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{"created":"2022-01-31T14:21:50.186730+00:00","id":"lit19664","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie","contributors":[{"name":"Kostytschew, S.","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie 83: 93-104","fulltext":[{"file":"p0093.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber Alkoholg\u00e4rung.\nIII. Mitteilung.\nDie Bedingungen der Bildung von Acetaldehyd' bei der G\u00e4rung von Dauerhefe.\nVon\nS. Kostytschew.\niDer Redaktion zugegangen am 10. Dezember 1012.)\nIn der ersten Mitteilung1) habe ich dargetan, da\u00df bei der Zuckerverg\u00e4rung durch. Hefanol in Gegenwart geringer Mengen von Zinkchlorid ziemlich betr\u00e4chtliche Mengen von Acetaldehyd entstehen. In der zweiten Mitteilung* *) wurden Versuche beschri\u00e8ben, welche die M\u00f6glichkeit einer Reduktion von Acetaldehyd zu \u00c4thylalkohol sowohl durch lebende Hefe, als durch verschiedene Pr\u00e4parate von Dauerhefe beweisen. Auf Grund dieser Ergebnisse habe ich die Voraussetzung ausgesprochen, da\u00df Acetaldehyd ein intermedi\u00e4res Produkt der alkoholischen G\u00e4rung vorstellt: durch die Wirkung von ZnCl2 k\u00f6nnte n\u00e4mlich der Acetaldehyd vor der weiteren Verarbeitung gesch\u00fctzt werden und also in gro\u00dfen Mengen auftreten (das Vorkommen sehr geringer Mengen von Acetaldehyd bei der Hefeg\u00e4rung ist ja eine schon l\u00e4ngst bekannte Tatsache!) Da ZnCl2 au\u00dferordentlich starke polymerisierende Eigenschaften aufweist, so lag die Annahme nahe, da\u00df die Anh\u00e4ufung von Acetaldehyd auf Bildung von Paraldehyd bezw. Metaldehyd zur\u00fcckzuf\u00fchren ist.\nIn einer unl\u00e4ngst ver\u00f6ffentlichten Publikation berichteten C. Neuberg und .1. Kerb3) \u00fcber die Resultate einer Nachpr\u00fcfung von meiner ersten Arbeit. Die von mir hervdrgehobene\n.*) S. Kostytschew, Diese Zeitschrift, Bd. 79, S. ISO (1912).\n*) S. Kostytschew und E. H\u00fcbbenet, Diese Zeitschrift, Bd. 79,\nS. 359 (1912).\n*) C. Neuberg und J. Kerb, Biochemische Zeitschrift, Bd. 48,\n8 494(1912):","page":93},{"file":"p0094.txt","language":"de","ocr_de":"\u2022**'\tS. Kost y t sehe w,\nspezifische Wirkung von Zinkchlorid haben die Verfasser best\u00e4tigt ; sie sind jedoch mit meinen Voraussetzungen durchaus nicht einverstanden und erheben dagegen folgende Einw\u00e4nde:\n1.\tDie von mir gegebene Erkl\u00e4rung der Wirkung von Zinkchlorid sei nicht zul\u00e4ssig, da Paraldehyd bei der Destilla-lion seiner w\u00e4sserigen L\u00f6sung in die monomere Form nicht \u00fcbergeht.\n2.\tDa Zinkchlorid auch bei Selbstg\u00e4rung von Hefanol Aldehydbildung hervorruft, so soll Acetaldehyd nicht aus Zucker, sondern aus den Spaltungsprodukten von Eiwei\u00df entstehen.\nAu\u00dferdem weisen C. Neuberg und J. Kerb darauf hin, \u00abla\u00df auch \u00c4thylalkohol die Bildung von \u00abAcetaldehyd liefernden Stoffen\u00bb beg\u00fcnstigt.\nDurch diese Auseinandersetzungen sind aber, meiner Meinung nach, die Bedingungen der Aldehydbildung nicht richtig dargestellt, und ich bin also gen\u00f6tigt, auf diesen Gegenstand wieder einzugehen.\nZun\u00e4chst will ich aber die prinzipiell weniger wichtige Frage nach der Holle von Zinkchlorid ber\u00fchren. Ich bin weit davon entfernt, die Wirkungsweise von ZnCl2 als aufgekl\u00e4rt zu betrachten. Die Annahme einer Polymerisation habe ich nur deshalb gemacht, weil sie, mit R\u00fccksicht auf die bekannten Eigenschaften von Zinkchlorid, als naheliegend und (entgegen der wiederholt betonten Meinung von Neuberg und Kerb) wohl zul\u00e4ssig erschien. Es ist gewi\u00df richtig, da\u00df eine L\u00f6sung von Paraldehyd in reinem Wasser bei der Destillation keine Spur von Acetaldehyd liefert ; wird aber die Destillation in Gegenwart geringer Menge von S\u00e4uren ausgef\u00fchrt, so findet eine Depolymerisation von Paraldehyd statt. Die Acidit\u00e4t von Hefeeiwei\u00df oder von Zinkchlorid selbst d\u00fcrfte bereits zu einer Regeneration von Acetaldehyd ausreichen ; ich erinnere aber daran, da\u00df in meinen Versuchen eine Bildung von S\u00e4uren wahrgenommen wurde. Auch das Destillat zeigte immer die saure Reaktion,\t\u2022\nFolgende einfache Versuche sollen das Gesagte erl\u00e4utern; das hierzu verwendete Pr\u00e4parat von Paraldehyd wurde mehrmals ausgefroren, und es war vollkommen rein.","page":94},{"file":"p0095.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber Alkoholg\u00e4rung. UI.\t95\nI.\nA.\t10ccm einer 10\u00b0/oigen L\u00f6sung von Paraldehyd, welche nicht die geringste Spur der Reaktion von Rimini*) gab, wurden mit 140 ccm Wasser versetzt und davon 20 ccm unter Eisk\u00fchlung abdestilliert. Das erhaltene Destillat gibt nicht die geringste Spur der Reaktion von Rimini.\nB.\t\u25a0 10 ccm von derselben 10\u00b0/oigen L\u00f6sung von Paraldehyd wurden mit 140 ccm Wasser und 0,2 g Weins\u00e4ure versetzt und davon 20 ccm unter Eisk\u00fchlung abdestilliert. Bereits der charakteristische Geruch des Destillats l\u00e4\u00dft die Gegenwart von Acetaldehyd erkennen. Die Reaktion von Rimini f\u00e4llt \u00e4u\u00dferst stark positiv aus.\nII.\nA.\t20 ccm von derselben 10\u00b0/oigen L\u00f6sung von Paraldehyd wurden mit 180 ccm Wasser versetzt und destilliert. Das Destillat (20 ccm) gibt nicht die geringste Spur der Reaktion von Rimini.\nB.\t20 ccm von derselben L\u00f6sung wurden mit 180 ccm Wasser und einigen Tropfen Ameisens\u00e4ure versetzt und destilliert. Das Destillat (20 ccm) riecht nach Acetaldehyd und liefert eine \u00e4u\u00dferst starke Reaktion von Rimini.\nAus folgendem ist ersichtlich, mit welcher Leichtigkeit die Spaltung von Paraldehyd erfolgt.\n. I\nHI.\n10 ccm einer 10\u00b0/oigen L\u00f6sung von Paraldehyd, welche nicht die geringste Spur der Reaktion von Rimini gab, wurden mit 140 ccm AVasser versetzt. Mittels einer fein abgezogenen Pipette wurde nun ein kleiner Tropfen Ameisens\u00e4ure zugetropft und die L\u00f6sung destilliert. Das Destillat (20 ccm) riecht nach Acetaldehyd und liefert eine scharfe Reaktion von Rimini.\nDurch diese Resultate wird selbstverst\u00e4ndlich die Bildungsweise von Acetaldehyd nicht ganz aufgekl\u00e4rt ; bei der\n*) Ich habe diese Probe mit verschiedenen aliphatischen und zyklischen Aldehyden ausgef\u00fchrt und behaupte einstimmig mit Neuberg, da\u00df sie streng beweisend f\u00fcr Acetaldehyd ist.","page":95},{"file":"p0096.txt","language":"de","ocr_de":"\u25a0W\tS. Kostylschew,\nBesprechung der Wirkung von Methylenblau werde ich noch auf diese Frage zur\u00fcckkommen.\nWas nun den Ursprung von Acetaldehyd anbelangt, so haben Neuberg und Kerb gefunden, da\u00df auch bei der Selbstg\u00e4rung betr\u00e4chtlicher Mengen von Hefanol in Gegenwart von ZnCl2 Acetaldehyd entsteht, und ziehen hieraus den Schlu\u00df, da\u00df die Aldehydbildung mit dem eigentlichen Vorg\u00e4nge der alkoholischen G\u00e4rung nichts zu tun hat, sondern auf Kosten von Hefeeiwei\u00df erfolgt.\nIn meinen fr\u00fcher ver\u00f6ffentlichten Versuchen kam ich dagegen zu dem Schlu\u00df, da\u00df die Bildung von Acetaldehyd nur in Gegenwart von Zucker m\u00f6glich ist. Der Widerspruch mit den Resultaten von Neuberg und Kerb ist aber nur ein scheinbarer. Die Selbstg\u00e4rung ist ja nichts anderes, als die echte alkoholische G\u00e4rung, welche durch die Verzuckerung des vorr\u00e4tigen Glykogens der Hefezellen in Gang gesetzt wird. In meinen Versuchen wurde die G\u00e4rung von je 3 g Hefanol in Gegenwart und bei Abwesenheit von Zucker untersucht. Nun ist der Stoffumsatz bei der Selbstg\u00e4rung von 3 g Hefanol so gering, da\u00df Acetaldehyd selbst durch empfindliche Reaktionen nicht nachgewiesen werden kann. Bei Anwendung gr\u00f6\u00dferer Hefemengen (wie es in Versuchen von Neuberg und Kerb der Fall war) kann jedoch die Glykogenverg\u00e4rung zur Bildung einer nicht zu untersch\u00e4tzenden Menge von Acetaldehyd f\u00fchren. Selbstverst\u00e4ndlich liefert aber die Zuckerverg\u00e4rung immer eine weit gr\u00f6\u00dfere Aldehydausbeute. Bei der Selbstg\u00e4rung von 100 g Hefanol erhielten z. B. Neuberg und Kerb 0,1 g rohes Acetaldehyd-p-nitrophenylhydrazon, welches erst nach dem Umkrystallisieren (wobei Verluste unvermeidlich sind) bei 127\u00b0 schmolz. Ich hatte dagegen bei der G\u00e4rung von 120 g Hefanol in Gegenwart von Zucker 0,5 g reines Acetaldehyd-p-nitrophenylhydrazon erhalten. Ein direkter Vergleich dieser Zahlen ist allerdings kaum zul\u00e4ssig, da verschiedene Pr\u00e4parate von Dauerhefe sehr ungleiche Aldehydausbeuten liefern k\u00f6nnen ; es m\u00fcssen also vergleichende Untersuchungen mit einem und demselben Hefepr\u00e4parat ausgefuhrt werden. In den Protokollen von Neuberg und Kerb sind","page":96},{"file":"p0097.txt","language":"de","ocr_de":"97\n\u00dcber Alkoholg\u00e4rung. 111.\nkeine derartige Versuche zu finden; darum habe ich die Frage nach dem Einflu\u00df von Zucker auf die Bildung von Acetaldehyd wieder einer eingehenden Untersuchung unterworfen. Die zahlreichen Versuche, welche immer bei Zimmertemperat\u00fcr ausgef\u00fchrt worden waren, ergaben vollkommen \u00fcbereinstimmende Resultate. Bei Anwendung sehr geringer Hefemengen konnte ich bei der Selbstg\u00e4rung keine Spur von Acetaldehyd auffinden, w\u00e4hrend die Destillate der gleichzeitig gegorenen Zuckerportionen scharfe Reaktionen auf Acetaldehyd lieferten. Gr\u00f6\u00dfere Hefemengen bildeten durch Selbstg\u00e4rung eine unbedeutende Menge' von Acetaldehyd, welche aber nur einen kleinen Teil der bei Zuckergabe erhaltenen Aldehydausbeute vorstellte. Nachstehend sind die Resultate von einigen Versuchen wiedergegeben, in welchen die Ausbeuten an Acetaldehyd-p-nitrophenylhydrazon durch direkte W\u00e4gung ermittelt wurden. Diese Versuche sind mit trockener Dauerhefe nach v. Lebedew1) ausgei\u00fchrt.\nL .\nA.\tSelbstg\u00e4rung. 2 G\u00e4rk\u00f6lbchen mit je 10 g Dauerhefe, 0,35 g ZnCl2, 50 ccm Wasser und 6 Tropfen Toluol\nB.\tZuckerg\u00e4rung. 2 G\u00e4rk\u00f6lbchen mit je 10 g Dauerhefe, 10 g Rohrzucker, 0,35 g ZnCl2, 50 ccm Wasser und 6 Tropfen Toluol.\nDie G\u00e4rung dauerte 6 Tage bei Zimmertemperatur: alsdann wurde sowohl von A, als von B je 30 ccm abdestilliert und davon je 2 ccm f\u00fcr die Reaktion von Rimini verwendet.\nA.\tReaktion von Rimini schwach (violette F\u00e4rbung). Nach Zusatz von p-Nitrophenylhydrazin in essigsaurer L\u00f6sung bildete sich ein geringer Niederschlag, der nach dem Trocknen 0,0074 g wog. Die Substanz war nicht rein: nach dem Um-krystallisieren aus verd\u00fcnntem Alkohol war die Menge von Acetaldehyd-p-nitr\u00f6phenylhydrazon selbst f\u00fcr eine Schmelzpunktbestimmung nicht ausreichend.\nB.\tReaktion von Rimini sehr stark (dunkelblaue F\u00e4rbung). Nach Zusatz von p-Nitrophenylhydrazin in essigsaurer L\u00f6sung bildete sich ein volumin\u00f6ser Niederschlag, der nach dem Trocknen\n*) A. v. Lebedew, Diese Zeitschrift, Bd. 73, S. 447 (1911).","page":97},{"file":"p0098.txt","language":"de","ocr_de":"S. Kostytschew.\n0,0836 g wog und den Schmelzpunkt 124\u00b0 zeigte. Nach dem Umkrystallisieren aus verd\u00fcnntem Alkohol wurde 0,0549 g Acetaldehyd-p-nitrophenylhydrazon vom Schmelzpunkt 127,5\u00b0 erhalten.\nII.\nWiederholung des vorstehenden Versuchs mit einem anderen Pr\u00e4parat von Dauerhefe.\nA.\tSelbstg\u00e4rung. 2 Kolben mit je 10 g Dauerhefe, 0,35 g ZnCl2, 50 ccm Wasser und 6 Tropfen Toluol.\nB.\tZuckerg\u00e4rung. 2 Kolben mit je 10 g Dauerhefe, 10 g Bohrzucker, 0,35 g ZnCl8, 50 ccm Wasser und 6 Tropfen Toluol.\nDauer der G\u00e4rung 5 Tage bei Zimmertemperatur. Das Destillat von A gab eine schwache Reaktion von Rimini (violette F\u00e4rbung). Die Ausbeute an Acetaldehyd-p-nitrophenyl-hydrazon betrug 0,0058 g; nach dem Umkrystallisieren war die Menge der Substanz \u00e4u\u00dferst gering.\nDas Destillat von B gab eine starke Reaktion von Rimini (tiefblaue F\u00e4rbung). Die Ausbeute an Acetaldehyd-p-nitrophenyl-hydrazon betrug 0,0881 g. (Schmelzpunkt nach dem Umkrystallisieren 127,5\u00b0.)\nDie Versuche zeigen, wie gro\u00df der Unterschied zwischen zuckerfreien und zuckerhaltigen Portionen in bezug auf die Aldehydbildung ist. Es liegt also die Annahme nahe, da\u00df bei vollkommener Abwesenheit von Zucker keine merkliche Aldehydbildung statttindet. Diese Annahme wird nun tats\u00e4chlich durch Versuche mit Macerationshefesaft best\u00e4tigt. A. v. Lebedew1) hat n\u00e4mlich darauf hingewiesen, da\u00df der nach seiner Methode dargestellte Macerationssaft beinahe vollkommen zuckerfrei ist.\n\u25a0 111. '\nDer\u2018nach den Angaben von A. v. Lebedew dargestellte Macerationssaft wurde in zwei gleiche Portionen A und B zu je 35 ccm geteilt. Eine jede Portion wurde mit 0,12 g ZnCl2 und 6 Tropfen Toluol versetzt, ln die Portion B wurden au\u00dferdem 10 g Rohrzucker hineingetan. Beide Kolben wurden mit Meisslschem G\u00e4rverschlu\u00df versehen und 4Tage beiZimmer-\n*) A. v. Lebedew, 1. c.\t,","page":98},{"file":"p0099.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber Alkoholg\u00e4rung. III.\t99\ntemperatur stehen gelassen. W\u00e4hrend dieser Zeit wurden folgende COs-Mengen gebildet.\nA.\tCO, = 0,02 g\nB.\tCO, = 0,93 g.\nVon jeder Portion wurden 20 ccm abdestilliert. Das Destillat der Portion A gab nicht die Reaktion von Rimini. Nach Zusatz von p-Nitrophenylhydrazin in essigsaurer L\u00f6sung erfolgte keine F\u00e4llung.\nDas Destillat der Portion B gab eine starke Reaktion von Rimini. Nach Zusatz von p-Nitrophenylhydrazin in essigsaurer L\u00f6sung bildete sich der charakteristische Niederschlag von Acet-aldehyd-p-nitrophenylhydrazon. Die Ausbeute betrug 0,0241 g. Nach einmaligem Umkrystallisieren aus verd\u00fcnntem Alkohol zeigte die Substanz den Schmelzpunkt 127\u00b0.\nDurch diese Resultate will ich keineswegs die M\u00f6glichkeit einer Bildung von Acetaldehyd aus Aminos\u00e4uren in Abrede stellen: meine Versuche zeigen aber, da\u00df diese Bildungsweise von Acetaldehyd bei obiger Versuchsanordnung gar nicht in Betracht kommt : nur bei Zvmaseg\u00e4rung bewirkt Zinkchlorid eine Anh\u00e4ufung von Acetaldehyd. Die Versuche von Neuberg und Kerb erlauben also nur den Schlu\u00df zu ziehen, da\u00df, bei Anwendung betr\u00e4chtlicher Hefemengen, der Acetaldehyd durch Verg\u00e4rung von hydrolysiertem Glykogen entstehen kann. Dies habe ich auch best\u00e4tigt. Es besteht \u00fcberhaupt kein sachlicher Widerspruch zwischen den vorstehend mitgeteilten Versuchen und den Ergebnissen von Neuberg und Kerb. Hoffentlich wird also auch Professor Neuberg zu denselben Schlu\u00dffolgerungen kommen wie ich, wenn er sich nur an meine Versuchsbedingungen h\u00e4lt und zwar ziemlich geringe Mengen von Dauerhefe (20\u201430 g) im Verlaufe von 6 Tagen bei Zimmertemperatur g\u00e4ren l\u00e4\u00dft. Diese Bedingungen haben n\u00e4mlich den Zweck, die Bedeutung der Selbstg\u00e4rung m\u00f6glichst herabzusetzen.1)\n\u2018) lm Brutschrank wird die Glykogenverzuckerung und also die .Selbstg\u00e4rung bedeutend gesteigert: anderseits mu\u00df beim Vergleich der Selbstg\u00e4rung mit der Zuckerg\u00e4rung im Brutschrank die Yersuchsanordnung insofern modifiziert werden, als namentlich die Zuckerportion mit einer gr\u00f6\u00dferen ZnCl,-Menge zu versetzen ist, als bei Zimmertemperatur. In\nHoppe-Seyler's Zeitschrift f. physiol. Chemie. LXXXIII\tH","page":99},{"file":"p0100.txt","language":"de","ocr_de":"\u00eew\tS Kostytschew,\nWas nun den Einflu\u00df von \u00c4thylalkohol auf die Bildung von Acetaldehyd anbelangt, so kann ich mich leider der Meinung von Neuberg und Kerb wiederum nicht anschlie\u00dfen. Die Verfasser behaupten, da\u00df * \u00c4thylalkohol wie Chlorzink die Bildung von Acetaldehyd liefernden Stoffen beg\u00fcnstigen\u00bb. Dje Versuchsergebnisse von Neuberg und Kerb berechtigen aber kaum zu einer derartigen Schlu\u00dffolgerung : aus den Versuchsprotokollen ist zwar ersichtlich, da\u00df die Selbstg\u00e4rung betr\u00e4chtlicher Mengen von Hefanol in 5\u00b0/oigem Alkohol mit einer Bildung von Acetaldehyd zusammenh\u00e4ngt, doch f\u00e4llt es gleich auf, da\u00df s\u00e4mtliche Versuchskolben nicht nur mit Alkohol, sondern auch mit Zinkchlorid versetzt wurden. Bei Wiederholung dieser Versuche habe ich jedoch gefunden, da\u00df \u00c4thylalkohol an und f\u00fcr sich keine Anh\u00e4ufung von Acetaldehyd hervorruft. Bei der kombinierten Wirkung von Zinkchlorid und aldehydfreiem Alkohol ist die Aldehydreaktion der Destillate etwas sch\u00e4rfer, als bei Anwendung von Zinkchlorid allein. Diese Beobachtung w\u00e4re als ein Argument zugunsten der intermedi\u00e4ren Bildung von Acetaldehyd bei der G\u00e4rung anzusehen, fails sie durch quantitative Bestimmungen best\u00e4tigt werden k\u00f6nnte.1) Es ergab sich jedoch, da\u00df die Ausbeuten an Acet-aldehyd-p-nitrophenylhydrazon in beiden F\u00e4llen die gleichen sind und bleiben also hinter der bei Zuckerg\u00e4rung erhaltenen Ausbeute bedeutend zur\u00fcck. Folgender Versuch wird das Gesagte erl\u00e4utern.\nPortion A. Zwei Kolben mit je 10 g Dauerhefe. 50 ccm Wasser, 5 g \u00c4thylalkohol und 6 Tropfen Toluol.\nPortion B. Zwei Kolben mit je 10 g Dauerhefe, 50 ccm Wasser, 5 g \u00c4thylalkohol, 0,3 g ZnCl2 und 6 Tropfen Toluol.\nPortion C. Zwei Kolben mit je 10 g Dauerhefe, 50 ccm Wasser, 0,3 g ZnCl2 und 6 Tropfen Toluol.\neinem derartigen Versuche hatte ich sogar bei gleichen ZnCl#-Zus\u00e4tzen eine viel gr\u00f6\u00dfere Aldehydbildung bei Zimmertemperatur wahrgenommen. Sp\u00e4terhin ergab es sich, da\u00df die st\u00fcrmische G\u00e4rung eine entsprechend gr\u00f6\u00dfere ZnClj-Menge erfordert.\nl) Bei den fermentativen Reaktionen wird bekanntlich durch gro\u00dfe Mengen von Endprodukten die Reaktionsg\u00e9schwindigkeit vermindert und hierdurch eine Anh\u00e4ufung von intermedi\u00e4ren Produkten erm\u00f6glicht.","page":100},{"file":"p0101.txt","language":"de","ocr_de":"Liber Alkoholg\u00e4rung, 111.\ttOl\nPortion D. Zwei Kolben mit je 10 g Dauerhefe, 50 ccm Wasser, 10 g Rohrzucker, 0,3 g ZnClf und 6 Tropfen Toluol\nDauer der G\u00e4rung 4 Tage bei Zimmertemperatur. Von einer jeden Portion wurden 20 ccm abdestilliert und davon je 2 ccm f\u00fcr die Reaktion von Rimini verwendet.\nA.\tNur eine schwache Andeutung auf Acetaldehydreaktion : das Destillat wurde also nicht weiter verarbeitet.\nB.\tSchwache Reaktion (hellblaue F\u00e4rbung).\nC.\tSchwache Reaktion (violette F\u00e4rbung).\nD.\tStarke Reaktion (tiefblaue F\u00e4rbung).\nDie Destillate von B, G und D wurden mit den gleichen Mengen von Natriumbisulfit versetzt, nach einigem Stehen neutral gemacht und von Alkohol durch Destillation befreit. Alsdann wurden die Bisulfitverbindungen zerlegt, der Acetaldehyd abdestilliert und als p-Nitrophenylhydrazon abgeschieden. Es wurden folgende Ausbeuten erhalten.\nPortion B. 0,0169 g (Schmelzpunkt nach dem \u00fcmkry-stallisieren 127,5\u00b0).\nPortion C. 0,0167 g (Schmelzpunkt nach dem Umkristallisieren 127\u00b0).\nPortion D. 0,0607 g (Schmelzpunkt nach dem Umkry-stallisieren 128\u00b0).\nVersetzt man Zuckerportionen au\u00dfer ZnCl,.mit \u00c4thylalkohol, so wird hierdurch die Aldehydausbeute sogar herabgesetzt, was wahrscheinlich darauf zur\u00fcckzuf\u00fchren ist, da\u00df auch die prim\u00e4re Zuckerspaltung durch eine betr\u00e4chtliche Menge von Alkohol gehemmt wird. Es liegt allerdings nur ein einziger Versuch dieser Art vor; m\u00f6glicherweise ist das Resultat von dem Verh\u00e4ltnis der Mengen von Zinkchlorid und Alkohol abh\u00e4ngig.\nEs ist mir also nicht gelungen, durch Zusatz von Alkohol eine Bildung von Acetaldehyd hervorzurufen; die Rolle von Acetaldehyd bei der Zymaseg\u00e4rung kann aber auf eine andere Weise illustriert werden. Nach meinem bereits fr\u00fcher ver\u00f6ffentlichten Schema1) sind Reduktasen an der alkoholischen G\u00e4rung auf folgende Weise beteiligt.\n*) S. Kostylschew, Diese Zeitschrift, Bd. 79, S. 143 (1912)\n8*","page":101},{"file":"p0102.txt","language":"de","ocr_de":"102\nS. Kosly tschew.\n/\u00ab\ni Cf(H120, -f Red. 2 CH3 CO . COOH + Red [}\nXH\nDieser Vorgang ist selbstverst\u00e4ndlich eine komplizierte, aus mehreren Phasen bestehende Reaktion. Folgende Schlu\u00dfphasen sind aber als einfache Reaktionen zu betrachten.\nII. 2 CH3 \u2022 CG \u2022 COOH -> 2 CHs,COH + 2 CO,\n\u00c6\t'\nHI- 2 CHjCOH -f-Red y 2 CHgCH^OH -}- Red.\nDurch die in der zweiten Mitteilung beschriebenen Versuche wurde dargetan, da\u00df eine Reduktion von Acetaldehyd zu \u00c4thylalkohol durch lebende und get\u00f6tete Hefe m\u00f6glich ist. Die Richtigkeit von meinem Schema kann auf folgende Weise gepr\u00fcft werden. Wird der aktive (an Reduktase gebundene) Wassersto\u00df' durch einen leicht reduzierbaren K\u00f6rper weggenommen, so mu\u00df hierdurch offenbar eine Bildung von Acetaldehyd hervorgerufen werden. Dies ist nun tats\u00e4chlich der Fall, wenn die G\u00e4rung von Dauerhefe in Gegenwart von Methylenblau stattfindet. Die Menge von Methylenblau mu\u00df selbstverst\u00e4ndlich so berechnet werden, da\u00df die Fl\u00fcssigkeit bis zum Ende der G\u00e4rung intensiv gef\u00e4rbt bleibt.\nI.\nKolben A. 5 g Dauerhefe, 25 ccm Wasser, 5 g Rohrzucker.\nKolben B. 5 g Dauerhefe, 25 ccm Wasser, 5 g Rohrzucker und 0,25 g Methylenblau (nach P. Ehrlich). Ein jeder Kolben wurde mit 6 Tropfen Toluol versetzt.\nNach zwei Tagen hat sich die Fl\u00fcssigkeit in B beinahe entf\u00e4rbt : die Gegenwart von Acetaldehyd l\u00e4\u00dft sich bereits durch den charakteristischen Geruch erkennen. Der Kolben B wurde wiederum mit 0,25 g Methylenblau versetzt. Gesamtdauer der ti\u00e4rung 4 Tage.\nDas Destillat von A gab eine schwache Andeutung auf die Reaktion von Rimini. Mit einem empfindlichen Pr\u00e4parat von fuohsinschwefliger S\u00e4ure versetzt, zeigte das Destillat","page":102},{"file":"p0103.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber Alkoholg\u00e4rung. 111.\t108\nschwache Rosaf\u00e4rbung. Das Destillat von B gab eine \u00e4u\u00dferst starke Reaktion von Rimini. Mit fuchsinschwefliger S\u00e4ure tiefrote F\u00e4rbung.\n\u25a0 n.\nPortion A. Zwei Kolben mit je 10 g Dauerhefe, 50 ccm Wasser, 10 g Rohrzucker und 6 Tropfen Toluol. \u25a0\nPortion B. Zwei Kolben mit je 10 g Dauerhefe, 50 ccm Wasser, 10 g Rohrzucker, 0,5 g Methylenblau nach P. Ehrlich und 6 Tropfen Toluol.\nNach zwei Tagen wurden die Kolben der Portion B wiederum mit je 0,5 g Methylenblau versetzt. Dauer der G\u00e4rung 5 Tage.\nDas Destillat der Portion A gab eine sehr schwache Reaktion von Rimini. Nach Zusatz von p-Nitrophenylhydrazin in essigsaurer L\u00f6sung bildete sich kein Niederschlag.\nDas Destillat der Portion B gab eine starke Reaktion von Bimini. Nach Zusatz von p-Nitrophenylhydrazin bildete sich sofort das charakteristische Acetaldehyd-p-nitrophenylhydrazon. Die Ausbeute betrug 0,0946 g. Schmelzpunkt (nach dem Um-krystallisieren aus 32\u00b0/oigem Alkohol) 128\u00b0. Der Schmelzpunkt ver\u00e4nderte sich nicht nach dem Vermischen mit einem reinen Pr\u00e4parat von Acetaldehyd-p-nitrophenylhydrazon.\nDer gesamte Vorgang der alkoholischen G\u00e4rung scheint durch Methylenblau bedeutend weniger ver\u00e4ndert zu sein als durch Zinkchlorid (davon wird in folgenden Mitteilungen die Rede sein). Auch ist die spezifische Wirkung von Methylenblau und der Zusammenhang dieser Wirkung mit dem Entstehen von Acetaldehyd begreiflicher, als die spezifische Wirkung von Zinkchlorid: Methylenblau wirkt wahrscheinlich nur durch seine Affinit\u00e4t zum Wasserstoff. Um so beachtenswerter ist der Umstand, da\u00df beide verschiedenartige Wirkungen zur Bildung von einem und demselben Produkt, namentlich Acetaldehyd, f\u00fchren. Aus diesem Grunde bleibe ich bei meiner Arbeitshypothese, die au\u00dferdem eine Veranlassung zu anderweitigen noch nicht beendigten Untersuchungen ge-gegeben hat.1)\n*) Folgende, allerdings von vornherein wenig wahrscheinliche Voraussetzung ist durch die in der vorliegenden Mitteilung beschriebenen Ver-","page":103},{"file":"p0104.txt","language":"de","ocr_de":"104\nS. Kostytschew, \u00dcber Alkoholg\u00e4rung. III.\nW\u00e4hrend in meinen Versuchen die antiseptische Wirkung von Toluol ganz tadellos war, haben Neuberg und Kerb in einigen Versuchen die Entwickelung von Mikroorganismen wahr-genommen. Gerade in unserem Falle ist dieser Umstand von geringer Bedeutung, da er jedoch bei anderweitigen Untersuchungen eine hervorragende Rolle spielen kann, so will ich diese Gelegenheit zu einer Besprechung der Wirkungsweise von Toluol benutzen. Da Toluol eine starke Vergiftung von lebendem Plasma hervorr\u00fcft, aber die Wirkung der Fermente nur wenig beeintr\u00e4chtigt, so wird dieses Antiseptikum bei den Unter-\"N^uchungen \u00fcber Fermente mit Vorliebe verwendet. Es mu\u00df aber darauf aufmerksam gemacht werden, da\u00df Toluol in Wasser sehr schwer l\u00f6slich ist: infolgedessen erstreckt sich seine Wirkung nur auf eine geringe Entfernung von der Oberfl\u00e4che der Fl\u00fcssigkeit. Nimmt man also ein gro\u00dfes Volumen der Fl\u00fcssigkeit f\u00fcr den Versuch, so ist die antiseptische Wirkung von Toluol am Boden gleich Null. Dieser Sachverhalt kann nicht durch Anwendung gr\u00f6\u00dferer Toluolmenge ver\u00e4ndert werden : hierbei wird nur die an der Oberfl\u00e4che der Fl\u00fcssigkeit schwimmende Menge von Antiseptikum unn\u00f6tigerweise vermehrt. Wenn man jedoch die Versuchsfl\u00fcssigkeit auf mehrere Kolben mit gro\u00dfer Boden-oberflache verteilt, so sind hierdurch g\u00fcnstige Bedingungen f\u00fcr die Toluolwirkung geschaffen, und es ist dann durchaus nicht n\u00f6tig, betr\u00e4chtliche Mengen von Antiseptikum zu verwenden; man hat nur der gro\u00dfen Fl\u00fcchtigkeit von Toluol Rechnung zu tragen, zumal bei Gasdurchleitung.\nsuche nicht widerlegt: obschon die Bildung von Acetaldehyd nur bei Zymaseg\u00e4rung stattfindet, k\u00f6nnte sie von der Zuckerspaltung nur in der Weise abh\u00e4ngig sein, da\u00df die frei gewordene Energie der Zuckerg\u00e4rung zur Aldehydbildung verwendet w\u00fcrde, ebenso wie bei der von F. Ehrlich untersuchten Fusel\u00f6lg\u00e4rung. Ein derartiger energetischer Zusammenhang von Reaktionen, welcher in lebenden Zellen nicht stattfindet, k\u00f6nnte jedoch nur durch einen \u00e4u\u00dferst unwahrscheinlichen Zufall au\u00dferhalb der Zelle zur Geltung kommen. Au\u00dferdem wird die soeben erw\u00e4hnte Annahme durch meine weiteren noch nicht publizierten Untersuchungen \u00fcber den Zuckerzerfall in Gegenwart von ZnCl, entkr\u00e4ftet.","page":104}],"identifier":"lit19664","issued":"1913","language":"de","pages":"93-104","startpages":"93","title":"\u00dcber Alkoholg\u00e4rung. III. Mitteilung: Die Bedingungen der Bildung von Acetaldehyd bei der G\u00e4rung von Dauerhefe","type":"Journal Article","volume":"83"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T14:21:50.186736+00:00"}