann, eignen sich n\u00e4mlich solche L\u00f6sungen sehr gut, um diesen Unterschied zwischen Chymosin* und1 Pepsinwirkung zu demonstrieren.\nEs ist hierbei am besten, solche L\u00f6sungen mit einander zu vergleichen, welche entweder gleich kr\u00e4ftig Milch koagu* lieren, oder in welchen die pepsinreichere Probe etwas weniger kr\u00e4ftig labend als die andere wirkt. Zu dem Ende mu\u00df man die von Anfang an etwas chymosinreichere Kontrollprobe K entsprechend verd\u00fcnnen, und als Verd\u00fcnnungsfl\u00fcssigkeit benutzt man am besten ein durch Erhitzen enzymfrei gemachtes Gemenge von den beiden sauren (0,1 \u00b0/o HCl) L\u00f6sungen K und \u00c2. Ich erlaube mir, ein paar solche Beispiele anzuf\u00fchren.\nIn dem einen Falle, in welchem die Enzyml\u00f6sung 0,014 \u00b0/o feste Stoffe enthielt und die Alkalienwirkung 1V* Minute \u00abgedauert hatte, wirkten die beiden sauren L\u00f6sungen (0,1 \u00b0/o HCl) nach der Verd\u00fcnnung von K fast gleich stark auf Milch bei 20 und 28\u00b0 C., n\u00e4mlich bei 20\u00b0 C. A in 6 und K in gegen 7 Minuten und bei 28\u00b0 C. A in etwa 75 und K in etwa 76 Sekunden. Beide L\u00f6sungen zeigten also kr\u00e4ftige Chymosinwirkung. Es wurden nun beide Proben mit hartgekochtem Eiwei\u00df in Scheibchen mit scharfen R\u00e4ndern beschickt und bei etwa 36\u00b0 C. stehen gelassen. In K war nach 2 Stunden eine beginnende Verdauung sicher zu sehen, und im Laufe von 6\u20147 Stunden war das Eiwei\u00df v\u00f6llig verdaut. In A dagegen war nach 48 Stunden das Eiwei\u00df zwar, wie nach S\u00e4ureeinwirkung allein, etwas weniger undurchsichtig geworden, die Scheibchen hatten aber fortw\u00e4hrend scharfe R\u00e4nder, und eine merkbare Verdauung hatte noch nicht stattgefunden. Gekochtes Fibrin, welches verh\u00e4ltnism\u00e4\u00dfig rasch von K verdaut wurde, war ebenfalls von A nach 48 Stunden anscheinend nicht st\u00e4rker als von S\u00e4ure allein angegriffen worden.\nIn einem anderen F\u00e4lle mit einer Enzyml\u00f6sung, welche 0,01f)\u00b0/o feste Stoffe enthielt und w\u00e4hrend l1/\u00ab Minuten der Alkalienwirkuhg ausgesetzt gewesen war, wirkte die L\u00f6sung K (nach der Verd\u00fcnnung) etwas schw\u00e4cher milchkoagulierend als die L\u00f6sung A. Die Relationen zwischen den Chymosin-","page":320},{"file":"p0321.txt","language":"de","ocr_de":"Studien \u00fcber Chymosin- und Pepsinwirkung. 111.\t321\nmengen in A und K waren bei 26\u00b0, 30\u00b0 und 34\u00b0 C.; A:K = 1,22:1 ; 1,25:1 und 1,7:1. Bei der letztgenannten Teip-peratur wirkte A in 70 und K in 120 Sekunden. Bei Anwendung von gekochtem Karminfibrin bei K\u00f6rpertemperatur way in der chymosin\u00e4rmeren, pepsinhaltigen Probe K die beginnende Verdauung nach 5 Minuten merkbar und nach 7 Minuten recht deutlich und sicher. Nach Verlauf von 1 Stunde war die Hauptmasse und nach 2 Stunden war alles gel\u00f6st. Nun wurde in dieser Probe ein Zylinder aus gekochtem Eiwei\u00df eingelegt. Nach 2 Stunden war eine beginnende Verdauung sicher zu sehen, und im Laufe der Nacht war das Eiwei\u00df vollst\u00e4ndig gel\u00f6st worden. Nach 48 Stunden hatte dagegen das Fibrin in A ganz dasselbe Aussehen wie in einer Kontroll-probe mit S\u00e4ure allein, und eine sichtbare Verdauung hatte also nicht stattgefunden. Auf gekochtes H\u00fchnereiw\u00f6i\u00df war die L\u00f6sung A in derselben Zeit ohne Wirkung.\nSaure Enzyml\u00f6sungen, die im Laufe von 48 Stunden bei K\u00f6rpertemperatur gekochtes Fibrin nicht merkbar verdauen, k\u00f6nnen wohl als praktisch pepsinfrei angesehen werden, wenn sie auch nicht ganz ohne Wirkung auf ungekochtes Fibrin sind, eine r Wirkung, die jedoch wenigstens zum Teil von der Verunreinigung des ungekochten Fibrins mit Enzymen kompliziert wird. Da nun solche Enzyml\u00f6sungen trotzdem sehr kr\u00e4ftig milchkoagulierend wirken und demnach reich an Chymosin sind, durften wohl solche Versuche wie die zuletzt besprochenen zeigen, nicht nur, da\u00df Pepsin und Chymosin nicht identische Enzyme sein k\u00f6nnen, sondern auch, da\u00df das Ghyr\u00e7osin zum Unterschied von dem Pepsin in saurer L\u00f6sung gekochtes Fibrin oder H\u00fchnereiwei\u00df nicht verdaut. Lehrreich in dieser Hinsicht ist auch der oben (S. 313) angef\u00fchrte Versuch 6, in welchem die L\u00f6sung A auf gekochtes Fibrin in 48 Stunden unwirksam war, w\u00e4hrend die L\u00f6sung K noch in der Verd\u00fcnnung \u00bbAoo das Fibrin verdaute. Die Chymosinwirkung in K war aber in diesem Falle nur etwa doppelt so stark wie in A.\nEin anderer Unterschied zwischen Pepsin und Chymosin ist die zuerst von mir beobachtete und. dann von vielen anderen konstatierte gr\u00f6\u00dfere Empfindlichkeit des Chymosins als des","page":321},{"file":"p0322.txt","language":"de","ocr_de":"322\tOlo.f Hammarsten.\nPepsins gegen die Einwirkung von verd\u00fcnnter Salzs\u00e4ure bei etwa'40\u00b0 C. oder einer etwas h\u00f6heren Temperatur.\nEin weiterer Unterschied ist das entgegengesetzte Verhalten der beiden Enzyme zu sehr verd\u00fcnntem Alkali bei Zimmertemperatur, indem, wie oben gezeigt worden ist, das Pepsin viel weniger resistent gegen Alkalieinwirkung als das Chymosin ist.\nEin besonders wichtiger Unterschied liegt auch in der Bedeutung einer verschiedenen Reaktion f\u00fcr die proteolytische Wirkung beider Enzyme.\nEs haben bekanntlich mehrere Forscher die Annahme gemacht, da\u00df das Chymosin, wie das Pepsin, ein proteolytisches Enzym sei. So lange man aber mit Enzyml\u00f6sungen, die auch Pepsin enthielten, gearbeitet hat, .konnte eine solche Annahme nur in indirekter Weise wahrscheinlich gemacht werden. Direkt und in exakter Weise kann man sie nat\u00fcrlich nur durch Versuche mit pepsinfreien Enzyml\u00f6sungen pr\u00fcfen. Wenn man nun auch absolut pepsinfreie Chymosinl\u00f6sungen noch nicht dargestellt hat, so kann man indessen sowohl nach der Kochsalzmethode wie durch die oben beschriebene Alkalibehandlung Enzyml\u00f6sungen darstellen, die in mehreren F\u00e4llen so arm an Pepsin sind, da\u00df sie praktisch als pepsinfrei zu betrachten sind. Wenn man nun mit solchen Enzyml\u00f6sungen und L\u00f6sungen von reinem Casein arbeitet, kann man zeigen, da\u00df das Chymosin sowohl bei Abwesenheit wie bei Gegenwart von freier S\u00e4ure proteolytisch wirken kann, und zwar \u2014 wenigstens bis zu einem gewissen Grade \u2014 besser in einem sauren Medium.\nWenn man mit sauren Caseinl\u00f6sungen arbeitet, kann man ferner ohne Schwierigkeit zeigen, da\u00df das Optimum des S\u00e4uregrades f\u00fcr die beiden Enzyme ein verschiedenes ist. Pr\u00fcft man solche Caseinl\u00f6sungen (mit steigendem S\u00e4uregehalt in den verschiedenen Proben) mit zwei Enzyml\u00f6sungen, von denen die eine relativ reich an Chymosin und die andere an Pepsin ist, so wird man finden, da\u00df bei den niedrigsten S\u00e4uregraden die chymosinreichere L\u00f6sung kr\u00e4ftiger als die pepsinreichere wirkt. Bei etwas h\u00f6herem S\u00e4uregrade wirken beide ungef\u00e4hr gleich kr\u00e4ftig und bei noch h\u00f6herem S\u00e4uregrade wirkt die pepsinreichere L\u00f6sung viel kr\u00e4ftiger als die chymosinreichere.","page":322},{"file":"p0323.txt","language":"de","ocr_de":"Studien \u00fcber Chymosin-und Pepsinwirkung. HI. 323-\nIch kann hier nicht des n\u00e4heren auf diese Caseinver-suche eingehen, denn sie m\u00fcssen Gegenst\u00e4nd eines besonderen Aufsatzes werden. Ich habe das Hauptresultat derselben nur \u2018 deshalb hier angef\u00fchrt, weil diese Versuche einen weiteren Unterschied zwischen den beiden Enzymen anzeigen.\nBesonders wichtig ist ferner die Frage, inwieweit auch ein Unterschied in der Wirkung beider Enzyme bei neutraler Reaktion besteht. In dieser Hinsicht ist man seit lange allgemein der Ansicht gewesen, da\u00df zwar das Chymosin, nicht aber das Pepsin bei neutraler Reaktion milehkoagulierend wirkt. L In neuerer Zeit hat aber Rakoczy* 1) behauptet, da\u00df die vom k\u00fcnstlichen oder nat\u00fcrlichen Kalbsmagensaft bewirkte Milch- \\ koagulation als eine komplizierte Erscheinung, als die Summe der Wirkungen der beiden Enzyme \u2014 des Pepsins und des Chymosins \u2014 anzusehen ist, und da\u00df also beide Enzyme bei neutraler Reaktion milehkoagulierend wirken sollen.\nEs ist offenbar, da\u00df man diese Behauptung*, wie \u00fcberhaupt die Frage von der Wirkung des Pepsins sowohl auf Milch wie auf Caseinl\u00f6sungen, nur durch Versuche mit chymosinfreien oder m\u00f6glichst chymosinarmen Pepsinl\u00f6sungen in exakter Weise pr\u00fcfen kann, und man mu\u00df deshalb mit einem Urteil \u00fcber diese Angabe Rakoczys warten, bis neue solche Untersuchungen vorliegen. Die gew\u00f6hnliche Ansicht basiert n\u00e4mlich wesentlich auf Versuchen mit Infusionen, in welchen das Chymosin durch andauerndes Erhitzen der sauren Infusion bei etwa 40\u00b0 C. vollst\u00e4ndig oder fast vollst\u00e4ndig vernichtet worden war, w\u00e4hrend die Pepsinwirkung erhalten blieb ; aber diese Methode hat man als nicht zuverl\u00e4ssig bezeichnet. Unter solchen Umst\u00e4nden mu\u00df es eine wichtige Aufgabe der Forschung sein, diese Methode weiter zu pr\u00fcfen, zu verbessern \u00f6der, wenn n\u00f6tig, durch ein anderes, mehr zuverl\u00e4ssiges Verfahren zu ersetzen, Auf diese Aufgabe habe ich auch in erster Linie meine fortgesetzte Arbeit eingerichtet.\n*) Diese Zeitschrift, Bd. 68, S. 421.\nI\t_i:__ v__ ___\nHoppe-Scyler\u2019s Zeitschrift f. physiol. Chemie. XCIV.\t\u2022' 2S","page":323}],"identifier":"lit20572","issued":"1915","language":"de","pages":"291-323","startpages":"291","title":"Studien \u00fcber Chymosin- und Pepsinwirkung, III. Mitteilung: \u00dcber die verschiedene Empfindlichkeit des Pepsins und des Chymosins gegen Alkali","type":"Journal Article","volume":"94"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T14:41:03.444168+00:00"}