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{"created":"2022-01-31T14:10:49.534498+00:00","id":"lit16409","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie","contributors":[{"name":"von Mering","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie 5: 185-197","fulltext":[{"file":"p0185.txt","language":"de","ocr_de":"Uebtr den Einfluss disstaUscker Ferments auf Stfek\u00bb, Dextrin\nund Manese.\nVon Dr. tob Hering,\nDocent an der Universit\u00e4t Strassburg.\n(Atu dem physiologischen Initltnt en StnuMborg).\n(Der Bedaktion \u00fcbergeben am 33. Februar 1881). *\nDie Lehre, dass bei der Einwirkung von Diast\u00e4s auf Amylum ausser Dextrin nur Maltose entsteht, war in allgemeiner Geltung, bis Musculus und Gruber1) vor Kurzem angaben, dass aus St\u00e4rke in Gegenwart von Malzferment neben Dextrin und Maltose auch Traubenzucker entsteht.\nDie Richtigkeit dieser Angabe wird von Vielen, so Auch von Brown und Heron bezweifelt. Letztere Autoren behaupten,*) dass auch durch eine anhaltende Einwirkung von Malzextrakt auf St\u00e4rke keine Dextrose gebildet wird, und erkl\u00e4ren die enl gegengesetzte Ansicht als eine irrige. Allein die Versuche Jener sind wenig beweiskr\u00e4ftig, weil eine nur geringe Menge von St\u00e4rke verarbeitet und ier Traubenzucker nicht zu isoliren versucht worden ist.\u2014 Ich habe nun, da die Angaben von Musculus und Gruber sich mit den anderen widersprechen, mehrere einschl\u00e4gige Versuche angestellt:\nVersuch I.\n20\u00d4 gr. gut ausgewaschene Kartoffelst\u00e4rke wurden verkleistert, mit 3 gr. Diastas 4 Stunden lang bei 60\u201470* erw\u00e4rmt, und dann 20 Stunden im Laboratorium bei gew\u00f6hn-licher Temperatur stehen gelassen. Nun wurde das Reduc-\n*) Diese Zeitschrift, Bd. II.\n0 Liebig's Annalen, Bd. 199.","page":185},{"file":"p0186.txt","language":"de","ocr_de":"186\ntionsverm\u00f6gen bestimmt; es betrug 52 * *). Hierauf wurde die Fl\u00fcssigkeit auf dem Wasserbade zur Syrupconsistenz eingedampft und mit Alkohol versetzt. Durch fractionirte F\u00e4llung der alkoholischen L\u00f6sung vermittelst Aether gelang es 3, 2 gr. Traubenzucker in krystallinischem Zustande abzuscheiden.8) Die genaue Untersuchung der Krystalle ergab Folgendes:\nEine frisch bereitete w\u00e4sserige L\u00f6sung zeigte die Erscheinung der Birotation. Von der \u00fcber Schwefels\u00e4ure getrockneten Substanz wurden bestimmte Mengen abgewogen, in Wasser gel\u00f6st', polarisirt und titrirt. Hierbei zeigte sich zwischen Polarisation und Reduction eine genaue Ueberein-stimmung. Ferner wurde die w\u00e4sserige L\u00f6sung durch Bar-foed\u2019sches Reagens schnell reducirt.\nErw\u00e4rmt man St\u00e4rkekleister mit einer betr\u00e4chtlichen Portion von Diastas stundenlang bei 60\u201470\u00b0, so erh\u00e4lt man im Mittel ein Reductionsverm\u00f6gen von etwa 50. L\u00e4sst man nun Diastas l\u00e4ngere Zeit unter Zusatz von 20\u00b0/0 Alkohol (um die F\u00e4ulniss zu vermeiden) auf die verzuckerte L\u00f6sung einwirken, so nimmt, wie Mus eu lus und ich gezeigt haben, das Reductionsverm\u00f6gen betr\u00e4chtlich zu. So erhielten wir z. B. aus St\u00e4rke mit Diastas in 24 Stunden ein Reductionsverm\u00f6gen von 51, in vierzehn Tagen von 57 und nach siebenzig Tagen von 65.\nEs schien mir nun von Interesse festzustellen, ob mit der Zunahme des Reductionsverm\u00f6gens die Menge des gebildeten Traubenzuckers Hand in Hand ginge.\nVersuch II.\nZu diesem Behufe wurden 100 gr. St\u00e4rke verkleistert, mit Diastas acht-Stunden lang bei 60\u201470\u00b0 erw\u00e4rmt und auf\n*) Das Reductionsverm\u00f6gen des Traubenzuckers (C* Hu O\u00ab -|- H*0) bezeichnen wir mit 100, ein R. V. von 50 bedeutet demnach eine Sub-stani, (L\u00f6sung) welche se viel reducirt, als enthielte sie 50*/\u00ab Trauben* zucker.\n*) Das Verfahren, welches ich zur Darstellung der Maltose, resp. Dextrose einschlug, war stets dasjenige, welches Musculus und ich fr\u00fcher benutzt haben und welches darin besteht, dass man den ver-\nt","page":186},{"file":"p0187.txt","language":"de","ocr_de":"187\nZusatz von 20% Alkohol dreissig Tage lang stehen gelassen* Das Reductionsverm\u00f6gen betrug jetzt 02 und gelang es mir nun 5 gr. Traubenzucker abzuscheiden. Ausserdem wurde ein Dextrin erhallen, welches ein spec. Drehungsverm\u00f6gen von 154 Und ein Reductionsverm\u00f6gen von 26/zeigte. Die Zunahme des Reductionsverm\u00f6gens \u00fcber 50 r\u00fchrt demnach einerseits von einer Mehrbildung von Traubenzucker, anderer-seits von einem Dextrin her, welches mehr reducirt als dasjenige, welches man bekommt, wenn St\u00e4rke vermittelst Diastas nur ein Reductionsverm\u00f6gen von 50 aufweist.\t\u2022\nDie Angabe von Musculus, dass bei der Einwirkung von Diastas auf St\u00e4rke ausser Maltose auch Traubenzucker auftreten kann ist demnach, trotz gegenteiliger Behauptung zweifellos richtig.\nIch suchte nun die Frage zu entscheiden, ob der bei ; der Einwirkung von Diastas aus St\u00e4rke entstehende Traubenzucker sofort bei der Zersetzung des Amylums neben Dextrin und Maltose auftritt oder ob er ein secund\u00e4res Product sei, d. h. erst durch Spaltung von Maltose entsteht.\nZu diesem Zweck stellte ich folgenden Versuch an:\nVersuch III.\n200 gr. St\u00e4rke wurden verkleistert und mit Diastas bei 60\u201470\u00b0 10 Minuten lang erw\u00e4rmt, bis das Reduj\u00e7tions-verm\u00f6gen 25 betrug.\nDie Fl\u00fcssigkeit wurde nun eingedampft, mit Alkohol aufgenommen und mit Aether fractionirt gef\u00e4llt. Die \u00e4thetisch-alkoholische L\u00f6sung wurde schliesslich abdestillirt und enthielt der R\u00fcckstand nach Polarisation und Reduction ungef\u00e4hr 2 gr. Maltose, (welche bald krystallisirte), aber keine Glucose..\nHieraus geht demnach hervor, dass aus St\u00e4rke, \u2014 wenn durch Diastas der Reduction nach der vierte Theil Zucker geworden ist \u2014 nur Maltose und kein Traubenzucker gebildet wird.\n----------- \u25a0\tV :\nzuckerten St\u00e4rkekleister zum Syrup eindampft, mit Alkohol aufnimmt, mit Aether fractionirt f\u00e4llt und die einzelnen Niederschlige, sowie zuletzt die \u00e4therisch-alkoholische L\u00f6sung n\u00e4her pr\u00fcft.","page":187},{"file":"p0188.txt","language":"de","ocr_de":"Es ist somit sehr wahrscheinlich, dass der bei Verzuckerung des Amylums entstehende Traubenzucker nicht direct bei Zersetzung der St\u00e4rke, sondern erst durch Umwandlung von Maltose entsteht.\nEs findet sich in der Literatur die Angabe, dass Diastas keinen Einfluss auf Maltose aus\u00fcbe. Diese Angabe ist richtig, wenn die Fermentwirkung nicht sehr lange dauert. Dies zeigt unter Anderem folgender Versuch.\nVersuch \u00cfV.\nEine L\u00f6sung von Maltose, welchW 30 drehte, und von der 8 Cc. 20 Fehling entf\u00e4rbten, wurde durch Zusatz von 0,1 gr. Diastas und zweist\u00fcndiges Erw\u00e4rmen bei 60\u00b0 nicht ver\u00e4ndert.\nDass aber eine anhaltende Einwirkung von Diastas Maltose ver\u00e4ndert, d. h. in Traubenzucker umwandelt, zeigen folgende Versuche:\nVersuch V.\n100 Cc. Maltosel\u00f6sung wurden mit 0,33 gr. Diastas1) 24 Stunden stehen gelassen. Die Polarisation betrug (nach Correctur f\u00fcr Diastas) + 7,7 und entf\u00e4rbten 13 Cc. L\u00f6sung\n20 Fehling.\tv\nDann stellte ich zur Controlle eine L\u00f6sung von reiner\nMaltose dar, dieselbe drehte + 7,7 und entf\u00e4rbten 16 Cc. dieser L\u00f6sung 20 Fehling.\nVersuch VI.\n100 Cc. einer Maltosel\u00f6sung, welche + 28 drehte und von der 4,4 Cc. 20 Fehling entf\u00e4rbten, wurden mit 0,33 gr. Diastas 48 Stunden lang stehen gelassen.\nDie Drehung betrug nun (nach Correctur f\u00fcr Diastas) + 24 und wurden 20 Fehling durch 4 Cc. L\u00f6sung entf\u00e4rbt.\nDiese beiden Versuche beweisen demnach, dass eine l\u00e4ngere Einwirkung von Diastas Maltose zu ver\u00e4ndern im Stande ist.\n~) 1 gr. Diastas drehte in 100 Cc. Wasser gel\u00f6st + 2. S\u00e4mmt-liehe polarimetrischen Bestimmungen sind mit dem grossen Soleil-Ventzke-Scbeibler\u2019schen Apparate und zwar stets in 200 mm. langer R\u00f6hre gemacht worden.","page":188},{"file":"p0189.txt","language":"de","ocr_de":"189\nMan k\u00f6nnte nun hiergegen den Einwurf erheben, dass die Ver\u00e4nderung der Maltose nicht durch Ferment Wirkung, sondern durch F\u00e4ulniss bedingt sei. Um diesem Einwurf zuvorzukommen, habe ich Maltose l\u00e4ngere Zeit faulen lassen und mich \u00fcberzeugt, dass hierbei sich nur Maltose und kein Traubenzucker nachweisen. l\u00e4sst.\nVersuch VII.\n4 gr. Maltose wurden in 100 Cc. Wasser gel\u00f6st und drei Wochen im Laboratorium stehen gelassen.\nDie L\u00f6sung reagirte jetzt stark sauer; drehte 4- \u00dc und wurden 20 Fehling durch 11,4 L\u00f6sung entf\u00e4rbt. Sowohl nach der Reduction als auch nach der Polarisation enthielt die L\u00f6sung 1,5 gr. Maltose.\nDiesen Versuch habe ich wiederholt \u2022 mit demselben Resultate angestellt. Derselbe beweist, dass sich unter den F\u00e4ulnissproducten der Maltose kein Traubenzucker nach-\u201cweisen l\u00e4sst, gestattet aber desshalb noch keineswegs den Schluss, dass sich bei der F\u00e4ulniss von Maltose \u00fcberhaupt kein Traubenzucker bildet. Es erscheint mir vielmehr wahrscheinlich, dass Maltose bei der F\u00e4ulniss sich zuerst in Traubenzucker spaltet, dass aber die jeweil gebildete Menge desselben sofort weiter zersetzt wird und deshalb Traubenzucker nicht nachgewiesen werden kann.\nIch suchte nun zu ermitteln, ob bei der G\u00e4hrung der Maltose Traubenzucker sich auffinden l\u00e4sst. Zu diesem Zwecke, stellte ich folgenden Versuch an.\nVersuch VIII.\n100 Cc. einer Maltosel\u00f6sung, welche + 51 drehte, wurde mit Hefe versetzt und nach 24 Stunden Reduction und Polarisation bestimmt.\nDrehung = + 24,6 = 3,3 gr. Maltose; 20 Fehling == 5,2 L\u00f6sung = 3,2 gr. Maltose.\nMithin enth\u00e4lt die L\u00f6sung nur Maltose und koinen Traubenzucker. Obgleich sich bei der Verg\u00e4hr\u00fcng von Maltose \u00e4hnlich wie bei der F\u00e4ulniss keine Dextrose nachweisen l\u00e4sst, halte ich es doch f\u00fcr m\u00f6glich, dass Maltose durch Hefe zuerst","page":189},{"file":"p0190.txt","language":"de","ocr_de":"190\nin Traubenzucker gespalten und dieser dann sofort in Kohlens\u00e4ure und Alkohol verwandelt wird und so die Glucose dem Nachweise entgeht.\nUeber den Einfluss von Hefewasser und Emulsin auf Maltose.\nMehrere Versuche, in denen ich Hefewasser, sowie Emulsin auf Maltose einwirken liess, zeigten dass beide Fermente ohne Einfluss auf diese Zuckerart sind.\nVersuch IX.\nEine L\u00f6sung von Maltose, welche + 24 drehte, wurde mit dem gleichen Volumen Hefewasser versetzt. Nach 20 stunden war die Ablenkung im Polarimeter unver\u00e4ndert. Diese geringe Abweichung in der Polarisation liegt innerhalb der gew\u00f6hnlichen Fehlerquellen der Methode. \u2014 Dass das angewandte Hefewasser wirksames Ferment enthielt, geht daraus hervor, dass eine Rohrzuckerl\u00f6sung, welche + 12 drehte, nach Zusatz von gleichem Volumen Hefewasser nach 10 Stunden \u2014 2 drehte.\nVersuch X.\nEine L\u00f6sung von Maltose welche + 40 drehte, wurde auf Zusatz von 0,3 gr. frisch gef\u00e4lltem Emulsin in 24 Stunden 1 nicht ver\u00e4ndert.\nUeber die Wirkung von Speichel auf Maltose.\nMu seul us und ich haben vor zwei Jahren den Nachweis geliefert, dass aus Amylum durch Speichel neben Dextrin und Maltose geringe Mengen von Traubenzucker gebildet werden und hat diese Angabe k\u00fcrzlich durch K\u00fclz1) ihre Best\u00e4tigung erfahren. Es schien mir nun nicht uninteressant den Einfluss des Speichels auf Maltose zu pr\u00fcfen.\nVersuch XI.\n20 Cc. einer Maltosel\u00f6sung, welche *+\u25a0 40 drehte, wurde mit 20 Cc. filtrirten Mundspeichel zwei Stunden lang bei 30\u201440* erw\u00e4rmt, ohne dass sich ein Unterschied bez\u00fcglich\n') K\u00fclz, Pfl\u00fcger\u2019s Archiv Bd. XXIV, S. 84, 1881.","page":190},{"file":"p0191.txt","language":"de","ocr_de":"191\n\nder Polarisation und Reduction ergab. Dies beweist, dass Speichel in kurzer Zeit Maltose nicht zu ver\u00e4ndern vermag.\nVersuch XII.\n20 Gc. Maltosel\u00f6sung, welche + 36 drehte, wurde mit 40 Gc. filtrirtem Mundspeichel 20 Stunden lang im Labora-torium stehen gelassen, die Polarisation betrug nun + 10,3 = + 31,9 Theilstriche. Mithin ist die Drehung von 36 auf 31,9 Theilstriche heruntergegangen. Ehe ich den Mundspeichel zusetzte, habe ich mich \u00fcberzeugt, dass derselbe optisch inactiv war.\nVersuch XIII.\nEine Maltosel\u00f6sung, welche + 26 drehte, zeigte nach 8st\u00fcndigem Digeriren mit Speichel bei 30\u201440\u00b0 eine Ablenkung von -f 22,5 und wurden jetzt 20 Fehling durch 4,5 L\u00f6sung anstatt durch 4,8 L\u00f6sung entf\u00e4rbt. Bei Umwandlung der Maltose in Traubenzucker nimmt die Drehung (er. g/a ab), die Reduction dagegen nur lls zu, wodurch sich die Differenz in der Abnahme der Drehung und Zunahme der Reduction erkl\u00e4rt.\nVersuch XIV.\n20 Cc. einer L\u00f6sung von Maltose, die + 31 drehte und von welcher 4 Cc. 20 Fehling entf\u00e4rbten, wird mit .20 Cc. Speichel und 0,2 gr. isolirtem Speichelferment 12 Stunden lang bei 30\u2014 40\u00b0 erw\u00e4rmt. Die L\u00f6sung wird, da sie tr\u00fcbe ist und sich deshalb nicht polarisiren l\u00e4sst, durch Thierkohle entf\u00e4rbt. Die L\u00f6sung dreht nun + 10,3 und werden 20 Fehling durch 8,2 L\u00f6sung reducirt. Nach der Polarisation hatten wir demnach l,4\u00b0/o Maltose und nach der Reduction 2\u00b0/o Maltose mithin handelt es sich um ein Gemenge von Maltose und Traubenzucker.\nDiese drei Versuche zeigen demnach, dass eine anhaltende Einwirkung von Speichel Maltose zu ver\u00e4ndern im Stande ist.\nUeber die Wirkung von Pancreasferment auf\nMaltose. ,\t^ _\nM u s c u 1 u s und ich erhielten aus St\u00e4rke durch Pancreas-","page":191},{"file":"p0192.txt","language":"de","ocr_de":"m\nsaft neben Dextrin und Maltose Traubenzucker. Letztere Zuckerart tritt hierbei in gr\u00f6sserer Menge auf, als dies bei der Einwirkung von Diastas oder Speichel auf St\u00e4rkemehl der Fall ist. Es liess sich daher vermuthen, dass Pancreas-ferment eine energischere Wirkung auf Maltose entfalte, als dies Ptyalin und Malzferment verm\u00f6gen. Folgender Versuch best\u00e4tigt diese Vermuthung.\nVersuch XV.\n12 gr. Maltose wurden in 200 Gc. Wasser gel\u00f6st und mit einem w\u00e4sserigen (Hunde) Pancreasinfus 10 Stunden lang bei 30\u201440\u00b0 digerirt und Hessen sich jetzt nach der oben ei w\u00e4hnten Methode 1,8 gr. Traubenzucker isoliren.\nDieser Versuch beweist, dass Pancreasferment Maltose in Traubenzucker umzu wandeln vermag, und steht im Einklang mit einem Versuche von Brown und Heron, welcher zeigte,dass durch Pancreas das Drehungsverm\u00f6gen einer Maltosel\u00f6sung betr\u00e4chtlich ab und das Reductionsverm\u00f6gen merklich zuniimnt.\n\u00fceber den Einfluss diastatischer Fermente\nauf Dextrin.\nEs ist eine bekannte, durch Musculus zuerst festgestellte Thatsache, dass bei der Einwirkung von Diabas auf Amylum zwei verschiedene Dextrine entstehen k\u00f6nnen, von denen das eine durch Malzferment ver\u00e4ndert wird, das andere dagegen nicht. L\u00e4sst man z. B. Diastas auf Amylum so lange wirken, bis das Reductionsverm\u00f6gen so gross ist, als wenn der vierte Theil der angewandten St\u00e4rke Zucker geworden sei, so erh\u00e4lt man nach Verg\u00e4hrung mit Hefe ein Dextrin, dessen Drehungs verm\u00f6gen ann\u00e4hernd 210\u00b0 betr\u00e4gt und dessen Reductionsverm\u00f6gen 12\u201413 betr\u00e4gt und welches wir mit Dextrin \u00ae bezeichnen wollen. L\u00e4sst/ man nun auf dieses Dextrin Diastas oder Speichel einwirken, so nimmt sehr bald das Drehungsverm\u00f6gen ab und das Reductionsverm\u00f6gen zu. Auf Zusatz von Hefe beobachtet man nun deutliche G\u00e4hrung. Es kann demnach keinem Zweifel unterliegen, dass sich aus Dextrin * durch diastatisches Ferment Zucker gebildet hat; eine andere Frage dagegen ist es, ob der entstandene","page":192},{"file":"p0193.txt","language":"de","ocr_de":"193\nZucker Maltose oder Dextrose ist. Um diese Frage zu entscheiden, stellte ich folgenden Versuch an:\nVersuch XVL\n30 gr. Dextrin \u00ab wurde drei Stunden lang bei 60\u00b0 erw\u00e4rmt. Das Drehungsverm\u00f6gen hatte jetzt wesentlich (fast 25\u00b0/o) abgenommen, das Reductionsverm\u00f6gen sich dagegen verdreifacht. Ich konnte nun 4 gr. reine Maltose isoliren, sowie Spuren von Traubenzucker nachweis\u00e8n.\ni *\t.\u00bb\t.\t% \u25a0\nVersuch XVII.\n600 Gc. 4\u00b0/oige Dextrin \u00ab-L\u00f6sung wurden mit 300 Gc. Speichel 4\u20145 Stunden lang bei 30\u201440\u00b0 dig\u00e8rirt.\nDie L\u00f6sung drehte urspr\u00fcnglich -}- 42 und wurden 20 Fehling durch 23 Cc. Fl\u00fcssigkeit reducirt. Nach Einwirkung des Speichels wurde die L\u00f6sung bis auf 600 Cc. eingedampft und filtrirt. Die L\u00f6sung drehte jetzt 4- 32 und wurden 20 Fehling durch 6 Gc. L\u00f6sung entf\u00e4rbt. Es gelang mir. aus dieser L\u00f6sung beinahe 4 gr. Maltose neben Spuren von Tr\u00e4ubeiizucker abzuscheiden.\nNachdem diese Versuche den Nachweis geliefert hatten, dass sich aus Dextrin \u00ab in Gegenwart von Diastas \u00f6der Speichel Maltose bildet, suchte ich fcslzustellen, ob auch Maltose aus Dextrin entsteht, wenn die Verzuckerung des Amylums bedeutend mehr wie ein Viertel, etwa die H\u00e4lfte betr\u00e4gt.\nVersuch XVIII.\n250 gr. St\u00e4rke wurden mit Diastas drei Stunden lang bei ungef\u00e4hr 60\u00b0 erw\u00e4rmt. Die L\u00f6sung zeigte nun ein Reductionsverm\u00f6gen, welches einer Traubenzuckerbildung von 48 entsprach. Die Fl\u00fcssigkeit wurde aufgekocht, um die Diastas zu zerst\u00f6ren und mit Hefe versetzt. Nach Beendigung d\u00e9r G\u00e4hrung wurde die zur schwachen Syrupconsistenz eingedampfte Fl\u00fcssigkeit mit 60\u00b0 Alkohol aufgenommen, filtrirt und mit absolutem Alkohol versetzt. Das Dextrin, welches hierbei niederfiel, und welches wir mit Dextrin \u00df bezeichnen wollen, hatte ein Drehungsverm\u00f6gen von \u00ab = + 195\u00b0 und besass ein Reductionsverm\u00f6gen von 13.\nZeitschrift f. physiologische Chemie V.\t13","page":193},{"file":"p0194.txt","language":"de","ocr_de":"194\nDas Dextrin, welches Musculus erhielt, als er auf St\u00e2rk\u00e9 Diastas einwirken Hess, bis das Reductionsverm\u00f6gen 45 betrug, hatte ein Rotations verm\u00f6gen von \u00ab = + 199\u00b0 und ein Reductionsverm\u00f6gen von 12 und stimmt demnach mit dem unserigen im Wesentlichen \u00fcberein. Ich bemerke hier, dass wir unter Dextrin keine reine Substanz verstehen, da Dextrin nicht krystallisirt und wir aus einem Gemenge von verschiedenen Dextrinen, die einzelnen Dextrine bis jetzt nicht von einander trennen k\u00f6nnen, da es noch keine brauchbare Methode gibt.\nVersuch XIX.\n20 gr. Dextrin \u00df wurde in 500 Cc. Wasser gel\u00f6st. Die 4%ige L\u00f6sung drehte + 44 und wurden 20 Fehling durch 22 Cc. L\u00f6sung entf\u00e4rbt. Nun wurde die Fl\u00fcssigkeit mit 250 Gc. filtrirtem Mundspeichel 10 Stunden lang bei 30\u201440\u00b0 digerirt. Sie drehte jetzt (auf 4\u00b0/o berechnet) + 37 und wurden 20 Fehling durch 7 Gc. L\u00f6sung reducirt. Die Fl\u00fcssigkeit wurde nun eingeengt und mit 90% Alkohol aufgenommen. Die alkoholische L\u00f6sung wurde mit Aether fractionirt gefallt.\nNiederschlag Nr. I wird sp\u00e4ter beschrieben.\nNiederschlag Nr. II\ndrehte in Wasser gel\u00f6st + 7,5 und wurden 20 Fehling durch 28 Cc. entf\u00e4rbt. Nach der Rotation w\u00e4ren demnach in der L\u00f6sung 1 gr. und nach der Reduction 0,6 gr. Maltose gewesen. Wir haben es demnach mit einem Gemenge von Maltose und Dextrin zu thun; letzteres blieb denn auch bei Verg\u00e4hrung mit Hefe \u00fcbrig.\nNiederschlag Nr. III\ndrehte, in 120 Gc. Wasser gel\u00f6st, -h 14,2 und wurden 20 Fehling durch 9,5 Gc. dieser L\u00f6sung entf\u00e4rbt. Die L\u00f6sung zum Syrup eingedampft erstarrte in zwei Tagen krystallinisch. Eine eingehende Untersuchung ergab, dass die Krystalle aus reiner Maltose bestanden.","page":194},{"file":"p0195.txt","language":"de","ocr_de":"195\nDie \u00e4therisch-alkoholische L\u00f6sung wurde eingedampft und in 100 Cc.. Wasser gel\u00f6st. Die L\u00f6sung drehte + 5,6 und wurden 20 Fehling durch 15,5 L\u00f6sung reducirt. Nach der Polarisation enthielt die L\u00f6sung 0,76 gr.. Maltose und nach der Reduction 1,2 gr. Maltose. Wir d\u00fcrfen daher wohl annehmen, dass die L\u00f6sung ausser Maltose geringe Mengen von Traubenzucker enthalten hat.\nNiederschlag Nr. I wurde in Wasser gel\u00f6st und mit Hefe vergohren. Nach der Verg\u00e4hrung wurde die Fl\u00fcssigkeit eingedampft mit 70% Alkohol versetzt und das alkoholische Filtrat mit absolutem Alkohol gef\u00e4llt. Der Niederschlag, welcher bei 100\u00b0 getrocknet 3,2 gr. wog, wurde in 100 Cc. Wasser gel\u00f6st. Die Drehung betrug + 32 und wurden 10 Fehling durch 11,8 Cc. L\u00f6sung entf\u00e4rbt. Das vorliegende Dextrin besitzt demnach ein Drehungsverm\u00f6gen von \u00ab ==> \u00a5 190 und ein Reductionsverm\u00f6gen von 16.\t\u2018\n40 Cc. dieser Dextrinl\u00f6sung wurden mit 40 Cc. filtrirlem Mundspeichel und 1 gr. Ptyalin acht Stunden lang bei 30 bis 40\u00b0 digerirt, ohne dass das Drehungsverm\u00f6gen sich \u00e4nderte. Ein mehrst\u00fcndiges Erw\u00e4rmen dieser Dextrinl\u00f6sung mit Diastas ergab ebenfalls ein negatives Resultat. > :\nDieser Versuch beweist, dass auch dasjenige Dextrin, welches sich bei vorgeschrittener Verzuckerung des Aniylums (48%) findet, mit Speichel Maltose liefert; sowie dass es ein Dextrin gibt, welches in mehreren Stunden weder durch Speichel noch durch Malzferment angegriffen wird.\nIch suchte nun festzustellen, ob es ein Dextrin gebe, welches von Diastas nicht, dagegen von Speichel in mehreren Stunden noch ver\u00e4ndert wird. Zu diesem Zwecke machte ich folgenden Versuch.\nVersuch XX.\nAuf Amylumkleister wurde so lange Diastas einwirken gelassen, bis das Reductionsverm\u00f6gen 53 betrug. Das Dextrin welches hierbei nach Verg\u00e4hrung \u00fcbrig blieb, hatte ein Drehungsverm\u00f6gen von * + 170\u00b0 und reducirte ein Viertel so stark wie Glucose. 30 Cc. 5%iger L\u00f6sung wurden durch","page":195},{"file":"p0196.txt","language":"de","ocr_de":"196\n3 st\u00e4ndiges Erhitzen bei 60\u00b0 nach Zusatz von 0,1 gr. Diastas nicht ver\u00e4ndert. Anders verhielt sich dagegen dieses Dextrin dem Einfl\u00fcsse von Speichel gegen\u00fcber.\n10 Gc. einer L\u00f6sung, welche + 25 drehte und von der 4}4 Gc. 10 Fehling entf\u00e4rbten, zeigten nach Zusatz von 40 Gc. Speichel und nach Verlauf von drei Stunden eine Rotation von + 21 und wurden 10 Fehling durch 2.2 L\u00f6sung (= 6,6 Mischung) reducirt.\nIn diesem Versuche, in welchem die Saccharification des Amylums durch Diastas sehr weit vorgeschritten war, fand sich demnach ein Dextrin, welches durch Diastas nicht, wohl aber durch Speichel angegriffen wurde.\nBei l\u00e4ngerer Einwirkung von einem Hundepancreas auf Amylum erhielt ich ein Dextrin, welches \u00ab + 145 drehte und ein Reductionsverm\u00f6gen von 29 zeigte. Dieses Dextrin wurde weder durch mehrst\u00fcndiges Digeriren (bei 40\u00b0) mit Speichel, noch durch w\u00e4sseriges Pancreasinfus ver\u00e4ndert.\nAus dem k\u00e4uflichen Traubenzucker (St\u00e4rkezucker des Handels) habe ich ein Dextrin dargestellt, welches * t- 110 drehte und ein Reductionsverm\u00f6gen von 37 zeigte. Dieses Dextrin wurde durch diastatische Fermente nicht ver\u00e4ndert und liess sich erst durch stundenlanges Kochen (im Kochsalzbad bei 108\u00b0) mit 2\u00b0/0 Schwefels\u00e4ure in Glucose umwandeln.\nResum\u00e9.\n1)\tAus St\u00e4rke bildet sich unter dem Einfl\u00fcsse von Speichel oder Diastas anfangs ausser Dextrin nur Maltose.\n2)\tBei l\u00e4ngerer Einwirkung dieser Fermente auf Amylum tritt als secund\u00e4res Product, d. h. durch Spaltung von Maltose Traubenzucker auf.\n3)\tMaltose wird in kurzer Zeit (er. 2 Stunden) weder durch nennenswerthe Mengen von Diastas noch Speichel nachweisbar ver\u00e4ndert.\n4)\tSowohl Speichel wie Malzferment verwandeln bei langer Einwirkung Maltose in Traubenzucker.\n5)\tWeder bei der F\u00e4ulniss noch bei der G\u00e4hrung von Maltose l\u00e4sst sich Glucose nachweisen.","page":196},{"file":"p0197.txt","language":"de","ocr_de":"197\n0) Bei der Einwirkung von Diastas oder Speichel auf Amylum entstehen zwei verschiedene Dextrine, von den\u00e8n das eine durch genannte Fermente angegriffen wird, das andere dagegen nicht.\n7) L\u00e4sst man Speichel* oder Malzferment auf Dextrin, (welches durch Fermente ver\u00e4ndert wird) einwirken, so entsteht Maltose und als secund\u00e4res Product aus Maltose Traubenzucker.","page":197}],"identifier":"lit16409","issued":"1881","language":"de","pages":"185-197","startpages":"185","title":"Ueber den Einfluss diastatischer Fermente auf St\u00e4rke, Dextrin und Maltose","type":"Journal Article","volume":"5"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T14:10:49.534503+00:00"}