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{"created":"2022-01-31T15:06:40.648095+00:00","id":"lit20545","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie","contributors":[{"name":"Orla-Jensen","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie 93: 283-306","fulltext":[{"file":"p0283.txt","language":"de","ocr_de":"Chemische Untersuchungen \u00fcber die Gerinnung der Milch und \u00fcber die L\u00f6slichkeit des Gerinnsels in Salzwasser.\nVon\nProfessor Dr. Orla-Jensen, unter Mitwirkung von den Diplomingenieuren Betzy Meyer und Anna D. Orla-Jensen.\n(Der Redaktion zugegangen am 9. November I914.>\nDie Kuhmilch koaguliert bekanntlich nicht nur durch Zusatz von Lab oder S\u00e4ure, sondern auch durch starkes Erhitzen oder durch Erw\u00e4rmung mit Chlorcalcium, wie auch durch Zusatz der gew\u00f6hnlichen Eiwei\u00dff\u00e4llungsmittel. Die Erscheinung tritt dadurch ein, da\u00df der wichtigste Eiwei\u00dfstotT der Milch, das Casein, umgebildet wird oder unter den ver\u00e4nderten Bedingungen seinen kolloidalen Zustand nicht l\u00e4nger aufrecht halten kann, sondern sich zusammenflockt. Findet nun die Einwirkung ohne Sch\u00fctteln statt, so werden die sich an einander st\u00fctzenden Caseinflocken ihre Lage in der Milch behalten, und die umgebende Fl\u00fcssigkeit wird wie in einem Schwamm durch die Haarr\u00f6hrchenwirkung festgehalten, wodurch das ganze eine Gallerte bildet.\nWie von der K\u00e4sefabrikation her bekannt, werden die Caseinflocken durch mechanische Behandlung ode^ Erw\u00e4rmung sich dichter an einander lagern und die gel\u00f6sten Milchbestandteile (die Molke) zum Herausflie\u00dfen zwingen, w\u00e4hrend die suspendierten Milchbestandteile je nach ihrer Gr\u00f6\u00dfe im Netzwerk stecken bleiben. Zu den letzteren geh\u00f6ren au\u00dfer den Milchk\u00fcgelchen,1) Leukocyten und Bakterien2). auch (wenn die Gerinnung nicht durch S\u00e4ure verursacht wird) etwas Calciumphosphat und -citrat. Es liegt kein Grund zu der Annahme vor, da\u00df diese Salze in der Milch in chemischer Verbindung mit dem Casein Vorkommen sollten; denn Phosphate und Ci-\n*) Da nach Storch das Milchfett in der Milch stets in Eiwci\u00df-membranen eingeh\u00fcllt vorkommt, tut inan besser, von Milchk\u00fcgelchen als von Fettk\u00fcgelchen zu sprechen.\t\u25a0\n*) Freudenreich und Orla-Jensen, Zentralblatt f. Bakt. II. Abt. 1898, S. 515.","page":283},{"file":"p0284.txt","language":"de","ocr_de":"284\nOrla-Jensen,\ntr\u00e4te1) werden nicht nur beim Filtrieren durch die Chamber-landsche Kerze mit dem Casein zur\u00fcckgehalten, sondern sie setzen sich auch beim ruhigen Stehenlassen steriler Milch ohne gleichzeitige Ausscheidung nennenswerter Caseinmengen ab.\nWas die Hitzekoagulierung der Milch \u2022 anlangt, verweise ich auf meine Arbeit: \u00ab\u00dcber den Einflu\u00df des Erhitzens auf die Kuhmilch.\u00bb2) Ich w\u00fcnsche nur beizuf\u00fcgen, da\u00df eine reine 3\u00b0/oige Dicalciumcaseinatl\u00f6sung h\u00f6her als die Milch erhitzt werden mu\u00df, um zu koagulieren, und da\u00df eine solche L\u00f6sung bei den in Betracht kommenden Temperaturen sich nicht br\u00e4unt. Die durch W\u00e4rme hervorgerufene Ver\u00e4nderung des Caseins mu\u00df deshalb in hohem Grade von den anderen Milchbestandteilen beschleunigt werden. Dies geht noch deutlicher aus der Labungsf\u00e4higkeit hervor. Milch, welche einige Minuten auf 120\u00b0 erhitzt worden ist, gerinnt nur langsam und unvollst\u00e4ndig mit Lab; eine auf 120\u00b0 erhitzte Dicalciumcaseinatl\u00f6sung gerinnt dagegen nach dem n\u00f6tigen Chlorcalciumzusatz (siehe sp\u00e4ter) ebenso schnell und vollst\u00e4ndig wie die nicht erhitzte L\u00f6sung.\nMehr Interesse kn\u00fcpft sich an die Gerinnung der Milch mittels Chlorcalciums; denn nicht nur wird diese Methode im Laboratorium h\u00e4ufig zur Herstellung eines klaren Milchserums benutzt, sondern l\u00f6sliche Kalksalze spielen bekanntlich eine Rolle bei der Labgerinnung (\u2019er Milch, und es ist deshalb nur nat\u00fcrlich, die reine ChlorcalciumwirkUng zu besprechen, bevor wir zur Labgerinnung \u00fcbergehen. Ehe wir uns aber \u00fcberhaupt mit den komplizierten Verh\u00e4ltnissen in der Milch befassen, wollen wir zuerst das Verhalten reiner Caseinat-l\u00f6sungen studieren. Solche L\u00f6sungen erh\u00e4lt man durch sorgf\u00e4ltiges Verreiben von reinem, nach Hammarsten hergestellten Casein mit der genauen Menge Lauge oder Kalkwasser.\n*) Nach unseren Analysen enthielten zwei Milchproben mit 1,6 und l,2\u00b0/oo Zitronens\u00e4ure nach dem Filtrieren durch die Chamber-landsche Kerze nur 1,2 bezw. 1 \u00b0/oo Zitronens\u00e4ure. Die Zitronens\u00e4ure wurde nach der Re au sehen Modifikation der Den i gesehen Methode (Revue g\u00e9n\u00e9rale du Lait, III, p. 385) bestimmt.\n*) Landwirt. Jahrbuch der Schweiz 1905, S. 235.","page":284},{"file":"p0285.txt","language":"de","ocr_de":"Chemische Untersuchungen \u00fcber die Gerinnung der Milch usw. 285\nEs ist nicht zul\u00e4ssig, einen \u00dcberschu\u00df an Alkali zu verwenden, um nachher mit S\u00e4ure zu neutralisieren: denn die dadurch gebildeten fremden Salze k\u00f6nnen die zu untersuchenden Prozesse beeinflussen.\nDa die Kuhmilch etwa 3 n/o Casein enth\u00e4lt, benutzten wir auch meistens diese Menge (nach dem StickstotTgehalt unseres Pr\u00e4parates berechnet) zu unseren Caseinatl\u00f6sungen. Dieselben wurden in Me\u00dfkolben bis zur Marke aufgef\u00fcllt, w\u00e4hrend einiger Stunden h\u00e4ufig durchgesch\u00fcttelt und dann durch Papier filtriert. W\u00e4hrend die Natronsalze helle L\u00f6sungen bildeten, waren die Kalksalzl\u00f6sungen milchig. Mit Lakmus reagierten die Mono-caseinate sauer, die Dicaseinate neutral und die Tricaseinate alkalisch. Dies ist alles in \u00dcbereinstimmung mit den fr\u00fcheren Befunden. Mit Phenolphtalein sollten nach S\u00f6ldner die Tricaseinate neutral reagieren,1) nach unseren Untersuchungen dagegen waren mit diesem Indikator alle drei Reihen von Salzen deutlich sauer und brauchten per Gramm Casein zur Neutralisation 2,5 beziehungsweise 1,4 und 0,3 ccm n/4-Lauge. Ziehen wir den S\u00e4uregrad der Tricaseinate von demjenigen der Mono- und Dicaseinate ab, so bekommen wir 2,2 und 1,1. Da nach S\u00f6ldner das Dicalciumcaseinat auf 100 Teile Casein 1,55 Teile Kalk enth\u00e4lt, so m\u00fcssen die letzteren Zahlen 0,0155 beziehungsweise 0,0077 g CaO entsprechen, was auch stimmt. \\\\ ir konnten ferner best\u00e4tigen, da\u00df die Caseinate im Gegensatz zu den Phosphaten sich den Indikatoren gegen\u00fcber gleich verhalten, sei der basische Bestandteil Natron oder Kalk. Diese wichtige Tatsache hat bereits de Jager benutzt, um zu beweisen, da\u00df der S\u00e4uregrad des Caseins unm\u00f6glich, von der in das Molek\u00fcl eingehenden Phosphors\u00e4ure herr\u00fchren kann.2) Nehmen wir mit S\u00f6ldner an, da\u00df das Casein der Kuhmilch lediglich in Form von Dicalciumsalz vorkommt, und da\u00df eine Durchschnittsmilch mit dem S o x h 1 e t-H e n k e 1 sehen S\u00e4uregrad 73)\n\u2018) Die landwirtschaftlichen Versuchsstationen 1883, Bd. 85, S. 351.\n*) Nederl. Tijdschrift voor Genesk. 1837, Bd. 2, S. 253.\n3) Der im Molkereigewerbe \u00fcbliche Soxhlct-HenkeIsche S\u00e4uregrad gibt an, wie viele Kubikzentimeter \u00bb\u00bb/\u00ab-Lauge zur Neutralisation von 100 ccm Milch mit Phenolphtalein als Indikator verwendet werden m\u00fcssen.","page":285},{"file":"p0286.txt","language":"de","ocr_de":"286\nOrla-Jensen,\n2,6 \u00b0/o Casein enth\u00e4lt, so mu\u00df nach dem Obigen der vom Casein herr\u00fchrende Anteil des S\u00e4uregrades 3,6 und deshalb der von der Kohlens\u00e4ure und den Phosphaten herr\u00fchrende Anteil 3,1 betragen. Der S\u00e4uregrad des Milchserums ist denn auch stets etwas kleiner als der halbe S\u00e4uregrad der entsprechenden Milch. Wegen des Verlustes an Kohlens\u00e4ure (und Albumin) beim Filtrieren durch die Kerze f\u00e4llt der Titer jedoch ein wenig kleiner aus, als er sein sollte. In der folgenden Tabelle sind einige Daten \u00fcber den S\u00e4uregrad der Caseinate und ihre F\u00e4llbarkeit mit Chlorcalcium bei gew\u00f6hnlicher Temperatur angegeben.\nTabelle I.\nr\t1\tVer- wendete Casein- menge \u00b0/\u00b0\tDas i Papier- j filtrat enthielt \u00b0/o Casein\t100 ccm Filtrat braucht zur Neutralisation ccm n/4-Lauge\tAusf\u00e4llung beginnt, wenn die L\u00f6sung enth\u00e4lt \u00b0/oo CaCl*\nMonocalciumcaseinat\t\tIV* \u2022\t0.79\t1.9\t-\n\t\t3\t1.56\t3,9\t1,2\n> \u2022 . \u2022 . \u2022 \u201e '\t3\t1,35\t3.4\t\u2014\n)\u00bb \t\t6\t3,07\t7,6\t0,9\nDicalciumcaseinat\t\t3\t2.87\t4.0\t1,6\n\u00bb \u2022\u2022\u2022\u2022\u2022\u2022\u2022\u2022\t3\t2,84\t4.0\t\u2014\n\u00bb \u2022\u2022\u2022\u2022\u2022\u2022,\u00ab\t3\t2.65\t3,7\t\np\t.\t.\t\t\t\t6\t5,68\t7.9\t,\t1,4\nMono\u00ab alciummononatriumcaseinat .\t3\t2,89\t4.0\t2,5\nTricalciumcaseinat . . \t\t\t3\t2.87\t0,9\t2,3\nMononatriumcaseinat\t\tl\u2018t\t1.21\t3,0\t\u2014\n\u00bb \t\t3\t2,49\t6,2\t2,0\n\u00bb \u2022 \u2022 \u2022 \u2022 \u2022 \u2022\t3\t2,31\t.5,8\t\u2014\nDinatriumcaseinat\t\t3\t3,00\t4,2\t4,5\n> \t\t #\t3\t2.99\t4,2\t\u2014\n\t3\t2,83\t3,9\t\u2014\nTrinatriumcaseinat\t\t\t3\t2,91\t0.9\t6,7\n> \t\t3\t2,96\t0.9\t","page":286},{"file":"p0287.txt","language":"de","ocr_de":"Chemische Untersuchungen \u00fcber die Gerinnung der Milch usw. 287\nv Aus der Tabelle geht hervor, da\u00df die gebildeten Di- und Iricaseinate fast vollst\u00e4ndig durch das Filtrierpapier gehen. Anders verhalten sich die Monocaseinate, und zwar ganz besonders das Monocalciumcaseinat, das sehr langsam filtriert und etwa zur H\u00e4lfte als eine gallertartige Masse auf dem Filter zur\u00fcckbleibt. Dies k\u00f6nnte den Gedanken erwecken, da\u00df das b iltrat gar nicht Monocalcium-, sondern Dicalciumcaseinat enthielt. Das Verh\u00e4ltnis zwischen Kalk und Stickstoff entsprach indessen genau demjenigen des Monosalzes, und \u00fcbrigens k\u00f6nnte ja der S\u00e4uregrad des Filtrates nur halb so hoch sein, wie er gefunden wird, wenn das Casein als Disalz in L\u00f6sung gegangen w\u00e4re. Die einzige Erkl\u00e4rung dieser interessanten Erscheinung ist, da\u00df wir hier mit einer kolloidalen L\u00f6sung zu tun haben, in welcher die Partikelchen von wesentlich verschiedener Gr\u00f6\u00dfe sind, so da\u00df nur die eine H\u00e4lfte derselben die Poren des Filtrierpapiers passieren k\u00f6nnen. Aus der Tabelle geht ferner hervor, da\u00df die prim\u00e4ren Caseinate am leichtesten und die terti\u00e4ren am schwierigsten von Chlorcalcium gef\u00e4llt werden. Zu dieser F\u00e4llung ist um so weniger Chlorcalcium n\u00f6tig, je w\u00e4rmer die L\u00f6sung ist und je mehr Caseinat sie enth\u00e4lt. Vom letzteren bilden jedoch die Natriumcaseinate eine Ausnahme, indem sie zuerst in Calciumcaseinate umgewandelt werden m\u00fcssen, um mit Chlorcalcium gef\u00e4llt zu werden. Man kann diese Umwandlung mit den Augen verfolgen, indem die Natrium-caseinatl\u00f6sungen durch steigende Mengen von Chlorcalcium allm\u00e4hlich milchig werden, und dann erst mit einem \u00dcberschu\u00df desselben sich zu scheiden anfangen. Citronensaurer Kalk hat bei weitem nicht das gleiche F\u00e4llungsverm\u00f6gen den Caseinaten gegen\u00fcber wie Chlorcalcium, und mit nur 0,9 \u00b0/oo Trinatrium-citrat (wasserfrei berechnet) kl\u00e4rt sich eine3\u00b0/oige Dicalcium-caseinl\u00f6sung vollst\u00e4ndig und wird durch Chlorcalcium schwerer f\u00e4llbar. Um die gleiche Wirkung mittels Chlornatriums zu erreichen, braucht es ungef\u00e4hr die zehnfache Menge, was der f\u00fcnfzehnfachen Menge Natrium entspricht.\nV ir gehen nun zu der Milch \u00fcber. Um beim Zusatz verschiedener Mengen von Salzl\u00f6sungen (oder, wie bei den sp\u00e4teren Versuchen, von verd\u00fcnnten S\u00e4uren uqd Lab) gleichwohl mit\nHoppe-Seyler\u2019s Zeitschrift f. physiol. Chemie. XCIII.\t19","page":287},{"file":"p0288.txt","language":"de","ocr_de":"28\u00ab\nOrla-Jensen,\nder gleichen Milchkonzentration arbeiten zu k\u00f6nnen, wurde stets (abgerahmte) Milch mit einem Viertel Wasser verd\u00fcnnt benutzt. Zu jeder Untersuchung verwendeten wir in der Regel 150 ccm Milch -f den Zusatz, worauf auf 200 ccm mit Wasser aufgef\u00fcllt wurde. Um die Wirkung der Bakterien auszuschalten, wurde die Milch mit einem \u00dcberschu\u00df von WasserstofTsuper-ox\\d buddisiert und auf Eis auf bewahrt. Zu l\u00e4ngeren Versuchsreihen, bei welchen wir des Vergleichs halber die ganze Zeit \u00fcber mit der gleichen Milch arbeiten mu\u00dften, waren wir gen\u00f6tigt die Milch durch Erhitzen zu sterilisieren, weil sie sonst durch die Galaktase peptonisiert wurde.*)\nWas bei der Milch gleich auff\u00e4llt, ist, da\u00df sie sich bei gew\u00f6hnlicher Temperatur \u00fcberhaupt nicht durch Chlorcalcium koagulieren l\u00e4\u00dft. Durch gen\u00fcgende Erw\u00e4rmung geschieht dies dagegen ebenso leicht wie bei den Caseinatl\u00f6sungen. Noch bei 40\u00b0 gerinnt die Milch erst mit 5\u00b0/oo CaCl2, bei 80\u00b0 dagegen schon mit 1 \u00b0/oo CaCl2. Es kann gar kein Zweifel dar\u00fcber sein, da\u00df die Ursache dieser Erscheinung die eigent\u00fcmliche Salzmischung der Milch ist. Erst beim Erw\u00e4rmen vermag das Chlorcalcium das Gleichgewicht der mittels Kohlens\u00e4ure und Citrate in L\u00f6sung gehaltenen Phosphate v\u00f6llig zu ersch\u00fcttern.\nDa\u00df der Zusatz von Chlorcalcium zur Milch gro\u00dfe Ver\u00e4nderungen in der Salzmischung mit sich bringt, ist durch die Erh\u00f6hung des S\u00e4uregrades und die Ausf\u00e4llung von Kalk bereits konstatiert worden.2) In den folgenden Tabellen haben wir die Resultate unserer eigenen diesbez\u00fcglichen Untersuchungen zusammengestellt. Tabelle II gibt die Soxhlet-Henkelsehen S\u00e4uregrade dreier Milchproben nach Zusatz verschiedener Chlorcalciummengen an. Im ersten Versuch\n') \u00dfie Oaseinbestimmung wurde nat\u00fcrlicherweise in der unver\u00e4nderten Milch vorgenommen, denn die Menge des Caseins wird nicht nur durch die Sterilisierung (mit der Albuminmenge) erh\u00f6ht, sondern \u2014 wie wir in einer besonderen Arbeit zeigen werden \u2014 durch das Buddi-sieren vermindert.\n*) de Jager, 1. c., Siegfried, Diese Zeitschrift, Bd. 22, S. 575, 1897, samt Ott de Vries und Bockhout, Die landwirtschaftlichen Versuchsstationen 1901, Bd. 55, S. 221.","page":288},{"file":"p0289.txt","language":"de","ocr_de":"Chemische Untersuchungen \u00fcber die Gerinnung der Milch usw. 280\n(Milch 1) wurden die Titrierungen erst, nachdem die Milch zwei Stunden mit Chlorcalcium bei 20\u00b0 beziehungsweise 80\u00b0 behandelt worden war, vorgenommen. In den zwei anderen Versuchen wurde gleich nach dem Chlorcalciumzusatz titriert.\nTabelle II.\nZu-\tMilch 1 20\u00b0 1 80\u00b0\t\tMilch 2\t\tMilch 3\t\ngesetzt\t\t\t\t\t\t\n\u00b0/oo\tZur Neutralisation von 100 ccm Milch wurden verwendet ccm n(4:\t\t\t\t\t\nCaCl,\tNatronlauge\t\tNatronlauge, Barytwasser\t\tNatronlauge [Baryt wasse r\t\n0\tM\tfO\t4,5\t5,6\t4,6\t5,7\n1\t\t5,4\t6,0\t6.2\t\u2014\t\n5\t6,6\t6.2\t6,9\t6,8\t6,7\t6,7\n10\t6,0\t6,3\t7,0\t6,8\t7,0\t6,7\n20\t\u2014\t\u2014\t\t\t\t\t7,0\t6,7\nDer durchaus niedrigere S\u00e4uregrad bei 80\u00b0 als bei 20\u00b0 r\u00fchrt in der Hauptsache von dom durch das Erhitzen verursachten Kohlens\u00e4ureverlust her. Wie man sieht, steigt der S\u00e4uregrad der Milch mit zunehmenden Chlorcalciummengen bis zu einem Zusatz von 5\u201410\u00b0/oo. Ein h\u00f6herer S\u00e4uregrad wird auch gefunden, wenn man, anstatt der Milch Chlorcalcium zuzusetzen, mit Kalk- oder Barytwasser titriert. Dies ist nicht ohne praktische Bedeutung; denn wenigstens in D\u00e4nemark kommt es noch vor, da\u00df man bei der Titrierung der Milch ges\u00e4ttigtes Kalkwasser (das ungef\u00e4hr \"'so ist) statt Natronlauge verwendet, und man mu\u00df sich dann klar dar\u00fcber sein, da\u00df die in dieser Weise gefundenen S\u00e4uregrade sich nicht mit den gew\u00f6hnlichen vergleichen lassen.\nDa wederCasein nochCilronens\u00e4ure anders mit alkalischen Erden als mit Alkalien titrieren, so mu\u00df die beobachtete Erh\u00f6hung des S\u00e4uregrades der Milch lediglich der Phosphors\u00e4ure, *) die schon mit Phenolphtalein rot wird, wenn sie nur zu 3 mit Natronlauge ges\u00e4ttigt ist, zuzuschreiben sein. Durch\n*) Da wir nur bis zu schwach rotem Farbton titrierten, kommt die Kohlens\u00e4ure der Milch nicht in Betracht in diesem Zusammenhang.","page":289},{"file":"p0290.txt","language":"de","ocr_de":"290\nOrla-Jenscn,\nZusatz einer gen\u00fcgenden Menge Chlorcalciums werden die Alkaliphosphate in Kalkphosphate \u00fcberf\u00fchrt, und wird somit das letzte Drittel der Phosphors\u00e4ure titrierbar. Das Milchserum (das Kerzenfiltrat) bekommt in \u00e4hnlicher Weise wie die Milch einen h\u00f6heren S\u00e4uregrad durch den Chlorcalciumzusatz ; dagegen zeigt das Serum fast keine Steigerung des S\u00e4uregrades, wenn die Filtration erst nach dem Chlorcalciumzusatz vorgenommen wird, denn in diesem Falle wird ein wesentlicher Teil der reagierenden Phosphate von der Kerze zur\u00fcckgehallen.\nAus den Tabellen III, IV und V sieht man, in welchen Verh\u00e4ltnissen der Kalk und die Phosphors\u00e4ure der Milch durch Chlorcalcium ausgef\u00e4llt werden. Um die Tabellen zu verstehen, ist indessen noch folgende Erkl\u00e4rung n\u00f6tig. Der Kalkgehalt der Milch w\u00e4chst selbstverst\u00e4ndlich mit dem Zusatz steigender Mengen Chlorcalciums. Auf 200 ccm Fl\u00fcssigkeit wrurden zugesetzt 2 beziehungsweise 10 und 20 ccm einer ca. 10\u00b0/oigen Chlorcalciuml\u00f6sung, deren Gehalt an CaO 4,95% betrug. Da die gel\u00f6sten Bestandteile in das Milchfiltrat \u00fcbergehen, mu\u00df dieses mehr derselben als die Milch enthalten; es mu\u00df f\u00fcr das Volumen des abfiltrierten Niederschlags korrigiert werden. Besondere Versuche haben gezeigt, da\u00df dies bei roher (abgerahmter und in der benutzten Verd\u00fcnnung vorkommender) Milch durch Multiplikation1) mit 100/o7 und bei gekochter Milch (in welcher das Albumin ausgeschieden ist) durch Multiplikation mit *\u00b0\u00b0|96 geschehen kann. Wenn das Casein durch die verwendeten Zus\u00e4tze nicht ausgeschieden wurde, mu\u00dfte durch die Chamberland\u2019sehe Kerze filtriert werden.2) Dies ist in den Tabellen mit einem * angede\u00fctet. Wo kein * steht, hat also Gerinnung stattgefunden.\n*) Wir erh\u00f6hen stets die in der Milch gefundenen Gesamtmengen der einzelnen Bestandteile, statt s\u00e4mtliche im Serum gemachte Bestimmungen zu vermindern.\n*) Oie Filtriermethode (Papier oder Kerze) \u00fcbt keinen wesentlichen Einflu\u00df auf den Salzgehalt des Filtrates aus. Dieselbe infiuiert dagegen stark auf die Menge des l\u00f6slichen Stickstoffes, und die Kerze h\u00e4lt somit nicht nur fast alles Dicalciumcaseinat, sondern auch das Albumin der Milch zur\u00fcck.","page":290},{"file":"p0291.txt","language":"de","ocr_de":"Chemische Untersuchungen \u00fcber die Gerinnung der Milch usw. 291\nTabelle III.\n\u00b0,uo Cad, zugesetzt\tL\u00f6slicher Kalk (CaO) \u00b0/uo\t\t\t\n\tTheoretische Menge\tDie Mischung gehalten 2 Stunden bei 20\u00b0 | 60\u00b0 \u25a0) 80\u00b0\t\t\n0\t0,36\t0,36*\t- '\u2022!\t\u2014\n1\t0,87\t0,63* !\t: 1 1\t0,63\n5\t2,91\t2.40*\t2,37\t|\t2,34\n10\t5,46\t4,85*\t4,72\t4.68\nTabelle IV.\n\u00b0/oo CaCl2 .zugesetzt\tL\u00f6sliche Phosphors\u00e4ure (P20) \u00b0/oo Die Mischung gehalten 2 Stunden bei 20\u00b0 | 60\u00b0 | 80\u00b0\t\t\n0\t0,68*\t\u2014\t\u2014\n1\t0,62*\t0,60*\t0,57\n5\t0,48*\t0,48\t0,45\n10\t0,41*\t\t0,41\nTabelle V.\n\u00b0/00 CaCl, zu- gesetzt\t\t\t\tKalk (CaO) \u00ab/\t\t00\t\n\tAus- gef\u00e4llt\tDer ausgef\u00e4llten Phosphors\u00e4ure entsprechend 20\u00b0\tDiffe- renz\tAus- gef\u00e4llt\tDer ausgef\u00e4llten Phosphors\u00e4ure entsprechend 40\u00b0\tDiffe- renz \u2022\tDer aus- j Aus- 1 gef\u00e4llten Diffe-Phosphor- gef\u00e4llt s\u00e4ure ent-j renz sprechend 80\u00b0\n1\t0,24\t0,07\t0,17\t\u2014\t0,10\t\t0.24.\t0,13 j 0,11\n5\t0,51\t0,24\t0,27\t0,54\t0,24\t0,30\t0,57 |\t0,27\t0,30\n10\t0,61\t0,32\t0,29\t0,74\t\u2014\t\u2014\t0.78\t0,32 J 0.46\nDie Tabellen zeigen, da\u00df die Gr\u00f6\u00dfe der Ausf\u00e4llung (in der vorliegenden Milchprobe Nr. 4) nicht nur mit der Menge des zugesetzten Chlorcalciums, sondern auch \u2014 wie es zu erwarten war \u2014 mit der Temperatur w\u00e4chst. Aus der Tabelle V ersieht man, da\u00df beim Chlorcalciumzusatz mehr Kalk ausgef\u00e4llt wird, als der ausgeschiedenen Phosphors\u00e4ure (sogar","page":291},{"file":"p0292.txt","language":"de","ocr_de":"Orla-Jensen,\n292\nals Tricalciumphosphat berechnet] entspricht, und da\u00df diese 'KalkdifFerenz\u00bb mit der Chlorcalciummenge w\u00e4chst. Es ist hiermit bewiesen, da\u00df der Kalk nicht nur als Phosphat, sondern auch in anderer Form ausgeschieden wird. Direkte Zitronens\u00e4urebestimmungen haben uns davon \u00fcberzeugt, da\u00df der Chlorcalciumzusatz auch eine Ausf\u00e4llung von Calciumcitraten bewirkt.1] Eine Milch mit 2,1 \u00b0/no Citronens\u00e4ure enthielt nach Erw\u00e4rmung auf 80\u00b0 mit 1, 5 und 10 %o Chlorcalcium 2,0 beziehungsweise 1,1 und 0,4 \u00b0/oo l\u00f6slicher Citronens\u00e4ure. Da\u00df nach diesem v\u00f6lligen Zusammenbruch der urspr\u00fcnglichen Salzmischung sich das Dicalciumcaseinat der Milch in \u00e4hnlicher Weise wie in den reinen L\u00f6sungen durch Chlorcalcium aus-fallen l\u00e4\u00dft, kann nicht mehr verwundern.\nWas die Labgerinnung der Milch betrii\u00eft, so soll nach den klassischen Untersuchungen Hammarstens das Casein durch das Lab in zw'ei neue Eiw\u2019ei\u00dfstoffe, das Paracasein und das Molkenprotein, gespalten werden. Das erstere, welches den Ilauptteil ausmacht, f\u00e4llt so leicht durch l\u00f6sliche Kalksalze aus, da\u00df die geringe Menge derselben, welche in normaler Kuhmilch vorhanden ist, hierf\u00fcr ausreicht. Nach unseren \\ ersuchen labt eine 3\u00b0/oige Dicalciumcaseinatl\u00f6sung, wenn sie 0,8 \" oo CaCl2 enth\u00e4lt, ebenso schnell und genau in der gleichen \\\\ eis(* wie Kuhmilch.-] Mit kleineren Chlorcalciummengen geht die Cerinnung sehr langsam und unvollst\u00e4ndig vor sich. Mit weniger als 0,40 no CaCl2 erleidet die L\u00f6sung keine wahrnehmbare \u00c4nderung nach dem Labzusatz. Auch L\u00f6sungen von Mono- oder Tricalciumcaseinat k\u00f6nnen mit Lab zur Gerinnung gebracht werden, wenn sie wenigstens die H\u00e4lfte der Chlorcalciummenge enthalten, welche f\u00fcr sich allein Gerinnung hervorruft. Natriumcaseinatl\u00f6sungen m\u00fcssen, um mit Lab\n') Da sich die M\u00f6glichkeit einer einfachen Adsorption des Chlor* calciums an dem ausgeschiedenen Casein von vornherein nicht abweisen lie\u00fc. haben wir im l-\u2019iltrate auch Chlorbestimmungen vorgenommen, und stets genau den urspr\u00fcnglichen Chlorgehalt der Milch -f die zugesetzte Chlormenge gefunden.\n*) Da das Kaschen in diesem Falle nicht von Phosphaten getr\u00fcbt ist. wird es nach einiger Zeit (auch unter sterilen Kautelen) vollst\u00e4ndig durchsichtig. F.s ist in diesem Zustande weich und fadenziehend.","page":292},{"file":"p0293.txt","language":"de","ocr_de":"Chemische Untersuchungen \u00fcber die Gerinnung der Milch usw. 293\nzur Gerinnung gebracht zu werden, zuerst mittels Chlorcalciums in Calciumcaseinatl\u00f6sungen \u00fcberf\u00fchrt und dann mit einem \u00dcberschu\u00df an Chlorcalcium versetzt werden.\nDie klare Labmolke von einer Dicalciumcaseinatl\u00f6sung enth\u00e4lt 5\u20147 o/0- des urspr\u00fcnglichen Stickstoffes. Kino \u00e4hnliche Menge l\u00f6slichen Stickstoffes wird auch bei der Labgerinnung der Milch gebildet, was aus der Tabelle VI hervorgeht. Das angef\u00fchrte Beispiel r\u00fchrt von sterilisierter Milch her, welche die reinsten Resultate liefert, indem hier das Albumin und das von S\u00e4ure teilweise ausf\u00e4llbare Globulin durch die Krhitzung ausgeschieden worden sind. Wegen der Sterilisierung gerann diese Milch nicht mit der verwendeten geringen Labmenge ohne S\u00e4urezusatz. Man kann nur den Stickstoffgehalt zweier Proben vergleichen, wenn sie beide durch Papier filtriert sind. Die Gerinnung ist am vollst\u00e4ndigsten mit der S\u00e4uremenge, mit welcher die Milch am schnellsten filtriert. Auf diesem Punkt geht stets am wenigsten Stickstoff in L\u00f6sung.\nTabelle VI.\nMilch6 (sterilisiert) \u00b0/oo Milchs\u00e4ure zugesetzl\tL\u00f6slicher N in \u00b0/o vom Mit Lab | Ohne Lab\t\tGesamt N Differenz\n0\t7,25*\t5,20*\t\u2014\n1.\u00ab\t19,25\t5,50*\t\u2014\n3,6\t16.25\t10.75\t5,5\n5,4\t17,00\t10,50\t6,5\n7,6\t17,25\t10,25\t7.0\n9,0\t21,00\t11,25\t9.8\n13,5\t22,75\t14,25\t8,5\n18,0\t25.25\t14.75\t10,5 .\nBei diesen Versuchen haben wir die S\u00e4ure beziehungsweise die S\u00e4ure und das Lab eine Stunde auf die 38\u00b0 warme Milch vor dem Filtrieren einwirken lassen.\nDa, wie ich zuerst gezeigt habe,1) das Lab das Paracasein allm\u00e4hlich wieder aufl\u00f6st, w\u00e4re es anzunehmen, da\u00df\n*) Landwirtschaftliches Jahrbuch der Schweiz 1904. S. 103.","page":293},{"file":"p0294.txt","language":"de","ocr_de":"2(4\nOrla-Jensen,\ndie Menge des l\u00f6slichen Stickstoffes in wesentlichem Grade von der Zeit abh\u00e4ngt, welche zum Einlaben und Filtrieren gebraucht wird. Kontrollversuche, bei welchem diese beiden Prozesse in weniger als 10 Minuten beendigt waren, gaben indessen ebenso hohe Stickstoffzahlen, was beweist, da\u00df die weitere durch das Lab hervorgerufene Proteolyse sehr langsam vor sich geht. Immerhin wird es richtig sein, die eingedickte Milch kalt und schnell zu filtrieren.\nNachdem van Dam den Beweis f\u00fcr die Parallelit\u00e4t der milchkoagulierenden und caseinl\u00f6senden Wirkung des Labes geliefert hat,1) l\u00e4\u00dft es sich wohl kaum mehr bezweifeln, da\u00df die Labgerinnung der Milch einfach die erste Phase der Proteolyse des Caseins ist. Nur von diesem Gesichtspunkte aus wird die physiologische Bedeutung der Labgerinnung \u00fcberhaupt erkl\u00e4rlich, und man versteht dann auch, warum die Milch durch s\u00e4mtliche proteolytische Enzyme zuerst koaguliert w ird.2) Ist indessen die Spaltung des Caseins in Paracasein und Molkeneiwei\u00df eine proteolytische, d. h. eine Hydrolyse einer oder mehrerer Peptidbindungen, so mu\u00df dadurch der S\u00f6rensen-sche Formoltiter einer Milchprobe oder Dicalciumcaseinatl\u00f6sung steigen.3) Betr\u00e4gt die Caseinmenge (wie bei unseren Versuchen) etwa 2,8 \u00b0/o, und nehmen wir \u2014 um auf der sicheren Seite zu sein \u2014 an, da\u00df das Casein ein ebenso gro\u00dfes Molekulargewicht besitzt wie das Oxyh\u00e4moglobin, d. h. um 16000 herum, so mu\u00df f\u00fcr jede Peptidbindung, welche aufgel\u00f6st wird, der Formol-titcr 0,7 steigen, was eine leicht erme\u00dfbare Gr\u00f6\u00dfe ist. Wir verwendeten so viel Lab, da\u00df die Gerinnung der 380 warmen\n\u2018) Diese Zeitschrift, 1912, Bd. 79, S. 247.\n*) Dies geschieht selbstverst\u00e4ndlich nur. wenn man der Milch eine f\u00fcr die Wirkung des betreffenden Enzyms g\u00fcnstige H-Ionenkonzentration beibringt.\n:\u2018) Mitteilungen des Carlsberg Laboratorium 1907, Bd. 7, S. 1. Unter dem Formoltiter der Milch verstehen wir einfach die durch \u00fcbersch\u00fcssigen Formalinzusatz hervorgebrachte Erh\u00f6hung des S\u00e4uregrades. Per 100 ccm Milch wurden 20 ccm neutralen Formalins verwendet. Ebenso wie den Titer (S\u00e4uregrad) dr\u00fccken wir auch den Formoltiter in ccm nVLauge per 100 ccm Milch aus. Beispielsweise soll angef\u00fchrt werden, da\u00df eine Milch mit dem S\u00e4uregrad 6,5 den Formoltiter 6,6, und eine Dicalciumcaseinatl\u00f6sung mit dem S\u00e4uregrad 2 den Formoltiter 3,3 zeigte.","page":294},{"file":"p0295.txt","language":"de","ocr_de":"Chemische Untersuchungen \u00fcber die Gerinnung der Milch usw. 2(J5\nMilch im Laufe von 5 Minuten begann. Im Momente der Gerinnung wurde die Milch unter starkem Sch\u00fctteln gek\u00fchlt und sofort titriert; denn wartet man, bis das Paracasein sich zusammengeballt hat, ist eine genaue Titrierung unm\u00f6glich. Die Caseinatl\u00f6sung (ohne Chlorcalciumzusatz) hat vor der Milch den Vorzug, da\u00df sie durch die Lab Wirkung nicht gerinnt. Unsere s\u00e4mtlichen Versuche mit Milch und Caseinatl\u00f6sungen zeigten uns nun, da\u00df weder der Titer (S\u00e4uregrad) noch der Formoltiter (gleichg\u00fcltig ob wir mit Natronlauge oder Baryt -wasser titrierten) durch das Lab beeinflu\u00dft wird.1)\nDieses Resultat scheint gegen unsere Auffassung der Labwirkung zu streiten und deutet eher darauf hin, da\u00df die Spaltung in Paracasein und Molkeneiwei\u00df durch die Hydrolyse einer im Caseinmolek\u00fcl vorkommenden \u00e4therartigen Bindung zustande kommt.2) Es ist indessen noch die M\u00f6glichkeit vorhanden, da\u00df durch die Labwirkung eine Peptidbindung einer solchen Aminos\u00e4ure, gegen\u00fcber welcher die Formoltitrierung versagt, aufgel\u00f6st wird. Da mehrere dieser K\u00f6rper (z. B. das Prolin) von schw\u00e4cher basischem Charakter als die \u00fcbrigen Aminos\u00e4uren sind, so m\u00fcssen sie zerbrechliche Stellen im Eiwei\u00dfmolek\u00fcl bilden, und ist es deshalb sehr wahrscheinlich, wenn das Caseinmolek\u00fcl zuerst an einer solchen Stelle auseinander f\u00e4llt.\nWir gehen nun zur S\u00e4uregerinnung der Milch \u00fcber. Versetzt man eine Dicalciumcaseinatl\u00f6sung vorsichtig und unter Sch\u00fctteln mit verd\u00fcnnter S\u00e4ure, so f\u00e4llt ungef\u00e4hr die H\u00e4lfte des Caseins aus, wenn es nur bis zum Monocalciumsalz entkalkt ist, und ist es deshalb anzunehmen, da\u00df auch die S\u00e4uregerinnung der Milch vor der v\u00f6lligen Entkalkung des Caseins anf\u00e4ngt. Um dies zu studieren, haben wir den Gehalt der\n') Zu demselben, in meiner (schon 1912 in d\u00e4nischer Sprache erschienenen) \u00abBakteriologie in der Milchwirtschaft\u00bb, (Jena 1913) aufS. 14 erw\u00e4hnten Ergebnis soll nach Grimmers milchwirtschaflliehen Referate (1\u00d614, S. 23) auch Willheim gelangt sein.\n*) In diesem Fall m\u00fc\u00dfte das Lab mit den zuckerspaltenden Enzymen am n\u00e4chsten verwandt sein. Die Hydrolyse einer esterartigen Bindung (in welchem Falle das Lab mit den fettspaltenden Enzypien zu vergleichen w\u00e4re) liegt jedenfalls nicht vor ; denn sonst m\u00fc\u00dfte der S\u00e4uregrad der Milch durch die Labwirkung steigen.","page":295},{"file":"p0296.txt","language":"de","ocr_de":"Milch an l\u00f6slichem Kalk nach Zusatz verschiedener S\u00e4uremengen bestimmt. Wir lie\u00dfen stets die S\u00e4ure vor dem Filtrieren zwei Stunden bei 35\u00b0 einwirken. Es w\u2019urde gleichzeitig die Menge l\u00f6slicher Phosphors\u00e4ure bestimmt. Von den verwendeten (verd\u00fcnnten) Milchproben enthielten Nr. 5 und 6 aufs allern\u00e4chste 2 \u00b0/o Casein, Nr. 7 dagegen nur 1,6 \u00b0/o. Hierzu entsprechen 0,39 beziehungsweise 0,31 \u00b0/oo P205,l) welche von der totalen Phosphors\u00e4uremenge der Milch abzuziehen sind, um den wirklichen Gehalt an Phosphatphosphors\u00e4ure zu erhalten. Da der Kalk und die Phosphors\u00e4ure beim L\u00f6slichwerden im Filtrate konzentriert werden, mu\u00df ihre Menge mit den S. 8 genannten Faktoren multipliziert werden. In den folgenden Tabellen sind ferner unter \u00abDifferenz\u00bb die S\u00e4uremengen aufgef\u00fchrt, welche in den Filtraten nicht wieder gefunden, weil sie von den Basen des Caseins ges\u00e4ttigt worden sind. Wird eine gewisse Menge S\u00e4ure der Milch zugesetzt, so verbindet sich ein Teil derselben mit den Basen des Caseins; es wird aber eine \u00e4quivalente Menge Casein frei, so da\u00df wir genau den urspr\u00fcnglichen S\u00e4uregrad der Milch -f- die zugesetzte S\u00e4uremenge titrieren werden. Im Filtrate linden wir dagegen nicht mehr den urspr\u00fcnglichen S\u00e4uregrad des Milchseruras -f- die zugesetzte S\u00e4uremenge; denn das saure Casein wird ja ab-liltriert.2) Da 100 g freien Caseins zur Bildung von Dicalcium-caseinat 1,55 g CaO, welche 222 ccm n/4-S\u00e4ure entsprechen, brauchen, so wird zu der v\u00f6lligen Entkalkung von 2 und 1,6 Teilen Casein (in der Form von Disalz) 4,4 beziehungsweise 3,5 ccm n t-S\u00e4ure erforderlich sein. Die Milch Nr. 5 wurde mit normaler Salzs\u00e4ure versetzt, w\u00e4hrend zu den anderen Milchproben 4V normale Milchs\u00e4ure verwendet wurde.\nAus den Tabellen Vil, VIII und IX ersieht man, da\u00df die Koagulierung der Milch um die Bruttemperatur herum beginnt, bevor\n') Das Casein enth\u00e4lt nach Hammarslen 1.95\u00b0,o P,Or.\n2) Ks wird dem Kiltrate auch dadurch ein wenig S\u00e4ure entzogen, da\u00df Tricalciumphosphat in Dicalciumphosphat umgebildet wird. Die zuerst zugesetzte S\u00e4ure wird vorzugsweise hierzu verbraucht werden. Durch gr\u00f6\u00dfere S\u00e4urezus\u00e4tze l\u00f6sen sich aber s\u00e4mtliche Phosphate vollst\u00e4ndig, und das Kiltrat gewinnt wieder die in dieser Weise verlorene S\u00e4uremenge.","page":296},{"file":"p0297.txt","language":"de","ocr_de":"Chemische Untersuchungen \u00fcber die Gerinnung der Milch usw. 297\nTabelle VII.\nMilch 5. 2\u00b0,u Casein, sterilisiert. \u00b0,oo HCl zugesetzt\tGehalt des Filtrats an CaO : P,06 0 oo\t\u00b0/oo\t\tZur Neutralisation von 100 ccm Filtrat werden gebraucht CCm \u00bb;4 ,\tGefunden Berechnet \u201e kor,.ig . Differenz\t\tDurch die Entkalkung des Caseins werden gebunden ccm \u00bb \u00ab\n0\t0,40*\t0.82 *\t- ! 2,2 \u2022\t\t\ncir. 0,7\t0.91*\t\u2022 1,20*\t10,2\t0.7* .\t3,0\t\n* 1.0\t1.21\t1.38\t11.2 !\t10,o\t3.6 5.3\t\n> 1.\u00ab\t1,38\t\u2014\t20.2 j 11,9\t\t1.1\n2,2\t1.41\t1,15\t26,2 1 18,2\t\u20228,0\t\nKorrigierter Gehalt der Milch an\t\t1,15\t1,17\tDie Milch mit l\u00b0/oo HCl lieft sich durch Papier filtrieren ; das Filtrat war jedoch nicht\t\t\nGefundener Gehalt der\t\t|\tganz klar; erst mit l,6u/oo\t\tHCl war die\nMilch an\t\t1.39\t1.79\tGerinnung vollst\u00e4ndig.\t\t\nTabelle VIII.\nMilch 6. 2\u00b0/o Casein, sterilisiert.\tGehalt des Filtrats an\t\tZur Neutralisation von 100 ccm Filtrat werden gebraucht ccm n/4\t\t\tDurch die Entkalkung des Caseins wer-\n\u00b0/oo Milchs\u00e4ure zugesetzt\tCaO \u00b0/ou\tPA %0\tHerechnet\tGefunden u. korrig.\tDifferenz\tden gebunden ccm \u00bb 4\n0\t0,36*\t0,50*\t\t9 0*\t\u2014\t\n1,\u00ab\t0,90*\t1,11*\t10,9\t7,7*\t3,2\t\n3,6 . 5.1\t1,S7 1.39\t1.32 \u25a0\t18.9 26.9\t11,9 19.2\t1,0 r* ^ /./\t1.1\n7,6\t1,40\t1,35\t31.9\t26,0\t8.9\t\n9,0\t1,11\t1,36\t12,9\t32,9\t10,0\t\nKorrigierter Gehalt der Milch an\t Gefundener Gehalt der Milch an\t\t1.37\t1,36 1,70\tDie Milch koagulierte mit 3,6\u00b0/oo Milchs\u00e4ure und filtrierte noch leicht und klar mit 9\u00b0/oo Milchs\u00e4ure.\t\t\t\naller Kalk in L\u00f6sung gegangen, und speziell, bevor das Casein v\u00f6llig entkalkt ist. In den sterilisierten Milchproben (Nr. 5 und 6) wurde das Casein ganz entkalkt, bevor alles Dicalciumphosphat in Monocalciumphosphat umgebildet worden war; in der bud-disierten Milch (Nr. 7) war dagegen alle Phosphors\u00e4ure gel\u00f6st","page":297},{"file":"p0298.txt","language":"de","ocr_de":"298\nOrla-Jensen,\nTabelle IX.\nMilch 7. 1,\u00ab\u00b0;\u00ae Casein, buddisiert. ' oo Milchs\u00e4ure zugesetzt\tGehalt des Filtrats an CaO P,0, ; \u00b0/\u00ae0\t\tZur Neutralisation von 100 ccm Filtrat werden gebraucht ccm n/4 f, ,\tGefunden Berechnet' u\t/ Differenz 1\t\u00ae i\t\t\tDurch die Entkalkung des Caseins werden gebunden ccm n/\u00ab\n0\t0,39*\t0.81*\t\t3,2*\t_\t\n1,8\t0,96*\t1,26* 1\tj\t11,2\t9,2*\t2,0\t\n2.7\t1,24\t1,31\t15,2\t13,6\t1.6\t\n\t1,29\t1,34\t19,2\t16,0\t3,2\t\u2022J \\\n5,4\t1,30\t\t27.2\t22,8\t4,4\t0,0\nKorrigierter Gehalt der Milch an\t\t1,30\t1,33\tDie Milch mit 2,7 \u00b0/oo Milchs\u00e4ure lie\u00df sich durch Papier filtrieren; die Filtrierung ging\t\t\t\nGefundener Gehalt der Milch an\t\t1,26\t1,61\tjedoch leichter, wenn 3,6\u00b0 zugesetzt worden waren.\t\t\tjo Milchs\u00e4ure\nzu einem Zeitpunkt, wo das Casein noch an viel Kalk gebunden war, und wir sehen (in \u00dcbereinstimmung mit der Anmerkung 2, S. 14) eine deutliche Erniedrigung der S\u00e4uredifferenz in dem Momente, in welchem die letzte Phosphors\u00e4ure sich l\u00f6st. Aus den Bemerkungen rechts unten in den Tabellen geht hervor \u2014 wie es auch zu erwarten war \u2014, da\u00df die vollst\u00e4ndige Gerinnung der Milch bei der angewandten Temperatur erst dann eintritt, wenn das Casein fast v\u00f6llig entkalkt ist. Von der st\u00e4rkeren Salzs\u00e4ure war eine der schw\u00e4cheren Milchs\u00e4ure \u00e4quivalente Menge n\u00f6tig, um die Milch zur Gerinnung zu bringen.1) Da die Milch bei h\u00f6herer Temperatur mit weit geringeren S\u00e4uremengen koaguliert, ist es nat\u00fcrlich zu untersuchen, ob die Entkalkung des Caseins m\u00f6glicherweise bei h\u00f6herer Temperatur leichter vor sich geht. Die Tabelle X zeigt, da\u00df dies nicht der Fall ist. \u00dcberall stand die Mischung von Milch und S\u00e4ure zwei Stunden bei der angegebenen Temperatur.\n*) Je mehr Casein die Milch enth\u00e4lt, desto mehr S\u00e4ure ist nat\u00fcrlicherweise zu seiner Ausf\u00e4llung erforderlich. Da wir mit s/* Milch und */\u00ab Wasser gearbeitet haben, m\u00fcssen die S\u00e4uremengen mit 4/s multipliziert werden, um auf Milch von gew\u00f6hnlicher Zusammensetzung \u00fcbertragen werden zu k\u00f6nnen.","page":298},{"file":"p0299.txt","language":"de","ocr_de":"Chemische Untersuchungen \u00fcber die (\u00eeerinnung der Milch usw. 299\nTabelle X.\nMilch 8.\t\tGehalt des Filtrats an:\t\t\t\t\n1,3 \u00b0/o Casein, buddisiert.\tCaO \u00b0/tfo\t\t\tP,06 \u2022/..\t\t\n\u00b0/o# Milchs\u00e4ure zugesetzt\t20\u00b0\t60\u00b0\t80\u00b0\t20\u00b0\t60\u00b0\t80*\n1,8\t0,98*\t1,12\t0,92\t1,14*\t1,16\t1,11\n2.7\t1,35\t1,28\t1,20\t1,38\t1,36\t\u2014\n5,4\t1,41\t1,38\t1.42\t\u2014\t\u2014 -\t\u2014\nKorrigierter Gehalt der Milch an .\t\t1,39\t\t\t1,37\"\t\nGefundener Gehalt der Milch an .\t\t1,35\t\t\t1,68\t\nWie bei 35\u00b0, so begann die Milch auch bei 20\u00b0 mit 2,7\u00b0 oo Milchs\u00e4ure zu koagulieren. Die Gerinnung war jedoch erst mit 5,4\u00b0/oo vollst\u00e4ndig. Bei 60\u00b0 und 80\u00b0 dagegen gerann die Milch vollst\u00e4ndig mit nur l,8\u00b0/oo Milchs\u00e4ure. Nichtsdestoweniger gehen durch die S\u00e4urebehandlung bei h\u00f6herer Temperatur durchaus nicht mehr Kalk und Phosphors\u00e4ure in L\u00f6sung,1) und eine vollst\u00e4ndige Entkalkung des Caseins kann somit unter diesen Umst\u00e4nden keine notwendige Bedingung f\u00fcr die Gerinnung der Milch sein. Man k\u00f6nnte deshalb annehmen, da\u00df diese Erscheinung lediglich auf der bei h\u00f6herer Temperatur leichter vor sich gehenden Ausflockung der Eiwei\u00dfk\u00f6rper durch die Wasserstofflonen beruht. Bedenkt man indessen, da\u00df auch die caseinf\u00e4llende F\u00e4higkeit der Kalkionen mit der Temperatur w\u00e4chst, und da\u00df der Zusatz einer geringen Menge S\u00e4ure zu der Milch in erster Linie deren Gehalt an l\u00f6slichen Kalksalzen vermehrt und das Dicalciumcaseinat in das durch Kalksalze leichter f\u00e4llbare Monocalciumcaseinat umwandelt, so sind wir geneigt, die durch Erw\u00e4rmung der nur schwach sauren Milch stattfindende Gerinnung in h\u00f6herem Ma\u00dfe der Kalksalz Wirkung als der S\u00e4ure Wirkung zuzuschreiben. Bei der Kondensierung der Milch kann sich die Kalkwirkung sogar dann geltend machen, wenn auch die Milch vollkommen\n*) In einzelnen F\u00e4llen findet mit steigender Temperatur sogar eine Abnahme der l\u00f6slichen Aschenbestandteile statt. Dies ist nur ganz nat\u00fcrlich, wenn man bedenkt, da\u00df durch die Erw\u00e4rmung Kohlens\u00e4ure entweicht und Phosphate und Citrate ausfallen k\u00f6nnen.","page":299},{"file":"p0300.txt","language":"de","ocr_de":"300\nOrla-Jenscn\nfrisch ist1) und keine Spur von Milchs\u00e4ure enth\u00e4lt; denn durch diesen Proze\u00df steigt nicht nur die Kalksalzkonzentration, sondern auch die Caseinatkonzentration, was, wie erw\u00e4hnt, beides die Ausscheidung des Caseins beschleunigt. Um dieser Ausscheidung entgegenzuwirken, setzt man meistens ein wenig Soda zu der Milch, wodurch nicht nur die Wasserstoflionen-konzentration herabgesetzt wird, sondern auch Kalksalze ausgef\u00e4llt werden.\nZum Schlu\u00df wollen wir noch die L\u00f6slichkeit des Milch-koagels in Salzwasser n\u00e4her betrachten. Aus Untersuchungen von Hart und van Slyke2) und sp\u00e4ter von de Vries und Bockhout3) und von van Dam1) geht es hervor, da\u00df Casein und Paracasein mit einer gewissen S\u00e4uremenge in \u00f6\u00b0/oigem Salzwasser l\u00f6slich, mit gr\u00f6\u00dferen S\u00e4uremengen wieder unl\u00f6slich werden. Da jeder K\u00e4se gesalzen wird, versteht man leicht, welche Bedeutung dieser Umstand f\u00fcr die K\u00e4seausbeute und f\u00fcr die Konsistenz der K\u00e4semasse haben kann. Die nebenstehende Tabelle zeigt das Verhalten verschiedener Caseinate dem Kochsalz gegen\u00fcber.\nDa sich die Di- und Tricaseinate fast vollst\u00e4ndig in reinem Wasser l\u00f6sen (d. h. sich darin so fein verteilen, da\u00df sie sich durch gew\u00f6hnliches Filtrierpapier filtrieren lassen), zeigt diese Tabelle nur, da\u00df die L\u00f6slichkeit des freien Caseins und Mono-calciumcaseinats durch Kochsalz erh\u00f6ht wird. \u00bb) Die Beobachtung\n*) Ks ist von der allergr\u00f6\u00dften Bedeutung, da\u00df die zur Kondensierung verwendete Milch vollkommen frisch ist; denn nicht nur wird eine Spur von S\u00e4ure, sondern auch die geringste Menge (durch Bakterien gebildetes) Lab beim Eindampfen Gerinnung hervorrufen k\u00f6nnen, indem das Paracasein durch halb so viel Kalk wie das Casein aus-geschieden wird,\n*) Nach den Angaben dieser Forscher (New York Agricul. Expt. Stat. 1905, Bull. Nr. 2(>1) sind das freie Casein und Paracasein in Salzwasser l\u00f6slich, die Verbindungen derselben mit S\u00e4ure dagegen unl\u00f6slich.\n3) Revue g\u00e9n\u00e9rale du Lait 1909, Bd. 7, Nr. 17 und 18.\n*) Nach van Dam (Onzi\u00e8me Congr\u00e8s international de Pharmacie) soll die L\u00f6slichkeit des Caseins und Paracaseins in Salzwasser lediglich von der vorhandenen Il-Ionenkonzentration abh\u00e4ngen.\n*) Vom Monocalciumcaseinat ging bei Verwendung von 6\u00b0,o Casein 2.77 \u00b0,o in die w\u00e4sserige und 3,35 \u00b0/o in die salzw\u00e4sserige L\u00f6sung \u00fcber.","page":300},{"file":"p0301.txt","language":"de","ocr_de":"Chemische Untersuchungen \u00fcber die Gerinnung der Milch usw. HOI\nTabelle XI.\nEs wurden \u00fcberall 3 g Casein per 1U0 ccm L\u00f6sungsmittel verwendet\t> NaCl zu- gesetzt\tDurch Papier r filtriert enthielt die 1\tDurch Chamberlandsche Kerze filtriert L\u00f6sung \u00b0/o Casein\n' Freies Casein\t\t0\t0,06\t\u2014\n\u00bb\t.\ti\t.\t\t\t\t5\t0,44\t\u2014\nMonocalciumcaseinat\t\t0\t1,5t\u00bb\t\u2014\n*> \u00ab\u2022\u2022\u2022\u2022\u2022\u2022\t5\t2,63\t\u2014\nDicalciumcaseinat\t\t0\t2,84\t0,30\n> \t\t \u00bb\t5\t2,94\t0,23\nMonocalciummononatriumcaseinat .\t0\t2,89\t0,22\nTricalciumcaseinat\t\t0\t2,94\t0,05\n\u00bb ........\t5\t2,89\t0,12\nDinatriumcaseinat\t\t0\t2,99\t1,7 t\n\u00bb \t\t \u00ab\tV\u00bb\t2,99\t1,19\n\u00bb \u2022\u2022\u2022\u2022\u2022\u00ab\u2022\u2022\t2\t2,99\t0,07\n\t5\t2,99\t0,07\nTrinatriumcaseinat\t\t0\t2,96\t2,20\n> \u00ab\t\t5\t2,91\ti 1,18\ndes Versuches zeigt jedoch mehr als die Tabelle. \u00c4hnlich wie die Natriumcaseinatl\u00f6sungen durch Chlorcalciumzusatz nach und nach milchig werden, indem sie in Calciumcaseinatl\u00f6sungen \u00fcbergehen, so kl\u00e4ren sich umgekehrt diese letzteren durch reichlichen Kochsalzzusatz, indem sie in Natriumcaseinatl\u00f6sungen umgewandelt werden. Da\u00df dies wirklich stattfiudet, konnten wir dadurch beweisen, da\u00df nach Zusatz von 5\u00b0/o NaCl die ganze Kalkmenge der Calciumcaseinate durch die Chamherlandsche Kerze filtrierbar wurden, w\u00e4hrend nur eine \u00e4u\u00dferst geringe Menge des Caseins durchging. Vielleicht ist die L\u00f6sung s\u00e4mtlicher Globuline mittels Kochsalzes in \u00e4hnlicher Weise zu erkl\u00e4ren. Da von fr\u00fcheren Forschern gezeigt worden ist, da\u00df sich Natriumcaseinate im Gegensatz zu Calcium-caseinaten durch die Kerze filtrieren lassen,1) so wirkt es befremdend, da\u00df eine kochsalzhaltige L\u00f6sung von Calcium-\n*) Harris, Arch, of Anat. and Physiol. 18115, Bd. 29, S. 188.","page":301},{"file":"p0302.txt","language":"de","ocr_de":"Orla-Jensen,\n302\ncaseinat, welche also nach dem vorhergehenden in Wirklichkeit eine Natriumcaseinl\u00f6sung ist, nur wenig durch die Kerze filtrierbaren Stickstofles enth\u00e4lt. Die obige Tabelle gibt jedoch die Erkl\u00e4rung: inan sieht deutlich, wie der Dispersit\u00e4tsgrad des Dinatrium-caseinats durch steigende Kochsalzmengen, herabgesetzt wird.\nAuch Chlorcalcium gegen\u00fcber verh\u00e4lt sich eine kochsalzhaltige L\u00f6sung von Dicalciumcaseinat wie eine w\u00e4sserige Dinatriumcaseinatl\u00f6sung ; nur geht bei Zimmertemperatur die Tr\u00fcbung und Ausf\u00fcllung langsamer vor sich. Eine kochsalzhaltige L\u00f6sung von Monocalciumcaseinat braucht dagegen zur Ausf\u00e4llung viel mehr Chlorcalcium (12 statt 2\u00b0/oo) als eine reine w\u00e4sserige Mononatriumcaseinatl\u00f6sung. Sehr eigent\u00fcmlich verhalten sich die P\u00e4racaseinate in Salzwasser. Sie werden wie gew\u00f6hnlich aus den entsprechenden Caseinatl\u00f6sungen bei 3040\u00b0 durch kleine Chlorcalcium- und Labmengen aus-geschieden,1) bei Zimmertemperatur l\u00f6sen sie sich aber wieder. Der Proze\u00df l\u00e4\u00dft sich wiederholen, so oft man w\u00fcnscht. Durch Erh\u00f6hung der Chlorcalciummenge (nach Einwirkung des Labes) auf f)\u00b0/oo bleibt das Dicalciumparacaseinat auch in der K\u00e4lte ausgeschieden, das Monocalciumparacaseinat geht dagegen stets \u2014 unabh\u00e4ngig von der Chlorcalciummenge \u2014 durch Abk\u00fchlen wieder in L\u00f6sung.\nWas nun die Milch selbst betrifft, so mu\u00df man bedenken, da\u00df dieselbe l\u00f6sliche Kalksalze (und eventuell auch andere Stoffe) enth\u00e4lt, welche der durch Kochsalz verursachten \u00dcberf\u00fchrung der Calciumcaseinate in Natriumcaseinate entgegenwirken. Da, wie wir soeben gesehen haben, die Dicalcium-caseinatl\u00f6sung dieser Wirkung gegen\u00fcber empfindlicher ist als die Monocalciumcaseinatl\u00f6sung, so kann es nicht verwundern, da\u00df die Milch sich nicht durch Kochsalz allein kl\u00e4ren l\u00e4\u00dft, sondern erst, wenn man ihr gleichzeitig so viel S\u00e4ure zusetzt, da\u00df das Dicalciumcaseinat in Monocalciumcaseinat umgewandelt wird. In gleicher Weise verh\u00e4lt sich auch die mit Lab behandelte Milch. Diese Tatsachen sind in der folgenden Tabelle zahlengem\u00e4\u00df ausgedr\u00fcckt.\n\u2018) Die klare, bei 40\u00b0 abfiltrierte Molke enthielt aber noch \u00fcber ein Driltel des Caseinstoffes.","page":302},{"file":"p0303.txt","language":"de","ocr_de":"Chemische Lntersuchungen \u00fcber die Gerinnung der Milch usw. 303\nt'\u00bb O <N \u00ab5 kfl\n91 S) N M iS\nlO lO W\tN\n\u00ae.\t\u00ae p, o l\u00f6 00 X\nW O 95 o \u00bb\t95 iQ\nJ3 \u00abJ\n2\t^\tOl iC5 O\n\u00ae, O \u00a9 \u2018O CQ^ \u00a9 O O X\nX X\n\u00bb S 2 2 9* \u00ae \u00bb co \u2022 t-\ncc co_ eo gq x \u00ab\n^ \"\u2666 itf (0\no o of od x\nHoppe-Seylers Zeitschrift f. physiol. Chemie. XCIII.","page":303},{"file":"p0304.txt","language":"de","ocr_de":"m\nOrla-Jensen,\nUnrf diese Tabelle zu verstehen, m\u00fcssen wir erinnern, da\u00df das Casein der zwei Milchproben erst v\u00f6llig entkalkt sein kann, wenn 4,4 beziehungsweise 3,5 ccm n/4-S\u00e4ure gebunden sind (siehe die S\u00e4uredilTerenzen der Tabelle VIII und IX), was einem Zusatz von 4\u00b0/oo Milchs\u00e4ure entsprechen w\u00fcrde. Um diesen Funkt herum n\u00e4hern wir uns aber bereits\u2019 dem Minimum der Salzwasserl\u00f6slichkeit der Eiwei\u00dfstoffe. Das Maximum der Salzwasserl\u00f6slichkeit entsteht mit ungef\u00e4hr der halben S\u00e4uremenge, also um den Punkt herum, wo das Casein sich als Monocalciumsalz befindet.1) Da die Phosphate auch etwas S\u00e4ure binden (siehe die Anmerkung 2, S. 14), ist es sehr schwer, den g\u00fcnstigsten S\u00e4urezusatz im voraus zu berechnen. Bei der Milch 6 haben wir sie nicht, bei der Milch 7 dagegen gerade auf den Punkt getroffen. Durch gr\u00f6\u00dfere S\u00e4uremengen, als zur Entkalkung des Caseins n\u00f6tig sind, werden bekanntlich aus dem Casein und Paracasein wasserl\u00f6sliche Acidalbu-mine gebildet. Die Tabelle XII zeigt, da\u00df dieselben in 5\u00b0/o haltigem Salzwasser noch unl\u00f6slicher sind als das freie Casein und Paracasein.\nDen Einflu\u00df, welchen die Temperatur auf die Salzwasserl\u00f6slichkeit der Paracaseinate aus\u00fcbt, findet man merkw\u00fcrdigerweise nicht in der Milch wieder. Dieselbe mit 5\u00b0/o Kochsalz und Lab versetzt bleibt auch beim Abk\u00fchlen geronnen, und gerinnt \u00fcberhaupt nicht, sondern h\u00e4lt sich auch bei Bruttemperatur vollst\u00e4ndig durchsichtig, wenn ihr au\u00dfeYdem die zur Bildung von Monocalciumcaseinat n\u00f6tige S\u00e4uremenge zugesetzt wird. Noch merkw\u00fcrdiger verh\u00e4lt sich der K\u00e4se, bei welchem, wie bereits Hart und van Slyke gezeigt haben, das L\u00f6slichkeitsmaximum in Salzwasser bei 50\u201455\u00b0 liegt. Nach unseren Untersuchungen ist es besonders bei Temperaturen unter 10\u00b0, da\u00df die K\u00e4semasse mit dem Salzwasser eine Gallerte hildet, anstatt in richtige L\u00f6sung zu gehen. Es geht von einem K\u00e4se um so mehr in L\u00f6sung, je mehr Salzwasser verwendet wird; denn durch die Verd\u00fcnnung eliminiert man nach und nach die Wirkung der in der K\u00e4semasse vorhandenen\n\u2018) Diese Tatsache habe ich bereits in \u00abDie Bakteriologie in der Milchwirtschaft\u00bb, Jena 1918, S. 129 erw\u00e4hnt.","page":304},{"file":"p0305.txt","language":"de","ocr_de":"Chemische Untersuchungen \u00fcber die Gerinnung der Milch usw. 305\nKalksalze (Lactate, Phosphate und Citrate), so da\u00df nicht nur Monocalcium-, sondern auch Dicalciumparacaseinat gel\u00f6st wird. Bedenkt man ferner, da\u00df die Salzwasserl\u00f6slichkeit des K\u00e4ses nicht nur durch zu wenig, sondern auch durch zu viel S\u00e4ure vermindert wird, so k\u00f6nnen wir der von amerikanischer Seite vorgeschlagenen Bestimmung vom salz wasserl\u00f6slichen Stickstoff nicht viel Wert beilegen.\nIn der Milch liegt die maximale L\u00f6slichkeit des Mono-calciumcaseinats (beziehungsweise -paracaseinats) bei einem Chlornatriumgehalt von 5\u201410\u00b0/o. Mit gr\u00f6\u00dferen Salzmengen nimmt die L\u00f6slichkeit bald ab, und das Monocalciumcaseinat l\u00e4\u00dft sich aus der Milch ebenso vollst\u00e4ndig aussalzen wie das Dicalciumcaseinat.l) Ein Gehalt der Milch von 25\u00b0/oNaCl reicht hierf\u00fcr aus. Die in der K\u00e4serei verwendete Salzlake mu\u00df aber auch mindestens diese Konzentration haben, denn in d\u00fcnnerer Lake werden die K\u00e4se schmierig wegen beginnender Aufl\u00f6sung des Monocalciumparacaseinats. Ist die d\u00fcnne Lake (risch bereitet und folglich kalkarm, so wird sie sogar auf das Dicalciumparacaseinat l\u00f6send wirken k\u00f6nnen. Wenn die K\u00e4semasse vor dem Formen (also im Bruch) gesalzen wird, leuchtet es ein, da\u00df der Verlust an Eiwei\u00dfsubstanz um so gr\u00f6\u00dfer sein wird, je reicher an Molke und Monocalcium-paracaseinat sie ist.\nZusammenfassung.\n1.\tWenn das Kasein der Milch \u2014 im Gegensatz zu dem der reinen Dicalciumcaseinatl\u00f6sungen \u2014 erst in der W\u00e4rme von Chlorcalcium gef\u00e4llt wird, so ist dies dem Gehalt der Milch an Citraten und m\u00f6glicherweise auch an anderen Salzen zuzuschreiben.\n2.\tDie mit der Labwirkung einhergehende Eiwei\u00dfspaltung ist nicht von einer Erh\u00f6hung des Formoltiters der Milch begleitet.\n\u2018) Nach den Untersuchungen von Schmidt-Nielsen (Videnskabs-Selskabets Skrifter I, Christiania 1908, Nr. 9) sind die Kalksalze der Milch notwendig f\u00fcr das Aussalzen, denn reine Caseinatl\u00f6sungen lassen sich von kalkfreiem Kochsalz nicht aussalzen.\n20*","page":305},{"file":"p0306.txt","language":"de","ocr_de":"306 Orla-Jensen, Untersuchungen \u00fcber die Gerinnung der Milch usw.\n3.\tDei 35\u00b0 beginnt die Koagulierung der Milch mit S\u00e4ure, bevor das Casein v\u00f6llig entkalkt ist. Die bei h\u00f6herer Temperatur stattfindende sogenannte S\u00e4uregerinnung der nur schwach sauren Milch ist eher als eine durch Kalksalze hervorgerufene Gerinnung aufzufassen.\n4.\tCalciumcaseinate und -paracaseinate bilden mit Salzwasser klare L\u00f6sungen, indem sie in Natriumcaseinate umgewandelt werden. Die in der Milch vorkommenden l\u00f6slichen Kalksalze hindern indessen die L\u00f6sung der Dicalciumsalze, so da\u00df hier nur Monocalciumcaseinat und -paracaseinat in L\u00f6sung gehen.","page":306}],"identifier":"lit20545","issued":"1914-15","language":"de","pages":"283-306","startpages":"283","title":"Chemische Untersuchungen \u00fcber die Gerinnung der Milch und \u00fcber die L\u00f6slichkeit des Gerinnsels in Salzwasser","type":"Journal Article","volume":"93"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T15:06:40.648100+00:00"}